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ID1211619600

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    Plenarprotokoll 12/116 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 116. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. November 1992 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung um eine Aktuelle Stunde . . . . . . . . . . . . 9855 B Vertagung der von den Fraktionen der CDU/ CSU und der F.D.P. beantragten Aktuellen Stunde . . . . . . . . . . . . . . . 9899 D Dr. Peter Struck SPD (zur GO) . . . . . . 9855 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU (zur GO) . 9856 B Manfred Richter (Bremerhaven) F.D.P. (zur GO) 9857 B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste (zur GO) 9857C Außerhalb der Tagesordnung: Technische Hinweise Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg . 9858B Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Arbeitsgruppen „Aufbauhilfe neue Bundesländer" ; Gesetz zur Aufhebung der Tarife im Güterverkehr; Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege; Vertragsgesetz zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen vom 12. Juni 1992 über Klimaänderungen; weitere aktuelle Fragen) Dr. Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9859 A Monika Ganseforth SPD 9859 D Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU 9860 A Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . 9860 A Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU . 9860 A Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . 9860 A Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU . 9860 A Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK . 9860 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 9860 B Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9860 C Peter Conradi SPD 9860 D Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9860 D Rolf Schwanitz SPD 9860 D Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9861 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 9861 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9861 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste . 9861 D Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9861 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9862 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9862 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9862 C Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9862 C Dr. Konrad Elmer SPD 9862 D Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9862 D Dr. Konrad Elmer SPD 9862 D Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9863 A Ekkehard Gries F.D.P. 9863 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9863 B Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . . 9863 C Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9863 C Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . . 9863 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1992 Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 A Jochen Feilcke CDU/CSU 9864 B Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 B Otto Schily SPD 9864 C Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9864 D Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 D Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde — Drucksachen 12/3600 vom 3. November 1992 und 12/3580 vom 30. Oktober 1992 Vorbereitungen der Bundesregierung zur Eindämmung des Flüchtlingsstromes unter Inkaufnahme eines Verfassungsverstoßes; Stellungnahme der Bundesregierung zu einer Pressemeldung über einen von ihr geplanten Staatsstreich DringlAnfr 1, 2 Otto Schily SPD Antw BM Friedrich Bohl (ChefBK) . . 9865B, C, 9866 A, C, 9867 A, B, C, D, 9868 C, D, 9869 A, B, D, 9870 A, B, D, 9871 B, C, 9872 A, B, C, 9873 A, C, D, 9874B, 9875A, B ZusFr Otto Schily SPD . . 9865C, 9866A, 9871C ZusFr Norbert Gansel SPD . . . 9866B, 9871D ZusFr Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . 9866 C ZusFr Ernst Waltemathe SPD . . . . . . 9866 D ZusFr Dr. Wilifried Penner SPD . . . . 9867 A ZusFr Erwin Marschewski CDU/CSU 9867C, 9874 D ZusFr Günter Graf SPD . . . . . . . . . 9867 D ZusFr Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . 9868B, 9874 B ZusFr Dr. Konrad Elmer SPD . . 9868D, 9875 A ZusFr Wolfgang Lüder F.D.P. 9868 D ZusFr Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 9869 B ZusFr Dr. Dietrich Sperling SPD . 9869C, 9872 C ZusFr Margitta Terborg SPD . . . . . . 9870 A ZusFr Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 9870A, 9873A ZusFr Ludwig Stiegler SPD9870 D . . . . 9870D ZusFr Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 9872 B ZusFr Eckart Kuhlwein SPD 9873 B ZusFr Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD 9873 D ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD , 9874 A ZusFr Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . 9875 B ZusFr Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . 9875 C Dr. Peter Struck SPD (zur GO) 9875 D Aktuelle Stunde Hans-Ulrich Klose SPD 9876 A Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 9876D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 9877 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 9878 C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9879 C Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9880 B Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 9881 D Rudolf Seiters, Bundesminister BMI . . 9884 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 9885 B Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . . . 9886B Ernst Waltemathe SPD . . . . . . . . 9886 D Hans Eichel, Ministerpräsident des Landes Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . 9887 D Erika Steinbach-Hermann CDU/CSU . . 9890 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . . . . 9891 C Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . 9892D Freimut Duve SPD . . . . . . . . . . . 9893 C Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK . 9894 D Wolfgang Lüder F.D.P. 9895 D Otto Schily SPD 9896 B Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU 9897 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 9898A Ludwig Stiegler SPD 9898 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . 9899 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 9901* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1992 9855 116. Sitzung Bonn, den 4. November 1992 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 04. 11. 92* Beckmann, Klaus F.D.P. 04. 11. 92 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 04. 11. 92 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 04. 11. 92 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 04. 11. 92 Peter Harry Clemens, Joachim CDU/CSU 04. 11. 92 Fischer SPD 04. 11.92 (Gräfenhainichen), Evelin Fuchs (Verl), Katrin SPD 04. 11. 92 Gallus, Georg F.D.P. 04. 11. 92 Gattermann, Hans H. F.D.P. 04. 11. 92 Dr. Gautier, Fritz SPD 04. 11. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 04. 11. 92 Dr. Glotz, Peter SPD 04. 11. 92 Großmann, Achim SPD 04. 11. 92 Hilsberg, Stephan SPD 04. 11. 92 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 04. 11. 92 Kretkowski, Volkmar SPD 04. 11. 92 Dr. Küster, Uwe SPD 04. 11. 92 Lennartz, Klaus SPD 04. 11. 92 Marx, Dorle SPD 04. 11. 92 Meißner, Herbert SPD 04. 11. 92 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 04. 11. 92 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 04. 11. 92 Dr. Ramsauer, Peter CDU/CSU 04. 11. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 04. 11. 92* Rempe, Walter SPD 04. 11. 92 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 04. 11. 92 Rönsch (Wiesbaden), CDU/CSU 04. 11. 92 Hannelore Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 04. 11. 92 Ingrid Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 04. 11. 92 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 04. 11. 92 Andreas Dr. Schmude, Jürgen SPD 04. 11. 92 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 04. 11. 92 Schröter, Karl-Heinz SPD 04. 11. 92 Thierse, Wolfgang SPD 04. 11. 92 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 04. 11. 92 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 04. 11. 92 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 04. 11. 92 Gert Welt, Jochen SPD 04. 11. 92 Wimmer (Neuötting), SPD 04. 11. 92 Hermann Zierer, Benno CDU/CSU 04. 11. 92 ** * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Kollegin Steinbach-Hermann, Sie werden verstehen, daß ich jetzt auf Ihre Rede nicht antworte. Gerade wegen Ihrer Familiengeschichte glaube ich: Sie sollten noch einmal sorgfältig durchdenken, was Sie hier gesagt haben.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit, Frau Kollegin! Es ist eine Unverschämtheit, was Sie gesagt haben! Das ist eine unglaubliche Arroganz!)

