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    Plenarprotokoll 12/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des ungarischen Parlaments 8785 D Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltspians fur das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Hans-Ulrich Klose SPD 8713B, 8761D Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU 8721B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 8725B, 8754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 8729 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 8730C Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8733 D Dr. Helmut Kohl Bundeskanzler BK 8736A, 8745C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8745 A Björn Engholm, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . . . . 8746A, 8755B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . 8750 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 8755C, 8762B Franz Müntefering SPD 8759 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA 8762 D Hans-Ulrich Klose SPD 8765 A Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 8766 A Ulrich Irmer F D P. 8767 D Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 8769 D Walter Kolbow SPD 8773 B Paul Breuer CDU/CSU 8775 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 8776 C Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 8778 B Dr. Sigrid Hoth F D P 8781 B Dr. Karl-Heinz Hornhues . . . . 8782C, 8798B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 8784 B Hans-Gerd Strube CDU/CSU 8786A Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 8787 B Carl-Ludwig Thiele F D P 8788 B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 8790 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 8792 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 8793 D Werner Zywietz F.D.P. . . . . . . . . 8794 D Dr. Ingomar Hauchler SPD 8795 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8796 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8799 B Ortwin Lowack fraktionslos 8800 C Ulrich Briefs fraktionslos 8802 B Rudolf Seiters, Bundesminister BMI . . 8804 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . 8806A, 8815C Gerd Wartenberg (Berlin) SPD 8809C Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 8813D Gerd Wartenberg (Berlin) SPD . . . 8817C Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 8818C Ina Albowitz F D P 8820 B Freimut Duve SPD 8822A, 8826 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8822D, 8841 C Freimut Duve SPD 8823 C Karl Deres CDU/CSU 8824 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 8826 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 8829 A Dr. Hans de With SPD 8831 B Norbert Geis CDU/CSU 8834 B Dr. Hans de With SPD 8834 D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 8836 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 8836D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 8838 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 8840B Dr. Norbert Geis CDU/CSU 8842 D Tagesordnungspunkt 4: a) Fortsetzung der Beratung (Abstimmung) der Entschließungsanträge der Fraktion der SPD zum Nachtragshaushaltsgesetz 1992 (Drucksachen 12/2910, 12/2911) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu den dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 1/92 und 2 BvE 2/92 (Drucksache 12/3195) Ortwin Lowack fraktionslos (Erklärung nach § 31 GO) 8804 A Nächste Sitzung 8843 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8845* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude CDU/CSU . . . . 8845* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 8713 103. Sitzung Bonn, den 9. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 09. 09. 92*** Antretter, Robert SPD 09. 09. 92* Dr. Blank, CDU/CSU 09. 09. 92** Joseph-Theodor Blunck, Lieselott SPD 09. 09. 92* Böhm (Melsungen), CDU/CSU 09. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 09. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 09. 09. 92 van Essen, Jörg F.D.P. 09. 09. 92*** Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 09. 92*** Friedrich, Horst F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 09. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 09. 09. 92*** Gattermann, Hans H. F.D.P. 09. 09. 92 Haschke CDU/CSU 09.09.92 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Holtz, Uwe SPD 09. 09. 92*** Jaunich, Horst SPD 09. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 09. 09. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 09. 09. 92*** Oesinghaus, Günther SPD 09. 09. 92 Opel, Manfred SPD 09. 09. 92** Pfuhl, Albert SPD 09. 09. 92 Poß, Joachim SPD 09. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 09. 09. 92* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 09. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 09. 09. 92 Rempe, Walter SPD 09. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 09. 09. 92** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 09. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 09. 09. 92*** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 09. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 09. 09. 92** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 09. 09. 92*** Weyel, Gudrun SPD 09. 09. 92*** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 09. 09. 92 Dr. Wieczorek CDU/CSU 09. 09. 92 (Auerbach), Bertram Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 09. 09. 92 Simon Zierer, Benno CDU/CSU 09. 09. 92* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude (CDU/CSU): Der einigungsbedingte Mehraufwand im Justizetat 1993 unterstreicht erneut den festen Willen von Regierung und Parlament, den Aufbau des Rechtsstaates weiter voranzutreiben und zu konsolidieren. Bei der Haushaltsdebatte 1991 wurde sehr zu Recht die schleppende Abwicklung von Gerichtsverfahren, die totale Überlastung der Grundbuch- und Katasterämter beklagt. Inzwischen hat sich trotz noch immer vorhandener Mängel auch vieles überaus positiv entwickelt. Wer hätte gedacht, daß nach den ersten Erfahrungen-wir mußten ja nach der Säuberung der alten DDR-Justiz in den meisten Bereichen bei Null anfangen - eine derart große Zahl von Juristen für die neuen Bundesländer gewonnen werden könnte. Erinnern wir uns: Es gab dort zur Zeit der Wende 1989 ganze 600 Rechtsanwälte, heute sind es immerhin schon 3 200. Das von der Bundesregierung initiierte Modell „Aufbau des Rechtsstaates" leistet nunmehr einen entscheidenden Beitrag zur Personalausstattung der Gerichte und Grundbuchämter in den neuen Ländern. War es 1991 noch ein Etatansatz von 117,4 Millionen DM, der nur mit 53,5 Millionen ausgenutzt werden konnte, so mußten wir bereits in diesem Jahr den vorgesehenen Betrag von 104,5 Millionen DM noch um Haushaltsreste aus 1991 von rund 19 Millionen DM für EDV-Maßnahmen aufstocken. Damit sind die Zielvorgaben per heute wie folgt verwirklicht worden: i. 1 000 Richter und Staatsanwälte, davon 820 tätig, 500 Rechtspfleger, davon 500 tätig. 2. Der Einsatz von pensionierten Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegern und Urkundsbeamten zeigt leider immer noch ein unbefriedigendes Ergebnis, obwohl bürokratische Hemmnisse beseitigt wurden. Statt der angestrebten Zahl von 500 sind es jetzt erst ganze 68. Man sollte also mehr für ein Seniorenmodell werben. 3. Die Bundesförderung für die Neueinstellung von Richtern, Rechtsanwälten, Rechtspflegern - insgesamt sollen es 300 sein -, wird von den neuen Ländern voll in Anspruch genommen. Diese Gesamtförderung wird 1993 mit 107,5 Millionen DM fortgesetzt, wobei wir die Unterstützung bei der EDV-Ausstattung der Grundbuchämter erneut mit einschließen. Natürlich besteht auch darüber hinaus für die Folgejahre noch Handlungsbedarf. Ich möchte aber heute auch allen danken, die in den neuen Bundesländern auf Dauer oder vorübergehend beim schwierigen Aufbau des Rechtsstaates mitwirken. Sie tragen entscheidend dazu bei, das Vertrauen in unseren Staat zu stärken. Für ganz Deutschland gilt gleiches Recht, und damit muß auch die gleiche Rechtswirklichkeit einhergehen. Allerdings müssen wir in diesem Zusammenhang auch einige selbstkritische Fragen stellen: - Was bremst und blockiert eigentlich den Wiederaufbau im 8846* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Osten? — Sind es nicht vielfach bürokratische Hemmnisse, ist es nicht vor allem unser Gesetzesperfektionismus, der schon den Wirtschaftsstandort Westdeutschland mehr als genug belastet? Insoweit muß dringend geprüft werden, ob und wie Maßnahmegesetze zur Beschleunigung — so wie im Verkehrsbereich — auch im Umwelt- und Baubereich für eine begrenzte Zeit einzuführen sind. Die Ungeduld und Unzufriedenheit vieler Landsleute mit bestimmten Verwaltungsabläufen ist verständlicherweise groß. Wir als Gesetzgeber sind darüber hinaus gefordert, bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts zügig fortzufahren. In den letzten 12 Monaten sind wir bereits ein