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    Plenarprotokoll 12/77 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 77. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz-Günter Bargfrede, Dr. Wolf Bauer, Richard Bayha, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Günther Friedrich Nolting, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Rüstungskontrolle und Abrüstung nach Ende des Ost-West-Konflikts (Drucksache 12/2076) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Fortsetzung der Abrüstungspolitik nach der Auflösung der UdSSR (Drucksache 12/2067) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin Fuchs (Verl), Edelgard Bulmahn, Karsten D. Voigt (Frankfurt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Hilfen für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten bei der Rüstungskonversion und der Stärkung des Non-Proliferationsregimes (Drucksache 12/2068) Peter Kurt Würzbach CDU/CSU 6397B Dr. Hermann Scheer SPD 6399 D Dr. Olaf Feldmann FDP 6401 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste 6403 B Helmut Schäfer, Staatsminister AA 6404 B Karl Lamers CDU/CSU 6406 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD 6407 D Günter Verheugen SPD 6408 B Ulrich Irmer FDP 6410 D Günter Verheugen SPD 6412 A Heinrich Lummer CDU/CSU 6412 B Dr. Hermann Scheer SPD 6413 A Edelgard Bulmahn SPD 6413 D Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 6416 A Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt — Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft" (Drucksachen 12/1290, 12/1951) Michael Müller (Düsseldorf) SPD 6417 C Dr. Norbert Rieder CDU/CSU 6419 A Dr. Klaus Röhl FDP 6419 D Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 6420 C Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU 6421 A Nächste Sitzung 6422 C II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6423* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag der SPD-Fraktion: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt — Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft") 6424* A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 6424* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 6397 77. Sitzung Bonn, den 14. Februar 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Austermann, Dietrich CDU/CSU 14. 02. 92 Baum, Gerhart Rudolf FDP 14. 02. 92 Bernrath, Hans Gottfried SPD 14. 02. 92 Dr. Böhme (Unna), Ulrich SPD 14. 02. 92 Börnsen (Ritterhude), SPD 14. 02. 92 Arne Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 14. 02. 92 Braband, Jutta PDS/LL 14. 02. 92 Doppmeier, Hubert CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 14. 02. 92 Gattermann, Hans H. FDP 14. 02. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 14. 02. 92 Grünbeck, Josef FDP 14. 02. 92 Haack (Extertal), SPD 14. 02. 92 Karl-Hermann Habermann, SPD 14.02.92 Frank-Michael Hämmerle, Gerlinde SPD 14. 02. 92 Hansen, Dirk FDP 14. 02. 92 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 14. 02. 92 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS/LL 14. 02. 92 Heyenn, Günther SPD 14. 02. 92 Hilsberg, Stephan SPD 14. 02. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 14. 02. 92 Horn, Erwin SPD 14. 02. 92 ** Dr. Hoyer, Werner FDP 14. 02. 92 Hübner, Heinz FDP 14. 02. 92 Ibrügger, Lothar SPD 14. 02. 92 ** Jung (Düsseldorf), Volker SPD 14. 02. 92 Jungmann (Wittmoldt), SPD 14. 02. 92 Horst Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 14. 02. 92 Kauder, Volker CDU/CSU 14. 02. 92 Klemmer, Sigrun SPD 14. 02. 92 Kohn, Roland FDP 14. 02. 92 Kolbe, Manfred CDU/CSU 14. 02. 92 Koppelin, Jürgen FDP 14. 02. 92 Koschnick, Hans SPD 14. 02. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 14. 02. 92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 14. 02. 92 Kubicki, Wolfgang FDP 14. 02. 92 Leidinger, Robert SPD 14. 02. 92 Löwisch, Sigrun CDU/CSU 14. 02. 92 Marx, Dorle SPD 14. 02. 92 Meinl, Rudolf Horst CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 14. 02. 92 Dorothea Michels, Meinolf CDU/CSU 14. 02. 92 Molnar, Thomas CDU/CSU 14. 02. 92 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller, Günther CDU/CSU 14. 02. 92 * Müller (Zittau), Christian SPD 14. 02. 92 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 14. 02. 92 Neumann (Bramsche), SPD 14. 02. 92 Volker Dr. Olderog, Rolf CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Pfaff, Martin SPD 14. 02. 92 Pfeffermann, Gerhard O. CDU/CSU 14. 02. 92 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 14. 02. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 14. 02. 92 Poppe, Gerd BÜNDNIS 14. 02. 92 90/GRÜNE Pützhofen, Dieter CDU/CSU 14. 02. 92 Raidel, Hans CDU/CSU 14. 02. 92 Rau, Rolf CDU/CSU 14. 02. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 14. 02. 92 * Reichenbach, Klaus CDU/CSU 14. 02. 92 Rempe, Walter SPD 14. 02. 92 Rühe, Volker CDU/CSU 14. 02. 92 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 14. 02. 92 Schmalz-Jacobsen, FDP 14. 02. 92 Cornelia Schmidt (Dresden), Arno FDP 14. 02. 92 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 14. 02. 92 Andreas von Schmude, Michael CDU/CSU 14. 02. 92 Schröter, Gisela SPD 14. 