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    Plenarprotokoll 12/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. September 1992 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Aktuelle Entwicklung in der Europapolitik Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 9217B Björn Engholm, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . . . . . . . . 9221 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . 9224 C Peter Conradi SPD . . . . . . . . . . 9225 D Peter Kittelmann CDU/CSU . . . . . . . 9226 B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 9228A Ingrid Matthäus-Maier SPD. . . . 9228B, 9242 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 9230 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 9232 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 9235 A Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . 9236B Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . 9236 C Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . 9238 C Dr. Thomas Goppel, Staatsminister des Frei- staates Bayern . . . . . . . . . . . . 9240 C Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . 9242 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 9244 D Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . 9246 B Dr. Walter Hitschler F.D.P. . . . . . 9247 B Michael Stübgen CDU/CSU 9248 B Ortwin Lowack fraktionslos . . . . . . 9250B Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerd Andres, Dr. Ulrich Böhme (Unna), Hans Büttner (Ingolstadt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schaffung eines Arbeitsschutzgesetzbuches (Drucksache 12/2412) Manfred Reimann SPD 9251 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . 9254 A Petra Bläss PDS/Linke Liste . . . . . . 9255 C Dr. Gisela Babel F.D.P. . . . . . . . . 9257 A Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 9258 C Ottmar Schreiner SPD 9261 B Dr. Alexander Warrikoff CDU/CSU . . 9263 C Ottmar Schreiner SPD . . . . . . . 9265 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Antifaschistische und antirassistische Aufklärungskampagne (Drucksachen 12/1193, 12/3268, 12/3292) Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 9266 A Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI , 9267 A Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 9267 D Uwe Lambinus SPD 9268 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 9269 A Wolfgang Lüder F.D.P. 9269 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . 9270 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 9271* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. September 1992 9217 108. Sitzung Bonn, den 25. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 25. 09. 92 Andres, Gerd SPD 25. 09. 92 Antretter, Robert SPD 25. 09. 92* Bayha, Richard CDU/CSU 25. 09. 92 Blank, Renate CDU/CSU 25. 09. 92 Bleser, Peter CDU/CSU 25. 09. 92 Brandt, Willy SPD 25. 09. 92 Bredehorn, Günther F.D.P. 25. 09. 92 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. von Büllow, Andreas SPD 25. 09. 92 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 25. 09. 92 Herta Deß, Albert CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Eckardt, Peter SPD 25. 09. 92 Eichhorn, Maria CDU/CSU 25. 09. 92 Eimer (Fürth), Norbert F.D.P. 25. 09. 92 Eylmann, Horst CDU/CSU 25. 09. 92 Formanski, Norbert SPD 25. 09. 92 Gallus, Georg F.D.P. 25. 09. 92 Gattermann, Hans H. F.D.P. 25. 09. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. von Geldern, CDU/CSU 25. 09. 92 Wolfgang Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 25. 09. 92 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 25. 09. 92 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 25. 09. 92 Großmann, Achim SPD 25. 09. 92 Harries, Klaus CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 25. 09. 92 Hauser CDU/CSU 25.09.92 (Rednitzhembach), Hansgeorg Hollerith, Josef CDU/CSU 25. 09. 92 Ibrügger, Lothar SPD 25. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 25. 09. 92 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 25. 09. 92 Kampeter, Steffen CDU/CSU 25. 09. 92 Keller, Peter CDU/CSU 25. 09. 92 Klein (München), Hans CDU/CSU 25. 09. 92 Kolbe, Regina SPD 25. 09. 92 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 25. 09. 92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 25. 09. 92 Leidinger, Robert SPD 25. 09. 92 Lennartz, Klaus SPD 25. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 25. 09. 92 Elke Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 25. 09. 92 Klaus W. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lühr, Uwe F.D.P. 25. 09. 92 Magin, Theo CDU/CSU 25. 09. 92 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Mescke, Hedda CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Modrow, Hans PDS/LL 25. 09. 92 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 25. 09. 92 Neumann (Gotha), SPD 25. 09. 92 Gerhard Oesinghaus, Günther SPD 25. 09. 92 Oostergetelo, Jan SPD 25. 09. 92 Ostertag, Adolf SPD 25. 09. 92 Paintner, Johann F.D.P. 25. 09. 92 Peters, Lisa F.D.P. 25. 09. 92 Pfeffermann, Gerhard O. CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 25. 09. 92 Raidel, Hans CDU/CSU 25. 09. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 25. 09. 92* Rempe, Walter SPD 25. 09. 92 Rennebach, Renate SPD 25. 09. 92 Reuschenbach, Peter W. SPD 25. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 25. 09. 92 Helmut Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 25. 09. 92 Scheu, Gerhard CDU/CSU 25. 09. 92 Schmalz, Ulrich CDU/CSU 25. 09. 92 Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 25. 09. 92 Cornelia Schmidt (Nürnberg), SPD 25. 09. 92 Renate Dr. Schmude, Jürgen SPD 25. 09. 92 Dr. Schneider CDU/CSU 25. 09. 92 (Nürnberg), Oscar Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 25. 09. 92 Andreas Dr. Soell, Hartmut SPD 25. 09. 92** Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 25. 09. 92 Terborg, Margitta SPD 25. 09. 92 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 25. 09. 92 Titze, Uta SPD 25. 09. 92 Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 25. 09. 92 Hans-Peter Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 25. 09. 92 Weis (Stendal), Reinhard SPD 25. 09. 92 Weißgerber, Gunter SPD 25. 09. 92 Welt, Jochen SPD 25. 09. 92 Wissmann, Matthias CDU/CSU 25. 09. 92 Wohlleben, Verena SPD 25. 09. 92 Ingeburg Zierer, Benno CDU/CSU 25. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Waigel, erstens scheint es Sie wirklich getroffen zu haben;

