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    Plenarprotokoll 12/91 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 91. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Parlaments von Armenien und seiner Delegation . 7399 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Karl-Heinz Spilker . . . 7399B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 7399B Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde für die Sitzung am 20. Mai 1992 in Berlin 7504 A Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (Drucksache 12/2297) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes (Drucksache 12/2376) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Helmut Rode (Wietzen), Wolfgang Ehlers, Andreas Schmidt (Mühlheim), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Wolfgang Lüder und der Fraktion der F.D.P.: Einbeziehung der deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler und der in Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa lebenden deutschen Minderheiten in die Politik der Verständigung und guten Nachbarschaft der BundesrepublikDeutschland gegenüber ihren östlichen und südöstlichen Nachbarn (Drucksache 12/2311) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Otto Reschke, Achim Großmann, Hans Gottfried Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bericht zum Baugesetzbuch (Drucksache 12/2133) e) Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft in Regensburg, Betriebs- und Geschäftsgrundstück (Drucksache 12/2401) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 4 c und 4 d: c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Eberhard Brecht, Gernot Erler, Hans Koschnick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gewährleistung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Selbstverwaltung der KosovoAlbaner (Drucksache 12/2289) d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Menschenrechtsverletzungen in Serbien und Kroatien (Drucksache 12/2290) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ingrid Köppe, Dr. Wolfgang Ullmann und der Gruppe Bündnis 90/GRÜNE: Zugriff II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 von Parteien und Kirchen auf Daten von Bürgerinnen und Bürgern im Melderecht (Drucksache 12/2533) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dietmar Schutz, Ulrike Mehl, Susanne Kastner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Aktionsprogramm zur Sanierung der Ostsee und der Gewässer in den neuen Bundesländern (Drucksache 12/2553) 7399D Tagesordnungspunkt 4 a, 4 b, 4 e bis 4 j: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 14. Dezember 1989 des Weltpostvereins (Drucksachen 12/1261, 12/2529) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Januar 1991 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Seeschiffahrt (Drucksachen 12/1586, 12/2314) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2262/84 über Sondermaßnahmen für Olivenöl (Drucksachen 12/1174 Nr. 2.18, 12/2188) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1676/85 über den Wert der Rechnungseinheit und die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik anzuwendenden Umrechnungskurse hinsichtlich der von der Abteilung Ausrichtung des EAGFL finanzierten Maßnahmen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 129/78 (Drucksachen 12/1174 Nr. 2.14, 12/2189) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Beförderung von Nuklearabfällen mit Fährschiffen und der Lagerung und Verarbeitung nuklearer Abfälle (Drucksachen 11/8490, 12/2407) h) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend die Werbung für Tabakerzeugnisse (Drucksachen 12/1612 Nr. 2.1, 12/2487) i) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 56 zu Petitionen (Drucksache 12/2510) j) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 57 zu Petitionen (Drucksache 12/2511) 7400C Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Zinsbesteuerung (Zinsabschlaggesetz) (Drucksache 12/2501) Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 02 A Gunter Weißgerber SPD . . . . . . . . 7403 D Claus Jäger CDU/CSU . . . . . . . . 7406 B Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 7407 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . 7408A Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . . . 7409B Hermann Rind F.D.P. . . . . . . . . . 7412 A Ludwig Eich SPD 7412B Manfred Hampel SPD . . . . . . . 7413 A Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . 7413C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 7415C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 7417 C Gunnar Uldall CDU/CSU 7417D Gunnar Uldall CDU/CSU 7419B Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . . . 7419C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . 7422 B Eike Ebert SPD 7423A, C Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 7423 B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 III Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/ CSU 7427 A Joachim Poß SPD 7427D, 7428C Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Umsatzsteuergesetzes und anderer Rechtsvorschriften an den EG-Binnenmarkt (Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz) (Drucksache 12/2463) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Freimut Duve, Dr. Willfried Penner, Wolfgang Thierse, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Beibehaltung des ermäßigten Steuersatzes für Kunstwerke (Drucksache 12/1320 — [v. 16. 10. 911]) Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 7429C Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 7430D Detlev von Larcher SPD 7431 A Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . . 7433D Freimut Duve SPD 7435B Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 7435C Gerhard Schüßler F D P 7436 D Freimut Duve SPD 7437 D Dr. Walter Hitschler F.D.P. . . . . . . 7438C Wilfried Seibel CDU/CSU 7438D Tagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Drucksachen 12/2108, 12/2118, 12/2518) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft (21. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Neunter Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Abs. 2 zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes auf das Bundesausbildungsförderungsgesetz (Drucksachen 12/1920, 12/1900, 12/2518) Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . 7440B Stephan Hilsberg SPD 7441 C Dirk Hansen F D P 7443 C Dr. Dietmar Keller CDU/CSU 7444 D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 7445A Josef Hollerith CDU/CSU 7445 C Günter Rixe SPD 7446 D Dr. Norbert Lammert CDU/CSU 7447C, 7450C Eckart Kuhlwein SPD 7447 D Dr. Michael Luther CDU/CSU 7448 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 7450A Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 7451A Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . 7451C Stephan Hlilsberg SPD 7452B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): Fragestunde — Drucksache 12/2516 vom 30. April 1992 — Forderung nach einer „asylantenfreien Zone" im Münchener Süden durch den Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Riedl; Entlassung Dr. Riedls bei der nächsten Kabinettsumbildung MdlAnfr 37, 38 Ulrike Mascher SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 7453B, 7454 A ZusFr Ulrike Mascher SPD . . 7453B, 7454 A ZusFr Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 7453C, 7454B ZusFr Dr. Rudolf Schöfberger SPD . . . . 7453C ZusFr Otto Schily SPD 7453D, 7454 B ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 7454 B Beteiligung des Bundeskanzlers an der Neubesetzung der Ressorts nach den Rücktrittsankündigungen des Bundesaußenministers und der Bundesgesundheitsministerin MdlAnfr 2 Norbert Gansel SPD Antw StMin Bernd Schmidbauer BK . . 7454C ZusFr Norbert Gansel SPD 7454 D ZusFr Otto Schily SPD 7455 B ZusFr Dr. Klaus Kübler SPD 7455 B ZusFr Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . 7455 C Billigung der Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Bergmann-Pohl auf die Frage zu dem Grußwort der Bundesgesundheitsministerin an die Organisation PRO FAMILIA durch den Bundeskanzler MdlAnfr 3 Claus Jäger CDU/CSU Antw StMin Bernd Schmidbauer BK . . 7455D ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 7456A ZusFr Norbert Gansel SPD 7456 B ZusFr Monika Ganseforth SPD 7456 C ZusFr Otto Schily SPD 7456 D ZusFr Ulrike Mascher SPD . . . . . . . 7457 A IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 Beurteilung der politischen Lage in Myanmar; humanitäre Hilfe zur Verbesserung der Situation der Flüchtlinge MdlAnfr 22, 23 Thea Bock SPD Antw StMin'in Ursula Seiler-Albring AA 7457B, 7458D ZusFr Thea Bock SPD 7457 D ZusFr Dr. Klaus Kübler SPD . . . 7458A, 7459A ZusFr Monika Ganseforth SPD . 7458B, 7459 B ZusFr Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU . . . 7458B Stipendien für Studenten aus den USA zum Studium an deutschen Hochschulen MdlAnfr 28 Otto Schily SPD Antw StMin'in Ursula Seiler-Albring AA 7459 C ZusFr Otto Schily SPD 7459 D Beurteilung der Menschenrechtssituation und der Demokratiesierung in der Elfenbeinküste MdlAnfr 29 Dr. Klaus Kübler SPD Antw StMin'in Ursula Seiler-Albring AA . 7460A ZusFr Dr. Klaus Kübler SPD 7460 B Zeitplan für die Verlegung des Lufttransportgeschwaders 62 und den Ausbau des Flugplatzes Briest in Brandenburg MdlAnfr 40, 41 Monika Ganseforth SPD Antw PStSekr Bernd Wilz BMVg 7460D, 7461 C ZusFr Monika Ganseforth SPD . 7461 A, 7461 C ZusFr Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD . . . 7461 B Ausbau des Militärflugplatzes Briest in Brandenburg MdlAnfr 42 Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD Antw PStSekr Bernd Wilz BMVg . . . . 7462A ZusFr Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD . . 7462 A Aussag en des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes über eine wachsende Armut in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 48, 49 Michael Habermann SPD Antw PStS'in Roswitha Verhülsdonk BMFuS 7462 C ZusFr Michael Habermann SPD 7463 B ZusFr Erika Reinhardt CDU/CSU . . . 7464 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Frage ihrer Handlungsfähigkeit angesichts von Meinungsunterschieden zum Beispiel in der Forderung nach einer „neuen" Außenpolitik, zu ungeklärten Finanzproblemen, zu Kürzungen von Renten und anderen sozialen Leistungen Hans-Ulrich Klose SPD 7464 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 7465 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 7466 C Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 7467 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 7468D Friedrich Bohl, Bundesminister BK . . . . 7469 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 7471 A Gunnar Uldall CDU/CSU 7472 A Wolfgang Thierse SPD 7473 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . 7474 A Rudolf Dreßler SPD 7474 D Heribert Scharrenbroich CDU/CSU . . 7475D Dr. Gisela Babel F D P. 7476 D Dietrich Austermann CDU/CSU 7478 A Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerd Andres, Hans Büttner (Ingolstadt), Konrad Gilges, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sofortmaßnahmen zur Arbeitsmarktpolitik (Drucksache 12/2212) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG-Änderungsgesetz) (Drucksache 12/1985) Dr. Regine Hildebrandt, Ministerin des Landes Brandenburg 7479B, 7501A Jürgen Koppelin F D P. 7479 D Julius Louven CDU/CSU 7483 A Detlev von Larcher SPD 7483 B Ottmar Schreiner SPD . . . . 7484A, 7485 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 7486 A Dr. Gisela Babel F D P. 7487 D Josef Grünbeck F.D.P. 7489A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7489 D Barbara Weiler SPD 7490C Adolf Ostertag SPD 7493 D Claudia Nolte CDU/CSU 7495 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 7497 A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 V Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 7498 A Jürgen Türk F.D.P 7499 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 7502 A Franz Romer CDU/CSU 7502 B Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 50 zu Petitionen (Straftaten gegen die persönliche Freiheit) (Drucksache 12/2094) Martin Göttsching CDU/CSU 7504 A Horst Peter (Kassel) SPD 7505 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 7506 C Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 7507 A Burkhard Zurheide F D P 7507 C Tagesordnungspunkt 12: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Peter Conradi, Achim Großmann, Dr. Eckhard Pick, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes (Drucksache 12/1856) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Achim Großmann, Albert Pfuhl, Dr. Eckhard Pick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbesserung des Schutzes für gewerbliche Mieter (Drucksache 12/1488) Dr. Eckhart Pick SPD 7509 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 7510B, 7515D Ernst Schwanhold SPD 7511 C Dr. Walter hitschler F D P 7512D Albert Pfuhl SPD 7514 A Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 7514 D Peter Conradi SPD 7516 C Dr. Reinhard Göhner, Parl. Staatssekretär BMJ 7517D Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Wolfgang Ullmann und der Gruppe Bündnis 90/GRÜNE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen von DDR-Unrechtstaten (Drucksache 12/2332) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hans de With, Hermann Bachmaier, Hans Gottfried Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zur Verfolgungsverjährung von Unrechtstaten in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 12/2132) Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 7519A Dr. Hans de With SPD 7520 A Dr. Michael Luther CDU/CSU . . 