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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/102 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 102. Sitzung Bonn, Dienstag, den 8. September 1992 Inhalt: Nachruf auf den Abgeordneten Dr. FranzHermann Kappes 8661 A Erklärung der Präsidentin Dr. Rita Süssmuth zu den Ausschreitungen gegen Asylsuchende und Ausländer 8661 C Eintritt der Abgeordneten Dr. Michaela Blunk in den Deutschen Bundestag für den durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Wolfgang Kubicki 8662 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Detlef Kleinert (Hannover) . . 8662 B Mitteilung zum Stenographischen Bericht (Plenarprotokoll) 8662 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8662 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8672 D Jochen Borchert CDU/CSU 8680 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 8684 C Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste 8689B, 8709C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8690 C Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 8692 D Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 8695 A Dr. Annette Fugmann-Heesing, Staatsministerin des Landes Hessen 8695 C Ina Albowitz F D P 8699 B Hinrich Kuessner SPD 8701 D Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8705A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8707 D Nächste Sitzung 8709 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8711* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 8711* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 8. September 1992 8661 102. Sitzung Bonn, den 8. September 1992 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 08. 09. 92 * * Bartsch, Holger SPD 08. 09. 92 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 08. 09. 92 Blunck (Uetersen), SPD 08. 09. 92 * Lieselott Bock, Thea SPD 08. 09. 92 Brandt, Willy SPD 08. 09. 92 Dreßler, Rudolf SPD 08. 09. 92 van Essen, Jörg F.D.P. 08. 09. 92 * * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 08. 09. 92 * * Friedrich, Horst F.D.P. 08. 09. 92 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 08. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 08. 09. 92 * Gattermann, Hans H. F.D.P. 08. 09. 92 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 08. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 08. 09. 92 * * Jaunich, Horst SPD 08. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 08. 09. 92 Lenzer, Christian CDU/CSU 08. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 08. 09. 92 * * Oesinghaus, Günther SPD 08. 09. 92 Pfuhl, Albert SPD 08. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 08. 09. 92 * Rempe, Walter SPD 08. 09. 92 Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 08. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 08. 09. 92 * * Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 08. 09. 92 Schuster, Hans Paul F.D.P. 08. 09. 92 Hermann Dr. Solms, Hermann Otto F.D.P. 08. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 08. 09. 92 * * Dr. Waffenschmidt, Horst CDU/CSU 08. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 08. 09. 92 * * Dr. Wieczorek, Norbert SPD 08. 09. 92 Zierer, Benno CDU/CSU 08. 09. 92 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 26. Juni 1992 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zu dem Vertrag vom 6. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) Gesetz zur Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Beratung in Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit Gesetz zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes Erstes Gesetz zur Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes Gesetz zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und anderer Gesetze Gesetz über die nachträgliche Umstellung von Kontoguthaben, über die Tilgung von Anteilrechten an der AltguthabenAblösungs-Anleihe, zur Änderung lastenausgleichsrechtlicher Bestimmungen und zur Ergänzung des Gesetzes über die Errichtung der „Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung" Strafrechtsänderungsgesetz - Menschenhandel - (... StrÄndG) Gesetz zur Anpassung der Rechtspflege im Beitrittsgebiet (Rechtspflege-Anpassungsgesetz-RpflAnpG) Gesetz zur Verlängerung der Verwaltungshilfe Gesetz zur Festlegung des Anwendungsbereiches und zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 Gesetz zu dem Protokoll vom 20. Dezember 1990 betreffend die Änderung des Übereinkommens vom 9. Mai 1980 über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) Drittes Gesetz zur Änderung des Marktstrukturgesetzes Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens Gesetz zur Regelung der Aufnahme von Krediten durch die Treuhandanstalt (Treuhandkreditaufnahmegesetz - THA KredG) Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zum Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens: Der Bundesrat hat nach wie vor gewichtige Bedenken gegen das Gesetz. Er hält das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens vor allem in folgenden zentralen Punkten für verbesserungsbedürftig: 1. Konzentration der Zuständigkeit für das gesamte beschleunigte Verfahren beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Neubestimmung der Schnittstelle zur Ausländerbehörde) 2. Schaffung einer asylverfahrensunabhängigen Aufenthalts- und Verteilungsregelung für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, bei der der Bund die Kosten trägt. 3. Schaffung einer gesetzlichen Verpflichtung des Bundes, den Ländern für die Unterbringung von Asylbewerbern freie und frei werdende Liegenschaften kostenfrei zu überlassen. 4. Darüber hinaus wird der Bund aufgefordert, endlich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Rückstände der mehr als 300 000 unerledigten Asylanträge schnellstens zu bewältigen. Dies ist zwingend geboten, um das neue beschleunigte Verfahren überhaupt zu gewährleisten. Der Bundesrat behält sich Gesetzesinitiativen ausdrücklich vor, wenn sich in der Praxis herausstellen sollte, daß das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens die erhoffte Verfahrensbeschleunigung nicht erbringt; er fordert die Bundesregierung auf, die praktischen Erfahrungen beim Gesetzvollzug aufmerksam zu registrieren und Verfahrensmängel unverzüglich durch geeignete Maßnahmen abzustellen. Zum Treuhandkreditaufnahmegesetz: Der Bundesrat hält die von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates im Zusammenhang mit der Begründung zu § 4 des Gesetzes zur Regelung der Aufnahme von Krediten durch die Treuhandanstalt vertretene Auffassung für rechtlich und sachlich unbegründet, wonach sich aus dem Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 und dem Einigungsvertrag vom 31. August 1990 eine Verpflichtung der Länder des Beitrittsgebietes ergibt, sich an einer verbleibenden Verschuldung der Treuhandanstalt zu beteiligen. 8712* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 8. September 1992 Der Bundesrat bekräftigt seine Auffassung, daß der Bund bei Auflösung der Treuhandanstalt allein die verbleibenden Schulden zu übernehmen hat. Er verweist dabei auf die bereits in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf gegebene Begründung (BT-Drucksache 12/2217 vom 11.3. 1992, Anlage 2; BR-Drucksache 2/92 [Beschluß] vom 14. 02. 1992). Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 10. Juli 1992 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1992 (Nachtragshaushaltsgesetz 1992) Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung des Strukturhilfegesetzes und zur Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheft" Gesetz zur Anpassung des Umsatzsteuergesetzes und anderer Rechtsvorschriften an den EG-Binnenmarkt (Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz) Erstes Gesetz zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes Gesetz zur Einführung des passiven Wahlrechts für Ausländer bei den Sozialversicherungswahlen und zur Änderung weiterer Vorschriften (2. Wahlrechtsverbesserungsgesetz) Zweites Gesetz zur Änderung des Gerätesicherheitsgesetzes Gesetz zur Verlängerung der Kündigungsmöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung nach dem Einigungsvertrag Gesetz zur Änderung des Vermögensgesetzes und anderer Vorschriften — Zweites Vermögensrechtsänderungsgesetz (2. VermRÄndG) — Gesetz zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter Gesetz über das Inverkehrbringen von und den freien Warenverkehr mit Bauprodukten zur Umsetzung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte (Bauproduktengesetz — BauPG) Gesetz zu dem Vertrag vom 9. Oktober 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bulgarien über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa Gesetz zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Verletzungen verursachen oder unterschiedslos wirken können (VN-Waffenübereinkommen) Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 22. März 1974 über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (Helsinki-Übereinkommen) Gesetz zur Änderung des Wohngeldsondergesetzes und des Wohngeldgesetzes Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat stimmt dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen „Schwangeren- und Familienhilfegesetz " zu. Es beruht auf der Erkenntnis, daß der Schutz des werdenden Lebens nur mit der Mutter und nicht gegen sie möglich ist, und dient dem Ziel, Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern, ohne aber zu bezweifeln, daß die Entscheidung der Schwangeren im Bewußtsein ihrer Verantwortung getroffen wird. Das Gesetz bezweckt auf diese Weise, insbesondere in Verbindung mit den sozialen Maßnahmen, die einen ernstzunehmenden Schritt zu einer familien-, (rauen- und kinderfreundlichen Gesellschaft darstellen, den Schutz des werdenden Lebens besser zu gewährleisten, als dies die bisherigen Regelungen vermocht haben. 2. Mit Blick auf die finanziellen Folgen des vom Deutschen Bundestag am 25. Juni 1992 beschlossenen Schwangeren- und Familienhilfegesetzes stellt der Bundesrat fest, daß Ländern und Gemeinden durch die sozialen Begleitmaßnahmen erhebliche Kosten auferlegt werden. Nach Berechnungen der Bundesregierung belaufen sich die zur Kinderbetreuung vorgesehenen investiven Kosten auf über 42 Mrd. DM, die jährlichen Betriebskosten auf über 11 Mrd. DM. 3. Der Bundesrat fordert mit Nachdruck eine Beteiligung des Bundes an diesen Kosten. Er bedauert, daß der Deutsche Bundestag nicht gleichzeitig mit der inhaltlichen Ausgestaltung des Reformanliegens eine Regelung über dessen gemeinsame Finanzierung entwickelt hat. Eine Lastentragung allein durch Länder und Kommunen ist nicht hinnehmbar. Der Bundesrat wird daher umgehend einen Gesetzentwurf einbringen, mit dem die finanziellen Folgen des vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes auf alle Ebenen angemessen verteilt werden; dazu soll zumindest der Anteil der Länder an der Umsatzsteuer zu Lasten des Bundes erhöht werden. Eine solche Ausgleichsregelung ist in der Kostenübersicht des vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes bereits ausdrücklich vorgesehen; auch der Sonderausschuß „Schutz des ungeborenen Lebens" empfiehlt in seinem Bericht an den Deutschen Bundestag, die Umsetzung dieses Gesetzes in eine Neuregelung des Finanzausgleichs einfließen zu lassen. 4. Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat im übrigen in seiner Sitzung am 17. Juni 1992 das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz als „mit der Haushaltslage des Bundes vereinbar" erklärt; dies schließt auch die mittelbaren finanziellen Auswirkungen ein. Der Deutsche Bundestag hat seine Entscheidung damit in Kenntnis der Auswirkungen auf den Haushalt des Bundes getroffen. Der Bundesrat erwartet deshalb, daß der Deutsche Bundestag seine Zustimmung zu einer gesetzlichen Neuregelung des Anteilsverhältnisses bei der Umsatzsteuer geben wird. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/1789 Drucksache 12/2102 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 10/2125 Drucksache 11/3254 Drucksache 11/3631 Drucksache 11/1621 Drucksache 11/1622 Drucksache 12/2150 Drucksache 12/2151 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/2113 Drucksache 12/2204 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/1783 Sonderausschuß Schutz des ungeborenen Lebens Drucksache 11/6895 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/1838 Nr. 3.14 Drucksache 12/2144 Nrn. 2.7, 2.8, 2.9, 2.10, 2.11 Drucksache 12/2257 Nrn. 3.60, 3.61 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/152 Nrn.. 56, 65 Drucksache 12/1961 Nrn. 3.1, 3.4 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/1220 Nr. 3.13 Drucksache 12/1612 Nr. 2.10 Drucksache 12/1681 Nr. 3.12 Drucksache 12/2101 Nr. 3.46 Drucksache 12/2257 Nr. 3.69 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 12/2101 Nr. 3.48 Drucksache 12/2144 Nrn.. 2.16, 2.17
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Mehr noch: Man ist fassungslos. „Tollhaus", „Panik" , „Chaos" schreiben die Zeitungen. Über die Bundesregierung heißt es: „blinder und hilfloser Aktionismus", „beispielloses Durcheinander" , „zunehmende Kopf- und Bedenkenlosigkeit", „Ideen aus dem Schnapsladen", „Tohuwabohu" und „Finanzchaoten".