    Ich bin ganz sicher, Sie werden das nächste Mal über diese Fragen etwas anders reden.
    Ich möchte mich gerne noch einmal an den Kanzleramtsminister, Herrn Bohl, wenden und darauf zurückkommen, was eigentlich Anlaß der Debatten in den letzten dreieinhalb Stunden war.
    Wir reden über Äußerungen zum Staatsnotstand, über Manipulationen der Verfassung im Zusammenhang mit Asylbewerbern. Herr Bohl, ich denke, Sie sollten es ernst nehmen, daß wir Sie nicht nur in den vergangenen Tagen öffentlich, sondern auch hier dreieinhalb Stunden hindurch aufgefordert haben, das zu tun, was richtig, was parlamentarisch und politisch geboten gewesen wäre, nämlich zu sagen: Diese Äußerungen nehmen wir mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück,

    (Beifall bei der SPD)

    und zwar das, was der Bundeskanzler gesagt hat, das, was Herr Blüm gesagt hat, und auch das, was der Kollege Gerster gesagt hat. Dann wäre alles in Ordnung gewesen.
    Sie haben jetzt noch die Gelegenheit dazu. Dies zu tun wäre deshalb richtig gewesen, weil es sich halt nicht um ein leichtfertiges Gerede handelt, sondern um wesentlich mehr. Wenn Sie das nicht tun, müssen Sie sich darauf einstellen, daß der Deutsche Bundestag hier sehr klar sagt: Dies geht nicht. Wir können in unserem Land nicht zulassen, daß Mitglieder der



    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    Regierung hier als Biedermänner reden, während draußen Brandstifter agieren. Dies geht nicht.

    (Beifall bei der SPD und der F.D.P.)

    Es ist nicht so, daß es sich hier um Spekulationen handeln würde. Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, daß Sie von nahezu jedem anständigen Blatt in der Bundesrepublik gescholten worden sind, nicht nur von Sozialdemokraten. Der Satz „Es gibt keine Staatsräson außerhalb der Verfassung" von Claus Arndt wird Ihnen nicht nur von Sozialdemokraten entgegengehalten. Er wird Ihnen auch von den Medien entgegengehalten. Ich bin froh, daß das so ist. Das unterscheidet nämlich unsere Republik von Weimar.
    Das zweite ist: Wir haben nicht die Sorge, daß Sie mit Verfassungsbruch durchkämen, obwohl ich mich wundere, was Sie Ihrem Koalitionspartner, dem Bundespräsidenten oder wem auch immer leichtfertig zumuten würden, wenn es denn ernstgemeint wäre. Auch das unterscheidet unsere Republik von Weimar. Unsere Institutionen sind stabil. Aber wir sagen Ihnen: Sie müssen das Ganze klarstellen und zurücknehmen aus drei ganz anderen Gründen.
    Erstens. Die Menschen haben hier in Deutschland Probleme genug. Von der Bundesregierung wird erwartet, daß sie Politik macht, daß sie die Wahrheit sagt,