gutes Stück vorangekommen. Ich nenne hier das 1. SED-Unrechts-Bereinigungsgesetz sowie das 2. Vermögensrechts-Änderungsgesetz. Es sind noch gesetzliche Regelungen zur Wiedergutmachung von Berufs- und Verwaltungsunrecht zu beschließen und vor allem das in Kürze vorliegende Entschädigungsgesetz. Die Erwartung aller Betroffenen ist in diesem Bereich besonders groß. Die Höhe der Entschädigung bei Unmöglichkeit der Rückgabe — gleich aus welchen Gründen — muß sich leider auch an den finanziellen Möglichkeiten orientieren. Dasselbe gilt für die Ausgleichsleistungen für besatzungsrechtliche Enteignungen in der Zeit von 1945 bis 1949. Die Anerkennung der Bodenreform auf Grund der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und _des Einigungsvertrages stellen für den betroffenen Personenkreis eine besondere Härte dar. Die Rückgabe des oft unter unvorstellbaren Bedingungen enteigneten Besitzes wurde ausgeschlossen, obwohl gerade im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oft noch wesentliche Teile des Altbesitzes für eine Rückübertragung verfügbar wären. Es ist deshalb dringend geboten, den Anspruch von Alteigentümern auf das geplante Wiedereinrichtermodell ausdrücklich festzuschreiben. Für die nach 1949 Enteigneten sollte noch einmal überprüft werden, ob das bisher geltende Wahlrecht: Rückgabe oder Entschädigung nicht auch künftig beizubehalten ist, da bereits Fälle bekannt wurden, wo Anspruchsberechtigte im Vertrauen auf das geltende Vermögensgesetz freiwillig auf ihren Besitz verzichtet haben, um kommunale Planungen zu ermöglichen. Wichtig ist auch, daß Vertriebene vor allem jenseits von Oder und Neiße, die nach 1945 ihren ständigen Aufenthalt in der früheren DDR genommen haben, eine einmalige Zuwendung von 4 000 DM erhalten sollen, da sie von der in Westdeutschland durchgeführten Lastenausgleichsregelung nicht begünstigt wurden. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört selbstverständlich, daß mit dem geplanten Entschädigungsgesetz bei Rückgabe von Vermögenswerten auch der gezahlte Lastenausgleich zurückzuzahlen ist und daß darüber hinaus wegen des Ungleichgewichts zwischen Sachwert bei Rückgabe und Entschädigung eine Vermögensabgabe erhoben werden soll. Zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts gehört ferner, daß die Verfolgung von Regierungskriminalität zügig vorangetrieben wird. Bund und Länder hatten vereinbart, 60 Staatsanwälte zum Kammergericht nach Berlin zu delegieren. Als einziges Bundesland hat das Saarland sich bisher geweigert, seinen Anteil, der sowieso nur aus einem Staatsanwalt besteht, zu leisten. Ein vergleichbar unwürdiges Verhalten konnte man übrigens auch bei anderen SPD-regierten Ländern in der Vergangenheit bereits feststellen, wenn es um die Finanzierung der zentralen Dokumentationsstelle Salzgitter ging. Die Mitarbeiter dieser Einrichtung haben in vorbildlicher Weise Unrechtstatbestände ermittelt und die dafür Verantwortlichen festgestellt. Großen Unmut in der Bevölkerung gibt es verständlicherweise über Fälle von Bereicherung in der früheren DDR, die bis heute nicht rückgängig gemacht wurden. Einige Beispiele dafür hat BILD am Sonntag gerade in der letzten Ausgabe dargestellt. Da wird Herr Diestel ebenso erwähnt wie sein damaliger Stellvertreter Müller, aber auch eine Reihe von Generälen der NVA, u. a. der Chef der DDR-Grenztruppen sowie der frühere Polizeipräsident von Berlin. Bei beiden stellt sich übrigens nicht nur die Frage der Überprüfung der Grundstücksgeschäfte, sondern auch nach deren strafrechtlicher Verantwortung auf Grund ihrer früheren Tätigkeit. Die Reformaufgaben der Justiz werden — wenn auch nicht im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren — fortgeführt. Dabei steht volumenmäßig die Überprüfung des Nichtehelichenrechts im Vordergrund. Das Justizministerium muß aber jetzt mit besonderer Priorität Änderungen im Ausländer- und Asylrecht vorbereiten. Die Erfahrungen der letzten Monate, insbesondere der letzten Wochen, zeigen, mit welcher Dringlichkeit auch eine Grundgesetzänderung zum Schutz des Asylrechts und gegen den ungezügelten Mißbrauch durch Wirtschaftsflüchtlinge erfolgen muß. Abschließend möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesjustizministerium bedanken, die auch in diesem Jahr in besonderer Weise Mehrarbeit für den Aufbau des Rechtsstaats in den neuen Bundesländern zu leisten hatten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Engholm ist offenbar sehr begehrt.

