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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Manfred Kolbe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst drei kurze Anmerkungen zur bisherigen Debatte machen.
    Erstens. Frau Enkelmann, Herr Feige, Frau Ferner, kommen Sie doch einmal nach Grimma. Sie werden dann Verkehr nicht mehr als Pseudobedürfnis bezeichnen. Ich kann Ihnen von dieser Veranstaltung berichten: Den größten Applaus hat der Bundesverkehrsminister erhalten,

    (Dr. Dagmar Enkelmann [PDS/Linke Liste]: Als er wieder weggefahren ist!)

    als er für Grimma endlich die langersehnte Umgehungsstraße angekündigt hat. Herr Feige, Sie müßten das doch besser wissen; auch Sie wohnen doch im Osten.
    Zweitens. Dreißig Kilometer von Grimma entfernt liegt Leipzig. Gestern hat der F.D.P.-Vorsitzende Graf Lambsdorff gesagt — ich zitiere —:
    Die Stadt Leipzig, so hört man, gewährt der Stadt Hannover einen Kredit von 100 Millionen DM. Wie sollen die Bürger im Lande eine solche Diskussion verstehen?
    Richtig ist vielmehr, daß die Stadt Leipzig niemals einen Kredit an die Stadt Hannover gewährt hat. Leipzig hat lediglich zweimal für einen Zeitraum von unter einem Monat einen Betrag von jeweils 10 — nicht 100 — Millionen DM kurzfristig bei einer Finanzgesellschaft geparkt, und zwar deshalb, weil die Städte im Freistaat Sachsen ihre Schlüsselzuweisungen quartalsmäßig bekommen und deshalb natürlich kurzfristig Kassenguthaben entstehen.
    Jeder Haushälter weiß, daß die Kassensituation nichts über die Vermögenssituation aussagen muß. Ich glaube, diese Richtigstellung ist schon notwendig, damit hier nicht Fehlinformationen die Stimmung vermiesen.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Aus welcher Partei ist der Oberbürgermeister?)

    Lassen Sie mich drittens noch ein kurzes Wort zu den vielumstrittenen West-Ost-Transfers sagen; auch da machen wir es uns unnötig schwer. Der Bundesfinanzminister hat am Dienstag gesagt, daß der Bundeshaushalt mit 92 Milliarden DM den größten Finanztransfer für die östlichen Bundesländer leistet. Brutto ist das richtig, sieht man einmal davon ab, daß dort z. B. auch die Position für den Parlaments- und Regierungssitz Berlin enthalten ist, worüber sich streiten läßt. Diese 92 Milliarden DM zeigen auch, daß der Bund bei weitem den größten Teil der Einheitslasten trägt und die Länder sich vornehm zurückhalten. Dies kann nicht so bleiben!
    Wir müssen aber auch sehen — darum würde ich auch bitten —, daß der Nettotransfer wesentlich geringer ist: rund 35 Milliarden DM Steuereinnahmen im Osten, rund 10 Milliarden DM einigungsbedingte Steuermehreinnahmen im Westen, rund 10 Milliarden DM eingesparte Teilungslasten. Auch dies sollte man berücksichtigen und ab und zu auch den Nettotransfer beziffern. Der liegt wesentlich niedriger.
    Lassen Sie mich jetzt zum Einzelplan 13 kommen. Nach dem Eckwertebeschluß der Bundesregierung soll die Ausgabensteigerung bis 1996 auf 2,5 % jährlich begrenzt werden. Für den Einzelplan 13 wird dies 1993 voll verwirklicht werden. Gegenüber dem Haushalts-Soll von 1992 von 541 Millionen DM erhöhen sich die Ausgaben für 1993 nur urn 12 Millionen DM, also nur um 2,3 %. Der Einzelplan 13 erbringt also eine außerordentliche Einsparleistung. Dies ist um so



