Rede:
ID1213503600

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    Plenarprotokoll 12/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Eidesleistung von Bundesministern Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 11711A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 11711B Jochen Borchert, Bundesminister BML 11711D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 11711D Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11712A Dank an die ausgeschiedenen Bundesmini- ster Ignaz Kiechle, Jürgen W. Möllemann und Dr. Heinz Riesenhuber 11712A Wahl des Abgeordneten Dr. Paul Hoffacker zum ordentlichen Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Bernhard Jagoda . . 11712B Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung der ersten Beschlußempfehlung und des ersten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes b) Beratung der zweiten Beschlußempfehlung und des zweiten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksachen 12/654, 12/662, 12/3462, 12/3920) Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU . 11712C Dr. Andreas von Bülow SPD 11714 A Arno Schmidt (Dresden) F.D.P. . . . . 11716 B Andrea Lederer PDS/Linke Liste 11718C, 11723D Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11720C Reiner Krziskewitz CDU/CSU . 11722A, 11724 C Dr. Axel Wernitz SPD 11724 D Jörg van Essen F.D.P. 11726A Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU . . 11727A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 11728C Joachim Hörster CDU/CSU 11730 C Friedhelm Julius Beucher SPD . . . 11733D Hans-Joachim Hacker SPD 11734 D Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Einsetzung eines Ausschusses Treuhandanstalt (Drucksache 12/4153) Arnulf Kriedner CDU/CSU 11737 B Hinrich Kuessner SPD 11738 C Jürgen Türk F.D.P. 11740A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 11741A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11741D Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1992 — Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992 — (Drucksachen 12/3629, 12/4165, 12/4169) 11742B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ursula Fischer, Dr. Uwe-Jens Heuer, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS/ Linke Liste: Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 12/2047, 12/3492) Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 11742D Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU 11744 B Doris Odendahl SPD 11745B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11746D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 11747C Dr. Christoph Schnittler F.D.P. . . . . . 11747 D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Wolfgang Roth, Harald B. Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Anpassung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft an die neuen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen (Drucksache 12/1572) Dr. Uwe Jens SPD 11748D Friedhelm Ost CDU/CSU 11751B Bernd Henn PDS/Linke Liste 11754 C Marita Sehn F.D.P. 11756 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11758B Ernst Hinsken CDU/CSU 11759 D Ernst Schwanhold SPD 11762 B Rainer Haungs CDU/CSU 11763 D Ernst Schwanhold SPD 11765 B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 11767 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 11767D Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 11769D Otto Schily SPD 11771A Nächste Sitzung 11773 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11774' A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11774 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 11711 135. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Böhm (Melsungen), CDU/CSU 22. 1. 93* Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 22. 1. 93 Brandt-Elsweier, Anni SPD 22. 1. 93 Eylmann, Horst CDU/CSU 22. 1. 93 Eymer, Anke CDU/CSU 22. 1. 93 Gallus, Georg F.D.P. 22. 1. 93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 22. 1. 