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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dieter Pützhofen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der letzten Haushaltseinbringung stand an dieser Stelle mein Kollege Conny Schroeder und erläuterte in seiner, wie es damals in einem Zuruf der SPD hieß, „letzten Rede", in seiner Abschiedsrede, die Wohnungsbaupolitik der kommenden Jahre. Verabschiedet hat sich mit dieser Rede ein sehr geschätzter Haushaltsexperte. Um so fester steht die Wohnungsbaupolitik der Koalition.
    Keiner in diesem Hause wird bestreiten, daß die Haushaltslage des Bundes durch einen gigantischen Lastenausgleich angespannt ist und daß für die Förderung des Wohnungs- und Städtebaus — auch das weiß jeder in diesem Haus — der Bund nach Art. 104 des Grundgesetzes ja nur nach seiner Finanzkraft Hilfe zu geben, in der Lage und fähig ist. Dennoch hat



    Dieter Pützhofen
    die Koalition die Leistungen des Bundes in diesem Aufgabenbereich seit 1989 massiv gesteigert. Der Gesamtrahmen der Ausgaben ist in diesem Zeitraum von 6,3 Milliarden DM um beachtliche 29 % auf rund 8,2 Milliarden DM angestiegen. Die Verpflichtungsrahmen im Kernbereich, dem sozialen Wohnungsbau und dem Städtebau, werden 1993 gegenüber 1989 zusammen sogar einen Anstieg von ungefähr 175 % erreichen. Das, meine Damen und Herren, verdient die Hochachtung aller Fraktionen in diesem Haus und unterstreicht den hohen Stellenwert, den die Koalition der Wohnungspolitik beimißt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dieser Verantwortung müssen wir uns allerdings gemeinsam stellen, hier im Haus und auch außerhalb; denn in der Wohnungspolitik ist die Verantwortung aller Beteiligten gefordert. Der Staat kann hier nicht alles leisten, und er sollte auch gar nicht den Anspruch erheben. Soweit aber die öffentliche Verantwortung reicht, ist dies eine Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Keine Ebene dieses Staates darf sich davor drücken. Ich nenne nur das Stichwort Baulandbereitstellung, bei dem die Kommunen besonders gefordert sind.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Was den Bund angeht, so haben wir seine Leistungen heute vor uns liegen. Die bisherige Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit zeigt, daß wir auf dem richtigen Weg sind. In diesem Jahr werden bereits 350 000 bis 400 000 Wohnungen allein in Westdeutschland fertiggestellt werden. Das sind 50 000 mehr als 1991 und 100 000 mehr als 1990. Bei den Baugenehmigungen haben wir annähernd die Marke von 450 000 Wohnungen erreicht. Im Sozialwohnungsbau sind 1991 nahezu 100 000 Bewilligungen ausgesprochen worden. Die Arbeit der Regierung deutet darauf hin, daß es 1992 deutlich mehr werden.
    Für das Jahr 1993 stehen für den sozialen Wohnungsbau nach dem Regierungsentwurf 3,7 Milliarden DM zur Verfügung, davon allein 1 Milliarde DM für die neuen Bundesländer. Die ursprünglich in der Finanzplanung vorgesehene Absenkung der Mittel findet also nicht statt.
    Wenn die Bundesbauministerin über neue, effizientere Fördersätze im sozialen Wohnungsbau nachdenkt und hierüber mit den Ländern im Gespräch ist, dann zeigen die Zahlen im Haushaltsentwurf der Bundesregierung, daß diese neuen Wege nicht zum Vorwand genommen werden für einen finanziellen Rückzug des Bundes aus dem sozialen Wohnungsbau, sondern daß es darum geht, mit den vorhandenen Mitteln effektiv zu arbeiten und den wirklich Bedürftigen auch zu helfen. Wir halten also an der sozialen Komponente in der Wohnungsbauförderung fest.
    Dennoch besteht auch weiterhin ein Wohnungsmangel, der neben einem allgemeinen Auflockerungsbedarf, einem erhöhten Zuzug und einer erhöhten Nachfrage auch durch den weiter anhaltenden Zuzug von Asylbewerbern bedingt ist.
    Meine Damen und Herren, wo hohe Asylbewerberzahlen kommunale Haushalte destabilisieren, kann sozialer Wohnungsbau nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden. Ich befinde mich da übrigens persönlich in einer merkwürdigen Situation: In den Gremien und im Vorstand des Deutschen Städtetages bin ich von Kollegen aus der Sozialdemokratie umgeben, die vehement die Änderung des Grundgesetzes beantragen,

