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    Plenarprotokoll 12/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Wolfgang Thierse SPD 8847 B Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/CSU 8849 D Wolfgang Thierse SPD 8850 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 8850C, 8854 C Wolfgang Roth SPD 8852 B Uwe Lühr F D P. 8856B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . 8859 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8861 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 8861C Dr. Günther Krause (Börgerende) CDU/ CSU 8862 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 8864A, 8888B Wolfgang Roth SPD , . . 8868 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. 8870B Michael Glos CDU/CSU 8872A Dr. Klaus Zeh, Minister des Landes Thüringen 8875 A Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . 8876 A Ursula Schmidt (Aachen) SPD 8877 A Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/ CSU 8877 D Johannes Nitsch CDU/CSU . . . . . . 8879 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8879 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 8881 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8883B, 8887 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8887 A Anke Fuchs (Köln) SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8888 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 8888B Marion Caspers-Merk SPD 8892 A Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . 8893D Klaus Lennartz SPD 8895C, 8898 B Dr. Klaus W. Lippolt (Offenbach) CDU/ CSU 8897 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 8898C, 8935 A Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 8899 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8901 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 8903A, 8932 C Ulrich Junghanns CDU/CSU , . . . . . 8903 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 8905D Georg Gallus F D P 8907 A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 Jan Oostergetelo SPD . . 8907B, 8909 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 8907 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 8908 D Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . 8909C Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT . . . . . . . . . . . . . . . 8910 A Siegmar Mosdorf SPD 8911B Josef Vosen SPD 8912 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 8914A Josef Vosen SPD 8916A, 8928 A,B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. 8916C Achim Großmann SPD 8917D, 8925 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 8920 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . 8922 D Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 8924 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8925 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 8925 D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . . 8928 D Wilfried Bohlsen CDU/CSU 8930 C Ernst Waltemathe SPD . . . . 8931C, 8932 D Werner Zywietz F.D.P. 8934 A Manfred Kolbe CDU/CSU 8935 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD . . 8935 D Elke Ferner SPD 8937 C Manfred Kolbe CDU/CSU 8939 B Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT . . . . . . . . . . . . . 8940 D Peter Paterna SPD 8942 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 8943 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . 8946A Ursula Männle CDU/CSU 8949 B Dr. Edith Niehuis SPD . . . . . . . . 8951 B Maria Michalk CDU/CSU 8953 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 8954 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 8955 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8957 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . 8959B Marianne Birthler, Ministerin des Landes Brandenburg 8962 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 8964 C Ottmar Schreiner SPD 8967 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 8969 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 8972 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . 8974 D Anke Fuchs (Köln) SPD 8975 A Renate Jäger SPD 8976 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 8977 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 8979 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 8980 B Doris Odendahl SPD 8981 B Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. . 8983 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (Erklärung nach § 32 GO) . . . . . . . . . 8984 A Nächste Sitzung 8984 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8985* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1992 8847 104. Sitzung Bonn, den 10. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 10. 09. 92**** Antretter, Robert SPD 10. 09. 92* Berger, Johann Anton SPD 10. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 10. 09. 92*** Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 10. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 10. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 10. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 09. 92**** Friedrich, Horst F.D.P. 10. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 10. 09. 92**** Gattermann, Hans H. F.D.P. 10. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 10. 09. 92 Haschke CDU/CSU 10. 09. 92 (Großhennersdorf), Gottfried Hinsken, Ernst CDU/CSU 10. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 10. 09. 92**** Jaunich, Horst SPD 10. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 10. 09. 92 Elke Lummer, Heinrich CDU/CSU 10. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 10. 09. 92**** Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oesinghaus, Günther SPD 10. 09. 92 Opel, Manfred SPD 10. 09. 92*** Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 10. 09. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 10. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 09. 92** Reddemann, Gerhard CDU/CSU 10. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 10. 09. 92 Rempe, Walter SPD 10. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 10. 09. 92*** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 10. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 10. 09. 92*** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 10. 09. 92 Sehn, Marita F.D.P. 10. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 10. 09. 92**** Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 10. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 10. 09. 92**** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 10. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Johannes Nitsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    In unserem Gespräch ging es im ersten Teil in großem Umfang um Beispiele, wie sich einige Käufer am Eigentum bereichert haben. Aber im zweiten Teil haben wir auch über diese Sanierungsprobleme gesprochen, wobei aber auch unrealistische Vorstellungen vorgetragen wurden.
    Die bisherigen Finanztransfers haben in allen Städten und Dörfern sichtbare Wirkungen hinterlassen. Der Verfall der Städte ist gestoppt, das Straßennetz ist schon längst keine Aneinanderreihung von Schlaglö-



