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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Achim Großmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bis jetzt haben wir in der heutigen Debatte zur Kenntnis genommen, daß zunächst die



    Achim Großmann
    Minister sprechen und ihren Haushalt verteidigen. Es ist sicherlich ein interessantes Zeichen, daß die Bauministerin lieber am Ende reden will, weil sie sich scheinbar nicht traut anzufangen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will mit einer „dpa"-Meldung von heute beginnen, in der es heißt:
    Die Wohnungsmiete bereitet fast jedem zweiten Bundesbürger große Sorgen. Dies geht aus einer Umfrage der Gesellschaft für erfahrungswissenschaftliche Sozialforschung hervor. Auf die Frage, worüber sie sich derzeit die größten Sorgen machen, nannten 45 % der Befragten die Miete. Für diesen Posten geben die Bundesbürger im Schnitt 34 % ihres Nettoeinkommens aus, junge Menschen zwischen 16 und 29 Jahren sogar 38 %.
    Ich denke, diese Meldung zeigt, wie groß die Wohnungsnot und die damit verbundenen Schwierigkeiten inzwischen geworden sind.
    Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik sind so wenig Wohnungen gebaut worden wie unter der jetzigen Regierung.

    (Josef Vosen [SPD]: Das ist wohl wahr!)

    Ich will dies mit Zahlen belegen: Gab es in den letzten zehn Jahren der sozialliberalen Regierung, also Brandt/Schmidt, insgesamt einen Wohnungsbau von 4,4 Millionen Wohnungen, so sind es in den ersten zehn Jahren der Regierung Kohl — wir hoffen, daß es nicht viel länger wird - gerade einmal 2,9 Millionen. Das bedeutet, daß unter SPD-Regierungen zehn Jahre lang im Durchschnitt jährlich 50 % mehr Wohnungen gebaut wurden als unter der Regierung Kohl.
    Bezogen auf die Sozialwohnungen, sieht die Bilanz der Kohl-Regierung noch katastrophaler aus. Zehn Jahre lang sind unter sozialliberaler Koalition 140 000 Sozialwohnungen in jedem Jahr fertiggestellt worden. Unter der jetzigen Regierung sind es gerade 70 000. Wir haben also Jahr für Jahr 100 % mehr Sozialwohnungen gebaut als die jetzige Regierung.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben also, meine Damen und Herren von der Koalition, den Wohnungsbau in den Keller gefahren und tragen deshalb Mitschuld an der größten Wohnungsnot der Nachkriegszeit. Heute fehlen fast 3 Millionen Wohnungen. 1 Millionen Menschen sind obdachlos oder unmittelbar davon bedroht. Gehen Sie in die Wohnungsämter, schauen Sie in den Anzeigenteil der Zeitungen, schauen Sie unter Brücken, in Bahnhöfe und U-Bahn-Schächte, und Sie sehen das Ergebnis dieser katastrophalen Wohnungspolitik.
    Der Kanzler hat vor der Bundestagswahl viel versprochen. Ein Versprechen war, 2 Millionen Wohnungen in den nächsten vier Jahren zu bauen. Schon heute steht fest, daß auch dieses Versprechen gebrochen wird. Weil die Pressemeldung gerade in der Haushaltsdiskussion so aktuell ist, will ich sie Ihnen wortwörtlich vorlesen. Am 24. Oktober 1990 heißt es:
    CDU will bis 1994 zwei Millionen neue Wohnungen schaffen — keine Steuererhöhungen zur Finanzierung der Einheit.
    Das sind zwei Lügen in einer einzigen Überschrift.

    (Beifall bei der SPD — Josef Vosen [SPD]: Traurig! Traurig!)

    Wer nun glaubt, die Wohnungsnot bringe die Bundesregierung dazu, ihre Prioritäten zu ändern, der ist auf dem Holzweg. Die Damen und Herren streiten sich lieber. Ob Baulandsteuer, Mietrecht, Naturschutz, Altschulden oder Umwandlungsspekulationen: nichts als Zoff, keine Entscheidungen. Ich sage Ihnen: Die Menschen haben die Nase voll von den ewigen Streitereien. Die Menschen brauchen Wohnungen, bezahlbare Wohnungen, sichere Wohnungen.
    Nun behauptet die Bauministerin, mehr Geld für den Wohnungsbau sei nicht drin. Wir wissen: Das ist schlicht falsch. Es fehlt der Mut, an der richtigen Stelle zu sparen. Es fehlt der Mut, die Prioritäten anders zu setzen. Sie selbst, Frau Bauministerin, haben in einem Interview mit der „Bild"-Zeitung ein vollmundiges „klares Nein" zum Jäger 90 ausgesprochen und angekündigt, das Geld, das man dort spare, sollte man statt dessen für den Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Sie sind ja immer gut für populistische Presseinterviews.