    Manfred Kolbe
    bemerkenswerter als der Personalkostenanteil im Einzelplan 45 % gegenüber nur 12 % im gesamten Bundeshaushalt beträgt und die Personalkosten überproportional ansteigen.
    In einer Haushaltsdebatte zum Standort Deutschland können natürlich Post und Telekommunikation nicht außen vor bleiben. Lassen Sie mich deshalb mit dem heute wichtigsten Kommunikationsmittel, dem Telefon, beginnen.
    Wie sah es noch 1990, vor nur zwei Jahren, aus? Während 92 % aller Haushalte in der alten Bundesrepublik ein Telefon hatten, waren es in der ehemaligen DDR nur 17 %. Schlußlicht war der ehemalige Bezirk Dresden mit 14 %, Herr Modrow — er ist nicht da. DDR-Bürger warteten auf ein Telefon länger als auf ein Auto, und darauf wartete man schon bis zu 16 Jahre. 2 000 kleinere Ortschaften hatten noch nicht einmal eine Telefonzelle.

    (Susanne Jaffke [CDU/CSU]: 21 Jahre haben wir darauf gewartet und haben es nicht gekriegt, und dann kam die deutsche Einheit!)

    — Da war sogar der Bundespostminister zu optimistisch, denn ich habe aus seinen Papieren die Angabe von 16 Jahren entnommen.
    Besonders beschränkt wurde der Telefonverkehr zwischen beiden Teilen Deutschlands, wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß. Die Menschen sollten nicht miteinander sprechen, und wenn schon, dann überwacht. Von Ost- nach Westdeutschland — man höre und staune — gab es daher ganze 111 Telefonleitungen.
    Nach der Einheit wird die Deutsche Bundespost Telekom das Fernmeldenetz im Osten bis zum Jahre 1997 mit einem Investitionsvolumen von ca. 60 Milliarden DM zum modernsten Telekommunikationsnetz der Welt ausbauen.

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Mit Hilfe der Privatindustrie!)

    — Jawohl. 1991 wurde das digitale Overlay-Netz in Betrieb genommen, das eine enge Vermaschung der Vermittlungsstellen zwischen Ost und West erreicht.
    Während noch im Oktober 1990 nur 5 % der Wählverbindungsversuche beim ersten- oder zweitenmal erfolgreich waren, kamen zum Jahresende 1991 schon 75 % aller Verbindungen beim ersten oder zweiten Wählversuch zustande. Das ist gerade auch für die Abgeordneten aus den östlichen Bundesländern eine wesentliche Erleichterung ihrer Arbeit, Herr Minister. Insgesamt wurden 1991 555 000 Telefonanschlüsse für neue Kunden eingerichtet. Allein 153 000 Geschäftskunden haben einen neuen Telefonanschluß erhalten. Ende 1991 bestanden im Osten schon 2,4 Millionen Telefonanschlüsse gegenüber nur 1,7 Millionen in 1989.
    Die Deutsche Bundespost Telekom war 1991 der größte Einzelinvestor im Osten mit einem Investitionsvolumen von 7 Milliarden DM. Um die Zahl zu verstehen, muß man sehen, daß die gesamte Industrie leider nur 13 Milliarden DM investiert hat. Also ein
    Drittel aller Investitionen geht auf die Telekom zurück!
    Die Ausbaumaßnahmen werden 1992 weitergehen. Das Investitionsvolumen wird auf 9 Milliarden DM ansteigen, da mittlerweile die Grundlagen für einen fortschreitenden Ausbau geschaffen worden sind. Die Telekom beabsichtigt, 1992 ca. 600 000 Telefonanschlüsse einzurichten, so daß bis Ende 1992 insgesamt ca. 3 Millionen Telefonanschlüsse in den östlichen Ländern zur Verfügung stehen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Uwe Lühr [F.D.P.]: Eine einmalige Leistung! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine einmalige Leistung!)

