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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Cornelia Schmalz-Jacobsen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Im Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung muß wie überall gespart werden. Darüber zu klagen nützt nichts. Ich halte Klagen angesichts der immensen Sparmaßnahmen, die uns im Zusammenhang mit



    Cornelia Schmalz-Jacobsen
    dem Wiederaufbau in den neuen Bundesländern insgesamt bevorstehen, auch für deplaziert.

    (Beifall des Abg. Karl-Josef Laumann [CDU/ CSU])

    Als Ausländerbeauftragte begrüße ich vor diesem Hintergrund besonders den Umfang der vorgesehenen Maßnahmen in dem wichtigen Bereich der Förderung der Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer. Das ist wichtig und gar nicht so selbstverständlich.
    Ich möchte darüber hinaus etwas aufgreifen, was mein Kollege Lühr heute morgen angesprochen hat und was immer wieder durch die Debatte gegangen ist, nämlich die AB-Maßnahmen. Meine Kolleginnen und Kollegen, so hinderlich sie sind, so verhängnisvoll sie dort sind, wo sie mittelständische Arbeitsplätze nicht entstehen lassen oder gar vernichten, so wichtig sind sie in dem großen sozialen Bereich. Es kann nicht angehen, daß hier ganze Aufgabenbereiche zusammenbrechen.

    (Beifall bei der F.D.P., der SPD und der PDS/Linke Liste sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich weiß nicht, ob Sie folgendes wissen: Der Ausländerbeauftragte der Stadt Rostock, der sich in beispielloser Weise vor seine Schützlinge gestellt hat,

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    der übrigens im Gegensatz zu mir für Asylbewerber zuständig ist, arbeitet mit drei Leuten. Zwei davon sind in AB-Maßnahmen, die am 14. November dieses Jahres auslaufen. Das kann ja wohl nicht so sein.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Darum — ich sage das auch an die Adresse der Länder, an die Adresse der Arbeitsämter — differenzieren Sie bei den AB-Maßnahmen, und lassen Sie dort nicht etwas zusammenbrechen.
    Ich bin der Bundestagspräsidentin sehr dankbar für die Worte, meine Damen und Herren, die sie vorgestern im Deutschen Bundestag zu den beschämenden Vorkommnissen in Rostock, Eisenhüttenstadt und anderswo gefunden hat.
    Meine Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, nicht allein und immer wieder bis zum Überdruß über die Modifizierung des Asylrechts zu sprechen, sondern zunächst einmal mit der Gewalt fertigzuwerden.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Sie ist erschreckend, und wir werden sie offenbar leider weiterhin tagtäglich erleben.
    Natürlich sind nicht die Ausländer, sondern die rechtsextremistischen Kriminellen und ihre Sympathisanten das eigentliche Problem. Alles andere hieße, die Dinge auf den Kopf zu stellen.
    Ohne Wenn und Aber muß unmißverständlich klar sein, daß Gewalt in unserem Land nichts zu suchen hat.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Bei aller Notwendigkeit der Analyse der Ursachen für die rassistischen Ausschreitungen darf es eines nicht geben: das Verschwimmen von Erklärung und Entschuldigung. Das halte ich für verhängnisvoll.
    Es gibt auch verhängnisvolle Vergleiche, meine Damen und Herren. Ich höre häufig: Es ist wie 1933. — Lassen wir uns das nicht einreden. Nichts ist wie 1933, nichts!

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Die ganze Folie stimmt nicht.
    Ich wünsche mir auch, daß wir in einem anderen Punkt im nachhinein sagen können: Nichts war wie 1933. — Damit meine ich, daß man nicht wie damals die Gefahr nicht ernst nimmt, nicht früh genug ernst nimmt. Wir müssen sie ernst nehmen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Deswegen übrigens ist ein deutliches Signal der Solidarität und der Unterstützung an die Adresse der ausländischen Mitbürger, die lange bei uns leben, die immer hier sind, erforderlich; denn inzwischen ist es leider so, daß sich die Gewaltbereitschaft über die Asylbewerber hinaus eben auch gegen die Ausländer ganz allgemein richtet und niemand mehr von der bedenklichen Klimaverschlechterung verschont bleibt. Es gibt viele, viele Beispiele.
    Ich weiß, daß die große Mehrheit unserer Landsleute Gewalt verabscheut und sie verurteilt. Ich weiß, daß es nach wie vor eine große Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung gegenüber Ausländern gibt. Das hat zuletzt die große Hilfsbereitschaft gegenüber den Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien gezeigt.
    Meine Damen und Herren, es wäre aber leichtfertig — ich betone das noch einmal — und einseitig, die Dinge immer nur durch die Asylrechtsbrille zu betrachten. Bei einer Bestandsaufnahme unserer Ausländerpolitik springt so mancher Mißstand ins Auge, der dem Ziel der Integration entgegensteht, ohne daß dies notwendig wäre.
    Als Stichwort nenne ich z. B. die Neuregelung des Aufenthaltsstatus, insbesondere für diejenigen, für die Deutschland längst Lebensmittelpunkt geworden ist. Eine Vielzahl von Ausländern lebt schon länger als 20 Jahre in Deutschland, über 40 % länger als 15 Jahre, insgesamt 60 % länger als zehn Jahre, und von den Kindern und Jugendlichen sind zwei Drittel bei uns geboren. Es ist wirklich an der Zeit, die Einbürgerung dieser Personenkreise zu erleichtern