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Man läßt sich ungern verleumden!)

    sonst würde dieses Zwischenspiel nicht stattfinden.

    (Dr. Theodor Waigel [CDU/CSU]: Ihre Antworten werden immer schlimmer!)

    Zweitens. Sie werden mir sicherlich bestätigen, daß es nach diesem Durcheinander am Wochenende wirklich die Höhe gewesen wäre, wenn das Durcheinander zwischen Bonn und Frankfurt auch noch in aller Öffentlichkeit in Washington bestätigt worden wäre.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Erst verleumden und dann noch sagen, es hat getroffen!)

    Erst recht werden wir darüber wachen müssen, daß sich an einer Währungsunion nur solche Länder beteiligen dürfen, die die notwendige Stabilitätspolitik betreiben. Wenn am Tag X nur einige EG-Mitgliedstaaten die Voraussetzungen erfüllen, dann wird die Währungsunion zunächst nur in kleinerem Kreis starten.
    Ich halte es für das Wahrscheinlichste, daß man mit einer Kernwährungsunion der stabilsten EG-Länder beginnt, wie ich es bereits seit April 1991, z. B. in einem Aufsatz im „Handelsblatt" , gefordert habe. Aus heutiger Sicht könnten das z. B. Deutschland, Frankreich, die Benelux-Staaten und auch Dänemark sein, wenn die Dänen sich anders besinnen. Wenn Österreich und die Schweiz beigetreten sein werden, gehören auch diese sicher dazu.
    Ein solches Europa der zwei Geschwindigkeiten wäre kein Beinbruch. Das ist doch auch bisher für die Entwicklung in der EG kennzeichnend gewesen. 1957 haben erst einige mit der EG begonnen; auch 1979 fingen mit dem EWS erst einige an. Andere stießen später hinzu.
    Schließlich ist für die Stabilität der Währung wichtig, daß auch die dafür verantwortliche Zentralbank in einem Umfeld der Stabilität tätig ist,

    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: In Frankfurt, nicht in Bonn!)

    Ich meine, das ist ein entscheidender Grund dafür, daß die Europäische Zentralbank nach Deutschland kommen muß.
    Viertens fürchten viele Menschen den im Maastrichter Vertrag festgelegten Automatismus, demzufolge 1999 die Gemeinschaftswährung kommen soll. Wir Sozialdemokraten wollten diesen Automatismus nie. Wir haben ihn abgelehnt. Herr Bundeskanzler, ich frage Sie, warum Sie sich nicht an Ihre Worte vom 6. November 1991 hier im Bundestag gehalten haben. Dort haben Sie gesagt: „Kein Mitgliedstaat wird gegen seinen Willen zur Mitgliedschaft in der Endstufe zur Wirtschafts- und Währungsunion gezwungen. " Dies heißt, daß ein Automatismus nicht in Frage kommen kann.
    Ich verweise darauf, daß die SPD in der Verfassungskommission ausdrücklich ihren Vorbehalt zu Protokoll gegeben hat. Ich bin Herrn Außenminister Kinkel dafür dankbar, daß er heute hier die Klarstellung vorgenommen hat, daß vor dem Beginn der dritten Stufe Bundestag und Bundesrat erneut entscheiden müssen. Wir fordern Sie auf, dies den anderen Mitgliedstaaten in Europa mitzuteilen.

