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ID1206204200

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    Plenarprotokoll 12/62 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 62. Sitzung Bonn, Freitag, den 29. November 1991 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Abgeordneten Wieland Sorge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gleichstellung von Meistern in der Industrie und Meistern im Handwerk in den neuen Bundesländern (Drucksache 12/738) . . . 5279A Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gründung von drei unselbständigen Stiftungen unter dem Dach des Bundesarchivs (Drucksache 12/1379) . . . 5279B Tagesordnungspunkt VII: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksachen 12/1000, 12/1329, 12/1401 bis 12/1415, 12/1416 [neu], 12/1417 bis 12/1422, 12/1424 bis 12/1430, 12/1600, 12/1601) Anke Fuchs (Köln) SPD 5279 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 5282 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 5284 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 5288 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 5291A Ingrid Matthäus-Maier SPD 5292 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 5293 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 5293 D Johannes Nitsch CDU/CSU 5297 C Ina Albowitz FDP 5299 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 5301 A Maria Michalk CDU/CSU 5302 D Rudi Walther (Zierenberg) SPD 5304 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 5310B Namentliche Abstimmung 5315 B Ergebnis 5317 A Tagesordnungspunkt VIII: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes und zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) (Drucksache 12/1643) Dr. Paul Laufs CDU/CSU 5315D Andrea Lederer PDS/Linke Liste 5318D Dr. Peter Struck SPD 5319 C Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . . 5320 A Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 5320 D Dr. Burkhard Hirsch FDP 5322 A Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . 5322 D Beratungen ohne Aussprache Tagesordnungspunkt IX a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes (Drucksache 12/1467, 12/1605) . . . . 5323 B b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über ein europäisches Hochgeschwindigkeitsbahnnetz Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Entwicklung eines europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes (Drucksachen 12/311 Nr. 2.18, 12/1173) . . . . 5323 B c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zweite Änderung zum Vorschlag für eine Fünfte Richtlinie des Rates nach Artikel 54 EWG-Vertrag über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe (Drucksachen 12/269 Nr. 2.4, 12/1464) 5323 C d) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 Titel 681 02 — Sozialzuschlag zu Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe (Drucksachen 12/1264, 12/1497) . . . 5223 C e) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft in Planegg, Flur Nr. 411 (Drucksachen 12/1146, 12/1498) 5323 D Nächste Sitzung 5324 C Berichtigung 5324 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5325* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 17 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend — Uta Würfel FDP 5325* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 53268* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 5279 62. Sitzung Bonn, den 29. November 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 60. Sitzung, Seite 5053 C, dritter Absatz, vierte Zeile muß es statt „Weltinnenpolitik" „Innenweltpolitik" heißen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. von Bülow, Andreas SPD 29. 11. 91 Cronenberg (Arnsberg), FDP 29. 11. 91 Dieter-Julius Dr. Däubler-Gmelin, SPD 29. 11. 91 Herta Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 29. 11. 91 Deß, Albert CDU/CSU 29. 11. 91 Doppmeier, Hubert CDU/CSU 29. 11. 91 Eymer, Anke CDU/CSU 29. 11. 91 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Funke-Schmitt-Rink, FDP 29. 11. 91 Margret Genscher, Hans Dietrich FDP 29. 11. 91 Graf, Günter SPD 29. 11. 91 Grünbeck, Josef FDP 29. 11. 91 Hackel, Heinz-Dieter FDP 29. 11. 91 Haschke CDU/CSU 29. 11.91 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Hauchler, Ingomar SPD 29. 11. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 29. 11. 91 Heyenn, Günther SPD 29. 11. 91 Dr. Holtz, Uwe SPD 29. 11. 91* Huonker, Gunter SPD 29. 11. 91 Jäger, Claus CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Jobst, Dionys CDU/CSU 29. 11. 91 Kampeter, Steffen CDU/CSU 29. 11. 91 Koschnick, Hans SPD 29. 11. 91 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 29. 11. 91 Günther Krey, Franz Heinrich CDU/CSU 29. 11. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 29. 11. 91 Kuhlwein, Eckart SPD 29. 11. 91 Dr. Graf Lambsdorff, Otto FDP 29. 11. 91 Lamers, Karl CDU/CSU 29. 11. 91 Leidinger, Robert SPD 29. 11. 91 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 29. 11. 91 Elke Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 29. 11. 91 Klaus W. Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 29. 11. 91 Dorothea Dr. Meseke, Hedda CDU/CSU 29. 11. 91 Molnar, Thomas CDU/CSU 29. 11. 91 Nolte, Claudia CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Ortleb, Rainer FDP 29. 11. 91 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Pick, Eckhart SPD 29. 11. 91 Dr. Pohler, Hermann CDU/CSU 29. 11. 91 Rempe, Walter SPD 29. 11. 91 Roth, Wolfgang SPD 29. 11. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 29. 11. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 29. 11. 91 Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 29. 11. 91 Andreas Schröter, Gisela SPD 29. 11. 91 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schuster, Hans Paul FDP 29. 11. 91 Hermann Seidenthal, Bodo SPD 29. 11. 91 Dr. Solms, Hermann Otto FDP 29. 11. 91 Dr. von Teichman, FDP 29. 11. 91* Cornelie Voigt (Frankfurt), SPD 29. 11. 91 Karsten D. Vosen, Josef SPD 29. 11. 91 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 29. 11. 91 Dr. Wieczorek CDU/CSU 29. 11. 91 (Auerbach), Bertram Wollenberger, Vera Bündnis 29. 11. 91 90/GRÜNE Yzer, Cornelia CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Zöpel, Christoph SPD 29. 11. 