    (Beifall bei der SPD)

    Immer ungeduldiger fragen die Menschen: Wo ist eigentlich der Herr Bundeskanzler? Zu Recht fragen sie das.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Hier!)

    Herr Bundeskanzler, Ihre Aufgabe ist es nicht, das Finanzchaos Ihrer Regierung auszusitzen; Ihre Aufgabe ist es zu regieren. Dann tun Sie es auch; die Bürger warten zu Recht darauf.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch Sie, Herr Finanzminister, haben mit Ihrer Rede in dieses Durcheinander keine Klarheit gebracht.

    (Beifall bei der SPD)

    Es bleibt bei den altbekannten Sprüchen: „Alles im Griff", „Staatsfinanzen in Ordnung". Der Kontrast zwischen Ihrer heutigen Rede und dem Chaos in Ihren Reihen zeigt doch, daß hier nicht die Wahrheit gesagt wird, Herr Waigel. Ich frage Sie: Könnten Sie es denn nicht endlich einmal mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme und einer soliden Finanzierung versuchen statt mit dem dauernden Abwiegeln, Täuschen und Tricksen? Das deutsche Volk ist doch nicht doof, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD — Hans Klein [München] [CDU/CSU]: Das ist ziemlich unerhört, was Sie da sagen! — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das ist Ihr Pech! — Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das ging in die eigene Richtung!)

    Ein Geldbeschaffungsvorschlag jagt den anderen. Erst hieß es Autobahngebühr, dann erneute Mineralölsteueranhebung, dann Zwangsanleihe, dann Deutschlandanleihe. Eine Mehrwertsteuererhöhung geistert auch schon wieder durch die Union. Wer so hektisch nach Geld sucht, gibt zu, daß er entgegen allen Beteuerungen die Staatsfinanzen eben nicht im Griff hat. Und daß Sie uns heute einen Haushalt vorlegen, der, bevor er noch debattiert wird, längst Makulatur ist, das ist eine Zumutung für die Öffentlichkeit und für das Parlament, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD — Dr. Alfred Dregger [CDU/CSU]: Ist doch Unsinn! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Dumm! — Frech! — Unwahr!)

    Wir Sozialdemokraten hatten deshalb gefordert, den Haushaltsentwurf zurückzuziehen, neu zu überarbeiten

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie reden Makulatur!)

    und statt dessen die dringend notwendige Debatte zur Lage der Nation zu führen. Die Regierungsmehrheit hat sich leider verweigert. Aber das hilft Ihnen nicht. Wir werden den Bundeskanzler zwingen, morgen zur Lage der Nation zu reden und endlich Farbe zu bekennen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Wie lange machen Sie noch diese Sprüche? — Sprechen Sie einmal zur Lage der Nation!)

    Unsere Vorschläge zum Aufbau in den neuen Ländern liegen auf dem Tisch.

    (Hans Klein [München] [CDU/CSU]: Wo denn?)

    Und auch wenn Sie zu diesen Vorschlägen immer wieder und wieder nein sagen und sich immer nur dann stückchenweise bewegen — wie bei der Eigentumsregelung —, wenn der Schaden für die Menschen unerträglich wird: Wir werden auch in Zukunft für unsere Vorschläge hartnäckig werben, weil sie vernünftig sind.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Na ja!)

    Das Angebot der SPD zu einer sachlichen Zusammenarbeit zum Wohle der Menschen in Ost und West bleibt bestehen.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Mit solchen Reden?)

    Was muß geschehen?
    Erstens. Grundvoraussetzung für mehr Investitionen im Osten Deutschlands ist, daß die investitionsfeindliche Eigentumsregelung weiter korrigiert wird.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Sie haben doch zugestimmt!)

    Zweitens. Wir brauchen ein Zukunftsinvestitionsprogramm Ost für den Aufbau der wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und kulturellen Infrastruktur in den neuen Ländern sowie für den Städte- und Wohnungsbau. Dabei muß ein Teil der Mittel in einer Investitionspauschale an die Kommunen gehen, wie es 1991 erfolgreich geschehen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Drittens. Wir brauchen einen gesetzlichen Sanierungsauftrag für die Treuhand. Erst Arbeitsplätze plattmachen und sie dann wieder mühselig neu aufbauen, das ist nicht nur unwirtschaftlich, meine Damen und Herren. Die damit verbundene Angst,



    Ingrid Matthäus-Maier
    Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung droht auch zu einem hochexplosiven sozialpolitischen Sprengstoff zu werden, der unser Gemeinwesen erschüttern kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben uns doch auch bei VW und bei Salzgitter mit dem Privatisieren Zeit gelassen. Warum müssen wir im Osten überstürzen, wofür wir im Westen jahrelang Zeit gebraucht haben?

    (Beifall bei der SPD)

    Für viele Menschen im Osten ist die Treuhand der Buhmann. Das ist nicht immer gerecht; denn verantwortlich für die Treuhand ist der Bundesfinanzminister, der sich allerdings so recht nie um die Treuhand gekümmert hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Hätte Herr Waigel als Finanzminister nur halb so viel Energie für die Rettung von Treuhandunternehmen entwickelt, wie er sie als CSU-Vorsitzender für den Jäger 90 an den Tag gelegt hat, sähe es im Osten nicht so schlimm aus, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN — Lachen bei der CDU/CSU)

    Viertens. Wir brauchen eine Regelung für die Altschulden der Betriebe, der Landwirtschaft und des Wohnungsbaus.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Diese Schulden haben doch nichts mit betriebswirtschaftlichen Entscheidungen zu tun. Sie wurden den Unternehmen vom Staat willkürlich auferlegt und hängen ihnen wie ein Mühlstein am Halse. Sie müssen davon befreit werden.

    (Zuruf von der F.D.P.: Die hat ja keine Ahnung!)

    Fünftens. Wir brauchen eine Verbesserung und Konzentration der steuerlichen Investitionsförderung auf ein klares und überschaubares Instrument. Die Investitionszulage für Investitionen im Osten ist auf 20 % zu erhöhen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: 25!)

    Sechstens. Wir brauchen eine Perspektive für die Unternehmen, die bisher auf die osteuropäischen Exportmärkte ausgerichtet waren. Meine Damen und Herren, es ist doch ein Aberwitz, daß einerseits ein Teil der russischen Fischfangflotte nicht auslaufen kann, weil ihr Motoren fehlen, aber andererseits in Magdeburg, wo diese Motoren gebaut werden, Menschen arbeitslos werden, weil die Russen die Motoren derzeit nicht bezahlen können.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ist es denn da nicht vernünftiger, statt den Arbeitern in Magdeburg Arbeitslosengeld zu zahlen, der Firma zeitlich befristet Hilfe zukommen zu lassen, so daß sie die Motoren trotzdem an die Russen liefern kann? Dann haben die Fischer in Rußland und auch die Arbeiter in Magdeburg Arbeit, und die Menschen für
    Arbeit zu bezahlen ist allemal besser als für Arbeitslosigkeit.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch und Lachen bei der CDU/CSU)

    — Ich weiß gar nicht, warum Sie lachen.
    Man hört, der Herr Möllemann prüfe so etwas.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber zwei Jahre nach der Einheit immer nur prüfen und prüfen, das muß nun mal ein Ende haben. Hier muß gehandelt werden! Ihr Motto „Die beste Wirtschaftspolitik ist keine Wirtschaftspolitik" hat den Aufbau im Osten ohnehin schon zu lange behindert.

