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    Plenarprotokoll 12/74 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 74. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Januar 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 13: a) Beratung des Antrags des Abgeordneten Ulrich Klinkert und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Gerhart Rudolf Baum und der Fraktion der FDP: Reaktorsicherheit in den Staaten Mittel- und Osteuropas (Drucksache 12/1906) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 08/836/EURATOM über die Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen im Hinblick auf die vorherige Genehmigung der Verbringung radioaktiver Abfälle (Drucksachen 12/350 Nr. 12, 12/1752) Ulrich Klinkert CDU/CSU 6189B Klaus Lennartz SPD 6190D Ulrich Klinkert CDU/CSU 6191 C Gerhart Rudolf Baum FDP 6194 D Klaus Lennartz SPD 6196B Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 6197A Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 6198A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . . 6198C Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrich Adam, Anneliese Augustin, Dietrich Austermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Gisela Babel, Günther Bredehorn, Dr. Olaf Feldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Förderung des Fremdenverkehrs in den neuen Ländern (Drucksache 12/1323) Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 6201 C Hinrich Kuessner SPD 6202 B Dr. Olaf Feldmann FDP 6204 A Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 6205 B Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi 6206 C Klaus Brähmig CDU/CSU 6208 A Iris Gleicke SPD 6209 C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 6211A Carl Ewen SPD 6212 B Dr. Gerhard Päselt CDU/CSU 6212 C Dr. Peter Eckhardt SPD 6213 D Werner Dörflinger CDU/CSU 6215D Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU 6216D Zusatztagesordnungspunkt: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1992 Gernot Erler, Hans Gottfried Bernrath, Lieselott Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Soforthilfsprogramm für die Sowjetunion und ihre Republiken zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und FDP: Hilfe zur Selbsthilfe für die Sowjetunion und ihre Republiken (Drucksachen 12/1321, 12/1580, 12/1975) Dr. Rudolf Sprung CDU/CSU 6218A Dr. Uwe Jens SPD 6219D Dr. Heinrich L. Kolb FDP 6221 B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 6222 C Gernot Erler SPD 6223 B Dr. Erich Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi 6224 D Nächste Sitzung 6227 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6229* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6230* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1992 6189 74. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 24. 01. 92 Andres, Gerd SPD 24. 01. 92 Antretter, Robert SPD 24. 01. 92* Berger, Johann Anton SPD 24. 01. 92 Bock, Thea SPD 24. 01. 92 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 24. 01. 92 * Wilfried Braband, Jutta PDS/LL 24. 01. 92 Brandt-Elsweier, Anni SPD 24. 01. 92 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 24. 01. 92 Dr. Diederich (Berlin), SPD 24. 01. 92 Nils Dr. Dobberthien, SPD 24. 01. 92 Marliese Doppmeier, Hubert CDU/CSU 24. 01. 92 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 24. 01. 92 Dr. Faltlhauser, Kurt CDU/CSU 24. 01. 92 Francke (Hamburg), CDU/CSU 24. 01. 92 Klaus Dr. Friedrich, Gerhard CDU/CSU 24. 01. 92 Gallus, Georg FDP 24. 01. 92 Ganschow, Jörg FDP 24. 01. 92 Gattermann, Hans H. FDP 24. 01. 92 Dr. von Geldern, CDU/CSU 24. 01. 92 Wolfgang Dr. Glotz, Peter SPD 24. 01. 92 Grünbeck, Josef FDP 24. 01. 92 Günther (Plauen), FDP 24. 01. 92 Joachim Hämmerle, Gerlinde SPD 24. 01. 92 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 24. 01. 92 Haschke CDU/CSU 24.01.92 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Haussmann, Helmut FDP 24. 01. 92 Horn, Erwin SPD 24. 01. 92 ** Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 24. 01. 92 Irmer, Ulrich FDP 24. 01. 92* Janz, Ilse SPD 24. 01. 92 Jaunich, Horst SPD 24. 01. 92 Jungmann (Wittmoldt), SPD 24. 01. 92 Horst Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 24. 01. 92 Dr. Kappes, CDU/CSU 24. 01. 92 Franz-Hermann Klein (München), Hans CDU/CSU 24. 01. 92 Kolbe, Manfred CDU/CSU 24. 01. 92 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 24. 01. 92 Koschnick, Hans SPD 24. 01. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 24. 01. 92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 24. 01. 92 Kubicki, Wolfgang FDP 24. 01. 92 Dr. Kübler, Klaus SPD 24. 01. 92 Dr. Leonard-Schmid, SPD 24. 01. 92 Elke Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lühr, Uwe FDP 24. 01. 92 Meckel, Markus SPD 24. 01. 92 Meinl, Rudolf Horst CDU/CSU 24. 01. 92 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 24. 01. 92 Dorothea Dr. Möller, Franz CDU/CSU 24. 01. 92 Nitsch, Johannes CDU/CSU 24. 01. 92 Opel, Manfred SPD 24. 01. 92 Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 24. 01. 92 Dr. Pfaff, Martin SPD 24. 01. 92 Poß, Joachim SPD 24. 01. 92 Rahard-Vahldieck, CDU/CDU 24. 01. 92 Susanne Rappe (Hildesheim), SPD 24. 01. 92 Hermann Rawe, Wilhelm CDU/CSU 24. 01. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 24. 01. 92 * Rempe, Walter SPD 24. 01. 92 Reschke, Otto SPD 24. 01. 92 Reuschenbach, Peter W. SPD 24. 01. 92 Schily, Otto SPD 24. 01. 92 Schluckebier, Günther SPD 24. 01. 92 Schmidbauer (Nürnberg), SPD 24. 01. 92 Horst Schmidt (Dresden), Arno FDP 24. 01. 92 Dr. Schmude, Jürgen SPD 24. 01. 92 Schwanhold, Ernst SPD 24. 01. 92 Schwanitz, Rolf SPD 24. 