    (Beifall bei der SPD)

    Fünftens schließlich wird befürchtet, der Zeitraum für eine Europäische Währungsunion bis 1999 sei zu kurz bemessen; es wird gefordert, am besten solle der Vertrag überhaupt keine Jahreszahl enthalten. Ich sehe das anders. Man mag das für ehrgeizig halten. Aber ohne ehrgeizige Ziele kommen wir doch nicht voran. Das ist doch auch die Erfahrung des täglichen Lebens: Nur ein konkreter, überschaubarer Termin übt den Disziplinierungsdruck auf alle EG-Länder aus, ihre Haushalts- und Finanzpolitik in Ordnung zu bringen.
    Ich weiß aus vielen Gesprächen, z. B. mit Italienern, Spaniern, Portugiesen und Griechen, daß sie das genauso wie wir sehen. Nur das Wissen, daß man jetzt das Ruder in der Finanz- und Wirtschaftspolitik herumreißen muß, um in Europa nicht auf Dauer ins Abseits zu geraten, zwingt z. B. Italien dazu, ernsthaft an die Sanierung der Staatsfinanzen heranzugehen. Höchste Zeit ist es ja mittlerweile. Ohne Druck, auch zeitlichen Druck, geht in Europa leider viel zu wenig. Übrigens habe ich den Eindruck, daß auch der Bundesregierung ein solcher Stabilitätsdruck aus Brüssel guttun würde, um auf den Pfad stabilitätspolitischer Solidität zurückzufinden.

    (Beifall der Abg. Heidemarie WieczorekZeul [SPD])

    Denn Deutschland erfüllt ja heute leider nicht die Voraussetzungen, um selber an der Europäischen Währungsunion teilzunehmen. Das muß sich bald ändern.

    (Beifall bei der SPD)

    Viele Menschen fühlen sich verunsichert, wenn sie den Namen ECU für die neue Gemeinschaftswährung hören. Wir sollten dieses Gefühl der Menschen ernst nehmen. Warum können wir uns nicht darauf einigen, bei der gemeinschaftlichen europäischen Währung mit den gewohnten Währungsbezeichnungen weiterzumachen, also z. B. in Frankreich vom Euro-Franc, in Holland vom Euro-Gulden oder in Deutschland eben von der Euro-Mark zu sprechen. Ich glaube, das wäre eine gute Sache.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war Waigels Vorschlag!)

    Aber das reicht nicht aus. Wir müssen auch den Mißmut ernst nehmen, der sich bei den Bürgern in bezug auf Europa aufgestaut hat. Da kann man nicht nur aufklären; da gibt es auch echte Mißstände, die man ändern muß. Der Bundeskanzler hat jetzt selber über die sogenannte Regelungswut von Brüssel gesprochen. Ich finde das gut. Aber daß die Bundesregierung das tut, ist doch ein bißchen erstaunlich;



    Ingrid Matthäus-Maier
    denn wir wissen alle, daß es eine Frage nicht nur der Kommission, sondern aller nationalen Regierungen ist.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Unter anderem!)

    Ich gebe Ihnen einen Vorschlag mit, damit endlich das Schwarze-Peter-Spiel aufhört: Ist nun die Kommission an der Regelungswut schuld, oder sind es die nationalen Regierungen?

    (Peter Kittelmann [CDU/CSU]: Oder ist es die Opposition?)

    Da gibt es eine einfache Lösung. Setzen Sie beim kommenden Gipfel in England durch, daß die Ministerräte künftig öffentlich tagen! Dann wissen wir, an wem es liegt.

    (Beifall bei der SPD — Peter Conradi [SPD]: Damit die Mauschelei aufhört!)

    Sie tun Europa keinen Gefallen, wenn Sie sich bei unbequemen Entscheidungen wahrheitswidrig hinter Europa verstecken. Es war nicht gut für Europa, daß Sie die Erhöhung der Mehrwertsteuer wahrheitswidrig den angeblichen Zwängen der europäischen Harmonisierung in die Schuhe geschoben haben.

