Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Nils Diederich, seit dem 3. Oktober 1990 sind wir nicht nur wieder ein Volk — das waren wir auch vorher —, sondern — ich glaube, das ist der wesentlichere Punkt, den wir bei der heutigen Wirtschaftsdebatte berücksichtigen müssen — wir sind auch wieder eine Volkswirtschaft. Das bedeutet, es bestehen unmittelbare und direkte Wechselwirkungen zwischen den wirtschaftlichen Entwicklungen in den alten Bundesländern und in den neuen Bundesländern; das dürfen wir nicht außer acht lassen. Zu dem, was Sie zu Subventionen und ähnlichem gesagt haben, lieber Nils Diederich, werde ich auch einiges sagen. Aber eines vorneweg: Man kann nicht wie Sie beklagen, daß wir hier und da Einsparungen vorgenommen haben, und im gleichen Atemzug sagen: Die Subventionspolitik fassen wir nicht an.
Lieber Herr Vorsitzender Rudi Walther, allein im Einzelplan 09 haben wir gegenüber dem Regierungsentwurf annähernd eine halbe Milliarde DM, d. h. 400 Millionen DM zusätzlich an Kürzungen vorgenommen, die im Subventionsbereich liegen und die uns sicherlich nicht leichtgefallen sind. Ich werde dazu dann noch einiges sagen müssen, weil hier — leider Gottes, muß ich sagen — aus rein populistischen Gründen von einer Gruppe dieses Hauses wieder ein Antrag gestellt wird, bei dem ich davon ausgehen muß, daß man sich mit der Problematik, die damit zusammenhängt, überhaupt nicht befaßt hat.
Es steht außer Frage, daß es in einer Zeit, in der die Wirtschaft etwas stagniert und die Wachstumsraten, die wir in den vergangenen Jahren hatten, für die Zukunft nicht mehr so fortgeschrieben werden können, natürlich schwieriger geworden ist, die finanziellen Mittel für unsere Landsleute in den neuen Bundesländern und für den Aufbau der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Ich weiß natürlich, daß, je länger der Prozeß des Wiederaufbaus der ostdeutschen Wirtschaft andauert, desto mehr nicht nur die Bevölkerung in den neuen Bundesländern unter dem Verlust der Arbeitsplätze und den beruflichen Perspektiven leidet; vielmehr wird dieser Prozeß für uns natürlich auch insgesamt teurer. Deshalb ist die wichtigste Aufgabe auch für die neuen Bundesländer, daß wir die Gefahr einer anhaltenden Rezession abwehren und die aktuelle Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft wieder überwinden und in Stärke umwandeln. Die Aussagen des Sachverständigenrates in seinem jüngsten Jahresgutachten haben darauf mit allem Nachdruck hingewiesen. Es kommt darauf an, die sich im Westen abzeichnende oder bereits vorhandene Flaute zu überwinden und in den neuen Bundesländern weiter darauf hinzuarbeiten, daß die produktiven Kräfte aktiviert werden und auch ein wettbewerbsfähiges Angebot entsteht. Dies stellt die Wirtschafts- und die Finanzpolitik in den nächsten
Jahren sicherlich vor schwierige Aufgaben, die wir oder insbesondere die Wirtschafts- und die Finanzpolitiker mit zu bewältigen haben. Hier hilft es nicht, einfach in Polemik zu verfallen oder Anträge, die irreal sind, zu stellen.
Mit dem Haushalt 1993, den wir morgen in dritter Lesung verabschieden werden, haben sowohl die Bundesregierung als auch die Koalitionsfraktionen den Grundstein für diese von uns angestrebte erfolgreiche Konsolidierungspolitik gelegt.
Jetzt komme ich auf das, Herr Kollege Diederich, was Sie angesprochen haben: Erst durch Einsparungen in Höhe von mehreren Milliarden DM ist eine noch größere Finanzierung für die neuen Bundesländer möglich geworden. Ich darf Sie schon daran erinnern, daß die Einsparungen, die wir zu Lasten insbesondere der alten Bundesländer vorgenommen haben, für — auch das sollte man sich immer wieder ins Gedächtnis rufen — die neuen Bundesländer vorgenommen wurden, um dort die wirtschaftliche Entwicklung und auch die Produktivität zu stärken. Das ist das A und O des wirtschaftlichen Aufbaus in den neuen Bundesländern.
Wir müssen — wir sagen das auch — natürlich unsere Landsleute in den alten Bundesländern immer wieder darauf hinweisen, daß auch Einschnitte in liebgewordene Besitzstände erfolgen müssen und erfolgen werden. Es fällt uns sicherlich nicht immer leicht, dies zu tun, aber wir haben einfach den Mut dazu, weil wir wissen, wie notwendig ein rascher bzw. ein kontinuierlicher Aufbau auch der Wirtschaftskraft in den neuen Bundesländern ist. Deshalb ergibt sich für die öffentlichen Finanzen die Notwendigkeit einer Sparpolitik, und zwar nicht nur für den Bund. Ich will an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Nicht nur der Bund hat zu sparen, sondern auch die Länder und die Kommunen, und dies schon in den Jahren 1993 und 1994, aber dies gilt ebenso für den Rest dieses Jahrzehnts.
Richtigerweise — das haben Sie richtig dargestellt — liegt ein wesentliches Einsparpotential auch nach Auffassung des Sachverständigenrats beim Abbau der Subventionen. Insofern stimme ich mit Ihnen völlig überein, Herr Kollege Diederich.