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    Plenarprotokoll 12/77 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 77. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz-Günter Bargfrede, Dr. Wolf Bauer, Richard Bayha, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Günther Friedrich Nolting, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Rüstungskontrolle und Abrüstung nach Ende des Ost-West-Konflikts (Drucksache 12/2076) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Fortsetzung der Abrüstungspolitik nach der Auflösung der UdSSR (Drucksache 12/2067) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin Fuchs (Verl), Edelgard Bulmahn, Karsten D. Voigt (Frankfurt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Hilfen für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten bei der Rüstungskonversion und der Stärkung des Non-Proliferationsregimes (Drucksache 12/2068) Peter Kurt Würzbach CDU/CSU 6397B Dr. Hermann Scheer SPD 6399 D Dr. Olaf Feldmann FDP 6401 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste 6403 B Helmut Schäfer, Staatsminister AA 6404 B Karl Lamers CDU/CSU 6406 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD 6407 D Günter Verheugen SPD 6408 B Ulrich Irmer FDP 6410 D Günter Verheugen SPD 6412 A Heinrich Lummer CDU/CSU 6412 B Dr. Hermann Scheer SPD 6413 A Edelgard Bulmahn SPD 6413 D Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 6416 A Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt — Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft" (Drucksachen 12/1290, 12/1951) Michael Müller (Düsseldorf) SPD 6417 C Dr. Norbert Rieder CDU/CSU 6419 A Dr. Klaus Röhl FDP 6419 D Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 6420 C Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMU 6421 A Nächste Sitzung 6422 C II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6423* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag der SPD-Fraktion: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt — Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft") 6424* A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 6424* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 6397 77. Sitzung Bonn, den 14. Februar 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Austermann, Dietrich CDU/CSU 14. 02. 92 Baum, Gerhart Rudolf FDP 14. 02. 92 Bernrath, Hans Gottfried SPD 14. 02. 92 Dr. Böhme (Unna), Ulrich SPD 14. 02. 92 Börnsen (Ritterhude), SPD 14. 02. 92 Arne Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 14. 02. 92 Braband, Jutta PDS/LL 14. 02. 92 Doppmeier, Hubert CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 14. 02. 92 Gattermann, Hans H. FDP 14. 02. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 14. 02. 92 Grünbeck, Josef FDP 14. 02. 92 Haack (Extertal), SPD 14. 02. 92 Karl-Hermann Habermann, SPD 14.02.92 Frank-Michael Hämmerle, Gerlinde SPD 14. 02. 92 Hansen, Dirk FDP 14. 02. 92 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 14. 02. 92 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS/LL 14. 02. 92 Heyenn, Günther SPD 14. 02. 92 Hilsberg, Stephan SPD 14. 02. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 14. 02. 92 Horn, Erwin SPD 14. 02. 92 ** Dr. Hoyer, Werner FDP 14. 02. 92 Hübner, Heinz FDP 14. 02. 92 Ibrügger, Lothar SPD 14. 02. 92 ** Jung (Düsseldorf), Volker SPD 14. 02. 92 Jungmann (Wittmoldt), SPD 14. 02. 92 Horst Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 14. 02. 92 Kauder, Volker CDU/CSU 14. 02. 92 Klemmer, Sigrun SPD 14. 02. 92 Kohn, Roland FDP 14. 02. 92 Kolbe, Manfred CDU/CSU 14. 02. 92 Koppelin, Jürgen FDP 14. 02. 92 Koschnick, Hans SPD 14. 02. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 14. 02. 92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 14. 02. 92 Kubicki, Wolfgang FDP 14. 02. 92 Leidinger, Robert SPD 14. 02. 92 Löwisch, Sigrun CDU/CSU 14. 02. 92 Marx, Dorle SPD 14. 02. 92 Meinl, Rudolf Horst CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 14. 02. 92 Dorothea Michels, Meinolf CDU/CSU 14. 02. 92 Molnar, Thomas CDU/CSU 14. 02. 92 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller, Günther CDU/CSU 14. 02. 92 * Müller (Zittau), Christian SPD 14. 02. 92 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 14. 02. 92 Neumann (Bramsche), SPD 14. 02. 92 Volker Dr. Olderog, Rolf CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Pfaff, Martin SPD 14. 02. 92 Pfeffermann, Gerhard O. CDU/CSU 14. 02. 92 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 14. 02. 92 Pofalla, Ronald CDU/CSU 14. 02. 92 Poppe, Gerd BÜNDNIS 14. 02. 92 90/GRÜNE Pützhofen, Dieter CDU/CSU 14. 02. 92 Raidel, Hans CDU/CSU 14. 02. 92 Rau, Rolf CDU/CSU 14. 02. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 14. 02. 92 * Reichenbach, Klaus CDU/CSU 14. 02. 92 Rempe, Walter SPD 14. 02. 92 Rühe, Volker CDU/CSU 14. 02. 92 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 14. 02. 