    Die Umstellung auf das gesamtdeutsche Ortsnetzkennzahlensystem läuft. Von West nach Ost ist sie abgeschlossen, von Ost nach West ist sie im Gange; in Berlin haben wir eine einheitliche Vorwahl.
    Auch das Unternehmen Deutsche Bundespost Postdienst wird bis 1995 ca. 4 Milliarden DM für die Erneuerung der Dienstleistungsinfrastruktur in den östlichen Bundesländern aufwenden. Mein Dank gilt von hier aus auch den vielen Mitarbeitern aus dem Osten, die dies bewerkstelligen, und auch denen aus dem Westen, die dort helfen, teilweise unter schwierigen Bedingungen ohne richtige Wohnung und unter der Trennung von Familienangehörigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Post und Telekommunikation haben somit die infrastrukturellen Rahmenbedingungen für den hoffentlich stärker einsetzenden Aufschwung in den östlichen Ländern gesetzt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun hat Bundesminister Schwarz-Schilling das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder, der die Weltentwicklung aufmerksam verfolgt, weiß, daß Telekommunikation heute sozusagen die „Infrastruktur der Infrastruktur" ist und daß eigentlich nichts läuft — wirtschaftlich, verwaltungsmäßig —, wenn nicht ein entsprechendes Telekommunikationsnetz, insbesondere Telefonnetz, da ist.
    Ich glaube, daß wir, wenn wir den Standort Deutschland in diesen Zusammenhang bringen, sagen können, daß wir im Westen eine ziemliche Aufholjagd mit dem internationalen Standard vornehmen müssen, wenn ich an die Digitalisierung denke. Und im Osten haben wir — das wurde hier eben erfreulicherweise auch gut anerkannt — eine beispiellose Aufbauarbeit in modernster Technik geleistet, die wir auf den ältesten Bestand von Technik, noch funktionierend, was wir sonst eigentlich nur in Museen gesehen haben, aufgepfropft haben. Das ist eine besondere technische Leistung; denn das ist fast schwieriger, als ein neues Netz irgendwo zu errichten.
    Ich bin Herrn Kolbe auch besonders dankbar, daß er das einmal hervorgehoben hat. Ich war bisher eigentlich immer schon zufrieden, wenn ich bei den Gesprä-



    Bundesminister Dr. Christian Schwarz-Schilling
    chen der Wirtschaftsminister und der Ministerpräsidenten der fünf neuen Bundesländer beim Bundeskanzler seit etwa anderthalb Jahren nicht mehr an erster Stelle aufgerufen wurde und eine beispiellose Beschimpfung bekommen habe, daß ich eigentlich schuld daran sei, daß soundso viele Investitionen überhaupt nicht funktionieren, weil die Unternehmer alle weggelaufen sind.

    (Gerlinde Hämmerle [SPD]: Stimmt ja auch!)

