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ID1211617100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/116 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 116. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. November 1992 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung um eine Aktuelle Stunde . . . . . . . . . . . . 9855 B Vertagung der von den Fraktionen der CDU/ CSU und der F.D.P. beantragten Aktuellen Stunde . . . . . . . . . . . . . . . 9899 D Dr. Peter Struck SPD (zur GO) . . . . . . 9855 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU (zur GO) . 9856 B Manfred Richter (Bremerhaven) F.D.P. (zur GO) 9857 B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste (zur GO) 9857C Außerhalb der Tagesordnung: Technische Hinweise Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg . 9858B Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Arbeitsgruppen „Aufbauhilfe neue Bundesländer" ; Gesetz zur Aufhebung der Tarife im Güterverkehr; Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege; Vertragsgesetz zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen vom 12. Juni 1992 über Klimaänderungen; weitere aktuelle Fragen) Dr. Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9859 A Monika Ganseforth SPD 9859 D Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU 9860 A Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . 9860 A Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU . 9860 A Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . 9860 A Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU . 9860 A Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK . 9860 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 9860 B Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9860 C Peter Conradi SPD 9860 D Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9860 D Rolf Schwanitz SPD 9860 D Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9861 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 9861 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9861 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste . 9861 D Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9861 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9862 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9862 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9862 C Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9862 C Dr. Konrad Elmer SPD 9862 D Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9862 D Dr. Konrad Elmer SPD 9862 D Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9863 A Ekkehard Gries F.D.P. 9863 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 9863 B Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . . 9863 C Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9863 C Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . . 9863 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1992 Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 A Jochen Feilcke CDU/CSU 9864 B Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 B Otto Schily SPD 9864 C Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9864 D Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 9864 D Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde — Drucksachen 12/3600 vom 3. November 1992 und 12/3580 vom 30. Oktober 1992 Vorbereitungen der Bundesregierung zur Eindämmung des Flüchtlingsstromes unter Inkaufnahme eines Verfassungsverstoßes; Stellungnahme der Bundesregierung zu einer Pressemeldung über einen von ihr geplanten Staatsstreich DringlAnfr 1, 2 Otto Schily SPD Antw BM Friedrich Bohl (ChefBK) . . 9865B, C, 9866 A, C, 9867 A, B, C, D, 9868 C, D, 9869 A, B, D, 9870 A, B, D, 9871 B, C, 9872 A, B, C, 9873 A, C, D, 9874B, 9875A, B ZusFr Otto Schily SPD . . 9865C, 9866A, 9871C ZusFr Norbert Gansel SPD . . . 9866B, 9871D ZusFr Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . 9866 C ZusFr Ernst Waltemathe SPD . . . . . . 9866 D ZusFr Dr. Wilifried Penner SPD . . . . 9867 A ZusFr Erwin Marschewski CDU/CSU 9867C, 9874 D ZusFr Günter Graf SPD . . . . . . . . . 9867 D ZusFr Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . 9868B, 9874 B ZusFr Dr. Konrad Elmer SPD . . 9868D, 9875 A ZusFr Wolfgang Lüder F.D.P. 9868 D ZusFr Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 9869 B ZusFr Dr. Dietrich Sperling SPD . 9869C, 9872 C ZusFr Margitta Terborg SPD . . . . . . 9870 A ZusFr Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 9870A, 9873A ZusFr Ludwig Stiegler SPD9870 D . . . . 9870D ZusFr Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 9872 B ZusFr Eckart Kuhlwein SPD 9873 B ZusFr Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD 9873 D ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD , 9874 A ZusFr Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . 9875 B ZusFr Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . 9875 C Dr. Peter Struck SPD (zur GO) 9875 D Aktuelle Stunde Hans-Ulrich Klose SPD 9876 A Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 9876D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 9877 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 9878 C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9879 C Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 9880 B Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 9881 D Rudolf Seiters, Bundesminister BMI . . 9884 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 9885 B Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . . . 9886B Ernst Waltemathe SPD . . . . . . . . 9886 D Hans Eichel, Ministerpräsident des Landes Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . 9887 D Erika Steinbach-Hermann CDU/CSU . . 9890 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . . . . 9891 C Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . 9892D Freimut Duve SPD . . . . . . . . . . . 9893 C Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK . 9894 D Wolfgang Lüder F.D.P. 9895 D Otto Schily SPD 9896 B Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU 9897 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 9898A Ludwig Stiegler SPD 9898 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . 9899 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 9901* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1992 9855 116. Sitzung Bonn, den 4. November 1992 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 04. 11. 92* Beckmann, Klaus F.D.P. 04. 11. 92 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 04. 11. 92 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 04. 11. 92 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 04. 11. 92 Peter Harry Clemens, Joachim CDU/CSU 04. 11. 92 Fischer SPD 04. 11.92 (Gräfenhainichen), Evelin Fuchs (Verl), Katrin SPD 04. 11. 92 Gallus, Georg F.D.P. 04. 11. 92 Gattermann, Hans H. F.D.P. 04. 11. 92 Dr. Gautier, Fritz SPD 04. 11. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 04. 11. 92 Dr. Glotz, Peter SPD 04. 11. 92 Großmann, Achim SPD 04. 11. 92 Hilsberg, Stephan SPD 04. 11. 92 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 04. 11. 92 Kretkowski, Volkmar SPD 04. 11. 92 Dr. Küster, Uwe SPD 04. 11. 92 Lennartz, Klaus SPD 04. 11. 92 Marx, Dorle SPD 04. 11. 92 Meißner, Herbert SPD 04. 11. 92 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 04. 11. 92 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 04. 11. 92 Dr. Ramsauer, Peter CDU/CSU 04. 11. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 04. 11. 92* Rempe, Walter SPD 04. 11. 92 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 04. 11. 92 Rönsch (Wiesbaden), CDU/CSU 04. 11. 92 Hannelore Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 04. 11. 92 Ingrid Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 04. 11. 92 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 04. 11. 92 Andreas Dr. Schmude, Jürgen SPD 04. 11. 92 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 04. 11. 92 Schröter, Karl-Heinz SPD 04. 11. 92 Thierse, Wolfgang SPD 04. 11. 92 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 04. 11. 92 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 04. 11. 92 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 04. 11. 92 Gert Welt, Jochen SPD 04. 11. 92 Wimmer (Neuötting), SPD 04. 11. 92 Hermann Zierer, Benno CDU/CSU 04. 11. 92 ** * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will freimütig sagen, daß das Stichwort „Staatsnotstand" mich elektrisiert hat. Dem wurden andere Stichworte nachgereicht, z. B. „Asylsicherungsgesetz" .
    Ich habe mir zunächst die Frage gestellt, in welchem Jahr wir eigentlich leben,