    (Beifall der Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD])

    Den Jäger 90 gibt es nicht mehr. Aber wo ist das versprochene Geld für zusätzlichen Wohnungsbau?

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Der war doch noch gar nicht etatisiert! Das wissen Sie doch!)

    Fehlanzeige. Das sucht man im Etat vergebens. Das kurze Pressespektakel ist Frau Schwaetzer wichtiger als die Glaubwürdigkeit ihrer Politik. Aber die Menschen in unserem Land haben längst gemerkt, daß sie von dieser Regierung im Stich gelassen werden, wenn sie ein Dach über dem Kopf suchen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Dünne Polemik!)

    Der vorgelegte Haushalt Ihres Ministeriums ist einer der wenigen Haushalte, in denen gekürzt wird. Da helfen auch keine Taschenspielertricks mit Verpflichtungsermächtigungen, Töpfchen hier, Töpfchen da. Bei Baupreissteigerungen von bis zu 10 % ist klar: Der Bauetat schrumpft. Eine tolle Leistungsbilanz. Die Wohnungsnot wächst. Immer mehr Menschen finden keine bezahlbare Wohnung. Immer mehr Menschen haben Angst, ihre Wohnung zu verlieren. Aber gleichzeitig gibt die Regierung weniger Geld für den Wohnungsbau aus.

    (Dr. Ulrich Janzen [SPD]: Der Finanzminister!)

    Wer trotz dieser Tatsachen von einer Trendwende am Wohnungsmarkt spricht — wie Sie das tun —, der muß sich blanken Zynismus vorwerfen lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Wahrheit ist: Die Wohnungsnot wird zum sozialen Sprengsatz und zu einer sozialen Schande für unser Land, in Ost und in West.

    (Josef Vosen [SPD]: So ist es!)

    Meine Damen und Herren, im sozialen Wohnungsbau ist die Entwicklung besonders verhängnisvoll.



    Achim Großmann
    1991 wurden nur etwa 65 000 Sozialwohnungen fertiggestellt. Jedes Jahr fallen an die 150 000 Sozialwohnungen aus der Bindung. Wir haben insgesamt nur noch 2,8 Millionen Sozialwohnungen bei einem Wohnungsbestand in den alten Bundesländern von 27 Millionen. Nur noch 10 % sozial gebundene Wohnungen! Jeder Mensch müßte jetzt darangehen, mehr Sozialwohnungen zu bauen. Aber ein Blick in den Finanzplan bis 1996 zeigt, daß die Bundesregierung in den nächsten Jahren weniger für den sozialen Wohnungsbau ausgeben will. Die Bundesregierung plant bereits heute den erneuten Rückzug aus dem sozialen Wohnungsbau.
    Die Suche nach bezahlbaren Wohnungen wird immer hoffnungsloser. Sozial Schwächere, Familien mit geringem Einkommen, kinderreiche Familien, alleinerziehende Frauen — alle bleiben auf der Strecke. Der Armutsbericht der Caritas beweist es: Das ist keine Schwarzmalerei der Opposition, das ist die brutale Realität in unserem Land.
    Immer mehr ganz normal verdienende Arbeitnehmerfamilien laufen sich bei der Wohnungssuche vergeblich die Hacken ab. Ihnen geht wegen der explodierenden Mieten die Luft aus. Eine Sozialwohnung bekommen sie nicht. Seit 1980 sind die Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau unverändert. Immer weniger Menschen, die eine Sozialwohnung dringend benötigen, kommen auch wirklich in sie hinein. Aber Sie tun nichts. Sie schicken die Arbeitnehmerfamilien auf den freien Wohnungsmarkt, auf dem eine 70-Quadratmeter-Wohnung 1 000 DM und mehr kostet.
    Wohnen ist unter dieser Regierung zum Luxus geworden. Ihre Politik degradiert die Wohnungssuchenden zu Bittstellern auf dem Wohnungsmarkt.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese „Bittsteller" aber finanzieren mit ihren Steuern den Subventionstopf, aus dem Milliarden D-Mark jährlich in den Wohnungsbau fließen, den Topf, aus dem sich auch gerissene Abschreibungsspezialisten und Spekulanten bedienen, den Topf, aus dem die Bundesregierung dem hochverdienenden Bauherrn doppelt so viel Geld für sein Haus gibt wie dem normalen Häuslebauer. Die Arbeitnehmer, Angestellte wie Facharbeiter, schauen in die Röhre.
    Meine Damen und Herren, welche Alternative hat ein Wohnungssuchender? Er könnte auf die Idee kommen, ein Haus zu bauen. Auch dieser Weg ist den meisten durch die unsoziale Politik der Bundesregierung versperrt.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Bauland ausweisen! — Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/ CSU]: Was Sie verhindern!)