93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 22. 1. 93 Johannes Graf, Günter SPD 22. 1. 93 Großmann, Achim SPD 22. 1. 93 Grünbeck, Josef F.D.P. 22. 1. 93 Günther (Plauen), F.D.P. 22. 1. 93 Joachim Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 22. 1. 93 Hackel, Heinz-Dieter F.D.P. 22. 1. 93 Haschke CDU/CSU 22. 1.93 (Großhennersdorf), Gottfried Hasenfratz, Klaus SPD 22. 1. 93 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 22. 1. 93 Heyenn, Günther SPD 22. 1. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 22. 1. 93 Hilsberg, Stephan SPD 22. 1. 93 Jaunich, Horst SPD 22. 1. 93 Karwatzki, Irmgard CDU/CSU 22. 1. 93 Koschnick, Hans SPD 22. 1. 93 Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 22. 1. 93 Klaus W. Lowack, Ortwin fraktionslos 22. 1. 93 Dr. Mahlo, Dietrich CDU/CSU 22. 1. 93 Marx, Done SPD 22. 1. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 22. 1. 93 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 22. 1. 93 Mischnick, Wolfgang F.D.P. 22. 1. 93 Mosdorf, Siegmar SPD 22. 1. 93 Müller (Wadern), CDU/CSU 22. 1. 93 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 22. 1. 93 Oesinghaus, Günther SPD 22. 1. 93 Otto (Frankfurt), F.D.P. 22. 1. 93 Hans-Joachim Pfeifer, Anton CDU/CSU 22. 1. 93 Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 22. 1. 93 Susanne Reimann, Manfred SPD 22. 1. 93 Rempe, Walter SPD 22. 1. 93 Reschke, Otto SPD 22. 1. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 22. 1. 93 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Rixe, Günter SPD 22. 1. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 22. 1. 93 Ingrid Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 22. 1. 93 Cornelia Schmidt (Mühlheim), CDU/CSU 22. 1. 93 Andreas Schmidt (Nürnberg), SPD 22. 1. 93 Renate Dr. Schnell, Emil SPD 22. 1. 93 Schuster, Hans F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Semper, Sigrid F.D.P. 22. 1. 93 Simm, Erika SPD 22. 1. 93 Stübgen, Michael CDU/CSU 22. 1. 93 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 22. 1. 93 Voigt (Frankfurt), SPD 22. 1. 93** Karsten D. Wartenberg (Berlin), SPD 22. 1. 93 Gerd Welt, Jochen SPD 22. 1. 93 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 22. 1. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 22. 1. 93 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14. Januar 1993 beschlossen, zu dem nachstehenden Gesetz einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/2602 Drucksache 12/2983 Drucksache 12/3370 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/3102 EG-Ausschuß Drucksache 12/3255 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/2257 Nr. 3.1 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/3182 Nr. 70 Drucksache 12/3867 Nr. 2.23
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jörg van Essen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute über die erste Beschlußempfehlung und den ersten Teilbericht des 1. Untersuchungsausschusses; weiterhin stehen auch die zweite Beschlußempfehlung und der zweite Teilbericht des 1. Untersuchungsausschusses zur Debatte. Wenn es nach dem Titel ginge, ist es also eine außerordentlich trockene Materie. Im krassen Gegensatz dazu steht die Feststellung, daß die Erwartungen an den Untersuchungsausschuß überproportional hoch waren und noch sind. Es ist kaum möglich, diesen Vorstellungen gerecht zu werden. Der Untersuchungsausschuß hat sich mit einem Zeitraum zu befassen, der in den 60er Jahren beginnt und über die deutsche Einheit hinausreicht. Diese Zeitspanne ist natürlich viel zu lang, um bereits zu diesem Zeitpunkt umfassende Aufklärung zu verlangen. Ich denke aber, daß wir mit dem bereits Erreichten zufrieden sein können.
    Die Liberalen im Bundestag haben diesen Untersuchungsausschuß als Möglichkeit gesehen, die deutsch-deutsche Vergangenheit auch über die Parteigrenzen hinaus sachlich aufzuarbeiten.
    Die PDS ist, wie der heutige Beitrag der Kollegin Lederer gezeigt hat, daran nicht interessiert.

