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    Plenarprotokoll 12/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Eidesleistung von Bundesministern Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 11711A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 11711B Jochen Borchert, Bundesminister BML 11711D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 11711D Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11712A Dank an die ausgeschiedenen Bundesmini- ster Ignaz Kiechle, Jürgen W. Möllemann und Dr. Heinz Riesenhuber 11712A Wahl des Abgeordneten Dr. Paul Hoffacker zum ordentlichen Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Bernhard Jagoda . . 11712B Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung der ersten Beschlußempfehlung und des ersten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes b) Beratung der zweiten Beschlußempfehlung und des zweiten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksachen 12/654, 12/662, 12/3462, 12/3920) Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU . 11712C Dr. Andreas von Bülow SPD 11714 A Arno Schmidt (Dresden) F.D.P. . . . . 11716 B Andrea Lederer PDS/Linke Liste 11718C, 11723D Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11720C Reiner Krziskewitz CDU/CSU . 11722A, 11724 C Dr. Axel Wernitz SPD 11724 D Jörg van Essen F.D.P. 11726A Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU . . 11727A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 11728C Joachim Hörster CDU/CSU 11730 C Friedhelm Julius Beucher SPD . . . 11733D Hans-Joachim Hacker SPD 11734 D Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Einsetzung eines Ausschusses Treuhandanstalt (Drucksache 12/4153) Arnulf Kriedner CDU/CSU 11737 B Hinrich Kuessner SPD 11738 C Jürgen Türk F.D.P. 11740A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 11741A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11741D Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1992 — Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992 — (Drucksachen 12/3629, 12/4165, 12/4169) 11742B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ursula Fischer, Dr. Uwe-Jens Heuer, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS/ Linke Liste: Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 12/2047, 12/3492) Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 11742D Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU 11744 B Doris Odendahl SPD 11745B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11746D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 11747C Dr. Christoph Schnittler F.D.P. . . . . . 11747 D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Wolfgang Roth, Harald B. Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Anpassung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft an die neuen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen (Drucksache 12/1572) Dr. Uwe Jens SPD 11748D Friedhelm Ost CDU/CSU 11751B Bernd Henn PDS/Linke Liste 11754 C Marita Sehn F.D.P. 11756 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11758B Ernst Hinsken CDU/CSU 11759 D Ernst Schwanhold SPD 11762 B Rainer Haungs CDU/CSU 11763 D Ernst Schwanhold SPD 11765 B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 11767 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 11767D Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 11769D Otto Schily SPD 11771A Nächste Sitzung 11773 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11774' A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11774 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 11711 135. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Böhm (Melsungen), CDU/CSU 22. 1. 93* Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 22. 1. 93 Brandt-Elsweier, Anni SPD 22. 1. 93 Eylmann, Horst CDU/CSU 22. 1. 93 Eymer, Anke CDU/CSU 22. 1. 93 Gallus, Georg F.D.P. 22. 1. 93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 22. 1. 93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 22. 1. 93 Johannes Graf, Günter SPD 22. 1. 93 Großmann, Achim SPD 22. 1. 93 Grünbeck, Josef F.D.P. 22. 1. 93 Günther (Plauen), F.D.P. 22. 1. 93 Joachim Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 22. 1. 93 Hackel, Heinz-Dieter F.D.P. 22. 1. 93 Haschke CDU/CSU 22. 1.93 (Großhennersdorf), Gottfried Hasenfratz, Klaus SPD 22. 1. 93 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 22. 1. 93 Heyenn, Günther SPD 22. 1. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 22. 1. 93 Hilsberg, Stephan SPD 22. 1. 93 Jaunich, Horst SPD 22. 1. 93 Karwatzki, Irmgard CDU/CSU 22. 1. 93 Koschnick, Hans SPD 22. 1. 93 Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 22. 1. 93 Klaus W. Lowack, Ortwin fraktionslos 22. 1. 93 Dr. Mahlo, Dietrich CDU/CSU 22. 1. 93 Marx, Done SPD 22. 1. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 22. 1. 93 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 22. 1. 93 Mischnick, Wolfgang F.D.P. 22. 1. 93 Mosdorf, Siegmar SPD 22. 1. 93 Müller (Wadern), CDU/CSU 22. 1. 93 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 22. 1. 93 Oesinghaus, Günther SPD 22. 1. 93 Otto (Frankfurt), F.D.P. 22. 1. 93 Hans-Joachim Pfeifer, Anton CDU/CSU 22. 1. 93 Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 22. 1. 93 Susanne Reimann, Manfred SPD 22. 1. 93 Rempe, Walter SPD 22. 1. 93 Reschke, Otto SPD 22. 1. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 22. 1. 93 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Rixe, Günter SPD 22. 1. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 22. 1. 93 Ingrid Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 22. 1. 93 Cornelia Schmidt (Mühlheim), CDU/CSU 22. 1. 93 Andreas Schmidt (Nürnberg), SPD 22. 1. 93 Renate Dr. Schnell, Emil SPD 22. 1. 93 Schuster, Hans F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Semper, Sigrid F.D.P. 22. 1. 93 Simm, Erika SPD 22. 1. 93 Stübgen, Michael CDU/CSU 22. 1. 93 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 22. 1. 93 Voigt (Frankfurt), SPD 22. 1. 93** Karsten D. Wartenberg (Berlin), SPD 22. 1. 93 Gerd Welt, Jochen SPD 22. 1. 93 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 22. 1. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 22. 1. 93 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14. Januar 1993 beschlossen, zu dem nachstehenden Gesetz einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/2602 Drucksache 12/2983 Drucksache 12/3370 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/3102 EG-Ausschuß Drucksache 12/3255 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/2257 Nr. 3.1 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/3182 Nr. 70 Drucksache 12/3867 Nr. 2.23
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    Rede von Ingrid Köppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die beiden jetzt vorgelegten Zwischenberichte des 1. Untersuchungsausschusses sind eine ordentliche Fleißarbeit und ein wichtiges Arbeitsmaterial für Interessierte.
    Kurz zusammengefaßt lautet die Aussage dieser beiden Zwischenberichte: Erstens. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung war eng mit dem MfS verbunden. Zweitens. Zum Bereich Kommerzielle Koordinierung gehörten viele Firmen.
    Daß diese Feststellung allerdings im Jahre 1993 bei einigen Abgeordneten der Fraktionen ein solches Aha-Erlebnis ist, wird viele im Osten verwundern,