    (Beifall bei der SPD)

    und muß nun hinzufügen, Herr Bundesminister — auch auf die Gefahr hin, daß Sie mir ähnliche Hinweise wie der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion geben —: Was kann ein Vertreter der Bundesregierung dagegen haben, daß eine so schwerwiegende Sache im Parlament diskutiert und aufgeklärt wird? Was rechtfertigt es, zu unterstellen, man hielte für möglich, was Sie da gesagt haben?

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Ullmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Nun habe ich heute in einer deutschen Zeitung gelesen, führende Koalitionspolitiker seien zu dem Ergebnis gekommen, man müsse das Wort „wegdenken". — Es wäre ganz gut, wenn Sie einmal nachdenken würden, bevor Sie sich äußern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Als Ministerpräsident eines Bundeslandes, das in dem von anderen so bezeichneten Staatsnotstand bestimmte Aufgaben zu übernehmen hätte, will ich hier mein völliges Unverständnis dafür zum Ausdruck bringen, daß Sie — in den Tagen, die Sie als Bundesregierung selber reklamiert haben — unfähig sind,



    Ministerpräsident Rudolf Scharping (Rheinland-Pfalz)

    eine schwerwiegende Äußerung sowohl des Bundeskanzlers als auch des Bundesarbeitsministers politisch klarzustellen. Das sollte einmal einer Landesregierung passieren!

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie mich nun zu dem Stichwort „Staatsnotstand" selbst etwas sagen: Ich bin ganz sicher, daß ein Teil der Verdrossenheit an Politik damit zu tun hat, daß die Bürgerinnen und Bürger sehr genau spüren, daß die Politik eine manchmal völlig maßlose Sprache entwickelt und daß der Sinn für Maß und für gedankliche Disziplin verlorengeht. Wie wollen Sie, wenn das, was wir in Deutschland an Zuwanderungsproblemen haben, ein Notstand ist, beispielsweise jüngeren Menschen in diesem Land noch einen Begriff, einen Gedanken dafür anbieten, was es an realen Situationen außerhalb dieses Landes — nicht nur in der Dritten Welt — gibt?