7521A, 7525D Jörg van Essen F.D.P. 7522 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 7523 D Nächste Sitzung 7525 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7527* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12b (Antrag: Verbesserung des Schutzes für gewerbliche Mieter) Dr. Reinhard Göhner, Parl. Staatssekretär BMJ 7527* D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 13 a und b (Entwurf eines Gesetzes zur Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen von DDR-Unrechtstaten und Antrag: Verfolgungsverjährung von Unrechtstaten in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) Dr. Reinhard Göhner, Parl. Staatssekretär BMJ 7528* C Anlage 4 Verhinderung der Vergabe der Mittel für Deutsche in den Oder-Neiße-Gebieten an polnische Institutionen MdlAnfr 21 — Drs 12/2516 — Ortwin Lowack fraktionslos SchrAntw StMin'in Ursula Seiler-Albring AA 7530B Anlage 5 Aufhebung der Feindstaatenklausel in der UN-Charta MdlAnfr 24, 25 — Drs 12/2516 — Klaus Harries CDU/CSU SchrAntw StMin'in Ursula Seiler-Albring AA 7530* C Anlage 6 Regelung der Umwelt- und Lärmschutzfragen vor der Zustimmung zum Übungsbetrieb anderer Streitkräfte als der der USA im Zusammenhang mit der Revision des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut VI Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 MdlAnfr 27 — Drs 12/2516 — Ludwig Stiegler SPD SchrAntw StMin'in Ursula Seiler-Albring AA 7531* A Anlage 7 Deutscher Beitrag für den internationalen Fonds zur Verhinderung der Beschäftigung von Atomwissenschaftlern aus der GUS in Krisengebieten; Beitrag anderer Länder MdlAnfr 30, 31 — Drs 12/2516 — Gernot Erler SPD SchrAntw StMin'in Ursula Seiler-Albring AA 7531* A Anlage 8 Umfang der Lagerung des Dekontaminierungsmittels C 8 in Bundeswehrdepots MdlAnfr 39 — Drs 12/2516 — Ortwin Lowack fraktionslos SchrAntw PStSekr Bernd Wilz BMVg . 7531* C Anlage 9 Zeitplan und Bereitstellung von Mitteln für die Aufstockung der Heeresunteroffiziersschule in Weiden MdlAnfr 43 — Drs 12/2516 — Ludwig Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Bernd Wilz BMVg . . 7531* D Anlage 10 Deutsche Hilfe bei der Minenräumung in Angola MdlAnfr 44, 45 — Drs 12/2516 — Hans-Günther Toetemeyer SPD SchrAntw PStSekr Bernd Wilz BMVg . . 7532* A Anlage 11 Beschaffung von Aramit-Helmen anstelle von Stahlhelmen durch das BMVg trotz negativer Untersuchungsergebnisse MdlAnfr 46, 47 — Drs 12/2516 — Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD SchrAntw PStSekr Bernd Wilz BMVg . . 7532* D Anlage 12 Auswirkung der seit 1992 geltenden Neufassung der Richtlinien für den Hilfsfonds „Schwangere in Not" auf die im Vorjahr gestellten Anträge auf Wohnungssanierung MdlAnfr 50, 51 — Drs 12/2516 — Dr. Christine Lucyga SPD SchrAntw PStS'in Roswitha Verhülsdonk BMFuS 7533* A Anlage 13 Erforschung des von Zecken übertragenen Frühsommermeningoenzephalitis-Virus MdlAnfr 52 — Drs 12/2516 — Horst Kubatschka SPD SchrAntw StSekr Baldur Wagner BMG . . 7533* D Anlage 14 Erbringung der Leistungen gemäß § 42a SGB V zu Lasten der Krankenkassen MdlAnfr 53 — Drs 12/2516 — Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD SchrAntw StSekr Baldur Wagner BMG . . 7534* A Anlage 15 Beurteilung des Honorarvertrags zwischen dem AOK-Landesverband und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen; Beurteilung der Zunahme niedergelassener Kassenärzte hinsichtlich des im SGB V festgelegten Grundsatzes der Beitragsstabilität MdlAnfr 54, 55 — Drs 12/2516 — Klaus Kirschner SPD SchrAntw StSekr Baldur Wagner BMG . 7534* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 7399 91. Sitzung Bonn, den 7. Mai 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 07. 05. 92* Böhm (Melsungen), CDU/CSU 07. 05. 92 * Wilfried Büchler (Hof), Hans SPD 07. 05. 92 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 07. 05. 92 * Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 07. 05. 92 Peter Harry Catenhusen, SPD 07.05.92 Wolf-Michael Dr. Däubler-Gmelin, SPD 07. 05. 92 Herta Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 07. 05. 92 Dreßler, Rudolf SPD 07. 05. 92 Dr. Eckardt, Peter SPD 07. 05. 92 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 07. 05. 92* Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 07. 05. 92* Francke (Hamburg), CDU/CSU 07. 05. 92 Klaus Gattermann, Hans H. F.D.P. 07. 05. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 07. 05. 92 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 07. 05. 92 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 07. 05. 92 Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 07. 05. 92 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 07. 05. 92 Henn, Bernd fraktionslos 07. 05. 92 Heyenn, Günther SPD 07. 05. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 07. 05. 92* Jaffke, Susanne CDU/CSU 07. 05. 92 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 07. 05. 92* Kauder, Volker CDU/CSU 07. 05. 92 Kittelmann, Peter CDU/CSU 07. 05. 92* Klein (München), Hans CDU/CSU 07. 05. 92 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 07. 05. 92 Kretkowski, Volkmar SPD 07. 05. 92 Kubicki, Wolfgang F.D.P. 07. 05. 92 Lohmann (Witten), Klaus SPD 07. 05. 92 Lummer, Heinrich CDU/CSU 07. 05. 92* Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 07. 05. 92* Erich Marten, Günter CDU/CSU 07. 05. 92* Matschie, Christoph SPD 07. 05. 92* Dr. Meyer zu Bentrup, CDU/CSU 07. 05. 92* Reinhard Mischnick, Wolfgang F.D.P. 07. 05. 92 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 07. 05. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 07. 05. 92* Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 07. 05. 92 Neumann (Bremen), CDU/CSU 07. 05. 92 Bernd Odendahl, Doris SPD 07. 05. 92 Opel, Manfred SPD 07. 05. 92 ** Paintner, Johann F.D.P. 07. 05. 92 Pfuhl, Albert SPD 07. 05. 92 * Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 07. 05. 92 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Probst, Albert CDU/CSU 07. 05. 92 * Reddemann, Gerhard CDU/CSU 07. 05. 92 * Reimann, Manfred SPD 07. 05. 92 * Rempe, Walter SPD 07. 05. 92 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 07. 05. 92 Reschke, Otto SPD 07. 05. 92 Schäfer (Offenburg), SPD 07. 05. 92 Harald B. Schanz, Dieter SPD 07. 05. 92 Dr. Scheer, Hermann SPD 07. 05. 92* von Schmude, Michael CDU/CSU 07. 05. 92* Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 07. 05. 92 Christian Dr. Soell, Hartmut SPD 07. 05. 92* Steiner, Heinz-Alfred SPD 07. 05. 92* Terborg, Margitta SPD 07. 05. 92* Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 07. 05. 92 Toetemeyer, SPD 07.05.92 Hans-Günther Vogel (Ennepetal), CDU/CSU 07. 05. 92* Friedrich Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 07. 05. 92 Walz, Ingrid F.D.P. 07. 05. 92 Weisskirchen (Wienloch), SPD 07. 05. 92 Gert Welt, Jochen SPD 07. 05. 92 Wissmann, Matthias CDU/CSU 07. 05. 92 Zapf, Uta SPD 07. 05. 92 Zierer, Benno CDU/CSU 07. 05. 92* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Zu Prokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 b (Antrag: Verbesserung des Schutzes für gewerbliche Mieter) Dr. Reinhard Göhner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz: Zum Antrag auf Verbesserung des Schutzes für gewerbliche Mieter darf ich folgende Anmerkungen machen: Nach Aufhebung des Geschäftsraummietengesetzes wurde die Bundesregierung immer wieder von den Verbänden oder durch parlamentarische Anfragen mit der Frage konfrontiert, ob Schutzvorschriften zugunsten der Geschäftsraummieter geschaffen werden sollten. Der in den letzten Jahren stattfindende Strukturwandel im Bereich der Wirtschaft führt vielfach zu einer Verdrängung kleiner und mittlerer Unternehmen aus Handel, Handwerk und sonstigem Dienstleistungsgewerbe aus den Innenstädten. Der Grund für diese Entwicklung, die auch ich bedaure, liegt häufig 7528* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 in mangelnder Rentabilität und in wirtschaftlich stärkerer Konkurrenz. Vielfach erfolgt eine Geschäftsaufgabe aber auch aus Altersgründen oder ähnlichen Gesichtspunkten. 1. Gesetzliche Mietzinsbegrenzungen wie etwa die Einführung einer ortsüblichen Vergleichsmiete für Geschäftsräume sind kein geeignetes Mittel, um hier der Entwicklung auf längere Sicht zu begegnen. So hat der DIHT, den ich auf seinem Feld als einen neutralen Sachwalter der betroffenen Interessen ansehe, in einer mir vorliegenden Stellungnahme vom Dezember 1991 zu dieser Frage zutreffend ausgeführt: „Keine staatliche Institution ist in der Lage, die Angemessenheit von Mietforderungen besser zu beurteilen, als dies eine Vielzahl von Mietinteressenten können, die auf Grund sorgfältiger Kalkulation von betriebsindividuellem Aufwand und Ertrag zu dem Ergebnis kommen, eine Mietforderung zu akzeptieren — oder sie abzulehnen. " Zudem sind ortsübliche Vergleichsmieten für Gewerberäume außerordentlich schwer zu ermitteln. Das Datenmaterial, das für entsprechende Mietspiegel erhoben werden müßte, wäre wegen der Vielzahl der Nutzungsmöglichkeiten noch bunter und vielfältiger als bei Wohnungen. Der Aufwand für die Erstellung solcher Mietspiegel wäre nicht vertretbar. Gesetzliche Mietpreisbegrenzungen würden sich letztlich auf die Angebotsentwicklung negativ auswirken. 2. Die Einführung eines besonderen Kündigungsschutzes für Gewerberaummieter kann nach Ansicht der Bundesregierung kein geeignetes Mittel sein, um die Probleme zu lösen. Der SPD-Antrag beschränkt sich inhaltlich im wesentlichen darauf, die in den neuen Bundesländern bis 1992 geltenden besonderen Schutzvorschriften für Geschäftsraummieter auf das gesamte Bundesgebiet zu übertragen. Dem Bundesrat liegt ein Gesetzesantrag des Landes Berlin zum Schutz der Mieter von Geschäftsräumen vor, der eine dem Wohnraumkündigungsschutz angenäherte Regelung vorsieht. Wie auch immer ein besonderer Kündigungsschutz für Gewerberaummieter gestaltet sein mag, letztlich wird auch er sich mittelfristig zu Lasten der Geschäftsraummieter auswirken. Würde die Vermietung von Geschäftsräumen derart engen, bürokratischen Reglementierungen unterworfen, wäre über kurz oder lang mit einem Rückgang der Bautätigkeit und der Vermietungen auf diesem Sektor zu rechnen. 3. Seit langem hat sich die Frage gestellt, ob die gesetzliche Kündigungsfrist für Geschäftsraummieter von nur drei Monaten den gewandelten Bedürfnissen dieser Mieter noch gerecht wird. Für die neuen Bundesländer sieht der Einigungsvertrag für die Geschäftsraummieter mit Altverträgen eine um drei Monate verlängerte Kündigungsfrist vor. Diese Sonderregelung ist bis zum 31. Dezember 1993 befristet. Nach Ansicht der Bundesregierung sollten zunächst die Erfahrungen mit der verlängerten Kündigungsfrist in den neuen Bundesländern abgewartet werden, bevor man hier zu Gesetzesänderungen schreitet. 4. Eine Ausdehnung der Förderung von Unternehmensberatungen ist nicht erforderlich. Die Richtlinien des Bundesministers für Wirtschaft über die Förderung von Unternehmensberatungen sehen durchaus vor, daß Beratungen über Mietverhältnisse im gewerblichen Bereich mitbezuschußt werden. Mit Rücksicht auf das Rechtsberatungsgesetz dürfen dabei allerdings die juristischen Fragen nicht überwiegen. Dies ist bei umfassenden betriebswirtschaftlichen Beratungen auch nicht zu erwarten. Für eine Ausdehnung der Förderung besteht daher kein Bedürfnis. Die Bundesregierung befürwortet es jedoch, wenn Verbände der gewerblichen Wirtschaft die Geschäftsraummieter stärker als bisher über die Rechtslage und über die Möglichkeiten der Vertragsgestaltung bei Mietverträgen im gewerblichen Bereich informieren. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 13 a und b (Entwurf eines Gesetzes zur Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen von DDR-Unrechtstaten und Antrag: Verfolgungsverjährung von Unrechtstaten in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) Dr. Reinhard Göhner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz: Der Unrechtsstaat DDR hat uns ein verheerendes Erbe hinterlassen, das uns noch lange Zeit beschäftigen wird. Wir müssen aus der völlig maroden und technologisch weitgehend überholten früheren Staatswirtschaft eine funktionierende konkurrenzfähige Wettbewerbswirtschaft machen. Die offenen Vermögensfragen müssen gelöst werden. Die Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland müssen angeglichen werden. Die Überwindung des DDR-Unrechtsregimes setzt aber vor allem voraus, daß wir die innere Einheit in unseren Köpfen schaffen. Es darf auf längere Sicht keine „Ossis" und „Wessis" mehr geben, sondern nur noch Bundesbürger. Diese innere Einheit schaffen wir nicht, indem wir den Mantel des Vergessens über das SED-Unrechtsregime decken. Wir müssen uns mit diesem Teil der deutschen Geschichte beschäftigen und uns mit ihm auseinandersetzen. Wir müssen uns der Opfer des SED-Unrechtsregimes annehmen. Sie müssen rehabilitiert und entschädigt werden. Und wir müssen uns auch mit den Verantwortlichen für das staatlich organisierte Unrecht befassen, den Tätern! Dies ist eine außerordentlich schwierige Aufgabe für unseren Rechtsstaat. Viele Menschen in den neuen Bundesländern erwarten von uns, daß wir diejenigen, die für vierzig Jahre Unrecht, Unterdrückung und vergebene Lebenschancen Verantwortung tragen, jetzt endlich zur Rechenschaft ziehen. Sie verstehen nicht, warum die Mühlen der Justiz so unendlich langsam mahlen, warum manchmal Funktionäre nur wegen Lappalien angeklagt und verurteilt werden Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 7529* können. Sie erleben nun, daß der Rechtsstaat, den sie herbeigesehnt haben, auch denjenigen zugute kommt, die das Recht mit Füßen getreten haben. Das ist aber gerade das Wesen des Rechtsstaats. Der Rechtsstaat kann und darf keine Unterschiede machen. Er muß seine rechtsstaatlichen Garantien allen ohne Ansehen der Person und ungeachtet des Gewichts der ihnen zur Last gelegten Straftaten zukommen lassen. Ein rechtsstaatliches Strafrecht ist kein flammendes Racheschwert, mit dem der Staat Vergeltung übt. Eine Bestrafung läßt der Rechtsstaat nur in engen Grenzen zu. Bereits zur Tatzeit muß eine Strafe für ein bestimmtes Verhalten gesetzlich bestimmt sein. Das Grundgesetz verbietet es uns, im nachhinein für bereits begangene Taten ein passendes Strafrecht zu machen. Dem Beschuldigten gibt der Rechtsstaat überdies zu seiner Verteidigung zahlreiche prozessuale Befugnisse. Alle diese Beschränkungen der Strafgewalt — als der einschneidendsten Form staatlicher Gewalt — sind gut und unerläßlich. Sie schützen alle Bürger ohne Ansehen vor ungerechter Strafe. Der Rechtsstaat nimmt es eher hin, daß ein Schuldiger seiner Strafe entgeht, als daß ein Unschuldiger bestraft wird. Das allein entspricht dem Wesen eines Rechtsstaates. Wir müssen den Menschen in den neuen Bundesländern helfen, dieses Wesen des Rechtsstaates zu verstehen. Unserem Rechtsstaat ist es wenig dienlich, wenn wie im Gesetzesantrag der Gruppe Bündnis 90/ GRÜNE infam behauptet wird, die strafrechtliche Ahndung von SED-Unrecht wurde durch die Nachgiebigkeit der westdeutschen Verhandlungsführung gegenüber der Nomenklatura der ehemaligen DDR verursacht und die Regelungen des Einigungsvertrags seien dadurch geprägt, daß sie einen wirksamen Schutz eben dieser Nomenklatura der DDR bewirken. Dies zeugt nicht nur von juristischer Ignoranz gegenüber den rechtsstaatlichen Garantien unseres Strafrechts, aus der sich notwendigerweise Beschränkungen der Strafgewalt ergeben. Es zeugt auch von historischer Unkenntnis bezüglich des Zustandekommens des Einigungsvertrags. Natürlich ist es absurder Unsinn zu behaupten, die Bundesrepublik Deutschland habe der Nomenklatura der DDR im Einigungsvertrag Zugeständnisse im Hinblick auf eine Strafverfolgung gemacht. Die Bundesregierung hat vielmehr im Einigungsvertrag alles daran gesetzt, eine solche Strafverfolgung im rechtsstaatlichen Rahmen zu ermöglichen. Sie hat, was speziell die Verjährung von Straftaten in der ehemaligen DDR angeht, eine Unterbrechungsregelung in den Einigungsvertrag eingestellt, die den Eintritt der Verfolgungsverjährung für solche Taten hinausschiebt. Die Schwierigkeiten, die es bei der Verfolgung der SED-Unrechtstaten gibt, beruhen nicht auf bundesdeutschen Zugeständnissen im Einigungsvertrag. Sie beruhen auf den rechtsstaatlichen Grenzen des Strafrechts und der noch nicht abgeschlossenen Aufbauphase der Justiz in den neuen Bundesländern. Offenbar will auch der Gesetzesantrag der Gruppe Bündnis 90/GRÜNE die rechtlichen Regelungen des Einigungsvertrags gar nicht verändern. Nach der Gesetzesbegründung solle es sich nur um eine Klarstellung handeln. Um so unverständlicher sind mir deshalb die angesprochenen polemischen Ausführungen in der Gesetzesbegründung. Die rechtsstaatlichen Beschränkungen der Strafgewalt können wir nicht zur besseren Ahndung des SED-Unrechts beseitigen. Dies hieße die Idee des Rechtsstaats gerade dort zu verleugnen, wo man ihn nach vierzig Jahren Unrecht einführen will. Dort allerdings, wo wir Funktionären des SED-Unrechtsregimes auf rechtsstaatlicher Grundlage in rechtsstaatlicher Weise kriminelles Unrecht nachweisen können, muß der staatliche Strafanspruch durchgesetzt werden. Das sind wir nicht nur den Opfern des SED-Unrechtsregimes schuldig, sondern auch dem Rechtsstaat. Es geht nicht um Rache und Vergeltung oder gar Siegerjustiz. Es geht um die Verwirklichung und Durchsetzung des Rechtsstaats. Angesichts des Zeitraums von vierzig Jahren, über den sich das SED-Unrechtsregime erstreckt hat, stellt sich natürlich die Frage, ob Straftaten, die aus politischen Gründen in der ehemaligen DDR nicht verfolgt wurden, in dieser Zeit verjähren konnten. Ich meine, daß im allgemeinen auf der Grundlage des geltenden Rechts keine Verjährung eingetreten ist, weil die Verjährung für Straftaten, die dem StGB-DDR unterlagen, in dieser Zeit geruht hat. Bei dieser Auffassung weiß ich mich einig mit allen Justizministern der Bundesländer. Ich nehme an, daß dies auch der Meinung der weit überwiegenden Zahl der Abgeordneten dieses Hauses entspricht. Diese Haltung hat sich auch der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu eigen gemacht. Der Grund für die Nichtverjährung ist folgender: In der ehemaligen DDR gab es keine Justizbehörden, die derartiges politisches Unrecht verfolgt haben. Die Justiz war vollständig den Weisungen des Staats- und Parteiapparats unterworfen. Die Justizbehörden waren praktisch nichts anderes als Exekutivorgane des Parteiwillens. Für die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft haben das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof entschieden, daß die Verjährung von Straftaten, deren Verfolgung der damals als Gesetz geachtete Führerwille entgegenstand, geruht hat. Diese Rechtsprechung kann und muß auf das SED-Unrecht übertragen werden. Aus dem Gesagten ergibt sich im übrigen, daß das Ruhen der Verjährung entgegen dem Antrag der Fraktion der SPD nicht bis zum 2. Oktober 1990 gedauert haben kann, sondern nur bis zur Abhaltung demokratischer Wahlen in der früheren DDR am 18. Februar 1990. De jure hat zu diesem Zeitpunkt das SED-Regime geendet. Daß es de facto auch in der Folgezeit bis zum 2. Oktober 1990 vielfach nicht zu Strafverfahren gekommen ist, kann rechtlich nicht mehr als Ruhen der Verjährung gefaßt werden. Dem Gesichtspunkt der teilweisen Untätigkeit von Gerichten und Staatsanwaltschaften während des Umbruchs in der ehemaligen DDR trägt im übrigen die bereits angesprochene Unterbrechungsregelung des Artikels 315a EGStGB in der Fassung des Einigungsvertrags Rechnung. Der Antrag der Fraktion der SPD geht im übrigen davon aus, daß bezüglich der Frage des Ruhens der 7530* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 Verjährung kein gesetzlicher Handlungsbedarf besteht, weil das Ruhen der Verjährung bereits dem geltenden Recht entnommen werden kann. Mit dieser Auslegung des geltenden Rechts stimme ich vollkommen überein. Angesichts des Umstandes, daß einige Staatsanwaltschaften und Gerichte in vereinzelten Entscheidungen dies in Zweifel gezogen haben, habe ich aber auch Verständnis dafür, wenn man diese Frage einer deklaratorischen gesetzlichen Regelung zuführt, und ich werde mich gegenüber einer solchen Regelung nicht sperren. Der Antrag der Fraktion der SPD verneint außerdem ein Bedürfnis für die Verlängerung laufender Verjährungsfristen. Er geht davon aus, daß infolge der Unterbrechungsregelung des Einigungsvertrags frühestens 1995 Straftaten verjähren. Das ist nicht ganz zutreffend. Delikte, die allein Bundesrecht unterliegen — und damit auch ein Teil der Stasi-Straftaten —, werden von der Unterbrechungsregelung des Einigungsvertrags nicht erfaßt. Solche Delikte verjähren daher bereits heute. Insgesamt ist aber die Frage, ob es einer allgemeinen Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfristen bedarf, vorrangig von den Landesjustizverwaltungen der fünf neuen Länder zu beantworten. Sie sind es, die in erster Linie entscheiden müssen, ob ihre Justiz- und Polizeibehörden in der Lage sind, innerhalb der geltenden Verjährungsfristen ihre Aufgaben zu bewältigen. Sollte von seiten der neuen Bundesländer ein Bedürfnis für eine bundeseinheitliche Verlängerung laufender Verjährungsfristen dargelegt werden, so werde ich mich auch dem nicht entziehen. Anlage 4 Antwort der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Frage des Abgeordneten Ortwin Lowack (fraktionslos) (Drucksache 12/2516 Frage 21): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung zu verhindern, daß die — ohnehin begrenzten — Mittel für Deutsche in den Oder-Neiße-Gebieten nur zu einem kleineren Bruchteil wirklich den betroffenen Deutschen, sondern vor allem polnischen Institutionen zugute kommen? Die der Frage zugrunde liegende Annahme, daß die Hilfe der Bundesregierung für die deutsche Minderheit in der Republik Polen dieser nur zu einem kleinen Teil zugute kommt, ist unzutreffend. Die deutsche Minderheit in Polen ist der wesentliche Nutznießer der für sie bestimmten Hilfe des Bundes. Hauptziel aller Hilfen ist, die Lebensverhältnisse der Deutschen in ihrer angestammten Heimat so zu verbessern, daß sie dort eine Zukunft für sich und ihre Kinder sehen. Dies setzt Verständigung und Versöhnung zwischen Polen und Deutschen voraus. Aus diesem Grunde sind die Hilfen so angelegt, daß sie auch der nichtdeutschen Bevölkerung zugute kommen. Eine Privilegierung der Deutschen könnte diese Ziele zunichte machen. Hauptpartner bei der Abwicklung der Hilfen sind neben zahlreichen deutschen Mittlerorganisationen auf polnischer Seite — neben den deutschen Freundschaftskreisen — kirchliche und staatliche Einrichtungen, die für ihre deutschen Mitbürger zuständig sind und in denen Angehörige der Minderheit oft Verantwortung tragen. Die Bundesregierung und die zuständigen deutschen Auslandsvertretungen stehen über Wege und Empfänger der Hilfe an die deutsche Minderheit in ständigem engem Dialog mit deren Vertretern und haben mit ihnen vereinbart, sie in Zukunft noch stärker als bisher an der Entscheidung über die Vergabe der Mittel zu beteiligen. Anlage 5 Antwort der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Harries (CDU/CSU) (Drucksache 12/2516 Fragen 24 und 25): Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch darin, daß in der Charta der Vereinten Nationen die sogenannte Feindstaatenklausel immer noch enthalten ist, obwohl die Bundesrepublik Deutschland mit Recht überlegt, im Rahmen von Maßnahmen der VN und des Sicherheitsrates zu Blauhelmeinsätzen der Bundeswehr zu kommen? Strebt die Bundesregierung an, daß die Feindstaatenklausel in der Charta der Vereinten Nationen aufgehoben wird? Zu Frage 24: Die Bundesregierung sieht zwischen ihren Zielsetzungen im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und den beiden in den Art. 53 und 107 der VN-Charta enthaltenen sogenannten Feindstaatenklauseln keinen Widerspruch. Die Bundesregierung betrachtet die sogenannten Feindstaatenklauseln vielmehr als obsolet. Sie haben daher auch keinerlei Auswirkung auf Rechte und Pflichten, die sich für Deutschland als gleichberechtigtem Mitgliedstaat der Vereinten Nationen aus der VN-Charta ergeben. Zu Frage 25: Für eine förmliche Aufhebung der sogenannten Feindstaatenklauseln der VN-Charta (Art. 53 und 107) wäre eine Änderung der VN-Charta nach dem in Art. 108 vorgeschriebenen Verfahren notwendig. Diese Vorschrift bestimmt, daß Änderungen zunächst von Zweidritteln der Mitglieder der VN in der Generalversammlung angenommen werden. Sie müssen sodann von Zweidritteln der Mitglieder der Vereinten Nationen einschließlich aller Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats nach Maßgabe ihres jeweiligen Verfassungsrechts ratifiziert werden, bevor sie in Kraft treten können. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß vor allem die Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats einen Eingriff in den Normenbestand der VN-Charta ablehnend gegenüberstehen, auch aus der Besorgnis, Änderungen würden sich nicht auf einzelne Punkte beschränken lassen. Bei dieser Sachlage sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, Initiativen für eine Streichung der sogenannten Feindstaatenklauseln zu ergreifen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 7531* Anlage 6 Antwort der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Frage des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 12/2516 Frage 27): Wie ist der Stand der Verhandlungen mit den Vertragspartnern des NATO-Truppenstatuts und des Zusatzabkommens über die Revision des Zusatzabkommens, und wird die Bundesregierung einem Übungsbetrieb anderer Streitkräfte als der US-Streitkräfte erst dann zustimmen, wenn zuvor die Umwelt-, insbesondere die Lärmschutzprobleme, befriedigend geregelt sind? Die Verhandlungen werden nach wie vor in einem unter Verbündeten üblichen guten Klima geführt; in wichtigen Punkten sind bereits weitgehende Annäherungen erzielt worden. Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, daß die Bundesregierung sich während der laufenden Verhandlungen nicht öffentlich zum Stand der Verhandlungen äußern will. Dies gilt erst recht für einzelne Bereiche, die noch Gegenstand der Verhandlungen sind. Anlage 7 Antwort der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 12/2516 Fragen 30 und 31): Welche finanziellen und anderen Beiträge leistet die Bundesrepublik Deutschland für den Internationalen Fonds, der die Atomspezialisten der ehemaligen Sowjetunion in den Ländern der GUS halten und ihre Beschäftigung in Krisenregionen verhindern soll? Welche anderen Länder haben sich in welchem Umfang zur Finanzierung und Organisation dieses Fonds bereit erklärt bzw. einen solchen Beitrag in Aussicht gestellt? Zu Frage 30: Die Frage bezieht sich offenbar auf die Finanzierung des in Rußland zu gründenden Internationalen Wissenschafts- und Technologiezentrums (IWTZ). Auf Initiative der Bundesregierung hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaft mit Zustimmung des Europäischen Rats die Mittel im Rahmen ihres Programms „Technische Hilfe für die GUS" um 50 Millionen ECU erhöht, um damit insbesondere Programme zu finanzieren, die der Abwanderung von Atomwaffenexperten aus der ehemaligen Sowjetunion in Problemländer entgegenwirken sollen. Die EG-Kommission stellt davon einen Betrag von 20 Millionen ECU zur Finanzierung des IWTZ zur Verfügung. Deutschland ist der größte Beitragszahler innerhalb der EG und steuert entsprechend seinem Finanzierungsanteil von 28 % ca. 5,6 Millionen ECU zu diesem Betrag bei. Zu Frage 31: Die Finanzierung wird nach derzeitigem Stand durch folgende Beiträge gewährleistet: EG 20 Millionen ECU = ca. 25 Millionen US-Dollar USA 25 Millionen US-Dollar Japan 20 Millionen US-Dollar Schweden 4 Millionen US-Dollar Kanada 2,5 Millionen US-Dollar Schweiz 1,5 Millionen US-Dollar. Rußland stellt die erforderlichen Räumlichkeiten nebst Infrastruktur, deren laufende Unterhaltung, sowie Personal zur Verfügung. An der Organisation des IWTZ sowie der Verwaltungs- und Kontrollstruktur wirken zur Zeit die Gründungsmitglieder EG (Kommission und Rat), Japan, Rußland und USA mit. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Wilz auf die Frage des Abgeordneten Ortwin Lowack (fraktionslos) (Drucksache 12/2516 Frage 39): In welchem Umfang wird in Depots der Bundeswehr das, vor allem im ungereinigten Zustand, hochgefährliche Dekontaminierungsmittel C 8 gelagert, und ist die Bundesregierung, trotz zahlreicher Bedenken aus der Bundeswehr, der Auffassung, daß die Lagerung überall vorschriftsgemäß erfolgt? Die Bundeswehr bevorratet zur Zeit ca. 2 000 t des Dekontaminationsmittels C 8 (Calciumhypochlorit) zur Abwehr chemischer Kampfstoffe durch Neutralisation. Das handelsübliche Calciumhypochlorit ist gemäß Gefahrstoffverordnung und DIN-Sicherheitsdatenblatt brandfördernd, ätzend und in die höchste Wassergefährdungsklasse eingestuft. Bei organischen Verunreinigungen neigt C 8 zur Selbstentzündung. Für die Lagerung gelten die Bestimmungen der Technischen Regel für Gefahrstoffe Nr. 515. Die Bundeswehr wird künftig nur noch ca. 1 000 t C 8 bevorraten. Dazu sind im Depotbereich Lagermöglichkeiten geschaffen worden, die allen Vorschriften entsprechen. Die überzähligen Bestände lagern bis zur Aussonderung und Entsorgung bei der Truppe und im Depotbereich an ca. 280 Lagerorten, die die wesentlichen Lagerungsbestimmungen erfüllen. Ein Entsorgungskonzept wird zur Zeit entwickelt. Die umweltverträgliche Entsorgung der ersten 500 t ist eingeleitet und soll nach Angaben der vorgesehenen Entsorgungsfirma bis Ende 1992 durchgeführt werden. Die Bundeswehr geht davon aus, daß eine Gefährdung von Soldaten, Bevölkerung und Umwelt durch die derzeitige Lagerung von C 8 auszuschließen ist. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Wilz auf die Frage des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 12/2516 Frage 43): In welchem Zeitplan und personellen Umfang wird die Heeresunteroffiziersschule II in Weiden sachlich und personell auf vier Inspektionen aufgestockt werden, und hat der Bundesminister der Finanzen die notwendigen Haushaltsmittel freigegeben? Die ursprüngliche Planung zur Aufstellung von 4 Inspektionen an der Heeresunteroffiziersschule II in 7532* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 Weiden konnte bisher nicht verwirklicht werden. Die Gründe hierfür sind die bisher noch nicht abgeschlossenen Ausplanungen des Heeres und die dadurch noch nicht mögliche Feststellung des Ausbildungsbedarfs in den Heeresunteroffizierschulen. Auf der Grundlage der inzwischen auf die Teilstreitkräfte aufgeteilten Personalumfänge wurden innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigung auf Arbeitsebene Alternativen zur Einrichtung der erforderlichen Inspektionen entwickelt. Sie sind jedoch noch unter Berücksichtigung mehrerer Kriterien zu prüfen. Da die Realisierung über den Bereich des Heeres hinausgehende Bedeutung hat, ist die Genehmigung durch den Bundesminister der Verteidigung erforderlich. Eine Entscheidung hierzu ist noch im Sommer 1992 beabsichtigt. Erst nach dieser Entscheidung ist der dann erforderliche Infrastrukturbedarf zu aktualisieren und der Bundesminister der Finanzen im Rahmen des Infrastrukturverfahrens erneut zu beteiligen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Wilz auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Günther Toetemeyer (SPD) (Drucksache 12/2516 Fragen 44 und 45): Wie vereinbart die Bundesregierung die durch das Bundesministerium der Verteidigung verursachten Verzögerungen bei der Lieferung von vier demilitarisierten Minenräumpanzern und anderen Spezialfahrzeugen aus den Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der ehemaligen DDR an Angola mit ihrer in der Bundestagsdebatte vom 12. März 1992 gegebenen Zusage, „Angola bei der Wahlvorbereitung (zu) helfen" sowie mit der seitens der Regierungsparteien in ihrem Antrag vom 11. Dezember 1991 (Drucksache 12/1814) ausgesprochenen Empfehlung, „freundschaftlich darauf hinzuwirken, daß die vereinbarten freien, fairen und demokratischen Wahlen in ganz Angola (...) auch wirklich stattfinden können", und teilt sie die Auffassung, daß die für Herbst 1992 anberaumten Wahlen in Angola nur dann stattfinden können, wenn die Bevölkerung die Wahllokale gefahrlos auf minenfreien Zufahrtsstraßen erreichen kann? Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß das Angebot der Nichtregierungsorganisation Cap Anamur, schnelle und unbürokratische Hilfe bei der Räumung von Minen in Angola zu leisten, der von den Regierungsparteien gegenüber der Bundesregierung ausgesprochenen Empfehlung, „über Nichtregierungsorganisationen Hilfen zur Demokratisierung Angolas in der Übergangsphase anzubieten", entspricht, und warum leistet sie dieser Empfehlung nicht unverzüglich Folge? Zu Frage 44: Die Bundesregierung erkennt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den nach wie vor aufrechterhaltenen Zusagen, Angola bei der Vorbereitung und Durchführung freier Wahlen zu unterstützen, und einem nach deutschem Recht genehmigungspflichtigen Export von Kriegswaffen (Panzer) und anderem Rüstungsgut. Die Bundesregierung unterstützt das Vorhaben der Hilfsorganisation Cap Anamur für eine Minenräumaktion in Angola. Aus diesem Grund wurden der Organisation seitens des Bundesministeriums der Verteidigung nicht nur umfangreiches Material bereitgestellt und entsprechende Fahrzeug- und/oder Geräteeinweisungen durchgeführt, sondern auch die notwendige Transportunterstützung vom Lagerort des Materials zum Hamburger Hafen gewährt. Für eine Freigabe des Materials und damit Besitzübertragung sowie für die Transportdurchführung sind die Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes und des Außenwirtschaftsgesetzes einzuhalten. Die notwendigen Genehmigungsverfahren müssen daher auch im Sinne der einschlägigen Resolutionen des Deutschen Bundestages mit großer Sorgfalt durchgeführt werden. Zwischenzeitlich sind jedoch alle Fragen zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Vorstand der Organisation Komitee Cap Anamur geklärt und Mißverständnisse ausgeräumt worden. Die erforderlichen Genehmigungen zur Ausfuhr sind bzw. werden erteilt. Zu Frage 45: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die mit Unterstützung des Bundesministeriums der Verteidigung möglich werdende Minenräumaktion der Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur einen Beitrag zur Befriedung Angolas darstellt und darüber hinaus auch die Grundlage bilden kann für einen Neuaufbau im Bereich der Grundinfrastruktur. Überlagert wird der Minenräumeinsatz im übrigen von humanitären Aspekten: Bewahren der Zivilbevölkerung, die durch den jahrelangen Bürgerkrieg großes Leid erlitten hat, vor weiteren sinnlosen Leiden und Tod durch explodierende Minen. Aus diesen Gründen wurde die Aktion des Komitee Cap Anamur ohne Vorbehalt seitens der Bundesregierung unterstützt, wobei in jedem Einzelfall gesetzlich vorgeschriebene Genehmigungsprozeduren bei zu lieferndem Rüstungsmaterial eingehalten werden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Wilz auf die Fragen des Abgeordneten Horst Jungmann (Wittmoldt) (SPD) (Drucksache 12/2516 Fragen 46 und 47): Trifft es zu, daß das Bundesministerium der Verteidigung beabsichtigt, für die Bundeswehr eine Million neue Gefechtshelme aus Aramit-Gewebe für ca. 250 Mio. DM zu beschaffen, und wenn ja, welche Erkenntnisse haben dazu geführt, daß der zur Zeit eingeführte Stahlhelm keinen ausreichenden Schutz mehr bietet? Kann die Bundesregierung bestätigen, daß der Aramit-Helm nur eine Nutzungsdauer von ca. 4 Jahren hat und daß Untersuchungen in einem holländischen Institut ergeben haben, daß der Gefechtshelm aus Aramit keinen ausreichenden Überlebensschutz bietet? Zu Frage 46: Es trifft zu, daß für die gesamte Bundeswehr rd. 1 Million neue Gefechtshelme aus Aramidgewebe beschafft werden sollen. Der bisherige Stahlhelm der Bundeswehr kann die Forderungen des militärischen Bedarfsträgers nicht mehr erfüllen; er schützt nur gegen Normsplitter von Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 7533* 1,1 g bei einer Auftreffgeschwindigkeit bis zu 370 m/ sec. Neue Waffen und moderne Munition zeigen heute eine höhere Durchschlagskraft und größere Splitterwirkungen, so daß bei Normsplittern der höheren Auftreffgeschwindigkeit von 620 m/sec entgegengewirkt werden muß. Der neue Aramidhelm wird neueren Erkenntnissen über die Bedingungen auf dem Gefechtsfeld gerecht; die Schutzwirkung erhöht sich gegenüber dem Stahlhelm um ca. 67 % und sichert dem Soldaten eine wesentlich höhere Überlebenschance. Zu Frage 47: Die Gesamtnutzungsdauer der Helme wird aufgrund von Untersuchungen mindestens 10 Jahre, voraussichtlich aber wesentlich länger betragen. Der neue Gefechtshelm der Bundeswehr verbessert den Kopfschutz der Soldaten wesentlich. Gemäß fernmündlicher Auskunft des niederländischen Verteidigungsministeriums liegen dort keine anderslautenden Untersuchungsergebnisse vor. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretärin Roswitha Verhülsdonk auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga (SPD) (Drucksache 12/2516 Fragen 50 und 51): Liegen der Bundesregierung inzwischen Informationen darüber vor, welche negativen Auswirkungen die Neufassung der Vergaberichtlinien für den Hilfsfonds „Schwangere in Not" zum 1. Januar 1992 hinsichtlich der noch zu bearbeitenden bereits im Vorjahr nach anderslautenden Konditionen gestellten Anträge auf Wohnraumsanierung hat? Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach den seit Januar 1992 geltenden Richtlinien ca. 70 % bis 80 % der Anträge, die sonst hätten gefördert werden können, nicht mehr gefördert werden und damit viele Frauen hochgradig enttäuscht werden, die im Vertrauen auf die zugesagten Hilfen ihre Lebensplanung darauf eingestellt und mit den im Fonds versprochenen Mitteln gerechnet hatten? Zu Frage 50: Der „Hilfsfonds für schwangere Frauen in Not" wurde auf der Grundlage des Art. 31 Abs. 4 des Einigungsvertrages für den Zeitraum vom Oktober 1990 bis Dezember 1992 als Sofortprogramm eingerichtet. Ziel dieses Programms ist, den Frauen in den neuen Bundesländern in gleicher Weise zu helfen, wie es in den alten Bundesländern durch die Bundesstiftung „Mutter und Kind — Schutz des ungeborenen Lebens" möglich ist. Die in den Anträgen geschilderte Not des unzureichenden Wohnraums und mangelnder Wohnhygiene für das zu erwartende Kind hat das Bundesministerium für Familie und Senioren im August 1991 veranlaßt, die Richtlinien des Hilfsfonds so zu erweitern, daß die Mittel auch zur Sanierung und zum kindgerechten Ausbau von Wohnungen eingesetzt werden konnten. Die dringende Notwendigkeit gerade dieser Hilfe läßt sich aus der großen Nachfrage ablesen. Innerhalb von 21/2 Monaten gingen 1991 über 3 300 Anträge auf Wohnraumsanierung ein — davon alleine im Dezember 1 590. In dem kurzen Bearbeitungszeitraum konnten im Jahr 1991 noch 1 700 Bewilligungen erteilt werden. Um die Jahreswende 1991/1992 wurde erkennbar, daß die unerwartet große Nachfrage sowohl nach Hilfe zur Verbesserung der Wohnsituation als auch nach Unterstützung bei der Erstausstattung von Mutter und Kind die zur Verfügung stehenden Mittel schon sehr schnell erschöpfen würde. Es war deshalb notwendig, die Vergabe der Mittel aus dem Hilfsfonds für schwangere Frauen in Not auf diejenigen zu konzentrieren, die am dringendsten darauf angewiesen sind. Im Jahre 1992 sind bis Ende April für die Wohnraumsanierung ca. 6 600 weitere Anträge eingegangen. Deshalb mußten die Voraussetzungen für die Förderungsmaßnahmen bei Wohnraumsanierung denen bei Babyausstattungen angeglichen werden, um möglichst viele Anträge bewilligen zu können. Zu Frage 51: Um das Wohnungssanierungsprogramm überhaupt fortsetzen zu können, war es unumgänglich, die Einkommensgrenzen für diesen Teil des Hilfsfonds denen des allgemeinen Teils des Fonds (Ausstattungsgegenstände für Mutter und Kind) anzugleichen. Dies hatte zur Folge, daß im Vergleich zu den im vergangenen Jahr Antragsberechtigten nur noch ca. 35 bis 40 % die Voraussetzungen zur Förderung der Wohnraumsanierung erfüllen. Es ist bekannt und verständlich, daß Antragstellerinnen, die nach den seit 1. Januar 1992 geltenden Richtlinien aufgrund ihres Einkommens nun nicht mehr gefördert werden können, enttäuscht sind. Es zeigt sich aber, daß die Einsicht zunimmt, daß die Hilfe angesichts der knappen Mittel auf diejenigen konzentriert werden muß, die ihrer in besonderem Maße bedürfen. Anlage 13 Antwort des Staatssekretärs Baldur Wagner auf die Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 12/2516 Frage 52): Welche Forschungen wurden bisher zur Bekämpfung der FSME (Frühsommermeningoenzephalitis)-Virus übertragenden Zecken durchgeführt, und welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zum Schutz der Bevölkerung gegen diese sogar bis zum Tod führende Erkrankung getroffen? Das Bundesgesundheitsamt beobachtet pflichtgemäß das Vorkommen dieser Erkrankung und seiner Überträger regelmäßig und gibt Hinweise in Fachzeitschriften sowie Ratschläge an Ärzte (Bundesgesundheitsblatt 5/89 S. 183-189; Bundesgesundheitsblatt 5/91 S. 187-188). Weiterhin wird von der Ständigen Impfkommission des Bundesgesundheitsamtes die Schutzimpfung ge- 7534* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 gen Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) für alle diejenigen Personen empfohlen, die sich in Gegenden aufhalten, die Naturherde der FSME sind. Dazu gehören vor allem Österreich, Tschechoslowakei, Südeuropa, Südschweden und Süddeutschland. Forschungen zur Bekämpfung der FSME werden z. Zt. weder durch das Bundesgesundheitsministerium noch durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie wegen anderer Schwerpunkte der Gesundheitsforschung gefördert. Anlage 14 Antwort des Staatssekretärs Baldur Wagner auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hans-Hinrich Knaape (SPD) (Drucksache 12/2516 Frage 53): Stellt die am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Regelung des § 42 a SGB V über nicht-ärztliche sozialpädiatrische Leistungen darauf ab, daß die dort genannten psychologischen, heilpädagogischen und psychosozialen Leistungen, die der Erkennung einer Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt sowie der Aufstellung eines Behandlungsplans dienen, nur in sozialpädiatrischen Zentren oder auch bei niedergelassenen kinder- und jugendpsychiatrischen Ärzten zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden können? Ich gehe davon aus, daß es Ihnen darum geht, ob nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen nach § 43a SGB V nur in Sozialpädagogischen Zentren oder auch durch niedergelassene kinder- und jugendpsychiatrische Ärzte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen. Bei der Vorbereitung der Regelung und ihrer Beratung im Bundestag bestand Einvernehmen darüber, daß Leistungen nach § 43 a SGB V sowohl von in § 119 SGB V beschriebenen Sozialpädiatrischen Zentren als auch von entsprechend ausgebildeten niedergelassenen Ärzten erbracht werden können. Andernfalls ginge die vergütungsrechtliche Regelung in § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB V, die für niedergelassene Ärzte gilt, ins Leere. Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Baldur Wagner auf die Frage des Abgeordneten Klaus Kirschner (SPD) (Drucksache 12/2516 Fragen 54 und 55): Wie beurteilt die Bundesregierung den zwischen dem AOK-Landesverband Niedersachsen und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen abgeschlossenen Honorarvertrag, der einen gespaltenen Punktwert für ärztliche Honorare für die KVdR-Versicherten einerseits und die Allgemeinversicherten andererseits vorsieht? Wie beurteilt die Bundesregierung den auch 1991 wie in den Vorjahren ungebrochenen Trend einer steigenden Anzahl niedergelassener Kassenärzte, wobei ein besonderes Plus der Fachärzte festzustellen ist, und die damit einhergehende Zunahme der Fallzahlen als auch der abgerechneten Fälle je Mitglied im Hinblick auf den im SGB V festgelegten Grundsatz der Beitragsstabilität? Zu Frage 54: Das Bundesministerium für Gesundheit hat das niedersächsische Sozialministerium als zuständige Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 18. März dieses Jahres gebeten, den Honorarvertrag des AOK-Landesverbandes Niedersachsen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen einer aufsichtsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Sie hat in diesem Schreiben auf zwei Bestandteile der Vereinbarung hingewiesen, gegen die erhebliche rechtliche Bedenken bestehen. Zum einen führt die im Vertrag vorgesehene Anhebung der Vergütung im ärztlichen Bereich im Vertragszeitraum zu einem Anstieg der Gesamtvergütung von voraussichtlich ca. 8 v. H. Dem steht ein erwarteter Anstieg der Grundlohnsumme von 4 bis 5 v. H. gegenüber. Damit haben sich die Vertragspartner auf eine Erhöhung der Gesamtvergütung geeinigt, die mit dem im Gesundheits-Reformgesetz festgeschriebenen Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht vereinbar ist. Zum anderen sieht der Vertrag eine unterschiedliche Honorierung der ärztlichen Leistungen in der Allgemeinen Krankenversicherung und der Krankenversicherung der Rentner vor: für Leistungen in der Krankenversicherung der Rentner ist eine um ca. 11 v. H. höhere Vergütung und eine größere zulässige Mengenausweitung vorgesehen. Im Ergebnis wird damit ein erheblicher Teil der durch den Vertrag bedingten Mehrausgaben für die ambulante ärztliche Versorgung über den Finanzausgleich für die Krankenversicherung der Rentner auf andere Krankenkassen in und außerhalb Niedersachsens abgewälzt. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität gilt jedoch für die Allgemeine Krankenversicherung ebenso wie für die Krankenversicherung der Rentner. Seitens des niedersächsischen Sozialministeriums ist bisher noch keine Antwort auf das Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit eingegangen. Zu Frage 55: Die Zahl der niedergelassenen Kassenärzte hat sich seit 1975 um 35 v. H. erhöht. Wie sich die steigende Zahl der Kassenärzte auf die Ausgabenentwicklung der Krankenkassen auswirkt, hängt zunächst von der Ausgestaltung der ärztlichen Vergütung ab, die zwischen den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbart wird. Die Vertragspartner sind dabei gesetzlich verpflichtet, den Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten. Dieser Verpflichtung sind sie in den letzten Jahren durch eine Plafondierung der Gesamthonorarsumme, den sog. „Honorardeckel", nachgekommen. Die steigende Ärztezahl hat dadurch zunächst nicht zu einem überproportionalen Anstieg der Ausgaben für die ambulante ärztliche Versorgung geführt, wohl aber zu einer starken Ausweitung der von den Ärzten abgerechneten sowie der verordneten und veranlaßten Leistungen beigetragen. Bei einer plafondierten Gesamthonorarsumme führte die Mengenexpansion zu einer sinkenden Vergütung für die einzelne ärztliche Leistung; der sog. „Punktwertverfall" ist dafür ein Indikator. Diese, auch von Ärzten kritisierte Auswei- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Mai 1992 7535* tung insbesondere der medizintechnischen Leistungen führt zu Ungleichgewichten in der Einkommensverteilung zwischen den Ärzten und den verschiedenen Arztgruppen. Die Bundesregierung verfolgt das Ansteigen der Zahl der niedergelassenen Kassenärzte mit Sorge, weil sie davon negative Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung befürchtet. Auch der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hat in seinem Sondergutachten 1991 nochmals ausgeführt, daß die Tätigkeit von immer mehr Ärzten zu höheren Ausgaben der Krankenkassen ohne zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen führen kann. Die Bundesregierung prüft deshalb zur Zeit, wie dieser Entwicklung entgegengewirkt werden kann. Der Vorschlag, den mit der wachsenden Zahl der Kassenärzte und dem zunehmenden Anteil der Fachärzte verbundenen Problemen einer gerechten Einkommensverteilung mit einer Zulassungsbeschränkung zu begegnen, stößt auf verfassungsrechtliche Grenzen, die durch das Grundrecht der freien Berufswahl gezogen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit prüft gegenwärtig, welche Möglichkeiten in diesem Rahmen bestehen. Sie bezieht in diese Überlegungen auch eine Weiterentwicklung des geltenden Rechts der kassenärztlichen Bedarfsplanung ein. Eine kurzfristige Problemlösung ist hierdurch aber nicht zu erwarten. Die Selbstverwaltung der Krankenkassen und der Kassenärzte muß deshalb die bereits jetzt zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um die Mengenentwicklung bei den ärztlichen Leistungen zu begrenzen. Insbesondere sind zu nennen: die durch das Gesundheits-Reformgesetz neu eingeführten und verbesserten Instrumente zur Wirtschaftlichkeitsprüfung, eine Neubestimmung der Vergütungsstruktur für die ärztlichen Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab, die Nutzung des Honorarverteilungsmaßstabes für eine gerechte Verteilung der Gesamthonorarsumme durch die Kassenärztlichen Vereinigungen, die im GesundheitsReformgesetz vorgesehene Gliederung der kassenärztlichen Versorgung in eine haus- und fachärztliche Versorgung, die Vereinbarung konkreter Maßnahmen zur Begrenzung einer überzogenen Mengenentwicklung im Rahmen der Honorarvereinbarungen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eike Ebert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Die kann relativ kurz sein, Herr Präsident: Ich fand das genauso, wie Sie es beurteilt haben. Das ist der Versuch, eine Rechtfertigungsrede zu halten, Herr Dr. Faltlhauser, daß das so lange gedauert hat.