    Johannes Nitsch
    chern mehr. Wer mit der Eisenbahn fährt, schätzt Pünktlichkeit und Sauberkeit der Züge. Man merkt auch mehr und mehr, daß 1 000 km Streckennetz erneuert worden sind.
    Daher möchte ich auch im Namen aller meiner Kollegen aus den neuen Bundesländern denen Dank sagen, die uns vor Ort helfen und dabei manche Unbequemlichkeit auf sich nehmen. Aber auch Dank den Steuerzahlern! Ich kann Ihnen versichern, daß wir das Geld nicht verplempern. Wir wollen so schnell wie möglich unseren Beitrag zum Bruttosozialprodukt von bisher 7 % auf 20 % steigern, die unserem Anteil an der Bevölkerung entsprechen. Erst dann werden wir finanziell auf eigenen Beinen stehen. Bis dahin werden allerdings noch Jahre vergehen, in denen wir in den neuen Ländern uns mehr einfallen lassen müssen, wie wir besonders effektiv mit den Transfers umgehen.
    Dazu gibt es manche Möglichkeit. Das war insbesondere das Anliegen unseres Erfurter Papiers, das wir überschrieben haben: Wohlstand entwickeln im Osten, Wohlstand sichern im Westen, also Wohlstand für alle. Eine der Initiativen aus diesem Papier, vielfach angemahnt auch aus anderen Fraktionen, ist die Vereinfachung und Beschleunigung der Planungs-, Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren. Wir hoffen, daß nun in kurzer Zeit entsprechende Initiativen den Bundestag passieren werden. Ähnliche Schwierigkeiten wie bei den Verkehrsbeschleunigungsvorhaben sollte es diesmal nicht geben.
    Bauanträge mit einem Volumen von mehreren Milliarden DM stapeln sich noch in den Behörden. Daher sind gleichzeitig personelle Verstärkungen in den Grundbuch- und Vermögensämtern zu organisieren. Dringend werden ausgebildete Rechtspfleger für die Grundbuchämter benötigt. Die Abordnungen aus den alten Ländern haben sehr geholfen, müssen aber fortgesetzt werden — darum bitten wir die Länder —, vielleicht auch länger als für, wie bisher meist üblich, drei oder sechs Monate.
    Für uns im Bundestag gilt, daß wir das Entschädigungsgesetz schnellstens verabschieden sollten, damit das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz wirklich greift.
    Mit großer Sorge und Beunruhigung sehen wir die Entindustrialisierung im Osten Deutschlands. Die Produktionskapazitäten in den alten Ländern können fast jeden Bedarf befriedigen. Kaum ein Betrieb im Osten kann sich auf westlichen Märkten mit den bisherigen Produkten durchsetzen. Unser hauptsächlicher Markt war im Osten, und der ist fast zusammengebrochen, so daß für unseren Maschinenbau, Waggonbau, Schiffsbau wie überhaupt für fast alle Produkte trotz günstiger Hermes-Bürgschaften kaum mehr ein Markt existiert. Eine leichte Verbesserung hat sich in den letzten drei Wochen entwickelt. Wir haben es gehört. Aber der Markt ist das nicht mehr.
    Wir brauchen deshalb eine aktive Strukturpolitik für eine begrenzte Zeit, die verhindert, daß bei uns eine industrielle Wüste entsteht, auf der über Jahrzehnte nichts mehr grünt.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das sagen Sie mal Graf Lambsdorff!)

    — Ich sage es ja!

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Der tut es aber trotzdem nicht])

    — Er hört es doch.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Es nützt nur nichts, wenn es nicht umgesetzt wird!)