91 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 17 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend -* Uta Würfel (FDP): Der diesjährige Einzelplan 17 des Haushaltsentwurfs gibt Anlaß zu der Frage: wie lieb und teuer ist uns denn die Verwirklichung der Politik für Frauen? Gut die Hälfte der Ausgaben des Haushaltsplanes für Frauen und Jugend sind für den Zivildienst veranschlagt und kommt damit also ausschließlich einem bestimmten Teil der männlichen Bevölkerung zugute. Mit gerade 20 Millionen von 2,56 Milliarden Gesamtvolumen sind die Arbeiten und Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Stellung der Frau bedacht. Zähneknirschend haben wir Frauenpolitikerinnen uns wegen der notwendigen Haushaltskonsolidierung bescheiden zurückgehalten und sogar einen im Vergleich zum letzten Haushalt geringeren Etat in Kauf nehmen müssen. Politik für Frauen ist eine Querschnittsaufgabe und bestimmt durch das gesellschaftliche Umfeld, in dem die Frau lebt. Politik für Frauen muß zum Ziel haben, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen und Chancengleichheit herzustellen. Individuelle Lebensentwürfe - meist für Männer etwas Selbstverständliches - müssen auch Frauen offenstehen. Nicht die Wahl: entweder Beruf oder Familie, sondern „sowohl ... als auch" heißt die Forderung. Und leider müssen wir es uns immer noch eingestehen: berufstätige Mütter finden nicht die Rahmenbedingungen vor, die sie für einen eigenen Lebensentwurf brauchen. Alleinerziehende Frauen haben es besonders schwer. Deren Bemühungen, ihren Aufgaben gerecht zu werden, gleicht auch heute noch einer Quadratur des Kreises. *) siehe 61. Sitzung Seite 5263 D 5326* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 Es ist gesellschaftliche Realität: noch nie waren so viele Frauen berufstätig und noch nie hatten so viele gleichzeitig den Wunsch, auch Kinder in ihre Lebensplanung einzubeziehen. Noch immer scheitert ihre Wahl allzu häufig daran, daß die Abstimmung der Bedürfnisse von Familie und Beruf sich in erster Linie an den Erfordernissen der Arbeitswelt orientiert. Frauen integrieren heute zu Recht in ihre Lebensgestaltung eine berufliche Perspektive: Karriere und Einflußnahme im Beruf sind nicht länger alleine die Freuden des männlichen Geschlechts. Frauen lassen sich nicht länger aussperren. Deshalb ist es unumgänglich, für flexiblere Arbeitsorganisation und -zeiten zu sorgen. Erfreulicherweise haben inzwischen auch die Gewerkschaften erkannt, daß Teilzeitarbeit und job sharing Formen einer frauenfreundlicheren Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sind. Natürlich ist damit nicht allen Frauen geholfen. Diejenigen, die alleine ihre Kinder ernähren, kleiden und erziehen müssen, brauchen dringend mehr Betreuungseinrichtungen für ihre Kinder. Es ist unvorstellbar: fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen sind der Grund, daß Frauen, auch wenn sie es dringend wünschten, für ihren Lebensunterhalt nicht selbst sorgen können. Es fehlen in den alten Bundesländern über 500 000 Kindergartenplätze so wie auch Krippen für Kinder unter 3 Jahren. Diese Tatsache wirft ein Schlaglicht auf den Umgang mit Frauen in unserer Gesellschaft und ihren Bedürfnissen. Im Vergleich mit dem europäischen Ausland schneiden wir hier sehr schlecht ab. Leider haben wir bisher eine entsprechende steuerliche Anerkennung für individuelle Betreuung durch eine Tagesmutter nicht umsetzen können. Neben den bereits im Gesetz zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgesehenen Maßnahmen werden wir uns auch diesem Erfordernis anzunehmen haben. In den neuen Bundesländern werden sogar Krippen und Kindergärten geschlossen. Gerade alleinerziehende Mütter sind deshalb gezwungen, ihren Beruf aufzugeben, müssen mit der Sozialhilfe das Existenzminimum bestreiten. Auf der anderen Seite waren noch nie so viele Frauen so gut ausgebildet wie heute, weisen doch so viele qualifizierte Schul- und Berufsabschlüsse auf. Die heutigen Frauen haben ein Recht darauf, die Rahmenbedingungen vorzufinden, die ihnen erlauben, ihre Fähigkeiten zu beweisen und Leistung zu erbringen. Wenn auch in der Vergangenheit der Schwerpunkt der politischen Bemühungen auf der Wiedereingliederung von Frauen nach der Erziehungsphase lag, so wird sich in Zukunft wegen der Forderungen der jungen Frauen eine andere Situation ergeben, aber auch wegen der Anforderungen der Wirtschaft. Bereits jetzt nimmt die Wirtschaft zur Kenntnis, daß qualifizierte Frauen fehlen. Nicht von ungefähr fördern nun die Betriebe bereits ihre Mitarbeiterinnen, um sie dann für das Topmanagement zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus bieten manche Betriebe eine berufsbegleitende und berufsspezifische Weiterbildung an. Neben der betrieblichen Weiterbildung ist es Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen mit Kindern eine überbetriebliche Weiterbildung sicherstellen. Die Situation von Frauen zu verbessern, heißt auch, Freiräume für sie zu schaffen. Dies geht nur, wenn auch Männer — Ehemänner, Kollegen, Arbeitgeber und Gewerkschaftler — zu einem Umdenken bereit sind. Partnerschaftliches Denken ist notwendig, damit den Frauen ein Teil ihrer Doppel- und Dreifachbelastung abgenommen wird. Die Verantwortung für die Kindererziehung muß mehr aufgeteilt werden; innerhalb der Familie zwischen den Ehepartnern ebenso wie auch zwischen Familien und Gesamtgesellschaft. Kinder sind das Beste, was wir haben, sie gehören zum Leben und zu einer Gesellschaft. Eine Anmerkung zu dem sozialen Maßnahmenkatalog, mit dem endlich eine kinder- und frauenfreundlichere Gesellschaft geschaffen werden soll. Die sozial flankierenden Maßnahmen zum § 218 werden erst im nächsten Haushalt enthalten sein. Sie sind die erste große Gesamtmaßnahme für eine kinderfreundlichere Gesellschaft. Es handelt sich um ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das dem Lebensschutz gerecht werden soll. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß Drucksache 12/894 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/217 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/8165 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2134 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 11/8115 Drucksache 12/1019 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen, bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Haushaltsausschuß Drucksache 12/1174 Nr. 2.2 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/187 Nr. 2.15 Drucksache 12/269 Nr. 2.32 Drucksache 12/1174 Nr. 2.22 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/187 Nr. 2.21 Drucksache 12/1339 Nr. 2.20 Drucksache 12/1339 Nr. 2.21
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    Rede von Maria Michalk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Allein für 1992 sind für unsere Familien Entlastungen in Höhe von 7 Milliarden DM geplant — 7 Milliarden DM! Dies betrifft sowohl die Erhöhung des Erstkindergeldes von 50 DM auf 70 DM wie auch die Aufstokkung des Kindergeldzuschlags. Ein Teil des genannten Betrages von 7 Milliarden DM umfaßt auch die beschlossene Anhebung des Baukindergeldes von 750 DM auf 1 000 DM.
    Es handelt sich bei diesen Maßnahmen um die erste Stufe einer mehrstufigen Reform, um der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts nachzukommen, das in seinen Beschlüssen vom Mai und Juni 1990 festgestellt hat, daß das Existenzminimum für Kinder nicht



