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    Plenarprotokoll 12/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Eidesleistung von Bundesministern Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 11711A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 11711B Jochen Borchert, Bundesminister BML 11711D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 11711D Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11712A Dank an die ausgeschiedenen Bundesmini- ster Ignaz Kiechle, Jürgen W. Möllemann und Dr. Heinz Riesenhuber 11712A Wahl des Abgeordneten Dr. Paul Hoffacker zum ordentlichen Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Bernhard Jagoda . . 11712B Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung der ersten Beschlußempfehlung und des ersten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes b) Beratung der zweiten Beschlußempfehlung und des zweiten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksachen 12/654, 12/662, 12/3462, 12/3920) Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU . 11712C Dr. Andreas von Bülow SPD 11714 A Arno Schmidt (Dresden) F.D.P. . . . . 11716 B Andrea Lederer PDS/Linke Liste 11718C, 11723D Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11720C Reiner Krziskewitz CDU/CSU . 11722A, 11724 C Dr. Axel Wernitz SPD 11724 D Jörg van Essen F.D.P. 11726A Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU . . 11727A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 11728C Joachim Hörster CDU/CSU 11730 C Friedhelm Julius Beucher SPD . . . 11733D Hans-Joachim Hacker SPD 11734 D Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Einsetzung eines Ausschusses Treuhandanstalt (Drucksache 12/4153) Arnulf Kriedner CDU/CSU 11737 B Hinrich Kuessner SPD 11738 C Jürgen Türk F.D.P. 11740A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 11741A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11741D Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1992 — Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992 — (Drucksachen 12/3629, 12/4165, 12/4169) 11742B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ursula Fischer, Dr. Uwe-Jens Heuer, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS/ Linke Liste: Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 12/2047, 12/3492) Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 11742D Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU 11744 B Doris Odendahl SPD 11745B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11746D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 11747C Dr. Christoph Schnittler F.D.P. . . . . . 11747 D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Wolfgang Roth, Harald B. Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Anpassung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft an die neuen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen (Drucksache 12/1572) Dr. Uwe Jens SPD 11748D Friedhelm Ost CDU/CSU 11751B Bernd Henn PDS/Linke Liste 11754 C Marita Sehn F.D.P. 11756 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11758B Ernst Hinsken CDU/CSU 11759 D Ernst Schwanhold SPD 11762 B Rainer Haungs CDU/CSU 11763 D Ernst Schwanhold SPD 11765 B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 11767 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 11767D Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 11769D Otto Schily SPD 11771A Nächste Sitzung 11773 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11774' A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11774 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 11711 135. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Böhm (Melsungen), CDU/CSU 22. 1. 93* Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 22. 1. 93 Brandt-Elsweier, Anni SPD 22. 1. 93 Eylmann, Horst CDU/CSU 22. 1. 93 Eymer, Anke CDU/CSU 22. 1. 93 Gallus, Georg F.D.P. 22. 1. 93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 22. 1. 93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 22. 1. 93 Johannes Graf, Günter SPD 22. 1. 93 Großmann, Achim SPD 22. 1. 93 Grünbeck, Josef F.D.P. 22. 1. 93 Günther (Plauen), F.D.P. 22. 1. 93 Joachim Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 22. 1. 93 Hackel, Heinz-Dieter F.D.P. 22. 1. 93 Haschke CDU/CSU 22. 1.93 (Großhennersdorf), Gottfried Hasenfratz, Klaus SPD 22. 1. 93 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 22. 1. 93 Heyenn, Günther SPD 22. 1. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 22. 1. 93 Hilsberg, Stephan SPD 22. 1. 93 Jaunich, Horst SPD 22. 1. 93 Karwatzki, Irmgard CDU/CSU 22. 1. 93 Koschnick, Hans SPD 22. 1. 93 Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 22. 1. 93 Klaus W. Lowack, Ortwin fraktionslos 22. 1. 93 Dr. Mahlo, Dietrich CDU/CSU 22. 1. 93 Marx, Done SPD 22. 1. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 22. 1. 93 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 22. 1. 93 Mischnick, Wolfgang F.D.P. 22. 1. 93 Mosdorf, Siegmar SPD 22. 1. 93 Müller (Wadern), CDU/CSU 22. 1. 93 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 22. 1. 93 Oesinghaus, Günther SPD 22. 1. 93 Otto (Frankfurt), F.D.P. 22. 1. 93 Hans-Joachim Pfeifer, Anton CDU/CSU 22. 1. 93 Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 22. 1. 93 Susanne Reimann, Manfred SPD 22. 1. 93 Rempe, Walter SPD 22. 1. 93 Reschke, Otto SPD 22. 1. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 22. 1. 93 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Rixe, Günter SPD 22. 1. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 22. 1. 93 Ingrid Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 22. 1. 93 Cornelia Schmidt (Mühlheim), CDU/CSU 22. 1. 93 Andreas Schmidt (Nürnberg), SPD 22. 1. 93 Renate Dr. Schnell, Emil SPD 22. 1. 93 Schuster, Hans F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Semper, Sigrid F.D.P. 22. 1. 93 Simm, Erika SPD 22. 1. 93 Stübgen, Michael CDU/CSU 22. 1. 93 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 22. 1. 93 Voigt (Frankfurt), SPD 22. 1. 93** Karsten D. Wartenberg (Berlin), SPD 22. 1. 93 Gerd Welt, Jochen SPD 22. 1. 93 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 22. 1. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 22. 1. 93 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14. Januar 1993 beschlossen, zu dem nachstehenden Gesetz einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/2602 Drucksache 12/2983 Drucksache 12/3370 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/3102 EG-Ausschuß Drucksache 12/3255 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/2257 Nr. 3.1 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/3182 Nr. 70 Drucksache 12/3867 Nr. 2.23
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Andreas von Bülow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der 1. Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages dieser Legislaturperiode geht zurück auf die Umstände des nicht zuletzt auch wirtschaftlichen Zusammenbruchs der DDR. Die DDR war 1989 pleite. Dies wußten die Bürger, mit Sicherheit auch die führenden Leute des Bereichs Kommerzielle Koordinierung um Schalck-Golodkowski.