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P., der PDS/Linke Liste und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Im Zusammenhang mit diesem Begriff und den politischen Problemen, die uns in Deutschland beschäftigen, sage ich: Wer unerfüllbare Erwartungen geweckt hat, der darf sich nicht wundern, wenn auf die Täuschung der Menschen die Enttäuschung der Bürger folgt.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Ullmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Wer später halbherzige Korrekturen vornimmt, der macht aus einer großen historischen Chance ein Risiko für die wirtschaftliche, soziale und politische Stabilität unseres Landes.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer die Zuwanderung nicht als Aufgabe, sondern als eine Möglichkeit begreift, von den realen sozialen und wirtschaftlichen Problemen abzulenken, der macht statt der Zuwendung zu den Aufgaben daraus die Abwendung der Bürgerinnen und Bürger von Politik.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Damit bin ich dann bei dem Gegenstand, der dieses Wort angeblich ausgelöst hat. Wir haben ein wirkliches Problem: Zuwanderung nach Deutschland in großem Umfang, Zuwanderung durch eine einzige Tür, nämlich die des Asylrechts. Es ist völlig unverantwortlich, wenn diese Debatte dazu benutzt wird, um von realen Problemen abzulenken.

    (Beifall bei der SPD — Norbert Geis [CDU/ CSU]: Sie lenken doch ab! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Damit bin ich wieder bei dem Begriff des Notstands. Wie eigentlich wollen Sie Menschen in diesem Land das noch begrifflich klarmachen und begreifbar machen? Wenn das ein Notstand ist, was ist denn dann die wachsende Arbeitslosigkeit in diesem Land?

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN — Norbert Geis [CDU/CSU]: Sie lenken doch ab!)

    Wenn das ein Notstand ist, was ist denn dann der wachsende Wohnungsmangel in diesem Land?

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn das ein Notstand ist, was ist denn dann die wachsende organisierte Kriminalität in diesem Land?

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN — Norbert Geis [CDU/CSU]: Da machen Sie doch auch nicht mit!)

    Wenn das ein Notstand ist, was ist denn dann die Explosion der Staatsverschuldung, die Sie herbeigeführt haben, obwohl Sie das Gegenteil versprochen hatten?

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN — Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: So was Scheinheiliges! — Norbert Geis [CDU/CSU]: Der Gipfel der Scheinheiligkeit!)

    Nein, ich glaube nicht, daß wir einen Staatsnotstand haben, aber ich bin auch ganz sicher, daß die politische Glaubwürdigkeit leidet, wenn man für dieses eine Problem das Wort Notstand verwendet

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wenn man so redet wie Sie!)

    und auf der anderen Seite nicht bereit ist, sich den wirklichen Problemen der Menschen in diesem Land zu stellen.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN — Norbert Geis [CDU/CSU]: Das tun Sie doch nicht!)

    Was das Thema im engeren Sinn angeht, haben wir allerdings eine Aufgabe, und die haben wir gemeinsam, nämlich, Zuwanderung zu steuern und zu begrenzen, dabei das Grundrecht auf politisches Asyl zu erhalten und gleichzeitig seinen unbestreitbaren Mißbrauch zu bekämpfen. Dazu gehört zunächst die Trennung der allgemeinen Zuwanderung vom Asylrecht selbst. Das ist notwendig und möglich in einer jeweils eigenständigen Gesetzgebung für die verschiedenen Zuwanderungsgruppen.
    Es wäre mit Sicherheit hilfreich gewesen, wenn auch die Bundesregierung und die sie tragende Koalition in dem, was in diesem Hause beschlossen worden ist, für diese Problematik — auf anderes will ich gar nicht eingehen — nicht nur die Nummern 11 und 12 ihres Entschließungsantrags verwendet hätten.
    Es ist auch klar, daß für diese Maßnahmen eine Ergänzung des Art. 16 des Grundgesetzes erforderlich wird. Und es ist klar, daß niemand der politisch Verantwortlichen, egal, auf welcher Seite der politischen Debatte er steht, den Eindruck erwecken darf, als würde eine bloße Änderung oder Ergänzung des



    Ministerpräsident Rudolf Scharping (Rheinland-Pfalz)

    Grundgesetzes an den realen Problemen der Zuwanderung irgend etwas ändern.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Auch das gehört hinzu, und deshalb braucht es eine eigenständige Gesetzgebung für die verschiedenen Zuwanderungsgruppen, und es braucht eine Veränderung der eklatanten Mißstände im Verwaltungsverfahren selbst.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Das allerdings ist die volle Verantwortung des Bundes.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)

    Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes waren beim Bundesamt in Zirndorf 70 % der Stellen unbesetzt.

    (Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wo sind die Sammeleinrichtungen in RheinlandPfalz?)