92 Schmalz-Jacobsen, FDP 14. 02. 92 Cornelia Schmidt (Dresden), Arno FDP 14. 02. 92 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 14. 02. 92 Andreas von Schmude, Michael CDU/CSU 14. 02. 92 Schröter, Gisela SPD 14. 02. 92 Schütz, Dietmar SPD 14. 02. 92 Schulte (Hameln), SPD 14. 02. 92 ** Brigitte Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 14. 02. 92 Christian Skowron, Werner H. CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Soell, Hartmut SPD 14. 02. 92 * Dr. Sperling, Dietrich SPD 14. 02. 92 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Stavenhagen, Lutz G. CDU/CSU 14. 02. 92 Dr. Frhr. von Stetten, CDU/CSU 14. 02. 92 Wolfgang Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 14. 02. 92 Thiele, Carl-Ludwig FDP 14. 02. 92 Vosen, Josef SPD 14. 02. 92 Welt, Jochen SPD 14. 02. 92 Wieczorek (Duisburg), SPD 14. 02. 92 Helmut Wissmann, Matthias CDU/CSU 14. 02. 92 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 14. 02. 92 90/GRÜNE Zierer, Benno CDU/CSU 14. 02. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung 6424 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Februar 1992 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag der SPD-Fraktion: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt-Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft") Dr. Barbara Höll (PDS/Linke Liste): Chemiepolitik wird neben der Energieproblematik das zweite große Feld der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um eine lebenswerte Zukunft. Begrüßenswert ist, daß sich mittlerweile in der wissenschaftlichen und in der politischen Diskussion über Chemie ein umfassenderes Denken durchzusetzen scheint. Statt einer Einzelstoffbetrachtung wird übergegangen zu der Betrachtung von Stoffgruppen. Angestrebt werden geschlossene Stoffkreisläufe. Vorsorgender Umweltschutz spielt zunehmend eine Rolle. Die Produkte werden von ihrem Ende her und in ihrem Zusammenwirken mit anderen Produkten betrachtet — ein Denken, das das bisher praktizierte „end of the pipe" als vermeintlichen Umweltschutz ausschließt. Die Diskussion erhält eine größere Zeitperspektive, d. h. die Lebensdauer der Stoffe und Stoffgruppen werden ebenso in die Betrachtung einbezogen wie die Art und Auswirkungen ihrer Abbaubarkeit; als Beispiel können PVC und FCKW genannt werden, deren Lebensdauer unterschätzt wurde. Immer mehr wird versucht, sich am tatsächlichen Bedarf zu orientieren, und der Nutzen bestimmter Produkte wird kritisch hinterfragt. Zunehmend wird auf umweltneutrale, wiederverwertbare und reperaturfreundliche Produkte gesetzt. Naturnähe wird zum Qualitätsmerkmal. Die Ersetzung bestimmter als schädlich erkannter Produkte und Produktionsverfahren ist kein Tabu mehr, wie das Beispiel Chlorchemie zeigt. Wir scheinen uns also auf dem Weg in die von Ökologinnen und Ökologen seit langem geforderte Chemiewende zu befinden. Doch leider handelt es sich bei dem oben Gesagten erst um Ansätze, und größtenteils findet die Diskussion bisher ausschließlich im akademischen Bereich statt. Von daher kommen wir nicht umhin, bereits jetzt bestimmte Weichenstellungen vorzunehmen und Fehlentwicklungen abzustellen. In dem vorliegenden Antrag kommt der Herstellung der gesellschaftlichen Akzeptanz eine zentrale Rolle zu. So wichtig dies ist, beschreibt es die Herausforderungen der ökologischen Debatte aber nur unzureichend, nämlich da, wo offene Interessengegensätze der gesellschaftlichen Gruppen bestehen. Ich möchte einige kritische Bemerkungen machen. Was wir brauchen, ist eine gesellschaftliche Debatte über das Was, Wie und Wo der Produktion und ein kurz- und mittelfristig struktur- und ordnungspolitisches Handeln der Politik. Kurz: Wir brauchen eine Chemiepolitik, die die Entgiftung von Produkten und der Produktion als ihr oberstes Ziel definiert. Die Politik darf sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Der Ausstieg aus der Chlorchemie muß jetzt politisch gewollt und durchgesetzt werden. Gesundheitsschädliche Produkte und Produktionen müssen jetzt verboten werden. Die PDS/Linke Liste im Bundestag wird dem vorgelegten Antrag und der Einsetzung dieser EnqueteKommission zustimmen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/8543 Drucksache 12/247 Drucksache 12/1126 Drucksache 12/1247 Drucksache 12/1669 Finanzausschuß Drucksache 11/4492 Drucksache 12/249 Drucksache 12/367 Drucksache 12/942 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/7565 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/584 EG-Ausschuß Drucksache 12/1201 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen, bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/1681 Nr. 3.1 Finanzausschuß Drucksache 12/210 Nrn. 74, 75 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/1072 Nr. 22 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/1681 Nr. 3.13 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/1339 Nr. 2.18