    Maria Michalk
    zu besteuern ist. Wir werden den Leistungsrahmen für Familien — so wie die Union das seit 1982 kontinuierlich macht — auch weiterhin so ausgestalten, daß der besonderen Belastungssituation der Familien Rechnung getragen wird. Immerhin — und das kann nicht oft genug gesagt werden — hat der Einzelplan 18 — Familie und Senioren — den größten prozentualen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr, und zwar um 12,9 %.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Daß die Bundesregierung seit 1982 familienpolitisch wesentliche Verbesserungen erreicht hat, spiegelt auch die Tatsache wieder — ich möchte sie hier wirklich einmal nennen — , daß bei der Befragung von 6 000 Bundesbürgern im Alter von 18 bis 64 Jahren, die in den alten Bundesländern interviewt wurden, 94 % dem Familienglück große Bedeutung zumessen. Unsere Menschen wissen nämlich, die Familie ist der Ort, wo tagtäglich Kraft aufgebracht werden muß, um die Aufgaben zu lösen, wo aber auch tagtäglich große Kraft für die innere Ausgeglichenheit der Menschen geschöpft und geschenkt wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Weil das so ist und weil unsere Gesellschaft ausgeglichene Menschen braucht, werden wir auch die Familien weiterhin mehr und mehr unterstützen. Da Herr Geißler an dieser Stelle gesagt hat, ich würde etwas zu den Gesundheitskosten sagen, möchte ich an dieser Stelle sagen, daß unsere Menschen in den neuen Bundesländern sich wirklich mehr als einmal bedanken für die quantitativ bessere Betreuung, für die qualitativ bessere Betreuung, für all die Betreuung, auf die sie früher lange Zeit warten mußten, als sie ein höheres Gesundheitsrisiko eingehen mußten.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ina Albowitz [FDP])

