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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kurt J. Rossmanith


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich natürlich für diese Weisheit außerordentlich und will versuchen, dem in den mir verbliebenen neun Minuten — schon der Weg hierher hat anscheinend eine Minute in Anspruch genommen — gerecht zu werden.
    Wir haben heute das Thema Wirtschaftsstandort, Investitions-, Produktionsstandort Bundesrepublik Deutschland, ein Thema, das nicht erst seit heute existiert, sondern uns über einen langen Zeitraum hinweg schon beschäftigt hat. Wir haben es trotz aller Kritik, trotz aller Probleme und Schwierigkeiten, die sich aufzeigen, erreicht, daß wir uns inzwischen im zehnten Jahr des Wachstums befinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bin überzeugt, das werden wir — vorausgesetzt, die Wahl 1994 wird entsprechend ausgehen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Eben! Das warten wir doch einmal ab!)




    Kurt J. Rossmanith
    aber auch davon bin ich überzeugt — auch über diesen Zeitraum hinaus

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Um Gottes willen!)

    realisieren können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie drohen, Herr Kollege!)

    Von der Opposition wurde und wird nach wie vor Schwarzmalerei betrieben. Eine Ausnahme — das muß ich wirklich sagen — hat heute der Kollege Wolfgang Roth gemacht, der auch von Optimismus gesprochen hat und geäußert hat: Wir müssen auch einmal sagen, was gut ist, und sagen, daß wir zwar einiges tun müssen, daß wir uns aber optimistisch nach vorne bewegen müssen. Dafür möchte ich ihm hier ausdrücklich danken.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie müssen sich aber bewegen, Herr Kollege!)

    Ich glaube, neu an dieser Diskussion über den Wirtschaftsstandort Deutschland ist, daß wir sie im wiedervereinigten Deutschland in einer Zeit des Umbruchs in Mittel- und Osteuropa führen und führen müssen und daß uns daraus Aufgaben erwachsen, die wir anzugehen haben und die wir auch schon angegangen sind. Es hat dabei sicherlich — das ist in der Debatte in dieser Woche häufig angesprochen worden — auch Fehler und Fehleinschätzungen gegeben. Das können wir aber bewältigen, und wir können diese Herausforderungen auch annehmen.
    Es muß aber in aller Deutlichkeit immer wieder gesagt werden: Die Aufgaben werden wir nur dann bewältigen können, wenn Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wirklich an einem Strang ziehen, wenn wir uns gemeinsam dieser Verantwortung bewußt sind und die Risiken, die natürlich vorhanden sind, gemeinsam angehen, analysieren

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und diese Risiken ausschalten, soweit es geht.
    Diese Risiken sind vielschichtiger Art. Nicht nur wegen der jetzt wegbrechenden Märkte in der ehemaligen Sowjetunion, der heutigen Gemeinschaft der Unabhängigen Staaten, sondern auch wegen der Umstrukturierung in den neuen Bundesländern werden wir sicherlich eine Opferbereitschaft von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern und von uns allen erwarten müssen, die länger dauert als ursprünglich angenommen.
    Andere Faktoren — das ist heute schon des öfteren angesprochen worden —, nämlich hohe Arbeitskosten, im internationalen Vergleich zu hohe Steuerbelastungen, Umweltauflagen — die natürlich richtig sind und die wir befürworten; wir wollen da auch entsprechend investieren —, sind ebenfalls mit zu berücksichtigen und beeinflussen den Wirtschaftsstandort Deutschland in wesentlichem Maße.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ein weiterer Punkt ist der wesentlich härter gewordene internationale Wettbewerb. Ich kann auch in unserem eigenen Interesse nur hoffen, daß das deutsche Erfolgskonzept der Sozialen Marktwirtschaft bei unseren Nachbarn in Mittel- und Osteuropa nicht nur kopiert, sondern auch entsprechend erfolgreich umgesetzt wird.
    Natürlich kommt es in dieser Situation darauf an, daß wir auch über stabile und berechenbare Rahmenbedingungen für private Investitionen optimale Entfaltungsmöglichkeiten am Standort Deutschland zu bieten haben. Wir müssen strukturellen Fehlentwicklungen entgegenwirken, indem wir marktwidrige Wettbewerbsverzerrungen und strukturkonservierende Subventionen abbauen. Wir müssen — auch hier weiß ich mich mit Kollegen Wolfgang Roth einig — auch den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen Mut und Zuversicht in die künftige Entwicklung geben.
    Ich möchte Wolfgang Roth in seiner Rede heute morgen noch einmal zitieren und ihm ausdrücklich dafür danken, daß er sich auch dazu bekannt und sich hier von vielen Beiträgen der Opposition deutlich abgehoben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Michael Glos [CDU/CSU]: Du willst ihn wohl kaputtmachen?)

