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    Plenarprotokoll 12/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Eidesleistung von Bundesministern Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 11711A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 11711B Jochen Borchert, Bundesminister BML 11711D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 11711D Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11712A Dank an die ausgeschiedenen Bundesmini- ster Ignaz Kiechle, Jürgen W. Möllemann und Dr. Heinz Riesenhuber 11712A Wahl des Abgeordneten Dr. Paul Hoffacker zum ordentlichen Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Bernhard Jagoda . . 11712B Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung der ersten Beschlußempfehlung und des ersten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes b) Beratung der zweiten Beschlußempfehlung und des zweiten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksachen 12/654, 12/662, 12/3462, 12/3920) Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU . 11712C Dr. Andreas von Bülow SPD 11714 A Arno Schmidt (Dresden) F.D.P. . . . . 11716 B Andrea Lederer PDS/Linke Liste 11718C, 11723D Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11720C Reiner Krziskewitz CDU/CSU . 11722A, 11724 C Dr. Axel Wernitz SPD 11724 D Jörg van Essen F.D.P. 11726A Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU . . 11727A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 11728C Joachim Hörster CDU/CSU 11730 C Friedhelm Julius Beucher SPD . . . 11733D Hans-Joachim Hacker SPD 11734 D Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Einsetzung eines Ausschusses Treuhandanstalt (Drucksache 12/4153) Arnulf Kriedner CDU/CSU 11737 B Hinrich Kuessner SPD 11738 C Jürgen Türk F.D.P. 11740A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 11741A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11741D Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1992 — Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992 — (Drucksachen 12/3629, 12/4165, 12/4169) 11742B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ursula Fischer, Dr. Uwe-Jens Heuer, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS/ Linke Liste: Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 12/2047, 12/3492) Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 11742D Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU 11744 B Doris Odendahl SPD 11745B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11746D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 11747C Dr. Christoph Schnittler F.D.P. . . . . . 11747 D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Wolfgang Roth, Harald B. Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Anpassung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft an die neuen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen (Drucksache 12/1572) Dr. Uwe Jens SPD 11748D Friedhelm Ost CDU/CSU 11751B Bernd Henn PDS/Linke Liste 11754 C Marita Sehn F.D.P. 11756 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11758B Ernst Hinsken CDU/CSU 11759 D Ernst Schwanhold SPD 11762 B Rainer Haungs CDU/CSU 11763 D Ernst Schwanhold SPD 11765 B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 11767 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 11767D Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 11769D Otto Schily SPD 11771A Nächste Sitzung 11773 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11774' A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11774 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 11711 135. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Böhm (Melsungen), CDU/CSU 22. 1. 93* Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 22. 1. 93 Brandt-Elsweier, Anni SPD 22. 1. 93 Eylmann, Horst CDU/CSU 22. 1. 93 Eymer, Anke CDU/CSU 22. 1. 93 Gallus, Georg F.D.P. 22. 1. 93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 22. 1. 93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 22. 1. 93 Johannes Graf, Günter SPD 22. 1. 93 Großmann, Achim SPD 22. 1. 93 Grünbeck, Josef F.D.P. 22. 1. 93 Günther (Plauen), F.D.P. 22. 1. 93 Joachim Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 22. 1. 93 Hackel, Heinz-Dieter F.D.P. 22. 1. 93 Haschke CDU/CSU 22. 1.93 (Großhennersdorf), Gottfried Hasenfratz, Klaus SPD 22. 1. 93 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 22. 1. 93 Heyenn, Günther SPD 22. 1. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 22. 1. 93 Hilsberg, Stephan SPD 22. 1. 93 Jaunich, Horst SPD 22. 1. 93 Karwatzki, Irmgard CDU/CSU 22. 1. 93 Koschnick, Hans SPD 22. 1. 93 Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 22. 1. 93 Klaus W. Lowack, Ortwin fraktionslos 22. 1. 93 Dr. Mahlo, Dietrich CDU/CSU 22. 1. 93 Marx, Done SPD 22. 1. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 22. 1. 93 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 22. 1. 93 Mischnick, Wolfgang F.D.P. 22. 1. 93 Mosdorf, Siegmar SPD 22. 1. 93 Müller (Wadern), CDU/CSU 22. 1. 93 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 22. 1. 93 Oesinghaus, Günther SPD 22. 1. 93 Otto (Frankfurt), F.D.P. 22. 1. 93 Hans-Joachim Pfeifer, Anton CDU/CSU 22. 1. 93 Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 22. 1. 93 Susanne Reimann, Manfred SPD 22. 1. 93 Rempe, Walter SPD 22. 1. 93 Reschke, Otto SPD 22. 1. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 22. 1. 93 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Rixe, Günter SPD 22. 1. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 22. 1. 93 Ingrid Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 22. 1. 93 Cornelia Schmidt (Mühlheim), CDU/CSU 22. 1. 93 Andreas Schmidt (Nürnberg), SPD 22. 1. 93 Renate Dr. Schnell, Emil SPD 22. 1. 93 Schuster, Hans F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Semper, Sigrid F.D.P. 22. 1. 93 Simm, Erika SPD 22. 1. 93 Stübgen, Michael CDU/CSU 22. 1. 93 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 22. 1. 93 Voigt (Frankfurt), SPD 22. 1. 93** Karsten D. Wartenberg (Berlin), SPD 22. 1. 93 Gerd Welt, Jochen SPD 22. 1. 93 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 22. 1. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 22. 1. 93 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14. Januar 1993 beschlossen, zu dem nachstehenden Gesetz einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/2602 Drucksache 12/2983 Drucksache 12/3370 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/3102 EG-Ausschuß Drucksache 12/3255 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/2257 Nr. 3.1 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/3182 Nr. 70 Drucksache 12/3867 Nr. 2.23
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    Rede von Doris Odendahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Einschätzung, daß die derzeitige Bildungs- und Wissenschaftspolitik dieser Bundesregierung in einer halbstündigen Debatte abgehandelt werden kann, mag richtig sein, wenn sie an dem heute dazu noch übriggelassenen Gestaltungswillen und Handlungsrahmen gemessen wird.
    In der Großen Anfrage der PDS/Linke Liste vom Februar 1992 sind alle Punkte angesprochen, die im Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereich der neuen Bundesländer wichtig sind, um zu dem vielbeschworenen „Aufschwung Ost" beizutragen.
    Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft hat sich nun im Oktober 1992 redlich bemüht, die Fragen zu beantworten. Es lohnt sich heute nicht mehr, diese Antworten zu bewerten, denn ein Teil ist durch das föderale Konsolidierungsprogramm des Bundesfinanzministers, das dem deutschen Volk noch immer als Solidarpakt verkauft werden soll, Makulatur geworden.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Es ist ungeheuer, mit welcher Kaltschnäuzigkeit immer noch so getan wird, als ginge es darum, den wirtschaftlichen Aufschwung Ostdeutschlands zu finanzieren. Jeder, der rechnen kann, stellt fest, daß der Hauptbatzen nur einem Zweck dienen soll, nämlich dem, Haushaltslöcher zu stopfen.