02. 92 Schütz, Dietmar SPD 14. 02. 92 Schulte (Hameln), SPD 14. 02. 92 ** Brigitte Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 14. 02. 92 Christian Skowron, Werner H. CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Soell, Hartmut SPD 14. 02. 92 * Dr. Sperling, Dietrich SPD 14. 02. 92 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Stavenhagen, Lutz G. CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Frhr. von Stetten, CDU/CSU 14. 02. 92 Wolfgang Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 14. 02. 92 Thiele, Carl-Ludwig FDP 14. 02. 92 Vosen, Josef SPD 14. 02. 92 Welt, Jochen SPD 14. 02. 92 Wieczorek (Duisburg), SPD 14. 02. 92 Helmut Wissmann, Matthias CDU/CSU 14. 02. 92 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 14. 02. 92 90/GRÜNE Zierer, Benno CDU/CSU 14. 02. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung 6424 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag der SPD-Fraktion: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt-Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft") Dr. Barbara Höll (PDS/Linke Liste): Chemiepolitik wird neben der Energieproblematik das zweite große Feld der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um eine lebenswerte Zukunft. Begrüßenswert ist, daß sich mittlerweile in der wissenschaftlichen und in der politischen Diskussion über Chemie ein umfassenderes Denken durchzusetzen scheint. Statt einer Einzelstoffbetrachtung wird übergegangen zu der Betrachtung von Stoffgruppen. Angestrebt werden geschlossene Stoffkreisläufe. Vorsorgender Umweltschutz spielt zunehmend eine Rolle. Die Produkte werden von ihrem Ende her und in ihrem Zusammenwirken mit anderen Produkten betrachtet — ein Denken, das das bisher praktizierte „end of the pipe" als vermeintlichen Umweltschutz ausschließt. Die Diskussion erhält eine größere Zeitperspektive, d. h. die Lebensdauer der Stoffe und Stoffgruppen werden ebenso in die Betrachtung einbezogen wie die Art und Auswirkungen ihrer Abbaubarkeit; als Beispiel können PVC und FCKW genannt werden, deren Lebensdauer unterschätzt wurde. Immer mehr wird versucht, sich am tatsächlichen Bedarf zu orientieren, und der Nutzen bestimmter Produkte wird kritisch hinterfragt. Zunehmend wird auf umweltneutrale, wiederverwertbare und reperaturfreundliche Produkte gesetzt. Naturnähe wird zum Qualitätsmerkmal. Die Ersetzung bestimmter als schädlich erkannter Produkte und Produktionsverfahren ist kein Tabu mehr, wie das Beispiel Chlorchemie zeigt. Wir scheinen uns also auf dem Weg in die von Ökologinnen und Ökologen seit langem geforderte Chemiewende zu befinden. Doch leider handelt es sich bei dem oben Gesagten erst um Ansätze, und größtenteils findet die Diskussion bisher ausschließlich im akademischen Bereich statt. Von daher kommen wir nicht umhin, bereits jetzt bestimmte Weichenstellungen vorzunehmen und Fehlentwicklungen abzustellen. In dem vorliegenden Antrag kommt der Herstellung der gesellschaftlichen Akzeptanz eine zentrale Rolle zu. So wichtig dies ist, beschreibt es die Herausforderungen der ökologischen Debatte aber nur unzureichend, nämlich da, wo offene Interessengegensätze der gesellschaftlichen Gruppen bestehen. Ich möchte einige kritische Bemerkungen machen. Was wir brauchen, ist eine gesellschaftliche Debatte über das Was, Wie und Wo der Produktion und ein kurz- und mittelfristig struktur- und ordnungspolitisches Handeln der Politik. Kurz: Wir brauchen eine Chemiepolitik, die die Entgiftung von Produkten und der Produktion als ihr oberstes Ziel definiert. Die Politik darf sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Der Ausstieg aus der Chlorchemie muß jetzt politisch gewollt und durchgesetzt werden. Gesundheitsschädliche Produkte und Produktionen müssen jetzt verboten werden. Die PDS/Linke Liste im Bundestag wird dem vorgelegten Antrag und der Einsetzung dieser EnqueteKommission zustimmen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/8543 Drucksache 12/247 Drucksache 12/1126 Drucksache 12/1247 Drucksache 12/1669 Finanzausschuß Drucksache 11/4492 Drucksache 12/249 Drucksache 12/367 Drucksache 12/942 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/7565 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/584 EG-Ausschuß Drucksache 12/1201 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen, bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/1681 Nr. 3.1 Finanzausschuß Drucksache 12/210 Nrn. 74, 75 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/1072 Nr. 22 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/1681 Nr. 3.13 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/1339 Nr. 2.18
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    Rede von Dr. Olaf Feldmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Scheer, der Antrag der Koalition ist auf gutem Wege. Es ist ein guter, umfangreicher und ausführlicher Antrag, der eigentlich Ihre Unterstützung verdient.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Sie, lieber Herr Kollege Scheer, haben heute total überzogen. Sie haben sich hier in einer Schwarzmalerei ergangen, mit der Sie der Sache keinen guten Dienst tun.

