Rede von
Dr.
Wolfgang
Schäuble
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Matthäus-Maier, als Sie Ihre Rede begonnen haben, dachte ich, es würde eine Rede, die der Bedeutung dieser Debatte angemessen ist.
Aber im zweiten Teil Ihrer Rede haben Sie der Versuchung vielleicht doch nicht widerstehen können, an Stelle einer Würdigung nicht nur dessen, was in Maastricht erreicht worden ist, sondern auch der Schwierigkeiten auf dem Wege, dieses europäische Haus zu vollenden — das ja noch nicht fertig ist —, einen Mindestbedarf an Polemik abzuladen. Dieser Teil Ihrer Rede ist wirklich stark abgefallen.
Ich will mich aber zunächst ausdrücklich für das bedanken, was Sie zur Wirtschafts- und Währungs-
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Dr. Wolfgang Schäuble
union gesagt haben. Ich glaube, es ist gut, wenn wir gemeinsam würdigen und auch unseren Bürgern gemeinsam sagen, daß das ein wichtiger Schritt voran ist, Europa weiterzubauen, unseren wirtschaftlichen Interessen gerecht zu werden und zugleich auch die Stabilität unserer Mark, die wir in über 40 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland errungen haben, in einer europäischen Währung zu bewahren.
Ich stehe nicht an, mich für den Beitrag der Sozialdemokraten auf diesem Weg und auch in der Erläuterung gegenüber unseren Bürgern, auch was Helmut Schmidt betrifft, zu bedanken.
Unsere Bürger haben verständlicherweise viele sorgenvolle Fragen, z. B. danach, ob die Sicherheit und die Grundlage für Vertrauen, die unsere D-Mark 40 Jahre lang bedeutete, jetzt möglicherweise zugunsten Europas gefährdet wird oder nicht. Ich glaube, wir alle miteinander können in voller Verantwortung unserer Bevölkerung sagen: Nein, es wird nicht aufs Spiel gesetzt. Die europäische Währung wird so stabil sein, wie die D-Mark es 40 Jahre lang war. Durch das Zusammenwirken von Bundesregierung und Bundesbank ist Vorkehrung dafür getroffen, daß die europäische Währungsgemeinschaft wirklich eine Stabilitätsgemeinschaft sein wird, daß alle Staaten, die an der Währungsgemeinschaft teilnehmen, strenge Kriterien hinsichtlich der Stabilität erfüllen müssen, daß die Europäische Zentralbank mindestens so unabhängig sein wird, wie die deutsche Bundesbank immer gewesen ist, daß das Ziel der Geldwertstabilität als vorrangiges Ziel nicht nur für die deutsche Währung, sondern Ende dieses Jahrhunderts auch für eine europäische Währung gilt und daß deswegen niemand die Sorge haben muß, daß wir in Zukunft eine weniger stabile Währung haben werden.
Wie sie dann heißen wird, das ist vielleicht eine zweitrangige Frage.
Vielleicht, Frau Matthäus-Maier, sollten wir, wenn wir das europäische Haus wirklich weiterbauen wollen, die Diskussion auch hier von diesem Pult aus so führen, daß man merkt, daß wir nicht ganz alleine sind, sondern daß wir auch an die elf anderen denken.
Wir brauchen eine stabile gemeinsame europäische Währung. Dabei ist der Name vielleicht nicht das Allerwichtigste, und wir sollten auch ein Stück weit an die Befindlichkeit unserer europäischen Mitbürger in den elf anderen Mitgliedstaaten denken.
Deswegen möchte ich übrigens auch gleich dafür werben, daß wir uns, wenn wir das Bedürfnis haben, Wahlkämpfe zu führen, von diesem Pult aus weiterhin darauf beschränken, deutsche Wahlkämpfe zu führen. Ich habe ja Verständnis dafür, daß Sie jetzt vielleicht lieber in anderen Ländern Wahlkampf machen wollen.