01. 92 Seim, Marita FDP 24. 01. 92 Dr. Stavenhagen, Lutz G. CDU/CSU 24. 01. 92 Thiele, Carl-Ludwig FDP 24. 01. 92 Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter CDU/CSU 24. 01. 92 Uldall, Gunnar CDU/CSU 24. 01. 92 Dr. Ullmann, Wolfgang BÜNDNIS 24. 01. 92 90/GRÜNE Voigt (Frankfurt), SPD 24. 01. 92** Karsten D. Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 24. 01. 92 Hans-Peter Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 24. 01. 92 Vosen, Josef SPD 24. 01. 92 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 24. 01. 92 Weis (Stendal), Reinhard SPD 24. 01. 92 Weiß (Berlin), Konrad BÜNDNIS 24. 01. 92 90/GRÜNE Welt, Jochen SPD 24. 01. 92 Dr. Wetzel, Margrit SPD 24. 01. 92 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 24. 01. 92 Dr. Wilms, Dorothee CDU/CSU 24. 01. 92 Wohlleben, Verena SPD 24. 01. 92 Ingeburg Wollenberger, Vera BÜNDNIS 24. 01. 92 90/GRÜNE Zierer, Benno CDU/CSU 24. 01. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung 6230* Deutscher Bundestag — 12, Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1992 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/742 Innenausschuß Drucksache 11/3058 Finanzausschuß Drucksache 11/7566 Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 11/7582, 11/7583, 12/848 Drucksache 12/847 Drucksache 12/854 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/157 Nr. 2.2 Finanzausschuß Drucksache 12/210 Nrn. 69, 71, 72, 77 Drucksache 12/557 Nrn. 3.2, 3.3 Drucksache 12/1072 Nr. 1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/1339 Nrn. 2.2-2.6 Drucksache 12/1449 Nrn. 2.1, 2.2 Drucksache 12/1518 Nrn. 4-8 Drucksache 12/1612 Nrn. 2.2-2.4 Ausschuß für Fremdenverkehr Drucksache 12/706 Nr. 3.22 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 12/849 Nrn. 2.5-2.8 Drucksache 12/1339 Nr. 2.19 Drucksache 12/1449 Nr. 2.15
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    Rede von Dr. Rudolf Sprung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen das Thema der Hilfen für die Länder der ehemaligen Sowjetunion behandeln, so geschieht dies vor dem Hintergrund einer sich weiter veschlechternden Lage in den neuen Republiken. Ich meine, es ist eine gute Sache, daß sich im Wirtschaftsausschuß des Bundestages eine fraktionsübergreifende gemeinsame Haltung in dieser Frage herausgebildet hat. Die uns heute vorliegende Beschlußempfehlung des Wirtschaftsausschusses ist Ergebnis dieses Konsenses, ein Ergebnis, das wir alle mittragen und das zeigt, daß wir in der Frage, wie Deutschland den neuen Republiken Hilfe gewähren kann, in Übereinstimmung sind. Ich möchte an dieser Stelle allen Kollegen herzlich danken, die an der Erarbeitung dieses Konsenspapieres maßgeblichen Anteil hatten.
    Meine Damen und Herren, die zu selbständigen Staaten gewordenen Republiken der ehemaligen
    Sowjetunion stehen am Beginn ihrer nationalen
    Souveränität vor tiefgreifenden Umwälzungen und schier unüberwindlich erscheinenden Problemen. Es ist nicht nur die akute Versorgungskrise, die derzeit im Mittelpunkt des Interesses steht und zu einer beispielhaften, an Bemühungen des vergangenen Winters anknüpfenden Solidaritätsaktion der deutschen Bevölkerung geführt hat — und diese Hilfsaktionen laufen weiter —, es sind auch die Devisen- und Zahlungsschwierigkeiten, die Sorgen bereiten und die Umstrukturierung der GUS-Republiken erheblich behindern.
    Meine Damen und Herren, in dieser Situation sind alle westlichen Industrienationen zur Hilfeleistung aufgefordert. Es muß verhindert werden, daß der Übergang zu Demokratie und Marktwirtschaft von den Menschen in den neuen Republiken als Abgleiten in wirtschaftliche Unsicherheit oder gar Hunger und Not erfahren wird. Es kann dabei jedoch nicht darum gehen, neue Abhängigkeiten mit immer neuen Zahlungsverpflichtungen zu schaffen. Die Hilfe zum Wandel in den neuen Republiken darf nicht zum Faß ohne Boden werden.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Worauf es neben der Soforthilfe zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung vor allem ankommt, ist Hilfe zur Selbsthilfe. Dieser Grundsatz, meine Damen und Herren, zieht sich wie ein roter Faden durch die Ihnen vorliegende Beschlußempfehlung und sollte auch im internationalen Rahmen Richtschnur bleiben.
    Wir begrüßen es, daß der Abstimmungsprozeß auf internationaler Ebene angelaufen ist und bei wichtigen internationalen Konferenzen in der ersten Hälfte dieses Jahres auf der Tagesordnung steht. Die Washingtoner Konferenz, die in dieser Woche zur Koordinierung der verschiedenen nationalen Hilfen für die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion stattgefunden hat — sie ist gestern abgeschlossen worden —, war ein hoffnungsvoller Auftakt, aber auch leider noch nicht mehr. Die Hilfe für die Republiken der ehemaligen Sowjetunion geht alle westlichen Industrienationen an; denn die Gefahr, die Zahlungsunfähigkeit, soziale Unruhen und innenpolitische Instabilität zur Folge hätten, würde die Industrienationen in ihrer Gesamtheit treffen.
    Doch, meine Damen und Herren, auch angesichts der Größenordnung der Aufgabe, ist ein international abgestimmtes Verhalten unumgänglich. Führen Sie sich vor Augen, welcher Investitionsbedarf für die neuen Bundesländer veranschlagt wird und setzen Sie dies in Relation zur Größe der anderen ehemaligen RGW-Staaten und zu der Tatsache, daß in der ehemaligen Sowjetunion die sozialistische Mißwirtschaft nicht gut 40, sondern mehr als 70 Jahre dauerte! Wenn man dies tut, dann kann man ermessen, welch gewaltiger Kapitalbedarf besteht, um die östlichen Volkswirtschaften an die Marktwirtschaft heranzuführen.