    Wir haben das in unser Papier hineingeschrieben, und das Papier wird umgesetzt.
    Für die Überbrückung dieser äußerst schwierigen Situation — das geht jetzt alle an — ist es von höchster Wichtigkeit, daß bei den Aufträgen der öffentlichen Hände die ostdeutschen Bewerber durch Verlängerung und Verbesserung der bestehenden Präferenzregelungen angemessen beteiligt werden. Insbesondere sind auch die Lose so zu schneiden, daß sie den Bedingungen der ostdeutschen Unternehmen gerecht werden. Ich glaube, hier gibt es vor allen Dingen im Bereich der Telekom-Aufträge und auch des Autobahnbaus noch viele Möglichkeiten für Arbeit unserer eigenen Unternehmen.
    Die Sanierung industrieller Kerne für die Produktion marktfähiger Produkte setzt auch die Erhaltung des noch vorhandenen Bestandes an industrienaher Forschung voraus. Ohne eigene Produktionsinnovationen können keine wettbewerbsfähigen Produkte hergestellt werden. Ein weiterer Abbau darf nicht erfolgen. Zunächst muß jedoch eine schnelle Privatisierung zu bevorzugten Bedingungen die Herauslösung der industrienahen Forschungseinrichtungen aus der Treuhandanstalt ermöglichen.
    Einen zentralen Platz für den wirtschaftlichen Aufschwung nimmt die Bauwirtschaft ein. Bisher hat sie die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt und auch nicht erfüllen können. Ich bin auf die Ursachen eingegangen. Wie die Nachkriegsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland beweist, werden die Wohnungsinstandsetzungen und der Neubau von Wohnungen ein weites Feld für wirtschaftliche Entwicklung erschließen. Allein der Bestand von sieben Millionen Wohnungen muß instandgesetzt und modernisiert werden. Bei einem durchschnittlichen Aufwand von 50 000 DM ergäbe sich daraus ein Volumen von 350 Milliarden DM, Arbeit für viele Jahre! Gleichzeitig kann sich hierfür schneller als irgendwo anders ein Mittelstand für die Ausbau- und Ausrüstungswerke entwickeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Energieanlagen, Heizungs-, Wasser- und Abwasserleitungen, Fenster, Türen, Dächer, Fassaden, alles ist zu erneuern. Die Wärmedämmung ist vorzunehmen. Voraussetzung dafür sind günstige Kredite wie beim KfW-Programm und Zuschüsse für die Modernisierung der Wohnungen sowie Anreize für die Privatisierung und eine angemessene Altschuldenregelung, z. B. eine Entschuldung im Umfang der eingesetzten Modernisierungsaufwendungen. Der sich dabei entwickelnde Mittelstand benötigt ein speziell auf die ostdeutschen Unternehmen zugeschnittenes Programm. Die Abgeordneten meiner Fraktion haben in Erfurt vorgeschlagen, statt der Sonderabschreibung eine 25 %ige Investitionszulage wahlweise zu gewäh-



    Johannes Nitsch
    ren, um der Ertragslage dieser Unternehmen zu entsprechen.
    Weitere Reserven für Arbeitsplätze liegen in der Energie- und Abwasserwirtschaft. Der Antrag von ca. 160 Kommunen beim Bundesverfassungsgericht gegen den Stromvertrag, der seit Juni 1991 in Karlsruhe anhängig ist, blockiert Investitionen von 50 bis 60 Milliarden DM,

    (Dr. Klaus-Dieter Feige [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der Vertrag selbst blockiert sie!)

    die im wesentlichen aus privaten Händen kommen würden: für den Neubau, die Nachrüstung, die Modernisierung von Kraftwerken, Umspannwerken, Verbundleitungen und Ortsnetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Klaus-Dieter Feige [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was ist mit der Dezentralisierung? Die wird doch gerade dadurch verhindert!)