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: So ist es!)

    die vehement den Zuzug beschränkt wissen wollen, und hier erlebe ich Sozialdemokraten, die mit diesem Thema nichts zu tun haben wollen und die Lage überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen,

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Zwei Parteien in einer Partei!)

    In den neuen Bundesländern setzt sich trotz der bekannten bestehenden Probleme der Bauaufschwung fort. Allein im ersten Halbjahr 1992 ist die Summe der Auftragseingänge in der Bauwirtschaft im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 60 % gestiegen. In Sachsen, so hört man, ist die Bauwirtschaft Wachstumsmotor für ein ganzes Bundesland. Dem umfangreichen Modernisierungs- und Instandsetzungsbedarf in den jungen Ländern stehen nicht nur 1 Milliarde DM für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung, sondern auch verbilligte Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Höhe von 20 Milliarden DM in den kommenden Jahren.
    Hätten wir es, wie es der Herr Bundeskanzler gestern zu Recht dargelegt hat, mit insgesamt 15 Milliarden DM an die Regierung Modrow bewenden lassen, würden die Leute vermutlich heute in Zelten kampieren.
    Mit dem zur Verfügung stehenden Geld gehört die Bauindustrie in den neuen Bundesländern zu den am besten laufenden Industriebereichen. Ich will damit deutlich machen, daß bei diesem Einzelplan der Ruf nach mehr Mitteln und der Vorwurf, die Mittel würden nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt, zumindest fragwürdig erscheinen.
    Wir sollten, meine Damen und Herren, die Diskussion auch ehrlich führen. Wenn hier im Plenum von Frau Matthäus-Maier heute morgen z. B. die Zweidrittel-Eindrittel-Aufteilung des Straßenbauetats zwischen West und Ost kritisiert wird und in den folgenden Haushaltsberatungen von der SPD keine drastische Reduzierung des Westanteils beantragt wird, dann, so muß man sagen, stimmt dieser Vortrag nicht, dann sprechen Sie mit zwei Zungen, dann ist das Ganze unredlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Achim Großmann [SPD]: Die Verkehrsdebatte kommt noch!)

    — Nun warten Sie mal. Herr Kollege Großmann, zu Ihnen komme ich jetzt.
    Wenn wir uns über Ehrlichkeit unterhalten und wenn Sie sich hier zum Anwalt der neuen Länder machen, dann gehört zu dieser Ehrlichkeit auch, daß Sie hier bekanntgeben, daß es im Wahlkampf unter Ihrer Überschrift, „Achim Großmann", hieß:



    Dieter Pützhofen
    Die Einheit kostet Geld, unseres. Deshalb müssen wir aufpassen.

    (Achim Großmann [SPD]: Ja! — Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Das ist die subtile Art zu hetzen!)