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

    Dafür sind dieser Bundesregierung nun wirklich alle Mittel recht, auch nicht eines ist ihr zu schäbig.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Leider wahr!)

    Von Solidarpakt kann auch aus bildungspolitischer Sicht keine Rede sein,

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    wenn man die Liste der vorliegenden Beschlüsse durchsieht. Der Zugang zu den weiterführenden Bildungsangeboten soll für Jugendliche aus einkommensschwächeren Verhältnissen weiter erschwert, wenn nicht gar versperrt werden.
    Weder die vorgesehenen Einsparungen bei staatlichen Leistungen noch die Maßnahmen für die neuen Länder lassen ein Konzept der Bundesregierung erkennen, das Bildung als Zukunftsinvestition wertet. Die Folge wird eine Schwächung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik sein. Ein „Aufschwung Ost" ist damit nicht mehr in Sicht.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister haben um eine unvoreingenommene Prüfung der Vorschläge gebeten. Soll es so sein. Die Verschiebung der BAföG-Anpassung von 1994 auf 1996 wird von der SPD abgelehnt.

    (Alois Graf von Waldburg-Zeil [CDU/CSU]: Ihr habt es doch selber gemacht!)

    Bereits in den letzten Jahren, Graf Waldburg, ist der reale Wert des BAföG gesunken, wie der Beirat für Ausbildungsförderung vor einem Jahr bei der Beratung der 15. BAföG-Novelle der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben hat. Werden die Bedarfs-



    Doris Odendahl
    Sätze nicht angepaßt, müssen mehr Studierende als bisher neben dem Studium ihren Lebensunterhalt verdienen. Werden die Einkommensfreibeträge nicht erhöht, fallen auch bereits Studierende aus unteren Einkommensgruppen aus der Förderung heraus, auch davon wieder besonders viele aus Ostdeutschland.