    Natürlich ist in der Situation ein glaubwürdiges Gesamtkonzept erforderlich, das alle wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen in die Pflicht nimmt. Ein solches Konzept, meine Damen und Herren, darf natürlich nicht nur die Wirtschafts- und Finanzpolitik, sondern muß auch die Sozialpolitik und die Umweltpolitik mit umfassen.
    Im Rahmen dieses Konzepts — und auch darüber sind wir uns, so hoffe ich, alle einig — muß besonderes Gewicht auch darauf gelegt werden, daß eine Entindustrialisierung in den neuen Bundesländern verhindert wird. Hier spielt eine flexible Tarifpolitik eine ganz wesentliche Rolle. Wir alle wissen, daß die Produktivität im vergangenen Jahr in den neuen Bundesländern bei weniger oder um die 30 % herum lag im Vergleich zum westdeutschen Niveau, die Tariflöhne dagegen bei 65 % liegen und daß sich diese Situation kaum oder nicht verbessert hat.
    Ich habe natürlich durchaus Verständnis für den Wunsch nach einer schnellen Lohnangleichung. Aber die Kluft zwischen Lohn und Produktivität beeinträchtigt natürlich ganz massiv die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und verschärft dadurch die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern.
    Wir haben deshalb mit der historisch einmaligen Aufgabe der Wiedervereinigung auch in der Finanz- und Haushaltspolitik unsere Aufgaben zu bewältigen und diese Herausforderung anzunehmen. Die Erblast des real existierenden Sozialismus in der früheren DDR — das kann man nicht oft genug betonen — muß abgetragen werden und eine zügige Angleichung der Lebensverhältnisse im Osten und im Westen erzielt werden. Nur, dies wird länger dauern, und es wird natürlich auch teurer werden, als wir alle ursprünglich angenommen hatten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Deshalb muß es oberstes Ziel sein — und ich sage das gerade in dieser Haushaltsdebatte —, daß die kurzfristig notwendigen und berechtigten höheren Staatsdefizite wieder auf ein gesamtwirtschaftlich