    - Herr Kollege Gerster, wir sind verpflichtet, zum 1. April 2 000 Plätze in Rheinland-Pfalz nachzuweisen. Wir werden es tun, so wie wir es zugesagt haben. Ich bin sicher, Sie werden Ihre christdemokratischen Kommunalpolitiker daran hindern, mit voller Kraft vor Ort gegen das Sturm zu laufen, was Sie hier im Deutschen Bundestag einfordern.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN — Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    70 % der Stellen waren unbesetzt, und es ist heute immer noch schwer, die notwendigen Einrichtungen beispielsweise auch dann zu schaffen, wenn die Kasernen freigeworden sind.
    Der Bundesinnenminister verkündet die Zahlen der Asylbewerber für den Oktober und verschweigt, daß die Zahl der unbearbeiteten Fälle noch einmal um rund 30 000 auf jetzt 450 000 Fälle gestiegen ist.

    (Zurufe von der SPD: Hört! Hört!)

    Das bedeutet, daß es eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer ohne Entscheidung im Verwaltungsverfahren des Bundes von mindestens anderthalb Jahren gibt. Das wiederum verursacht den Ländern und Gemeinden Kosten von deutlich über zwei Milliarden D-Mark. Das ist der eklatanteste Mißstand im gesamten Verfahren.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn Sie die Gemeinden und die Bürger damit allein lassen, wie Sie es bisher getan haben, dann müssen Sie auch Verantwortung dafür übernehmen, daß die Akzeptanz des Rechts auf politisches Asyl unter dem Strom und unter der verwaltungsmäßig nicht mehr durchgeführten Entscheidung am Ende leidet. Ich füge hinzu: Zum Schutz des Sozialstaats gehört unabdingbar auch die Bekämpfung des Mißbrauchs des Sozialstaates, zum Schutz des Asylrechts ebenso die Bekämpfung des Mißbrauchs des Asylrechts.
    Meine Damen und Herren, ich sage das aus folgendem Grund. Wenn unabhängig von den Problemen, die sich mit gewalttätigen Auseinandersetzungen ergeben, die Bürger das Vertrauen nicht mehr haben können, daß der ihnen fremd erscheinende, anders-sprachige Mensch in diesem Land lebt, weil er zu seiner kulturellen Bereicherung beiträgt, wenn sie das Vertrauen nicht mehr haben können, daß er in diesem Land lebt, weil er mit seiner Arbeit zum Fortschritt dieses Gemeinwesens beiträgt, oder wenn sie das Vertrauen nicht mehr haben können, daß er hier ist, damit Leib und Leben geschützt bleiben können, dann darf man sich nicht wundern, wenn es auf der Grundlage dieses gestörten Vertrauens auch ein gestörtes Vertrauen in die politischen Institutionen und ihre Fähigkeit zur Entscheidung und zur Lösung schwerwiegender Probleme gibt.
    Meine Damen und Herren, zum Schluß — —


Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Ministerpräsident, Ihre Redezeit, die nach den Regeln vorgesehen ist, ist beendet, ja überschritten. Ich denke, Sie sind sich der Folgen der überzogenen Redezeit bewußt.

(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Das hatte er doch vor! Das ist doch der Sinn der Sache!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Mit allem Respekt, Frau Präsidentin: Ich hätte gegen diese Folgen nichts einzuwenden. Im übrigen gestatten Sie mir eine abschließende Bemerkung.
    Es gibt ungeschriebene Regeln der Demokratie. Erst die Befolgung auch ungeschriebener Regeln der Demokratie macht sie lebendig. Dazu gehören Toleranz, Maß in der Sprache und Fairneß in der politischen Auseinandersetzung. Dazu gehört, die politischen Grundlagen, auf denen wir alle arbeiten, in der Substanz nicht zu beschädigen. Dazu gehört der entschlossene und geschlossene Einsatz aller Demokraten, Gewalt zu bekämpfen, statt sie auf kleine und benachteiligte Bevölkerungsgruppen abzuleiten oder ableiten zu lassen.
    Deshalb wäre es gut, wenn unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten alle demokratischen Parteien am 8. November in Berlin demonstrierten.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Mit Blick auf viele öffentliche Äußerungen auch in diesem Hause füge ich hinzu: Es gibt nicht nur diese ungeschriebenen Regeln, die parlamentarische Demokratie lebendig machen. Es gibt auch keinen parteipolitischen Vorteil, der eine Verletzung dieser Regeln rechtfertigen würde.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS/ Linke Liste)