    (Dr. Günther Müller [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

    Bis heute gibt es die Richtlinie nicht.

    (Dr. Renate Hellwig [CDU/CSU]: Das stimmt!)

    Glauben Sie etwa, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, daß Sie Europa bei unseren Bürgern in ein gutes Licht rücken, wenn die Menschen lesen, daß Milliarden und Abermilliarden von Steuergeldern für europäische Agrarexportsubventionen aus dem Fenster geworfen werden? Die Menschen werden doch zu Recht wütend, wenn sie z. B. lesen, daß die Europäische Gemeinschaft hunderttausend Tonnen Rindfleisch an Brasilien für eine Mark pro Kilo verkauft, selber aber sechs Mark pro Kilo zahlt, so daß der Steuerbürger in Europa pro Kilo Rindfleisch fünf Mark Subventionen dazuzahlt.

    (Peter Kittelmann [CDU/CSU]: Bitte ohne Emotionen!)

    Glauben Sie, daß bei den Menschen die Europa-Begeisterung ausbricht, wenn die Europäische Gemeinschaft im sogenannten Delors-II-Paket völlig überzogene Finanzforderungen aufstellt, während zu Hause hinten und vorne das Geld fehlt und den Bürgern dauernd mit Steuer- und Abgabenerhöhungen in die Tasche gegriffen wird?
    Nein, meine Damen und Herren; sorgen Sie dafür, daß auch in Brüssel, wenn neue Aufgaben finanziert werden müssen, erst einmal gespart wird! Vertreten Sie dort die Interessen der deutschen Bürger! Glauben Sie etwa, daß diese Schnapsidee mit der neuen Bananensteuer die Freude der Bürger an Europa wachsen läßt?

    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    Unterlassen Sie das! Wir müssen der Kritik an Europa
    den Boden entziehen, damit Leute wie Schönhuber,
    Gauweiler von der CSU und Brunner von der F.D.P.

    (Dr. Günther Müller [CDU/CSU]: Und Matthäus-Maier!)

    mit ihren antieuropäischen Parolen keinen Zulauf erhalten.
    Ich komme zum Schluß.

    (Dr. Günther Müller [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wir Sozialdemokraten haben den Maastrichter Vertrag nicht ausgehandelt. Er enthält Mängel und Fehler. Trotz dieser Mängel ist er ein Fortschritt auf dem Weg zu einem geeinten Europa. Deshalb werden wir Sozialdemokraten dem Vertrag zustimmen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Abgeordnete Karl Lamers.

(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Jetzt kommt endlich Niveau in die Debatte!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Lamers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Ergebnis der teilweise turbulenten Ereignisse der letzten Wochen ist ohne jeden Zweifel: Für den weiteren Fortgang des europäischen Einigungsprozesses kommt auf die Bundesrepublik Deutschland, vor allem auf die Bundesregierung, eine noch größere Verantwortung zu.
    In einer solchen Situation ist es gut, feststellen zu können, daß die Rede des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei signalisiert und deutlich gemacht hat, daß es hier einen Konsens zwischen den großen Fraktionen des Bundestages gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich bedauere ein wenig, daß der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein uns hat verlassen müssen. Das ändert nichts daran, daß diese Feststellung zutrifft.
    Ich bedauere etwas mehr, Frau Kollegin MatthäusMaier, daß Sie glaubten, in dieser Situation auf eine etwas billige und polemische Art den Versuch unternehmen zu müssen, dem Bundesfinanzminister und dem Bundeskanzler europäische Unzulänglichkeiten vorzuwerfen.

    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Ja!)

    Das ist in beiden Fällen so offenkundig unsinnig, daß es in ihrem eigenen Interesse und dem ihrer Fraktion besser gewesen wäre, wenn Sie darauf verzichtet hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Über den Bundeskanzler brauche ich hier wirklich nichts zu sagen.

    (Uwe Lambinus [SPD]: Sehr wahr!)