    (Dr. Volkmar Köhler [Wolfsburg] [CDU/ CSU]: Sehr gut!)

    Die westliche Welt wird nicht umhin kommen, mit erheblichen Investitionen den Aufbau der Wirtschaften in den Staaten der GUC im Baltikum, in Mittel- und Südosteuropa mit zu finanzieren.
    Die Bundesrepublik ist bereit, sich über den Beitrag hinaus — er ist doch schon bisher beträchtlich gewesen — am Aufbau in den ehemaligen RGW-Staaten zu beteiligen. Wir dringen jedoch auch darauf, daß in der westlichen Welt möglichst schnell ein Gesamtkonzept für die Hilfsmaßnahmen erarbeitet wird, das eine der jeweiligen Leistungsfähigkeit angemessene Verteilung der Lasten vorsieht. Es darf nicht weiterhin so sein, daß die übrigen Staaten vollmundige Solidaritätsbekundungen von sich geben und Deutschland zum größten Teil diese Hilfen, die dort angekündigt werden, trägt.
    Meine Damen und Herren, wir begrüßen, daß die Bundesregierung sich multilateral wie bilateral intensiv um eine wirksame Unterstützung der Republiken der ehemaligen Sowjetunion bemüht. Im Bereich der zügigen Umsetzung der beschlossenen Lieferungen von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen dringend benötigten Hilfsgütern wird bereits Beachtliches geleistet. Eine Reihe von Anfangsschwierigkeiten sind inzwischen beseitigt worden, dennoch sind weitere internationale Anstrengungen dringend nötig. Dabei sollte darauf hingewirkt werden, daß Hilfsgüter, wie im Rahmen der EG-Hilfsprogramme vorgesehen, soweit es möglich ist, auch in den ost- und südosteuropäischen Ländern angekauft werden.
    Auf die großzügige Hilfsbereitschaft der deutschen Bevölkerung habe ich bereits hingewiesen. Zu danken ist darüber hinaus auch den karitativen Verbänden, die sich vorbildlich in Hilfeleistungen engagieren. Erwähnung finden müssen auch die Hilfen, die



