Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich hätte mir sehr gewünscht, daß die Beratung der Haushalte Verkehr und Umwelt zusammengepackt worden wäre, weil ich glaube, daß dann die Chance bestanden hätte, die unmittelbare Verflechtung beider Haushalte und ihre Abhängigkeiten deutlicher zu machen. Ich glaube ohnehin, daß das Problem dieser Haushaltsberatung vor allem darin besteht, daß es hier ein stures Töpfchendenken gibt. Das heißt, es wird nur von einem Topf in den anderen gedacht, aber nicht darüber nachgedacht, wie man möglicherweise sinnvoll bestimmte Mittel umverteilen kann, z. B. aus dem Verkehrshaushalt in den Umwelthaushalt.
Meine Damen und Herren, angesichts der immer offenkundiger werdenden Leitlinie der Bundesregierung „Umweltpolitik wird nur dann realisiert, wenn es der Industrie nützt!" wundert es uns nicht, daß der Haushaltsansatz 1993 des Ministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — wobei das Schwergewicht, wie es scheint, auf dem letztgenannten Ressort liegt — um 3,5 % niedriger ist als 1992. 47,4 Millionen DM sollen in diesem vor allem für die Zukunft der Erde, unserer Kinder und Enkelkinder so wichtigen Bereich gesellschaftlicher Entwicklung im kommenden Jahr eingespart werden.
Die vollmundigen Ankündigungen einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis zum Jahre 2005 werden von Umweltexperten und -expertinnen immer mehr in Zweifel gezogen, auf der ersten Verkehrsanhörung der Enquete-Kommission zum Schutz der Erdatmosphäre ebenso wie in einer im Auftrag des Bundesumweltamtes in Heidelberg erstellten Studie. Die Ergebnisse der letzteren haben Sie, Herr Kollege Töpfer, sicher nicht ohne Grund zuerst den CDU-Fachausschüssen vorgestellt, belegt sie doch ohne Wenn und Aber, daß bei Fortsetzung der bisherigen Politik — und daran läßt der Haushalt 1993 keinen Zweifel — der CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich bis zum Jahre 2005 nicht um 25 % gesenkt, sondern um bis zu 50 % ansteigen wird. Auch der Dachverband Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke ließ in der vorigen Woche ausrichten, mehr als 12 % CO2-Reduzierung sei bis zum Jahre 2005 nicht möglich. Prompt kam ein Bleichlautendes Echo aus dem Umweltministerium.
Angesichts dieser Groteske frage ich mich, wer denn nun eigentlich die Regierung in diesem Staat ist und wessen Interesse sie vertritt. Sollte etwa der Satz von Tucholsky doch stimmen, der da heißt: „Sie glaubten, sie wären an der Macht; dabei waren sie nur an der Regierung. "?
Was wir brauchen, sind keine Sonderabschreibungen oder Investitionszulagen für die großen Energiekonzerne dieses Landes, die ihr verschwenderisches, CO2-speiendes und atommüllproduzierendes Energiesystem auf den Osten Deutschlands und darüber hinaus übertragen wollen, sondern gezielte finanzielle Hilfen für den flächendeckenden Aufbau einer umweltfreundlichen, sozialverträglichen und ressourcenschonenden Energieversorgung in kommunaler Hand. Wir brauchen konkrete Förderung von Energieeffizenzsteigerung, Energieeinsparung und Nutzung von regenerativen Energiequellen mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt. Die Ausgaben für erneuerbare Energien und rationelle Energieversorgung betragen gerade einmal 268,5 Millionen DM, ein Fünftel weniger als im Haushalt 1992. Mehr als die zehnfache Summe, über 2,5 Milliarden DM, sind dagegen allein im Riesenhuber-Etat für Atomenergieforschung und -förderung veranschlagt,
über 272 Millionen DM dann noch in Herrn Töpfers Haushalt für 1993. — Ich zähle einfach einmal zusammen.
Hinzu kommen die Projektkosten für die geplanten Endlager Gorleben und Schacht Konrad sowie die Betriebskosten für Morsleben. Die 46,1 Millionen DM für Naturschutz, die zudem um 16,8 Millionen DM gegenüber 1992 gekürzt werden, fallen da kaum noch auf. Diese Kürzung trifft vor allem die Naturschutzgroßprojekte empfindlich, bei denen 20 % der Mittel gestrichen werden.
Ich wollte eigentlich noch einiges zu FCKW sagen. Ich nehme aber an, daß wir im Umweltausschuß noch dazu kommen werden. Ich hätte mir, Herr Minister Töpfer, vor allen Dingen einige klare Worte zum umweltfreundlichen Kühlschrank, also zum FCKW- und FKW-freien Kühlschrank aus dem dkk Scharfenstein, gewünscht, ebenso wie ich Ihnen Durchsetzungsvermögen im Interesse Ihres Etats und im Sinne einer realen ökologischen Umgestaltung der bundesdeutschen Gesellschaft wünsche. Ich befürchte allerdings, Sie werden sich gegen den Verkehrsrowdy Herrn Krause nicht durchsetzen können.
Ehrlicher wäre es dann für Sie, sich von dieser Regierung zu verabschieden.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.