    —Ich will das gerne wiederholen: Das ist Geld, das die öffentlichen Hände nicht belasten würde.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr richtig! Nur Ideologie steckt dahinter! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    Auch die Sanierung des ostdeutschen Braunkohlebergbaus ist eine wichtige Voraussetzung für den Aufschwung Ost. Hier muß bald ein Lösungskonzept erarbeitet werden. Insbesondere ist über die Frage der Altlastenfinanzierung zu entscheiden. Es gilt da ähnliches wie für den Bereich, den ich vorher angesprochen habe.
    Ich habe hier zuallererst Bereiche aufgezeigt, in denen wir Arbeitsplätze schaffen können, ohne auf Außenmärkte angewiesen zu sein. Es darf jedoch nicht vernachlässigt werden, günstige Bedingungen für Investoren im industriellen Bereich herzustellen, um sehr bald auch am Export auf westliche Märkte teilnehmen zu können.
    Öffentliche und private Investitionen müssen heute und morgen den Grundstein dafür legen, daß sich der Wohlstand im Osten entwickelt. Ebenso müssen die Bedingungen dafür geschaffen werden, daß er im Westen erhalten bleibt. Es darf zu keiner Zweiteilung von prosperierenden Regionen einerseits und wirtschaftsschwachen Gebieten mit Dauerarbeitslosigkeit, Strukturschwächen und Abwanderungen andererseits kommen.
    An die Ausschüsse habe ich deshalb die Bitte, zu prüfen, wie Umschichtungen in den Haushalten, besonders in den Bereichen, die ich angesprochen habe, also Wohnungsbau, Dorf- und Stadtsanierung, zugunsten der neuen Länder möglich sind.
    Obwohl ich heute zum Wirtschaftsstandort Deutschland spreche, liegt mir an der Erhaltung unserer Kulturlandschaft ungeheuer viel. Es darf dort auf keinen Fall das passieren, was im Industriebereich vor sich geht, weil Kultur nicht abbrechen kann; Kultur besteht fort. Wir haben im Art. 35 des Einigungsvertrages alle gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen. Es ist gestern zur Überbrückungsfinanzierung und Substanzerhaltung eigentlich von kompetentester Seite genügend gesagt worden, so daß ich hier dazu nichts mehr ausführen möchte. Ich bin aber seit gestern sehr optimistisch und der Meinung: Der Durchbruch ist erreicht.
    Neben allen finanziellen Beziehungen, die wir zwischen Ost und West brauchen und die leider noch lange sehr einseitig sein werden, wollen wir den Dialog in allen Bereichen unseres Lebens mehr pflegen. Gemeinsames Denken und Handeln fördern, das ist eine ganz entscheidende Voraussetzung für die Überbrückung der Verständigungsschwierigkeiten in unserem Land. Das ist keine Floskel; ich merke das mehr und mehr. Ich lade deshalb alle Abgeordneten aus den alten Ländern ein, zu uns zu kommen, mit uns in die Betriebe zu gehen und mit unseren Menschen zu sprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Viele Menschen in Ost und West sind verunsichert. Sie spüren, daß sie Zeitzeugen eines gewaltigen politischen Umbruchs sind. Global ist das System des Sozialismus zusammengebrochen. Noch ist nicht erkennbar, wie die Entwicklung im Osten Europas weitergehen wird. Entscheidend ist deshalb, daß im Raum der EG die vorgesehenen politischen Schritte vorankommen. Wir und alle Menschen in Europa brauchen eine Gemeinschaft, die wirtschaftlich stark und politisch stabil ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!) Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Weisheit unserer Geschäftsführung hat jetzt vorgesehen, daß der Kollege Kurt Rossmanith das Wort bekommt, dem ich es hiermit erteile.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt J. Rossmanith


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich natürlich für diese Weisheit außerordentlich und will versuchen, dem in den mir verbliebenen neun Minuten — schon der Weg hierher hat anscheinend eine Minute in Anspruch genommen — gerecht zu werden.
    Wir haben heute das Thema Wirtschaftsstandort, Investitions-, Produktionsstandort Bundesrepublik Deutschland, ein Thema, das nicht erst seit heute existiert, sondern uns über einen langen Zeitraum hinweg schon beschäftigt hat. Wir haben es trotz aller Kritik, trotz aller Probleme und Schwierigkeiten, die sich aufzeigen, erreicht, daß wir uns inzwischen im zehnten Jahr des Wachstums befinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bin überzeugt, das werden wir — vorausgesetzt, die Wahl 1994 wird entsprechend ausgehen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Eben! Das warten wir doch einmal ab!)