    (Zuruf von der FDP: Ihm sind die Feindbilder abhanden gekommen!)

    Sie haben neue Feindbilder aufgebaut, Herr Kollege Scheer.

    (Dr. Hermann Scheer [SPD]: Ich habe gesagt, was Sache ist!)

    In Europa stehen die Zeichen endlich auf Abrüstung und Rüstungskontrolle, das haben wir gemeinsam erreicht, und darüber sollten wir uns freuen.

    (Beifall bei der FDP)

    Für die FDP-Fraktion kann ich sogar mit Stolz feststellen, daß sich unser Kampf für die doppelte NullLösung und gegen die Modernisierung der nuklearen Kurzstreckensysteme in Europa gelohnt hat.
    Sicher, Herr Kollege: Einige Dinge sind erst Absichtserklärungen, z. B. die Bush/Gorbatschowoder die Bush/Jelzin-Abrüstungsinitiative, und sicherlich sind einige Dinge noch nicht ratifiziert, etwa



    Dr. Olaf Feldmann
    die KSE-Verträge und die START-Verträge. Dies alles müssen wir in die Tat umsetzen, und dazu will unser Antrag einen konstruktiven Beitrag leisten.
    Mit dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts und der Sowjetunion ist auch die scheinbare Stabilität der Konfrontation dahin. Jetzt gilt es, dauerhaft Stabilität und Sicherheit in Europa auf einem neuen breiten stabilen Fundament aufzubauen. Das wollen wir doch alle, und das unterstelle ich auch Ihnen. Dieses Fundament muß in eine umfassende wirtschaftliche Kooperation eingebettet werden.
    Die sicherheitspolitischen Eckpfeiler sind Abrüstung, Rüstungskontrolle, Rüstungsexportkontrolle und militärische Kooperation. Hauptziele unserer sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit den GUS-Staaten sind die internationale Kontrolle und kontrollierte Abrüstung der Atomwaffenpotentiale in diesen Staaten.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Und bei uns!)

    Die taktischen Nuklearwaffen — Gefechtsköpfe, Atomminen und Atomgranaten — in diesen Staaten müssen schnellstens unter internationaler Aufsicht

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Und bei uns! — Weitere Zurufe)

    — auf „Hades" komme ich später noch zu sprechen — zentral gelagert und kontrolliert vernichtet werden. Das ist das Gebot der Stunde.
    Es muß verhindert werden — oder wollen Sie das nicht, Herr Kollege Scheer? —, daß die GUS-Nuklearwaffen, insbesondere die nuklearen Kurzstreckenwaffen, in andere Krisenregionen der Welt gelangen; denn dort liegt die Gefahr.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Deshalb brauchen wir bessere Abrüstungsinstrumente und bessere internationale Kontrollmöglichkeiten.