Aber das, was Sie zu Großbritannien gesagt haben, wird sicherlich nicht dazu führen, daß die Bereitschaft in Großbritannien, europäisch zu denken, gefördert wird; es wird vielmehr, soweit es überhaupt zur Kenntnis genommen wird, allenfalls das Gegenteil bewirken. Frau Matthäus- Maier, ich finde wir sollten das bleibenlassen.
Denn wenn wir in Europa ein Stück weiterkommen wollen, müssen wir ja begreifen, daß wir diesen Weg alle miteinander gehen müssen und daß andere auf Grund der Geschichte in diesem Jahrhundert, an die Sie zu Recht erinnert haben, vielleicht zum Teil auch weitere Wege zurückzulegen haben als wir Deutsche, als etwa einer wie ich, der im Deutschen Bundestag einen Wahlkreis vertritt, der in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Straßburg gelegen ist.
Wir haben es ein Stück leichter auf dem Weg zur europäischen Einigung, und wir wissen vielleicht ein Stück mehr als andere — wir sind möglicherweise auch unmittelbarer betroffen als andere — , warum die europäische Einigung heute dringender denn je für uns alle ist.
Manches — das war vor und während und auch nach Maastricht klar — spricht dafür, daß die europäische Einigung auch mühevoll ist. Aber ich denke, Herr Bundeskanzler, sie ist der Mühe wert. Die Fraktion der CDU/CSU dankt Ihnen, dem Außen- und dem Finanzminister und allen Beamten für die Mühe, die Sie sich auf dem Weg zum Erfolg des Maastrichter Gipfels gegeben haben.
Wir wissen, daß wir die deutsche Einheit nur auf dem Weg zur europäischen Einigung erreicht haben, und wir wissen, daß wir nach der Vollendung der deutschen Einheit nun mehr denn je darauf angewiesen sind, das größere, vereinigte Deutschland in einen Prozeß der unumkehrbaren europäischen Einigung einzubinden. Wir wissen mehr als andere, daß die Entwicklungen in Osteuropa, in der Sowjetunion oder in dem, was wir bis vor kurzem Sowjetunion zu nennen gewohnt waren, uns in Europa unmittelbar betreffen, daß unsere Sache in Jugoslawien, in der Tschechoslowakei, in Rußland, in der Ukraine, im Baltikum und wo auch immer verhandelt wird und daß wir davon unmittelbar betroffen sind und daß, je mehr Instabilitäten, Risiken und Unsicherheiten sowie schnelle, dramatische, in ihren Auswirkungen ganz unabsehbare Veränderungen in Osteuropa zu verzeichnen sind, um so mehr Stabilität durch europäische Einheit und durch Fortschritte in der europäischen Einigung im Westen Europas notwendig ist.
In diesen historischen Zusammenhang muß man Maastricht einordnen, um zu begreifen, worum es geht und warum es bei allen Schwierigkeiten und bei allem, was uns auch an dem Ergebnis von Maastricht nicht voll zufriedenstellen kann, notwendig und rich-
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tig ist, diesen Weg zu gehen und auch unsere Beiträge dafür einzubringen.
Hätte in Maastricht mehr erreicht werden können? Das ist die Frage.
— Für deutsche Interessen, ja, das Wort kenne ich schon; aber seien Sie doch in der Art, wie Sie es in den Mund nehmen, zurückhaltend. Lassen Sie uns doch einmal in Ruhe die Fragen prüfen.
Zunächst einmal ist wichtig: An dem, was in Maastricht vereinbart werden konnte — und Sie haben nichts davon kritisiert —, ist, glaube ich, aus der deutschen Sicht nichts Falsches, sondern alles, was in Maastricht erreicht worden ist — es ist wichtig, das festzuhalten — , entspricht unseren Überzeugungen.
Das gilt für alles — darin stimmen wir überein, und dafür habe ich mich bedankt — , was zur Wirtschafts- und Währungsunion vereinbart worden ist. Es ist ja wichtig, daß etwa der Präsident der Deutschen Bundesbank, Herr Schlesinger, ausdrücklich erklärt hat, daß alle wesentlichen Forderungen der Deutschen Bundesbank insoweit erfüllt worden sind. Es ist genauso wichtig, daß die zentralen Forderungen der Bundesrepublik Deutschland aus der Sicht unserer Erfahrungen als Bundesstaat, was die regionale Entwicklung in Europa, was das Subsidiaritätsprinzip betrifft, erfüllt worden sind. Das ist ganz wichtig. Wir können ein vereintes Europa nicht anders zustande bringen und nicht anders bauen als nach den Bauprinzipien des bundesstaatlichen Prinzips und des Subsidiaritätsprinzips. Auch dieses ist richtig vereinbart.
Wir hätten uns auch mehr Rechte für das Europäische Parlament gewünscht. Wer denn nicht in diesem Deutschen Bundestag?
Aber es macht wenig Sinn, daran die Kritik anzusetzen. Sie haben es auch nicht getan. Allerdings haben Sie mit Worten wie „eingeknickt" ein falsches Bild beschrieben. Es ist doch niemand eingeknickt. Die Frage ist doch: Wenn mehr nicht zu erreichen war
— und wer die Verhandlungen verfolgt hat, kann nicht ernsthaft behaupten, daß vor und in Maastricht in dieser Frage mehr zu erreichen gewesen wäre —, dann wäre ja, wenn man es mit dem Wort „eingeknickt" beschreibt, die Konsequenz die, daß man das, was man jetzt in Maastricht vereinbart hat, nicht hätte vereinbaren sollen;
aber das haben Sie nicht gesagt. Nehmen Sie deswegen diesen Begriff bitte zurück, weil er ein falsches Bild beschreibt.
Wir werden weiter daran zu arbeiten haben. Darin stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. Sie haben ja auch das Wort „nachverhandeln" , das ich gestern gelesen habe, heute nicht gebraucht, sondern von „weiterarbeiten" gesprochen. Mit „weiterarbeiten" bin ich einverstanden.
— Ich habe es leider bei Ihnen in Ihrer Presseerklärung gelesen.
— Ja, gut, ich lese halt Ihre mit besonderer Aufmerksamkeit.
— Also werde ich es in Zukunft auch nicht mehr tun; dann spare ich schon wieder ein bißchen Zeit.
Jetzt will ich zur Frage der Zahl der deutschen Abgeordneten im Europäischen Parlament etwas sagen. Frau Matthäus-Maier, Sie haben, wenn ich mich recht erinnere — ich bin nicht ganz sicher, meine es aber zu wissen — , die Frage aufgeworfen, ob dieser Deutsche Bundestag nicht eher zu viele als zu wenige Mitglieder habe.
— Ja, alle sollen vertreten sein, aber wohl doch ein Stück weit entsprechend den jeweiligen Anteilen, die sie zu vertreten haben.
— Nein.
Ich bin dafür, daß wir die Frage ehrlich unter uns und mit unseren europäischen Partnern besprechen. Wenn wir bei weiteren Beitritten, die wir ja alle wünschen, für die wir uns einsetzen, gleichwohl die Zahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments begrenzt halten wollen, um der Arbeitsfähigkeit und damit um der demokratischen Gestaltungskraft dieses Parlaments willen, dann werden wir auch die Zahl der deutschen Abgeordneten nicht für sakrosankt erklären dürfen, sondern dann werden wir bereit sein müssen, darüber zu reden.
Es macht keinen Sinn, den Menschen vorher etwas anderes zu sagen. Sonst arbeitet man mit unvereinbaren Prinzipien.
— Nein, Sie haben es hier getan. Der Bundeskanzler hat gesagt, er sei dafür, daß man offen mit den Partnern darüber spreche, daß man eine faire Vertretung
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aller Mitgliedstaaten und der Bevölkerung ganz Europas im Europäischen Parlament wolle.
— Also gut, dann will ich auch dazu einen Satz sagen. Im Hinblick darauf, was wir erreichen wollten und was ein Stück weit nicht voll erreicht werden konnte, etwa was die Entscheidungsrechte des Parlaments anbetrifft — das ist doch gar nicht streitig zwischen uns — , wäre es doch falsch gewesen, unsere Position vor Maastricht nicht klar zu vertreten. Sonst hätten Sie der Bundesregierung zu Recht Vorwürfe machen können. Aber es macht doch keinen Sinn, wenn Sie nach solchen Verhandlungen dann, wenn nicht hundert Prozent von dem, was man als eigene Position vorher und während der Verhandlungen vertreten hat, erreicht wurde, zu kritisieren, man sei eingebrochen oder man habe etwas nicht durchgesetzt. So kann man keine Verhandlungen begleiten. Das ist kein ehrlicher Umgang miteinander.
Deswegen müssen wir, wenn Sie mit uns am europäischen Haus wirklich weiterarbeiten wollen, auch was die Möglichkeiten in solchen Verhandlungen anbetrifft, ehrlich miteinander umgehen.
Man muß vorher die Positionen klar vertreten und hinterher bereit sein, dazu zu stehen, daß von der eigenen Position vielleicht nur 80 oder 90 % erreicht worden sind. Man darf das Ergebnis dann nicht mit solchen Begriffen wie „einknicken" oder „unter der Meßlatte durchkriechen" diffamieren. Das macht keinen Sinn.
— Was heißt „Mängel" und „Fehler"?
— Einverstanden, Herr Klose. Darüber können wir uns verständigen.
Wenn Sie den Eindruck haben, daß das, was ich hier mache, Lobhudelei sei, schlage ich Ihnen vor, daß Sie frühere Reden von Ihnen noch einmal nachlesen.
Ich bin auch dafür, daß wir über die Arbeitsteilung zwischen Regierung und Opposition durchaus vernünftig miteinander reden. Ich finde nur, daß es unwahrhaftig ist, wenn man in der Bewertung des Ergebnisses von Maastricht nicht ausspricht, daß diese Bundesregierung ihre Positionen klar vertreten hat,
daß sie im Sinne unserer gemeinsamen Position viel erreicht hat und daß es nicht an der Bundesregierung gelegen hat, wenn in Maastricht in den Punkten, in denen nicht mehr erreicht werden konnte, was wir gemeinsam bedauern, nicht mehr erreicht werden konnte.
Ich bin der Meinung, wenn wir gemeinsam am europäischen Haus weiterarbeiten wollen, müssen wir die Bedingungen, unter denen wir diese Arbeit zu leisten haben, bei Gelegenheit dieser Debatte genau formulieren.
Auch in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hätten wir alle miteinander größere Schritte erwartet.
— Ich sage doch gar nicht, daß Sie uns loben sollen. Ich rede doch über die Probleme, die wir miteinander zu besprechen haben.
In der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik müssen wir, was die Handlungsfähigkeit des vereinten Europa anbetrifft, auch über die Frage reden, was der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zu sein hat, um in einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eines vereinten Europa handlungsfähiger zu werden, als wir es bisher gewesen sind.
Da werden die Sozialdemokraten noch einige Beiträge zu leisten haben.
Wir werden in der gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik — ich will das heute nicht vertiefen — über europäische Lösungen, etwa in der Asylpolitik, in den nächsten Wochen miteinander zu sprechen haben. Auch da wird der Beitrag der Sozialdemokraten noch genauer zu definieren sein, als es bisher in den letzten Wochen möglich gewesen ist.
— Mein Kurs ist ziemlich klar.
— Dann will ich es Ihnen noch einmal sagen: Wir brauchen in der Asylpolitik wie in anderen Politikbereichen europäische Lösungen. Diese können nicht anders erreicht werden, als daß wir an der vereinbarten Zusammenarbeit, die jetzt in der ersten Stufe intergouvernemental ist, vorbehaltlos teilnehmen. Ich habe schon in der Haushaltsdebatte gesagt, daß ich gerne möchte, daß wir vorbehaltlos miteinander reden, mit dem Ziel, daß wir zu diesen europäischen Lösungen kommen. Da wird Ihr Beitrag gefordert sein. Da können Sie zeigen, daß es Ihnen ernst ist, daß wir gemeinsam am europäischen Haus weiterarbeiten wollen.
Mir ist bei der Bewertung und bei der Überlegung dessen, was in Maastricht erreicht worden ist und was
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an weiteren Arbeiten noch zu leisten sein wird, gelegentlich in Erinnerung gekommen, wie wir Anfang der 80er Jahre über die Lage in der Europäischen Gemeinschaft und den europäischen Einigungsprozeß miteinander nachgedacht haben. Damals war viel von Eurosklerose die Rede. Manche Ergebnisse von Gipfeln, die auch mit vielen Erwartungen befrachtet waren, sind noch kritischer und skeptischer betrachtet worden. Wenn wir es heute zurückschauend betrachten, dann stellen wir fest, daß es in dieser Regierungszeit gelungen ist, vieles an dynamischen Kräften im europäischen Einigungsprozeß neu freizusetzen.
Die Vereinbarungen, den europäischen Binnenmarkt ab 1. Januar 1993 Wirklichkeit werden zu lassen — bei vielen Schwierigkeiten, die den Vereinbarungen zunächst im Weg standen — haben gezeigt, daß durch die Irreversibilität, die Unumkehrbarkeit dieses Prozesses dynamische Kräfte freigesetzt worden sind, die uns jetzt wirklich voranbringen. Ich füge übrigens hinzu: Bei der Vorbereitung auf den europäischen Binnenmarkt muß die sozialdemokratische Partei und die sozialdemokratische Fraktion — in Bund und Ländern im übrigen — noch Beiträge leisten, denn der Stand, den wir im Augenblick im Vermittlungsausschuß bei der Unternehmensteuerreform und beim Steueränderungsgesetz haben, erfordert natürlich auch noch ihre Beiträge.
Es geht nicht, wenn jedermann weiß, daß die Mehrwertsteueranhebung zum 1. Januar 1993 verbindlich kommen muß, dann eine Blockadepolitik mit der Mehrheit im Bundesrat zu machen.
So kann man ein europäisches Haus nicht bauen.
Wenn wir im einheitlichen Binnenmarkt den Investitionsstandort Bundesrepublik Deutschland wettbewerbsfähig halten wollen, ist die Unternehmensteuerreform ebenso dringend notwendig wie die Verbesserungen im Familienlastenausgleich. Deswegen bitte ich, in dieser letzten Debatte vor der Weihnachtspause herzlich: Geben Sie bis Januar Ihre Blockadeposition auf.
Ich jedenfalls bin in der Bewertung von Maastricht bei allem, was an weiteren Arbeiten zu tun bleibt — und es wird weiterhin viel Mühe kosten — , ganz überzeugt — weil der Prozeß zur europäischen Einigung durch die Vereinbarungen von Maastricht nun wirklich unumkehrbar geworden ist, genau wie der Weg zum einheitlichen Binnenmarkt Mitte der 80er Jahre unumkehrbar eröffnet worden ist —, daß wir einen entscheidenden historischen Schritt auf dem Weg zur europäischen Einheit in dieser Woche getan haben. Dafür dankt die Fraktion der CDU/CSU der Bundesregierung, dem Bundeskanzler, dem Bundesaußenminister, dem Bundesfinanzminister.
Dieser historische Durchbruch ist in einer Zeit von besonderer Bedeutung, in der Osteuropa auf uns schaut, in der die Dritte Welt auf uns schaut und in der Entscheidendes davon abhängt, daß wir die Chancen, die sich durch den Wegfall von Mauer und Stacheldraht in Deutschland, durch den Wegfall des Eisernen Vorhangs in Europa, durch den Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums ergeben haben, nutzen — Chancen, die der Welt ein dramatisches Tempo an Veränderungen mit sich bringen. Wir brauchen viel Kraft, um aufzufangen, was es an Veränderungen gibt, um neue Stabilitäten für ein Leben in Frieden und Freiheit zu schaffen. Dafür brauchen wir die Einheit der Europäer. Das ist das Gebot der Stunde, und auf diesem Wege sind wir in Maastricht ein gutes Stück vorangekommen.
Wir werden — hoffentlich mit Ihnen gemeinsam — weiterarbeiten, damit dieses gut fundierte europäische Haus auch in seiner Ausstattung nach innen und außen dem gerecht wird, was wir für die Zukunft unserer Bürger brauchen.