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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
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    Rede von Christina Schenk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den wenigen Dingen in diesem Hohen Hause, die mich — zumindest von Zeit zu Zeit — amüsieren, gehören die Presseerklärungen der Damen Merkel und Rönsch. Da rühmt sich die Frauenministerin in ihrer Erklärung vom 1. Juli 1992 damit, daß ihr Haushalt um 25 % angehoben wurde. Das hört sich gut an. Wenn man aber genau hinguckt, stellt man folgendes fest: Es handelt sich um eine Steigerung von sage und schreibe 20 auf 25 Millionen DM.
    Frau Merkel, um in diesem Lande, in dieser Situation eine Frauenpolitik zu machen, die diesen Namen überhaupt ansatzweise verdient, bräuchten Sie mindestens 20 Milliarden DM.
    Einen Lachanfall verursachte in meinem Büro auch die Presseerklärung von Frau Rönsch vom 14. August 1992, in der sie aus der Tatsache, daß 96 % aller Eltern das Erziehungsgeld und den Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen, messerscharf einen Erfolg der Familienpolitik der Regierung ableitete.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Abgesehen davon, daß es mit Logik nicht viel zu tim hat, wenn eine staatliche Zuwendung allein deswegen als gut bezeichnet wird, weil sie in Ermangelung von Besserem angenommen wird, halte ich das Erziehungsgeld und den Erziehungsurlaub in dieser Form für einen absoluten Mißerfolg, und zwar sowohl für die Frauen als auch für die Kinder;

    (Maria Michalk [CDU/CSU]: Das gibt es doch nicht! )

    denn die Väter nehmen diese so hoch gerühmte Leistung nur zu 1,5 % — ich wiederhole: 1,5 % — in Anspruch.
    Etwas anderes war von der Bundesregierung allerdings, denke ich, auch nicht beabsichtigt; denn nie-



    Christina Schenk
    mand kann auch nur einen Moment lang geglaubt haben, daß sich Männer mit einer derart läppischen Summe abspeisen ließen.

    (Beifall der Abg. Petra Bläss [PDS/Linke Liste])

    Wesentlich weniger amüsant als diese Presseerklärungen der Ministerinnen fand ich den Videofilm „Ich lasse mich nicht unterkriegen", der als Auftragswerk des Frauenministeriums entstanden ist. In diesem Zusammenhang muß ich Ihnen sagen: Das ist Propaganda, wie sie mich an alte DDR-Zeiten erinnert.

    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Richtig!)

    „Nur Mut" wird dort als Botschaft den Frauen entgegengerufen, die ihren Arbeitsplatz verlieren. Wer keine Arbeit mehr hat, so die Aussage des Films,

    (Zuruf der Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD])

    macht sich eben selbständig oder wird am besten gleich Eigentümerin des Betriebes, in dem sie früher gearbeitet hat. Die, die es nicht schafft,

    (Maria Michalk [CDU/CSU]: Warum nicht? Es gibt viele Frauen, die sich selbständig machen!)

    ist garantiert selber schuld, da sie sich hat „unterkriegen lassen", weniger „Mut" bewiesen hat oder eben einfach nicht fleißig genug war. So einfach ist das offenbar.
    Meine Damen und Herren, dieser Film enthält zwei ganz entscheidende Lügen: Lüge Nummer eins ist die Behauptung, es würde schon werden, wenn Frau nur will. Daß dem nicht so ist, sieht Frau schon an der Situation der Frauen im Westen, denen es kaum besser geht als denen im Osten.


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Geißler?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christina Schenk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Geißler, Sie werden vielleicht verstehen, daß mich der Zustand der Frauen- und Familienpolitik derart erregt, daß ich nicht bereit bin, darüber zu diskutieren.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: Schade! Das ist aber schade! — Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Vor der Frage hatten Sie offenbar Angst? — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Abgeblitzt, Herr Geißler!)

    Ich fahre fort: Die Einkommen der Frauen im Westen sind, wohlgemerkt bei Westmieten, kaum höher als die Fraueneinkommen im Osten. Nach einer 1990 von Carola Möller und Ursula Müller in Hessen durchgeführten Untersuchung haben über die Hälfte der erwerbstätigen Frauen im Westen ein Nettoeinkommen von höchstens 1 400 DM im Monat.
    Interessant ist im Zusammenhang mit dem Vorschlag an die Ostfrauen, sich doch einfach selbständig zu machen, vielleicht noch eine Zahl: Über ein Drittel aller Frauen, die im Westteil der Republik selbständig tätig sind, haben ein Einkommen von unter 1 000 DM. Vielleicht sollte Frau Merkel es selber einmal mit einem kleinen Friseurladen, einer Änderungschneiderei oder, wenn das gar nicht geht, mit einem kleinen Lebensmittelladen versuchen.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Viel Glück dabei, kann ich nur sagen. Vor allem gilt: Nur nicht unterkiegen lassen.
    Lüge Nummer zwei in dem Propagandastreifen ist die Behauptung, daß der Regierung irgendetwas daran liegt, daß sich die Situation von Frauen verbessert. Das Gegenteil ist der Fall. Die Regierung und das Frauenministerium haben ganz offensichtlich nicht das geringste Interesse daran. Es ist vielmehr das erklärte Ziel der CDU, auch die Erwerbstätigkeitsquote der Frauen im Osten an die der Frauen in Westdeutschland anzugleichen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    Im Klartext: Sie soll von einst über 80 % auf höchstens 50 % reduziert werden — gegen den in x Umfragen festgestellten ausdrücklichen Willen ostdeutscher Frauen, die sich nicht zurückdrängen lassen wollen an Heim und Herd. Jetzt auch noch ihr Selbstbewußtsein zu zerstören, indem man ihnen einredet, sie seien selbst schuld an ihrer Misere, weil sie irgendeine imaginäre Chance nicht wahrgenommen haben, halte ich für infam.