    Kurt J. Rossmanith
    vertretbares Maß zurückgeführt werden. Ich bin der Meinung, daß mit dem Entwurf des Bundeshaushalts 1993 und dem Finanzplan des Bundes bis 1996 die Bundesregierung ein deutliches Zeichen gesetzt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Kreditaufnahme des Bundes, die im vergangenen Jahr etwa bei 50 Milliarden DM lag, soll schrittweise bis 1996 auf rund 22 Milliarden DM zurückgeführt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es allerdings erforderlich, daß ein konsequentes Abwehren von Versuchen, dem Bundeshaushalt neue Lasten aufzubürden, von uns allen — von uns allen! — unternommen wird und wir uns alle in dieser Verpflichtung stellen. Das bis zum Ende dieser Legislaturperiode verlängerte Ausgabenmoratorium muß deshalb strikt eingehalten werden. Ich bekenne mich in diesem Zusammenhang auch zum Subventionsabbau. Auch unpopuläre Kürzungen dürfen nicht zur Tabuzone erklärt werden.
    Eines müssen wir bei dieser Gesamtbetrachtung aber berücksichtigen, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit für unsere Wirtschaft oder für Teile unserer Wirtschaft natürlich auch erhalten bzw. auch in Zukunft gegeben sein muß. Ich darf als Beispiel die Werftindustrie erwähnen, die schwer zu kämpfen hat und bei der die Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel geradezu eklatant sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist von uns deshalb Haushaltsdisziplin gefordert, Haushaltsdisziplin nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder und der Gebietskörperschaften, sprich der Kommunen, in den alten Bundesländern, aber auch eben ein entsprechendes Verständnis dafür in den neuen Bundesländern.
    Es kommt deshalb — das möchte ich zum Schluß noch einmal in einem Satz zusammenfassen — für mich darauf an, daß die Weichen für die Entwicklung des Standortes Deutschland richtig gestellt werden. Seine Stärken sind unbestritten. Sie müssen erhalten, sie müssen ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen wir aber auch den Mut haben, die erkannten Schwächen konsequent zu beseitigen. Dies erfordert Mut, dies erfordert Entschlossenheit. Wir von der CDU/ CSU nehmen diese Herauforderung an und werden das auch in den vor uns liegenden und beginnenden Haushaltsberatungen zum Ausdruck bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun hat der Bundesminister der Finanzen, Dr. Theo Waigel, das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich am Schluß dieser Runde nur ein paar Bemerkungen machen. Ich bin ein bißchen enttäuscht über die Teilnahme an dieser Diskussion. Das betrifft alle Seiten dieses Hauses.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Wenn bei einer so wichtigen Frage so wenig Interesse da ist, dann müssen wir uns, dann müssen sich alle, die nicht da sind, die Frage stellen lassen, ob wir es auch nutzen, hier etwas zum Ausdruck zu bringen, was über dieses Parlament hinausgeht. Dann stellt sich schon die Frage, wenn wir über diese Prioritäten sprechen, welchen Eindruck die Fernsehkameras, die auf uns gerichtet werden, in der Bevölkerung erwekken, und welchen Beitrag wir zur Politikverdrossenheit oder zur Überwindung der Politikverdrossenheit leisten oder nicht leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Um so mehr freue ich mich, daß ein alter Kollege des Haushaltsausschusses, ein früherer Vorsitzender, seit Stunden hier oben auf der Zuschauertribüne sitzt,

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    unser Freund Lothar Haase, und dieser Debatte interessierter und engagierter zuhört und beiwohnt als mancher, der es tun könnte.
    Ich möchte auch differenzieren. In diesen letzten zwei Tagen gab es bemerkenswerte Reden von allen Seiten und es gab Routinereden. Was der Kollege, ich glaube Schüßler war es, vorgestern zum Ausdruck gebracht hat, war eine bemerkenswerte Rede, die jeden von uns in Anspruch genommen hat und wo jeder bereit war, darüber nachzudenken und zu sagen: Jawohl, da steckt vieles drin, was wir uns alle zu Gemüte führen müssen.
    Das trifft übrigens auch auf die Rede des Kollegen Wolfgang Roth zu — Kollege Rossmanith hat das eben zum Ausdruck gebracht —, wo ich viel Nachdenkens-wertes gefunden habe und die einmal über den Tellerrand hinausging, um nachdenkliche Fragen an sich und an andere zu stellen. Das ist, glaube ich, der Weg, auf dem wir uns in den nächsten Jahren miteinander begegnen müssen und bei dem eine Chance besteht, die großen Probleme anzupacken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich hätte das Kompliment, Frau Kollegin Matthäus-Maier, natürlich auch ganz gerne an Sie gerichtet, aber das ist mir beim besten Willen nicht möglich.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf der Abgeordneten Anke Fuchs [Köln] [SPD])

    Es tut mir leid, aber vielleicht schaffen wir es auch noch einmal. Lassen Sie mir ein paar Minuten, das zu sagen. Wenn Sie mir die Doppelrolle von Parteivorsitz und Finanzminister vorwerfen: Es war Helmut Schmidt, der immer wieder betont hat, Ihnen gegenüber wie auch uns gegenüber, sein größter Fehler sei es gewesen, nicht gleichzeitig Bundeskanzler und Parteivorsitzender gewesen zu sein.