    (Beifall der Abg. Ulla Jelpke [PDS/Linke Liste])

    insbesondere all jene, die 1989 intensiv an der Enttarnung von MfS- und KoKo-Objekten mitgewirkt haben. Sie fragen heute vielmehr: Was ist aus KoKo geworden? Wo ist das Geld? Wie funktionierte dieses Devisengeschäft? Wer waren die westdeutschen Geschäftspartner? Was überhaupt wußte der Westen von der Tätigkeit des Bereichs Kommerzielle Koordinierung? Wie kommt es, daß noch heute die eine oder andere KoKo-Firma weiterexistiert, und wer verdient daran? Aber diese Fragen beantworten die vorliegenden Zwischenberichte nicht.
    Übrigens sind die jetzt öffentlich vorgelegten Erkenntnisse über die KoKo-Firmen und die StasiAnbindung auch für den Westen so neu nicht. Vieles von dem ist dem BND schon seit 20 Jahren im Detail bekannt, also schon zu Zeiten, als DDR-Bürger noch nicht einmal den Namen Schalck-Golodkowski kannten.
    Bereits 1973 wußte der BND, daß der Bereich KoKo im Auftrag des MfS gegründet wurde. Bereits 1974 war sich der BND sicher, daß der Bereich Schalck durch den Aufbau von Firmen in der Bundesrepublik Einfluß auf die bundesrepublikanische Republik ausüben werde. Spätestens 1975 war dem BND klar, daß sich KoKo jeglicher krimineller Methoden bedienen würde, um seine Ziele der Devisenbeschaffung und der Spionage für die HVA zu erreichen.
    Diese Mitteilungen des BND sind regelmäßig an das Kanzleramt, an das Auswärtige Amt sowie an die Ministerien der Finanzen, für innerdeutsche Beziehungen und der Verteidigung gegangen. Die jeweiligen Bundesregierungen waren also über die



    Ingrid Köppe
    Geschäfte von Schalck-Golodkowski und auch über die Stasi-Anbindung schon lange Zeit informiert, vorausgesetzt, diese BND-Mitteilungen landeten nicht regelmäßig ungelesen in Papierkörben oder Panzerschränken.
    Was taten die jeweiligen bundesdeutschen Regierungen? Sie verhinderten nicht den Antiquitätenausverkauf in der DDR. Sie verhinderten nicht, daß sich die Stasi aus dem Westen Waffen und Ausrüstungen besorgte. Sie schrieben nicht einmal Protestnoten an die DDR-Regierungen. Die jeweiligen bundesdeutschen Regierungen schauten zu. Agenten von BND und BW wurden zwar in KoKo-Firmen tätig. Doch außer einer Beobachtungstätigkeit durch die westdeutschen Geheimdienste unternahm die Bundesregierung nichts.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg)