    (Beifall bei der SPD)

    Wie lange wollen Sie sich denn noch die Frage anhören, die beim letzten Karnevalsumzug in Bonn gestellt wurde, wo es hieß:

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist auch Ihr Niveau! Genau so!)

    Erst hatten wir den Bangemann, dann hatten wir den Haussmann, jetzt haben wir den Möllemann; wann kriegen wir als Wirtschaftsminister denn endlich einmal einen Fachmann?

    (Beifall bei der SPD — Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Klatschmarsch für die Doof Nuß!)

    Das Wichtige daran ist,

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Klatschmarsch für Frau Matthäus-Maier!)

    daß Narren die Wahrheit sprechen, meine Damen und Herren.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Das ist ein Angriff auf die Karnevalisten in Bonn, was Sie da erzählen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wir nehmen die Karnevalisten in Schutz!)

    Siebtens. Lassen Sie ab von Ihrem Vorhaben, gerade bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik zusammenzustreichen. Das schafft wieder hunderttausend neue Arbeitslose. Angesichts von teilweise 40 % oder 50 % Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern und zunehmender Verzweiflung der Menschen ist das doch der helle Wahnsinn, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Achtens. Wir brauchen eine Initiative zur Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das würde nicht nur zu einer gerechteren Verteilung des Produktivvermögens führen. Damit ergäben sich dann auch neue Möglichkeiten, die Investitionskraft der Unternehmen zu stärken und die Entwicklungen von Lohn und Produktivität einander besser anzupassen.

    (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Heißt das Investivlohn?)




    Ingrid Matthäus-Maier
    — Unter anderem auch, aber das reicht sicher nicht aus, Graf Lambsdorff, denn wir wollen es nicht auf einen Betrieb beschränken, wie Sie wissen.
    Die jetzt in der Union geführte Finanzdebatte kommt zwar reichlich spät, aber sie könnte der Beginn des nötigen Neuanfangs sein. Immerhin hat die Union mit der Debatte Einsicht in dreierlei Punkten gezeigt.
    Einsicht Nummer eins ist, daß wir für den Aufbau in den neuen Bundesländern mehr tun müssen als bisher.
    Einsicht Nummer zwei ist, daß bei der Finanzierung der deutschen Einheit die Bürger mit den starken Schultern bisher kaum herangezogen wurden.
    Einsicht Nummer drei ist, daß es speziell für die privaten Investitionen in den neuen Ländern zusätzliche Anreize geben muß.
    Diese Einsicht allein reicht aber nicht aus. Entscheidend ist, daß auch der zweite Schritt getan wird, daß nämlich gehandelt wird. Sie müssen jetzt endlich die beiden Kardinalfehler korrigieren, die Sie bei der Herstellung der deutschen Einheit gemacht haben. Fehler Nummer eins: Sie haben den Menschen nicht die Wahrheit gesagt. Sie haben im Osten und im Westen Illusionen geweckt, die nicht zu erfüllen waren.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweiter schlimmer Fehler: Sie haben die zahlreichen Angebote der SPD — von Hans-Jochen Vogel über Björn Engholm bis zur Aufforderung von Altbundeskanzler Helmut Schmidt — zu einer parteienübergreifenden Zusammenarbeit für den Aufbau der neuen Länder immer und immer wieder zurückgewiesen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Wo war denn der Klose?)

    Wir fordern Sie auf: Kommen Sie raus aus dieser Neinsagerecke!

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Verweigern Sie nicht länger die angebotene Zusammenarbeit! Dann können wir es schaffen; allein schaffen Sie es nicht.
    Ihr Vorschlag eines Solidarpaktes weist in diese Richtung, aber, meine Damen und Herren, die Oberschrift allein reicht nicht. Es kommt auf den Inhalt an, und da scheint mir, Sie treten bisher mit viel Lärm auf der Stelle. Fragen über Fragen bleiben unbeantwortet: Werden Sie Steuern erhöhen? Wenn ja, welche, wie hoch, und wer wird davon betroffen? Wollen Sie es wirklich bei der unseligen Vermögensteuersenkung für 1993 belassen, obwohl Sie zugleich die Masse der Menschen mit der Mehrwertsteuererhöhung belasten? Wie hoch sind nun eigentlich die öffentlichen Schulden? Wie hoch sind dafür die Zinszahlungen? Wie sollen sie bedient werden? Wo wollen Sie denn nun endlich sparen?

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Wollen Sie das Ergebnis des Vermittlungsausschusses vorwegnehmen?)

    Wo bleibt der Subventionsabbau, und wo wird umgeschichtet?
    Meine Damen und Herren, keine dieser Fragen hat der Finanzminister heute beantwortet. Sie haben herumgeeiert.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Sie waren wohl nicht im Saal?)

    Im Gegenteil, in der Frage der Steuererhöhung haben Sie derart ausweichend geantwortet, daß jeder weiß: Wer so ausweichend antwortet, der hat die nächste Steuererhöhung schon in der Tasche, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD — Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Na, da gehen Sie aber zu weit!)

    Sie wehren sich gegen den Vorwurf der Steuerlüge. Aber Sie können machen, was Sie wollen: Dieser Bundeskanzler wird als Kanzler der Steuerlügen in die Geschichte eingehen, und Sie, Herr Waigel, als sein Helfershelfer.

    (Lachen und Oh-Rufe bei der CDU/CSU)

    Die erste Steuerlüge von vor der Bundestagswahl haben wir alle gut im Kopf. Die zweite folgte auf dem Fuße mit der Mehrwertsteuererhöhung. Viele Bürger hatten Ihnen übrigens geglaubt, daß die Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit der EG-Harmonisierung erhöht werden müsse.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Ja!)

    Doch die Richtlinie, die Sie angeblich dazu zwingt, gibt es heute immer noch nicht. Es zeigt sich, daß Sie auch da die Unwahrheit gesagt haben.
    Die „Süddeutsche Zeitung" hat Sie in diesen Tagen „einen hochrangigen Verniedlicher, der den Bürgern Sand in die Augen streut", genannt. Dieses ist durch Ihren Finanzplan erneut bestätigt. Ihr Finanzplan ist nicht nur unvollständig, sondern er weist Löcher wie ein Schweizer Käse auf;

    (Lachen auf der Regierungsbank)

    denn für erkennbare Risiken und notwendige Auf gaben ist keine Vorsorge getroffen. Beispiel Nummer 1: der Grundfreibetrag. Jeder weiß, daß in Deutschland die Lohn- und Einkommensteuer verfassungswidrig zu hoch ist. Ab einem Monatseinkommen von 792 DM zahlt ein Arbeitnehmer bereits Lohnsteuer.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Wie war es zu euren Zeiten?)

    Das heißt, der Staat steuert seinem Bürger einen Teil des Existenzminimums weg. Das ist verfassungswidrig, und das wird das Bundesverfassungsgericht feststellen. Deshalb muß der Grundfreibetrag erhöht werden. Sie wissen das; denn seit längerem ergehen deshalb alle Steuerbescheide nur noch vorläufig. Stellen Sie sich doch einmal vor, was Sie hier im Bundestag veranstalten würden, wenn ein sozialdemokratischer Finanzminister es gewagt hätte, zig Millionen Steuerbescheide vorläufig zu erlassen, weil er weiß, daß er seine Bürger verfassungswidrig besteuert. In Ihrem Haushalt, in Ihrer Finanzplanung



    Ingrid Matthäus-Maier
    ist für die notwendige Senkung der Lohn- und Einkommensteuern aber kein Pfennig vorgesehen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das kann doch nicht wahr sein!)

    Die Bürgschaftsrisiken: Allein an die Staaten der ehemaligen Sowjetunion hat der Bund Bürgschaften in Höhe von 42 Milliarden DM gegeben. Eine ehrliche Finanzpolitik muß eingestehen, daß hier hohe Ausfälle zu erwarten sind. Auch hierfür fehlt in Ihrem Haushalt die notwendige Vorsorge. Wir haben im Bundestag parteiübergreifend die Reform des § 218 mit wichtigen und positiven Maßnahmen für die Familien mit Kindern und zum Schutz des ungeborenen Lebens beschlossen. Der Bundesfinanzminister will sich an den milliardenschweren Kosten für den Bau der dringend notwendigen Kindergärten nicht beteiligen und verweist auf die Länder und Gemeinden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Aber Sie wissen doch selber: Im Finanzausgleich werden Länder und Gemeinden dafür einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer geltend machen. Das reißt dann wieder ein Loch in die Kasse, für das der Bundesfinanzminister keine Vorsorge getroffen hat.

    (Zurufe von der SPD: Verschiebebahnhof! Verschiebebahnhöfe!)

    Der Bundeskanzler hat sich auf dem Umweltgipfel in Rio für mehr Umweltschutz und eine Aufstockung der deutschen Entwicklungshilfemittel auf 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts ausgesprochen.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Aber das stimmt doch gar nicht, was Sie da sagen! Lesen Sie doch richtig!)

    Das ist gut so.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Lesen Sie den Text richtig!)

    — Dann korrigieren Sie es, Herr Bundeskanzler.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Nein, Sie müssen es korrigieren!)

    — Wer in den letzten Jahren und Monaten Gelegenheit hatte, Falschaussagen zu korrigieren, Herr Bundeskanzler, das sind nicht wir, sondern ganz offensichtlich Sie mit Ihrer Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Es ist doch geschrieben! Sie können doch die Wahrheit sagen!)

