Rede von
Dr.
Klaus W.
Lippold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Feige, darf ich Ihnen sagen, daß es darauf ankommt, was man erreicht. Wenn Sie sehen,
daß wir in den vergangenen Jahren eine Abkoppelung von Wachstum auf der einen Seite und Energieverbrauch auf der anderen Seite hatten und wir im Verlauf der letzten 10 Jahre dazu gekommen sind, daß diese Bundesregierung z. B. die alternativen Energien mit mehr Mitteln fördert als alle anderen 11 EG-Länder zusammengenommen, dann müssen Sie doch zugleich die positiven Seiten dieser Politik sehen. Sie müßten erkennen, daß an den richtigen Stellen angesetzt wurde, Herr Feige, und nicht an den falschen Stellen.
Ich glaube, man muß angesichts der Aufgaben, vor denen wir jetzt stehen, ganz deutlich sehen: Es gibt Herausforderungen, wie wir sie bislang nicht hatten: durch die Wiedervereinigung, den Prozeß in den fünf neuen Bundesländern, durch den Zerfall der Sowjetunion, durch den Zerfall des Ostblocks. Wir haben gleichzeitig die Problematik EG-Binnenmarkt. Es kommen global noch andere Aufgaben hinzu: Klimakatastrophe und alles das, was daraus folgt. Ich glaube, vor diesem Hintergrund müssen wir sehen, daß das energiepolitische Aspekte sind, die berücksichtigt werden müssen. Wir brauchen zum Teil noch
klarere, noch deutlichere Analysen, z. B. was den Bereich der neuen Bundesländer angeht. Wir brauchen Programme, die hier sofort ansetzen. Wir haben die Programme, die hier sofort ansetzen, denn gerade in den neuen Bundesländern fördern wir Energieeinsparungsmaßnahmen in ganz erheblichem Umfang. Das ist ein richtiger Ansatz. Wir drängen darauf, daß die Umorientierung der Energiewirtschaftsstrukturen dort zügig passiert. Ich hoffe allerdings — das sage ich auch — , daß sie so weitgehend passiert, daß wir jetzt nicht sekundär optimale Strukturen festschreiben, die uns dann 2010 hindern würden, in vernünftige weitere Anpassungsprozesse hineinzugehen.
— Ich sage das einmal so. Wir brauchen natürlich auch mit Blick auf die ehemalige Sowjetunion, Herr Schäfer, Strukturen, die international im energiewirtschaftlichen Bereich ein Abchecken ermöglichen, ob Sicherheit von Energieleistungen, Energielieferungen noch gegeben ist, ob die Sicherheit der Kernenergieanlagen drüben noch gewährleistet werden kann und, wenn ja, ob wir uns in diesen Prozeß — das ist ein wichtiger umweltpolitischer Aspekt von Energiepolitik — einschalten können, wobei dies nicht nur deutsche Aufgabe ist, denn wir können dies nicht verantwortlich tun, sondern eine internationale Aufgabe, Sie sollten mit dazu beitragen, statt hier zu polemisieren.
Wir brauchen auch international eine global abgestimmte Vorgehensweise, was die Klimakatastrophe, was den Treibhauseffekt angeht. Die Vorstellungen, die die Bundesregierung über die Koalitionsvereinbarung hierzu entwickelt hat, aufgenommen von der Enquete-Kommission, Herr Jung — deshalb ist das durchaus ein Weg, den wir in vollem Umfang begrüßen können — , sind die einzig richtigen. Wir müssen hinarbeiten auf eine Weltklimakonvention mit klaren verbindlichen Verpflichtungen. Selbst wenn wir diese nicht erreichen sollten, Herr Schäfer — dies wäre dann nicht der Fehler dieser Bundesregierung —, müßten wir Mittel und Wege finden, wie wir dann zu einer second-best-Lösung in diesem Bereich kommen und wenigstens Protokolle erreichen, in denen wir zeitlich festschreiben, wann wie welche Reduktionsverpflichtungen vorzusehen sind.
Ich würde bis dahin, Herr Schäfer, nicht in falschem Defätismus
davon Abstand nehmen, auf die anderen einzuwirken, weil ich glaube, daß wir mit der Herleitung unserer Zielvorgaben auf dem einzig richtigen Weg sind. Wir haben wissenschaftlich nachgewiesen, warum CO2-Emissionen nicht so stark steigen dürfen, wie es der Fall wäre, wenn wir nicht in den Prozeß eingreifen würden. Wir haben nachgewiesen, in welcher Form Reduktionen erfolgen müssen. Wir dürfen dies nicht zum politischen Kuhhandel werden lassen. Ich sage das deshalb, weil wir alles das, was wir jetzt nicht tun, und alles das, was die nächste Weltumweltkonferenz nicht entscheiden wird, später unter größeren Opfern,
5732 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Dezember 1991
Dr. Klaus W. Lippold
unter stärkeren Einschnitten nachholen müssen. Das ist doch auch das, Herr Schäfer, was Sie wollen.
— Dann sagen Sie doch einmal ganz klar, daß wir in dieser Hinsicht die gleiche Zielrichtung haben, daß wir auf dem gleichen Weg marschieren, und unterstützen Sie die Bundesregierung auf ihrem Weg, andere Regierungen davon zu überzeugen, daß sie hier mehr tun müssen, als sie bislang geplant haben, daß sie den gleichen Weg gehen müssen, den auch die Bundesregierung geht.
Der Weg, den wir eingeschlagen haben, ist richtig. Das ist der Weg, der darauf abzielt, daß wir zunächst in der Bundesrepublik selbst in den Bereichen handeln, in denen wir handeln können: Wärmeschutz, Heizungsanlagenverordnung auf der einen Seite, CO2-Abgabe/CO2-Steuer auf der anderen Seite. Das, was über diese Instrumente nicht erreicht werden kann, müssen wir durch die Einfügung zusätzlicher Instrumente erreichen.
Übrigens sind wir in dem einen Punkt — das sage ich auch klar und deutlich —, nämlich der Schaffung zusätzlicher Anreize durch steuerliche Förderung, auch nicht so weit auseinander. Das sind Positionen, die einbezogen werden müssen. Darüber hinaus müssen wir aber den europäischen Weg und den Weg zu einer globalen Konvention, zu einer globalen Vereinbarung gehen.
— Herr Schäfer, wenn Sie uns dabei unterstützen, statt in dieser Form Provinzialismus zu betreiben, dann wäre das für die Energiepolitik der Bundesregierung sehr hilfreich.