    Johannes Vöcking, Staatssekretär im Innenministerium, teilte dem Untersuchungsausschuß am 10. Dezember 1992 folgendes mit — ich zitiere —:
    Eine Einflußnahme auf den Bereich Kommerzielle Koordinierung im Sinne einer Behinderung oder Verhinderung eventueller rechtswidriger, gegen die Bundesrepublik gerichteter Unternehmen wäre im übrigen nicht nur auf Grund der insgesamt ungünstigen Zugänge und der Quellengefährdung nicht durchführbar gewesen; entsprechende Versuche hätten auch jeden nachrichtendienstlichen Ansatz blockiert.
    Das belegt: Der Bundesregierung war die eigene geheimdienstliche Arbeit im Bereich Kommerzielle Koordinierung wichtiger als die Verhinderung von Straftaten.
    Nehmen wir einmal das Beispiel der SED-Parteifirmen: Bekanntermaßen wurden mit den Gewinnen der Parteifirmen ein Geheimkonto Honeckers sowie die DKP finanziert. Diese Parteifirmen standen im Widerspruch zu dem gültigen Militärregierungsgesetz von 1953. Sie waren also eigentlich verboten in der Bundesrepublik.
    Bekannt ist bereits, daß der Geschäftsführer der Firma Noha in Bochum jahrelang für den Verfassungsschutz gearbeitet hat. Bekannt ist dies auch vom Geschäftsführer der Firma Chemoplast. Es gab insgesamt etwa 20 solcher SED-Parteifirmen in der Bundesrepublik.
    Warum hält die Bundesregierung die Zahl der Verfassungsschutzagenten in diesen Firmen noch immer geheim? Ist es nicht so, daß die Zahl deshalb geheimgehalten wird, weil sie verdeutlichen würde, daß die SED-Parteifirmen fast ausschließlich von BfVAgenten geführt wurden?

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Karneval ist erst im Februar!)

    Wie würde die Bundesregierung heute dastehen, wenn öffentlich bekannt würde, daß es der Verfassungsschutz selbst war, der einerseits in den jährlichen Verfassungsschutzberichten die DKP-Finanzierung angeprangert hat, andererseits diese Finanzierung aber mit ermöglicht hat?
    Unser Ansatz bei der Auflösung der Staatssicherheit war: Das MfS ist erst dann wirklich aufgelöst, wenn das Stasi-Wissen nicht mehr geheim ist. Das gleiche gilt auch für den eng mit der Staatssicherheit verbundenen Bereich Kommerzielle Koordinierung. KoKo-Strukturen, Namen von Mitarbeitern und Geschäftspartnern müssen öffentlich gemacht werden, um zu verhindern, daß ehemalige KoKo-Firmen und Geschäftsbeziehungen weiter existieren.
    Noch immer aber, im Jahre 1993, sind die Erkenntnisse über den Bereich Kommerzielle Koordinierung nicht vollständig der Öffentlichkeit zugänglich. Heute, 1993, lagern in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages 250 „geheim" eingestufte Akten über den Bereich Kommerzielle Koordinierung. Wir fordern, daß diese Akten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
    Noch immer werden auch dem Untersuchungsausschuß Akten über den Bereich Kommerzielle Koordinierung vorenthalten, so z. B. Akten von den einzelnen Diensten, die über KoKo-Firmen angelegt worden sind. Wir haben erst vor zwei Tagen erfahren dürfen, daß der Bundesnachrichtendienst nach seinen Aussagen sechs Quellen in KoKo-Firmen geführt habe. Wo sind die Berichte dieser Quellen? Wo sind die Akten, die vom Bundesnachrichtendienst und vom Verfassungsschutz über die einzelnen Firmen angelegt worden sind?
    Es ist heute genau drei Jahre her, daß Schalck seine Gespräche mit dem BND begann — oder umgekehrt. Am 22. Januar 1990 fand das erste Treffen zwischen Schalck und BND nach Schalcks Flucht statt. Dem voraus ging, daß Schalck eine Wunschliste abgab und damit ganz genau die Bedingungen für seine Gespräche dem BND gegenüber diktierte. Wir können heute sehen, daß etliche dieser Bedingungen als Voraussetzung für die Gespräche vom BND erfüllt worden sind.
    Die Akten über diese Gespräche sind zum größten Teil noch immer „geheim" eingestuft. Wir fordern, daß diese Akten endlich entstuft und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
    Ich habe im Untersuchungsausschuß die Erfahrung gemacht, daß sich die Fraktionen ausführlich mit der Vergangenheitsaufarbeitung beschäftigen, solange diese nicht sie selbst betrifft, also mit Vorliebe Vergangenheitsaufarbeitung Ost betreiben. KoKo aber war kein reines Ostunternehmen.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste — Joachim Hörster [CDU/CSU]: Doch, ausschließlich!)