    Sieht man sich den Etat des Entwicklungshilfeministers an, so kann man feststellen, daß dieser praktisch auf der Stelle tritt.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Da ist jemand ertappt worden und schreit!)

    Der Etat des Umweltministers geht sogar zurück. Entweder sind die entwicklungs- und umweltpolitischen Versprechungen des Bundeskanzlers unehrlich, oder der Bundeshaushalt stimmt nicht. Wahrscheinlich trifft beides zu.
    Was machen Sie eigentlich, Herr Waigel, wenn die Konjunktur weiter erlahmt und die Steuereinnahmen nicht so ausfallen wie erwartet? Ich frage mich manchmal, ob bei dieser Bundesregierung der Finanzminister überhaupt noch in Bonn mit am Kabinettstisch sitzt oder ob er seine Zeit überwiegend als CSU-Vorsitzender in München verbringt.

    (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Also! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Das ist billig!)

    Alles mögliche wird beschlossen. Dann wird verkündigt, man habe ein Problem gelöst. Nur — die entscheidende Frage der Finanzierung bleibt offen. So war es bei der Bahnreform. So war es dann auch bei der Pflegeversicherung. Am Tag danach geht dann jeweils das Hickhack um die Finanzierung los. Mir scheint, über Geld und solide Finanzen spricht man wohl gar nicht mehr in diesem Kabinett, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein weiteres Beispiel für die Unehrlichkeit der Bundesregierung ist ihr Umgang mit der Staatsverschuldung. Um die Schuldenlast der öffentlichen Hände nicht gar so groß aussehen zu lassen, verschieben Sie Hunderte von Milliarden Schulden listig in Sonderhaushalten, Verschiebebahnhöfen und diversen Schuldentöpfen. Ihr neuestes Meisterstück haben Sie jetzt geliefert, indem Sie die über 50 Milliarden DM Schulden von Reichs- und Bundesbahn in einen neuen Schuldentopf packen, den Sie auch noch „Sondervermögen" nennen.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Ein Sonderhaushalt, der aus überhaupt nichts anderem besteht als aus zig Milliarden DM Schulden, erhält den schönen Titel Sondervermögen. Da packt man sich doch an den Kopf, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein wahres Lehrstück ist der größte Schuldentopf — die Treuhandanstalt. Zunächst hieß es — übrigens noch in der Debatte vom letzten Jahr — von seiten des Herrn Finanzministers, das sei eine Privatholding, die den Bundeshaushalt überhaupt nicht belaste. Dann sollte plötzlich die eine Hälfte der Schulden von den neuen Bundesländern übernommen werden, was ja offensichtlich gar nicht geschafft werden kann. Dann hieß es aber, die alten Bundesländer sollten die Hälfte übernehmen. Dabei ist die Wahrheit doch ganz einfach. Sie steht schwarz auf weiß im Einigungsvertrag: Die Treuhand ist eine bundesunmittelbare Anstalt des Bundes, deshalb müssen die ganzen 250 Milliarden DM in die Finanzplanung des Bundes eingestellt werden. Sie stellen aber nur 125 Milliarden DM ein, die anderen 125 Milliarden DM sind weg. Diese wundersame Schuldenversenkungsaktion für 125 Milliarden DM wird nicht lange halten. Auch in dieser Frage, Herr Finanzminister, wird Sie die Wahrheit ereilen.
    Zur Zeit beträgt die Verschuldung der öffentlichen Hände in der Bundesrepublik Deutschland 1,6 Billionen DM. Auf jedem Bürger lastet eine Staatsverschuldung von 20 000 DM. Zum Ende der Finanzplanung



    Ingrid Matthäus-Maier
    1996 werden es fast 2,3 Billionen DM Staatsschulden sein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die SPD-Schulden sind darin enthalten!)

    Das macht eine Staatsverschuldung von rund 28 000 DM pro Bürger aus.
    Obwohl der Staat in jeder Minute 1,4 Millionen DM Steuern einnimmt, macht er zusätzlich in jeder Minute 360 000 DM neue Schulden und zahlt für diese Schulden in jeder Minute 244 000 DM Zinsen. Jede Minute gibt es neue Staatsschulden etwa in der Größenordnung des Wertes eines Eigenheims. Jede Minute werden Zinsen auf Staatsschulden in Höhe von einer Viertelmillion DM fällig. Bald schon wird jede fünfte Steuermark für Zinszahlungen der öffentlichen Hand aufgebracht werden müssen. 6 400 DM muß eine vierköpfige Durchschnittsfamilie im Jahr allein für die Zinsen des Staates aufbringen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Was ist das jetzt für eine Rechnung?)

    Sie, Herr Waigel, werden als größter Schuldenmacher in die Geschichte dieses Landes eingehen. Unsere Kinder und Enkel werden für diese enormen Schulden noch bezahlen müssen.
    Wir Sozialdemokraten sind der Ansicht: Diese Schuldenexplosion muß endlich gestoppt werden. Deswegen lehnen wir eine weitere Erhöhung der Staatsschulden schlicht und einfach ab.

    (Zurufe von der CDU/CSU — Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Als was werden Sie in die Geschichte eingehen?)

    Es scheint klar, meine Damen und Herren, daß Ihre Vorschläge für eine Zwangsanleihe oder eine Deutschlandanleihe jetzt vom Tisch sind. Das ist auch gut so, denn das wären natürlich überwiegend neue Staatsschulden gewesen, und außerdem — und das ist besonders wichtig — wäre dies sozial ungerecht; denn Sie würden von den Höherverdienenden das Geld nur leihen, während Sie bei den kleineren und mittleren Einkommen ununterbrochen abkassieren, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abgeordneten Dr. Gregor Gysi [PDS/Linke Liste])

    Und schließlich hat das Bundesverfassungsgericht die Zwangsanleihe schon 1984 für verfassungswidrig erklärt.
    Aber, meine Damen und Herren, wenn es so ist, daß die Zwangsanleihe und die Deutschlandanleihe vom Tisch sind, dann, scheint mir, steht doch die Regierung jetzt ganz ohne Hemd und Hose da,

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P. — Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt gehen Sie aber zu weit!)

    denn das einzige, was auch nur den Anschein sozialer Ausgewogenheit erwecken sollte, die Zwangsanleihe für höhere Einkommen, wurde wieder aus dem Verkehr gezogen. Wie können Sie denn dann überhaupt noch von einem Solidarpakt sprechen, wenn in diesem Solidarpakt aber auch nicht ein einziges Element
    für eine solidarische Finanzierung durch höhere Einkommen vorhanden ist, meine Damen und Herren?

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie nicht unserem Vorschlag folgen, nämlich der Verlängerung des Solidaritätszuschlags für Einkommen über 120 000 DM, dann beinhaltet Ihr Solidarpakt doch in der Sache nichts anderes als einen Lohnverzicht für Arbeitnehmer. Die CDU-Kollegen aus den neuen Ländern müssen sich ganz schön verschaukelt vorkommen. Sie sind hier ganz schön ausgetrickst worden, und Herr Krause, ihr Sprecher, hat eine ganz besonders zwielichtige Rolle dabei gespielt.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Nein, meine Damen und Herren, mit immer neuen Tricks werden Sie die Staatsfinanzen nicht in den Griff bekommen. Sie sind auf der Suche nach dem Dukatenesel, aber ich frage Sie: Warum schließen Sie sich nicht unserer Forderung an, finanziell solide, sozial gerecht und in der Verfassung ausdrücklich vorgesehen, nämlich der Verlängerung des Solidaritätszuschlages bei Einkommen über 120 000 DM bei Verheirateten beziehungsweise 60 000 DM bei Ledigen hinaus unter Anrechnung von Investitionen im Osten? Ich sage Ihnen: Sie werden daran nicht vorbeikommen!

    (Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)

    Das ist keine Frage von Philosophie oder von Ideologie, das ist eine ganz einfache Frage des Rechnens, weil es ohne das nicht geht. Und je besser Sie aus der Nein-Sager-Ecke herauskommen, um so besser für Sie, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD)

    Meinen Sie denn, uns Sozialdemokraten macht es Spaß, den Menschen eine Steuererhöhung anzukündigen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie tun es aber! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Aber wenn sie denn unvermeidbar ist, dann sollte man sie den Menschen offen und ehrlich sagen. Wer angesichts der großen Herausforderungen der deutschen Einheit meint, die Einkommen von über 120 000 DM im Jahr könnten zur deutschen Einheit nicht mehr beitragen als bisher, liegt schief.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich kenne viele Menschen mit solchen Einkommen — und das weiß ich doch auch von uns selber —, die bereit sind, auch über den 1. Juli 1992 hinaus diesen Zuschlag zu zahlen. Wir wissen doch, daß Einkommen in dieser Größenordnung 1990, als der Fall der Mauer Gott sei Dank schon da und die Einheit zum Greifen nahe war, eine kräftige Steuersenkung erhalten haben. Rund 10 Milliarden DM der 20 Milliarden DM Steuersenkung im Jahre 1990 gingen doch an Einkommen oberhalb von 100 000 DM. Da soll es dann eine Katastrophe sein, wenn man, zeitlich befristet, diese Steuersenkung wieder einsammelt für den Aufbau im Osten? Nein, meine Damen und Herren, das werden Sie uns nicht erklären können.



