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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
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    Rede von Maria Michalk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, ich habe nicht gesagt, daß das ein Erfolg ist. Im Gegenteil, ich wollte auf diese komplizierte und territorial unterschiedliche Situation aufmerksam machen. Sie, Herr Keller, wissen doch ganz genau, daß es auch zu DDR-Zeiten nicht so war, daß jeder junge Mensch in seinem Heimatort eine Lehrstelle gefunden hat. Auch da sind die jungen Leute zum Teil weit gefahren, um zu ihrem Ausbildungsort zu kommen.
    Ich setze mich dafür ein, daß die jungen Leute nicht unbedingt in den Westen fahren — ich sage es jetzt so locker —, um sich ausbilden zu lassen. Aber es schadet ihnen auch nichts; im Gegenteil, es ist besser, als wenn sie keine Perspektiven hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gerade in diesen Tagen stehen wir ganz unter dem Eindruck der gewalttätigen Ausschreitungen überwiegend junger Menschen in den neuen Bundesländern. Das Maß an Gewalt und die Intensität der Aktionen haben uns alle erschüttert. Das ist auch in dieser Debatte schon öfters gesagt worden.
    Als Ursache für solche Gewaltausbrüche — sei es im Zusammenhang mit politischer Auseinandersetzung oder auch, und das sollten wir nicht verkennen, politisch unmotiviert, wie z. B. in den Fußballstadien, erweist sich stets ein hohes Maß an sozialer Desintegration. Vielen solcher Jugendlicher fehlt ein fester Rückhalt in der Familie. Fehlende Sozialstrukturen in Großstädten und ein Mangel an Angeboten für sinn-



    Maria Michalk
    volle Freizeitgestaltung tragen das Ihre bei. Aus diesem Grund ist eine Politik, die sich der Probleme junger Menschen ganz gezielt annimmt, wichtiger denn je.
    Angesichts der aktuellen Ereignisse kommt dem in diesem Jahr vom Bundesministerium für Frauen und Jugend aufgelegten Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt ein besonderer Wert zu. Im Haushalt 1993 stehen für dieses für mindestens drei Jahre angesetzte Programm 18 Millionen DM zur Verfügung. Kern des Programms sind insgesamt 144 Einzelprojekte in 30 ausgesuchten „BrennpunktRegionen". Mit dem Aktionsprogramm hat das Bundesministerium für Frauen und Jugend die Initiative zu einer breiten Auseinandersetzung in diesem drängenden Problembereich ergriffen.
    50 Millionen DM hat der Bund 1992 für das jugendpolitische Programm zum Auf- und Ausbau freier Träger der Jugendhilfe in den neuen Bundesländern bereitgestellt. Frau Niehuis, der Bund unterstreicht damit seine Mitverantwortung bei der Unterstützung der neuen Bundesländer beim Aufbau einer freien Jugendhilfestruktur.
    Das Programm hat sich im wesentlichen bewährt. Zahlreiche freie Träger konnten aufgebaut, bereits bestehende Projekte konnten fortgeführt werden.

    (Zuruf von der SPD: Viele Mitarbeiter kündigen schon!)