    (Beifall bei der SPD — Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Das war eine Richtigstellung!)

    Denn wenn Sie wissen, daß es einen fixen Termin gibt, den 1. Januar 1993, dann müssen Sie eben schneller arbeiten, auch wenn das Tempo von Ihnen schon als sensationell schnell empfunden worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie können jetzt doch nicht sagen, daß die SPD schuld wäre, falls es möglicherweise Schwierigkeiten gibt, dieses Gesetz bis zum 1. Januar 1993 in Kraft zu setzen; denn wir sehen jetzt zum erstenmal diesen Entwurf auf dem Tisch, und heute ist die erste Lesung.
    Ich will einmal sehen, meine Damen und Herren, ob Sie die Flexibilität aufbringen, die es ermöglicht, eine Konsenslösung in diesem Bereich zu erreichen, damit das Gesetz in der Tat rechtzeitig in Kraft treten kann. Wenn Sie aber weiterhin der SPD Vorwürfe machen, mit denen sich die SPD einfach nicht identifizieren kann, dann habe ich Zweifel, ob es zu einem Konsens kommen wird.
    Herr Uldall, Sie haben in Ihrer Rede mehrfach gesagt: Eine Abschaffung des Bankgeheimnisses, wie die SPD sie will, wird es mit uns nicht geben. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß auch die SPD das Bankgeheimnis nicht abschaffen will. Ich denke, wir haben in der Wahrung des Geheimnisses von Bürgern eine längere Tradition als Sie; ich will da nicht auf andere Bereiche abheben. Aber wenn das Bankgeheimnis dafür mißbraucht wird, daß in großem Umfang Steuerbeträge am Staat vorbeigeleitet werden, dann kann mit dem Bankgeheimnis in dieser Form etwas nicht stimmen. Darüber müssen wir reden, Herr Uldall.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist auch völlig unsinnig, wenn Sie hier vortragen, die SPD wolle — Sie haben das als Replik auf einen