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    Rede von Peter Kurt Würzbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Ende
    des Ost-West-Konflikts, das Ende der Konfrontation bringt die großartige Möglichkeit zu mehr Kooperation, zu Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Diese Zusammenarbeit ist nach unserer Überzeugung nicht nur möglich, sondern im Interesse aller auch dringend nötig. Diese neue Lage bringt aber auch eine Menge von Unwägbarkeiten, von Instabilitäten, von Gefährdungen und von Gefahren. Deshalb hat Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik folgenden Zielen zu dienen: die bestehenden Gefahren abzubauen, neue vermeiden zu helfen, unbefugten und unbedachten Umgang mit Waffen und mit dem Wissen um diese Waffen zu verhindern und alles an Kooperation und multinationaler Verifikation zu erreichen, um die Sicherheit in allen Staaten in und für Europa zu stärken und zu erhalten. Das gilt auch für die globale Sicherheit im Hinblick auf die Dritte Welt, auf Auswirkungen auf diese und Rückwirkungen von dort auf uns.
    Trotz aller bisherigen Fortschritte gibt es — das kann man vor der Haustür beginnen abzulesen — einen dringenden und teils überfälligen Handlungsbedarf auf diesem Feld. Dem entspricht unser Antrag, der von der Union erarbeitete Antrag. Es ist ein Antrag, der alle Felder, die der Kontrolle, der Kooperation, der Verteidigungsfähigkeit, der Verifikation und auch der erforderlichen Sanktionen, umfaßt, im nuklearen wie im konventionellen Bereich, ein Antrag, der eine klare Perspektive für etwa das kommende Jahrzehnt umfaßt, ein Antrag, der wegen mancher heutiger Instabilitäten und Unwägbarkeiten die erforderliche Flexibilität beinhaltet, der den Interessen der Bundesrepublik Deutschland entspricht, ein Antrag, der die internationalen Gremien auch durch eigene Beiträge — zu erbringende oder schon erbrachte — zu höherer Effektivität auffordert. Ich sage deshalb: Es ist ein grundlegender, ein wegweisender Antrag der Koalition von CDU/CSU und FDP.
    Ich freue mich, daß unter den Zuhörern auf der Tribüne eine große Zahl von Soldaten sind, wie ich vorhin gehört habe, aus dem Bundesland Thüringen. Ich erwähne das mit Dank für den Dienst der Soldaten. Wir brauchen unsere Bundeswehr auch bei erfolgreicher Abrüstung und Rüstungskontrolle weiterhin zu unserer eigenen Stabilität.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Peter Kurt Würzbach
    Ich will deutlich machen, daß der Sicherheitsbegriff heute erheblich umfassender zu formulieren ist. Wir alle sind uns quer über die Parteigrenzen hinweg darin einig. Das gleiche gilt für die Aufgaben der Rüstungskontrolle und der Abrüstungspolitik. Hier geht es nicht mehr nur um weniger Waffen, sondern vielmehr immer auch um effektive Kontrolle der getroffenen Abkommen, um Nichtweitergabe von Waffen und dem Wissen um diese und endlich auch — hier gibt es große Defizite — um wirksamere Möglichkeiten von internationalen Sanktionen.
    Wir wollen den jungen Demokratien im Osten weitere Hilfe geben, dabei aber klar fordern, daß diese mit überprüfbaren Abrüstungsvereinbarungen und mit multinationaler Kontrolle einhergehen muß, und das besonders und sofort beim möglichen Transfer von Waffen und Wissen um diese.
    Wir begrüßen die Initiativen von Bush und Jelzin. Sie sind gut. Wir erwarten, daß sie schnell konkret vereinbart und möglichst rasch umgesetzt werden. Der Anschluß aller anderen Alliierten an diese Initiativen sollte dann angestrebt werden. Wir wollen weiter die volle Beseitigung aller landgestützten Kurzstreckenwaffen und der nuklearen Artillerie. Atomteststopps gehören auch in diese Verhandlungsrunden.
    Ich will noch einmal zu den Kurzstreckenwaffen und zu der nuklearen Artillerie zurückkehren und auf die Dimension aufmerksam machen, über die wir relativ leicht und einig politisch und militärisch reden: Allein in der GUS gibt es rund 10 000 solcher Gefechtsköpfe für landgestützte Waffen. Ich frage: Wie wollen wir nicht nur politisch erklären, daß sie weg müssen, sondern sie wirklich technisch vernichten? Die Amerikaner werden hier Geld geben. Das ist von allen Seiten des Hauses begrüßt worden. Dieses Geld wird nicht reichen, es bedarf sicher mehr davon. Aber es bedarf vor allen Dingen der technischen Einrichtungen, damit die ehemalige Sowjetunion diese Waffen wirklich zerlegen kann und das militärisch nur dafür geeignete Uran in ausschließlich zivile Nutzung umorganisiert. Dies könnten wir mit einer Anlage, wie wir sie auf hohem technologischem Stand beispielsweise in Hanau haben — wo dies nicht getan wird, aber technisch getan werden könnte. Daher rege ich an, daß wir dieses deutsche Wissen und technische Können multinational, u. a. auch mit vielen der sowjetischen Wissenschaftler, über die wir alle miteinander viel reden, die in der Planung, Entwicklung, Beaufsichtigung und Bearbeitung tätig werden können, sehr schnell einsetzen.