    Kurt J. Rossmanith
    aber auch davon bin ich überzeugt — auch über diesen Zeitraum hinaus

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Um Gottes willen!)

    realisieren können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie drohen, Herr Kollege!)

    Von der Opposition wurde und wird nach wie vor Schwarzmalerei betrieben. Eine Ausnahme — das muß ich wirklich sagen — hat heute der Kollege Wolfgang Roth gemacht, der auch von Optimismus gesprochen hat und geäußert hat: Wir müssen auch einmal sagen, was gut ist, und sagen, daß wir zwar einiges tun müssen, daß wir uns aber optimistisch nach vorne bewegen müssen. Dafür möchte ich ihm hier ausdrücklich danken.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie müssen sich aber bewegen, Herr Kollege!)

    Ich glaube, neu an dieser Diskussion über den Wirtschaftsstandort Deutschland ist, daß wir sie im wiedervereinigten Deutschland in einer Zeit des Umbruchs in Mittel- und Osteuropa führen und führen müssen und daß uns daraus Aufgaben erwachsen, die wir anzugehen haben und die wir auch schon angegangen sind. Es hat dabei sicherlich — das ist in der Debatte in dieser Woche häufig angesprochen worden — auch Fehler und Fehleinschätzungen gegeben. Das können wir aber bewältigen, und wir können diese Herausforderungen auch annehmen.
    Es muß aber in aller Deutlichkeit immer wieder gesagt werden: Die Aufgaben werden wir nur dann bewältigen können, wenn Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wirklich an einem Strang ziehen, wenn wir uns gemeinsam dieser Verantwortung bewußt sind und die Risiken, die natürlich vorhanden sind, gemeinsam angehen, analysieren

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und diese Risiken ausschalten, soweit es geht.
    Diese Risiken sind vielschichtiger Art. Nicht nur wegen der jetzt wegbrechenden Märkte in der ehemaligen Sowjetunion, der heutigen Gemeinschaft der Unabhängigen Staaten, sondern auch wegen der Umstrukturierung in den neuen Bundesländern werden wir sicherlich eine Opferbereitschaft von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern und von uns allen erwarten müssen, die länger dauert als ursprünglich angenommen.
    Andere Faktoren — das ist heute schon des öfteren angesprochen worden —, nämlich hohe Arbeitskosten, im internationalen Vergleich zu hohe Steuerbelastungen, Umweltauflagen — die natürlich richtig sind und die wir befürworten; wir wollen da auch entsprechend investieren —, sind ebenfalls mit zu berücksichtigen und beeinflussen den Wirtschaftsstandort Deutschland in wesentlichem Maße.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ein weiterer Punkt ist der wesentlich härter gewordene internationale Wettbewerb. Ich kann auch in unserem eigenen Interesse nur hoffen, daß das deutsche Erfolgskonzept der Sozialen Marktwirtschaft bei unseren Nachbarn in Mittel- und Osteuropa nicht nur kopiert, sondern auch entsprechend erfolgreich umgesetzt wird.
    Natürlich kommt es in dieser Situation darauf an, daß wir auch über stabile und berechenbare Rahmenbedingungen für private Investitionen optimale Entfaltungsmöglichkeiten am Standort Deutschland zu bieten haben. Wir müssen strukturellen Fehlentwicklungen entgegenwirken, indem wir marktwidrige Wettbewerbsverzerrungen und strukturkonservierende Subventionen abbauen. Wir müssen — auch hier weiß ich mich mit Kollegen Wolfgang Roth einig — auch den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen Mut und Zuversicht in die künftige Entwicklung geben.
    Ich möchte Wolfgang Roth in seiner Rede heute morgen noch einmal zitieren und ihm ausdrücklich dafür danken, daß er sich auch dazu bekannt und sich hier von vielen Beiträgen der Opposition deutlich abgehoben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Michael Glos [CDU/CSU]: Du willst ihn wohl kaputtmachen?)