    Eike Ebert
    Zwischenruf gesagt — an der Höhe der Freibeträge kratzen; vielmehr ist es so — das können Sie einfach nachlesen in der Diskussion vor einigen Jahren —, daß die Freibetragshöhe jetzt dem entspricht, was die SPD vor Jahren schon gefordert hat. Deshalb können Sie jetzt nicht versuchen, hier Buhmänner aufzubauen.

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Was mäkeln Sie dann dauernd daran herum?)

    — Wir mäkeln — dazu komme ich noch — an der Einbindung dieser Freibeträge in das Gesamtsystem der Grundbeträge — nicht aus Prinzip, Herr Hauser; das ist nicht das Thema.
    Wir müssen uns auch dagegen wehren, daß Sie versuchen, Äußerungen, die Professoren gestern in der Anhörung gemacht haben, zu diskriminieren, indem Sie sagen: Das sind Ihre SPD-Leute, die Sie da eingeladen haben.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gesagt!)

    — Wir haben hier lange darüber diskutiert, daß Ihre Professoren, die Sie eingeladen haben, nicht gekommen sind, sich geweigert haben, sich zu dem Thema zu äußern.

    (Joachim Poß [SPD]: Gekniffen haben!)

    Die Professoren, die da waren, versuchen Sie der SPD zuzurechnen, weil Ihnen die Äußerungen nicht passen. Ich denke, Herr Dr. Faltlhauser, Sie sollten auf Ihrem Schreibtisch in Ihrer Post nachschauen. Dann werden Sie nämlich feststellen, daß die schriftliche Äußerung von Professor Lattmann vom Zentralverband der Volks- und Raiffeisenbanken versandt worden ist.

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Das macht es nicht besser!)

    — Jetzt polemisieren Sie hier auch noch gegen die, weil Ihnen das nicht paßt. Das hat doch sicherlich mit der SPD überhaupt nichts zu tun.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Darauf gehe ich nicht mehr ein, der kriegt Alterszuschlag!)

    Wenn er das vorher nicht liest, dann ist das sein Problem, aber nicht das Problem der SPD. Littmann kann man nicht deshalb der SPD zurechnen, weil Ihnen seine Aussagen nicht passen.
    Herr Dr. Faltlhauser, wenn Sie hier schon die Zeitung von Herrn Poß nehmen und daraus zitieren, dann sollten Sie nicht nur die Oberüberschrift lesen, sondern auch die Unterüberschriften; denn darin steht unter anderem, daß der Gesetzentwurf eine Unterstützung für Steuerbetrüger ist, so „Die Zeit" vom heutigen Tag. Ich denke, das ist kein SPD-typisches Blatt, dem Sie Parteilichkeit vorwerfen können. Der Herr Hanke spricht in der gleichen Zeitung davon, daß der Gesetzentwurf durchaus etwas von einer halbseidenen Veranstaltung hätte.

    (Joachim Poß [SPD]: So ist das, halbseiden!)

    — Halbseiden, das ist bemerkenswert, Herr Poß, da stimme ich Ihnen zu.

    (Joachim Poß [SPD]: Das wundert mich aber nicht!)

    Meine Damen und Herren, ich denke, der vorliegende Entwurf macht sehr deutlich, in welches Dilemma man gerät — Sie sind hineingeraten —, wenn man verfassungsrechtlich problematische Tatbestände nicht rechtzeitig beseitigt. Seit Jahren toleriert diese Bundesregierung es, daß in großem Stil Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht deklariert und die zu zahlenden Steuern hinterzogen werden. Seit Jahren wurden und werden trotz steigender Finanznot der öffentlichen Hände Milliarden am Fiskus vorbeigeleitet. Weil die Großen es so machen, sehen natürlich auch die vielen Kleinen nicht ein, daß man Zinseinanhmen versteuern muß. Steuerhinterziehung ist in unserem Land zum Volkssport geworden; Tafelgeschäfte sind „in". Wer bei gehobenen Partys nicht mit seinem Konto in Luxemburg renommieren kann, läuft Gefahr, nicht dazuzugehören.

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: In welchen Kreisen verkehren Sie denn?)

    Gegen all dies hat die Bundesregierung außer dem mißlungenen Quellensteuerversuch nichts unternommen; vielmehr gibt es vollmundige Erklärungen des Finanzministers, so z. B. im November 1989 auf dem 12. Deutschen Steuerberatertag — ich zitiere —:
    Mit uns gibt es weder im nationalen Rahmen noch auf europäischer Ebene irgendeine Form der Quellensteuer oder von Kontrollmitteilungen.
    Die Quellensteuer, meine Damen und Herren — Sie haben jetzt listigerweise einen anderen Namen gefunden —, führen Sie mehr oder weniger wieder ein; Sie versuchen es zumindest. Über das, was an Unsicherheiten bleibt, werden wir noch reden.
    Meine Damen und Herren, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Ihnen eine Frist gesetzt. Darüber habe ich schon gesprochen. Ich denke, wir sollten in diesem Zusammenhang auch mal sagen, daß es mehr und mehr ein Kennzeichen des Regierungshandelns dieser Bundesregierung geworden ist und mehr und mehr ein Kennzeichen des Handelns der Regierungskoalition, daß das Bundesverfassungsgericht immer häufiger verfassungswidrige Tatbestände in diesem Land beanstanden muß, so auch in diesem Fall.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Ich denke, dies ist bemerkenswert. Sie müßten einmal darüber nachdenken, wie Sie dieser Tendenz entgegenwirken können.
    Dabei bin ich durchaus der Auffassung — ich habe mich auf dem Weg hierher mit Herrn Uldall darüber unterhalten —, daß dies eine sehr unglückliche Entwicklung ist. Wenn die Gestaltung dieser Gesellschaft mehr und mehr von jenen, die in der Politik dafür zuständig sind, auf die Gerichte übergeht, dann hilft das nicht unbedingt den Regelungen, die bei der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung oder in anderen Bereichen dabei herauskommen, denn Verfas-



    Eike Ebert
    sungsrichter müssen ihr Handeln, ihre Aussagen notgedrungen an anderem orientieren, als die Politik das tun kann. Ich denke, es ist ein schweres Versäumnis, wenn mehr und mehr Verfassungsgerichte an Stelle der Politik handeln. Ich sehe, daß das auch auf diesem Feld nicht ganz ohne Probleme ist.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Zustimmung!)

    Ich unterstreiche das, was Herr Uldall gesagt hat: Es ist wenig verantwortungsvoll, daß die Beratungen hier im Parlament erst jetzt stattfinden können.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Es geht nicht schneller!)

    Ich komme aus der Kreditwirtschaft und weiß, welches Durcheinander die Quellensteuer und ihre unorganisierte Einführung produziert haben. Eine solche steuerliche Veränderung greift intensiv in die organisatorischen Abläufe der einzelnen Kreditinstitute ein. Sie müssen enorm viel im Bereich der Datenverarbeitung ändern; neue Software muß geschrieben werden. Ich weiß, aus dem Bereich, aus dem ich komme, daß die Leute schon seit langen Monaten sagen: Wir sehen das gleiche Chaos kommen wie damals. — Damals haben Sie noch nicht einmal Ausführungsbestimmungen rechtzeitig erlassen, und Sie hatten noch nicht einmal die notwendigen Formulare erstellt. Die Finanzämter waren nicht einmal in der Lage, sachgerechte Auskünfte zu erteilen.
    Meine Damen und Herren, dies sollte nicht wieder passieren. Ich meine, daß Sie die Hauptverantwortung dafür tragen, daß wir nicht in der Zeit sind. Wir reden ja so viel von Standortqualität der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Verhalten in diesem Bereich und Ihre Bereitschaft — ich erinnere noch einmal an die Anhörung, die wir gestern im Finanzausschuß durchgeführt haben —, auf einem äußerst dünnen Eis zu versuchen, eine solche Gesetzgebung durchzubringen, tragen ganz entscheidend dazu bei, daß der Standort Bundesrepublik Deutschland international in Mißkredit gerät. Daran können wir alle kein Interesse haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf, die geschilderten Erfahrungen im Zusammenhang mit der Quellensteuer wirklich ernst zu nehmen und sich zu bemühen, zu einer Lösung zu kommen.
    Der vorliegende Entwurf ist allerdings wenig geeignet dafür. Er ist ein Dokument der Hilflosigkeit und der Konzeptionslosigkeit dieser Bundesregierung und dieser Koalition.

    (Beifall bei der SPD)

    Er ist in vielen Bereichen steuersystematisch verfehlt und in seinen Auswirkungen wenig durchdacht. Er ist, wie man an vielen Stellen erkennen kann, mit heißer Nadel genäht. Ich befürchte, daß das Ganze ein steuerpolitisches Chaos produziert, das nicht mehr zu überbieten ist.
    Schauen wir uns nur einmal einige Dinge im Detail an. Ich komme zunächst zu den Freibeträgen. Freibeträge sollen steuersystematisch dazu dienen, den Grundaufwand abzudecken. Es müssen nicht im einzelnen Nachweise vorgelegt werden; ich erinnere an
    den Arbeitnehmerfreibetrag, den Kinderfreibetrag usw. Dieser Freibetrag wäre ja irgendwie noch zu akzeptieren. Gestern hat einer der Professoren zum Ausdruck gebracht, angesichts der unsystematischen Gesamtsituation, wie sie sich inzwischen in unserem Einkommensteuerrecht darstelle, komme es auf ein weiteres unsystematisches Element nicht mehr an, denn Sie benutzen diesen Freibetrag zu einem anderen Zweck, nämlich dazu, die Anzahl derjenigen, die dem Zinsabschlag unterfallen, insgesamt auf 20 % der Steuerpflichtigen zurückzufahren. Das ist ein ganz anderer Ansatz, aber man kann darüber diskutieren.
    Ich habe vorhin gesagt, daß wir von der SPD das Problem sehen — darüber muß man sprechen; das kann auch Ihnen nicht recht sein —, daß in vielen Bereichen die Abgleichung dieser jetzt relativ hohen Freibeträge mit den vorhandenen Freibetragsregelungen kollidiert. Ich finde schon, daß es ein Skandal ist, wenn sich der steuerliche Grundfreibetrag jetzt insgesamt niedriger darstellt. Er liegt nämlich bei nur 5 610 DM und damit unter den 6 000 DM, die Sie als Sparerfreibetrag eingesetzt haben. Dies kann doch nicht sein.

    (Joachim Poß [SPD]: Das ist der Punkt!)