    Plötzlich wurde ich seit etwa einem Dreivierteljahr nie mehr aufgerufen. Dafür war ich dann schon dankbar. Aber es gibt auch manchmal Leute, die sich daran erinnern und sagen, was geleistet wurde. Ich möchte mich dafür bedanken, daß es einmal gesagt wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir hätten dies nicht geschafft, wenn wir nicht geradezu in letzter Minute die Postreform 1989 vorgenommen hätten, die diese drei Unternehmen in die Selbständigkeit gelassen und sie in den Stand gesetzt hat, sofort, am 3. Oktober 1990, eine gesamtdeutsche Einheit für jedes der drei Unternehmen zu werden, im Unterschied z. B. zum Verkehrswesen.
    Wir haben zusätzlich sichergestellt, daß eine moderne Infrastruktur im Bereich des Post- und Telekommunikationswesens gewährleistet wurde. Das hatten wir schon vor dem 3. Oktober durch die Postunion und die Gespräche mit der damaligen DDR-Verwaltung auf den Weg gebracht.
    Ich möchte auch noch ein weiteres sagen, was diese Postreform insgesamt gebracht hat. Das Investitionsvolumen privater Unternehmen im Mobilfunk- und Satellitenbereich, den wir durch Lizenzierungen auch dem Wettbewerb geöffnet haben, wird von 1991 bis 1998 auf fast 15 Milliarden DM geschätzt. Diese Investitionen könnten ohne eine Liberalisierung überhaupt nicht getätigt werden. Die Zahl der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen hat sich vom 31. Januar 1991 von 66 auf insgesamt 168 — Stand 29. Juli 1992 — fast verdreifacht. Das ist auch eine Entwicklung, die ohne diese Reform nicht möglich gewesen wäre.
    Wir haben bereits die Zahlen der Beträge gehört, die im vorigen Jahr investiert worden sind. Im Jahre 1992 sind es annähernd 10 Milliarden DM in den neuen Bundesländern und 20 Milliarden DM in den alten; 30 Milliarden DM an Investitionen. In den neuen Bundesländern haben wir, wie gesagt, im vergangenen Jahr 500 000 neue Anschlüsse geschaffen. In diesem Jahr werden es wahrscheinlich 600 000 werden. Wir werden bis 1997 einen Bestand von 7,2 Millionen Anschlüssen haben. Das wäre dann etwa die Dienstleistung, die wir auch im Westen gewohnt sind.
    Aber nicht nur die notwendige Infrastruktur wird in einer Geschwindigkeit aufgebaut, die ihresgleichen sucht. Mit diesen Milliardeninvestitionen hat die Telekom zudem einen ganz wesentlichen Beitrag geleistet, um den Wachstumsmotor in den neuen Bundesländern auf Touren zu bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Sie sichert in großem Umfang Arbeitsplätze, über 40 000 im eigenen Unternehmen — denn die haben wir ja praktisch alle übernommen — und rund 50 000 durch die Aufträge an Firmen in den neuen Bundesländern. Allein im vergangenen Jahr vergab die Telekom Aufträge im Wert von 2,3 Milliarden DM an Firmen mit Sitz in den neuen Bundesländern, davon fast die Hälfte an Unternehmen des Handwerks, der mittelständischen Industrie und des Handels, worauf wir besonderen Wert legen. Es ist natürlich klar, daß sich die Zulieferbetriebe in den neuen Bundesländern erst einmal auf die neue Systemtechnik einstellen müssen, um solche Aufträge entgegennehmen zu können. Das ist ein Lernprozeß. Wir können bei dem Zwang, die Zeitachse für den Ausbau der Netze in jedem Falle zu halten, natürlich nur denjenigen Aufträge geben, die sie auch ausführen können; und es können nicht alle mit dem ersten Schlag. Das ist, wie gesagt, ein Lernprozeß.

    Ich habe mich gefreut, daß ich im vergangenen Monat, als ich in Thüringen mit den Vertretern der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern zusammengetroffen bin, in diesem Bereich auch eine wesentliche Verbesserung feststellen konnte. Dort wurde mir gesagt, daß man heute schon einen festen Stamm von Handwerksbetrieben habe, die ihre Existenz auf diesen Aufträgen gründen konnten und nunmehr auf einem guten Wege sind, durch Aufträge anderer Auftraggeber in entsprechender Weise zu rentablen Unternehmen zu werden.
    Aber auch die Postdienste darf man hier nicht vergessen. Sie haben alle 70 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den neuen Bundesländern übernommen, aber sie haben bisher nur 2,2 Milliarden DM Umsatz bei Kosten von 3,3 Milliarden DM. Trotzdem investieren sie 1 Milliarde DM in diesem einen Jahr.
    Sie errichten neue Frachtzentren, um ein modernes logistisches System in der ganzen Bundesrepublik zu installieren, um den sehr tüchtigen privaten Paketunternehmen, die wir in Deutschland haben, Paroli bieten zu können. Es werden 33 Frachtzentren errichtet, davon 8 in den neuen Bundesländern. 30 % der Gesamtinvestitionen für die elektronische Ausstattung dieser Zentren werden von einer Siemens-Tochter in Chemnitz geliefert, und zwar in modernster Technik.
    Lassen Sie mich auch sagen: Es war schon beachtlich, mit welcher Motivation die Leute von hier in die fünf neuen Bundesländer gegangen sind. Sie hatten plötzlich Freiräume, die sie gar nicht gekannt haben. Sie mußten nämlich richtig improvisieren. Sie mußten plötzlich Entscheidungen treffen, die sonst immer nur oben getroffen wurden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Leute dort haben gemerkt: Mensch, die helfen uns wirklich. — Ich muß sagen: Vor Ort hat das Zusammenwachsen der Menschen aus West und Ost meistens sehr viel besser geklappt, als wir es in irgendwelchen Zeitungen gelesen haben. Das möchte ich einmal deutlich sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Christian Schwarz-Schilling
    Heute befinden sich über 3 000 Beschäftigte aus den alten Bundesländern in den neuen Bundesländern. Viele wollen sich für ihre gesamte Berufslaufbahn dort engagieren und dort bleiben. Auch das ist eine Situation, von der wir anfangs gar nicht geglaubt haben, daß sie zustande kommt.
    Daß ich hier über die 60 Milliarden DM für den Osten und die 200 Milliarden DM bis 1998 insgesamt spreche, ohne daß wir in einzelnen Ausschüssen riesige Diskussionen haben, ist dem Umstand zu verdanken, daß die Finanzierung nicht über den Bundeshaushalt, sondern durch die Kraft dieser Unternehmen gewährleistet wird. Dadurch entstehen natürlich ungeheure Schwierigkeiten; denn welches Unternehmen investiert mehr als die Hälfte seines Umsatzes? Telekom hat Einnahmen von 50 Milliarden DM und investiert in diesen Jahren 30 Milliarden DM pro Jahr. Das ist eine Situation, vor der kein anderes Unternehmen steht.
    Von daher ergeben sich besondere Finanzprobleme. Diese besonderen Finanzprobleme können wir unter den derzeitigen Bedingungen sicherlich nur dann lösen, wenn wir neue Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht ziehen, wenn wir privates Kapital mit hereinnehmen. Darüber laufen Gespräche. Wir hoffen, daß wir dem weltweiten Trend folgen können. Wir haben in den EG-Ländern bereits acht Unternehmen, die auf dem Feld der Telekommunikation rein privatrechtlich tätig sind. Wir haben den Schätzungen zufolge 25 staatliche Unternehmen, die bis 1995 privatisiert werden. In den 80er Jahren waren es Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, Dänemark, Großbritannien, Hongkong, Irland, Israel, Japan, Kolumbien, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Pakistan, Spanien, Venezuela; ich kann diese Aufzählung weiter fortführen. Im Osten sind natürlich Ungarn, die Tschechoslowakei, Polen und die baltischen Staaten zu nennen. Wir können auf diesem Sektor nicht zu einer Museumsinsel staatlicher Verwaltung werden und uns sozusagen einbalsamieren lassen, sondern wir müssen diesem Trend schnellstens folgen, denn die Märkte werden heute und nicht morgen aufgeteilt. Deswegen ist es so eilig.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß wir aus den geschilderten Gründen in diesen Fragen zügig vorangehen müssen. Ich hoffe, daß wir bei der notwendigen Grundgesetzänderung zu einer Zweidrittelmehrheit in diesem Bundestag kommen. Ich habe den Eindruck, daß wir alle wirklich ernsthaft über diese Frage sprechen, und ich hoffe, daß das Ganze von Erfolg gekrönt sein wird.
    Lassen Sie mich zum Abschluß sagen: Ich glaube, der Weg, den wir eingeschlagen haben, ist richtig. Ich glaube, daß diese Art von Infrastruktur als Dienstleistung für alle unbestritten ist. Ich denke, daß die Flächendeckung bei der Telekommunikation und auch bei den Postdiensten innerhalb kürzester Zeit, in den nächsten zwei, drei Jahren, in den neuen Bundesländern erreicht sein wird. Ich darf mich bei allen bedanken, die uns dabei positiv und konstruktiv begleiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)