    (Zuruf der CDU/CSU: Die am besten!)

    Das letzte wirtschaftspolitische Experiment, sich über außergewöhnliche Deviseneinnahmen aus dem Sumpf zu ziehen, war gescheitert. Der Kopf dieses Experiments, der Oberst des Ministeriums für Staatssicherheit und zugleich Staatssekretär des Ministeriums für Außenhandel, floh am 3. Dezember 1989 nach West-Berlin, nachdem er, von seiner Partei fallengelassen, gedroht hatte, vor der Volkskammer auszupacken.
    Von West-Berlin führte der Weg unter tatkräftiger Mithilfe der Familie Strauß einerseits und des damaligen Bundesministers des Innern und heutigen Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU andererseits nach München. Der BND nahm sich des Mannes an. Eine private Sicherheitsfirma, geleitet von einem ehemaligen Oberst und Vertreter des Militärischen Abschirmdienstes beim Ministerpräsidenten von Bayern, brachte das Ehepaar Schalck in einer Hütte unter.
    Das Ehepaar Schalck-Golodkowski erhielt falsche Papiere auf den Namen Gutmann, den Mädchennamen von Frau Schalck, unter dem Frau Schalck auch zu DDR-Zeiten schon als Oberst des Ministeriums für Staatssicherheit Kurierdienste leistete.
    Das Ehepaar Schalck-Golodkowski fand einen fernsehbekannten Wohnsitz am Tegernsee, finanziert mit einem Kredit der CSU- und Franz-Josef-Strauß-nahen Firma März in Rosenheim, angeblich ohne Absicherung.
    Der 1. Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages dieser Legislaturperiode versucht nun, Licht in Aufbau und Betrieb des Bereichs Kommerzielle Koordinierung zu bringen, in die Fragen, wer westlicherseits kooperierte, welche Gelder er erwirtschaftete, wo diese im In- und Ausland teils angelegten, teils vagabundierenden Gelder nach dem Zusammenbruch der DDR geblieben sind und wie denn die merkwürdigen Umstände des Wechsels des Ehepaares Schalck-Golodkowski in die Bundesrepublik zu erklären sein könnten.
    Der Untersuchungsausschuß arbeitet nun bereits anderthalb Jahre. Über vieles herrscht inzwischen Klarheit. Die Bau- und Machart des Bereichs Kommerzielle Koordinierung ist einigermaßen durchschaubar geworden. Der Brief Schalcks aus dem Jahre 1965 an das Mitglied des Politbüros der SED Matern verrät uns die Stoßrichtung des Anzapfens westlicher Fonds, auch unter Nutzung krimineller Methoden und unter Abschirmung durch den Staatssicherheitsdienst. Die Doktorarbeit Schalcks aus dem Jahre 1968, zusammen mit seinem Führungsoffizier Volpert verfaßt, verrät uns weitere Details. Offiziere im besonderen Einsatz der Staatssicherheit schirmen im Staatsapparat, im Zoll, in der volkseigenen Wirtschaft den immer weiter wuchernden und das Import- und Exportmonopol über die DDR-Wirtschaft anstrebenden KoKoBereich vor jeder unliebsamen DDR-internen Staatskontrolle ab.
    Ein speziell auf die Betriebe von KoKo angesetzter Spezialapparat der Stasi, die Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung, durchdringt zwar den Bereich, schirmt ihn nach außen ab, hindert ihn jedoch nicht ernsthaft an seinen Aktivitäten. Die staatliche Finanzrevision findet in weiten Teilen nicht statt.
    Eine geordnete Buchführung gab es nicht. Nur Teile der Kontenbewegungen lassen sich nachvollziehen. Viele Geschäfte wurden mit Koffern, wenn nicht Containern voll Bargeld gemacht. Selbst die Geschäfte, die über die Konten liefen, sind häufig nur schwer nachzuvollziehen, weil ein Schleier von Scheinfirmen von Liechtenstein über die Schweiz und Österreich nach Panama und Curaçao oder Hongkong die Bewegungen verheimlicht.
    Die Kriminalität mancher Geschäfte ist stichprobenartig offenbar geworden bei früheren Zufallstreffern des westdeutschen Zolls, durch Ermittlungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes. So wurden systematisch die westdeutschen und europäischen Zollbestimmungen unterlaufen, das Tabakmonopol wurde durch Zigarettenschmuggel in alle Länder der Europäischen Gemeinschaft unterlaufen, das Branntweinmonopol wurde betrogen, das Welttextilabkommen untergraben. Die Einfuhrbedingungen für Fleisch wurden jeweils mit Hilfe westlicher Kollaborateure hintergangen.
    Um an Kunst und Antiquitäten zum Verkauf gegen westliche Devisen heranzukommen, wurden Sammler ausgeforscht und mit enteignungsgleichen Steuerbescheiden zum Verkauf gezwungen. Im Bereich des Waffenexports war die DDR über ein spezielles Firmengeflecht bereit, an Freund und Feind Waffen jeder Herkunft zu verkaufen.
    Durch Schalcks Hände wanderten die Gelder, mit denen die Bundesrepublik Häftlinge freikaufte, die Postpauschale ebenso wie die Transitgebühren, die Kirchengelder, die Genex-Einnahmen ebenso wie die