    Hier ist Handlungsbedarf, und Sie müßten sich dieser Frage annehmen.
    Außerdem — das ist auch in der Anhörung deutlich geworden — führt die Kumulierung der Freibeträge zu geradezu skurrilen Ergebnissen; denn wenn Sie sich dieses von Ihnen zwar nicht geliebte, aber vorhandene Papier des Herrn Ullmann anschauen, dann sehen Sie, daß dieser ja sehr eindrucksvoll vorgerechnet hat, daß, wenn die Zinseinnahmen einer Familie, wie das ja üblich ist — das machen alle so —, auf die Kinder regelmäßig verteilt werden, eine Familie von zwei Erwachsenen und zwei Kindern insgesamt einen steuerlichen Freibetrag von über 52 000 DM hat. Rechnen Sie sich einmal aus, was für ein Kapitalbetrag dahinterstehen muß! Ich denke, das können auch Sie nicht wollen. Ich hoffe, daß Sie darüber noch einmal nachdenken. So kann das doch nicht laufen.
    Wenn ich am Anfang von den „Pappkameraden" gesprochen habe, dann gehört dazu letztlich auch der Begriff, den Sie hier gefunden haben; denn das ist ja kein Sparerfreibetrag, der irgendwo etwas Soziales insinuiert, so daß man denkt, da wird für den kleinen Sparer etwas gemacht.

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Natürlich!)

    Das ist ein Gewinnfreibetrag. Es ist überhaupt nicht einzusehen, daß hier die Erträge aus Kapitalgesellschaften gleich behandelt werden. Gerade wenn Sie auf das Nebeneinander von GmbH-Organisationsformen in der gewerblichen Wirtschaft schauen und denjenigen, der noch die volle Verantwortung als Einzelunternehmer trägt, dann ist es doch sicherlich auch von Ihnen nicht gewollt, daß Sie damit einen



    Eike Ebert
    wichtigen Beitrag dazu leisten, daß die GmbH in Zukunft noch attraktiver ist als bisher.

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Dann müssen wir das gesamte Steuerrecht ändern!)

    Meine Damen und Herren, ich denke, in diesem Punkt müssen Sie einmal nachdenken und in Ihrer Steuerkommission noch kräftig tätig werden,

    (Beifall bei der SPD)

    da offensichtlich die Regierung selbst sich dieser Frage zur Zeit nicht annehmen kann.
    Ich habe gestern in der Anhörung bereits darauf hingewiesen, daß Sie die Findigkeit — damit sind ja Bataillone von Steuerberatern und Bankjuristen beschäftigt — im Bereich des Financial Engineering nicht unterschätzen dürfen. In diesem Bereich wird ja schon kräftig daran gearbeitet, wie man mit Ihren Vorgaben andere Lösungen finden kann.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Das wird bei jeder Lösung so sein! Bei jeder!)

    — Aber unsere Aufgabe, Herr Dr. Faltlhauser, muß doch darin bestehen, so etwas in einer möglichst engen Bandbreite zu halten.

    (Dr. Kurt Faltlhauser [CDU/CSU]: Haben wir!)

    Wir können doch nicht ein Gesetz machen, bei dem wir hier in der ersten Lesung schon Dutzende von Modellen auf Kiel gelegt vorfinden, die dieses Gesetz wieder umgehen sollen. So verstehe ich Gesetzgebung nicht, meine Damen und Herren.

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Wer wird denn 300 Sparkonten anlegen?)

    Sie sollten das genauso sehen. Ich meine, Sie müssen diesen Entwurf ganz entscheidend überarbeiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die behauptete Verfassungswidrigkeit!)

    Wo sind Ihre Gegenexperten gewesen? Sie werden doch nicht sagen wollen, daß sie wegen des Streiks im
    öffentlichen Dienst nicht da waren. Dann hätten sie sich schriftlich äußern können.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, trotz dieser sich andeutenden Verfassungswidrigkeit wollen Sie den Gesetzentwurf verabschieden. Ich beziehe hier durchaus die kritischen Worte ein, die ich am Anfang zu der Frage gesagt habe, ob es richtig ist, daß Verfassungsgerichte die Wirklichkeit gestalten. Aber wir haben jetzt das Gesetz, wir haben den Termin 1. Januar 1993, und dann betreten Sie jetzt dieses dünne Eis und versuchen, dieses Gesetz durchzupauken. Sie nehmen es in Kauf, daß wir hier eine völlige Chaossituation bekommen. Das ist ja nun sicherlich für die Ziele, Herr Uldall, in denen wir übereinstimmen, nicht hilfreich.
    Meine Damen und Herren, ich denke, daß dieses Gesetz auch in einem anderen Punkt nicht das sein kann, als was die Regierungsvorlage es auszuweisen versucht. Ich spreche den Bereich der EG-Regelungen an. Ich weiß, daß man Kapitalmarktregelungen mit wirklich umfassender Rigorosität — ob man das will oder nicht, darüber kann man diskutieren; wir sind ja nicht für die Kontrollmitteilung, sondern Sie wissen, daß wir als Sozialdemokraten das Stichprobenverfahren vorziehen — nur machen kann, wenn man eine Regelung auf europäischer Ebene erreicht. Ich frage Sie nochmals: Wo sind Ihre Aktionen, um auf der europäischen Ebene etwas zu erreichen?

    (Beifall bei der SPD)

    Denn es darf nicht sein, daß wir EG-weit in den jeweiligen Ländern die ausländischen Kapitalanleger de facto von den Steuern befreien, was Sie mit diesem Gesetzentwurf machen. Mit dem § 30a der Abgabenordnung haben Sie ein hieb- und stichfestes Bankgeheimnis installiert, das keine Nachprüfungen zu erwarten hat. Ich glaube, es ist noch gar nicht so deutlich geworden, daß Sie mit diesem Gesetz die Steueroase Bundesrepublik Deutschland schaffen.

    (Joachim Poß [SPD]: Die haben wir doch schon!)

    Dies ist richtig, Herr Poß, wir haben sie schon. Aber wir wollen sie hier nochmals verfestigen. Derjenige, der aus dem Ausland hier Geld anlegt, ist nicht gehalten, es zu versteuern. Ich rede nicht über die rechtliche Situation, ich rede über die faktische Situation, meine Damen und Herren. Ich weiß nicht, ob wir damit einen hilfreichen Beitrag leisten, um innerhalb der EG zu einer Koordinierung zu kommen. Denn das System wäre hinterher, daß alle europäischen Bürger jeweils im Ausland ihr Geld anlegen müssen. Dann ist das Ganze steuerfrei. Ich denke, das kann so nicht laufen.
    Ich meine — auch hier stimme ich mit Ihnen überein —,es muß eine ganze Menge getan werden, um das Umfeld zu verbessern, daß eine solche Regelung von der Bevölkerung akzeptiert wird.
    Dazu gehört, daß die Inflationsrate heruntergefahren wird. Denn wenn die Steuer anfängt, die Substanz zu verzehren, ist klar, daß sich der einzelne dagegen zu wehren versucht. Das halten wir auch nicht für sozial. Aber Herr Uldall, wer ist seit 1982 in diesem Land an der Regierung? Wer ist folglich für die



    Eike Ebert
    wirtschaftliche Situation verantwortlich? Wer ist folglich dafür verantwortlich, daß wir inzwischen eine Inflationsrate von fast 5 % haben? Dann müssen Sie sich auch das zurechnen lassen, was bei der Besteuerung der Kapitalerträge nicht in Ordnung ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, das Beste, was Sie für den Kapitalmarkt tun können, ist, das Gesetz zurückzuziehen und etwas vernünftiges Neues vorzulegen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Nunmehr erteile ich dem Abgeordneten Hauser (Rednitzhembach) das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hansgeorg Hauser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ebert, soweit Sie sich auf die Praxis bezogen haben, waren Ihre Ausführungen sehr, sehr gut. Ich kann Ihnen nur zustimmen. Was das Thema Verunsicherung betrifft, muß ich Ihnen sagen: Die Verunsicherung entsteht dadurch, daß Sie ständig von einer Verfassungswidrigkeit reden und sie unterstellen. Warten wir ab, wie das Verfassungsgericht darüber entscheiden wird!

    (Joachim Poß [SPD]: Wollen Sie dieses Risiko wieder eingehen?)

    Dann können wir das entsprechend sehen.
    Der Gesetzgeber muß die Steuerehrlichkeit durch hinreichende, die Steuerbelastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.
    Mit diesen Leitsätzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juni 1991, also vor nicht einmal einem Jahr, begründen die Befürworter von Kontrollmitteilungen die Notwendigkeit und Pflicht des Gesetzgebers zur Schaffung eines Instrumentariums von Kontrollmechanismen. Es ist deshalb notwendig, das denkbare Instrumentarium etwas näher zu untersuchen.
    Kontrollen von Zinseinkünften können einmal durch eine Verpflichtung der Banken zur Meldung der Zinserträge an die Finanzbehörden erfolgen. Wir haben das in der Zinskommission das Mitteilungsverfahren genannt. Diese Verpflichtung kann entweder als flächendeckende, also vollständige, Berichtspflicht oder nach Auswahlkriterien, also einer eingeschränkten Berichtspflicht, ausgestaltet sein, die Kontrolle könnte aber auch durch die Finanzverwaltung selbst durchgeführt werden: durch die Einrichtung eines Prüfungsverfahrens, bei dem die Finanzbehörden jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Kundenkonten überprüfen.
    Lassen Sie mich diese theoretischen Kontrollmöglichkeiten gleich auf ihre praktische Durchführbarkeit und die entsprechenden Konsequenzen nachprüfen.
    Es besteht Einigkeit — auch mit Ihnen —, daß wir ein flächendeckendes Mitteilungsverfahren des Bankenapparates an die Finanzbehörden nicht wollen.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Deshalb wollen Sie von der SPD eine Kontrolle in Stichproben einführen, also eine eingeschränkte Mitteilungspflicht. Sie benutzen dazu das schöne Wort „bürgerfreundlich", also ein bißchen softig, damit es möglichst gut klingt.
    Wie schaut denn so etwas in der Praxis aus? Die Finanzverwaltung beschließt, daß die Konten aller in einem Zufallsverfahren ausgewählten Steuerpflichtigen von den Banken an das Finanzamt gemeldet werden, z. B. alle, die heute, am 7. Mai, geboren sind. Alle Banken würden ihre Meldungen an eine zentrale Behörde, z. B. an das Bundesamt für Finanzen, schikken, und es müßte dann ein System entwickelt werden, um diese Meldungen bezüglich einer bestimmten Einzelperson zu koordinieren. Für Zigtausende wäre diese Arbeit völlig überflüssig, da sie die Sparerfreibeträge, die ja sehr hoch angesetzt sind, nicht überschreiten. Das betrifft alle die Arbeitnehmer, die ein normales Arbeitseinkommen haben. Die alle sind davon nicht betroffen, und daran mäkeln Sie die ganze Zeit herum!

    (Joachim Poß [SPD]: Das ist nicht der Punkt; das wissen Sie doch!)

    Um alle Steuerpflichtigen dem Zufallsverfahren zu unterwerfen, müßte ein System der Erfassung ausgearbeitet werden, z. B. eine Personenidentifikationsnummer, bestehend etwa aus einer Steuernummer, dem Anfangsbuchstaben des Familiennamens und dem Geburtsdatum, und das alles nur, um einen ganz geringfügigen Effekt zu erzielen. Der Vergleich mit der Rasterfahndung, der gestern immer wieder gebracht und sogar von Ihrer Seite zugegeben worden ist, ist sicherlich nicht abwegig. Ihre Frau Kollegin hat gesagt, das könnte durchaus so verstanden werden.