    Ingrid Matthäus-Maier
    Und wenn Sie uns schon nicht glauben, dann darf ich daran erinnern, daß es der Verteidigungsminister Rühe war, der dieser Tage von einer Gerechtigkeitslücke gesprochen und gemeint hat, die soziale Symmetrie sei in diesem Lande bei der Finanzierung der Einheit nicht gewährleistet. Herr Rühe hat recht, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Natürlich würde man sich in der jetzigen Konjunkturlage auch ökonomisch etwas anderes lieber wünschen als den Solidaritätszuschlag, aber unser Vorschlag ist ökonomisch auf jeden Fall besser als die von Ihnen durchgesetzte Mehrwertsteuererhöhung und als Ihre verschiedenen Anleihemodelle, die die Staatsverschuldung und damit die Zinsen immer weiter nach oben treiben und damit der Konjunktur wirklich schaden.
    Wenn nun sogar Arbeitgeberpräsident Murmann sagt, daß er den Solidaritätszuschlag besser finde als Ihr Anleihechaos, dann ist das doch ein Wort. Für die Wirtschaft ist das das Ergebnis einer einfachen Rechnung. Im Gegensatz zur Bundesregierung hat die Wirtschaft dort Gott sei Dank keine Blockade. Die Wirtschaft braucht vor allem Verläßlichkeit und Berechenbarkeit. Was ihr dagegen wirklich schadet, ist das finanzpolitische Durcheinander dieser Bundesregierung mit noch höheren Schulden, noch höheren Zinsen, noch mehr Inflation und schließlich doch noch höheren Steuern. Dieses Finanzchaos ist Gift für die Konjunktur und schadet, Herr Bundesfinanzminister, dem Standort Deutschland mehr als die Höhe des Körperschaftsteuersatzes mit einem halben Punkt hinauf oder hinunter.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das kann nur Tricki-Theo!)

    Meine Damen und Herren, was mich bei diesem Geldbeschaffungschaos besonders bedrückt, ist, daß damit abgelenkt wird von unserer vordringlichen Aufgabe als Finanzpolitiker, nämlich der Aufgabe, in den öffentlichen Haushalten sehr viel mehr als bisher zu sparen. Das ist doch der Dreh- und Angelpunkt einer soliden Finanzpolitik.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Deswegen fordern Sie Steuererhöhungen!)

    Alle öffentlichen Haushalte müssen auf den Prüfstand.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sagt das Oskar?)

    Diese Einsicht, scheint mir, hat sich in der Öffentlichkeit, aber auch bei vielen Politikern noch nicht ernsthaft durchgesetzt. Ein Verteidigungshaushalt von über 50 Milliarden DM. Neue Agrarsubventionen, Steuersubventionen ohne Ende, Vermögens- und Gewerbesteuersenkungen, Senkung des Spitzensteuersatzes, mehr Geld für Europa, expo 2000, Olympische Spiele, Umzug von Regierung und Parlament, mehr Entwicklungshilfe, die Ausgaben für 700 000 Aussiedler und Asylbewerber — all dies zusammen, meine Damen und Herren, egal wie man die Positionen inhaltlich bewertet, all dies gleichzeitig neben dem Aufbau im Osten, das werden die öffentlichen Haushalte nicht schaffen. All dies kann nicht gleichzeitig finanziert werden. Wir überfordern damit den Staat, wir überfordern damit den Bürger. Wir wollen doch nicht in italienische und US-amerikanische Verhältnisse geraten.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sie wären längst dort!)

    Dort ist der Staat bereits handlungsunfähig. Noch sind wir nicht so weit, aber wenn wir nicht ernsthaft das Ruder herumreißen, dann besteht die Gefahr, daß wir auch in solche Zahlungsunfähigkeit hineinlaufen.
    Meine Damen und Herren, mit dem Sparen ist es bei Ihnen nicht weit her. Ich begrüße, daß Sie im Verteidigungshaushalt gespart haben. Das ist ein erster Schritt, aber er reicht doch nicht aus. Wer will uns denn eigentlich weismachen, daß man in einem Verteidigungshaushalt von über 50 Milliarden DM nicht noch etwas herausholen kann? Einen Verteidigungshaushalt so hoch wie im kalten Krieg und zugleich den Aufbau der neuen Länder am Ende des kalten Krieges — das kriegt man zusammen nicht in den Griff, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es heißt jetzt, Sie hätten den „Jäger 90" gestoppt. Schön wär's ja! Aber im gleichen Atemzug kündigen Sie ein anderes Jagdflugzeug an, das dann nicht mehr „Jäger 90" heißen, aber fast genausoviel kosten soll. In der Zeitung steht: 90 Millionen DM pro Stück, meine Damen und Herren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo steht das?)

    90 Millionen DM, damit ist das neue Jagdflugzeug so teuer wie der „Jäger 90" von vor zwei Jahren. Für das Geld, das ein einziges neues Jagdflugzeug, heißt es nun „Jäger 90" oder „Jäger light", kosten soll, können Sie aber rund tausend Sozialwohnungen bauen. Und was wir brauchen, sind Sozialwohnungen und nicht ein neues Jagdflugzeug, wie Sie das auch immer nennen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens: Der Bundesfinanzminister drückt sich nach wie vor davor, die von den Deutschen zuviel gezahlten 2 Milliarden DM Beitrag zu den GolfKosten von den Amerikanern zurückzufordern. Der Finanzminister sagt, er würde um die 2 Milliarden DM nicht feilschen. Wenn aber ein ganzer Bundestagsausschuß, nämlich der Ausschuß für Gesundheit, Sie einstimmig auffordert, daß sich der Bund an der Sanierung der Trinkwasserversorgung in den neuen Ländern beteiligt, dann feilschen Sie, dann sind Ihnen schon 100 Millionen DM im Jahr zuviel. Allein von den Zinsen für die zuviel gezahlten deutschen Golf-Gelder könnten Sie Jahr für Jahr mehr als 100 Millionen DM für die Sanierung des Trinkwassers im Osten einsetzen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Daß Sie die 2 Milliarden DM in den Schornstein
    schreiben, ist ein Verstoß gegen Ihre Pflicht, sorgfältig



    Ingrid Matthäus-Maier
    mit Steuergeldern umzugehen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abgeordneten Dr. Gregor Gysi [PDS/Linke Liste] — Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Drittens. Warum ziehen Sie im Westen noch immer sündhaft teure Straßenbauprojekte durch, obwohl die Menschen sie oft nicht wollen? Herr Krause, von den 100 Milliarden DM des Bundesverkehrswegeplans über zehn Jahre gehen zwei Drittel des Geldes nicht in den Osten, sondern in den Westen. Hier tut dieser famose Verkehrsminister also mehr für den Ausbau im Westen als für den Aufbau im Osten. Das ist doch Unsinn!

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Man kann doch im Westen Geld runterfahren, damit im Osten die Reichsbahn saniert wird und Straßen gebaut werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    Viertes Beispiel. In einer Zeit, in der die Schulden dieses Staates in den Himmel wachsen, hat die Bundesregierung für 1993 eine Senkung der Vermögen- und Gewerbesteuer durchgesetzt.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Zu Recht!)

    Björn Engholm hat in diesen Tagen ein Programm für mehr sozialen Wohnungsbau vorgelegt. Die Antwort des Finanzministers war, dafür habe er kein Geld. Tatsache ist aber: Mit den 4,5 Milliarden DM, die die Gewerbe- und Vermögensteuersenkung kostet, könnten fast 50 000 Sozialwohnungen gebaut werden.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sie haben von Wirtschaft keine Ahnung!)

    Da wäre das Geld doch sicher besser angelegt als in einer Vermögen- und Gewerbesteuersenkung.

    (Beifall bei der SPD — Peter Harald Rauen [CDU/CSU]: Billiger Populismus! Schämen Sie sich doch! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, Ihre Zwischenrufe zeigen mir, daß Sie offensichtlich die verheerenden Wohnungsverhältnisse in den Ballungsgebieten nicht kennen. Wissen Sie denn nicht, daß immer mehr Bezieher mittlerer Einkommen mittlerweile unterhalb der Armutsschwelle geraten, weil sie keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden?

    (Beifall bei der SPD)

    Wie können Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung denn eigentlich auf die Idee kommen, die Gelder für das Wohngeld auch noch abzusenken? Nein, hier muß gehandelt werden, und daran werden auch Sie nicht vorbeikommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Fünftens. Dringend notwendig ist auch die Verstärkung des Wohneigentums für breite Schichten. Noch
    immer aber ist es so, daß Bürger mit hohem Einkommen für ihr Eigenheim mehr als doppelt soviel steuerliche Entlastung vom Staat erhalten als untere und mittlere Einkommen. Bis weit hinein in Ihre Fraktion beklagen die Wohnungsbaupolitiker diesen Zustand. Das ist nicht nur sozial ungerecht, wie jeder sieht. Dies ist auch finanzpolitisch unsinnig; denn wenn ich bei den hohen Einkommen spare und statt dessen die Förderung für mittlere und niedrige Einkommen erhöhe, dann erhöht sich auch der private Eigenheimbau — und genau das wollen wir.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist neu!)

    Sechstens. Der gleiche Sparansatz — das Sparen an der einen Stelle und das Umschichten an die Stellen, wo das Geld hin muß — ist doch auch bei der Finanzierung eines höheren Kindergeldes möglich. Ich weiß, daß Sie an dieser Stelle immer unruhig werden.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Wir sind aber ruhig!)