    Dr. Andreas von Bülow
    Gelder für Transport und Ablagerung westlichen Mülls auf östlichen Deponien. Dazu kamen Zwangsprovisionen auf Import und Export und vieles andere mehr.
    Die Frage nach dem Nutzen für die DDR-Bevölkerung ist nicht beantwortet. Schalck berühmt sich, der DDR 50 Milliarden DM an Devisen zusätzlich erwirtschaftet zu haben. Doch was waren die Kosten? Die Blütezeit von KoKo geht einher mit dem rasanten Verfall der Wettbewerbsfähigkeit der DDR-Volkswirtschaft. Mußte die DDR-Wirtschaft Anfang der 80er Jahre zwei Mark der DDR an Kosten aufwenden, um auf westlichen Märkten eine westliche D-Mark zu erwirtschaften, so verfiel dieses Austauschverhältnis auf vier Mark Ost an Kosten für eine D-Mark Erlös binnen acht bis neun Jahren. Statt die DDR-Wirtschaft wettbewerbstüchtig zu machen, geschah in Wirklichkeit genau das Gegenteil. Zum Schluß wurden die Waren der DDR auf den Weltmärkten regelrecht verschleudert.
    Ob hier alles mit rechten Dingen zuging, ist nach wie vor die große Frage. Es ist schwer nachweisbar und dennoch sehr wahrscheinlich, daß mit Hilfe westlicher Kollaborateure über Dumpingpreise Geld beiseite geschafft worden ist.
    Mit Sicherheit hat noch nie ein Ausschuß eines deutschen Parlaments sich durch ein derart komplexes, unübersichtliches mafioses Gebilde eines für die Mehrzahl der Mitglieder zumindest am Anfang noch sternenfremden Wirtschafts- und Staatssystems hindurcharbeiten müssen. Wir stehen vor einem Berg von 1 300 000 Aktenseiten. Sie sind nicht vollzählig. Fortbestehende KoKo-Firmen sitzen auf Akten aus der DDR-Zeit. Wichtige Akten, etwa zum Drogen- und Waffenhandel im Zuge des Iran-Contra-Skandals, sind noch vor der Vereinigung ins Ausland gebracht worden.
    Bisher sind erst 10 000 der 1,3 Millionen Seiten so aufbereitet worden, daß man mit Kombinationen von Stichworten erhoffte Schätze heben kann. So großzügig sich der Ältestenrat bei der Beschaffung der Computeranlage gezeigt hat, so knauserig ist er jetzt bei der Bewilligung von Datensichtgeräten für die einzelnen Abgeordneten. Wir fühlen uns wie Abgeordnete, denen der Zugang zur Bundestagsbibliothek verwehrt wird.
    Niemand kann derzeit ermessen, wieweit der Ausschuß in der Lage sein wird, die Materie wirklich zu durchdringen. Daß dies in einer kurzen Legislaturperiode nur unzureichend möglich sein wird, hängt auch an der Organisation des Ausschusses und seiner Mitglieder selbst. Trotz der 1,3 Millionen Seiten, trotz der ungeheuren Komplexität des Untersuchungsgegenstandes weigern sich die Regierungsparteien mit für uns unverständlicher Hartnäckigkeit, das Berichterstattersystem einzuführen.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Was ist das denn? Wie soll das denn funktionieren?)

    — Ein Geschäftsführer sollte wissen, was das heißt. So gelingt es nicht, arbeitsteilig die Thematik des Ausschusses so aufzuarbeiten, daß sich das Plenum des Ausschusses nur noch mit Beweiserhebungen beschäftigt, die der Sache wirklich dienen. Mit der
    gewählten Arbeitsorganisation sind wir nicht in der Lage, große Aktenbestände durch Berichterstatter sichten und darüber dem Ausschuß berichten zu lassen, wie es der parallel tagende bayerische Untersuchungsausschuß im übrigen mit gutem Erfolg praktiziert, Herr Hörster.
    Wir können keine Vorabklärung von Zeugenvernehmungen durchführen. Auch an die in der Parlamentspraxis des amerikanischen Kongresses übliche Vorermittlung durch Mitarbeiter des Ausschusses und der Fraktionen ist angesichts der rigiden Haltung der Regierungsfraktionen nicht zu denken. Wir kommen daher nur außerordentlich mühsam und zäh voran und werden wichtige Komplexe in dieser Legislaturperiode vermutlich nicht abarbeiten können.
    Über die Motive der Koalition kann man nur mutmaßen.

    (Friedrich Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal, was Sie mutmaßen!)

    Die Verweigerung einer vernünftigen Arbeitsorganisation geht einher mit Merkwürdigkeiten, die dieses Verfahren von Beginn an begleiten. Da fehlen z. B. alle Unterlagen aus der Zeit des Staatsministers Jenninger im Bundeskanzleramt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja nicht wahr!)

    Da sind die Briefe Schalcks an den derzeitigen Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, Wolfgang Schäuble, seinerzeit Bundesinnenminister und davor Kanzleramtsminister, der Geschäftsbriefe zu Privatbriefen erklärt und diese nicht mehr auffinden kann, ja sogar ausdrücklich erklärt, daß er diese Briefe, selbst wenn er sie fände, dem Ausschuß nicht gedenke zur Verfügung zu stellen; eine Aussage, die er inzwischen korrigiert hat.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Was Sie machen, ist unredlich!)