    Natürlich ist in der Situation ein glaubwürdiges Gesamtkonzept erforderlich, das alle wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen in die Pflicht nimmt. Ein solches Konzept, meine Damen und Herren, darf natürlich nicht nur die Wirtschafts- und Finanzpolitik, sondern muß auch die Sozialpolitik und die Umweltpolitik mit umfassen.
    Im Rahmen dieses Konzepts — und auch darüber sind wir uns, so hoffe ich, alle einig — muß besonderes Gewicht auch darauf gelegt werden, daß eine Entindustrialisierung in den neuen Bundesländern verhindert wird. Hier spielt eine flexible Tarifpolitik eine ganz wesentliche Rolle. Wir alle wissen, daß die Produktivität im vergangenen Jahr in den neuen Bundesländern bei weniger oder um die 30 % herum lag im Vergleich zum westdeutschen Niveau, die Tariflöhne dagegen bei 65 % liegen und daß sich diese Situation kaum oder nicht verbessert hat.
    Ich habe natürlich durchaus Verständnis für den Wunsch nach einer schnellen Lohnangleichung. Aber die Kluft zwischen Lohn und Produktivität beeinträchtigt natürlich ganz massiv die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und verschärft dadurch die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern.
    Wir haben deshalb mit der historisch einmaligen Aufgabe der Wiedervereinigung auch in der Finanz- und Haushaltspolitik unsere Aufgaben zu bewältigen und diese Herausforderung anzunehmen. Die Erblast des real existierenden Sozialismus in der früheren DDR — das kann man nicht oft genug betonen — muß abgetragen werden und eine zügige Angleichung der Lebensverhältnisse im Osten und im Westen erzielt werden. Nur, dies wird länger dauern, und es wird natürlich auch teurer werden, als wir alle ursprünglich angenommen hatten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Deshalb muß es oberstes Ziel sein — und ich sage das gerade in dieser Haushaltsdebatte —, daß die kurzfristig notwendigen und berechtigten höheren Staatsdefizite wieder auf ein gesamtwirtschaftlich



    Kurt J. Rossmanith
    vertretbares Maß zurückgeführt werden. Ich bin der Meinung, daß mit dem Entwurf des Bundeshaushalts 1993 und dem Finanzplan des Bundes bis 1996 die Bundesregierung ein deutliches Zeichen gesetzt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Kreditaufnahme des Bundes, die im vergangenen Jahr etwa bei 50 Milliarden DM lag, soll schrittweise bis 1996 auf rund 22 Milliarden DM zurückgeführt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es allerdings erforderlich, daß ein konsequentes Abwehren von Versuchen, dem Bundeshaushalt neue Lasten aufzubürden, von uns allen — von uns allen! — unternommen wird und wir uns alle in dieser Verpflichtung stellen. Das bis zum Ende dieser Legislaturperiode verlängerte Ausgabenmoratorium muß deshalb strikt eingehalten werden. Ich bekenne mich in diesem Zusammenhang auch zum Subventionsabbau. Auch unpopuläre Kürzungen dürfen nicht zur Tabuzone erklärt werden.
    Eines müssen wir bei dieser Gesamtbetrachtung aber berücksichtigen, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit für unsere Wirtschaft oder für Teile unserer Wirtschaft natürlich auch erhalten bzw. auch in Zukunft gegeben sein muß. Ich darf als Beispiel die Werftindustrie erwähnen, die schwer zu kämpfen hat und bei der die Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel geradezu eklatant sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist von uns deshalb Haushaltsdisziplin gefordert, Haushaltsdisziplin nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder und der Gebietskörperschaften, sprich der Kommunen, in den alten Bundesländern, aber auch eben ein entsprechendes Verständnis dafür in den neuen Bundesländern.
    Es kommt deshalb — das möchte ich zum Schluß noch einmal in einem Satz zusammenfassen — für mich darauf an, daß die Weichen für die Entwicklung des Standortes Deutschland richtig gestellt werden. Seine Stärken sind unbestritten. Sie müssen erhalten, sie müssen ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen wir aber auch den Mut haben, die erkannten Schwächen konsequent zu beseitigen. Dies erfordert Mut, dies erfordert Entschlossenheit. Wir von der CDU/ CSU nehmen diese Herauforderung an und werden das auch in den vor uns liegenden und beginnenden Haushaltsberatungen zum Ausdruck bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)