    Ich möchte das aber nicht in den Mittelpunkt meiner Rede stellen, sondern möchte etwas anderes zu dem gesundheitspolitischen Teil sagen. Ich meine, wenn ein Mensch gesund bleiben will, dann kann er auf längere Zeit auf drei Dinge nicht verzichten. Ich denke und behaupte an dieser Stelle, jeder Mensch, der für längere Zeit auf die drei Dinge, die ich jetzt nennen werde, verzichtet, wird krank, zumindest an der Seele. Jeder Mensch braucht Liebe, Geborgenheit und Anerkennung. Liebe und Geborgenheit sind zwei Kraftquellen, aus denen jeder in einer intakten Familie schöpfen kann. Die dritte Voraussetzung — lassen Sie mich das sagen — , die ich nannte, ist die Anerkennung. Die möchte ich in die persönliche und die gesellschaftliche Anerkennung aufteilen. Die persönliche Anerkennung kann man am Verhalten des Partners, an dem Umfeld ablesen. Wie steht es um die gesellschaftliche Anerkennung ganz konkret unserer Mütter in den Familien? Mütter, die sich ganz der Familie widmen, erleben als Hausfrauen nicht das Spiegelbild ihrer Arbeit in Form von tagtäglicher gesellschaftlicher Anerkennung des Umfeldes. Hier gibt es Nachholbedarf.

    (Zuruf von der SPD: Väter raus!)