    Bauwillige mit mittlerem Einkommen müssen passen, weil die staatliche Förderung nicht ausreicht. Wenn zwei Häuslebauer exakt das gleiche Haus nebeneinander auf einem gleichgroßen Grundstück bauen wollen, mit denselben Kosten, dann bekommt der, der 200 000 DM verdient, 115 000 DM Förderung über acht Jahre und derjenige, der 70 000 DM verdient, nur 60 000 DM. Das heißt, wer exakt das gleiche Haus baut, bekommt vom Staat, wenn er viel verdient, die
    doppelte Förderung wie jemand, der nur ein mittleres Einkommen hat.

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Diese Politik ist sozial ungerecht und hindert Hunderttausende Familien zu bauen. Es ist im Grunde genommen eine Bauverhinderungspolitik.
    Obwohl es im Bundestag eine breite Sachmehrheit für die SPD-Lösung gäbe, die Häuslebauer mit mittlerem Verdienst also besserzustellen, blockiert die Bauministerin diese Lösung. Und Ihnen, der CDU/CSU, fehlt die Kraft und der politische Gestaltungswille, sich in dieser Frage gegen die F.D.P.-Ministerin durchzusetzen.
    Ein ähnliches Trauerspiel bietet die Koalition bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Mit der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichte, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu erleichtern, ist der letzte Damm gegen die Umwandlungsspekulation gebrochen. Die Städte werden seitdem mit Anträgen auf Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen überschwemmt. Die Vernichtung knapper, bezahlbarer Mietwohnungen droht, und Tausende Mieter haben Angst, ihre Wohnung zu verlieren. Sie selbst, Frau Schwaetzer, haben in Ihrer Antwort auf unsere Anfrage wörtlich geschrieben:
    In der Vergangenheit führten mittelfristig 90 v. H. der Abgeschlossenheitsbescheinigungen zum Verkauf der Wohnung.
    Sie wissen also, was auf die Menschen zukommt.
    Das drohende Schicksal vieler Mieter, aus ihrer jetzt noch bezahlbaren Wohnung hinausgeklagt zu werden, und zwar in der Mehrzahl durch profitgierige Umwandlungsspekulanten, läßt diese Regierung völlig kalt. Betroffen sind vor allen Dingen ältere Menschen.
    Was tun nun Regierung und Koalition? Sie streiten sich darüber, ob man etwas gegen diese spekulativen Wohnungsumwandlungen tun solle oder nicht. Herr Kansy von der CDU ist plötzlich dafür, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen. Er war im Mai noch dagegen. Frau Schwaetzer war vor der Sommerpause dafür, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen. Sie ist jetzt plötzlich dagegen. Diesen Sinneswandel wiederum brandmarkt Bayerns Innenminister Stoiber mit dem Satz:
    Die Bundesbauministerin will mit ihrer jetzt verkündeten Ablehnung wohl noch stärker an dem Profil der F.D.P. als Partei der sozialen Kälte arbeiten.
    Wer blickt da noch durch? Auch in dieser Frage nur Streit und Zoff in der Koalition.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Dummes Geschwätz!)