    (Günter Verheugen [SPD]: Warum sollen eigentlich unsere Atomwaffen nicht unter internationale Kontrolle gestellt werden?)

    Die UNO-Kontrollmöglichkeiten zur Einhaltung des Nichtverbreitungsvertrags sind unzureichend. Herr Kollege Würzbach hat darauf völlig zu Recht hingewiesen. Selbst bei schwerwiegendem Verdacht können sich NVV-Staaten bisher der UN-Kontrolle entziehen. Auch die UN-Kontrollschwerpunkte sind falsch, sind zumindest schief gesetzt. 70 % aller Inspektionen finden zur Zeit in Deutschland, in Japan, in Schweden und in Kanada statt, als ob von diesen Staaten Gefahr droht. Andere Staaten wie Indien, Pakistan, Israel und Syrien verweigern noch immer eine effektive internationale Kontrolle. Das ist so nicht länger hinnehmbar.
    UN-Nuklearinspektoren müssen in Zukunft schwerpunktmäßig in Krisenregionen und nuklearen Schwellenländern eingesetzt werden. Dafür reichen — wir kommen auf die gleichen Zahlen — die derzeit
    200 IAEO-Inspektoren bei weitem nicht aus. Das Zehnfache, 2 000 Inspektoren, ist notwendig.

    (Günter Verheugen [SPD]: Warum haben Sie das 1986 abgelehnt, als wir das beantragt haben?)

    — Damals stand die Angelegenheit unter einem völlig anderen Aspekt, Herr Kollege Verheugen. Das wissen Sie auch.
    Die FDP unterstützt Bundesaußenminister Genscher in seiner Forderung, einen Fonds zur Beschäftigung von GUS-Atomwissenschaftlern einzurichten. Die aus diesem Fonds finanzierten Atomexperten könnten für die IAEO die Kontrolle und Überwachung der Vernichtung der Nuklearwaffen in ihren Ländern als Inspektoren vornehmen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    — Das findet Ihre Zustimmung. Das freut mich. Noch wichtiger wäre allerdings, daß Staaten in Zukunft IAEO-Verdachtskontrollen nicht mehr verweigern können. Dafür braucht die UNO die Legitimation der Staatengemeinschaft und funktionsfähige Mechanismen.
    Meine Damen und Herren, Sicherheit in Europa braucht neue Strukturen. Die NATO hat sich bewährt, aber sie ist kein Instrument umfassender Kooperation. Das ist die KSZE.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Das müssen Sie mal Herrn Wörner erzählen!)

    Die KSZE hat schon immer Ost und West miteinander verbunden. Nach dem entscheidenden Durchbruch vom Konsens- zum Mehrheitsprinzip in Prag kann die KSZE zum zentralen Instrument einer umfassenden Kooperation in Europa heranwachsen. Natürlich ist der Weg zu einer wirksamen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung in Europa durch die KSZE noch weit. Hierfür müssen wir den KZSE-Prozeß konsequent vorantrieben. Die KSZE braucht Zähne. Die KSZE muß eine Art „Euro-UNO", mit Sicherheitsrat und ihr unterstellten Truppen, werden.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Mein Gott, immer fangen Sie bei den Truppen an!)

    Uns allen ist klar, daß Sicherheit und Stabilität nicht mehr als Ergebnis der Anhäufung von Waffen zu erreichen ist. Im Gegenteil: Das Waffenerbe des Kalten Krieges ist zur Zeit die größte Bedrohung unserer Sicherheit. Wir müssen der Waffenproduktion insgesamt Zügel anlegen. Die Errichtung eines Waffenregisters bei den Vereinten Nationen ist ein erster wichtiger Schritt zur Transparenz. Ein weiterer Schritt wäre eine Offenlegung der Rüstungsproduktion in Europa.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Und der Forschung, wenn es geht!)

    — Da stimme ich zu. Ihr Zuruf war völlig zu Recht, Frau Fuchs. Die Forschung muß mit herein.
    Waffen dürfen kein Exportartikel sein. Effektive Waffenexportkontrolle muß zum Hauptziel einer gemeinsam en europäischen Außen- und Sicherheitspolitik werden. Unsere restriktive Rüstungsexportkontrollpolitik bringt wenig, wenn sie wie bisher



    Dr. Olaf Feldmann
    durch multinationale Rüstungskooperation unterlaufen wird. Mit der Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes muß auch ein einheitliches europäisches Rüstungsexportkontrollregime eingeführt werden.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Nicht nur ein europäisches!)