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Sie aber auch!)

    auch auf finanziellem, sozialpolitischem, erzieherischem und gesundheitspolitischem Gebiet, daß sie ihre Konzepte vorlegt, daß sie sagt, was diese Politik kostet, und dann die Menschen zusammenführt, damit man hier zu gemeinsamen Lösungen kommen kann. Solche Äußerungen von wem auch immer, aber ganz besonders des Bundeskanzlers, reißen neue Gräben auf und spalten. Das geht nicht in unserem Land.

    (Beifall bei der SPD)

    Das zweite ist — darüber haben die Ministerpräsidenten Scharping und Eichel sehr deutlich geredet —: Die Frage, wie wir mit dem Zuwanderungsproblem gemeinsam umgehen können, wird dadurch nicht erleichtert. Herr Bohl, Sie haben vorhin so dramatisch Briefe von Bürgermeistern aus Schleswig-Holstein vorgelesen. Diese eignen sich nicht zur Schuldzuweisung. In den zehn Punkten dort wird ganz deutlich darauf hingewiesen, daß Sie vielleicht für einen eine Ergänzung des Art. 16 brauchen, für neun praktisches, konsequentes Handeln durch die Bundesregierung. Das steht aus; das fordern wir ein.

    (Beifall bei der SPD — Claus Jäger [CDU/ CSU]: Das ist unwahr, und Sie wissen das!)

    Zum dritten und letzten Punkt. Ich denke, wir sind uns — verbal jedenfalls — alle einig, daß Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in diesem Land entschieden bekämpft werden müssen und daß es, Herr Kollege Bohl, darum geht, den Dunstschleier eines fremdenfeindlichen Klimas wegzureißen, daß Äußerungen wie die des Herrn Schmidt in Rostock ermöglicht oder Brandstiftern draußen in ihren wirren Köpfen die Möglichkeit eines Irrtums — so will ich das
    einmal sagen — einräumt, als würden sie sich als Staatsnothelfer im Staatsnotstand verstehen können.
    Wissen Sie, was ich mir wünsche? Ich wünsche mir, daß in unserem Land genau das gleiche passiert, was in Polen passiert ist, als auch dort eine schreckliche Sache geschehen ist, als polnische Skinheads einen deutschen Fernfahrer totgeschlagen und einen anderen schwer verletzt haben. Da hat der polnische Staat ganz schnell und ohne lange zu diskutieren, durchgegriffen. Da war es völlig klar, daß Signale gegeben wurden und Demonstrationen stattfanden: Das wird nicht geduldet.

    (Beifall bei der SPD)

    Und die Bevölkerung hat Blumen an den Tatort gelegt. Bei uns sind mittlerweile solche Gewalttaten an der Tagesordnung. Und ich vermisse nicht nur, daß bei uns zuwenig Leute sagen: „Wir wollen das nicht" und — als selbstverständliche menschliche Geste — Blumen an Tatorte legen. Ich vermisse gerade auch das entschlossene Handeln und das richtige politische Signal der Bundesregierung. Nicht hin nehmen wir jedoch, daß falsche Signale — aus welcher politischen Taktiererei auch immer, oder sei es nur aus Unachtsamkeit oder falscher Formulierung — in die falsche Richtung gegeben werden.
    Meine Bitte deshalb — Sie haben wirklich noch Zeit; wir haben die Debatte verlängert —: Stellen Sie sich hier hin, und sagen Sie: Wir nehmen diese Äußerungen zurück. Dann ist dieses Kapitel abgeschlossen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun spricht der Abgeordnete Norbert Geis.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Norbert Geis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wahrheit ist, Frau Dr. Däubler-Gmelin, daß der Asylstrom täglich wächst.

    (Zuruf von der SPD: Es geht um Menschen!)

    50 000 waren es im letzten Monat. Jeden Monat kommt zu uns eine Zahl von Menschen in der Größenordnung einer mittleren Stadt der Bundesrepublik Deutschland und will bei uns Asyl und ein Bleiberecht. Das ist die Wahrheit.
    Nun können wir uns leicht ausrechnen, wann wir, weil dieser Asylstrom überhaupt nicht enden wird — es gibt ja gar keine Chance —, die Kapazitäten nicht mehr haben, um diese Menschen aufnehmen zu können. Wir können uns doch auch leicht ausrechnen, wann es zur Katastrophe kommt. Das kann man doch schon heute sagen. Da nennen Sie es halt nicht Notstand. Nennen Sie es Katastrophe, wenn dieses Wort Sie so sehr stört.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht doch letztlich darum, daß wir Wortklauberei betreiben und der eigentlichen Tatsache nicht ins Gesicht sehen. Diese unsere Haltung bewirkt draußen, daß wir eine zunehmende Radikalisierung der Bevölkerung, zumindest eine starke Sympathie