    Gesetzentwürfe der SPD-Fraktion und des Bundesrates liegen seit langem vor. Als Opposition könnte man sich jetzt genüßlich zurücklehnen und den Streit beobachten, den die Koalition austrägt. Nur, es geht



    Achim Großmann
    um die existentiellen Ängste der Mieter, die von diesen Umwandlungen betroffen sind. Deshalb fordere ich Sie heute auf: Erklären Sie dem Parlament und der deutschen Öffentlichkeit, ob Sie bereit sind, gesetzliche Maßnahmen gegen die Umwandlung zu ergreifen oder nicht. Nehmen Sie heute diese Gelegenheit wahr. Ich denke, ein klärendes Wort hat die Öffentlichkeit verdient.
    Meine Damen und Herren, auch in den neuen Bundesländern ist kein Wohnungsproblem gelöst. Dafür haben Sie durch Ihre Entscheidungslosigkeit oder durch falsche Entscheidungen viel Zeit vergeudet.
    Völlig verrannt hat sich die Bundesregierung in der Frage der Altschulden, die angeblich auf den Wohnungsbeständen lasten. Sie haben dieses Problem monatelang vor sich hergeschoben.
    Anfang des Jahres hat die Bauministerin ein Konzept von Überbrückungshilfen auf den Tisch gelegt, das vorsah, den jungen Ländern und den Gemeinden den Großteil der Schulden aufzuhalsen. Ich habe Ihnen, Frau Ministerin, noch an dem Tag, an dem Sie dieses Konzept der Presse vorgestellt haben, das Scheitern vorhergesagt. Inzwischen ist dieser Vorschlag endgültig gescheitert, und Sie sind mit einem neuen Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten. Aber dieser letzte Vorschlag kann nun wirklich keinen begeistern. Man kann ihn noch nicht einmal ernst nehmen. Nicht nur, daß der Finanzminister Sie sofort zurückgepfiffen hat, weil er auf seiner falschen Meinung beharrt, mit den Schulden habe die Bundesregierung nichts zu tun — Streit also auch in dieser Frage —; nein, auch die Konsequenzen Ihres Vorschlages, das Moratorium um drei Jahre zu verlängern, wären hanebüchen. Der Finanzminister rechnet Ihnen süffisant vor, daß sich damit der aufgelaufene Schuldendienst von 17 Milliarden DM auf über 32 Milliarden DM erhöhen würde. Also 35 Milliarden DM Altschulden, 32 Milliarden DM aufgelaufener Schuldendienst! Dann hätte der Bund die Altschulden auch gleich übernehmen können, vom ersten Tag an.

    (Josef Vosen [SPD]: Das wäre auch richtig gewesen!)

    Der Steuerzahler hätte 32 Milliarden DM gespart, und die Wohnungswirtschaft hätte vom ersten Tag an Milliarden in die Instandsetzung, Sanierung und Modernisierung der Wohnungen investieren können.

    (Josef Vosen [SPD]: Das wäre der richtige Weg! — Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Was würde wohl Frau Matthäus-Maier dazu sagen, für die wir immer noch zuviel Schulden machen, Herr Kollege Großmann?)

    Meine Damen und Herren, oft genug haben wir Ihnen vorgehalten, daß das unselige Prinzip Rückgabe vor Entschädigung in den östlichen Bundesländern den Aufschwung blockiert und Gift für den sozialen Frieden in unserem Land ist. Daran ändern auch die halbherzigen Korrekturen nichts. Die erhöhen nur die Zahl der Gesetze und Verordnungen, die ohnehin kaum noch jemand verstehen und umsetzen kann.

    (Josef Vosen [SPD]: Und die Verdienste der Anwälte! — Gegenruf von der F.D.P.: Und des Mieterbundes!)

    Am Problem ändert sich nichts.
    Die Konsequenzen für die Menschen und deren Gefühl, ohnmächtig tiefe Ungerechtigkeit zu erleben, sind Ihnen offensichtlich noch immer nicht bewußt. Ich befürchte, daß der Tag kommen wird, an dem Polizisten Menschen aus ihren Wohnungen zwangsräumen müssen, weil Alteigentümer ihre Ansprüche durchsetzen wollen. Was machen Sie, Frau Schwaetzer, was machen wir alle, wenn sich die Verzweiflung und Wut dieser Menschen in Gewalt entlädt?

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: „Rückgabe geht vor Eigentum" sagen die!)

    Meine Damen und Herren, noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hat es eine derartige Fülle von Wohnungsproblemen gegeben. Die Regierung ist zunehmend unfähiger, auch nur eines dieser Probleme zu lösen. Sie sind ausgezehrt, verbraucht, ohne Kraft und ohne Ideen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wir müssen ran!)

    Wir Sozialdemokraten sind bereit, die Weichen neu zu stellen und die Herausforderungen der Wohnungspolitik anzunehmen.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Neue Heimat!)