    (Zuruf der Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD])

    Ich will das nicht vertiefen. Nur, überlegen Sie es sich einmal gut, welche Diskussion Sie damit beginnen. Sollen wir in Schleswig-Holstein die Diskussion beginnen, ob jemand, der Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender ist, dann noch seinem Land genügend zur Verfügung steht? Und in welcher Rolle befindet sich die amtierende Bundestagspräsidentin, wenn



    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    man ihr dann die Frage stellt, ob sie ihrem Engagement in Bayern genügend nachkommen kann oder nicht?
    Frau Präsidentin, ich muß auch in Ihrem Interesse diese Bemerkungen der Frau Kollegin Matthäus-Maier mit allem Ernst und aller Entschiedenheit zurückweisen.

    (Heiterkeit — Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie wird ja auch Ministerpräsidentin!)

    Da Sie, Frau Präsidentin, dies in Ihrer souveränen und überparteilichen Rolle gegenüber ihrem Parteifreund nicht hinreichend tun können, mache ich das in übergreifender Solidarität für Sie.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie stärken sie damit!)

    Die Steuerpolitik spielt im Standort Deutschland eine herausragende Rolle. Ich bin dankbar für die Akzeptanz, die unser Vorschlag zu einem Standortsicherungsgesetz gefunden hat. Es gibt Akzeptanz in der Koalition, aber dieser Vorschlag hat auch viel Aufmerksamkeit und Zustimmung bei der Opposition und in den letzten Tagen auch viel Zustimmung im Bereich der Wirtschaft, des Mittelstandes gefunden. Ich glaube, das ist eine gute Basis, um bei diesem wichtigen Gesetz möglichst schnell voranzukommen und damit ein positives Signal für den Standort Deutschland in der Steuer- und Abgabenpolitik und in bezug auf die Stärkung des Wachstums zu setzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir wollen und müssen das um den Finanzplatz Deutschland ergänzen. Auch das ist im Zusammenhang mit dem europäischen Wettbewerb und der Europäischen Gemeinschaft ganz, ganz wichtig. Hier geht es um mehr Transparenz, verstärkten Anlegerschutz und eine bundeseinheitliche Marktaufsicht, die internationalen Standards entspricht. Wir sind das vor allen Dingen dem Finanzplatz Frankfurt schuldig, ohne daß ich die Regionalbörsen benachteiligen möchte. Ich sehe ihre Notwendigkeit und ihre Wichtigkeit, aber der Finanzplatz Deutschland benötigt es. Ich bitte vor allen Dingen die Länder, konstruktiv daran mitzuarbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir stehen in wichtigen und nicht einfachen Gesprächen mit unseren Partnern, und zwar im Ecofin am vergangenen Samstag und in wenigen Tagen im Bereich der G 7. Hier wird von uns Wachstum, Stabilität und ein angemessener Beitrag zur Lösung der internationalen Aufgaben erwartet. Wir werden diese Erwartungen erfüllen. Wir haben das bisher immer getan. Wir haben uns an alle Zusagen gehalten, und wir haben auch gute Argumente, um unberechtigte Kritik, die da und dort auch im Ausland an uns geübt wird, zurückzuweisen. Wir haben keinen Anlaß — ich bin auch nicht dazu bereit —, uns auf internationalen Foren auf die Anklagebank setzen zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Jeder, der uns kritisiert und bestimmte Maßnahmen fordert, soll einmal nachrechnen, wieviel zusätzliches Wachstum er auf Grund der deutschen Einheit für sich verbuchen konnte. Das gilt auch für unsere Partner in Europa und in der Welt. Immerhin sind es 0,5 % des Wachstums der letzten beiden Jahre, die wir über die deutsche Einheit auch an andere weitergeben konnten. Jeder soll einmal genau nachrechnen, wie seine Exporte nach Deutschland gefördert, nach oben gebracht wurden. Dabei ergeben sich Steigerungsraten von 14 %, 16 %, 20 % und mehr. Wenn man uns in den letzten Jahren immer wieder wegen unserer hohen Leistungs- und Handelsbilanzüberschüsse kritisiert hat, die wir jetzt abgebaut haben, was sich auch zugunsten unserer Partner auswirkt, dann darf man nicht gleichzeitig kritisieren, daß diese Überschüsse jetzt nicht mehr vorhanden sind. Beides zusammen geht nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir sind auch nicht bereit zu akzeptieren, daß die Wachstumsschwäche da und dort, die Stagnation auf die deutsche Einheit und auf die deutschen Zinsen zurückzuführen ist.
    Professor Schiller hat einmal gesagt: stability begins at home. — So muß jeder seine eigene Hausarbeit und auch seine eigene Analyse machen. Selbstverständlich sind wir zu dieser Kooperation, zu jeder Zusammenarbeit — wie bisher auch — bereit.
    Meine Damen und Herren, es ist ja bemerkenswert: Auf der einen Seite wird der Schuldenvorwurf erhoben, und auf der anderen Seite werden mehr Ausgaben gefordert.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Mit Finanzierung!)