    Frau Merkel hat einen entsprechenden Vorstoß gemacht. Warum? Frau Merkel hat mit uns zusammen festgestellt, daß z. B. eine Spitzenverdienerfamilie ohne Kinder Jahr für Jahr eine Steuersenkung über das Splitting von 22 842 DM im Jahr erhält. Meine Damen und Herren, eine Niedrigverdienerfamilie mit einem Kind bekommt in 14 Jahren nicht soviel Hilfe vom Staat wie die Spitzenverdienerfamilie ohne Kind in einem Jahr und jedes Jahr wieder.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Frau Merkel, deswegen war Ihr Ansatz, zu sagen: „Wir müssen mehr die Familie mit Kindern als die Tatsache der Eheschließung fördern", doch ein richtiger Ansatz.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Nur die Antwort, nämlich ein Familiensplitting, das war nicht der richtige Weg, weil dann die soziale Ungerechtigkeit noch wachsen würde.
    Ich frage Sie, Frau Merkel, aber ich frage Sie auch alle zusammen: Ist es denn nicht möglich,

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Die Familie abzuschaffen?)

    parteiübergreifend eine Initiative zu starten, daß wir Kindergeld, Kinderfreibetrag bei der Steuer und einen Teil des Ehegattensplittings zusammenfassen und damit das Kindergeld vom ersten Kind an auf 250 DM pro Monat erhöhen?

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Das ist vernünftig, das ist finanziell solide, weil es keinen Pfennig mehr kostet. Es würde gerade den Beziehern kleiner Einkommen im Westen, aber vor allen Dingen im Osten helfen.

    (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Das ist eine Steuererhöhung!)




    Ingrid Matthäus-Maier
    — Graf Lambsdorff, das ist eine Steuererhöhung? Wieso ist das eine Steuererhöhung?

    (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Ja, sicher!)

    In der Tat — ich sage das, weil Sie das ansprechen — würde für bestimmte Einkommen — ich hatte das eben angesprochen —, die heute vom Ehegattensplitting im Jahr bis zu 22 842 DM profitieren, dieser Vorteil zurückgehen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Nennen Sie die Zahl noch einmal!)

    Aber wer wirklich zur Kenntnis nimmt, daß uns insbesondere die kirchlichen Verbände jeden Tag ins Stammbuch schreiben, daß die Familien mit Kindern mittlerweile immer mehr an die Sozialhilfeschwelle heranrutschen, der muß das tun und darf sich nicht hinter eigensüchtigen Interessen verstecken.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Siebtens. Warum gehen Sie nicht endlich an den Abbau von Steuersubventionen heran? Da würde Graf Lambsdorff wahrscheinlich sagen: Abbau von Steuersubventionen ist Steuererhöhung. Diese Rechnung kenne ich. Das paßt zu ihm. Aber den kleinen Leuten in die Tasche packen! Das kennen wir.

    (Beifall bei der SPD)

    Warum kürzen Sie nicht endlich die bisherige unbegrenzte Abzugsfähigkeit von Bewirtungsspesen? Warum kürzen Sie nicht endlich die bisherige Abzugsfähigkeit von Kraftfahrzeugkosten für private Betriebs-Pkw? Keiner versteht, warum in diesem Lande Schmiergelder steuerlich abzugsfähig sind. Außerdem vermag ich nicht einzusehen, warum Spitzenverdiener, die zwei Kinder unter zehn Jahren haben, für eine Haushaltshilfe 12 000 DM im Jahr absetzen können, wofür ihnen der Staat 6 360 DM zurückgibt, während Otto Normalverbraucher nicht einmal den Kindergartenbeitrag von der Steuer absetzen kann. Mit den 500 Millionen DM, die die Streichung dieses Steuerprivilegs bringt, könnten wir entweder 20 000 neue Kindergartenplätze schaffen oder aber manche von den vielen Kindergartenplätzen, die Sie im Osten jetzt über die Wupper springen lassen, sanieren und erhalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie stehen immer wieder vor der Alternative: Kürzen Sie bei ungerechten Subventionen, und geben Sie das Geld dahin, wo es gebraucht wird — gerade im Osten —, oder bleiben Sie dabei, daß Spitzenverdiener in erster Linie Ihre Klientel sind.
    Meine Damen und Herren, über 500 Millionen DM gibt diese Bundesregierung allein für Öffentlichkeitsarbeit aus. Niemand will doch so viel Propaganda von Ihnen hören.

    (Beifall bei der SPD)

    Stellen Sie sich das vor: 500 Millionen DM, und die Politik ist dadurch auch nicht besser geworden.
    Wenn wir also wirklich von einem Sparhaushalt reden wollen, was Sie dauernd tun, Herr Waigel, dann fordern wir Sie dazu auf, in all den genannten Positionen, konkreten Einsparvorschlägen der SPD, mit uns zusammenzuarbeiten; denn für den dringend notwendigen Aufbau im Osten, für den Kampf gegen die Wohnungsnot und für die überfällige Sanierung der Staatsfinanzen brauchen wir gerade jetzt eine starke Regierung und eine ehrliche, solide und sozial gerechte Finanzpolitik. Beides fehlt bisher. Wir brauchen übrigens endlich auch einen Finanzminister, der sich mehr um solide Staatsfinanzen kümmert als um sein Amt als CSU-Vorsitzender.
    Unsere Vorschläge für den Aufbau im Osten für mehr Wohnungen und für solide und gerechte Finanzen liegen auf dem Tisch. Wir sind zu einer parteiübergreifenden Zusammenarbeit bereit.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: So billig wollen wir es gar nicht!)

    Aber wenn Sie, meine Damen und Herren in der Bundesregierung, zu dieser notwendigen gemeinsamen Anstrengung nicht in der Lage sind, dann machen Sie denen in Ihren Reihen Platz, die längst eingesehen haben, daß es so nicht weitergeht, und die auch bereit sind, die Fesseln, in die Sie sich verstrickt haben, zu lösen.
    Dieses Land braucht eine Kurskorrektur und wieder eine handlungsfähige Regierung. Es liegt an Ihnen, meine Damen und Herren in den Koalitionsfraktionen, daß unter dem Siechtum dieser Bundesregierung nicht auch noch unser Staat und unsere Demokratie dauerhaften Schaden nehmen.
    Ich danke Ihnen.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jochen Borchert.

(Zurufe von der CDU/CSU: Schön! — Endlich!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst bei dem Bundesfinanzminister für die nüchterne, sachliche und klare Darstellung der Finanzsituation und der Risiken bedanken.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die Sachlichkeit in dieser Rede ist besonders deutlich geworden durch das Kontrastprogramm der finanzpolitischen Sprecherin der SPD.

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    (V o r s i t z : Vizepräsidentin Renate Schmidt)

    Die Rede des Finanzministers hat sich wohltuend von der Polemik und den Verdrehungen der Frau Kollegin Matthäus-Maier abgehoben.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. — Detlev von Larcher [SPD]: Das ist eine schwache Pflichtübung!)

    Lassen Sie mich an zwei Beispielen gleich zu Beginn deutlich machen, daß die Frau Kollegin trickst, verdreht und, wie ich glaube, auch bewußt die Unwahr-



    Jochen Borchert
    heit sagt. Frau Matthäus-Maier, Sie haben den Finanzminister aufgefordert, die Mittel für den Golfkrieg, die wir an die Vereinigten Staaten gezahlt haben, zurückzuzahlen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die zuviel gezahlten!)

    — Die zuviel gezahlten. Sie wissen, daß die Abrechnungen der Vereinigten Staaten deutlich über den Zusagen liegen. Sie polemisieren hier wider besseres Wissen

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Nein!)

    ohne jede Rücksicht auf internationale Beziehungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Im Gegenteil!)

    Zweiter Punkt. Sie haben kritisiert, daß der Bundeskanzler die Zusagen, die er in Rio zur Entwicklungshilfe gemacht hat, nicht einhält. Sie kennen die Aussagen des Bundeskanzlers. Ich will Sie hier noch einmal zitieren:
    Wir bekennen uns deshalb zur Verstärkung der öffentlichen Entwicklungshilfe und bestätigen ausdrücklich das 0,7-Prozent-Ziel.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das habe ich doch gesagt!)

    Wir wollen so bald wie möglich erreichen, daß hierfür 0,7 % des Bruttosozialprodukts eingesetzt werden.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau das habe ich gesagt!)

    Dabei weise ich darauf hin, daß die Hilfen Deutschlands für seine östlichen Nachbarn angemessen zu berücksichtigen sind.
    Frau Kollegin, wenn diese Hilfen mit berücksichtigt werden,

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist es!)

    wird das 0,7-Prozent-Ziel schon heute erreicht. (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie kennen dieses Zitat. Trotzdem sagen Sie, der Bundeskanzler würde seine Zusagen nicht einhalten. Hier haben Sie wider besseres Wissen etwas behauptet, was nicht stimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Zurufe von der SPD)

    Mir ist bei dieser Rede der Frau Kollegin natürlich auch klargeworden, warum die SPD forderte, die Haushaltsdebatte abzusetzen.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ja, auf die Rede hätten wir verzichten können!)

    Wer sowenig Alternativen zur Finanzpolitik hat, der kann eigentlich nur fordern, diese Debatte abzusetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, zwei Jahre nach der Wiedervereinigung stehen wir vor einer wichtigen Phase der Gestaltung der weiteren wirtschaftlichen
    Entwicklung Deutschlands. Vor zwei Jahren haben wir alle die wirtschaftlichen Schäden unterschätzt, die 40 Jahre Sozialismus in der DDR hinterlassen haben.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Nicht alle, Sie ja!)