    Da bleibt eine der engsten Mitarbeiterinnen Schalcks, Frau Lisowski, in der Treuhand bis zum Herbst 1991 mit der Abwicklung der ihr auch früher anvertrauten Firmen des KoKo-Imperiums betraut. Niemand stößt sich daran. Und genau dies hatte Schalck auch dem damaligen Bundesinnenminister in einem Brief, der in seiner Entwurfsform auch dem BND zur Verfügung stand, empfohlen.
    Weitere Merkwürdigkeiten kommen hinzu. Da gibt es den Fall des Landtagsabgeordneten Geistardt, der sich noch zu DDR-Zeiten auf Vermittlung des Kanzleramts auf den Weg zum BND und zu Schalck macht, um Informationen in Sachen KoKo einzuholen. Er berichtet hierüber angeblich dem heutigen Bundesverkehrsminister

    (Zuruf von der CDU/CSU: Noch einen Abgeordneten!)

    und damaligen Parlamentarischen Staatssekretär von der CDU, allerdings zu einem Termin, der so nicht stattgefunden haben kann. Die Union ließ eine Gegenüberstellung der Zeugen Krause und Geistardt per Mehrheitsbeschluß nicht zu.



    Dr. Andreas von Bülow
    So verwirrt das Erscheinungsbild dieses Zeugen gewesen sein mag, immerhin soll es ihm in der Wendezeit gelungen sein, an die Stasi-Akten zahlreicher Landtagskollegen der CDU im Landtag von Sachsen-Anhalt zu gelangen und diese mit diesen Akten zur Aufgabe des Mandats zu veranlassen.
    Wir trauern um den so frühen Tod des Kollegen Stavenhagen, Staatsminister im Kanzleramt, doch was hat der Mann leiden müssen unter dem Schulkameraden unseres Bundeskanzlers, des Herrn Jung, der zum Sachbearbeiter im Kanzleramt für Fragen des Geheimdienstes gemacht worden war. Im Panzerschrank dieses Sachbearbeiters pflegten die zahlreichen Berichte des Bundesnachrichtendienstes ohne Weiterleitung an den Minister zu verschwinden, darunter auch Akten, die mit dem KoKo-Bereich zu tun hatten.
    Der Merkwürdigkeiten gibt es noch viele. So die mangelnde Energie und Phantasie des Bundesministers der Finanzen bei der Aufspürung der KoKoMilliarden zu Beginn der Tätigkeit. Hier ist es die Berliner Kripo, die den großen BMF nach der Vereinigung immer wieder zum Jagen zu tragen versucht.
    Auffällig ist auch der Umstand, daß die Bundesregierung nie zur Aufdeckung des KoKo-Netzes eine Sondergruppe besonders befähigter Mitarbeiter eingesetzt hat. Es gibt Mitarbeiter beim Zoll, beim Bundesamt für Verfassungsschutz, beim Bundesnachrichtendienst, die exzellent informiert waren. Trotz Anregung unsererseits wurde auf dieses Instrument verzichtet.
    Auch im Bereich der Strafverfolgung ließ man monatelang die Kripo Berlin im eigenen Saft schmoren, ebenso die Staatsanwaltschaft mit ihrer unzweckmäßigen Aufteilung in Regierungskriminalität und Vereinigungskriminalität und den absurd kurzen Abordnungsverhältnissen westdeutscher Staatsanwälte.
    Es ist also manches so bestellt, daß die Machenschaften des Bereiches Kommerzielle Koordinierung nur unter extrem erschwerten Bedingungen aufgeklärt werden können. Es riecht nach wie vor an so manchen Ecken und Enden.
    Dennoch gilt es, diesen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Wir sind es den Bürgern der DDR schuldig, allen Widrigkeiten zum Trotz diese Machenschaften des Bereichs KoKo unter den Bedingungen der Ost-West-Trennung zu klären und nach Kräften dafür zu sorgen, daß veruntreutes Vermögen dem Aufbau der neuen Bundesländer zugeführt werden kann.
    Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Abgeordnete Arno Schmidt.