    Bei einer Absetzung des AFT-Programms — hier, denke ich, sind wir uns einig — zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wie es sich momentan darstellt, muß jedoch mit einem völligen Zusammenbruch der gerade erst mühsam aufgebauten Trägerstrukturen gerechnet werden.
    Abgesehen davon, daß damit die bereits eingesetzten Mittel nicht so erfolgreich angelegt wären, müßte dies zu ganz erheblicher Enttäuschung bei den in der Jugendarbeit engagierten Mitarbeitern und den betroffenen Jugendlichen führen. Diese Enttäuschung zählt für mich dann mehr. Insbesondere im Beratungs- und Qualifizierungsbereich halte ich eine Fortführung des Programms für geradezu unerläßlich.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich würde es sehr begrüßen, wenn in den bevorstehenden Beratungen positives Einvernehmen über diese Frage erzielt werden könnte.
    Vor dem Hintergrund ausländerfeindlicher Tendenzen gewinnt auch die internationale Jugendarbeit zunehmend an Bedeutung. Begegnungen und direkte Kontakte von Jugendlichen aus verschiedenen Ländern tragen ganz wesentlich zu einem besseren gegenseitigen Verstehen bei.
    Gerade das Verhältnis z. B. zu unseren Nachbarn in Polen bedarf angesichts einer wechselhaften und leidvollen Vergangenheit besonderer Pflege. In diesem Jahr sind für den deutsch-polnischen Jugendaustausch 3 Millionen DM bereitgestellt. Damit wird rund 22 000 Schülern und Jugendlichen aus beiden Ländern die Teilnahme an den Austauschprogrammen ermöglicht.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Noch in diesem Jahr wird das auf Grund des deutsch-polnischen Vertrags vom 17. Juni 1991 vereinbarte Deutsch-Polnische Jugendwerk offiziell seine Arbeit aufnehmen. 4 Millionen DM stehen 1993 hierfür in einem eigenen Titel zur Verfügung.
    Mit 25 Millionen DM ist der Ansatz für frauenpolitische Maßnahmen im Grunde genommen um 25 % gegenüber 1992 gestiegen. Dies unterstreicht die Bedeutung, die die Bundesregierung der Frauenpolitik zumißt.
    Das zentrale Problem der Frauen, insbesondere der alleinerziehenden, in den neuen wie in den alten Bundesländern ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bemerkenswert ist die unterschiedliche Orientierung der Frauen in Ost und West bei der Beurteilung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diesen Unterschied dürfen wir nicht wegdiskutieren. 57 % der Frauen im bisherigen Bundesgebiet erleben Beruf und Familie als konkurrierende Lebensbereiche, zwischen denen man sich entscheiden muß. Demgegenüber haben hiermit 44 % der ostdeutschen Frauen weit weniger Probleme. Das wissen wir auch.
    Deshalb ist es so wichtig, daß genügend Angebote für das zeitliche Nach- oder Nebeneinander von Familienarbeit und Berufstätigkeit vorhanden sind. In diesem Integrationsbedürfnis sind deshalb nach wie vor Wirtschaft und Gewerkschaften stärker gefordert.
    Dennoch gilt für die nahe Zukunft, dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nachzukommen und eine bessere Würdigung der Erziehungsarbeit und ihre Regelung im Rentenrecht zu erreichen. Wir sollten nicht vergessen, daß es die CDU war, die auch in diesem Punkt den ersten Schritt getan hat,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    wie in allen anderen Punkten, die meine Kollegin Frau Männle geschildert hat.
    Ich bitte Sie von der Opposition, dies ehrlich zuzugeben. Sie alle wissen: Wenn man sich allein oder in einer Familie sein Leben gestaltet, kann man nicht alles auf einmal haben, sondern baut man sich seinen Lebensinhalt und auch seinen Lebenswohlstand Schritt für Schritt auf. Das gilt auch für die Gebiete, über die wir soeben diskutiert haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich erteile der Abgeordneten Petra Bläss das Wort.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sehr die diesjährige Haushaltsdebatte am wirklichen Leben der Menschen in Ost und West vorbeigeht, zeigen wohl am nachdrücklichsten ihre vielfältigen öffentlichen Begleitumstände. Über 300 Betriebs- und Personalräte aus Ostdeutschland scheuten gestern nicht die Strapazen stundenlanger Nachtfahrten, um der