    Ich denke an mehr Würdigung ihrer Hausarbeit in
    Form der Höhe z. B. der Rente. Die Anerkennung der
    Erziehungsjahre in der Rente ist eine wesentliche Verbesserung, die die Union zustandegebracht hat und nicht Sie. Das hat etwas mit gesellschaftlicher Anerkennung zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dennoch bleiben Frauen im Rentenalter bei der Rentenhöhe oftmals unter dem Niveau der Frauen, die nicht viele Jahre die Familie als ihren „Arbeitsplatz" hatten. Ich denke aber auch an den Versicherungsschutz der Frauen und an die Wiedereingliederung in das Berufsleben. Hier gibt es viel Nachholbedarf. In den Plänen steht auch genügend drin.
    Mütter, die Familie und Erwerbstätigkeit miteinander verbinden, haben weniger Probleme mit gesellschaftlicher Anerkennung. Sie müssen sich diese jedoch oftmals mit größerem Einsatz erkämpfen. Diesen Einsatz gilt es zu unterstützen und zu honorieren, indem für Frauen weitere Erleichterungen geschaffen werden. Deshalb ist z. B. die Durchsetzung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz eine wichtige Aufgabe. Die Bundesländer — vor allem die SPD-regierten — sollten ihre Zurückhaltung bei der Festsetzung eines Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz endlich aufgeben.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Das ist ja eine Unverschämtheit hoch drei!)

    Die Gesellschaft muß dem Einsatz der Frauen auch entgegenkommen durch die Schaffung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen, familienfreundlichere Arbeitszeiten oder Job-Teilung. Für diese Aufgabenerfüllung brauchen wir die Bereitschaft der Arbeitgeber und der Gewerkschaften, zumal die gesamtdeutsche Frauenerwerbsquote die bislang höchste ist, und zwar sind 11,7 Millionen Frauen im Arbeitsprozeß.
    Frauen in den neuen Bundesländern haben jetzt zusätzliche Belastungen zu meistern, unter den neuen Bedingungen in den Arbeitsprozeß integriert zu werden. Frauen sind — das wurde an dieser Stelle schon gesagt — mehr von Arbeitslosigkeit betroffen, bei den ABM-Regelungen jedoch weniger berücksichtigt. Das muß geändert werden.
    Die Quote der arbeitslosen Frauen beträgt etwa 60 %. Ich habe mir jetzt einmal eine Zusammenstellung geben lassen. Wie ist der Anteil der Frauen bei AB-Maßnahmen im Oktober? Demnach sind es nahezu 50 %. Das bedeutet: Im Schnitt ist jede zweite Frau in ABM beschäftigt. Aber das ist nicht überall so. In Neubrandenburg ist das Verhältnis 1 : 5. Das ist nicht in Ordnung.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Und die Regierung in Schwerin?)

    Vor allem auf dem sozialen Gebiet sind diese Frauen beschäftigt.
    Nun muß ich aber etwas sagen. Neulich hat ein Bürgermeister meiner Region öffentlich gesagt: Meine Frauenbrigade ABM —

    (Lachen bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE)

    — Moment, das hat er gesagt; ich zitiere ja nur — ist
    mir die liebste. Frauen und Mädchen sehen nämlich
    die Arbeit mehr und haben auch mehr Instinkt für



    Maria Michalk
    Ordnung und Sauberkeit als die Männer. Warum wollen wir diese Tatsache und diese Eigenschaft nicht auch hier zum Tragen bringen, wo es in unseren Dörfern und Städten so viel aufzuräumen und Ordnung zu machen gibt?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Kollektiv!)

    Einem anderen Thema möchte ich mich noch zuwenden: den Zukunftsperspektiven junger Menschen. Es ist wichtig, verläßliche persönliche Lebens-und Berufschancen zu schaffen. Berufliche Bildung und Zugang zum Arbeitsleben sind elementare Punkte.

    (Günter Rixe [SPD]: Das ist richtig!)