    (Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: Das ist doch alles noch nicht festgemacht!)

    Familienlastenausgleich, der Ihnen ja immer wichtig ist, findet auch hier nicht mehr statt. Wer BAföG nicht als Sozialleistungsgesetz und als Teil des Generationenvertrages begreift, hat die Regierungsfähigkeit in der Bildungspolitik endgültig verspielt.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Die SPD lehnt es ab, die erst 1990 eingeführte Studienabschlußförderung zum Herbst 1993 auslaufen zu lassen. Sie ist unverzichtbar, wenn man es mit der Studienzeitverkürzung ernst meint. Der Bundesbildungsminister wollte im März dazu einen Gesetzentwurf einbringen. Wieder einmal hat ihn der Bundesfinanzminister aufs Kreuz gelegt.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Und der ist noch im Amt!)

    — Ohne Kreuz, Frau Kollegin Fuchs! — Kürzungen bei der Sozialhilfe, beim Erziehungsgeld und eine zynische Mißbrauchsunterstellung bei Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe treffen Familien mit Kindern in der Ausbildung doppelt, da zugleich die Ausbildungsförderung nicht der Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepaßt werden soll.
    Man braucht keine Prophetin zu sein, um die negativen Folgen dieser Zangenbewegung der Bundesregierung gegen die Jugendlichen, besonders in den neuen Ländern, vorauszusagen. Bei etwa 50 % offener bzw. verdeckter Arbeitslosigkeit muß das Konzept der Bundesregierung als eine Unverschämtheit bezeichnet werden.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Der Bundeskanzler hat den ostdeutschen CDU-Bundestagsabgeordneten für dieses Jahr eine Neuauflage der kommunalen Investitionspauschale in Höhe von 1,5 Milliarden DM zugesagt.

    (Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: Unter anderem!)

    Dieser Betrag ist einfach lächerlich, Herr Kollege Jork, angesichts der Aufgaben der Kommunen beim Erhalt und der Modernisierung insbesondere der berufsbildenden Schulen; das wissen Sie ganz genau. Hierfür ist ein spezielles Sonderprogramm, wie wir es bereits vor längerer Zeit beantragt haben, dringend notwendig. Die Länder und Gemeinden werden die Aufforderung, in eigener Verantwortung jede weitere Sparmöglichkeit zu nutzen, als Eingriff in ihre Kulturhoheit zurückweisen. Wer allein aus Kostengesichtspunkten den Verzicht auf das 13. Schuljahr und eine kostensenkende Studienreform fordert, hat sich als seriöser
    Gesprächspartner für den Bildungsgipfel im Sommer 1993 schlichtweg disqualifiziert.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Wer die Einführung von Studiengebühren nach Ablauf der Regelstudienzeiten fordert, hat Ursachen und Verantwortlichkeiten für die studienzeitverlängernde Situation an den überlasteten Hochschulen nicht begriffen.

    (Alois Graf von Waldburg-Zeil [CDU/CSU]: Aber nicht über 20 Semester!)

    Die CDU kann sich einen Bildungskongreß im März schenken, weil die Herren Kohl und Waigel die brutalen bildungspolitischen Leitlinien der Konservativen bereits verkündet haben. Selbst wenn der Kanzler noch immer an seinem Gipfeltraum festhalten wollte, Waigel hat ihm die Steigeisen dafür längst abgenommen.
    Wie heißt es dazu in dem föderalen Konsolidierungsprogramm? Jetzt zitiere ich — vielleicht haben Sie es ja doch nicht ganz gelesen —:

    (Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: Aber es ist ein Arbeitspapier!)

    Das föderale Konsolidierungsprogramm ist ein in sich geschlossenes und ausgewogenes System, das für den mittelfristigen Zeitraum eine abschließende Neuordnung der Bund-LänderFinanzbeziehungen darstellt.

    (Clemens Schwalbe [CDU/CSU]: Völlig richtig!)

    Bund-Länder-Gespräche zu anderen Themen, wie beispielsweise der Bildungsgipfel, dürfen diese Ergebnisse nicht mehr in Frage stellen.
    Meine Güte, Sie haben keine Hosentasche mehr, in die Sie fassen können!