    (Abg. Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Entschuldigung, jede Fraktion redet zu ihrem Antrag. Ich möchte dies, Kollege Voigt, gern im Zusammenhang tun. Sie reden nachher ja selbst.
    Der Atomwaffensperrvertrag bleibt nach wie vor ein ganz wichtiges Element unserer Abrüstungs- und Kontrollpolitik. Er dient der Eindämmung von Massenvernichtungswaffen. Wir müssen darauf drängen, daß er verlängert wird, wenn dies Mitte des Jahrzehnts ansteht. Wir müssen alle Nachfolgerepubliken der ehemaligen Sowjetunion, aber auch viele andere Länder in der Welt, auch solche, mit denen wir eng
    verbunden und befreundet sind, auffordern, daß sie endlich auch den Weg zur Mitgliedschaft finden, was längst überfällig ist. Ich nenne hier Länder wie Indien, Israel, Brasilien und viele mehr.
    Ich will ein paar Bemerkungen zur Atomenergiebehörde IAEA machen. Hier ist dringend erforderlich, daß wir die Kontrollmechanismen dieser wichtigen Behörde, die lange ein bißchen im Abseits schlummerte, verschärfen,

    (Dr. Olaf Feldmann [FDP]: Ja, das ist überfällig!)

    daß wir auch bei Verdacht kontrollieren dürfen, daß wir von dem sogenannten Konsensprinzip abkommen. Es ist schizophren, daß ein Staat, der international in Verdacht geraten ist, in dieser Runde sitzt und mit darüber zu befinden hat, ob bei ihm kontrolliert wird oder nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Hier müssen Verdachtskontrollen — und zwar unangemeldete — auch bei solchen Anlagen durchgeführt werden können, die eigentlich als solche offiziell nicht deklariert sind. Die Überprüfungen im Irak bis in den November 1990 hinein haben hier traurige Beispiele gegeben.
    Um die Darstellung der Ohnmacht dieser Institution noch ein bißchen abzurunden, weise ich darauf hin — fast will man es nicht glauben —: Ein Kontrolleur, der im Namen der Behörde in ein bestimmtes Land geht, um zu kontrollieren, der muß tatsächlich vorher in diesem Land ein Visum beantragen, um einreisen zu können. Ich wollte es wirklich kaum glauben!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Skandalös!)