    Dr. Rudolf Sprung
    auf der Grundlage der bestehenden Städtepartnerschaften gewährt werden. Was hier an persönlichem Einsatz und Opferbereitschaft von unzähligen freiwilligen Helfern gezeigt wird — in meiner Heimatstadt Goslar gibt es zur Zeit eine wahre Welle der Hilfsbereitschaft für die Stadt Beresniki im Ural —, kann nicht oft genug erwähnt und hervorgehoben werden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Volkmar Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Meine Damen und Herren, nicht vergessen werden darf auch, welche logistischen Meisterleistungen bei der Organisation und Durchführung dieser Maßnahmen vollbracht werden. Das dabei erworbene Wissen und die vor Ort gewonnenen Erfahrungen können übrigens sehr nutzbringend beim Aufbau des EG- Expertenteams zur logistischen Unterstützung der Hilfslieferungen genutzt werden.
    Worauf es mittel- und langristig ganz entscheidend ankommt, ist, den Republiken dabei zu helfen, die Voraussetzungen für einen zügigen Übergang zur marktwirtschaftlichen Ordnung zu schaffen und sich in die Weltwirtschaft zu integrieren. Dies setzt viel voraus.
    Die dafür nötigen Maßnahmen sind in der vorliegenden Entschließung genannt. Hervorheben möchte ich insbesondere die Notwendigkeit von intensiver Beratung und Know-how-Transfer auf allen Ebenen. Hier ist nicht nur die deutsche Wirtschaft aufgefordert, sich neben Investitionen auch durch Ausbildungshilfen aktiv zu beteiligen. Wirtschaftspolitische Beratung muß in Zukunft auch auf staatlicher Ebene einen Schwerpunkt der wirtschaftlichen Zusammenarbeit bilden. Deutsche Hilfe könnte gerade hier besonders wirkungsvoll sein, verfügen wir doch über lange und erfolgreiche Erfahrungen mit der Sozialen Marktwirtschaft ebenso wie über praktische Erfahrungen beim Umbau einer ehemals sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.
    Bei der dringend erforderlichen Privatisierung könnten die Republiken der ehemaligen Sowjetunion auf die in Deutschland bewährte Einrichtung der Treuhandanstalt zurückgreifen. Auch bier können wir mit unseren Erfahrungen, eventuell auch mit bewährtem Personal, aushelfen.
    Um ein investitionsfreundliches administratives und legislatives Umfeld zu schaffen, ist auch die Politikberatung von entscheidender Bedeutung. Die Information der Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung über die grundlegenden Zusammenhänge der Sozialen Marktwirtschaft, ihre gesetzlichen und institutionellen Voraussetzungen, muß — die Erfahrungen in den neuen Bundesländern zeigen dies — vom ersten Augenblick an intensiv und langfristig ausgerichtet betrieben werden, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Denn — auch das haben wir in den neuen Bundesländern gespürt — der Umstrukturierungsprozeß hin zur Marktwirtschaft kann nur dann in Gang kommen, wenn ein positives Wirtschaftsklima herrscht, wenn als Folge politischer und rechtlicher Beständigkeit bei den Unternehmen Vertrauen in die künftige Entwicklung hergestellt wird.
    Die Integration in die Weltwirtschaft setzt voraus, daß wir unsere Märkte für Produkte aus den neuen Republiken öffnen. Zum anderen — und hier sehe ich allerdings das noch viel größere Problem — müssen sie in die Lage versetzt werden, möglichst schnell Waren zu produzieren, mit denen sie auf unseren Märkten wettbewerbsfähig sind. Daneben gilt es, die traditionellen Wirtschaftskontakte und Absatzwege zwischen den Republiken und innerhalb der Staaten des ehemaligen RGW zu nutzen und auszubauen.
    Ein Beitrag dazu ist, so meine ich, auch der vorgestrige Kabinettsbeschluß, für Exportlieferungen in die GUS-Länder Hermes-Bürgschaften zur Verfügung zu stellen. Auch die dafür beschlossenen Kriterien, nämlich Konzentration auf Lieferungen, die zu einer unmittelbaren Steigerung der Deviseneinnahmen führen, zielen in diese Richtung.
    Das gleiche gilt im übrigen — ein weiteres Beispiel — für die Errichtung einer Vermittlungs- oder Kontaktstelle für Barter-Geschäfte, also für Geschäfte Ware gegen Ware, mit den GUS-Mitgliedstaaten durch das Bundeswirtschaftsministerium, normalerweise, so möchte ich sagen, eine Horrorvorstellung für die Anhänger eines freien Handelsverkehrs. Doch außergewöhnliche Situationen erfordern auch außergewöhnliche Maßnahmen.
    Einen bedeutenden Beitrag zur Hebung der Deviseneinnahmen könnte ferner ein steigender Export von Erdöl und Erdgas leisten, bei dem vor allem Rußland über umfassende Reserven verfügt. Doch nicht nur zum Export, sondern auch zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung der eigenen Bevölkerung ist eine grundlegende Modernisierung der Fördereinrichtungen und Raffinerien dringend erforderlich. Neben einer gemeinsamen Energiepolitik der Staaten der GUS könnte hier eine gemeinsame Energieagentur oder eine gemeinsame Energiebehörde als Koordinator und Ansprechpartner für westliche Hilfe für die erforderlichen schnellen Fortschritte sorgen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns alle gemeinsam die große Chance, die das Ende des real existierenden sozialistischen Alptraums, den die Auflösung des Warschauer Paktes und der Sowjetunion darstellt, ergreifen und uns am Aufbau demokratischer Republiken beteiligen, die künftig ebenfalls ihren Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben der Völker in Europa und der Welt leisten werden!
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, nächster Redner ist unser Kollege Dr. Uwe Jens.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Jens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das hat es bisher selten gegeben, daß die Opposition mit der Regierungskoalition aus je einem eigenen Antrag einen gemeinsamen Antrag macht.
    Der Antrag, den wir jetzt akzeptieren, zielt aus unserer Sicht in die richtige Richtung. Wichtig ist, daß