    — Das war überhaupt nicht so, Herr Hörster; dann kennen Sie die Akten nicht.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Aber selbstverständlich kenne ich die!)

    Sie werden mir zustimmen, daß zum Handel immer zwei gehören und zur Devisenbeschaffung natürlich sowohl die Ost-Seite als auch die West-Seite.
    Der Untersuchungsausschuß steht in der Gefahr, Geschichtsverfälschung zu betreiben. Es kann nicht nur darum gehen, die Ost-Geschichte und die Stasi-Rolle im Bereich Kommerzielle Koordinierung zu untersuchen. Die Rolle der jeweiligen Bundesregie-



    Ingrid Köppe
    rung ist ebenso Thema des Untersuchungsauftrags, egal, ob dies der Mehrheit des Ausschusses paßt oder nicht. Wenn das von der Mehrheit des Ausschusses nicht endlich akzeptiert wird, dann wird es später einmal einen Untersuchungsausschuß geben müssen, der die Aufgabe haben wird, zu klären, warum wer mit welchem Ziel die Arbeit des Schalck-Untersuchungsausschusses blockiert hat.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS/Linke Liste sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Reiner Krziskewitz.

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    Rede von Reiner Krziskewitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in sachlichem Ton gehaltenen Teilberichte des 1. Untersuchungsausschusses zeigen die Fakten auf, die die Ermittlungsarbeit ergaben. Was die Berichte jedoch nicht vermitteln können, sind das Leid von Betroffenen und ihre Ohnmacht gegenüber einem Staat, der aus permanenter Devisenknappheit das Land und seine Bürger planmäßig plünderte.
    Lassen Sie mich einige Erkenntnisse aus dem Bereich Kunst- und Antiquitätenverkauf schildern. Wir werden zwar noch vor der Sommerpause den 3. Teilbericht, der sich mit der Kunst und Antiquitäten GmbH beschäftigt, beraten; doch war gerade dies ein Thema, bei dem der Ausschuß zwar nicht spektakulär und medienwirksam, dafür aber recht systematisch, so meine ich, aufklären konnte.
    Vieles von dem, was früher gemutmaßt wurde, können wir nun belegen. Die Kunst und Antiquitäten GmbH war zunächst angehalten, jährlich 4 Millionen Mark in Devisen dem DDR-Staatshaushalt abzuliefern. Um dies zu erreichen, wurden in einer ersten Aktion die Museen „ausgeraubt".
    Die hierzu in Schalck-Golodkowskis Arbeitsbereich ausgearbeitete Ministerratsverfügung 4/73 führte zu einer planmäßigen Plünderung kultureller Werte zugunsten dieser Devisenbeschaffung.
    Auf Grund seiner Untersuchungen ist der Ausschuß zu der Überzeugung gelangt, daß die Kunst und Antiquitäten GmbH auch Kunstobjekte mit besonderer kulturhistorischer Bedeutung sowie in einem sehr hohen Umfang Kulturgüter der Kategorien II und III exportierte, urn Devisen zu beschaffen. So wurde das kulturelle Erbe, welches zu pflegen man immer vorgab, schlicht verschleudert.
    Da diese Einnahmen selbstverständlich nicht ausreichten, um die Mißwirtschaft des Staates auszugleichen, wurden Methoden entwickelt, privaten Kunstsammlern ihr Eigentum abzunehmen. Zunächst wurde diesen angeboten, sich auf Geschäfte einzulassen, um in den Besitz von Konsumgütern zu gelangen, die die Volkswirtschaft der DDR überhaupt nicht oder nur mit ungewöhnlich langen Lieferfristen bereitzustellen in der Lage war. Wo dies nicht gelang, etwa in den Fällen, in denen Sammler um den Wert ihrer Objekte wußten oder sich von diesen nicht trennen wollten, wurden Kunstsammlern unter Beugung der
    DDR-Gesetzgebung Steuer- und Zollvergehen vorgeworfen, um deren Sammelstücke in der Regel entschädigungslos einzuziehen.

    (Heinz-Jürgen Kronberg [CDU/CSU]: Sehr wahr, sehr wahr!)

    Bezeichnend und erschreckend zugleich war die Aussage eines Zeugen hierzu, der dem Ausschuß gegenüber äußerte, daß man den Vorgesetzten, insbesondere Herrn Neiber und Herrn Mielke, am besten imponieren konnte, wenn man einen Vorgang mit 500 000 Mark abschloß.
    Viele verloren durch das illegale Vorgehen der staatlichen Organe in Jahrzehnten zusammengetragenen wertvollen Familienbesitz, zum Teil aber auch den Hausrat. Sie wurden nicht nur ihrer Sammlungen beraubt, sondern zum Teil auch wegen angeblicher Steuervergehen inhaftiert und dann über Rechtsanwalt Vogel zum Freikauf angeboten.
    Die Adressen der Bürger, die wertvollen Besitz ihr eigen nennen konnten, erhielt die Kunst und Antiquitäten GmbH vom MfS, mit dem eine enge Zusammenarbeit bestand.
    Man schreckte auch nicht davor zurück, selbst das DDR-Recht zu beugen. So erklärten uns Zeugen, daß es in der Regel weder schriftliche Verfügungen gab, noch auf gesetzliche Vorschriften geachtet wurde, sondern daß die Regel galt: Höhere Dienststellen hatten im konkreten Fall das Sagen über untere Dienststellen, so daß man letztlich auf Befehle „aus Berlin" wartete. Auch wurde etwa die Beweislast in Steuersachen im Gegensatz zur Regelung des § 204 Abs. 1 der Abgabenordnung der DDR dem Steuerpflichtigen auferlegt.
    Im Gegensatz zu den Normalbürgern wurde Schalck und anderen Mitgliedern der Führungsebene, die außerordentlich wertvolle Kunst- und Gemäldesammlungen besaßen — auf welchen Wegen auch immer erlangt —, selbstverständlich niemals die Steuerfahndung auf den Hals geschickt.
    Einer der erschütterndsten Fälle, die wir zu untersuchen hatten, war der Fall Dr. Garcke. Der erfolgreiche Arzt und Antiquitätensammler hatte über Jahre eine einzigartige Sammlung aufgebaut; den Grundstock bildeten Erbschaften und Familienbesitz. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde das Vermögen 1978 beschlagnahmt und Dr. Garcke inhaftiert.
    In den Akten der Staatssicherheit, die Frau Garcke inzwischen einsehen konnte, befinden sich bis ins Detail gehende Absprachen des MfS mit dem daran beteiligten IM, Informellen Mitarbeiter, einem Mitarbeiter der Kunst und Antiquitäten GmbH, der mit der Familie Garcke auch noch befreundet war, in der Familie verkehrte und die Sammlung bestens kannte. Ich zitiere:
    Der IM ist der Meinung, daß es auffällig wäre, in Ermittlungsverfahren gegen Dr. Garcke nicht gehört zu werden, da allgemein unter den Sammlern bekannt ist, daß er Verbindung zum Verdächtigen hat. Er erhielt den Hinweis, daß zu gegebener Zeit darüber konkrete Absprachen geführt werden.