    — Ach, darauf komme ich gleich zu sprechen. Die Finanzierung, die Sie vorlegen, ist ja eine Milchmädchenrechnung. Ich will Ihnen nur einmal etwas zum Schuldenwachstum sagen, liebe Frau Kollegin, damit Sie Ihre Beispiele noch vertiefen können.
    In dem Zeitraum von 1970 bis 1982, also in der Zeit, in der Sie Regierungsverantwortung getragen haben, stiegen die Schulden pro Kopf der westdeutschen Bevölkerung um insgesamt 380 %. In dem Zeitraum von 1982 bis 1991 waren es demgegenüber — trotz der gewaltigen Belastungen durch die Einheit — 52 %.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Aha!)

    Wenn Sie von einer Steigerung reden, dann müssen Sie sagen, daß sich die größten Steigerungen in Ihrer Regierungszeit vollzogen, ohne daß die deutsche Einheit hätte berücksichtigt werden müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Josef Vosen [SPD]: Nennen Sie mal die absolute Summe!)

    Frau Kollegin Matthäus-Maier, lassen Sie es endlich, immer wieder falsche Dinge zu wiederholen.

    (Josef Vosen [SPD]: Was ist denn das in Milliarden ausgedrückt?)

    Wenn uns die Amerikaner Rechnungen und Berechnungen vorlegen, wonach die Kosten der Auseinandersetzung am Golf über den Zusagen der internationalen Partner liegen, dann macht es keinen Sinn, hier



    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    immer wieder so zu tun, als seien Rückforderungen möglich. Sie belasten das Verhältnis unsäglich. Sie wissen es, aber Sie tun das nur, um im Fernsehen Ihre Show abzuziehen. Lassen Sie das! Es nützt Ihnen und uns nichts.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Josef Vosen [SPD]: Sie sind der größte Schuldenmacher der Nation!)

    — Sie sind der größte Schreier aller Zeiten. (Zurufe von der SPD)

    — Sie sind der größte Schreier aller Zeiten. Ich sage Ihnen: Politik macht man mit dem Kopf und nicht mit dem Kehlkopf. Das gilt auch für Sie.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Zurufe von der SPD)