    — Sie sagen: nicht alle. Ich bitte Sie, die Aussagen etwa von Lafontaine und anderen nachzulesen, die von der DDR als einer blühenden Industrienation gesprochen haben. Hier gibt es, glaube ich, aus Ihren Reihen mehr Belege als auf unserer Seite.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Joachim Poß [SPD]: Für blühenden Unsinn sind Sie zuständig!)

    Verrottete Produktionsanlagen, Schäden in allen Bereichen der Infrastruktur und unvorstellbare Umweltlasten sind die Altlasten von 40 Jahren sozialistischer Planwirtschaft. 40 Jahre sind die Bürger um die Früchte ihrer fleißigen Arbeit betrogen worden. Diese Lasten und das Wegbrechen der Märkte in Osteuropa verzögern den Aufbau der neuen Bundesländer und erschweren die weitere wirtschaftliche Entwicklung.
    Wir wissen heute, daß der Aufbau der neuen Bundesländer länger dauert und mehr finanzielle Mittel erfordert. Die Finanzierung des Aufbaus der neuen Bundesländer und die Finanzierung der sozialistischen Erblast ist eine solidarische Aufgabe, bei der alle mithelfen müssen. Weder die alten Bundesländer noch die Tarifpartner dürfen so tun, als brauchten sie die Wiedervereinigung nicht zu berücksichtigen. Die Vollendung der Einheit läßt sich nur durch Sparen und Umschichten und eine vorübergehend höhere Kreditaufnahme der öffentlichen Hand finanzieren.
    Zwischen Ende 1989 und Ende 1991 ist im Zeichen der Vereinigung Deutschlands die Verschuldung der Gebietskörperschaften um mehr als ein Viertel gewachsen. Dieser Trend muß gestoppt werden. Mittelfristig muß dies über eine deutliche Senkung der Neuverschuldung aller öffentlichen Ebenen sichergestellt werden. Denn die Bürger brauchen eine sichere finanzpolitische Perspektive. Nationale und internationale Finanzmärkte erwarten unseren Beitrag zur Zinssenkung. Das Sparkapital wird dringend für private Investitionen benötigt. Die einmalige Aufgabe der Wiedervereinigung rechtfertigt es, die notwendigen Finanztransfers in der ersten Anschubphase verstärkt durch Kredite zu finanzieren.
    Im Mai 1992 wurde gemeinsam durch die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung der strenge Konsolidierungskurs erneut bestätigt. Im Lichte dieses Beschlusses können sich der Haushaltsentwurf 1993 und der Finanzplan bis 1996 durchaus sehen lassen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Aber nur weil das Licht trübe ist!)

    Die wirtschaftlichen Daten für den Haushalt sind so vorsichtig geschätzt, daß konjunkturelle Risiken im Haushalt aufgefangen werden.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das gab es bei der SPD nie!)




    Jochen Borchert
    Sie fragen, Frau Kollegin, was wir angesichts der schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Konjunktur machen. Ich kann nur sagen, daß dies bei unserer vorsichtigen Schätzung berücksichtigt worden ist. Dies unterscheidet unsere solide Haushaltspolitik von der Haushaltspolitik der 70er Jahre.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Haushaltsentwurf 1993 erreicht mit einer Steigerung von 2,5 % exakt den vorgegebenen Eckwert. Die durchschnittliche Steigerungsrate von 1992 bis 1996 unterschreitet mit 2,3 % die Zielvorgabe. Die Nettokreditaufnahme kann deutlich abgesenkt werden. Sie wird bis 1996 auf unter 25 Milliarden DM abgesenkt. Das Moratorium für alle finanzwirksamen Ausgaben wird voll erfüllt. Meine Damen und Herren, der Bund kann eine positive Konsolidierungsbilanz vorlegen. Darauf sind wir zu Recht stolz.
    Wir überlegen jetzt, wie durch einen Solidarpakt der öffentlichen Hand und der Tarifpartner die Bedingungen für den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Bundesländern weiter verbessert werden können. Es geht dabei um Aufgaben, die nicht durch den Bundeshaushalt allein geleistet werden können. Die Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Wachstum werden durch das Ausgabeverhalten der öffentlichen Hand auf allen Ebenen und durch die Tarifpolitik entscheidend mitgeprägt. Die Kritik der SPD, daß durch diese Überlegungen der Haushaltsentwurf 1993 und die mittelfristige Finanzplanung Makulatur seien, zeigen, daß die SPD die Herausforderung der Einheit bis heute nicht begriffen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Es geht uns nicht um neue Geldquellen für den Bundeshaushalt, sondern um eine Begrenzung des Ausgabenzuwachses bei Bund und Ländern. Es geht doch darum, daß sich alle Ebenen der öffentlichen Hand und die Tarifparteien gemeinsam der Aufgabe Vollendung der deutschen Einheit stellen. Dabei muß es die Aufgabe sein, die Belastungen auf alle gerecht zu verteilen.
    Der Bund kann im Gegensatz zu den Ländern eine erfolgreiche Konsolidierungsbilanz vorlegen. Die SPD verkürzt die Diskussion auf die Frage nach neuen Einnahmequellen, um damit von dem Versagen der SPD-regierten Bundesländer abzulenken. Die SPD fordert eine Ergänzungsabgabe und will die Länder sofort an den Mehreinnahmen beteiligen, obwohl Länder und Gemeinden Westdeutschlands bisher so gut wie keine Anstrengungen unternommen haben, um den Ausgabenanstieg zu begrenzen.
    Wir brauchen keine Debatte über neue Einnahmen für die alten Bundesländer. Die alten Bundesländer und ihre Gemeinden müssen vielmehr ihren Beitrag zur Entlastung der Kapitalmärkte leisten, indem sie den Ausgabenzuwachs auf 3 % begrenzen. Dabei wissen wir, es wird nicht alles finanzierbar sein, was wünschenswert ist. Aber wir lösen dieses Problem auch nicht mit immer neuen Forderungen an die Adresse des Bundes.
    Das notwendigerweise abstrakte Zahlenwerk des Haushaltsentwurfs 1993 vermittelt nicht die Einsparanstrengungen, die erforderlich waren, um den Ausgabenzuwachs 1993 auf 2,5 % zu begrenzen. Gegenüber dem alten Finanzplan ergab sich ein wesentlicher Mehrbedarf beim Fonds Deutsche Einheit, bei der Arbeitslosenhilfe, bei den Gewährleistungen und bei der Gemeinschaftsaufgabe der regionalen Wirtschaftsförderung. Ein Minderbedarf gegenüber den alten Daten ergab sich bei der Verzinsung, bei der Strukturhilfe — hier hat sich die SPD hinhaltend gewehrt — und beim Zuschuß zur Rentenversicherung.
    Auch der Verteidigungshaushalt 1993 wird gegenüber der bereits degressiven Finanzplanung noch einmal deutlich abgesenkt.
    Bei einer Ausgabensteigerung von 2,3 % ist entgegen der Kritik der Frau Kollegin Matthäus-Maier im Finanzplanungszeitraum für erkennbare Risiken Vorsorge getroffen. Risiken, die heute noch nicht absehbar sind, werden durch globale Mehrausgaben aufgefangen.
    Ab 1994 sind 5 Miliarden DM, also die Hälfte der Gesamtbelastungen, auf der Ausgabenseite als Zinszuschuß an den Kreditabwicklungsfonds berücksichtigt. Für die Altschulden und den Betrieb der Treuhandanstalt sind 13 Milliarden DM im Bundeshaushalt ab 1995 veranschlagt. Dabei ist eine hälftige Beteiligung des Bundes an den Gesamtaufwendungen unterstellt. Der Kreditrahmen für die Treuhandanstalt — auch dies wurde von der Frau Kollegin hier kritisiert — wurde von uns gemeinsam mit Zweidrittelmehrheit beschlossen, offensichtlich von den Kollegen der SPD gegen das Votum der Frau Kollegin.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das habe ich doch gar nicht kritisiert!)

    Ich habe heute gewartet, wann das Stichwort „Jäger 90" kommt. Von 1989 bis 1991 mußte der Jäger 90 für immer neue Finanzierungsforderungen der SPD herhalten. 1992 hat nun der Jäger 90 schuld an der Arbeit der Treuhandanstalt.
    Hohe Risiken stecken in der Position der Gewährleistungen, insbesondere für die GUS-Staaten. In 1993 wird der Ansatz für Entschädigungen aus Gewährleistungen um 1,4 Milliarden DM gegenüber 1992 auf 6 Milliarden DM erhöht. Davon stehen 55 % für die GUS-Staaten bereit.
    Für den Länderfinanzausgleich ist ab 1995 mit jährlich 15 Milliarden DM Vorsorge getroffen worden. Diese Beispiele zeigen: Die Bundesregierung hat die Finanzen im Griff.
    Lassen sie mich zu einem weiteren Punkt der Kritik durch die SPD kommen, zur Verschuldensproblematik. Die Frau Kollegin Matthäus-Maier hat heute wieder ein Schreckensbild der Verschuldung gemalt. Wir werden gerade an diesem Punkt nichts beschönigen und nichts vertuschen. Der voraussichtliche Schuldenanstieg seit 1989, dem letzten Jahr vor der Wiedervereinigung, bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums wird voraussichtlich 1 200 Milliarden DM betragen. Das sind Fakten, die wir nicht verheimlichen.
    Falsch ist allerdings die Behauptung der SPD, der Bund, diese Bundesregierung, der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister seien die für diese Schul-



    Jochen Borchert
    denexplosion Verantwortlichen. Der Obmann der SPD, Helmut Wieczorek, hat am 4. Juni in diesem Hause gesagt: „Der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushalts ... steigt bis 1995 ... auf 1 900 Milliarden DM.... 600 Milliarden haben wir Ihnen" — der jetzigen Regierung, 1982 — „überlassen. Die Differenz sind Ihre Schulden."