    Für uns Sozialdemokraten hat der Wohnungsbau oberste Priorität. Die Menschen brauchen ausreichend bezahlbare Wohnungen. Sie brauchen Schutz vor Umwandlung und Verdrängung. Wir müssen ihnen die Angst nehmen, die Wohnung zu verlieren und die Mieten nicht mehr bezahlen zu können. Die Menschen haben einen Anspruch darauf, daß der Staat seine soziale Verantwortung für den Wohnungsbau wieder wahrnimmt.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS/Linke Liste])



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt unserem Kollegen Dieter Pützhofen das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dieter Pützhofen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der letzten Haushaltseinbringung stand an dieser Stelle mein Kollege Conny Schroeder und erläuterte in seiner, wie es damals in einem Zuruf der SPD hieß, „letzten Rede", in seiner Abschiedsrede, die Wohnungsbaupolitik der kommenden Jahre. Verabschiedet hat sich mit dieser Rede ein sehr geschätzter Haushaltsexperte. Um so fester steht die Wohnungsbaupolitik der Koalition.
    Keiner in diesem Hause wird bestreiten, daß die Haushaltslage des Bundes durch einen gigantischen Lastenausgleich angespannt ist und daß für die Förderung des Wohnungs- und Städtebaus — auch das weiß jeder in diesem Haus — der Bund nach Art. 104 des Grundgesetzes ja nur nach seiner Finanzkraft Hilfe zu geben, in der Lage und fähig ist. Dennoch hat



    Dieter Pützhofen
    die Koalition die Leistungen des Bundes in diesem Aufgabenbereich seit 1989 massiv gesteigert. Der Gesamtrahmen der Ausgaben ist in diesem Zeitraum von 6,3 Milliarden DM um beachtliche 29 % auf rund 8,2 Milliarden DM angestiegen. Die Verpflichtungsrahmen im Kernbereich, dem sozialen Wohnungsbau und dem Städtebau, werden 1993 gegenüber 1989 zusammen sogar einen Anstieg von ungefähr 175 % erreichen. Das, meine Damen und Herren, verdient die Hochachtung aller Fraktionen in diesem Haus und unterstreicht den hohen Stellenwert, den die Koalition der Wohnungspolitik beimißt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dieser Verantwortung müssen wir uns allerdings gemeinsam stellen, hier im Haus und auch außerhalb; denn in der Wohnungspolitik ist die Verantwortung aller Beteiligten gefordert. Der Staat kann hier nicht alles leisten, und er sollte auch gar nicht den Anspruch erheben. Soweit aber die öffentliche Verantwortung reicht, ist dies eine Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Keine Ebene dieses Staates darf sich davor drücken. Ich nenne nur das Stichwort Baulandbereitstellung, bei dem die Kommunen besonders gefordert sind.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Was den Bund angeht, so haben wir seine Leistungen heute vor uns liegen. Die bisherige Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit zeigt, daß wir auf dem richtigen Weg sind. In diesem Jahr werden bereits 350 000 bis 400 000 Wohnungen allein in Westdeutschland fertiggestellt werden. Das sind 50 000 mehr als 1991 und 100 000 mehr als 1990. Bei den Baugenehmigungen haben wir annähernd die Marke von 450 000 Wohnungen erreicht. Im Sozialwohnungsbau sind 1991 nahezu 100 000 Bewilligungen ausgesprochen worden. Die Arbeit der Regierung deutet darauf hin, daß es 1992 deutlich mehr werden.
    Für das Jahr 1993 stehen für den sozialen Wohnungsbau nach dem Regierungsentwurf 3,7 Milliarden DM zur Verfügung, davon allein 1 Milliarde DM für die neuen Bundesländer. Die ursprünglich in der Finanzplanung vorgesehene Absenkung der Mittel findet also nicht statt.
    Wenn die Bundesbauministerin über neue, effizientere Fördersätze im sozialen Wohnungsbau nachdenkt und hierüber mit den Ländern im Gespräch ist, dann zeigen die Zahlen im Haushaltsentwurf der Bundesregierung, daß diese neuen Wege nicht zum Vorwand genommen werden für einen finanziellen Rückzug des Bundes aus dem sozialen Wohnungsbau, sondern daß es darum geht, mit den vorhandenen Mitteln effektiv zu arbeiten und den wirklich Bedürftigen auch zu helfen. Wir halten also an der sozialen Komponente in der Wohnungsbauförderung fest.
    Dennoch besteht auch weiterhin ein Wohnungsmangel, der neben einem allgemeinen Auflockerungsbedarf, einem erhöhten Zuzug und einer erhöhten Nachfrage auch durch den weiter anhaltenden Zuzug von Asylbewerbern bedingt ist.
    Meine Damen und Herren, wo hohe Asylbewerberzahlen kommunale Haushalte destabilisieren, kann sozialer Wohnungsbau nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden. Ich befinde mich da übrigens persönlich in einer merkwürdigen Situation: In den Gremien und im Vorstand des Deutschen Städtetages bin ich von Kollegen aus der Sozialdemokratie umgeben, die vehement die Änderung des Grundgesetzes beantragen,