    Aber was den Bundesfinanzminister angeht, will ich feststellen: Es war eine mutige, weitsichtige und erfolgreiche Tat des Vorsitzenden der CSU, dem Vertrag über die Währungsunion zuzustimmen. Denn die Voraussetzungen, die wir zur Gültigkeit in



    Karl Lamers
    diesem Vertrag formuliert haben, zweifellos so restriktiv sind, daß ich es, offen gestanden, vorher nicht für möglich gehalten habe, sie durchzusetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es kann in der Tat keine Frage sein, daß auf diesem Feld der Währungspolitik die besondere deutsche Verantwortung am klarsten zum Ausdruck kommt. Die Bundesbank, ja die Bundesrepublik Deutschland — auch dieses Parlament und die Bundesregierung — treffen bei allen ihren finanzpolitisch relevanten Entscheidungen zugleich europäische Entscheidungen.
    Ich halte es für notwendig, uns allen, besonders den Kritikern, die Frage vorzulegen, was die Alternative zu dieser Währungsunion wäre. — Die Alternative der Währungsunion ist schon in der Reaktion der internationalen Finanzmärkte auf das Referendum in Dänemark sehr deutlich geworden.

    (Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das Ergebnis war, daß ganz Europa für das internationale Anlagekapital uninteressanter geworden ist, daß die ohnehin schwächeren Währungen noch schwächer geworden sind und daß die Führungs- und Ankerfunktion der D-Mark noch stärker betont worden ist — ein den Dänen in der Tat bekanntes Ergebnis,

    (Dr. Renate Hellwig [CDU/CSU]: Ja, und für die Engländer!)

    die nicht zuletzt aus Furcht vor der Vormacht der D-Mark in einem vereinten Europa so gestimmt haben. Wenn wir von „Führungs- und Ankerfunktion der D-Mark" sprechen, hören unsere europäischen Partner natürlich noch etwas anderes heraus und benutzen dann weniger freundliche Ausdrücke.
    Wir müssen uns darüber im klaren sein: Daß die Bundesbank und die Bundesrepublik Deutschland entscheiden und daß die anderen folgen müssen, ist auf Dauer nicht durchzuhalten.

    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Deswegen, so wiederhole ich, war es eine wahrhaft kluge, weitsichtige, ich scheue mich nicht zu sagen: weise Entscheidung, der Währungsunion in dem Augenblick zuzustimmen, als wir unsere Bedingungen für sie durchsetzen konnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte mit Nachdruck an uns alle, vor allem aber an die Frau Kollegin Matthäus-Maier, appellieren — Sie selbst haben es gesagt; der Kollege Haussmann hat es ganz klar gesagt —: Es wird keine Währungsunion geben, wenn die Bedingungen nicht stimmen. Aber wir als das Parlament, wir als Bundesrepublik Deutschland dürfen zu allerletzt den Eindruck erwecken, als wollten wir nur konditioniert zustimmen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wenn die Vorbehaltsfrage geklärt ist!)

    Das kann nicht unserer Verantwortung entsprechen.
    Frau Matthäus-Maier, Sie wissen, daß dieser Eindruck
    entsteht, und zwar je nachdem, wie Sie das in Ihrem
    Antrag formulieren. Ich finde, wir sollten das unter allen Umständen vermeiden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sollten auch etwas anderes unseren Bürgern klar sagen: Wenn die Voraussetzungen stimmen — ich wiederhole: nur dann wird es die Währungsunion geben —, dann ist sie kein Geschenk an die anderen, sondern dann liegt sie nicht zuletzt im deutschen Interesse.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir betreiben diese Politik nicht, um anderen einen Gefallen zu tun, auch nicht des verständlichen Prestigebedürfnisses anderer wegen. Wir betreiben eine Politik im deutschen Interesse. Aber wir wissen eben, daß die Interessen aller unserer Partner, vor allem derjenigen, mit denen wir in der Europäischen Gemeinschaft verbunden sind, schon heute nicht von den deutschen Interessen zu trennen sind.
    Es wird viel von der mangelnden Zustimmung der Bürger gesprochen, und es wird nach den Ursachen gesucht. Dabei wird die „Regelungswut" genannt. Aber der Bundeskanzler hat hier selber zugegeben — ich erinnere Sie, Frau Kollegin Matthäus-Maier, daran —, daß wir manchmal selber daran schuld sind, wenn in Brüssel geregelt wird, was nicht unbedingt geregelt werden muß. Aber wir wollen doch nicht so tun, als wäre der Bürger von der Regelungswut in Brüssel mehr betroffen als von der Regelungswut in seiner Gemeinde. Ich selber habe in einem Jahr drei widersprüchliche Müllbescheide bekommen. Von Brüssel habe ich noch überhaupt keine Regelung erfahren.