    Petra Bläss
    Regierung und den Politikerinnen und Politikern hier in Bonn ihre Probleme und Forderungen zu unterbreiten und deutlich zu machen, daß der bisher eingeschlagene Weg der Anschlußpolitik im wesentlichen der Bereicherung der Reichen zugute kommt und für die Mehrheit der Menschen in Ostdeutschland — derjenigen, die noch Arbeit haben, aber vor allem jener, die aus dem Erwerbsleben ausgegrenzt sind — ein Weg in die soziale Misere zu werden droht.
    Rechtzeitig zu dieser Debatte veröffentlichte auch das Statistische Bundesamt aktuelle Zahlen zur wirtschaftlichen Lage und zur Einkommenssituation in den neuen Bundesländern. Daraus geht hervor, daß die Talfahrt dort noch längst nicht gestoppt und das berühmte Licht am Ende des Tunnels ferner denn je ist. Ein monatliches Durchschnittseinkommen von 2 080 DM brutto im Osten bei gleichzeitiger Angleichung des dortigen Preisniveaus an Westverhältnisse reicht gerade für das Nötigste, und jede unplanmäßige Belastung gefährdet die Existenzsicherung.
    Hierzu paßt dann auch die in diesen Tagen veröffentlichte Studie über das Ausmaß der Armut in Deutschland. Mit der Feststellung, daß in diesem Land jeder zehnte Deutsche und jeder vierte Ausländer 'unter der Armutsschwelle lebt, unternimmt nun mit der Caritas schon der zweite große Wohlfahrtsverband neben dem Paritätischen den Versuch, Sachwalter der Armen zu sein und damit auch dem dickfelligsten Parlamentarier die Chance zu nehmen, dieses Problem mit dem Verweis auf die Sozialhilfe für erledigt zu erklären.
    Allem Frohreden zum Trotz: Das bundesdeutsche System der sozialen Sicherung verhindert Armut nicht, verhindert nicht, daß zunehmend mehr Menschen in materielle Not geraten und Obdachlosigkeit um sich greift. Gerade in den neuen Bundesländern werden wir in nicht allzu ferner Zeit erleben, daß diese unwürdigen Lebensumstände zur bitteren Normalität werden. In bestimmten Landstrichen, wo schon heute jeder bzw. jede zweite arbeitslos ist, ist die drohende Armut allgegenwärtig. Und wenn man weiß, daß in den neuen Bundesländern die durchschnittliche Arbeitslosigkeitsdauer inzwischen auf knapp 40 Wochen gestiegen ist, muß einem klar sein, daß dies ein rasantes Anwachsen der Arbeitslosenhilfeempfängerinnen und -empfänger und vor allem der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger in diesem Jahr und in den folgenden Jahren signalisiert.
    Die in den letzten Wochen angebotenen und verworfenen Konzepte zur Finanzierung des Anschlusses werden dies nicht ändern. Im Gegenteil, sie machen die Verwirrung komplett, fördern Frust und Hoffnungslosigkeit und vor allem eine tiefe Vertrauenskrise in diese Gesellschaft und ihre scheinbar undurchdringlichen Machtstrukturen. Der Haß gegen die da oben richtet sich gegen die, die noch schlechter dran sind: Ausländerinnen und Ausländer, Flüchtlinge, Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Rostock und anderswo stehen auch dafür.
    Statt sich wirklich diesen Problemen zu stellen und mit diesem Haushalt eine Wende hin zum sozialen Ausgleich wenigstens einzuleiten, werden die Lasten weiterhin völlig einseitig verteilt. Statt auf der Suche nach neuen Finanzierungsquellen denjenigen spürbare Solidarbeiträge abzufordern, die an Großdeutschland nicht schlecht verdient haben, wird auf Hausbackenes zurückgegriffen. Dies läßt sich auch mit den schönsten Formulierungen nicht mehr kaschieren.
    Solidarpakt heißt nun das neue Zauberwort. Seine Botschaft ist so alt wie schlicht: Lohnstopp und Zwangssparen statt Investitionshilfeabgaben, Ergänzungs- und Arbeitsmarktabgabe oder Besteuerung von hohen Zinseinkommen. Wieder einmal soll der großen Masse der Bezieherinnen und Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen die Sanierung der Staatsfinanzen aufgebürdet werden, indem Löhne und Gehälter auf Jahre eingefroren werden. Die Großverdiener bleiben wie eh und je ungeschoren.
    Daß mit diesem Politikkonzept die gesellschaftliche Nachfrage unverantwortlich geschwächt wird, ist ökonomisch problematisch. Schlimmer noch finde ich, daß damit den westdeutschen Beschäftigten der Eindruck vermittelt wird, daß sie jeden Tag tiefer für ihre mittlerweile nicht mehr so geliebten ostdeutschen Schwestern und Brüder in die Tasche greifen müssen. Daß dies die soziale, menschliche Einheit nicht gerade fördert, sondern die Kluft zwischen Ostdeutschen und Westdeutschen weiter vertieft, halte ich für verheerend. Wenn die Regierung sich damit auf dem richtigen Weg sieht, mag sie aus ihrer Sicht recht haben. Sie will die ungleiche Lastenverteilung. In ihrem Deregulierungshaushalt wird dies ebenso konkretisiert wie in der morgen zur Debatte stehenden AFG-Novelle. Ich finde diese Politik zutiefst ungerecht und einer dem Sozialstaatsprinzip verpflichteten Gesellschaftsordnung unwürdig.
    Aber an diese Linie setzt sich in den hier zur Debatte stehenden Einzelplänen 11, 15, 17 und 18 nahtlos fort. Mit 128,8 Milliarden DM werden für die Bereiche Arbeit und Sozialordnung, Frauen und Jugend, Familie und Senioren sowie Gesundheit 29,5 % der Gesamtausgaben aufgewendet. Gegenüber dem ursprünglichen Ansatz des Vorjahres heißt das plus/ minus Null und bleibt damit unterhalb der 2,5%igen Zuwachsrate des Gesamthaushalts. Mit zusätzlichen 8 Milliarden DM hat wenigstens der Haushalt für Arbeit und Sozialordnung eine beträchtliche Steigerung gegenüber 1992 zu verzeichnen; sein Volumen ist damit auf 98,8 Milliarden DM gewachsen.
    Doch auch mit dieser Steigerung ändert sich nichts am Grundproblem des Sozialetats. Sein Löwenanteil entfällt auf gesetzlich gebundene, ständig wiederkehrende Individualleistungen etwa in Form von Sozialversicherungszuschüssen an die Rentenversicherung und die Arbeitslosenhilfe. Lediglich 1,1 % der Gesamtmittel des Einzelplans 11, also gut eine Milliarde DM, bleiben übrig, um sich Aufgaben vorzunehmen, die den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen entsprechen und eine wirklich gestaltende Sozialpolitik darstellen.
    Da unser soziales Sicherungssystem Armut nicht verhindert und nachweislich bestimmte Personengruppen, wie alleinerziehende und ältere Frauen, Ausländerinnen und Ausländer, Pflegebedürftige und zunehmend auch junge Menschen, besonders gefährdet sind, müssen Haushaltsmittel für differenzierende Maßnahmen zur Ergänzung des bestehenden Sozialsystems frei sein. Die PDS/Linke Liste wird noch in