    (Dr. Dietrich Mahlo [CDU/CSU]: Wer tut denn das?)

    In den Verlautbarungen des Frauenministeriums lassen sich nicht einmal Ansätze für Überlegungen finden, wie mit verbindlichen Regelungen die aussichtslos erscheinende Situation, in die Frauen im Osten mit dem Anschluß gebracht worden sind, auch nur gemildert werden könnte.
    Gedanken darüber machen sich andere. Im Februar 1992 veranstaltete der Frauenpolitische Runde Tisch in Ost-Berlin eine Fachtagung zum Thema „Frauenarmut in Ostdeutschland". Die Ergebnisse dieser Tagung wurden dem Frauenministerium in einem umfangreichen Katalog übermittelt, verbunden mit der Kernforderung, daß die Existenz von verbindlichen Frauenförderplänen ein entscheidendes Kriterium sein muß für die Vergabe öffentlicher Subventionen und steuerlicher Begünstigungen an Unternehmen, die im Osten investieren wollen.
    Dazu gehört natürlich eine gesetzliche Regelung zur Quotierung bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen, Einstellungen und Umschulungsmaßnahmen, aber auch bei Entlassungen; denn die Tatsache, daß von 100 Erwerbslosen in Ostdeutschland 65 Frauen und nur 35 Männer sind, läßt sich nicht einfach damit erklären, daß nur in den unrentablen Bereichen mehr Frauen als Männer beschäftigt waren. Die offenkundige Diskriminierung von Frauen ist Teil der konzertierten Aktion, mit der Frauen dorthin gedrängt werden sollen, wohin das Patriarchat sie haben will, wo sie funktionalisierbar sind, damit alles so weiterläuft wie schon immer in Westdeutschland.
    Auf den Brief vom Frauenpolitischen Runden Tisch reagierte das Frauenministerium leider nicht, wenn man einmal von der Posteingangsbestätigung absieht.



    Christina Schenk
    Das ungemein Tragische ist nur — das finde ich jedenfalls —, daß es im Osten noch immer Frauen gibt, die daran glauben, daß das Versenden von Petitionen an die Ministerin dazu führen könnte, daß ihre Forderungen Eingang in die Politik der Regierung finden.
    Wo bleibt das Positive, wird vielleicht dieser oder jener oder diese oder jene jetzt fragen. Ich meine, es gibt etwas Positives. Positiv ist im Osten wie auch im Westen die Tatsache, daß Frauen vorsichtiger geworden sind und nicht mehr so oft heiraten wie noch vor 20 Jahren, dafür aber öfter die Scheidung begehren als früher.
    1960 gab es in der alten Bundesrepublik auf 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner noch 94 Eheschließungen pro Jahr. 1989 waren es dergleichen nur noch 64. Das ist angesichts der Situation der Frauen in der Ehe, wie sie beispielsweise in der Studie von Barbara Stiegler in einer Publikation der Friedrich-EbertStiftung geschildert wird, sehr verständlich: Hausarbeit ist immer noch Frauenarbeit, auch dann, wenn Mann und Frau erwerbstätig sind. Und haben Männer den Trauschein erst in der Tasche, sinkt ihre Beteiligung an der Hausarbeit noch mal drastisch.
    Das Ehegattensplitting führt bei hohem Männereinkommen dazu, daß sich die schlechter bezahlte Frauenerwerbsarbeit für die Ehepaare nicht rentiert, weil sie steuerlich bestraft wird. Für Frauen, die sich deswegen auf einen Verzicht ihrer gering bezahlten Erwerbsarbeit einlassen, wird das Ehegattensplitting zur Falle. Der Verlust der Unabhängigkeit ist der Preis dafür.
    Zudem ist in Krisenzeiten das traditionelle Versorgungsmodell der Ehe besonders gefährlich. Verheiratete Frauen werden als Doppelverdienerinnen diffamiert, und ihre Erwerbsarbeit erscheint vielen als weniger schützenswert als die Erwerbsarbeit verheirateter Männer.
    So gesehen, finde ich, ist es eine kluge Reaktion vieler Menschen im Osten auf den Einzug des neuen Staates. Die Zahl der Eheschließungen ist von 1990 bis 1991 um 50 % und im ersten Halbjahr 1992 noch einmal um weitere 7,2 % gesunken.
    Damit, meine Damen und Herren, komme ich zum Schluß. Es gibt also auch durchaus positive Entwicklungen in der Lebenssituation von Frauen in der Bundesrepublik. Allerdings werden diese nicht vom Frauenministerium, nicht vom Familienministerium und auch nicht vom Sozialministerium bewirkt, sondern von den Frauen selbst.
    Vielen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)