    Das zeigt, wie stumpf dieses Instrument ist. Das muß schnell geregelt werden.
    Neben mehr Rechten, die dort erforderlich sind, brauchen wir mehr Personal. Die heute nur rund 200 Personen sind dazu nicht in der Lage. Wir brauchen eher 2 000. Auch hier weise ich wieder auf die zur Verfügung stehenden Experten aus der ehemaligen Sowjetunion hin, die sehr schnell und unbürokratisch eingesetzt werden könnten.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Alle unsere Anträge in dieser Richtung haben Sie abgelehnt!)

    — Kollege Voigt, ein Wort zu Ihrem Antrag bzw. zu den Anträgen der SPD; Sie haben zwei vorgelegt, und ich meine beide. Hier sind eine Menge guter Ansätze, über die wir uns freuen, über die wir Einigkeit haben, die wir konstruktiv und mit aller Energie national wie international weiter verfolgen sollten.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das tut ja gut!)

    Eines aber will ich in diesem Zusammenhang — das wird Sie nicht überraschen — sagen, was mich sehr befremdet. Leider ist mein SPD-Kollege aus Schleswig-Holstein nicht da. Es befremdet mich, wenn Ihr außenpolitischer Sprecher jüngst den deutschen Vorschlag, ehemalige sowjetische Atomwissenschaftler durch eine Stiftung finanziell abzusichern, als — so



    Peter Kurt Würzbach
    wörtlich — naiv und heuchlerisch bezeichnet hat, weil es — wiederum wörtlich — das gut organisierte Deutschland doch nicht einmal geschafft habe, deutsche Wissenschaftler und deutsche Unternehmen davon abzuhalten, Hussein bei seinem atomaren Rüstungsprogramm zu helfen.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist so nicht gesagt worden!)

    Hier muß ich Ihnen sagen, daß diese verallgemeinernde Gleichsetzung von kriminellen und abzuurteilenden Verfehlungen mancher Firmen mit den besorgten deutschen Vorschlägen auf internationaler Bühne überhaupt nicht statthaft, sondern unangemessen ist und daß ich sie als mehr als zynisch bezeichnen möchte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zurück zu unserem Antrag: Wir sind für folgende weitere wichtige Elemente: die Stärkung der Kontrollmechanismen bei der Verbreitung von Raketentechnologie, international wirksame Strafen für eigene Staatsbürger, die im Ausland bei der Herstellung oder Entwicklung von Massenvernichtungsmitteln mitwirken, Verzicht auf A-, B- und C-Waffen. Wir wollen, daß alle Staaten zügig dem Übereinkommen zum Verbot biologischer Waffen beitreten, und auch auf diesem wichtigen Feld — auch dies in den letzten Jahren ein bißchen abseits der Aufmerksamkeit — sind dringend Verifikationen und Sanktionen erforderlich.
    All die Dinge, über die wir hier sprechen, dürfen am Geld nicht scheitern.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Stimmt!)