    Petra Bläss
    diesem Jahr Grundbezüge für eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung vorlegen und Vorschläge zur Finanzierung von Arbeit statt von Arbeitslosigkeit unterbreiten.
    Ganze 480 Millionen DM werden 1993 zur besonderen Förderung von Langzeitarbeitslosen aufgewendet — ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der Ausgaben für die Arbeitslosenhilfe im gleichen Zeitraum; die Milliarden, die jährlich die Sozialhilfe verschlingt, gar nicht gerechnet. Das sind doch die Langzeitarbeitslosen, die dringend auf Wiedereingliederungsmaßnahmen angewiesen sind. Hier lohnt es sich, Arbeit zu subventionieren statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
    Es ist doch ein Armutszeugnis für verantwortungsbewußte Sozialpolitikerinnen und -politiker, wenn von den 18,7 Milliarden DM unter dem vielversprechenden Titel „Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsschutz" allein 11,4 Milliarden DM für Arbeitslosenhilfe festgelegt sind und gleichzeitig der Ansatz für Anpassungsmaßnahmen und produktive Arbeitsförderung von 9,1 Milliarden DM auf unverantwortliche 5,9 Milliarden DM gesenkt wurde; ebenjener Ansatz, von dem neue Impulse gegen die Arbeitsmarktmisere, vor allem im Osten Deutschlands, ausgehen könnten.
    Der Arbeitsschutz wird mit ganzen 124 Millionen DM bedacht. Dies, wohl gemerkt, im Jahr des Arbeitsschutzes und angesichts der Tatsache, daß die BRD beim Erkennen, Anerkennen und der Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen den europäischen Standards vielfach hinterherhinkt.
    In diese Unlogik paßt es denn auch, daß im Einzelplan 15 der Posten für gesundheitliche Aufklärung gegenüber dem Vorjahr um 16,5 Millionen DM gekürzt wird. Die Begründung hierfür finde ich besonders interessant: Die Mittel werden umgesetzt in den nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan. Nicht etwa, daß ich das nicht für eine extrem wichtige Aufgabe halte. Nur, deutlicher kann man es nicht machen, nämlich daß mit den diesjährigen Haushaltsmitteln nur noch repariert, kuriert und Löcher gestopft werden.

    (Uta Würfel [F.D.P.]: Woran liegt denn das, daß wir kein Geld haben?)

    Dazu müssen auch die Gelder herhalten, die ursprünglich wenigstens noch einen Funken von Prävention, Vorsorge und Gestaltung ermöglicht hätten.
    Geradezu fatal — insbesondere in Anbetracht der jüngsten Ereignisse — finde ich die Kürzung im Einzelplan 17. 50 Millionen DM zur Förderung besonderer Maßnahmen im Rahmen des jugendpolitischen Aufbauprogramms für die neuen Bundesländer verschwinden einfach; ursprünglich eingeplant für Ausbau und Qualifizierung der freien Jugendhilfe, Maßnahmen, die dringender erforderlich sind denn je. Kollegin Niehuis hat ausführlich dazu berichtet.
    Um beim Einzelplan 17 zu bleiben: Frauen sind in dem ohnehin sehr schmalbrüstigen Papier kaum zu finden. Projektarbeit für Mädchen wird mit ganzen 2,5 % des Gesamtansatzes bedacht. Wichtiger aber
    finde ich noch — Frau Fuchs hat bereits darauf hingewiesen —, daß sich in diesem Haushalt kein Signal dafür findet, daß die Bundesregierung die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum § 218 auch in seiner Gänze ernst nimmt. Ich vermisse Haushaltsansätze, die erkennen lassen, daß tatsächlich hier und heute mit der Einführung der sozial flankierenden Maßnahmen begonnen wird.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste und der SPD sowie der Abg. Christina Schenk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Da absehbar ist, daß die Länder diese Investitionen nicht allein bewältigen werden, brauchen wir jetzt im Haushalt ausgewiesene Bundeszuschüsse. Die PDS/ Linke Liste wird zur abschließenden Beratung des Haushalts Vorschläge zur Absicherung des Rechts auf einen Kindergartenplatz einbringen.
    Ich danke.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Christina Schenk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])