    Norbert Geis
    gegenüber radikalen Parteien erleben. Wir erleben dies ja täglich, zumindest dann, wenn Wahlen sind. Dieser Radikalismus ist die Ursache für Exzesse. Nun dürfen Sie doch uns nicht den Vorwurf machen, wir seien an diesen Exzessen schuld — so kommt es ja heute heraus —, weil wir das Problem der Asylzuwanderung noch nicht gelöst haben. Wir haben es doch deshalb pocht nicht gelöst, weil wir das Grundgesetz noch nicht ändern konnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Das ist ja auch Ihre Auffassung. Es ist doch inzwischen übereinstimmende Auffassung der Spitze der SPD und der Spitze der CDU/CSU, daß man das Grundgesetz in dieser Frage ändern muß. Herr Scharping und Herr Eichel haben das hier doch auch gesagt.
    Wir ändern das Grundgesetz doch nicht zum Spaß. Wir ändern das Grundgesetz doch deshalb, weil wir glauben, anders des Zustroms nicht Herr werden zu können. Deshalb brauchen wir eine Grundgesetzänderung. Es soll keiner kommen und sagen, er müsse den Art. 16 des Grundgesetzes schützen. Es geht doch darum, daß wir die Verfassung insgesamt schützen. Und der handelt doch verfassungswidrig, der glaubt, er könne seinen ganzen Schutz nur in diese Richtung ausbreiten, aber den Rest der Bevölkerung außer acht lassen. Wir brauchen die Änderung des Grundgesetzes, weil wir mit unseren gerichtlichen Instrumentarien nicht mehr in der Lage sind, dieses Anstroms Herr zu werden. Die Prozesse, die auf uns zukommen, können wir so nicht bewältigen. Es ist nicht eine Frage des Bundes, Frau Däubler-Gmelin, sondern eine Frage der Länder — um dies zwischendurch zu bemerken —, wie sie die Strafverfolgung handhaben. Aber wir können die Verwaltungsprozesse, die auf uns zukommen, nicht mehr bewältigen.
    Deswegen brauchen wir eine Änderung des Grundgesetzes. Das ist doch schon fast Allgemeingut in diesem Parlament. Jedenfalls gehe ich einmal davon aus, daß die Spitze der SPD-Fraktion in der eigenen Fraktion nicht ohne Widerhall ist, daß es dort nicht ganz so schlimm ist wie draußen, wo es hinüber und herüber geht, wo der eine Bezirksverband so und der andere so beschließt, so daß die Leute gar nicht mehr wissen, mit wem sie es zu tun haben.
    Das Problem ist doch, daß Sie zur Zeit ein Bild abgeben, wo doch jeder sagen muß: Was ist denn eigentlich mit dieser SPD los? Der eine schreit hü, der andere hott, der Parteivorsitzende sagt, wir brauchten eine Grundgesetzänderung, und dann kommt irgendein anderer und sagt: Nein, wir brauchen keine. Sie suchen dann ein Ventil und finden heute diese Debatte und meinen, Sie könnten sich an einem Wort, das da gesagt worden ist, aufhängen. Das ist ein ganz und gar untaugliches Mittel.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben es mit einem massenhaften Asylmißbrauch zu tun. Jeder von uns weiß das, und das ist ein massenhafter Mißbrauch unseres Grundgesetzes. Der Staat ist verpflichtet, den Mißbrauch des Grundgesetzes zu beseitigen und zu verhindern. Er gerät in den Verdacht, sich selbst verfassungswidrig zu verhalten,
    wenn er diesen Mißbrauch andauernd duldet. Ohne Änderung des Grundgesetzes — und dazu brauchen wir Ihre Hilfe — können wir doch diesen Mißbrauch nicht ändern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht nur eine Frage von nationalem Recht. Wir allein werden dieses Problem nicht lösen können, sondern wir brauchen dazu auch die Hilfe der anderen europäischen Staaten. Dies ist schon mehr eine Frage des internationalen als des nationalen Rechtes. Wir können uns da doch überhaupt nicht an internationalen Vereinbarungen beteiligen, wenn wir als einziges Land in der Welt in unserem Grundgesetz ein Grundrecht auf Asyl haben. Deswegen müssen wir das Grundgesetz ändern. Ich hoffe doch sehr, daß wir gemeinsam zu dieser Erkenntnis kommen. Demonstrationen, Herr Scharping, nützen da wenig; die können sogar, wenn man nichts tut, eine Lüge sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)