    Ich sage dies noch einmal deutlich auch vor dem Hintergrund, daß ja bei manchen Planungen bestehen, 50 Milliarden Dollar und teilweise erheblich mehr in hochtechnologische Raketenabwehrsysteme zu investieren. Wer dies überlegt oder gar schon plant, der muß erst recht bereit sein, sich mit einzureihen, solche Dinge zu finanzieren, wo wir an der Wurzel des möglichen Entstehens von Gefährdungen diese verhindern, und er ist aufgerufen, sich materiell, personell und finanziell an der Verhinderung solcher Dinge zu beteiligen.
    Auf die Konversion mit den erheblichen Auswirkungen — schon bei uns in kleinerem Maßstab zu spüren, erst recht in der ehemaligen Sowjetunion — will ich hier nicht näher eingehen, sondern nur darauf hinweisen.
    Ich will aber etwas zu den konventionellen Waffen sagen; denn wenn wir über Rüstungskontrolle und Abrüstung reden, dann steht im Augenblick das Nukleare im Vordergrund. Wir dürfen die gewaltigen konventionellen Waffen und deren Möglichkeiten jedoch nicht übersehen.
    Wir sollten als Bundesrepublik, da der Ratifizierungsvorgang von Wien und Paris durch die Umorganisation in der ehemaligen Sowjetunion ins Stocken gekommen ist, recht bald, meine ich, demonstrativ, angemeldet, offen und international überwacht mit dem Verschrotten der Tausende von Großwaffensystemen beginnen. Dies wäre ein deutliches internationales Signal für den Ernst unserer Vorhaben auf
    diesem Feld; es wäre ein psychologisch-politisch wichtiges Signal an die jungen Republiken in der ehemaligen Sowjetunion, die dabei sind, sich zu finden und zu überlegen, wie und in welchem Umfang sie ihre eigenen Armeen formieren. Ich meine, daß dies ein guter, angemessener Schritt ist. All diese Staaten sind, mit wenigen Ausnahmen, inzwischen in der KSZE, und auch sie sind nun aufgerufen, zügig verbindlich zu erklären, auf welches Maß sie ihre überdimensionierten Streitkräfte abrüsten. Wir als Deutsche haben dies ja als einzige bereits völkerrechtlich verbindlich getan.
    Es gibt viele zu lösende, wenngleich sehr komplizierte Probleme, und es gibt zunehmende Bedrohungen alter oder vermeintlich neuer Art. Vielleicht sind einige schon älter und nun nur ein bißchen deutlicher geworden. Sie bestanden schon, aber wir haben uns mit anderen Dingen beschäftigt. Ich bin überzeugt, daß eine kluge und feste Politik es leisten wird, daß sie die Chancen der neuen Kooperationsmöglichkeiten nutzen wird und daß wir gemeinsam mit unseren verläßlichen und erprobten Partnern aus dem Westen und den neuen im Osten aufmerksam, beweglich und zugleich wachsam die Gefährdungen vermeiden und die Stabilität und Berechenbarkeit zur Sicherheit ausbauen.
    Die zukünftigen Rüstungskontroll- und Abrüstungsbemühungen haben mehr zu bedeuten, als nur zu reduzieren, nämlich eben auch zu verifizieren und, wo erforderlich, unterhalb der Schwelle militärischer Einsätze zu sanktionieren. Hier muß die internationale Staatengemeinschaft dringend handeln. Ein Anfang kann nächste Woche bei der anstehenden Tagung der IAEA, der Atomenergiebehörde, gemacht werden.
    Zu all den angesprochenen Feldern und manchen mehr gibt unser Antrag, wie wir meinen, wichtigste Anstöße.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Abgeordnete Dr. Hermann Scheer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Scheer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU/CSU und der FDP ist vom Kollegen Würzbach als wegweisend bezeichnet worden. Die Frage ist, ob insgesamt die richtigen Wege gewiesen werden. Mit manchem, was Sie gesagt haben — mit vielem sogar —, sind wir einig. Aber die Probleme, die wir künftig in der Abrüstungspolitik haben, liegen eher in dem, was in Ihrem Antrag und von Ihnen noch nicht gesagt worden ist.
    Der Öffentlichkeit wird heute der Eindruck vermittelt, daß die westliche Abrüstungspolitik auf dem besten Wege sei; wenn es Probleme gäbe, dann lägen diese scheinbar ausschließlich andernorts: bei vagabundierenden ehemaligen sowjetischen Atomwaffen oder Atomwaffenexperten, bei den Verursachern gewaltsamer völkisch-nationalistischer Konflikte in Ost- und Südosteuropa, bei aggressiven Despoten „Mini-Hitlers" im arabischen Raum oder insgesamt beim islamischen Fundamentalismus, der in der westlichen Öffentlichkeit und Politik mehr und mehr zum



    Dr. Hermann Scheer
    neuen ideologischen Feindbild stilisiert wird, quasi als Ersatz zum zerbrochenen Feindbild des kommunistischen Totalitarismus.
    Eine solche Betrachtungsweise — der Westen sei gut und vernünftig, die Friedensgefährdung und -bedrohung komme prinzipiell von anderen — ist ein frömmelnder Selbstbetrug. Der Westen ist erneut dabei, von seinen eigenen Problemen und Widersprüchen der Sicherheitspolitik abzulenken, indem er mit dem Finger nur auf andere zeigt.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Wer tut das denn?)

    Damit die eigenen Widersprüche möglichst gar nicht erst diskutiert werden, wird die Vokabel vom Konsens beschworen.
    Ich bin mit zwei Eckpfeilern der westlichen Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik oder Sicherheitspolitik der Gegenwart nicht im Konsens.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Das ist ja erschütternd!)