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: So ist das!)

    Meine Damen und Herren, es gibt eindeutig drei Verursacher: erstens die alte DDR, zweitens die Länder und ihre Gemeinden und dabei insbesondere die westlichen Bundesländer und drittens der Bund. Die Reihenfolge ist nicht beliebig gewählt. Der Bund ist, relativ gesehen, der geringste Verursacher, die alte DDR mit ihren Erblasten der größte. Ich will dies an Hand von einigen Fakten vortragen.
    Bei dem Anstieg der Verschuldung um 1 200 Milliarden DM wird der öffentliche Sektor sehr weit definiert. Er umfaßt den Bund, die Länder, die Gemeinden, das ERP und die Haushalte, die durch die Wiedervereinigung entstanden sind, also den Kreditabwicklungsfonds, den Fonds Deutsche Einheit, die Treuhandanstalt einschließlich des Wohnungsbaus in der ehemaligen DDR.
    Schaut man sich die Zahlen an, dann stellt man fest, daß fast die Hälfte des Schuldenzuwachses durch den Prozeß der Wiedervereinigung verursacht wurde. 250 Milliarden DM an zusätzlichen Schulden bringt die Treuhandanstalt, weil wir mit dieser Summe die verrotteten Produktionsanlagen der ehemaligen DDR sanieren müssen.
    100 Milliarden DM entstehen durch den Kreditabwicklungsfonds. Nach dem Einigungsvertrag übernimmt der Kreditabwicklungsfonds die Bedienung der Altschulden der DDR und die Forderungen aus der Währungsumstellung. Diese Schulden waren zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung bereits entstanden und werden jetzt in dem Kreditabwicklungsfonds zusammengefaßt.
    95 Milliarden DM Schulden entstehen im Fonds Deutsche Einheit. Der Fonds Deutsche Einheit, der bis Ende 1994 den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern untereinander ersetzt, ist mit 95 Milliarden DM über Kredite finanziert.
    50 Milliarden DM Altschulden lasten auf dem Wohnungsbau in den neuen Ländern.
    45 Milliarden DM entstehen beim ERP.
    540 Millliarden DM oder 45 % des Schuldenzuwachses im Zeitraum von 1989 bis 1996 können durch diese Faktoren erklärt werden.
    Wer ständig die hohe Schuldenzunahme bemängelt, wie es heute die SPD wieder getan hat, der muß sich klarmachen, was er damit zum Ausdruck bringt. 45 % des Schuldenzuwachses sind im weitesten Sinne vereinigungsbedingt. Wer zur Wiedervereinigung ja sagt, muß auch zu dieser Finanzierungsaufgabe ja sagen. Wer zur Schuldenübernahme aus dem Prozeß
    der Wiedervereinigung nein sagt, der sagt auch nein zur Wiedervereinigung.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Und das sagt die SPD! — Ingrid Matthäus-Meier [SPD]: Das ist ja lächerlich! Witzbold!)

    — Hören Sie noch einen Augenblick zu!

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Was bis jetzt war, war schon genug!)

    Mit dem Inkrafttreten der Wirtschafts- und Währungsunion und der Sozialunion zum 1. Juli 1990 war klar, daß die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Gesamtheit die Erbschaft angenommen hat. Das war ein politisch notwendiger Schritt, um die Wiedervereinigung zu erreichen. Lassen Sie mich deutlich sagen: Das, was uns die alte DDR-Riege hinterlassen hat, ist schlimm. Das ganze Ausmaß wird erst allmählich sichtbar. Allein beim Kreditabwicklungsfonds und bei der Treuhand — es geht dort um die sozialistische Erblast im engeren Sinne — müssen wir 350 Milliarden DM Schulden übernehmen.
    Ich gebe zu, diese Erblast hätte geringer ausfallen können, aber nur bei einem geringeren Umtauschkurs. Wo hätte er denn liegen sollen, meine Damen und Herren von der Opposition, bei 1 :5 oder 1 : 10? Wollten Sie das den Bürgern in der ehemaligen DDR bei der Währungsunion zumuten? Dies wäre nun wirklich soziale Kälte.
    Im Gegensatz dazu entfallen auf den Bund nur gut 20 % des Schuldenzuwachses seit 1989, in absoluten Zahlen ausgedrückt: rund 260 Milliarden DM. Der Bund wird in diesen sieben Jahren sicherlich das Dreifache der Schulden als Bruttotransfer an die neuen Länder überweisen. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, in welchem Ausmaß der Bund seine Konsolidierungsaufgabe ernst nimmt.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr gutes Beispiel!)

    Die Frage, die sich heute stellt, lautet somit nicht, wer für den Schuldenzuwachs verantwortlich ist; da bestehen, glaube ich, keine Unklarheiten. Die Frage ist vielmehr: Wie werden diese Schulden dauerhaft und solide, ohne das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu gefährden, finanziert?
    Die SPD hat an dieser Stelle keine Vorschläge. Auf der Landesebene sagt die SPD: Wir haben kein Geld, wir haben damit nichts zu tun. — Sie betreiben ihr finanzpolitisches Geschäft weiter so, als hätte sich in Deutschland nichts ereignet. Mit anderen Worten: Die SPD-regierten Bundesländer sind nicht bereit, gesamtdeutsche Verantwortung zu übernehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Michael Glos [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Um von dieser Verantwortung der Länder abzulenken, versucht die SPD, den Bund für alle Schulden verantwortlich zu machen.
    Meine Damen und Herren, die gemeinsame Verantwortung aller Ebenen würde mit der Bildung eines Fonds sichtbar, in dem die Schulden der Treuhandanstalt und des Kreditabwicklungsfonds gebündelt werden. Die jährliche Annuität von 35 Milliarden DM könnte durch einen Vorwegabzug bei den Gemein-



    Jochen Borchert
    schaftssteuern finanziert werden. In ca. 25 bis 30 Jahren, also innerhalb einer Generation, wäre damit die Erblast getilgt. Das ist ein Lösungsvorschlag, der die gesamtstaatliche Verantwortung für diese Erblast deutlich unterstreicht. Mit diesem Vorschlag würden die erheblichen finanziellen Lasten gerecht auf alle Ebenen verteilt. Alle Ebenen würden auf diese Weise entsprechend ihrer Leistungskraft zum Kapitaldienst herangezogen.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Ein guter Vorschlag! — Dr. Peter Struck [SPD]: Was sagt Baden-Württemberg dazu?)

    Ich fasse zusammen: Die haushaltspolitischen Herausforderungen der gesamtdeutschen Wiedervereinigung sind eine gesamtstaatliche Aufgabe. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen sich angemessen an der Beseitigung der sozialistischen Hinterlassenschaft beteiligen. Bund, Länder und ihre Gemeinden, insbesondere die Länder und Gemeinden im Westen, stehen gleichermaßen in der Pflicht.
    Soll der geforderte Solidarpakt Erfolg haben, dann ist erforderlich, daß alle Beteiligten ihre sich selbst auferlegten Aufgaben erfüllen. Der Bund hält an den im Mai festgelegten Eckwerten fest. Gravierende Veränderungen bei den gesamtwirtschaftlichen Daten sind nicht eingetreten, neue Risiken nicht erkennbar. Der Haushalt 1993 ist solide finanziert. Der Ausgabenzuwachs bleibt mittelfristig unter 2,5 %.
    Im Gegensatz dazu halten sich insbesondere die westlichen Länder und Gemeinden nicht an den im Finanzplanungsrat gemeinsam vereinbarten Konsolidierungskurs. Dies wäre jedoch notwendig, um sich solidarisch am Aufbau im Osten Deutschlands zu beteiligen. Die alten Länder weigern sich damit gleichzeitig, Vorsorge für eine angemessene Beteiligung beim Abtragen der sozialistischen Erblasten zu treffen. Daraus könnten Finanzierungslücken entstehen, die aber nicht der Bund, sondern die Länder und die Gemeinden zu verantworten haben.
    Es gibt zur Fortsetzung der Konsolidierungsstrategie keine Alternative, es sei denn, wir wollten die Rahmenbedingungen für angemessenes wirtschaftliches Wachstum gefährden. Ein Prozentpunkt weniger Wachstum bedeutet rund 10 Milliarden DM weniger an Steuereinnahmen. Der Aufbau im Osten ist nur auf der Basis eines soliden wirtschaftlichen Wachstums möglich. Durch das vom Finanzminister erwähnte Standortsicherungsgesetz werden die Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland weiter verbessert. Die deutsche Einheit ist völkerrechtlich vollzogen. Wir müssen uns gemeinsam bemühen, die Einheit auch im Innern zu erreichen, indem jeder seinen Beitrag zum Solidarpakt für Deutschland leistet.
    Meine Damen und Herren, in einer Zeit großer Veränderungen und des schnellen Wandels brauchen Bürger Orientierung und Sicherheit. Wir brauchen Sicherheit nach außen und Sicherheit im Innern, und wir brauchen Sicherheit und Solidität in den öffentlichen Finanzen. Dieser Haushaltsentwurf und die mittelfristige Finanzplanung schaffen finanzielle Sicherheit für Deutschland in einer Zeit des Wandels.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)