    (Beifall bei der SPD)

    Bei der letzten Sitzung haben wir ihn vermißt — da hatte er einen Zahnarzttermin --, heute ist er mal da. Deswegen möchte ich gern die Chance nutzen, mit ihm zu debattieren.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das ist unter Ihrem Niveau! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Ich möchte gern, Herr Ministerpräsident Engholm, zu dem, was Sie gegen Ende Ihrer Rede gesagt haben, gleich am Anfang einige Bemerkungen machen. Zunächst einmal sind wir uns alle einig in der Verurteilung von Gewalttaten, ausländerfeindlichen Äußerungen und Ausschreitungen. Wir sind uns ebenso einig in der Bitte an alle unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, wo immer, dies auch nicht stillschweigend hinzunehmen oder gar mit heimlicher Sympathie zu begleiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Daß dies eine Schande für unser Land ist, haben wir alle immer gesagt, und wir haben lange davor



    Dr. Wolfgang Schäuble
    gewarnt. Daß dies eine Verletzung der Menschenwürde der ausländischen Mitbürger, der Asylbewerber, übrigens auch der Menschenwürde derjenigen, die solche Ausschreitungen begehen, bedeutet, ist ebenfalls unsere gemeinsame Überzeugung.
    Daß wir gemeinsam gegen Gewalttaten, Rechtsradikalismus und Extremismus — ich hoffe: auch Linksextremismus —

    (Dieter Wiefelspütz [SPD]: Natürlich!)

    Front machen müssen, darin stimmen wir auch überein.
    Ich denke, wir stimmen auch überein — aber da möchte ich nachfragen —, daß vieles von dem, was in unserer Bevölkerung an Verunsicherung vorhanden ist und was einen — wie wir wahrscheinlich gemeinsam empfinden: zu großen — Teil unserer Mitbürger zu der Überlegung bringt, ob man sich bei Wahlen anders verhalten sollte, als es die großen etablierten demokratischen Parteien gern wünschen, nämlich sich gar nicht an Wahlen zu beteiligen oder Zuflucht bei extremen Gruppierungen zu suchen, dadurch bedingt ist, daß diese Menschen, die keineswegs alle dem Extremismus anhängen, vielleicht zu viele Antworten von uns in der Politik erwarten, die wir ihnen so nicht geben und die sie vermissen. Sie verlangen von uns in der Politik, die wir Verantwortung tragen, nicht nur Antworten, sondern auch Handlungen und Entscheidungen. Deswegen kommt es in diesen Fragen darauf an, daß wir nicht nur reden, sondern auch handeln.
    Ich will den Prozeß, der in Ihrer Partei, Herr Engholm, und in der SPD-Fraktion weiß Gott schwer genug ist, nicht weiter erschweren. Nur: Ein Satz von heute morgen, verehrter Herr Klose, geht natürlich nicht. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als handele es sich um ein Problem der Menschen in den ostdeutschen Bundesländern, in den jungen Bundesländern, sondern diese Probleme bestehen überall. Ausschreitungen wie in Rostock hätten überall in Deutschland stattfinden können. Wenn Sie sagen „Wenn wir jetzt über die Grundgesetzänderung reden würden, würden wir denen nur recht geben", dann muß ich Ihnen antworten: Das ist schon eine der Folgen Ihrer Versäumnisse.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir haben seit zehn Jahren gesagt: Laßt uns rechtzeitig handeln, damit nicht entsteht, was nicht entstehen darf.
    Damit wir es friedlich miteinander zu Ende bringen — es wird schwer genug werden —,

    (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Nicht auf einer solchen Grundlage! Damit das einmal klar ist!)

    darf ich die ganz herzliche Bitte äußern, daß Sie manche Ihrer Reden aus den zurückliegenden Monaten und Jahren korrigieren,

    (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Sie werden es nie begreifen!)

    in denen Sie denjenigen, die rechtzeitig eine Ergänzung unseres Grundgesetzes gefordert und gesagt
    haben, dies sei notwendig, damit die Ausländerfeindlichkeit in unserem Lande keinen Nährboden hat, vorgeworfen haben, sie schürten das und wollten das politisch ausnutzen.

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Genau das Gegenteil ist richtig!)

    Das war damals nicht in Ordnung und ist es auch heute nach Ihren Erkenntnissen, die leider zu spät, sehr spät kommen, immer noch nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie müssen in diesen Fragen zur Verantwortung fähig werden; Sie sind es immer noch nicht. Herr Klose, Sie haben in Ihrer Rede gesagt: Wir wollen es noch in diesem Jahr machen. Ich rede jetzt nicht über alle Einzelheiten; das haben wir im April getan. Wir können aber mit den parlamentarischen Beratungen und Entscheidungen nicht bis zu Ihrem Bundesparteitag Ende November warten.

    (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Wo ist denn endlich Ihr Koalitionsvorschlag? Wo ist denn der? — Gegenruf von der CDU/CSU: Der liegt doch im Innenausschuß!)

    — Aber verehrter Herr Klose, der Vorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion — —

    (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Wir reden von der Koalition! Wo ist denn der Vorschlag? Sie reden immer darum herum! Sie haben doch kein Konzept!)

    — Dann sagen Sie, daß Sie heute mittag mit den Koalitionsfraktionen Gespräche zu führen bereit sind. Dann werden der Kollege Sohns, der Kollege Bötsch und ich mit Ihnen heute mittag darüber sprechen, was wir gemeinsam machen können!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Wahrheit ist, daß Sie bis heute noch nicht einmal in der Lage sind, mit den Koalitionsfraktionen überhaupt Verhandlungen und Gespräche darüber zu führen, was wir in der Asyl-, Ausländer- und Zuwanderungspolitik gemeinsam verabreden wollen. Sie brauchen ja erst weitere Gremien, und ob Sie dafür Mehrheiten haben, ist bis heute zweifelhaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. — Hans-Ulrich Klose [SPD]: Ich rede mit Ihnen überhaupt nicht, wenn Sie mir das Konzept der Koalition nicht vorlegen!)

    Die zweite Bemerkung, die ich gerne zu Herrn Engholm machen möchte — Sie haben ja von der Geschichte gesprochen, und Sie wollen auch noch mit meinem Freund Jürgen Rüttgers eine Wette abschließen; darauf komme ich gleich —: Der Zusammenhang zwischen dem Vollzug des NATO-Doppelbeschlusses im Herbst 1983 und der damit verbundenen Stabilisierung des atlantischen Verteidigungsbündnisses, übrigens auch der Europäischen Gemeinschaft, nicht nur im Zusammenhang mit dem NATODoppelbeschluß, sondern auch mit der Entscheidung, an der Bundeskanzler Helmut Kohl maßgeblich beteiligt war, den Weg zum gemeinsamen Binnenmarkt 1984 in der Europäischen Gemeinschaft wieder flottzumachen, war eine, wenn nicht die entscheidende



    Dr. Wolfgang Schäuble
    Voraussetzung dafür, daß es in der sowjetischen Politik ab Mitte der achtziger Jahre zu einer entscheidenden Wendung gekommen ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Gorbatschow, Glasnost und Perestroika wären ohne den Vollzug des NATO-Doppelbeschlusses in den achtziger Jahren so nicht möglich gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Deswegen wäre es auch zur deutschen Einheit, an die viele in der Sozialdemokratischen Partei ja gar nicht mehr geglaubt haben, so nicht gekommen.
    Herr Engholm, das ist nun wirklich keine Geschichtsklitterei, sondern das gehört eigentlich zum Grundbestand des Wissens, das man braucht, wenn man für das wiedervereinte Deutschland eine gute Politik in einer Zeit großer Veränderungen zustande bringen will.
    Viele der Verunsicherungen, die die Menschen in unserem Lande beschäftigen — das ist ja gar keine Frage —, haben nach meiner Überzeugung damit zu tun, daß wir zwei Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung und drei Jahre nach der großartigen Wende in Deutschland und Europa in einer Zeit schneller, großer Veränderungen leben. Vieles, was in Jahrzehnten selbstverständlich geworden schien, besteht so nicht mehr, und neue Widersprüche tun sich auf. Der Eiserne Vorhang teilt Europa nicht mehr, und jetzt herrscht mitten in Europa Krieg.
    Die Menschen ahnen, daß wir uns von Problemen dieser einen Erde nicht mehr durch Grenzen abschotten können. Die Wanderungsbewegungen von Ost nach West und von Süd nach Nord oder die Auseinandersetzungen um knappe Ressourcen an Rohstoffen und Energie, die wachsende Not und das Elend für Millionen und Abermillionen Menschen in der südlichen Hemisphäre und globale Umweltprobleme, für deren Beherrschung die Sonderkonferenz der Vereinten Nationen in Rio allenfalls ein Anfang war, zeigen, daß die Probleme dieser einen Erde immer weniger teilbar sind.
    Gleichzeitig scheint die Stabilität des demokratischen Rechtsstaats nicht nur in Deutschland, sondern in fast allen westlichen Demokratien, Herr Ministerpräsident Engholm, mehr in Frage gestellt, bedroht nicht nur durch organisierte Kriminalität, sondern auch durch die wachsende Distanz vieler Menschen zu etablierten Parteien und anderen Institutionen. Zeiten langanhaltenden Wohlstands und auch Zeiten weniger eindeutig empfundener äußerer Bedrohung scheinen die innere Kohärenz freiheitlicher Gesellschaften nicht unbedingt zu fördern. So entsteht Unsicherheit, Ungewißheit und Veränderung mit unabsehbarem Ausgang, wohin man schaut.
    In einer solchen Welt des Wandels brauchen wir Sicherheit für Deutschland. Dazu müssen wir uns auf das Vordringliche konzentrieren. Wir können nicht alles, und wir können schon gar nicht alles auf einmal. Wer Prioritäten festlegt, muß auch sagen, was jetzt nicht möglich ist, also nachrangig bleiben muß. Das gebietet die Ehrlichkeit, die allein Grundlage für Vertrauen sein kann.
    Dazu gehört auch, daß die Politik Erwartungshorizonte realistisch beschreibt. Die Bürger wissen, daß der freiheitliche Staat und daß die Soziale Marktwirtschaft nicht alles können. Wer alles vom Staat erwartet, endet im Totalitarismus. Wir in Deutschland haben noch nicht vergessen, daß ein Staat, der alles für seine Bürger regelt, am Ende herzlich wenig für seine Bürger leistet. Deshalb müssen wir sagen, was geht und was nicht. Aber wir müssen auch handeln, wo Entscheidungen nötig und möglich sind. Vor diesen Aufgaben versagt die SPD. Sie haben mit Ihrer Rede keinen hilfreichen Beitrag dazu geleistet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich will Ihnen das an einigen konkreten Punkten aufzeigen. Unsere Prioritäten sind klar: Der entsetzliche Krieg im ehemaligen Jugoslawien und die gewalttätige Eskalation in den Auseinandersetzungen zwischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion zeigen, daß Friedenssicherung nach wie vor oberste Priorität haben muß. Hierin liegt eine entscheidende Bedeutung der europäischen Einigung. Es bleibt das Verdienst von Bundeskanzler Helmut Kohl, daß er das wiedervereinte Deutschland fest in die europäische Integration wie auch in die atlantische Solidarität eingefügt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Maastricht bleibt ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. In jedem Fall muß die politische Einigung weitergehen. Europa muß vor allem in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu mehr Handlungsfähigkeit finden, was den Krieg im ehemaligen Jugoslawien betrifft, aber auch genauso die Aufgabe, den Eisernen Vorhang nicht durch eine neue Wohlstandsgrenze zu ersetzen, oder auch im Hinblick auf unsere Verantwortung gegenüber den globalen Problemen. Es war gut, daß die Bundesrepublik Deutschland in Rio unbestritten eine Vorreiterrolle gespielt hat. Aber es wäre besser gewesen, eine geschlossene Europäische Gemeinschaft hätte diese Vorreiterrolle wahrgenommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    An weltweiten, atlantischen und europäischen Bemühungen, Frieden zu schaffen und zu bewahren, werden wir uns mit gleichen Rechten und Pflichten beteiligen müssen. Friedenssicherung heißt mehr denn je Bündnisfähigkeit. Wir haben den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr unter den Bedingungen des Ost-West-Gegensatzes in fast vier Jahrzehnten bezogen auf diesen Ost-West-Gegensatz definiert. In der heutigen Weltlage, in der Sicherheitsprobleme so viel pluraler, differenzierter und weniger kalkulierbar sind, muß der Friedensauftrag der Bundeswehr als Sicherung der Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland verstanden werden. Auf uns allein gestellt werden wir Frieden und Freiheit nicht unter allen denkbaren Umständen sichern.
    Herr Engholm, die Wette gegen Jürgen Rüttgers sollten Sie nicht eingehen. Bis die Vereinten Nationen wirklich ein Gewaltmonopol haben, werden Sie wahrscheinlich nicht mehr SPD-Vorsitzender sein. Ich würde mir wünschen, daß es so schnell geht und daß



    Dr. Wolfgang Schäuble
    es in Ihrer Amtszeit geschieht, wie lange sie auch sein möge. Aber ich fürchte, wir werden es vielleicht gar nicht erleben, daß die Vereinten Nationen ein Gewaltmonopol haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ich möchte jedenfalls mit der Friedenssicherung nicht warten, bis die Vereinten Nationen ein Gewaltmonopol haben; wir müssen vorher handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Für die innere Stabilität unseres demokratischen Rechtsstaates — denn Frieden müssen wir nach außen und nach innen sichern — brauchen wir endlich die notwendigen Entscheidungen, um die Überforderung unserer Städte und Gemeinden durch zu viele politisch nicht verfolgte Asylbewerber zu beenden. Die Menschen erwarten vom Staat, daß er seine Schutzfunktion nach innen und außen erfüllt. Deshalb hat für uns auch innere Sicherheit Priorität; sie muß Priorität haben. Dazu gehört, daß wir die notwendigen Instrumentarien gegen organisierte Kriminalität schaffen. Auch da sind Sie auf einem Weg, Positionen Ihrer Partei und Fraktion, die nicht mehr haltbar sind, zu korrigieren. Wir wollen Ihnen dabei helfen, obwohl wir manchmal ja schon mit uns selbst genug zu tun haben; aber wir müssen immer noch die Schwierigkeiten in der SPD mit bedenken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Aber dazu gehört auch, daß der Staat nicht vor Gewalttätern kapituliert. Das Versammlungsrecht wie auch der Tatbestand des Landfriedensbruchs müssen überprüft werden. Es ist unerträglich, wenn die Menschen den Eindruck haben müssen, die Polizei müsse zuwarten, bis aus einer Menschenansammlung die mit Sicherheit zu erwartenden schweren Straftaten dann tatsächlich begangen sind. In erster Linie ist die Polizei für die meisten Menschen immer noch dazu da, Straftaten zu verhindern und nicht abzuwarten, bis sie erst begangen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dazu braucht die Polizei auch einen Vertrauensvorschuß. Politisch Verantwortliche, die sich in schwierigen Lagen, auch nach dem Weltwirtschaftsgipfel in München, nicht vor ihre Polizeibeamten stellen, leisten einer wachsenden Demotivierung in Kreisen unserer Polizei Vorschub.
    Das Dritte. Wir müssen die innere Einheit in Deutschland vollenden. Es ist auch, aber nicht nur eine wirtschaftliche Aufgabe. Ich denke, vor allem brauchen wir mehr Begegnungen zwischen Ost und West im vereinten Deutschland. Die Überwindung der Folgen von 40 Jahren Teilung und totalitärem Sozialismus sind eine gemeinsame Aufgabe aller Deutschen. Auch die Bewältigung der politischen Lasten der Vergangenheit ist unsere gemeinsame Aufgabe. Da werden wir noch mehr Ehrlichkeit brauchen und vor allem, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei, auch mehr Maßstabgerechtigkeit in der Beurteilung der einzelnen Personen.
    Ich bleibe dabei, daß ich die Diskussion um Ministerpräsident Stolpe vor allen Dingen von denjenigen geführt sehen möchte, die in den neuen Bundesländern leben und in der früheren DDR gelebt haben. Ich bleibe allerdings auch bei meiner These: Wenn die Ministerpräsidenten Stolpe wie Lafontaine Mitglieder der Christlich-Demokratischen Union wären, wären sie längst nicht mehr Ministerpräsidenten, alle beide nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Zuruf von der SPD: So geht ihr mit euren Leuten um!)

    Aber ich bleibe bei uns im Westen. Die Sozialdemokraten, Herr Lafontaine, Herr Rau, und, Herr Ministerpräsident Engholm, Sie als der nächste Kanzlerkandidat sind uns noch eine Antwort schuldig, weil Sie, alle drei, ungeniert und ohne Scham mit der SED darüber gekungelt haben, wie Sie gemeinsam als Sozialdemokraten mit der SED Honeckers zusammenwirken könnten, um die Wahlchancen bei freien Wahlen in der damaligen Bundesrepublik Deutschland zu Lasten der Christlich-Demokratischen Union für die SPD zu verbessern. Darauf haben Sie nicht geantwortet. Wolfgang Bötsch hat Sie danach gefragt, Sie sind die Antwort schuldig geblieben.
    Sie haben mir im Jahre 1986 etwas vorgeworfen. Da war Ihr Kanzlerkandidat Herr Ministerpräsident Rau, und es ging schon einmal um Asylprobleme. Herr Rau hat damals in einer Pressekonferenz, in Nürnberg war es, glaube ich, verkündet, was er dank seinen Bemühungen mit der damaligen Regierung der damaligen DDR erreicht habe. Als ich damals sehr behutsam und später wieder gesagt habe, daß das eine Wahlkampfhilfe der SED war, haben Sie mir Verleumdung vorgeworfen. Heute ist es aktenkundig, und, Herr Engholm, Sie sollten wenigstens hier im Bundestag erklären, daß Sie der Veröffentlichung dieser Akten zustimmen. Denn es ist ja auch geschrieben worden, daß Sie alles tun, um die Veröffentlichung dieser Akten aus dem SED-Archiv zu verhindern.

    (Zuruf von Ministerpräsident Björn Engholm [Schleswig Holstein])

    — Na gut, dann sagen Sie es! Das Pult steht Ihnen offen. Ich räume es sogar, wenn Sie wollen, gleich jetzt für eine Zwischenfrage.
    Es ist — ich habe das Zitat hier — unwidersprochen öffentlich erklärt worden, daß Sie alle Bemühungen unternehmen, um die Veröffentlichung dieser Akten zu verhindern.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Über Herr Lafontaine braucht man schon fast nicht mehr zu reden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Allerdings kommt mir, wenn ich die Warnungen des Kollegen Schulz in seiner Kurzintervention vor der Wirtschafts- und Währungsunion höre, persönlich in Erinnerung, was ich auszuhalten hatte, als Lafontaine von dem damaligen Innenminister Schäuble verlangt hat, das Aufnahmeverfahren für Übersiedler aus der damaligen DDR abzuschaffen, die Leute zurückzuschicken, kaum daß die Mauer geöffnet war. Am besten hätten wir die Mauer wieder gebaut. Es war die einzige Alternative — da hatte er recht — zur Wirtschafts- und Währungsunion und zur schnellen deutschen Einheit. Wir haben uns für die Wirtschafts- und



    Dr. Wolfgang Schäuble
    Währungsunion und für die schnelle deutsche Einheit entschieden, und ich denke auch heute noch, daß das richtig war.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Ministerpräsident Engholm, Sie schulden der deutschen Öffentlichkeit und im übrigen der Christlich-Demokratischen Union, zu deren Lasten ja diese Kungelgeschäfte betrieben worden sind, eine Antwort zu Ihren Bemühungen, Herrn Honecker zu bitten, er solle doch bei seinem Besuch die Sache mit dem Badesee so regeln, daß die Wahlkampfchancen für die SPD in Schleswig-Holstein dadurch positiv beeinflußt würden. Das kann so nicht stehenbleiben! Wir brauchen gar nicht über Herrn Stolpe zu diskutieren, solange die Sache nicht geklärt ist, daß führende Sozialdemokraten sich in den Zeiten der früheren DDR urn Wahlkampfhilfe zu Lasten freiheitlicher, demokratischer Parteien in der Bundesrepublik Deutschland für die SPD bemüht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Eckart Kuhlwein [SPD]: Muß man sich den anhören?)

    — Ihre Fähigkeit zuzuhören ist ohnedies nicht hochentwickelt. Bundeskanzler Helmut Kohl hat ja schon gesagt, daß wir in unseren Erwartungen ganz bescheiden sind. Wenn Sie das, was Sie an Streitkultur einmal mit der SED vereinbart haben, auch bei uns pflegen, daß Sie uns wenigstens anhören, sind wir schon ganz zufrieden.
    {Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Dr. Schäuble, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Müntefering?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Franz Müntefering


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Was diese Gespräche angeht, so wissen Sie, daß die SED das unter dem Risiko getan hat, daß sie nach drei Jahren weg war. Wollen Sie das auch unter diesem Risiko machen?