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    Plenarprotokoll 12/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. September 1992 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Aktuelle Entwicklung in der Europapolitik Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 9217B Björn Engholm, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . . . . . . . . 9221 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . 9224 C Peter Conradi SPD . . . . . . . . . . 9225 D Peter Kittelmann CDU/CSU . . . . . . . 9226 B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 9228A Ingrid Matthäus-Maier SPD. . . . 9228B, 9242 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 9230 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 9232 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 9235 A Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . 9236B Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . 9236 C Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . 9238 C Dr. Thomas Goppel, Staatsminister des Frei- staates Bayern . . . . . . . . . . . . 9240 C Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . 9242 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 9244 D Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . 9246 B Dr. Walter Hitschler F.D.P. . . . . . 9247 B Michael Stübgen CDU/CSU 9248 B Ortwin Lowack fraktionslos . . . . . . 9250B Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerd Andres, Dr. Ulrich Böhme (Unna), Hans Büttner (Ingolstadt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schaffung eines Arbeitsschutzgesetzbuches (Drucksache 12/2412) Manfred Reimann SPD 9251 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . 9254 A Petra Bläss PDS/Linke Liste . . . . . . 9255 C Dr. Gisela Babel F.D.P. . . . . . . . . 9257 A Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 9258 C Ottmar Schreiner SPD 9261 B Dr. Alexander Warrikoff CDU/CSU . . 9263 C Ottmar Schreiner SPD . . . . . . . 9265 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Antifaschistische und antirassistische Aufklärungskampagne (Drucksachen 12/1193, 12/3268, 12/3292) Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 9266 A Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI , 9267 A Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 9267 D Uwe Lambinus SPD 9268 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 9269 A Wolfgang Lüder F.D.P. 9269 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . 9270 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 9271* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. September 1992 9217 108. Sitzung Bonn, den 25. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 25. 09. 92 Andres, Gerd SPD 25. 09. 92 Antretter, Robert SPD 25. 09. 92* Bayha, Richard CDU/CSU 25. 09. 92 Blank, Renate CDU/CSU 25. 09. 92 Bleser, Peter CDU/CSU 25. 09. 92 Brandt, Willy SPD 25. 09. 92 Bredehorn, Günther F.D.P. 25. 09. 92 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. von Büllow, Andreas SPD 25. 09. 92 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 25. 09. 92 Herta Deß, Albert CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Eckardt, Peter SPD 25. 09. 92 Eichhorn, Maria CDU/CSU 25. 09. 92 Eimer (Fürth), Norbert F.D.P. 25. 09. 92 Eylmann, Horst CDU/CSU 25. 09. 92 Formanski, Norbert SPD 25. 09. 92 Gallus, Georg F.D.P. 25. 09. 92 Gattermann, Hans H. F.D.P. 25. 09. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. von Geldern, CDU/CSU 25. 09. 92 Wolfgang Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 25. 09. 92 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 25. 09. 92 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 25. 09. 92 Großmann, Achim SPD 25. 09. 92 Harries, Klaus CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 25. 09. 92 Hauser CDU/CSU 25.09.92 (Rednitzhembach), Hansgeorg Hollerith, Josef CDU/CSU 25. 09. 92 Ibrügger, Lothar SPD 25. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 25. 09. 92 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 25. 09. 92 Kampeter, Steffen CDU/CSU 25. 09. 92 Keller, Peter CDU/CSU 25. 09. 92 Klein (München), Hans CDU/CSU 25. 09. 92 Kolbe, Regina SPD 25. 09. 92 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 25. 09. 92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 25. 09. 92 Leidinger, Robert SPD 25. 09. 92 Lennartz, Klaus SPD 25. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 25. 09. 92 Elke Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 25. 09. 92 Klaus W. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lühr, Uwe F.D.P. 25. 09. 92 Magin, Theo CDU/CSU 25. 09. 92 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Mescke, Hedda CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Modrow, Hans PDS/LL 25. 09. 92 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 25. 09. 92 Neumann (Gotha), SPD 25. 09. 92 Gerhard Oesinghaus, Günther SPD 25. 09. 92 Oostergetelo, Jan SPD 25. 09. 92 Ostertag, Adolf SPD 25. 09. 92 Paintner, Johann F.D.P. 25. 09. 92 Peters, Lisa F.D.P. 25. 09. 92 Pfeffermann, Gerhard O. CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 25. 09. 92 Raidel, Hans CDU/CSU 25. 09. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 25. 09. 92* Rempe, Walter SPD 25. 09. 92 Rennebach, Renate SPD 25. 09. 92 Reuschenbach, Peter W. SPD 25. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 25. 09. 92 Helmut Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 25. 09. 92 Scheu, Gerhard CDU/CSU 25. 09. 92 Schmalz, Ulrich CDU/CSU 25. 09. 92 Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 25. 09. 92 Cornelia Schmidt (Nürnberg), SPD 25. 09. 92 Renate Dr. Schmude, Jürgen SPD 25. 09. 92 Dr. Schneider CDU/CSU 25. 09. 92 (Nürnberg), Oscar Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 25. 09. 92 Andreas Dr. Soell, Hartmut SPD 25. 09. 92** Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25. 09. 92 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 25. 09. 92 Terborg, Margitta SPD 25. 09. 92 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 25. 09. 92 Titze, Uta SPD 25. 09. 92 Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 25. 09. 92 Hans-Peter Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 25. 09. 92 Weis (Stendal), Reinhard SPD 25. 09. 92 Weißgerber, Gunter SPD 25. 09. 92 Welt, Jochen SPD 25. 09. 92 Wissmann, Matthias CDU/CSU 25. 09. 92 Wohlleben, Verena SPD 25. 09. 92 Ingeburg Zierer, Benno CDU/CSU 25. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Kittelmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler Kohl, ich darf Ihnen im Namen der CDU/CSU für Ihr engagiertes und unbeirrbares Eintreten für die europäische Einigung unseren allerherzlichsten Dank sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden uns in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam — nicht nur der Bundeskanzler, nicht nur die Mitglieder der Regierung, nicht nur Herr Engholm, der heute hier eine engagierte Rede gehalten hat, sondern wir alle gemeinsam — der Aufgabe nicht entziehen können, mit dem Bürger zu diskutieren.
    Als wir am vergangenen Sonntag auf die ersten Hochrechnungen beim französischen Referendum warteten, war uns allen unabhängig von dem knappen Ausgang, der ja erwartet wurde, klar — ich bin sicher, Sie stimmen mit mir überein —: Die Europapolitik muß in Zukunft engagierter, offener, transparenter und durchaus auch kontrovers gestaltet werden. Desinteresse und Desinformationen bilden eine unheilige Allianz, die zu unbegründeten Ängsten führt und im Nachkarten nur sehr schwer auszuräumen ist.
    Wir Europapolitiker bemühen sehr gern das Bild vom europäischen Haus. Ich kann nur sagen: Wenn wir die Baupläne nicht übersichtlicher und in ver-
    ständlicher Form vorlegen, werden die Bürger nicht in dieses Haus einziehen; sie sind zum Teil dabei, wieder ausziehen zu wollen.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Das gilt ja sogar für den Bundestag!)