    Meine Damen und Herren, unter Ehrlichkeit in diesem Parlament sollte man verstehen, daß auch diese Punkte aufgeführt werden, Sie an Ihre Vergangenheit erinnert werden und darüber nachgedacht wird, was Sie denn eigentlich mit diesen Äußerungen haben bezwecken wollen.
    Man sollte überhaupt sehr vorsichtig sein mit der Aussage, die Eckwerte dieses Haushaltes seien im Hinblick auf die Probleme der neuen Länder eine Deckelung. Zumindest für diesen Einzelplan kann ich sagen, daß innerhalb der Haushaltsstellen erhebliche Umschichtungen mit zum Teil bis zu 50-, 60%igen Steigerungen zugunsten der neuen Länder vorgenommen wurden.
    Die Hemmnisse für die Aktivierung der Investitionstätigkeit sind uns bekannt. Zum Januar 1993 werden die Grundmieten in den neuen Bundesländern angehoben. Die soziale Verträglichkeit dieser für die Fortentwicklung des Wohnungsbestandes unverzichtbaren Maßnahme wird durch die Fortgeltung des Wohngeldsondergesetzes mit erheblichen Leistungsverbesserungen gewährleistet. Wir lassen also die Mieter mit dieser Entwicklung nicht allein.
    Die Lösung des Altschuldenproblems der Wohnungsbaugesellschaften in den neuen Bundesländern scheint ein weiteres wichtiges Hemmnis für die Kreditfähigkeit und damit für die Aktivierung der Wohnungsbaugesellschaften zu sein. Wir wissen, daß wir in dieser Frage so schnell wie möglich eine Regelung erreichen müssen. Zunächst einmal ist es gut, daß im Bundeshaushalt für die Jahre 1994 und 1995 rund 700 Millionen DM an Überbrückungshilfen zugunsten der betroffenen Wohnungswirtschaft vorgesehen sind.
    Ich neige allerdings dazu, Frau Ministerin, diese Altschuldenproblematik nicht so zu behandeln und zu betrachten, wie wir das bei dem Kreditabwicklungsfonds getan haben, sondern sehr nüchtern Passiva und Aktiva einander gegenüberzustellen. Der kommunalen Wohnungswirtschaft — das wissen wir sehr genau — ist nämlich ein beträchtliches Grundvermögen übereignet worden.

    (Beifall des Abg. Dr. Walter Hitschler [F.D.P.1)

    In dem Punkt „Altschulden des Wohnungsbaus" wird mir zu schnell, zu laut und zu oft nach einer Regelung und Übernahme durch den Bund gerufen. Andererseits verkenne ich durchaus nicht, daß wir bei allen zukünftigen Überlegungen beachten müssen: Was heißt das für den letztendlich betroffenen Mieter? — Wir haben uns darüber unterhalten, Frau Ministerin.
    Es kann auch nicht so sein — da haben Sie recht —, daß das Ergebnis unserer Politik zu einer Quadratmetermiete in den neuen Ländern führt, die über der liegt, die auch heute noch in den Altländern zu zahlen ist, und das zugegebenermaßen bei dort erheblich besseren Ausstattungsstandards.
    In der Bundesrepublik Deutschland muß die Subjektförderung durch das Wohngeld tragende Säule der Wohnungspolitik bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    An ihr mißt sich meines Erachtens mehr als am sozialen Wohnungsbau die Solidarität mit denjenigen, die wirklich der Hilfe und Unterstützung bedürfen.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    Nicht von ungefähr macht deshalb das Wohngeld mit rund 3,85 Milliarden DM den größten Einzelposten im Einzelplan 25 aus.
    Für die Situation in den Städten ist es richtig, daß die Finanzhilfen zur Städtebauförderung gegenüber der Finanzplanung um 240 Millionen DM erhöht worden sind. Diese Mittel — das ist bekannt — stellen wir in Form von Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung. Dabei bleiben die Mittel für die Städtebauförderung in den alten Bundesländern mit 380 Millionen DM gegenüber 1992 unverändert. Dem verständlichen Wunsch dieser Städte und Gemeinden auf Erhöhung der Mittel können wir nicht nachkommen. Für die neuen Länder steigt damit der Mittelansatz im Bereich der Städtebauförderung von 380 Millionen DM im Jahre 1992 auf 620 Millionen DM an. Auch das gilt natürlich als Verpflichtungsrahmen bis 1996.
    Trotz dieser gewaltigen Verlagerung innerhalb der Haushaltsstelle bin ich der Meinung, daß wir nach 40 Jahren Städtebau in der alten Bundesrepublik darüber nachdenken müssen, ob die erreichten Standards einerseits und die Fragen und Probleme in den neuen Ländern andererseits nicht zu einer noch deutlicheren Verlagerung von Haushaltsmitteln in Richtung der neuen Länder führen müssen. Das wird die Aufgabe dieser Haushaltsberatung sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In diesen Beratungen werden wir uns vor Augen halten müssen, daß wir im Städtebau, insbesondere im Wohnungsbau, große Herausforderungen zu bewältigen haben und uns in einem für unsere Bürger zentralen Bereich bewegen. Damit stehen die Mitarbeiter des Bundesbauministeriums, Frau Ministerin, auch in den kommenden Jahren vor erheblichen Belastungen, bei denen sie die Unterstützung des Parlamentes verdienen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt unserem Kollegen Carl-Ludwig Thiele das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Carl-Ludwig Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Auffassung der F.D.P. ist der Besitz einer angemessenen Wohnung in einem menschenwürdigen Wohnumfeld wesentlicher Bestandteil der Existenzgrundlage des Menschen und damit Voraussetzung jeder freien Persönlichkeitsentfaltung. Doch müssen wir leider feststellen, daß es derzeit sowohl in den alten



    Carl-Ludwig Thiele
    wie auch in den neuen Bundesländern zu wenig Wohnungen gibt. Wir müssen uns deshalb im Bereich des Wohnungsbaus überlegen, wie die positiven Zeichen der jüngsten Zeit verstärkt werden können, damit auch in Zukunft zunehmend im Wohnungsbau investiert wird.
    Zunächst ist hier darauf hinzuweisen, daß der Staat in diesem Bereich nicht alle Probleme lösen kann. Erforderlich ist die verstärkte Mobilisierung privaten Kapitals. Wir müssen allerdings feststellen, daß in der derzeitigen Hochzinsphase viele Kapitalanleger nicht zu Investitionen im Wohnungsbau bereit sind. Insofern muß das Ziel darin bestehen, zu einer Senkung der Zinsen zu kommen.
    Hier ist zu fragen: Was kann der Haushalt zur Erreichung dieses Ziels beitragen? Die Antwort besteht in einer sparsamen Haushaltsführung der öffentlichen Hand. Die Steigerung des Haushalts des Bundes liegt mit 2,5 % noch unter der Inflationsrate. Insofern ist der hier vorgelegte Etat für den Haushalt 1993 ein Schritt in die richtige Richtung.
    Der Staat selbst ist nicht im entferntesten in der Lage, das gesamte Kapital aufzubringen, welches im Wohnungsbau in den neuen und in den alten Bundesländern benötigt wird. Sollte es uns wirklich gelingen, vermehrt privates Kapital für Investitionen im Wohnungsbau zu mobilisieren, so wäre dies der beste Weg.

    (Beifall bei der F.D.P. und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich würde es auch für richtig halten, wenn Gespräche mit der Lebensversicherungsbranche geführt werden, damit die dort angelegten Gelder den Weg zurück in den Wohnungsbau finden.

    (Dieter Pützhofen [CDU/CSU]: Richtig!)

    Doch die anderweitige Kapitalbindung ist nicht die einzige Schwierigkeit des deutschen Wohnungsmarktes: In Deutschland fehlt Bauland. Auch wenn Grund und Boden zur Verfügung stehen, so muß doch darauf hingewirkt werden, daß die Kommunen mehr Flächen als Bauland ausweisen.
    Ferner ist zu begrüßen, daß Sie, Frau Minister, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus nunmehr so ändern wollen, daß es eine Kopplung von Objekt- und Subjektförderung geben soll, damit dem Irrsinn der Fehlbelegung begegnet wird.

    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Ich halte es für absolut richtig, daß wir auch im sozialen Wohnungsbau zu einer einkommensbezogenen Miete kommen.
    Insbesondere in den neuen Bundesländern ist der Baumarkt erfreulicherweise angesprungen. Dieser Bereich stellt eine Initialzündung für die Gesamtwirtschaft dar, die wir gerade in den neuen Bundesländern dringend benötigen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Ich möchte an dieser Stelle allerdings darauf hinweisen, daß es in den neuen Bundesländern einen ungeheuren Bedarf an Einfamilienhäusern gibt. Auch insofern ist es also wünschenswert, daß die Kommunen entsprechend Bauland ausweisen.

    (Otto Reschke [SPD]: Auch im Westen!)

    — Das ist richtig. Wenn Sie sich aber die Struktur der Bauten in den neuen und in den alten Bundesländern ansehen, dann werden Sie zwanglos feststellen können, daß in den neuen Bundesländern erheblich mehr große Wohnblöcke stehen als in den alten und daß die Versorgung mit Einfamilienheimen in den alten Bundesländern stärker ausgeprägt ist als in den neuen.

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Dann müssen wir allerdings auch unsere Steuerpolitik ändern!)

    — Auch darüber können wir sprechen.

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Müssen wir sogar!)

    In der kurzen mir zur Verfügung stehenden Zeit möchte ich noch kritisch anmerken, daß in den neuen Bundesländern die Privatisierung nicht in der Form verläuft, wie wir uns das vorgestellt haben.

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Leider!)

    Unter Privatisierung in den neuen Bundesländern verstehe ich nicht die Veräußerung großer Mietwohnungsbauten an neue und große Träger, sondern Angebote an breite Bevölkerungsschichten, vor allem an die derzeitigen Mieter.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Und warum klappt das nicht?)

    Dies ist eine Forderung, die auf breitem Konsens beruht, weil ja auch die SPD gerade jetzt wieder die Vermögensbildung fordert. Ich hatte schon in der letzten Debatte in diesem Punkt Einverständnis auch mit der SPD.

    (Zuruf von der SPD: Weil die Leute das Geld zum Kaufen gar nicht haben!)

    — Nein, das stimmt doch gar nicht. Es hängt immer davon ab, welcher Preis dafür genommen wird. Wenn ein Preis genommen wird, mit dem die Altschulden abgedeckt werden könnten — in der Regel 600 bis 900 DM pro Quadratmeter —, dann hätten Sie auch bei den Bürgern der neuen Bundesländer in erheblichem Umfang Kapital, das zur Verfügung steht. Die Modernisierung und die Renovierung dieser Bauten vorher ist ein anderes Problem, das ebenfalls gelöst werden muß.
    Deshalb, Frau Ministerin, hatte ich in der letzten Haushaltsdebatte angeregt, eine Privatisierungsbroschüre zu diesem Bereich zu erstellen; das hatten Sie mir in der Haushaltsdebatte vor einem Jahr auch zugesagt. Nach unserem Gespräch und Ihrer Zusage in dieser Woche freue ich mich, diese Broschüre nun Ende des Jahres auch wirklich in den Händen halten zu können.

    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    In diesem Heft benötigen wir eine allgemeinverständliche Darlegung der finanziellen Folgen des Kaufs einer Eigentumswohnung in den neuen Bundesländern durch den Mieter auch an Hand von



    Carl-Ludwig Thiele
    Fallbeispielen, in denen dann die Unterstützung durch einen Lastenzuschuß für einkommensschwache Mitbürger, Steuervorteile, Zinsbelastung, Tilgung usw. aufgeführt wird.
    Meine Damen und Herren, wenn Kapital mobilisiert werden sollte, dann sollte man das eben nicht nur bei den Großen, sondern auch bei den Kleinen versuchen. Damit wäre nicht nur dem Wohnungsbau geholfen, sondern auch weiten Bevölkerungskreisen die Perspektive gegeben, den Lebensabend in den eigenen bezahlten vier Wänden verbringen zu können und nicht unbedingt zur Miete wohnen zu müssen.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)