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und der PDS/Linke Liste)

    und ihre rechtliche Gleichstellung Schritt für Schritt in die Tat umzusetzen. Damit geben wir nicht etwas aus der Hand, sondern wir gewinnen alle dabei, nämlich im Sinne eines friedlichen Miteinanders.
    Ich spreche das Stichwort Bildungschancen an und führe dazu jetzt nichts weiter aus. Aber angesichts der Unterrepräsentation ausländischer Kinder und Jugendlicher an weiterführenden Schulen, in Ausbildungsberufen — dies betrifft besonders die Mäd-



    Cornelia Schmalz-Jacobsen
    chen —, bleibt auch hier noch sehr viel nachzuholen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD und PDS/Linke Liste)

    Gerade diese Gruppe, meine Damen und Herren, muß unsere Aufmerksamkeit und Fürsorge erhalten, übrigens auch, um mögliches Potential für soziale Konflikte zu entschärfen. Das Wort vom ungelernten Ausländerproletariat ist hart, und es mag überspitzt sein, aber als Gefahr ist es nicht von der Hand zu weisen.
    Der Zulauf zu fundamentalistischen Organisationen darf uns nicht gleichgültig lassen. Es ist um so bedrückender, wenn man feststellen muß, daß dieser Zulauf oftmals eine unmittelbare Konsequenz der versperrten Möglichkeiten zur Integration darstellt.
    Auch die ökonomische Perspektive fordert zum Handeln auf; denn wir sollten doch endlich begreifen, meine Damen und Herren, daß der Rückgang unserer eigenen Bevölkerung die Bedeutung der ausländischen Arbeitnehmer in Deutschland wachsen läßt. Gerade vor zwei Tagen hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung mit eindrucksvollen Zahlen belegt, welchen Anteil an der Schaffung des Bruttosozialprodukts ausländische Arbeitnehmer bei uns haben. Es würde unsere Gesellschaft in gefährlicher Weise spalten, wenn wir weiterhin zuließen, daß Menschen, die ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht haben, rechtlich diskriminiert werden. Das können wir ändern.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Ich habe in den letzten Wochen und Monaten immer wieder auf die Defizite unserer Ausländerpolitik hingewiesen. Sie werden leider auch eine große Rolle in meinem Jahresbericht spielen, den ich im Herbst veröffentlichen werde. Integration, das ist viel zu häufig immer noch ein Lippenbekenntnis ohne konkrete Folgen. Glauben Sie mir, sehr viele in der Bevölkerung wissen, spüren, daß hier etwas nicht stimmt.
    Was wir brauchen, ist ein schlüssiges Gesamtkonzept und endlich eine offene Diskussion darüber, was über die Entschärfung des Asylproblems hinaus in den Bereichen Einbürgerung, Staatsbürgerschaft, Zuwanderungsregulierung und Integration zu geschehen hat. Die erschreckenden Vorfälle der letzten Zeit sollten uns auch dafür wachgerüttelt haben, die Zeit nicht länger ungenutzt verstreichen zu lassen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und der PDS/Linke Liste)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dietmar Keller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dietmar Keller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, Herr Bundesminister Blüm, zunächst ein Wort zu dem, was Sie gesagt haben. Ich verstehe schon, es ist eine Kunst, die Politik gut verkaufen zu können. Aber die Überschreitung der Grenze zur Demagogie ist manchmal doch sehr gefährlich. Ich glaube, es ist nur ein Teil der Wahrheit, wenn Sie davon sprechen, daß die Rentenleistungen von 16 Milliarden auf 47 Milliarden DM gestiegen sind, wenn man nicht die gestiegenen Lebenshaltungskosten berücksichtigt. Sie wissen sehr wohl, daß die allgemeinen Lebenshaltungskosten im Osten Deutschlands enorm gestiegen sind, um mehr als das Dreifache. Deshalb gibt es viele Rentner, denen es heute bessergeht, als es ihnen früher gegangen ist; es gibt aber auch viele, viele Rentner, denen es heute schlechtergeht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt!)