    Dr. Uwe Jens
    die Hilfe für die sogenannten GUS-Staaten schnell anläuft, daß sie koordiniert wird und daß sie kein Strohfeuer entfacht, sondern langfristig wirksam ist. Natürlich darf sie nicht etwa zu Lasten der Länder der Dritten Welt gehen. Auch das möchte ich betont haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Im Zuge der Verhandlungen über unseren Antrag, den vor allem mein Kollege Gernot Erler initiiert hat, hat es verständlicherweise Kompromisse gegeben. Wir Sozialdemokraten konnten unsere Vorstellungen nicht völlig verwirklichen; das liegt auf der Hand. Jetzt heißt es z. B., daß die Bundesregierung um eine wirksame Unterstützung der Republiken der ehemaligen Sowjetunion bemüht sein soll. Das ist sicherlich eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Natürlich muß es wirksame Hilfe geben. Aber es muß nach unserer Auffassung auch ausreichende Hilfe geben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wirksam und ausreichend muß die Hilfe sein, damit wir verhindern, daß es dort zur Verarmung breiter Massen kommt.
    Darüber hinaus ist vorgesehen, daß die Hilfsgüter zu günstigen Preisen gegen ziemlich wertlose Rubel verkauft werden. Ein Teil dieser eingenommenen Gelder soll einem Sozialfonds zugeführt werden. Auch das ist grundsätzlich richtig, nicht etwa falsch. Wir wollten jedoch noch etwas konkreter das hereinkommende Geld zur Verbesserung der Agrarproduktion und zur Verbesserung der Distribution in diesem Bereich verwenden. Es sollte in Form von Krediten sowohl an junge Landwirte zur Steigerung der Agrarproduktion als auch an junge Unternehmer zur Verbesserung der Verteilung der Agrarprodukte vergeben werden.
    Dieser Gedanke stand bei dem ERP-Programm Pate, als es um den Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland ging. Ich bin immer noch davon überzeugt: Das war ein guter Gedanke. Auch den sollten wir unserer Meinung nach auf die Entwicklung in den GUS-Staaten anwenden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir hatten schließlich gefordert, unter bestimmten Bedingungen die sogenannten Joint-ventures verstärkt zu fördern. Gerade durch solche Gemeinschaftsunternehmen mit den GUS-Staaten kann und wird ein wesentlicher Beitrag zum Erfahrungsaustausch und zum Technologietransfer geleistet. Es wäre schlimm, wenn die vorhandenen Joint-ventures, die zum Teil recht vernünftige, gute Arbeit geleistet haben, eingestellt werden müßten. Es wäre sinnvoll, dafür zu sorgen, daß es hiervon mehr gibt und nicht etwa weniger. Um dies zu erreichen, sind sicherlich in erster Linie die deutschen Unternehmen gefordert; auch das gebe ich gerne zu. Aber auch die Bundesregierung sollte, glaube ich, durch Rat und Tat zum Erhalt bestehender und zur Förderung weiterer Joint-ventures beitragen.