    (Friedrich Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Sie ist ja auch nicht da!)

    Es ist schlicht infam, die bundesdeutschen Kollegen aus allen Parteien, die sich bemüht haben, das Los der Menschen in der ehemaligen DDR zu erleichtern, der Kumpanei zu bezichtigen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Es ist schlicht lächerlich, wenn wir von der Kollegin Lederer hören, daß der Sozialismus in der DDR nicht an seinem an der Wirklichkeit vorbeigehenden ideologischen Gerüst gescheitert ist, sondern an dem Import von Westmaschinen.

    (Lachen bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, auf einige juristische Fragen einzugehen. Ich möchte das jetzt tun.
    Die häufigste Frage war die nach der Wahrheit der vor dem Untersuchungsausschuß getätigten Zeugenaussagen. Nicht nur die Aussagen von Herrn SchalckGolodkowski wurden immer wieder angezweifelt. Ich fürchte, daß meine staatsanwaltlichen Kollegen die Frage zu klären haben werden, welche Aussagen — Hinweise bei mehreren Zeugen sind offenkundig — mit den Tatsachen nicht übereingestimmt haben.
    Weiterhin mußte im Untersuchungsausschuß auf die staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren der Arbeitsgruppe Regierungskriminalität bei der Staatsanwaltschaft beim Kammergericht Berlin Rücksicht genommen werden. Wir waren auf enge Zusammenarbeit angewiesen, wurden aber ständig mit dem Problem konfrontiert, daß die staatsanwaltlichen Ermittlungen nichtöffentlich zu sein haben. Die Gegensätze zwischen der Offenheit eines Untersuchungsausschusses des Bundestages auf der einen Seite und der Diskretion des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens auf der anderen Seite mußten also gelöst werden. Es ist weitgehend gelungen.
    Allerdings war ein Informationsaustausch immer dann sehr problematisch, wenn die Ermittlungsbehörde in Berlin ihre Arbeit gefährdet sah. Nur in diesen Ausnahmefällen bestand ein Informationsverweigerungsrecht der Arbeitsgruppe Regierungskriminalität. Ich danke den Kollegen der Arbeitsgruppe für ihre Unterstützung.
    Wir sind weiter auf die Zusammenarbeit mit diesen staatsanwaltlichen Kollegen angewiesen, insbesondere in der noch vor uns liegenden Arbeit bei der Beurteilung von Aussageverweigungsrechten von Zeugen.
    Es erschwert die Arbeit doch sehr, wenn erst nach einer Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuß festgestellt wird, daß ein Zeugnisverweigerungsrecht auf Grund eines bereits eingeleiteten Ermittlungsverfahrens schon zur Zeit der Aussage hier bestanden hat. Wenn der Ausschuß vor der Aussage von einem Ermittlungsverfahren gegen einen Zeugen unterrichtet werden würde, würde sich die Arbeit sehr vereinfachen. Dabei muß natürlich auf eine vernünftige Arbeit von Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei in Berlin Rücksicht genommen werden.
    Das mögliche Zeugnisverweigerungsrecht war auch ansonsten eine schwierige juristische Frage. Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang etwa ein mögliches Recht für Angehörige der ehemaligen Staatsverwaltung der DDR sowie für andere Personen, die auf Grund eines besonderen Auftragsverhältnisses für die Staatsverwaltung tätig waren.
    Wir haben diese Frage aus guten juristischen Gründen und nicht aus „Siegermentalität" restriktiv ausgelegt. Aber wir als Liberale, die sich die Aufgabe gesetzt haben, die Freiheit des Bürgers in diesem Land zu schützen und zu erhalten, dürfen nicht zulassen, daß die Rechte von Betroffenen im Strafverfahren beschnitten werden. Die rechtsstaatlichen Prinzipien und die daraus stammenden Rechte müssen jedem gewährt werden. Ich denke, das haben wir getan.
    Ferner hat uns das Problem beschäftigt, wie die bundesdeutschen Regierungsakten behandelt werden, insbesondere deren Geheimhaltung. Von der Oppositionsseite, insbesondere von Frau Köppe,