    Sonst müssen Sie sich an einem Blähkonzert und nicht an einer Diskussion beteiligen.
    Ich will vorsichtig einmal ganz kurz auflisten, was die Dinge kosten, die in den letzten Tagen von Ihnen vorgeschlagen wurden. Änderung des gesetzlichen Sanierungsauftrages der Treuhand: etwa 10 Milliarden DM; höhere Investitionszulage im Finanzplanungszeitraum: 27 Milliarden DM — man kann ungefähr ausrechnen, was das pro Jahr bedeutet —; Stützung der ostdeutschen Wirtschaft und der GUS: 5 bis 10 Milliarden DM; die Unternehmenssteuerreform ist neutral; Anhebung des Grundfreibetrages: in der Größenordnung etwa 18 Milliarden DM; ein einheitliches Kindergeld ab dem ersten Kind: 13 Milliarden DM. Das ergibt eine Summe in der Größenordnung von mindestens 50 Milliarden DM pro Jahr, die Sie nicht finanzieren können, jedenfalls nicht mit den Instrumenten, die Sie genannt haben. In dieser Rechnung ist noch keine einzige Mark enthalten, um ab dem Jahre 1995 gemeinsam die Erblast des Sozialismus zu tragen. Das heißt: Ihre Finanzierung ist unsolide. Sie geben Solidität nur vor. Sie haben keine Alternative zu unserem Sparkonzept.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Um so notwendiger ist es, meine Damen und Herren, daß wir miteinander zu einer föderalen Konsolidierungsstrategie kommen, in deren Rahmen Bund, Länder und Gemeinden ihren Anteil erbringen. Ich habe sehr begrüßt, daß der Präsident des Deutschen Städtetags, Oberbürgermeister Rommel, gestern ausdrücklich gesagt hat, man sehe die Notwendigkeit ein, sich an der Drei-Prozent-Linie zu beteiligen. Ich finde das bemerkenswert. Je schneller wir diesen Kurs miteinander steuern, desto eher sind wir in der Lage, konstruktive weiterführende, zukunftssichernde Konzepte vorzulegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich will ausdrücklich das unterstützen, was der Kollege Roth zu folgendem Thema gesagt hat. Wenn wir die Investitionen im Osten jetzt nicht fördern, wenn wir jetzt nicht die erforderlichen Umschichtungen vornehmen, dann kommen uns die Transferleistungen später sehr viel teurer als Investitionen jetzt. Das müssen wir den Menschen im Westen und im Osten immer wieder sagen.
    Hier, meine Damen und Herren, ist die Verantwortung der Tarifpartner gefordert. Daran kommt niemand vorbei. Kollege Rossmanith hat die Zahlen genannt; sie decken sich genau mit den mir vorliegenden Zahlen. Das Produktivitätsniveau im Osten erreicht nur 29 % des westlichen Niveaus, während das Lohnniveau dort im Verhältnis wesentlich höher ist. Das schafft eine Produktivitätslücke, die wir durch hohe Transferleistungen ausgleichen müssen. Diese Mittel fehlen uns dann wieder für den notwendigen Aufbau oder den Erhalt von Arbeitsplätzen.

    (Josef Vosen [SPD]: Es fehlt hinten und vorne!)

    Darum wiederhole ich, was ich seit Wochen und Monaten immer wieder verlange: Wir müssen, wir sollten zu einem Verzicht auf eine Reallohnsteigerung im Westen kommen. Das Opfer wäre für alle Beteiligten wesentlich kleiner als hohe Zinsen oder eventuell höhere Steuern danach. Und es wäre volkswirtschaftlich vor allen Dingen der weitaus bessere Weg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber das Opfer kann nicht nur von den Tarifpartnern, also von den Arbeitnehmern erbracht werden. Dann muß natürlich auch eine höhere Investitionsquote der Unternehmen aus dem Westen in den Osten ganz konsequent folgen. Hierfür ist noch zu wenig getan worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Gerechtigkeitsdebatte springt zu kurz, und ich halte sie in dieser Form für verkürzt; sie führt uns nicht weiter. Tatsächlich werden die Einkommensgruppen weitgehend gleichmäßig durch die zusätzlichen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge belastet.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Stimmt doch nicht!)

    — Frau Fuchs, hören Sie zu, ich schätze Sie doch, aber Sie haben doch bisher immer zuhören können. Also jetzt habe ich Ihr ganzes Buch gelesen, das Sie mit einer Widmung versehen haben, dann können Sie mir doch wenigstens einmal zwei Minuten zuhören.

    (Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU — Zuruf der Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD])

    — So führen wir den Dialog; ich lese das ganze Buch, das bemerkenswerte Züge hat, und Sie hören mir nicht einmal eine Minute zu.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Weil ich etwas Richtiges schreibe und Sie Unsinn erzählen!)

    — Also, einen kleinen Moment, so kann es doch mit der Emanzipation auch nicht weitergehen, daß nur Sie reden

    (Heiterkeit)

    und ich überhaupt nicht mehr.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie sollen keinen Unsinn erzählen!)

    — Das nehmen Sie aber sofort zurück.

    (Heiterkeit)




    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    Auf die Hälfte der Einkommensteuerzahler mit einem Einkommen ab 50 000 DM jährlich entfällt mit rund drei Viertel der Löwenanteil der Mehrbelastungen durch die Steuer- und Abgabenerhöhung, und etwa die Hälfte der Mehrbelastungen wird von dem Viertel der Steuerzahler, das sind etwa sechs Millionen, aufgebracht, das mit einem Einkommen von über 60 000 DM von der SPD zu den Besserverdienenden gerechnet wird.
    Wir dürfen die Gerechtigkeitsdebatte auch nicht auf die Finanzierung der Einheit verkürzen. Allein im Bundeshaushalt sind 1993 rund 150 Milliarden DM an Sozialausgaben vorgesehen. Das gesamte staatliche Sozialbudget, das in erster Linie den Haushalten mit geringem Einkommen Vorteile bringt, beläuft sich auf weit über 700 Milliarden DM. Eine wesentliche Finanzierungsgrundlage dieser sozialen Vorsorge ist die progressive Lohn- und Einkommensteuer, die im nächsten Jahr mit rund 360 Milliarden DM fast 50 % des gesamten Steueraufkommens erbringen wird. Zu diesem Steueraufkommen tragen die wirklichen Spitzenverdiener mit Einkommen von über 160 000 DM, das sind rund 3 % der Steuerzahler, rund 30 % bei. Ich bitte, das doch wenigstens einmal in diese Debatte mit einzubeziehen, die meines Erachtens verkürzt geführt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: To whom it may concern!)

    Ich gebe dem Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, dem früheren Kollegen Spöri, ausgesprochen recht, wenn er sagt, es ist besser, über Ausgabenbegrenzung und Ausgabenkürzung zu reden, nicht aber zum falschen Zeitpunkt Steuererhöhungsdebatten zu führen.

    (Dr. Kurt Faltlhauser Sie nehmen uns nämlich sonst die Chance, den Einsparkurs fortzusetzen und vielleicht sogar noch zusätzlich notwendige Einsparungen durchzusetzen. Sie nehmen uns sonst jede Möglichkeit, diesen notwendigen Kurs durchzustehen. Übrigens noch ein Wort zur damaligen Einschätzung der Lage in den Jahren 1990 und 1991, nur um einmal eine sachliche Debatte zu führen: Die Wirtschaftskraft der früheren DDR wurde 1990 ganz anders eingeschätzt. Im Frühjahrsgutachten 1990 ging man noch von einem Sozialprodukt der DDR von rund 300 Milliarden DM aus. Tatsächlich waren es nach grober Schätzung höchstens 200 Milliarden DM. Über den Wert des Volksvermögens haben wir uns ja in den letzten Tagen und Wochen einigermaßen unterhalten. Auch bis in den Spätherbst hinein bekamen wir keine auch nur einigermaßen verläßliche Einschätzungen der öffentlichen Finanzen der DDR. Erst Monate nach der Währungsunion gelang es den westdeutschen Haushaltsexperten, allmählich Licht ins Dunkel zu bringen. (Zuruf von der CDU/CSU: In das politische Dunkel!)