    (Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: Aber wir haben noch eine Hose an!)

    Angesichts dieser Aussichten für seine Amtsführung in den nächsten zwei Jahren, Herr Ortleb, kann der Bundesbildungsminister einpacken. Sie tun mir wirklich leid. Angesichts dieser Aussichten ist der von der CDU vorgesehene Bildungskongreß reif für die Müllkippe.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile nunmehr dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Dr. Rainer Ortleb, das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Rainer Ortleb


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr geehrter Herr Päsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland kommt auch den neuen Ländern die Gestaltung von Bildung, Wissenschaft und Kultur weitgehend als eigene Aufgabe zu. Dies entspricht der Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Nicht ohne Grund existiert demzufolge die Kultusministerkonferenz der Länder, in der die Bundesregierung nur Gast ist.
    Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Borin, Freitag, den 22. Januar 1993 11747
    Bundesminister Dr. Rainer Ortleb
    Bereits im Verlauf des Einigungsprozesses im Jahre 1990 wurden noch vor der notwendigen Vereinbarung längerfristiger Programme wichtige Sofortmaßnahmen ergriffen. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle nur die unverzüglich durchgeführte Schulbuchhilfe, mit der Wahlmöglichkeiten aus mehr als 650 Titeln geschaffen worden sind, und erinnere auch an die Ausstattung von Hochschulen mit Rechnern und Büchern.
    In den Jahren 1991/92 sind im Bereich der beruflichen Bildung besonders das vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft initiierte Ausbildungsplatzförderungsprogramm Ost, der beschleunigte Ausbau überbetrieblicher Ausbildungsstätten, das Soforthilfeprogramm zur Verbesserung der Grundausstattung der Berufsschulen sowie das Sonderprogramm für Ausbildungsgeräte ostdeutscher Industriebetriebe herauszuheben. Im übrigen sind die Mittel des Gemeinschaftswerks Aufschwung Ost — insgesamt 5 Milliarden DM — auch für die Sanierung der Berufsschulen zur Verfügung gestellt worden.
    Im Wissenschaftsbereich ist die zügige Umsetzung des vom Bund und von den neuen Ländern finanzierten Erneuerungsprogramms für Hochschule und Forschung in den neuen Ländern von besonderer Bedeutung, das inzwischen ein Gesamtvolumen von 2,43 Milliarden DM hat. Es ist also gemäß seiner inneren Konstruktion um 40 % aufgestockt worden.
    Außerdem hat der Bund bereits zum 1. Januar 1991 die bedarfsdeckende Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in den neuen Ländern eingeführt und den Aufbau einer funktionsfähigen Förderungsverwaltung unterstützt.
    Es steht nicht in Frage, daß der Übergang von einem sozialistischen zu einem freiheitlich-demokratischen Gesellschafts- und Bildungssystem einen langwierigen und tiefgreifenden Umgestaltungsprozeß darstellt, der für den einzelnen oft auch schmerzlich ist. Für einen zügigen Auf- und Ausbau einer inhaltlich und strukturell neugeordneten Bildungs- und Wissenschaftslandschaft in den neuen Ländern bedarf es daher der Unterstützung aller, insbesondere auch der Solidarität der alten Länder, die rhetorisch oft stärker zum Ausdruck kommt als im tatsächlichen Verhalten.
    Meine Damen und Herren, die Große Anfrage der Gruppe PDS/Linke Liste liest sich wie ein Register von Vorwürfen. Diese Vorwürfe dürfen jedoch nicht an die Bundesregierung gerichtet werden.

    (Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: So ist es!)

    Vielmehr muß man daran erinnern, daß die DDR wohl kaum eine so ganz heile Welt eingebracht hat. Oder?

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das für den Sommer dieses Jahres vom Bundeskanzler und von den Ministerpräsidenten der Länder in Aussicht genommene bildungspolitische Spitzengespräch wird die Gelegenheit bieten, der Devise der Bundesregierung, dort substantiell und materiell entgegenzukommen, wo es für die angestrebte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse notwendig ist, zu entsprechen.
    Frau Odendahl, ich möchte abschließend bemerken: Was die Sache mit dem Kreuz angeht, so warten Sie bitte meine nächsten öffentlichen Äußerungen ab.
    Danke schön.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Doris Odendahl [SPD]: Darauf sind wir ganz gespannt!)