    Ich glaube, es wäre gut für die Menschen im Osten Deutschlands, wenn man das auch so differenziert einschätzte und nicht nur zwei Zahlen hinsetzte, die für viele Menschen jeweils nicht zutreffen.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste)

    Ich sage das auch deshalb, weil ich bei dem Haushaltsplan für Bildung und Wissenschaft, über den ich jetzt sprechen möchte, dasselbe Gefühl habe wie bei vielen Plänen, die hier diskutiert worden sind. Mir fehlt in diesem Plan eine Idee, eine Vorstellung, ein Konzept für das innere Zusammenwachsen der ehemaligen beiden deutschen Staaten.
    Ich habe den Eindruck, daß dieser Einzelplan für Bildung und Wissenschaft einer Vorstellung folgt, wonach eher etwas Lästiges beigetreten ist, was nun auf altbundesdeutsches Maß zurecht- und zurückgestutzt werden muß und zu diesem Zweck ein paar Anpassungsspritzen verpaßt bekommt. Aus meiner Sicht ist das wirklich kein Plan zur Verwirklichung der Einheit, sondern ein Plan, der altbundesdeutsche konservative Bildungs- und Wissenschaftspolitik in wichtigen Bereichen fortschreibt.
    Ich möchte das an einigen Beispielen deutlich machen.
    Erstens. In gleicher Weise wie im vergangenen Jahr die Ausbildungsnot im Osten in einen Bombenerfolg umgelogen wurde, bastelt die Bundesregierung — auch der Bundeskanzler in seiner Rede — nun daran, die Berufsausbildung in diesem Jahr als einen Erfolg zu beschreiben.
    Fakt ist, daß zu Beginn des Ausbildungsjahres 40 000 bis 60 000 betriebliche Ausbildungsplätze im Osten gefehlt haben. Jeder weiß: Ohne die Sicherung eines soliden Facharbeiternachwuchses steht die Forderung der Industrialisierung im Osten Deutschlands langfristig auf schmalen Füßen.
    Zweitens. In den wichtigsten Haushaltsposten im Bereich der Hochschulen und Wissenschaften bleiben die Ansätze deutlich unter den begründeten Forderungen der jeweiligen Sachverständigen. Das betrifft besonders das sogenannte Hochschulerneuerungsprogramm Ost, die Ausgaben für den Aus- und Neubau von Hochschulen und die Studentenwohnraumförderung.
    Ich verfolge mit Sorge, daß die Mittel für die außeruniversitäre Forschung, für die Wissenschafts-
    und Forschungsorganisationen, die für den Osten geplant sind,nicht den wachsenden Bedürfnissen und den objektiven Notwendigkeiten entsprechen. Auch da wissen wir: Ohne solide Wissenschaft und For-



    Dr. Dietmar Keller
    schung hat eine künftige Industriestandortbildung im Osten Deutschlands langfristig keine Chance.
    Drittens. Ich habe das Gefühl, daß sich große Teile des Haushaltsentwurfs „Bildung und Wissenschaft" manchmal lesen wie ein Programm zur Förderung der deutschen Wirtschaft. Ich habe nichts gegen die Förderung der deutschen Wirtschaft; auch das ist eine Aufgabe von Bildung und Wissenschaft. Ich bin aber dafür, daß die reiche deutsche Wirtschaft nicht durch Bildung und Wissenschaft gesponsort wird, sondern daß auch die deutsche Wirtschaft einen eigenständigen Beitrag zur Entwicklung von Bildung und Wissenschaft leistet.
    Insofern glaube ich, daß es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, den vorliegenden Plan zu präzisieren und Veränderungen vorzunehmen.
    Ich kann mich nicht damit einverstanden erklären, daß zur Verbesserung der Studentenberufseinmündungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten von Frauen 1 Million DM, im gleichen Titel aber Zuwendungen an das deutsch-französische Hochschulkolleg in Höhe von 1,5 Millionen DM vorgesehen sind. Hier sehe ich keine mir verständliche Relation.
    Auch glaube ich, daß man den Plan noch einmal daraufhin durchforsten kann: Wo sind Posten enthalten, die reduzierbar sind? Was verbirgt sich hinter den reichlich 4 Millionen DM Verwaltungskosten bei einem Gesamtetat von knapp 14 Millionen DM des Deutschen Instituts für Fernstudien? Mir ist der Verwaltungsaufwand für die Aufgaben, die dieses Institut zu bewältigen hat, zu groß.