Rede von
Heinz Werner
Hübner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das ist richtig. Aber ich sage noch einmal ganz konkret: Wir gehen davon aus, daß gerade das, was die Ganztagsschulen betrifft, ein wesentlich komplizierteres Problem ist als das des Jugendsenders „DT 64", weil hier in erster Linie die Lehrer unmittelbar Einfluß ausüben können.
Ich sage noch einmal: Mein Appell geht von hier aus an die Länderregierungen, insbesondere dorthin, wo der Jugendsender stationiert ist. Fragen Sie Herrn Stolpe, was er in seinem Land tun kann, um das zu unterstützen.
Die FDP-Fraktion hat ja auch mehrmals durch ihren medienpolitischen Sprecher, dem Kollegen Otto, deutlich gemacht, daß wir für den Erhalt dieses Jugendsenders sind. Ich möchte die Ausführungen zu diesem Problem abschließen.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Dezember 1991 5689
Heinz Werner Hübner
Wichtig erscheint mir, daß die Jugendlichen in Ost und West im Hinblick auf die durchaus vorhandenen Probleme mehr Kontakte pflegen, öfters zusammenkommen, um über ihre gemeinsamen Sorgen und Probleme zu diskutieren und zu streiten,
über ihre gemeinsamen Freuden, ihre Wünsche, ihre Zukunftsvorstellungen zu sprechen, sich miteinander auseinanderzusetzen. Dazu bedarf es auch der Unterstützung des Bundes — das ist wohl richtig — , aber nicht zuletzt der Unterstützung der Länder, um den Kindern und jungen Menschen Möglichkeiten zu erhalten bzw. sie wieder zu schaffen, damit sie sich treffen können, daß sie diskutieren können, daß sie gemeinsame Pläne schmieden können. Es müssen und dürfen allerdings nicht die Jugendclubhäuser alten Stils sein. Aber ich glaube, Jugendtreffs sind wesentlich besser als Sexshops und Massagesalons.
Dazu gehört auch, daß sich die Länder und die Kommunen ernsthaft Gedanken darüber machen, wie sie Sozialpädagogen einsetzen können, die sich besonders um Jugendliche kümmern, die sich in persönlichen Konflikten befinden. Manches Land wäre gut beraten, hier Lehrer einzusetzen, die zum Teil aus Altersgründen in der nächsten Zeit ihren Dienst aufgeben. Das sollten aber integere Lehrer mit hoher Fachkompetenz sein. Sie findet man im Osten leider selten.
Länder und Kommunen sind gut beraten, wenn sie gemeinsam mit den Jugendlichen nach Inhalten suchen, die den jungen Menschen bei der Bewältigung dieser großen Veränderungen im Osten Deutschlands helfen; denn es sind große und ungewohnte Veränderungen, die sich auch auf Grund ihrer Schnelligkeit auf die Psyche mancher Jugendlicher negativ auswirken. Ich denke nur an den Radikalismus und seine Ursachen, besonders im Osten Deutschlands. Ich möchte hierauf aber nicht eingehen, weil mich das noch einmal zehn Minuten kosten würde. Das Problem wurde ja schon oft zu Recht angedeutet.
Ein letzter Gedanke: Bund, Länder und Kommunen sind gefordert beim Erhalt der Kindereinrichtungen. Hier zeigt sich leider in einigen Ländern, besonders im Osten, die Tendenz, daß sie ihre Kindereinrichtungen nicht in der erforderlichen Form unterstützen. Dabei sollte gerade den Verantwortlichen deutlich vor Augen geführt werden, daß sie mit Hilfe dieser Kinderkrippen und Kindergärten, mit Hilfe dieser Kindertagesstätten besonders im Osten dazu beitragen können, daß die Eltern frei entscheiden, wie sie Familie und Beruf verbinden. Sie können dazu beitragen, daß junge Mütter, die sich im Beruf befinden, die ABM und Weiterbildungsmaßnahmen nutzen, die Möglichkeit haben, ihre Kinder für einen Teil des Tages in guten Einrichtungen pädagogisch betreuen zu lassen.
Daß das angenommen wird, und zwar nicht nur im Osten, zeigt die Tatsache, daß eine Reihe von Müttern aus den alten Bundesländern, im ehemaligen Grenzgebiet, Kindereinrichtungen der neuen Bundesländer mehr und mehr nutzen.
Zur familienfreundlichen Politik gehört, daß der Staat dafür sorgt, daß seine Bürger, insbesondere die Bürger mit Kindern, Familie und Beruf im Einklang sehen und die entsprechenden Möglichkeiten nutzen können.
Am Ende meiner Rede möchte ich noch einmal die Bitte an die Bundesregierung richten, schnell dafür zu sorgen, daß uns baldmöglichst eine gründliche Analyse der Situation von jungen Menschen in den neuen Bundesländern vorliegt, aus der wir in den Fraktionen eindeutig Schlüsse ziehen können für weitere gesetzgeberische Maßnahmen im Kinder- und Jugendbereich. Hier, so glaube ich, kann es und wird es einen großen Konsens über alle Parteigrenzen hinweg geben.
Vielen Dank.