    (Peter Conradi [SPD]: Die geben auch keine Bürgerbescheide heraus!)

    — Herr Kollege, die Bürger wissen in der Regel doch überhaupt nicht, woher die neue Regelung kommt. Manchmal wird etwas auf Europa geschoben, was nachweislich nicht das geringste damit zu tun hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich möchte davor warnen, bei der Kritik zu kurz zu analysieren. In Wirklichkeit geht es um etwas ganz anderes. Die Ängste, die bei den Bürgern aller europäischen Länder vorhanden sind, haben in der Regel gar nichts mit Europa zu tun. Diese Angst sitzt viel tiefer. Die Menschen haben das Gefühl, sie würden von den gewaltigen neuen Herausforderungen in ihrem Land und außerhalb dieser Europäischen Gemeinschaft überwältigt. Es gibt die allgemeine Tendenz, sich ins nationale Schneckenhaus zurückziehen zu wollen.

    (Dr. Renate Hellwig [CDU/CSU]: Das ist das Problem! — Peter Kittelmann [CDU/CSU]: Wir müssen sie da rausholen!)

    Es ist uns bewußt, daß die Probleme damit vollends unlösbar werden. Aber die Bürger fühlen sich unsicher und glauben, sich in das Schneckenhaus — bei uns in die D-Mark-Festung -- zurückziehen zu können. Das ist, wie wir alle wissen, eine Illusion; das ist



    Karl Lamers
    Flucht vor der Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit heißt Europa.

    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wenn wir jetzt also um die Zustimmung der Bürger kämpfen müssen — ich bin sicher, daß wir das gemeinsam tun werden —, dann müssen wir auch die wirklichen Ursachen dieser Ängste kennen. Ich sage nochmals: Sie stecken viel tiefer, als das manche sehen.
    Wir reden nur noch über Wirtschaft und Geld.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Engholm hat von Kultur geredet!)

    — Darüber habe ich mich auch besonders gefreut, Frau Kollegin Matthäus-Maier. Im allgemeinen aber reden wir über Geld und Wirtschaft.
    Wir brauchen uns hier nicht gegenseitig zu versichern, wie wichtig dieser Bereich ist, wie sehr er die Grundlage ist. Aber wir reden viel zu wenig über die ideelle Ausrichtung und über die ideelle Basis dieses Europas.

    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wir reden überhaupt nicht über die Aufgaben, die über dieses Europa hinausreichen. Es wäre gut, wenn wir ein wenig mehr von den Aufgaben, die dieses Europa hat, redeten und vor allem danach handelten.
    Es ist schon zu Recht darauf hingewiesen worden: Wenn wir im Konflikt um das frühere Jugoslawien einen größeren Beitrag zur Wiederherstellung des Friedens hätten leisten können, dann gäbe es manche Kritik nicht. Aber auch was der Kollege Haussmann gesagt hat, ist richtig: Das ist nicht so leicht, wie sich das manche vorstellen.
    Wenn die Gemeinschaft in Rio ein noch überzeugenderes Bild geboten hätte — ich nenne das Stichwort der globalen Umweltprobleme —, dann wäre die Zustimmung von manchen jungen Menschen, auch in Frankreich, noch etwas eindeutiger ausgefallen. Aber es ist in der Tat eine der besten Nachrichten gewesen, daß in Frankreich die junge Generation mit der ganz überwältigenden Mehrheit zugestimmt hat,

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Wir brauchen also konkrete Erfolge. Wir müssen auch mehr über die ideellen Grundlagen und über die weiterführenden Ziele der Gemeinschaft mehr sprechen. Wir sind uns alle einig — ich stelle das mit großer Genugtuung fest —, daß dieses Europa nicht stillstehen bleiben kann.
    Ich bitte die Briten, ihr Herz über die Hürde zu werfen.

    (Dr. Renate Hellwig [CDU/CSU]: Die brauchen den Tunnel!)

    Das insulare Bewußtsein, das Gefühl, in diesem nationalen Schneckenhaus die Entscheidung selber treffen zu können, ist wieder gewachsen. Aber es ist eine Illusion.
    Wir wollen weitergehen. Wir wollen, wenn es irgendwie geht, mit allen weitergehen. Aber weitergehen müssen wir in jedem Fall.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)