    (Beifall bei der SPD)

    Besonders wichtig ist uns — das ist in dem Antrag festgehalten — das Anliegen, die eigenen Märkte der
    Industrienationen, also auch der Bundesrepublik Deutschland, zu öffnen. Will man den neuen marktwirtschaftlichen Ländern wirklich helfen — Herr Kollege Sprung, Sie hatten das angedeutet —, dann benötigen sie die Chance, selbst hergestellte Produkte im Ausland zu verkaufen. Das sind zunächst Agrar-
    und Textilprodukte. Das sind auch Rohstoffe, und das sind vor allem fossile Energieträger. Also etwas mehr Kompromißbereitschaft bei den anstehenden GATT- Verhandlungen mahnen wir einmal mehr bei dieser Gelegenheit hier an; sie scheint mir dringend notwendig zu sein.
    Zubilligen muß man, glaube ich, den Republiken der ehemaligen Sowjetunion, da sie noch nicht voll entwickelt sind, einen gewissen selektiven Protektionismus à la Friedrich List. Auch wir haben am Anfang der industriellen Entwicklung bestimmte Märkte geschützt und sie nicht der weltwirtschaftlichen Konkurrenz ausgesetzt. Einen selektiven Protektionismus — dafür müssen wir Verständnis haben — dürfen sie praktizieren, um ihre eigene Entwicklung voranzubringen.
    Wir begrüßen die Bemühungen um eine Vermittlung von marktwirtschaftlichem Know-how ausdrücklich. Dies ist für den Aufbau der neuen GUS-Staaten genauso wichtig wie eine finanzielle Hilfe. Leider haben aus unserer Sicht in der nahen Vergangenheit wohl mehr — Sie kennen den Begriff — die Chicago-Boys als Berater in Osteuropa zur Verfügung gestanden