    Meine Damen und Herren, die Tage der taktischen Nuklearwaffen sind auch im europäischen Westen gezählt. Was wir vom östlichen Nachbarn fordern, darf auch im Westen nicht tabu sein. Die Hades-Raketen passen nicht mehr in unsere europäische sicherheitspolitische Landschaft.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Da sind wir uns alle einig. Das haben wir auch bei der Debatte des letzten Antrages festgestellt.

    (Zuruf von der SPD: Dann können Sie unserem Antrag ja zustimmen!)

    Ich möchte zum Schluß unseren Abrüstungsexperten im Auswärtigen Amt und den Rüstungskontrollsoldaten der Hardthöhe Anerkennung und Dank der FDP-Fraktion für ihre Pionierarbeit aussprechen. Ohne ihren Einsatz und ihre Arbeit wäre Abrüstung und Rüstungskontrolle nicht möglich.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Abgeordnete Hans Modrow.

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    Rede von Dr. Hans Modrow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vollzogenen Schritte zur Abrüstung und neue Initiativen zur Reduzierung der Kernwaffen, wie sie von Präsident Bush und Michail Gorbatschow ausgingen

    (Heinrich Lummer [CDU/CSU]: Der Bush hat aber auch einen Vornamen!)

    und heute von den Nuklearmächten der GUS mitgetragen werden, finden allgemeine Zustimmung und wecken neue Hoffnung. Wir übersehen dabei auch Bemühungen der Bundesregierung nicht. Die Anträge der SPD sind jedoch zeitgemäß. Herr Scheer hat hier nur

    (Dr. Olaf Feldmann [FDP]: Maßlos überzogen, Herr Modrow!)

    die sich neu abzeichnenden Feindbilder benannt und sie keinesfalls erfunden.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn! Ihr seid doch verrückt! — Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das alte Feindbild Westen!)

    Auch unsere Position zur Abrüstung geht weit über die von der Bundesregierung vertretene Auffassung hinaus. Der heute von der Fraktion der Regierungsparteien vorgelegte Antrag kann eine Sache nicht aus der Welt schaffen. Die Bundesregierung denkt nicht daran, den qualitativen Zuwachs militärischer Macht einzuschränken.

    (Günther Friedrich Nolting [FDP]: Ist gut!)

    Im Gegenteil werden am Grundgesetz vorbei Einsätze
    der Bundeswehr geplant und vorbereitet. Abgerüstet
    wird nur das, was veraltet ist. Landgestützte taktische Kernwaffen werden in den USA und in der NATO zwar beseitigt, die Entwicklung von neuen luftgestützten Raketen, von Raketenabwehrprogrammen, von ballistischen seegestützten Raketen wird jedoch fortgesetzt.
    Es bleibt bei der atomaren Abschreckung, auch wenn sie künftig mit der Charakterisierung „minimal" als weniger schrecklich ausgegeben wird. Es wird auch verborgen, daß die Bundesregierung keinen nennenswerten Aufrüstungsplan gestoppt hat, der zur Zeit eines intakten Warschauer Vertrages, des ungebrochenen Feindbildes einer hochrüstenden Sowjetunion beschlossen wurde. Das sind keine Behauptungen, sondern Fakten.
    Auch wir sind dafür, daß der jetzt eingeleitete Prozeß der nuklearen Abrüstung vertieft und beschleunigt werden muß, indem er durch energische Kontrollmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung begleitet wird. Alle Bemühungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Kernwaffen werden aber letztlich erfolglos sein, solange nicht die Kernwaffenstaaten selbst auf einen dauerhaften Besitz dieser Waffen und ihrer Weiterentwicklung zu verzichten bereit sind. Hier kann und muß die Bundesrepublik als einer der bedeutendsten Nichtkernwaffenstaaten ihren Einfluß geltend machen.
    So muß doch gefragt werden, warum die erklärte Bereitschaft Rußlands, der Ukraine, Weißrußlands und Kasachstans zu einem totalen Kernwaffenverzicht nicht mit einer entsprechenden westlichen Initiative beantwortet wird. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, sich für die schnellstmögliche Einberufung einer Konferenz aller atomaren Mächte stark zu machen, die die Voraussetzungen und Schritte zu einer Welt ohne atomare Waffen mit strikter internationaler Kontrolle erarbeitet.
    Solche Wege, um die Gefahren der atomaren Weiterverbreitung einzudämmen, dürfen nicht ungenutzt bleiben. Die globalen Fragen unserer Erde werden wir auch nur dann lösen können, wenn sie nicht mehr mit Kernwaffen bestückt sein wird.
    Wir vermissen auch eine klare Haltung in einer anderen eminent wichtigen Frage, nämlich zum Verbot von Atomwaffentests. Wenn der Teufelskreis der atomaren Rüstung durchbrochen werden soll, dann muß hier begonnen werden; denn über sie werden diese schrecklichen Massenvernichtungswaffen immer wieder vervollkommnet. Die Bundesregierung aber schweigt, wenn die USA und andere NATO-Verbündete nicht einmal eine befristete Einstellung der Tests zulassen. Auch in den vorliegenden Anträgen fehlt eine solche Aussage.
    Gewiß stellt die Auflösung der UdSSR die Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik vor neue Aufgaben. Das gilt insbesondere für die massenhafte Vernichtung beträchtlicher Waffenberge beziehungsweise deren gesicherte Lagerung. Vieles müssen hier die Nachfolgestaaten selbst verantwortungsbewußt lösen. Ebenso sicher ist, daß sie dabei die Hilfe der internationalen Gemeinschaft benötigen.
    Es ist aber ein untauglicher Ansatz, wenn weitere Hilfe für die politische und wirtschaftliche Umgestal-