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: So ist es!)

    die vehement den Zuzug beschränkt wissen wollen, und hier erlebe ich Sozialdemokraten, die mit diesem Thema nichts zu tun haben wollen und die Lage überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen,

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Zwei Parteien in einer Partei!)

    In den neuen Bundesländern setzt sich trotz der bekannten bestehenden Probleme der Bauaufschwung fort. Allein im ersten Halbjahr 1992 ist die Summe der Auftragseingänge in der Bauwirtschaft im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 60 % gestiegen. In Sachsen, so hört man, ist die Bauwirtschaft Wachstumsmotor für ein ganzes Bundesland. Dem umfangreichen Modernisierungs- und Instandsetzungsbedarf in den jungen Ländern stehen nicht nur 1 Milliarde DM für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung, sondern auch verbilligte Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Höhe von 20 Milliarden DM in den kommenden Jahren.
    Hätten wir es, wie es der Herr Bundeskanzler gestern zu Recht dargelegt hat, mit insgesamt 15 Milliarden DM an die Regierung Modrow bewenden lassen, würden die Leute vermutlich heute in Zelten kampieren.
    Mit dem zur Verfügung stehenden Geld gehört die Bauindustrie in den neuen Bundesländern zu den am besten laufenden Industriebereichen. Ich will damit deutlich machen, daß bei diesem Einzelplan der Ruf nach mehr Mitteln und der Vorwurf, die Mittel würden nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt, zumindest fragwürdig erscheinen.
    Wir sollten, meine Damen und Herren, die Diskussion auch ehrlich führen. Wenn hier im Plenum von Frau Matthäus-Maier heute morgen z. B. die Zweidrittel-Eindrittel-Aufteilung des Straßenbauetats zwischen West und Ost kritisiert wird und in den folgenden Haushaltsberatungen von der SPD keine drastische Reduzierung des Westanteils beantragt wird, dann, so muß man sagen, stimmt dieser Vortrag nicht, dann sprechen Sie mit zwei Zungen, dann ist das Ganze unredlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Achim Großmann [SPD]: Die Verkehrsdebatte kommt noch!)

    — Nun warten Sie mal. Herr Kollege Großmann, zu Ihnen komme ich jetzt.
    Wenn wir uns über Ehrlichkeit unterhalten und wenn Sie sich hier zum Anwalt der neuen Länder machen, dann gehört zu dieser Ehrlichkeit auch, daß Sie hier bekanntgeben, daß es im Wahlkampf unter Ihrer Überschrift, „Achim Großmann", hieß:



    Dieter Pützhofen
    Die Einheit kostet Geld, unseres. Deshalb müssen wir aufpassen.

    (Achim Großmann [SPD]: Ja! — Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Das ist die subtile Art zu hetzen!)