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: Böse Buben!)

    als jene, die Erfahrung mit dem Aufbau einer wirklich sozialen Marktwirtschaft haben.
    Ich weise deshalb noch einmal darauf hin: Nur die Freigabe der Preise, so wie es zur Zeit praktiziert wird, reicht nicht aus.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ja!)

    Es gehört ein bißchen mehr dazu. Es gehört dazu z. B. erstens die Schaffung von Vertrauen in die neue Währung, zweitens die sofortige Einstellung der Notenpresse, was Helmut Schmidt einmal mehr angemahnt hat, drittens eine geldmengenorientierte Geldpolitik durch eine zentrale Institution, viertens die Finanzierung des Haushaltes über ein solides Steuersystem und fünftens ein positiver Realzins. Das heißt, das Sparen muß sich lohnen. Unter dem Strich muß einer, wenn er spart, mehr hereinbekommen, als durch Geldentwertung verschwindet. Ein positiver Realzins scheint mir dringend notwendig zu sein.
    Notwendig ist aus unserer Sicht ebenfalls, daß man die Erfahrungen, die wir mit der Institutionalisierung des Arbeitsmarktes gemacht haben, nicht vergißt. In Ungarn hat man mittlerweile an die 1 000 Gewerkschaften gegründet. Das ist eine verhängnisvolle Entwicklung.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: 1 000?)

    —1 000 Gewerkschaften. — Wir haben Erfolg mit dem
    Industrieverbandssystem, mit der Einheitsgewerkschaft gehabt. Deshalb fordern wir, daß sie diese



    Dr. Uwe Jens
    Erfahrung berücksichtigen: Eine Gewerkschaft für ein Unternehmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Hinzu kommen muß, glaube ich, wie das auch die Bundesrepublik Deutschland gemacht hat, der Versuch, einen Überschuß in der Leistungsbilanz zu verwirklichen. Ja, selbst bei niedriger Produktivität in den neuen GUS-Staaten gibt es irgendwo einen Wechselkurs, der diese Wirtschaft weltweit dann doch wieder rentabel macht.

    (Dr. Rudolf Sprung [CDU/CSU]: Das ist wichtig!)

    Das scheint mir wichtig zu sein. Dann lebt das Volk zwar für eine gewisse Zeit unter den Verhältnissen; aber das ist eine elementare Voraussetzung dafür, eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung aufzubauen.
    Schließlich will ich erwähnen, daß sich auch unser Ausbildungssystem hervorragend bewährt hat. Die Lander, die es versäumen, ein entsprechendes Ausbildungssystem — wie vielleicht die vier kleinen Tiger — aufzubauen, werden in Schwierigkeiten kommen. Die GUS-Staaten haben zum Teil ein gutes Ausbildungssystem. Aber sie müssen es behalten und versuchen, hochqualifizierte Arbeitskräfte auszubilden. Das scheint mir eine wesentliche Voraussetzung dafür zu sein, daß es ihnen gelingt, ihre Entwicklung wirklich auf eigene Beine zu stellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Passen wir jedoch auf, daß wir keine falschen Hoffnungen wecken! Die Angleichung der Lebensverhältnisse in der ehemaligen DDR wird, glaube ich, noch mindestens zehn Jahre dauern und vielleicht noch ein bißchen länger. Die Umstrukturierung der ehemaligen Staaten der Sowjetunion und die deutliche Anhebung des Lebenshaltungsniveaus gegenüber dem jetzigen Zustand ist sicherlich eine Generationenaufgabe.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD)