Rede von
Dr.
Margret
Funke-Schmitt-Rink
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Bekommen wir an den deutschen Hochschulen nur einen heißen Herbst oder auch einen stürmischen Winter?
Hochschulen, die durch steigende Studentenzahlen sowieso schon aus allen Nähten platzen, sollen kein größeres Korsett bekommen. Für den Hochschulbau waren vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft 2 Milliarden DM veranschlagt; im Haushalt stehen nur 1,6 Milliarden DM zur Verfügung.
Die Nichterhöhung der Mittel für die Hochschulbauförderung bewirkt, daß sich längst überfällige Sanierungsmaßnahmen verzögern und projektierte Neubauten zurückgestellt werden müssen. Wissen Sie eigentlich — das hätte ich gerne den Finanzminister und das ganze Kabinett gefragt —, daß gegenwärtig an den Hochschulen allein in den alten Bundesländern 1,65 Millionen junge Menschen studieren und daß diesen nur 810 000 definierte Studienplätze zur Verfügung stehen?
Wissen Sie, daß in den alten Bundesländern im Wintersemester 1990/91 die Universitäten zu 150 % und die Fachhochschulen zu 160 % ausgelastet waren? Ist Ihnen bekannt, daß sich die durchschnittliche Betreuungsrelation von Lehrenden und Lernenden an den Universitäten von 1977 1 : 11 auf 1992 1 : 17, an den Fachhochschulen von 1977 1 : 18 auf 1992 1 :37 verschlechtert hat? Ist Ihnen schließlich bewußt, daß der Anteil der Nettoausgaben für Hochschulen am Bruttosozialprodukt von 1975 1,32 % auf 0,9 % im Jahre 1991 gesunken ist, auf noch nicht einmal 1%?
Besonders schwer trifft die Stagnation der Hochschulbaumittel die Fachhochschulen. Durch den Stillstand der Mittelvergabe wird die dringend notwendige Strukturänderung von der Universität zur Fachhochschule hin verzögert. Das bedeutet — plakativ gesprochen —: eine Fachhochschule weniger in jedem neuen Bundesland. Das bedeutet: keine Aufstockung der Fachhochschulen um 50 000 Plätze. Diese Maßnahme trägt zur weiteren Verelendung der Hochschulen bei.
Alle wissen, daß die Universitäten durch die Fachhochschulen entlastet werden müssen, aber gleichzeitig das Bildungsangebot erhalten bleiben muß. Denn der Arbeitsmarkt für Akademiker ist hervorragend. Wir dürfen nicht bei Lippenbekenntnissen stehenbleiben, und damit meine ich die Koalitionsfraktionen.