    Jörg van Essen
    wurde häufig kritisiert, daß alle einschlägigen Akten, auch die der Nachrichtendienste, nicht bekanntgemacht wurden. In diesem Zusammenhang wurde der Bundesregierung vorgeworfen, sie behindere die Aufklärung. Ich halte diesen Vorwurf ebensowenig für berechtigt wie die weiteren Vorwürfe der Kollegin Köppe. Auch wenn da und dort Mitarbeiter westlicher Nachrichtendienste im KoKo-Bereich tätig gewesen sein mögen — gesteuert, und das an enger Leine, wurde aus Ostberlin. Es ist Geschichtsklitterung, liebe Frau Kollegin Köppe, die DDR als Marionettentheater westdeutscher Nachrichtendienste darstellen zu wollen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Der Untersuchungsausschuß ist kein Tribunal. Wir sollten ihn auch nicht dazu machen. Wir sind auf dem Weg der Aufklärung ein gutes Stück vorangekommen. Das lag auch an der F.D.P.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat nun der Abgeordnete Heinz-Jürgen Kronberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz-Jürgen Kronberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute über Kommerzielle Koordinierung, über Schalck-Golodkowski sprechen, müssen wir, denke ich, auch über die Staatssicherheit sprechen.
    Bei dieser Gelegenheit möchte ich an den Mut und vor allen Dingen an das Engagement derjenigen erinnern, die im Herbst 1989 die Staatssicherheitszentralen, anfänglich in Erfurt, dann bis hoch nach Rostock, besetzt und sie nicht nur gesichert haben, sondern auch die Akten aufgearbeitet haben, bis hin zum Zusammenlegen von Schnipseln bereits zerrissener Akten. Ich denke, wir vergessen allzu leicht, welchen Anteil diese Leute, die in den Bürgerkomitees gearbeitet haben, an der heutigen Aufklärung im Rahmen unserer Tätigkeit haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wenn wir den Anfang der Kommerziellen Koordinierung anschauen, müssen wir sagen: Das war kein Kind der Marktwirtschaft. Es war die erste Bankrotterklärung der defizitären DDR-Planwirtschaft. Das ist die Wirklichkeit. Man hatte erkannt, daß die DDR-Wirtschaft nicht mehr in der Lage war, vernünftig und gewinnbringend zu wirtschaften. Vielmehr war sie defizitär. Daher waren dieses Wirtschaftssystem und vor allen Dingen die Kommerzielle Koordinierung ein besonders sensibler Bereich und damit auch für die Staatssicherheit sehr interessant.
    Das wird dadurch dokumentiert, daß von Anfang an, seit 1966, das MfS in die Arbeit von KoKo involviert war. Schon vor seiner Ernennung zum Leiter von KoKo informierte Schalck das damalige Mitglied des Politbüros Hermann Matern mit Schreiben vom 29. Dezember 1965 über den Stand der damals im Außenhandel erwirtschafteten Valuten. Ich zitiere:
    Dabei haben uns vor allem Vertrauensfirmen des
    MfS über die Firma Simon und die Firma Gerlach
    außerordentlich große Hilfe und Unterstützung gegeben.
    Die Unterstützung u. a. durch das Ministerium für Staatssicherheit bezeichnete er deshalb als notwendig — noch ein Zitat —,
    weil eine Reihe von Operationen, wie illegaler Warentransport, Versicherungsbetrug und andere streng geheimzuhaltende Maßnahmen
    nur einem sehr kleinen Personenkreis bekannt werden durfte.
    Was wir bisher nicht gefunden haben, sind Hinweise auf die inhaltliche Beeinflussung von seiten des MfS während der Gründung, im Gegensatz zu der alltäglichen Arbeit, wo sie um so massiver gewesen ist.
    Ein Beispiel haben wir diese Woche von einem ehemaligen Offizier der HVA, d. h. vom Hause Markus Wolf, gehört, der sagte:
    Es ging nicht nur um die diffizile Arbeit, sondern es ging auch um die globale Beschaffung für die Staatssicherheit. Mielke selbst hat Listen erstellt, hat sie Schalck selbst gegeben, und Schalck leitete diese weiter zu seinen Mitarbeitern, zur Beschaffung.
    Der Kontakt zwischen Schalck und Mielke beschränkte sich aber nicht nur auf das Arbeiten von KoKo. Es wurde vorhin schon erwähnt: Mielke war, obwohl er selbst nicht Doktor war, der Doktorvater von Schalcks Dissertation. Eine beachtliche Konstellation!

    (Friedrich Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Da haben wir Proletarier wenigstens Chancen gehabt!)

    — In der DDR war alles möglich. — Er hat sie aber nicht allein geschrieben, sondern — auch das ist beachtlich — zusammen mit Heinz Volpert, der Oberst war und zum Schluß zur führenden Ebene um Erich Mielke gehörte. Das Thema war — das wissen Sie genausogut wie wir — die Arbeit von KoKo an sich. Es war die theoretische Grundlage seiner Arbeit in der Kommerziellen Koordinierung.
    Die Staatssicherheit — um das einmal von der Struktur her zu sehen — hatte bei den ca. 100 Mitarbeitern, die in Berlin bei der KoKo beschäftigt waren, allein 19 Offiziere in besonderem Einsatz. Das heißt, jeder fünfte war Offizier in besonderem Einsatz, ganz zu schweigen von den IMs. Einer der Offiziere in besonderem Einsatz war Schalck selbst.
    Ein weiterer wichtiger Mann für das MfS war Manfred Seidel. Er war bereits 1966, als er zur KoKo kam, Oberst des MfS. Er war nicht nur der Leiter der Hauptabteilung 1, sondern er war der eigentliche Brückenkopf für das MfS im Bereich Kommerzielle Koordinierung. Ihm unterstanden, wirtschaftlich gesehen, u. a. die Firmen Asimex, Camet, F. C. Gerlach, Forgber, Interport und Intertechna. Operativ gesehen unterstanden sie der HVA, der Hauptverwaltung Aufklärung.
    Der Kollege Krziskewitz hat vorhin auch die Firma Kunst und Antiquitäten GmbH angeführt. Auch diese unterstand Manfred Seidel. Gerade an ihr wird deut-



    Heinz-Jürgen Kronberg
    lieh, daß es bei KoKo kein eng spezialisiertes Arbeiten gab. Vielmehr war es eine Zusammenarbeit zwischen der Kommerziellen Koordinierung, der Staatssicherheit, den öffentlichen Organen, z. B. der Volkspolizei, der Staatsverwaltung und der öffentlichen Rechtsprechung. Das heißt, der Bereich Kommerzielle Koordinierung hat nichts ausgelassen. Es war eine Krake, die bis in die letzte Ecke der DDR reichte.
    Ungefähr ab Mitte der 70er Jahre ist, wie wir feststellen müssen, die Zusammenarbeit zwischen KoKo und dem MfS dann immer enger geworden. 1983 wurde auf Betreiben von Schalck-Golodkowski die Arbeitsgruppe BKK, eine eigene MfS-Arbeitsgruppe speziell für diesen Bereich, gegründet. Schalck wurde es ganz einfach zuviel, unter der globalen Beobachtung des MfS zu stehen. Er erhoffte sich, damit die Informationen in dieser speziellen Arbeitsgruppe kanalisieren zu können.
    Ein Zeichen dafür ist der Befehl 14/83. Er zeigt die Unterstellung in allen Fragen der Sicherheit und der Nutzung unter die Person von Schalck-Golodkowski; in der Art des Bereiches für die politisch-operative Arbeit des MfS direkt unterstellt und verantwortlich.
    Das heißt: Ohne Schalcks Abnicken, ohne sein Ja-Wort war nichts möglich. Wenn man sich die Einzelbestimmungen durchliest, dann wird klar: Er hatte sogar Gestaltungsfreiraum; er hatte die Möglichkeit, freien Handlungsraum für die Arbeit des MfS innerhalb seines Betriebes zu nutzen.
    So war es beispielsweise nicht möglich, die Installation von Offizieren im besonderen Einsatz oder von IMs ohne seine Rücksprache oder gar sein Einverständnis zu bewerkstelligen. Das beweist, daß hier im wechselseitigen Interesse gearbeitet wurde.
    Wie uns Mitarbeiter bei den Befragungen mehrmals bestätigten, hat Schalck den Kontakt zu Mielke nicht nur dazu benutzt, seine Arbeit effizient gestalten zu können, sondern auch dazu, seine persönliche Bedeutung aufzupolieren.
    Ich denke mir, das ist Beweis genug für die Verstrikkungen zwischen MfS und dem Bereich Kommerzielle Koordinierung, die Schalck in seiner ersten Aussage so vehement bestritten hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Damit nicht genug: Ich denke, wir müssen uns natürlich auch nach den Schlußfolgerungen fragen, die sich aus unserer Arbeit ergeben.
    Es gab in der KoKo nicht nur ein wechselseitiges Arbeiten. Nein, KoKo war in ihrer Arbeit nur so effektiv und nur so gut — wenn man dies überhaupt sagen kann —, weil die Möglichkeit bestand, nach den politisch-operativen Arbeitsweisen des MfS vorzugehen.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: So ist es! — Dr. Andreas von Bülow [SPD]: Ohne Rücksicht auf Kosten!)

    Das müssen wir hier betonen. Das ist der Unterschied zur Marktwirtschaft.
    Ich denke mir, die Schlußfolgerung daraus muß vor allem sein, daß es keinen Bereich im Staat mehr geben darf, der nicht unter politischer und demokratischer Kontrolle steht; denn wir haben ja gerade bei KoKo gesehen, welches skrupellose Geschwür ohne jegliche Grenzen mit der ihm gegebenen Eigendynamik sonst entstehen kann.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)