(Joachim Hörster [CDU/CSU]: Ich würde den Vorredner übergehen! Es lohnt nicht!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Arno Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr von Bülow, etwas wundert es mich natürlich, wenn wir uns in
    Pressekonferenzen oder auch im Plenum befinden; ich lerne Sie da immer aufs neue kennen.

    (Dr. Andreas von Bülow [SPD]: Das ist auch recht so!)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den 1. Untersuchungsausschuß sehen wir als Chance, über Parteigrenzen hinweg ein Stück deutscher Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten. Wenn man von den Pressekonferenzen, die wir gegeben haben — sie wurden eben angesprochen — einmal absieht, haben wir dies meiner Einschätzung nach auch ganz gut hinbekommen.
    Natürlich möchte der eine oder andere liebend gern eine andere Zielstellung anpeilen, als dies im Untersuchungsauftrag vorgegeben ist. Doch die Sichtung von über einer Million Dokumenten übersteigt alles bisher Dagewesene von Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestages und verlangt deshalb von allen Beteiligten eine Konzentration auf das Wesentliche. Der Aufwand zur Bewältigung solcher Aktenmassen ist sehr hoch für alle und bindet Kräfte, die mancher von uns gelegentlich sicherlich lieber für seine anderen Aufgaben einsetzen möchte. Meiner Meinung nach ist dies jedoch ein noch zu rechtfertigender Preis, der aber nicht ins Grenzenlose steigen sollte.
    Wir sind bestrebt, wenigstens die Grundlinien aufzuzeigen, um die Bedeutung des Bereiches Kommerzielle Koordinierung — KoKo — für den Machterhalt der Partei- und Staatsführung in der DDR zu verdeutlichen. Andererseits wollen wir auch die wirtschaftliche und politische Bedeutung des Bereichs KoKo für die Beziehungen der DDR zur Bundesrepublik Deutschland aufhellen.
    Spektakuläre Aufklärungsergebnisse sind in der Arbeit des Untersuchungsausschusses die Ausnahme. Wir wissen auch, daß wir das Dickicht, das den Bereich KoKo umgab, mit den Mitteln dieses Untersuchungsausschusses endgültig nicht werden lichten können. Genauso wenig, wie sich die Vergangenheit durch juristische Mittel umfassend aufklären läßt, werden wir im Untersuchungsausschuß in umfassendem Maße dazu in der Lage sein. Denn dazu ist die gesamte deutsche Gesellschaft gefordert, im Osten wie im Westen. Doch wir wollen in dem vorgegebenen Rahmen unseren uns möglichen Beitrag leisten.
    Wenn wir auf die Resonanz der Aufklärungsarbeit um Koko in den neuen Bundesländern blicken, sehen wir eine durchaus recht wechselhafte Stimmungslage. Da ist zum einen das engagierte und vehemente Interesse an Aufklärung von seiten derer, die in irgendeiner Form — sei es als ehemalige politische Häftlinge, als Freigekaufte, oder als um ihre Antiquitäten Beraubte — unwissentlich mit KoKo direkt in Berührung gekommen sind. Doch dann sind da auch die vielen, für die KoKo-Verstrickungen ein Teil des Unrechtsregimes sind, mit dem sie mittlerweile abgerechnet haben und das sie verständlicherweise eher zu vergessen versuchen. Zudem hatte KoKo für einen Bürger in der DDR seine Arbeit mit Erfolg auch geheimhalten können.
    Daß nun auch die KoKo-Thematik in die Konkursmasse des Vergessens fällt, erklärt sich sicherlich aus



    Arno Schmidt (Dresden)

    dem Umstand, daß die Art der staatlichen Devisenbeschaffung nicht nur gegen die nach außen verkündete Ideologie, sondern insgesamt gegen die grundlegendsten moralischen und ethischen Maßstäbe verstoßen hat, wie es kaum vorstellbar ist.
    Noch immer müssen wir die Befürchtung haben, daß die DDR ganz bewußt aus politischen Gründen Menschen inhaftiert hat um der Devisen willen, die auf diesem Wege der Bundesrepublik abzupressen waren. Diesem Verdacht sind wir nachgegangen, konnten ihn aber noch nicht abschließend klären. Daß dabei Rechtsanwalt Vogel, zum mindestens für mich, selbst eine moralisch zweifelhafte Rolle gespielt hat, kann, glaube ich, offen gesagt werden.
    Diese Bemühungen der Bundesrepublik, die ausschließlich humanitäre Gründe hatten, jetzt zu diffamieren halte ich für absolut inakzeptabel. Die Zeit im geteilten Deutschland war für alle schwer, die an der Überwindung des Risses arbeiteten, der quer durch die Nation ging. Sicher war es sowohl für die sozialliberale als auch später für die christlich-liberale Regierung nicht leicht, die Entscheidungen, die im Interesse der Menschen richtig erschienen, zu treffen. Und wie oft mußte ein Pakt mit dem Teufel eingegangen werden, um Erleichterungen für die Menschen zu erreichen. Daran muß man sich auch heute noch erinnern und es entsprechend werten.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Persönlich habe ich mindestens die Hälfte meines Lebens gehofft, daß es einmal ein vereintes Deutschland geben wird. Ich verstehe heute einige nicht, die diese Bundesrepublik — oftmals nur aus rein egoistischen Gründen — zerreden wollen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    In den neuen Bundesländern drohen persönliche und gesellschaftliche Probleme des Alltags allerdings die Behandlung dieses Themas in der Öffentlichkeit zu erdrücken.
    Für viele, die selber auf keine direkt erlittene und erlebte schadvolle Begegnung mit KoKo zurückschauen, ist die Arbeit des 1. Untersuchungsausschusses dabei, zum eher akademisch zeitgeschichtlichen Interessengebiet zu mutieren. Andere hegen — vergleichbar etwa mit dem Fall Honecker — die Erwartung, daß auch die für KoKo Verantwortlichen und die, die persönlichen Profit auf diesen Tätigkeiten zogen, doch zu fassen sein müßten.
    Immer neue Enthüllungen über immer weitergehende Schurkereien dieses Regimes, unter dem sie gelitten haben, das aber strafrechtlich nicht zu packen ist, sind nicht unbedingt geeignet, das Verständnis für die Arbeit des Ausschusses zu fördern. Entsprechend, häufig werde ich gefragt, welchen Sinn eine so intensive Beschäftigung mit dem Vergangenen hat, wo doch die Probleme der Gegenwart und der Zukunft die Bürger um ein Vielfaches mehr beschäftigen. Auch wenn ich Bedenken dieser Art nicht restlos zu zerstreuen vermag, meine ich doch, daß das Wissen um diese facettenreichen Strukturen des Unrechts nicht in der Versenkung verschwinden darf. Trotz aller zukunftsgerichteten Probleme sind wir diese
    Aufklärungsarbeit uns selber, den vielen, die gelitten haben, und unseren Nachkommen schuldig.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

    Doch plädiere ich ebenso für eine vernünftige Eingrenzung der Arbeit des KoKo-Ausschusses. Ich meine, wir sollten auf jeden Fall, möglichst im Herbst, die Zeugenvernehmung abschließen, damit der Schlußbericht des Ausschusses noch vor der Sommerpause 1994 debattiert werden kann. Diese Zeit benötigt das Ausschußsekretariat — es wurde gesagt — schon aus rein technischen Gründen, um einen Bericht zu erstellen.
    Ich bitte auch hier die Opposition, sich nochmals zu beraten, ob sie diesen Weg nicht mit uns gemeinsam gehen will; denn wir müssen aufpassen, daß die Sachaufklärung nicht in den Strudel des nächsten Wahlkampfs gerät.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: So ist es!)

    Wir sollten auch aufhören, uns gegenseitig immer vorführen zu wollen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Von Bülow fängt schon damit an!)

    Zweifellos ist der Untersuchungsauftrag an sich schon zu umfangreich formuliert worden, um seine Erfüllung jetzt auch noch zeitlich unnötig zu strecken.
    Im Interesse der inneren Vereinigung Deutschlands soll die Aufklärung der Vergangenheit befrieden. Die vor uns liegenden Probleme des Aufbaus im Osten und des Fortgangs der Vereinigung Deutschlands sind zu wichtig, als daß wir unsere Zeit und Kraft verschwenden könnten, uns zu zerstreiten.
    Vorwürfe der Art, der bayerische Ministerpräsident Strauß habe Landesverrat begangen oder der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau hätte Wahlkampfhilfe bei Honecker erbettelt, sind zu vordergründig, um wirklich ernst genommen zu werden.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Das ist im zweiten Fall leider zutreffend!)

    Dafür sollten wir uns auch zu schade sein.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Bisher können wir auf zwei erstellte Teilberichte verweisen. Mit dem zweiten Teilbericht, der wie der erste den Sinn hat, Arbeitsergebnisse strukturiert festzuhalten, stellen wir der Öffentlichkeit detaillierte Informationen über die Strukturen von KoKo vor. Seine Essenz ist der Organisationsplan von KoKo, in dem die Firmen genannt und beschrieben sind, die europaweit, aber mit Schwerpunkt auch auf Westdeutschland dem Bereich KoKo zugeordnet waren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Weltweit!)

    Für einen ehemaligen DDR-Bürger scheint es kaum glaubhaft, in welchen Wirtschaftsbereichen das sozialistische Regime hinter der Fassade selbstproduzierter ideologischer Verblendung dann selbst aktiv war, um



    Arno Schmidt (Dresden)

    der eigenen Mangelwirtschaft mit kräftigen Devisenschüben nachzuhelfen.

    (Ulla Jelpke [PDS/Linke Liste]: Das war kapitalistisch!)

    — Das kommt ja noch. Das ärgert Sie wohl etwas.
    KoKo war der Versuch, selbst mit den nach außen als merkantilistisch-kapitalistisch kritisierten Strukturen die Existenzunfähigkeit des sozialistischen Systems unbemerkt auszubügeln. Vielleicht gefällt Ihnen das besser.

    (Lachen bei der PDS/Linke Liste)

    Trotz intensiver Recherchen ist es immer noch fraglich, ob die im zweiten Teilbericht aufgeführten Firmen tatsächlich alle Unternehmen sind und — was weitaus mehr interessiert — ob einzelne Firmen wirklich immer noch tätig sind. Auf diese Frage werden wir eine sichere Antwort vermutlich erst später geben können.
    Dagegen kann mittlerweile mit Sicherheit behauptet werden, daß entgegen Schalck-Golodkowskis öffentlicher Darstellung zwischen dem Bereich KoKo und dem Ministerium für Staatssicherheit enge Verknüpfungen bestanden haben. Die auf Schalcks Veranlassung eigens bei der Stasi eingerichtete Arbeitsgruppe Bereich KoKo, sein Rang als Offizier im besonderen Einsatz, seine gemeinsam mit einem engen Mitarbeiter Mielkes verfaßte Doktorarbeit sind dabei Hinweise genug.
    Hinsichtlich des Wahrheitsgehalts verschiedener Äußerungen von Schalck-Golodkowski kann ich mir kein abschließendes Urteil erlauben. Ich befürchte aber, daß sich über die Akten des Untersuchungsausschusses und unseren Schlußbericht noch der Staatsanwalt wird beugen müssen, um gegebenenfalls die Frage hinsichtlich von Falschaussagen nicht nur von Schalck-Golodkowski zu überprüfen.
    Bei Einsetzung des Untersuchungsausschusses haben wir Liberale betont, daß der Ausschuß kein Tribunal ist. Dazu stehen wir auch heute noch. Doch verdenkt es hoffentlich keiner den Bürgern in den neuen Bundesländern, wenn sie die Schlagkraft dieses Untersuchungsausschusses an der Person Schalck-Golodkowskis messen, der, sich die Hände reibend, in seiner Villa am Tegernsee residiert und über einen Neuanfang als Wirtschaftsberater sinniert. Die Hoffnung seines Anwalts, Schalck könne schon nächstes Jahr aus allem heraus sein, kann ich jedenfalls nicht teilen.
    Zweifellos sind uns als Untersuchungsausschuß gelegentlich die Hände gebunden, nicht nur weil wir Rücksicht auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und Strafverfahren nehmen müssen. Doch selbst wenn mit den Möglichkeiten des Rechtsstaates eine Strafe die Täter wahrscheinlich kaum in dem Maße treffen wird, wie es unserem Empfinden nach gerecht wäre, so wird uns die moralische Verurteilung aber keiner nehmen können.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)