    Es gibt zwei sehr relevante Bereiche, in denen der Westen sich beharrlich weigert, seine eigenen Probleme wahrzunehmen, und seine damit einhergehende Verantwortung verleugnet, erstens das Festhalten an der atomaren Abschreckung als Strategieelement der NATO, obwohl alle früheren Voraussetzungen atomarer Bewaffnung der NATO hinfällig geworden sind, und zweitens die mangelnde Bereitschaft, den Prozeß der konventionellen Abrüstung fortzusetzen und dabei auf die NATO selbst die Grundsätze anzuwenden, die früher gegenüber der Sowjetunion und dem Warschauer Pakt eingefordert wurden.
    Zum Problem der atomaren Abschreckung als einem Element der Strategie der NATO: Die atomaren Waffen des Westens und die NATO-Strategie der atomaren Abschreckung wurden in der Vergangenheit damit begründet, daß die Sowjetunion ein erhebliches atomares Potential hatte und dieses seit den 50er Jahren immer weiter ausbaute, so daß zum Schutz dagegen ein Gleichgewicht des Schreckens bestehen müsse, eine wechselseitige Möglichkeit zur atomaren Vernichtung, damit vor einem Einsatz abgeschreckt werden könne, und daß die Sowjetunion mitsamt dem Warschauer Pakt eine konventionelle Überlegenheit in Verbindung mit einer offensiven Angriffsdoktrin habe, so daß zur Sicherheit dagegen die Strategie der flexiblen Antwort notwendig sei, also auch taktische Atomwaffen gegenüber konventioneller Übermacht und der Anspruch auf einen westlichen Ersteinsatz von Atomwaffen.
    Diese Voraussetzungen sind jetzt hinfällig geworden. Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion haben den Anspruch aufgegeben, ein atomares Gleichgewicht zu den USA zu haben. Sie wollen Freunde des Westens, nicht mehr Feinde sein. Sie sind bereit — am deutlichsten bisher die Ukraine —, sich atomar vollständig zu entwaffnen. Auch die russische und die kasachstanische Führung haben sich mehrfach zu einem vollständigen Atomwaffenabbau bereit erklärt. Ihre Atomtests sind eingestellt.
    Von einer konventionellen Überlegenheit kann angesichts der Auflösung des Warschauer Pakts, der deutschen Einigung und des Zerfalls der Sowjetunion keine Rede mehr sein. Dennoch hält der Westen an der Strategie der atomaren Abschreckung fest. Zwar reduzieren die USA ihre atomaren Waffen in erheblichem Umfang, aber die britischen und französischen atomaren Neu- und Zusatzrüstungen gehen weiter. Es ist nicht nur unverständlich, warum an der NATO-Strategie festgehalten wird, auch wenn man sie künftig Strategie der atomaren Abhaltung nennen will

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Abratung!)

    — oder Abratung —, wie im Antrag der CDU/CSU und der FDP zu lesen ist.

    (Peter Kurt Würzbach [CDU/CSU]: Nanu, lesen konnte er bisher doch!)

    Dies ist unverantwortlich.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Das haben sie herausgenommen!)

    Als Begründung werden zunehmend mehr neue Bedrohungen aus dem Süden genannt, etwa eine eventuelle atomare Bedrohung durch arabisch-islamische Staaten. Diese neue Begründung ist sehr viel problematischer als die alten Gründe

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Das ist wohl wahr!)

    Die Begründung und die darauf aufbauenden Entscheidungen werden — das sage ich voraus — ein Kernpunkt künftiger prinzipieller sicherheitspolitischer Auseinandersetzungen sein.
    Vielen ist der negative Qualitätssprung noch gar nicht aufgegangen: Die NATO will künftig Atomwaffen als Sicherheitsreserve vorhalten gegen Staaten, die in ihrer konventionellen Bewaffnung der NATO nicht überlegen, sondern haushoch unterlegen sind

    (Günter Verheugen [SPD]: So ist es!)

    und die selbst noch gar keine Atomwaffen haben.

    (Zuruf von der FDP: Wie lange noch?)

    — Ich komme darauf. Aus einer Gleichgewichtsabschreckung soll eine Überlegenheitsabschreckung werden.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Ach du großer Gott!)

    Die Folgen dieses Ansatzes werden aller Voraussicht nach verheerend sein. Denn dadurch werden sich mehr und mehr Staaten legitimiert fühlen, ihre atomaren Anstrengungen fortzusetzen.

    (Günter Verheugen [SPD]: Natürlich!)

    Die NATO-Strategie führt deshalb mit innerer Zwangsläufigkeit dazu,

    (Dr. Olaf Feldmann [FDP]: Man muß die Kontrolle verbessern!)

    daß sie durch ihr Festhalten an Atomwaffen die neue Bedrohung erst schafft, die sie vermeiden will.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Der Widerspruch ist unüberbrückbar, Atomwaffen in eigener Hand als sicherheitsfördernd, in anderer Hand als teuflisch gefährlich zu betrachten. Dies ist



    Dr. Hermann Scheer
    — es tut mir leid — Ausdruck eines neuen internationalen Herrendenkens,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    eines atomaren Imperialismus, den andere gerade deshalb nicht akzeptieren werden.

    (Günter Verheugen [SPD]: Richtig!)

    Die Gefahren der atomaren Verbreitung, vor denen niemand in diesem Hause mehr und öfter gewarnt hat als die SPD-Fraktion, können nicht eingedämmt werden, wenn diese Einseitigkeit, wenn dieser Widerspruch bleibt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die einzige in sich stimmige Antwort liegt darin, daß die NATO zur Bereitschaft findet, auf die atomare Abschreckungsstrategie zu verzichten, und daß der Westen seine prinzipielle Bereitschaft zum Abbau aller eigenen atomaren Waffen erklärt

    (Ulrich Irmer [FDP]: Dann wird er erpreßbar!)

    — warten Sie erst einmal auf den Zusammenhang —, sich zum Ziel vollständiger kontrollierter atomarer Abrüstung bekennt und entsprechende internationale Initiativen einleitet.
    Niemand verlangt, daß der Westen alle seine Atomwaffen hergibt, solange andere Staaten solche Waffen haben.

    (Zuruf von der FDP: Jetzt widersprechen Sie sich aber!)

    Aber die politische Voraussetzung zur Verhinderung atomarer Weiterverbreitung ist die prinzipielle Bereitschaft auch zum eigenen Atomwaffenverzicht. Wenn der Westen sich dieser Konsequenz verweigert, ist er der eigentliche Verursacher der künftigen atomaren Gefahren, nicht ihr Verhinderer.
    Zu fordern sind vor allem eine Konferenz der Atomwaffenstaaten über den Abbau aller atomaren Waffenpotentiale, und zwar weltweit, und die Vereinbarung eines wirkungsvollen internationalen Regimes der Vereinten Nationen, mit dem alle weiteren Bemühungen von Staaten zu atomarer Rüstung unterbunden werden können. Das ist die neue qualitative Herausforderung, vor der wir stehen.
    Zur konventionellen Abrüstung will ich, da ich fast am Ende meiner Redezeit bin, nur auf folgendes hinweisen: Es war immer so, daß gesagt worden ist: „ Wer mehr hat, der muß mehr geben. " Das war unsere Forderung an den Osten, als dort eine ohne Zweifel vorhandene quantitative Überlegenheit gegeben war. Es wurde immer gesagt, man müsse die Fähigkeit zu Angriffshandlungen abbauen, um damit internationale Vertrauensbildung zu schaffen.
    Wie sieht die Lage heute aus? Unzweifelhaft besteht eine eindeutige konventionelle NATO-Überlegenheit gegenüber allen Nachbarn, nicht nur gegenüber den neuen Strukturen im Osten Europas. Eine Million Soldaten hat die NATO heute mehr als die früheren Staaten der Sowjetunion in Europa,

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Und niemand fühlt sich bedroht!)

    und fünfmal mehr gibt die NATO in Europa für Rüstung aus als alle Staaten des nordafrikanischarabischen Raumes, einschließlich Israels, zusammen. „Wer mehr hat, der muß mehr geben", das bedeutet angesichts der Überlegenheit auf dem maritimen Sektor, bei der Seerüstung, gleichzeitig, daß der Westen jetzt natürlich die Anforderung an sich selbst haben muß, einseitige konventionelle Rüstungsreduzierung in erheblichem Umfang einzuleiten, um damit den Prozeß der konventionellen Abrüstung weiterzuführen, der auf dem klassischen bilateralen Verhandlungssektor nicht mehr möglich ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Da hat Deutschland eine besondere Verpflichtung, und es ist sie eingegangen. Wir reden hier aber insgesamt von westlicher Abrüstungspolitik.