    Reiner Krziskewitz
    Der IM betonte abschließend nochmals, daß die strafrechtlichen Maßnahmen wirklich keine Lükken für Dr. Garcke zulassen dürfen, zumal Dr. Garcke auch über Rechtskenntnisse verfügt.
    Jetzt kommt es:
    Es könnte nach Meinung der Quelle nichts Schlimmeres passieren, als wenn man Dr. Garcke eines Tages auf Grund fehlender Beweise wieder freilassen müßte. Der politische Schaden wäre schon allein unausdenkbar.
    Am 7. April 1978 wurde Dr. Garcke tot in seiner Zelle aufgefunden. Seine Witwe hat bis heute — berechtigte, so glaube ich — Zweifel an der Darstellung des Todes als Selbstmord.
    Meine Damen und Herren, es ist nicht meine Art, polemisch aufzutreten. Aber ich muß doch sagen: Die beschönigende Darstellung der Rolle des MIS, die vorhin von einer Kollegin hier gegeben wurde, hat mir weh getan.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    So können wir mit Geschichte nicht umgehen.
    Ich bin davon überzeugt, daß eine wirklich umfassende Aufklärung dieses Falles und ungezählter anderer Fälle nur durch die Sichtung der Unterlagen der Gauck-Behörde — auch der Opfer-Akten — möglich ist.
    Bisher noch nicht vor dem Ausschuß behandelt — jedoch für die nächsten Wochen vorgesehen — ist ein Fall, der deutlich zeigt, wie die Herrschenden zusammenarbeiteten und daß ihnen die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns durchaus bewußt war.
    1980 erbte eine DDR-Schuldirektorin in der Bundesrepublik einen erheblichen Nachlaß. Der nicht ganz unbekannte Rechtsanwalt Wünsche orientierte darauf, diesen Nachlaß im Westen aufzulösen und in der DDR zu transferieren. Damit war diese Bürgerin aber nicht einverstanden; denn sie wollte das Geld im Westen anlegen. Ihre Beschwerden an die westdeutsche Justiz führten zu einer dortigen Untersuchung, die die Tätigkeit des Herrn Rechtsanwalts Wünsche offenzulegen drohte.
    Zitat aus einem Brief Wünsches an Schalck: Durch die Handlungsweise von Frau .. . — ich lasse den Namen einmal aus —
    ist zunächst im Düsseldorfer Raum bekanntgeworden, daß versucht wird, unter Umgehung gesetzlicher Bestimmungen der BRD DM-Beträge zu transferieren.
    In einem Brief an Mittag schreibt Schalck-Golodkowski:
    Um nicht die Verbindung zwischen dem Rechtsanwalt und dem Bereich KoKo offen darzulegen, wende ich mich an Dich mit der Bitte zu entscheiden, ob der Brief der Genossin Honecker zugestellt oder auf anderem Wege zur Kenntnis und Entscheidung gegeben wird ... es muß durch den Minister für Volksbildung eine prinzipielle Einflußnahme auf N. N. ausgeübt werden.
    Hiermit wird eindeutig belegt: Es handelte sich nicht um den Übereifer oder das Über-die-SträngeSchlagen irgendwelcher untergeordneter Ebenen; nein, die DDR-Führung wußte um das Verbrecherische ihres Tuns.
    Meine Damen und Herren, es ist auch sehr wichtig, hier einmal zu berichten, daß es unter all diesen Umständen auch eine gehörige Anzahl aufrechter und mutiger Menschen, Bürger und Bürgerinnen, in der DDR gab, die sich unter hohem persönlichen Einsatz und Risiko bemühten, Schaden — ich möchte einmal sagen: vom deutschen Volk und ihrer Heimat — abzuwenden und zu verhüten und der Kunst und Antiquitäten GmbH auch bei Druckausübung nicht zuarbeiteten, ja, beabsichtigte Plünderungen verhinderten und so wertvollen kulturellen Besitz unserer Heimat erhielten.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich glaube, daß gerade dieser Teil der Geschichte auch in den Medien sehr oft ungerechterweise unterschlagen wird.
    Meine Damen und Herren, die Arbeit des 1. Untersuchungsausschusses, so schwierig sie sich auch gestaltet und so aufwendig sie für Abgeordnete und Mitarbeiter auch ist, ist, glaube ich, ein unverzichtbarer Teil der historischen Wahrheitsfindung.
    Es darf nicht geschehen, daß durch eine Legendenbildung — sie hat inzwischen schon eingesetzt — die Wirklichkeit der DDR geschönt und das Unrecht bagatellisiert wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Nicht nur einzelne Vertreter eines ineffizienten Systems haben sich schuldig gemacht — das ist nur die halbe Wahrheit—, sondern das gesamte System— das beweisen die Akten — war auf Unrecht, auf Rechtsbeugung, selbst der eigenen Gesetze, und auf Unterdrückung angelegt, und dieses System konnte auch nur so existieren. Als die Unterdrückung nicht mehr funktionierte, brach das System wie ein Kartenhaus zusammen. Meine Damen und Herren, dieses System war verbrecherisch!

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD sowie des Abg. Konrad Weiß [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])