    Meine Damen und Herren, unter Ehrlichkeit in diesem Parlament sollte man verstehen, daß auch diese Punkte aufgeführt werden, Sie an Ihre Vergangenheit erinnert werden und darüber nachgedacht wird, was Sie denn eigentlich mit diesen Äußerungen haben bezwecken wollen.
    Man sollte überhaupt sehr vorsichtig sein mit der Aussage, die Eckwerte dieses Haushaltes seien im Hinblick auf die Probleme der neuen Länder eine Deckelung. Zumindest für diesen Einzelplan kann ich sagen, daß innerhalb der Haushaltsstellen erhebliche Umschichtungen mit zum Teil bis zu 50-, 60%igen Steigerungen zugunsten der neuen Länder vorgenommen wurden.
    Die Hemmnisse für die Aktivierung der Investitionstätigkeit sind uns bekannt. Zum Januar 1993 werden die Grundmieten in den neuen Bundesländern angehoben. Die soziale Verträglichkeit dieser für die Fortentwicklung des Wohnungsbestandes unverzichtbaren Maßnahme wird durch die Fortgeltung des Wohngeldsondergesetzes mit erheblichen Leistungsverbesserungen gewährleistet. Wir lassen also die Mieter mit dieser Entwicklung nicht allein.
    Die Lösung des Altschuldenproblems der Wohnungsbaugesellschaften in den neuen Bundesländern scheint ein weiteres wichtiges Hemmnis für die Kreditfähigkeit und damit für die Aktivierung der Wohnungsbaugesellschaften zu sein. Wir wissen, daß wir in dieser Frage so schnell wie möglich eine Regelung erreichen müssen. Zunächst einmal ist es gut, daß im Bundeshaushalt für die Jahre 1994 und 1995 rund 700 Millionen DM an Überbrückungshilfen zugunsten der betroffenen Wohnungswirtschaft vorgesehen sind.
    Ich neige allerdings dazu, Frau Ministerin, diese Altschuldenproblematik nicht so zu behandeln und zu betrachten, wie wir das bei dem Kreditabwicklungsfonds getan haben, sondern sehr nüchtern Passiva und Aktiva einander gegenüberzustellen. Der kommunalen Wohnungswirtschaft — das wissen wir sehr genau — ist nämlich ein beträchtliches Grundvermögen übereignet worden.

    (Beifall des Abg. Dr. Walter Hitschler [F.D.P.1)

    In dem Punkt „Altschulden des Wohnungsbaus" wird mir zu schnell, zu laut und zu oft nach einer Regelung und Übernahme durch den Bund gerufen. Andererseits verkenne ich durchaus nicht, daß wir bei allen zukünftigen Überlegungen beachten müssen: Was heißt das für den letztendlich betroffenen Mieter? — Wir haben uns darüber unterhalten, Frau Ministerin.
    Es kann auch nicht so sein — da haben Sie recht —, daß das Ergebnis unserer Politik zu einer Quadratmetermiete in den neuen Ländern führt, die über der liegt, die auch heute noch in den Altländern zu zahlen ist, und das zugegebenermaßen bei dort erheblich besseren Ausstattungsstandards.
    In der Bundesrepublik Deutschland muß die Subjektförderung durch das Wohngeld tragende Säule der Wohnungspolitik bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    An ihr mißt sich meines Erachtens mehr als am sozialen Wohnungsbau die Solidarität mit denjenigen, die wirklich der Hilfe und Unterstützung bedürfen.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    Nicht von ungefähr macht deshalb das Wohngeld mit rund 3,85 Milliarden DM den größten Einzelposten im Einzelplan 25 aus.
    Für die Situation in den Städten ist es richtig, daß die Finanzhilfen zur Städtebauförderung gegenüber der Finanzplanung um 240 Millionen DM erhöht worden sind. Diese Mittel — das ist bekannt — stellen wir in Form von Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung. Dabei bleiben die Mittel für die Städtebauförderung in den alten Bundesländern mit 380 Millionen DM gegenüber 1992 unverändert. Dem verständlichen Wunsch dieser Städte und Gemeinden auf Erhöhung der Mittel können wir nicht nachkommen. Für die neuen Länder steigt damit der Mittelansatz im Bereich der Städtebauförderung von 380 Millionen DM im Jahre 1992 auf 620 Millionen DM an. Auch das gilt natürlich als Verpflichtungsrahmen bis 1996.
    Trotz dieser gewaltigen Verlagerung innerhalb der Haushaltsstelle bin ich der Meinung, daß wir nach 40 Jahren Städtebau in der alten Bundesrepublik darüber nachdenken müssen, ob die erreichten Standards einerseits und die Fragen und Probleme in den neuen Ländern andererseits nicht zu einer noch deutlicheren Verlagerung von Haushaltsmitteln in Richtung der neuen Länder führen müssen. Das wird die Aufgabe dieser Haushaltsberatung sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In diesen Beratungen werden wir uns vor Augen halten müssen, daß wir im Städtebau, insbesondere im Wohnungsbau, große Herausforderungen zu bewältigen haben und uns in einem für unsere Bürger zentralen Bereich bewegen. Damit stehen die Mitarbeiter des Bundesbauministeriums, Frau Ministerin, auch in den kommenden Jahren vor erheblichen Belastungen, bei denen sie die Unterstützung des Parlamentes verdienen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)