    Kommissionspräsident Jacques Delors hat uns vor wenigen Tagen bei einem Besuch des EG-Ausschusses gesagt, daß es sich bei der jetzigen Krise um ein wesentliches Verhaltensmuster unserer Gesellschaft handelt. Man mag Delors zustimmen, aber das entbindet die Europapolitik nicht von ihrer Verantwortung. Im Gegenteil, sie wird zur Verantwortung gerufen. Europa wird damit zu einem Prüfstein für die Frage, wie es uns Politikern gelingen kann, die immer deutlicher werdende Kluft zwischen Bürgern und Politik zu schließen. Ich denke, wir sollten gemeinsam — Herr Engholm, Ihre Rede war dazu ein wesentlicher Beitrag über die Parteigrenzen hinweg — in den Bereichen, in denen wir gemeinsame Vorstellungen haben, auch zu einer gemeinsamen Sprache finden. Diese gemeinsame Sprache ist letztlich die Voraussetzung für die eingeforderte Durchschaubarkeit europäischer Entscheidungsprozesse.
    In diesem Zusammenhang, Herr Engholm, ist Ihnen die CDU/CSU auch dankbar für die Klarstellung, daß auch für die Sozialdemokraten ein Referendum über Maastricht nicht zur Frage steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist wichtig, daß die von Außenseitern in Ihrer Partei immer wieder aufgeworfene Frage damit vom Tisch ist.
    In Zeiten, in denen sich die politischen Ereignisse überschlagen und die Bürger vehement gegen politische Entwicklungen demonstrieren, neigt man zu Vereinfachungen. Lassen Sie mich darum kurz auf zwei scheinbar gegensätzliche Grundstimmungen in der Bevölkerung eingehen, die die Europäische Gemeinschaft in ihren Grundfesten betreffen. Auf der einen Seite bemerken die Bürger tagtäglich die Unmenge an internationalen Abhängigkeiten, die das politische und gesellschaftliche Leben in mannigfacher Weise bestimmen. Diese Abhängigkeiten sind so vielfältig und teilweise auch so überraschend, daß sie für viele Bürger — aber auch Politiker — nicht mehr überschaubar und vor allen Dingen nicht mehr beeinflußbar erscheinen. Daraus resultieren Unsicherheiten, Unbehagen, Sorgen und Ängste. Was zu kompliziert erscheint, wird abgelehnt oder zumindest ignoriert. Auf der anderen Seite aber wissen doch auch viele, wie wichtig das Netz europäischer oder gar weltweiter Verknüpfungen ist, damit man in der modernen Welt überhaupt existieren oder wirkungsvoll handeln kann.
    Entscheidend wird es darum sein, das Netz so zu knüpfen, daß sich die Knoten an der richtigen Stelle finden. Ratlosigkeit und Unbehagen machen sich ja bei vielen auch deshalb breit, weil sie ein gemeinsames europäisches Handeln vermissen: in der Außen-
    und Sicherheitspolitik am Beispiel Jugoslawien, in der Innen- und Rechtspolitik am Beispiel Asyl oder am Beispiel organisierter Kriminalität. Ich bin der Überzeugung, daß die Bürger nicht gegen Europa sind, sondern gegen ein Europa, das sie nicht fassen



    Dr. Peter Kittelmann
    können, das abstrakt bleibt, das scheinbar nationale und regionale Interessen ignoriert, die Einflußnahme einzelner Länder beschneidet, viel Geld kostet, in der Außenwirkung wenig überzeugend ist und sich nur mäßig demokratischer Kontrolle verpflichtet fühlt. Das ist der Tatbestand, aber eben nur die eine Hälfte.
    Die andere Hälfte des Tatbestandes ist der Vertrag zur Europäischen Union. Der Herr Bundeskanzler hat eben in der Regierungserklärung den Inhalt noch einmal sehr plastisch dargestellt. Es handelt sich dabei um ein Kompromißpapier, das zwölf Länder mit ihren je eigenen Interessen und Wünschen mittragen sollen. Die Gretchenfrage lautet nun also: Reagiert der Vertrag auf den von mir skizzierten Tatbestand, nämlich einer Grundstimmung, die sich aus Angst vor einem Zuviel an Abhängigkeit und dem Wunsch auch nach enger Zusammenarbeit in ganz bestimmten Bereichen begründet? Der Vertrag reagiert darauf; aber es gibt zwei Schwierigkeiten, erstens:
    Er reagiert nicht in dem Maße, in dem es sich die Bundesregierung und wir alle erhofft haben. Er tut es deshalb nicht, weil andere Länder dies bisher verhindert haben, z. B. daß es mehr Demokratie und eine gemeinsame Innen- und Sicherheitspolitik so gibt, wie wir es erwartet haben und erwarten.
    Zweitens: Die tatsächlich erreichten positiven Ansätze konnten bisher nicht genügend vermittelt werden.
    Für uns, die CDU/CSU, wird es nun also in den nächsten Wochen und Monaten darauf ankommen, deutlich zu machen, daß der Vertrag genau in den Punkten die ersten Schritte macht, wo sich die Bürger auch gemeinschaftliche Schritte erhoffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    So müssen sie wissen, daß ein Mandat für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik erst mit der Ratifizierung gegeben ist. Dazu wird der Kollege Lamers gleich sehr ausführlich Stellung nehmen. Über Klarstellung oder Präzisierung wird zu reden sein. Aber dies muß öffentlich geschehen. Schlimmer nämlich noch als Fehlurteile sind Vorurteile, weil sie sich vernünftiger Argumentation verschließen. Der Bürger wird sich nur mit dem identifizieren, was er zuvor nachvollzogen hat. Teil Europas kann er nur sein, wenn er am Entstehungsprozeß teilnimmt. Dies ist bisher nicht so geschehen, wie wir es uns gewünscht haben. Das gilt übrigens genauso für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, und ich habe auch Verständnis dafür, daß die Länder hier ihr Recht einfordern.
    Die Präambel des Vertrages zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, meine Damen und Herren, beruht auf der leidvollen Erfahrung zweier Weltkriege. Der österreichische Vizekanzler Busek hat vor kurzem gesagt: Der Mosaikteppich der inneren Konflikte kann eine Art Dritter Weltkrieg sein, aber es könnte statt dessen eben auch eine neue Welt entstehen. Genau an dieser Nahtstelle zwischen Risiko und Chance entsteht der Vertrag zur Europäischen Union — um die Chancen zu nutzen. Die Präambel des EWG-Vertrages hat dies angekündigt. In ihr bekunden die unterzeichnenden Staaten, die Wirtschaftsgemeinschaft gegründet zu haben — ich zitiere —
    in dem festen Willen, die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluß der europäischen Völker zu schaffen.
    Diesem Ziel will der Vertragstext näherkommen, und er bereichert damit die Gemeinschaft um eine neue Qualität. Die CDU/CSU folgt genau in ihrer Politik dieser Richtlinie und wird auch dabei bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich bin ein überzeugter Europäer und möchte mithelfen, daß jeder Bürger die Vorteile Europas auch erkennt. Es muß uns wieder gelingen, das persönliche Interesse des Bürgers für sein eigenes Wohlergehen mit der Unabdingbarkeit einer erfolgreichen Zukunft Europas zu verbinden. Die Argumente liegen auf der Hand, aber sie müssen auch genannt und vermittelt werden. Der jetzige Wohlstand — der Bundeskanzler hat das klar herausgestellt — resultiert aus einem europabedingten Aufschwung. Der Binnenmarkt vernichtet nicht Arbeitsplätze; er schafft zahlreiche neue. Der Absatzmarkt für unsere Waren wird nur durch ein gemeinsames starkes Europa gesichert. Offene Märkte und den Abbau von Protektionismus gibt es nur bei Vollendung des Binnenmarktes und eines gemeinsamen Europas. Nur eine gemeinsame Asylpolitik wird verhindern können, daß langfristig mehr und mehr Wirtschaftsflüchtlinge in unser Land kommen. Die Wirtschafts- und Währungsunion macht unser Geld nicht schwächer; sie schafft bei Einhaltung der strengen Kriterien vielmehr eine stabile und sichere Währung.
    Eine solche Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Das gemeinsame Europa ist im Interesse eines jeden einzelnen Bürgers, im persönlichen Interesse des Kumpels an der Ruhr, des Landwirts in Mecklenburg-Vorpommern, des Feinmechanikers in Baden-Württemberg und des Angestellten in der Porzellanmanufaktur in Meißen. Vor allen Dingen müssen wir unseren Mitbürgern in den östlichen Bundesländern klarmachen, daß, auch wenn sie im Moment viele, viele andere Sorgen haben, die Zukunft Europas auch ihre Zukunft ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Zur Integration — das heißt: zusammenwirken, zusammenarbeiten und zusammenfassen — gibt es keine Alternative. Desintegration bedeutet Abschottung, Protektionismus, Neid, Unruhe, Unfrieden.
    Die Gegner des Maastrichter Vertrages sind äußerst emotionalisiert. Die Vorteile des gemeinsamen Europas werden wir deshalb zwar sachlich aufzeigen; man muß aber als Befürworter nicht nur Rede und Antwort stehen, sondern dies auch mit einer gewissen Leidenschaft tun. Ich füge hinzu: Wir haben allen Grund, unsere Leidenschaft für Europa wieder zu entdecken und zu leben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Unser aller Anliegen muß es sein, die wirtschaftlichen Chancen der Gemeinschaft und ihre friedenstiftenden Vorteile aufzuzeigen. Die Angst, sein nationales Profil zu verlieren und zu einem europäischen



    Dr. Peter Kittelmann
    Homunkulus zu werden, muß allen Bürgern genommen werden. Tatsache ist, daß es bisher einzelne Nationalstaaten waren, die einander bekämpft haben. Die Europäische Gemeinschaft hingegen basiert gerade darauf, nationale Profile, Kulturen, Eigenheiten, Sprachen und auch Ansprüche zu akzeptieren und aus ihrem Zusammenspiel zu profitieren.
    Ich darf mit einem Zitat Erich Kästners, der in meiner Heimatstadt Berlin besonders beliebt ist, enden:
    Die Fragen sind es, aus denen das, was bleibt, entsteht.
    Nehmen wir die Fragen der Bürger ernster, diskutieren und beantworten sie und gründen damit eine Europäische Union, die von allen getragen und gelebt wird.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Nun erteile ich dem Abgeordneten Dr. Gregor Gysi das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gregor Gysi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vielleicht für die gegenwärtige Politik in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnend, daß der Kanzler eigentlich auch die Rede des SPD-Vorsitzenden und der SPD-Vorsitzende die Rede des Kanzlers hätte halten können.

    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Warum nicht?)

    Abgesehen von wenigen Nuancen, bestand eigentlich Identität.

    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]:Das ist doch nicht schlimm! — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist bei Europa auch gut!)

    Ich frage mich — es muß ja wohl gestattet sein, sich das zu überlegen —, wieso es in Frankreich, in Großbritannien, in Dänemark und in vielen anderen Ländern auf ganz breiter Front kritische Stimmen gegen Maastricht gibt und gerade in Deutschland so breite Übereinstimmung herrscht und kritische Stimmen sofort diskreditiert werden, nämlich als antieuropäisch.

    (Jochen Feilcke [CDU/CSU]: Und was ist Ihre Antwort?)