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir hatten im Jahr 1990 immerhin wachstumsbedingt erhebliche Steuermehreinnahmen. Allein der einigungsbedingte Wachstumsschub brachte Zusatzeinnahmen von rund 10 Milliarden DM. Wir hatten am Schluß im Haushalt Minderausgaben und Mehreinnahmen von rund 17 Milliarden DM. Unter den Umständen damals Steuererhöhungen zu diskutieren hätte uns den Vorwurf eingebracht: „Ihr tut das zur Unzeit!" , obwohl zu diesem Zeitpunkt die Ausgaben niedriger waren als geschätzt. Hätten wir die Kreditermächtigungsgrenzen immer eingehalten, was wir Gott sei Dank nicht tun mußten und nicht getan haben, dann hätten wir auch die Steuererhöhungen im Jahr 1991 nicht machen müssen.

    (Abg. Anke Fuchs [SPD]: Ach du lieber Gott!)

    Trotzdem war es der bessere Weg, weil die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes zu hoch gewesen wäre und insofern ein noch stärkerer Druck auf die Zinsen entstanden wäre.
    Übrigens schrieb das DIW in Berlin, das sich ja in den letzten Tagen über unsere Finanzpolitik geäußert hat, am 2. Mai 1990: Eine Steuererhöhung zur Finanzierung der Hilfen für die DDR ist aus heutiger Sicht nicht erforderlich. Auf Grund des langjährigen Konjunkturaufschwungs ist die finanzielle Lage des Staates weit günstiger, als noch vor einem Jahr mit Blick auf die Steuerreform 1990 vermutet wurde. Im übrigen kann angenommen werden, daß das wirtschaftliche Zusammengehen mit der DDR nach einer Anfangsphase mit erheblichen finanziellen Belastungen auch der Wirtschaft in der Bundesrepublik Wachstumsimpulse geben werde, die sich in höhere Steuereinnahmen niederschlagen würden. Je rascher außerdem der Wachstumsprozeß in der DDR in Gang gebracht wird, umso rascher wird auch das Defizit im Staatshaushalt der DDR sinken und damit geringere Finanzierungshilfen aus Bonn erfordern. — Das sagte damals das Institut, das sich gestern in einer, wie ich meine, unerträglichen Art und Weise mit unserer Finanzpolitik beschäftigt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, wir haben damals gehandelt. Wir haben Einsparungen und Umschichtungen durchgesetzt: 5,5 Milliarden DM im Nachtragshaushalt 1990, 45 Milliarden DM im Rahmen des Haushalts 1991 und 10 Milliarden DM bei der Haushaltsaufstellung 1992. Das waren die ganz konkreten Einsparungen und Umschichtungen.
    Meine Damen und Herren, eines möchte ich auch noch zu der Diskussion, die heute im Bundesrat stattfindet, sagen. Eine Einigung von West- und Ostländern nur zu Lasten des Bundes löst die Probleme nicht. Das will ich mit aller Ruhe und Gelassenheit feststellen. Hier den kleinsten Nenner darin zu sehen, daß der Bund sozusagen für alles verantwortlich sein kann, das geht nicht. Wir müssen vielmehr im Rahmen des Finanzausgleichs in etwa zu gleichen Kreditfinanzierungsquoten kommen zwischen dem Bund und Westländern und auch den Ostländern, wobei man



    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    natürlich bei den Ostländern noch besondere Maßstäbe anlegen muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Zuruf von der CDU/CSU: Das verlangt die Solidarität!)

    Meine Damen und Herren, in einer historischen Phase des Umbruches und der Unsicherheit werden wir an unserem wirtschafts- und finanzpolitischen Grundsatzkurs festhalten, um so Vertrauen zu schaffen und verläßliche Rahmenbedingungen herzustellen. Gleichzeitig gilt es, pragmatisch vorzugehen, wirtschafts- und finanzpolitische Optionen offenzuhalten und damit Verhandlungsspielräume für die Bewältigung heute nicht absehbarer Herausforderungen zu eröffnen. Nur mit dieser pragmatischen Haltung kann und wird es uns gelingen, auf klaren Grundsatzpositionen aufbauend, das Jahrhundertwerk der deutschen Einheit, der Wiedervereinigung Deutschlands, mit der erforderlichen Flexibilität abzuschließen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)