    Dr. Hans Modrow
    tung und für den Aufbau einer Marktwirtschaft — wie es in dem Antrag der CDU/CSU und der FDP heißt — mit Abrüstungs- und Kontrollschritten zusammengebunden wird.

    (Dr. Olaf Feldmann [FDP]: Aber das ist doch sinnvoll, Herr Kollege!)

    So wie die Dinge nun einmal liegen, reicht es nicht aus, diese Staaten zur weiteren Abrüstung zu drängen.

    (Peter Kurt Würzbach [CDU/CSU]: Sie stehen doch mit beidem auf Kriegsfuß, mit der Abrüstung und mit der Marktwirtschaft!)

    — Hören Sie doch erst einmal zu! — Was die Staaten brauchen, ist vor allem Hilfe, damit sie die bei der Umstellung der Rüstungsindustrie und der Verringerung von Waffen und Soldaten auftretenden sozialen und ökonomischen Schwierigkeiten lösen können. Wenn sie dieses Problem nicht bewältigen, wenn ihnen hierbei, statt zu helfen, Bedingungen diktiert werden, kann die Entwicklung, die bisher weitgehend friedlich verlief, außer Kontrolle geraten, und zwar mit unkalkulierbaren Gefahren für Europa.
    Etwas ganz anderes kann noch eintreten: Mancher dieser Staaten könnte sich anderen zuwenden, die ihnen für die Zusammenarbeit keine Bedingungen diktieren; denn wir wissen doch, um welche Räume es sich insgesamt, in der Summe aller Staaten handelt.

    (Dr. Olaf Feldmann [FDP]: Wer hilft denn mehr als wir?)

    Daß die GUS-Staaten Mitglied der KSZE geworden sind, schließt so etwas nicht aus. Wir sind deshalb dafür, diesen Staaten mit technischem Know-how, mit der Unterstützung von Konversionsmaßnahmen zielgerichtet zu helfen.
    Im übrigen gilt, was ich bereits eingangs sagte: Nur wenn der Grundsatz Schule macht, mit echten Abrüstungsvorleistungen andere zu gleichen Taten zu veranlassen, wird es in Zukunft wirkliche Abrüstung geben.

    (Zuruf von der FDP: Wir waren die ersten, die 370 000 festgelegt haben! — Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Damit haben wir die Einheit erkauft, nicht zu vergessen!)

    Gute Worte und einige Abstriche an ansonsten weiterlaufenden Rüstungsprogrammen machen die Welt nun einmal nicht sicherer. Das Rüstungsgeschäft in diesem Land gehört gleichfalls „abgewickelt", und wenn wir es so nicht schaffen, dann sollten wir es der Treuhand in Verantwortung übertragen. Die hat sich bekanntlich bei der Abwicklung von Industrien im letzten Jahr deutlich bewährt.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste sowie bei Abgeordneten der SPD)