    Hervorheben möchte ich den verstärkten Mitteleinsatz für Modellförderung der Jugendsozialarbeit, der internationalen Jugendarbeit, aber auch der Ferienmaßnahmen für Kinder.
    An dieser Stelle möchte ich dankend auch den Einsatz erwähnen, den viele Familien z. B. mit Kindern aus Tschernobyl erbracht haben, indem sie ihnen durch die Aufnahme in die Familie das Gefühl der Freundschaft vermittelt haben. Dies ist wichtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist in besonderer Weise auch auf das ehrenamtliche Engagement angewiesen. Es ist eben nicht alles mit Geld zu bezahlen. Deshalb sind viele Bürger und Bürgerinnen in Vereinen und Verbänden, die freien Träger und andere Einrichtungen nach wie vor gefordert, die gemeinsam gestellte Aufgabe zu meistern.
    In den letzten Tagen wurden in diesem Haus schrecklich viele Zahlen von fast unvorstellbarer Höhe genannt. Dennoch ist die finanzwirtschaftliche Wirklichkeit mehr durch die ausgetauschten Argumente deutlich geworden.
    Der Haushalt 1992 stellt sich den Lasten der Vereinigung, und zwar sozial gerecht. Wir haben Wünsche
    — wie alle hier im Haus — . Aber wir lassen uns nicht wie Sie von Wunschvorstellungen leiten und treiben
    — ich meine jetzt Sie von der Opposition —,

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Und die Regierung?)

    sondern setzen Stück für Stück das Machbare um. Das macht die Union glaubwürdig.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP — Lachen bei der SPD)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich erteile das Wort jetzt dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, unserem Kollegen Rudi Walther.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP])


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudi Walther


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar normalerweise nicht üblich, daß man so freundlich vom amtierenden Präsidenten begrüßt wird. Aber es gibt deshalb einen Zusammenhang, weil ich in der Tat beabsichtige, zunächst in der vom amtierenden Präsidenten genannten Funktion einige Bemerkungen zu machen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Es wäre schade, wenn du es kaputtmachtest!)

    Denn — ich darf das den anderen Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament sagen — hinter uns im Ausschuß liegen Wochen, die von uns ein Höchstmaß an Arbeit erfordert haben. Wir hatten in einem knappen Zeitrahmen nicht nur den Haushalt 1992 zu beraten, sondern zeitgleich auch den Nachtragshaushalt 1991 und weitere Gesetzentwürfe mit erheblichen finanziellen Auswirkungen, so u. a. das Gesetz über die Aufhebung der Strukturhilfe und die Aufstockung des Fonds Deutsche Einheit. Daß der Ausschuß dieses enorme Arbeitspensum bewältigen konnte, ist in erster Linie dem großen Engagement aller Ausschußmitglieder zugute zu halten. Auch die Obleute waren in diesem Jahr in ganz besonderem Maße gefordert. Für ihre kooperative Zusammenarbeit bedanke ich mich herzlich.
    Alle Mitglieder des Ausschusses haben als Berichterstatterinnen und Berichterstatter die Beratung zu den jeweiligen Einzelplänen sachkundig, sorgfältig und gründlich vorbereitet, was Sie auch aus den dikken Papieren ersehen können, die wir uns erlaubt haben, diese Woche auf Ihre Tische zu legen. Für diese gute Vorbereitung sage ich den Ausschußmitgliedern herzlichen Dank, in den ich auch und vor allem die neuen Ausschußmitglieder — insbesondere diejenigen aus den neuen Ländern — einschließe, die sich erstaunlich schnell in den Haushalt eingearbeitet haben und die mit ihren oftmals erfrischenden Beiträgen die alten Hasen davor bewahrt haben, allzusehr in eingefahrenen Bahnen zu denken.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Ich darf mich ganz persönlich bei meinem Stellvertreter Klaus Rose dafür bedanken, daß er bei der schwierigen und zeitraubenden Arbeit geholfen hat, das dem Vorsitzenden zustehende Arbeitspensum mit zu bewältigen. Lieber Klaus Rose, ich sage einmal: Das ist eine gute Vorbereitung. Wenn ihr ab 1994 in die Opposition geht, dann kannst du reibungslos meinen Posten übernehmen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Dank geht auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ressorts, insbesondere an die Mitarbeiter des Finanzministeriums, des Bundesrechnungshofes und vor allem — das liegt mir sehr am Herzen — an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschußsekretariats.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem Bündnis 90/GRÜNE)

    Sie haben in aufopferungsvollem Engagement unter
    Außerachtlassung aller Arbeitszeitvorschriften mit
    dazu beigetragen, daß wir heute den Haushalt und



    Rudi Walther (Zierenberg)

    den Nachtragshaushalt abschließend beraten können.
    Herr Präsident, damit möchte ich zu dem überleiten, was nicht in Ihrer Anrede enthalten war, nämlich zu meinen abschließenden Bemerkungen für meine Fraktion. Ich bitte um Verständnis, daß ich mich, obwohl es mich sehr reizen würde, nicht mit dem auseinandersetzen kann, was meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben, sondern ich möchte mit Ihrer Erlaubnis den Bundesminister der Finanzen ansprechen.
    Daß mein Dank an die Mitglieder des Haushaltsausschusses besonders herzlich ausfällt, hat seinen guten Grund, denn die Mitglieder des Ausschusses mußten — wie schon beim Haushalt 1991 — versuchen, diejenigen Hausaufgaben nachzuholen, die zu erledigen die Bundesregierung versäumt hatte.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Was die Bundesregierung dem Ausschuß im Rahmen dieser Reparaturarbeiten gerade in der Schlußphase der Beratungen zugemutet hat, spottet jeder näheren Beschreibung. Kurz vor Toresschluß — in der letzten Woche — zauberte sie Projekte, Vorhaben und Förderungsmaßnahmen in Milliardenhöhe aus dem Hut, über die nicht einmal sie selbst, geschweige denn die Mitglieder der Koalitionsfraktionen einen kompletten Überblick besaßen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das war bei der Steuergesetzgebung auch so!)

    So ist der Ausschuß in seinen beiden Bereinigungssitzungen auf Veranlassung des Bundesministers der Finanzen von der Koalition mit einer Flut von Anträgen konfrontiert worden, von denen viele mit heißer Nadel gestrickt waren und deshalb häufig hektisch nachgeholter weiterer Korrekturen bedurften, die ihrerseits wiederum das Chaos beinahe komplettierten und ein geordnetes Verfahren sehr erschwerten. Meine Damen und Herren, damit das nicht falsch verstanden wird: Ich möchte den guten Willen und den enormen Fleiß der Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitions-Arbeitsgruppen ausdrücklich loben.

    (Zustimmung bei der SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE)

    Daß in diesem Wirrwarr die Generallinie, den Regierungsentwurf nachzubessern, dennoch verlorenging, stelle ich mehr resignativ als hämisch fest. Nichteinmal die Minimalziele, die sich die Koalition gesetzt hatte, sind am Ende der Ausschußberatungen erreicht worden. Ich verkenne dabei nicht, daß die Mitglieder der Koalitionsfraktionen — allen voran die beiden Obleute Jochen Borchert und Wolfgang Weng —

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Das sind gute Leute!)

    im Laufe der Beratungen zunächst alles darangesetzt haben, die Ausgabenansätze des Regierungsentwurfs, wie von ihnen geplant, um ein Prozent, also um rund 4 Milliarden DM, zu kürzen.

    (Jochen Borchert [CDU/CSU]: Die Vorgabe kam vom Vorsitzenden des Ausschusses!)

    — Ihre bis zu den Bereinigungssitzungen erfolgreichen Bemühungen, Kollege Borchert,

    (Jochen Borchert [CDU/CSU]: Die waren bis heute erfolgreich!)

    haben Sie indes zunichte gemacht, weil Sie letztendlich dem Druck der Bundesregierung nachgegeben und in der Schlußphase der Beratungen zugelassen haben, daß alle von Ihnen bis dahin beschlossenen Kürzungen durch zusätzliche Ausgaben in Milliardenhöhe aufgezehrt wurden.

    (Beifall bei der SPD)

    Herausgekommen ist auf diese Weise das magere und beinahe keiner weiteren Erwähnung werte Ergebnis, daß die Ansätze des Regierungsentwurfs nun lediglich um 1 ‰ und nicht um 1 % zurückgeführt werden konnten. So konnten sich die Koalitionsfraktionen letztlich nicht gegen die zusätzlichen Ausgabenwünsche der Bundesregierung durchsetzen und sich auch nicht an diejenigen Vorgaben halten, die sie sich selbst gesetzt hatten.
    So haben sich dann in den beiden Sitzungen des Haushaltsausschusses die flotten Ankündigungen von Jürgen Möllemann, Subventionen in Höhe von 10 Milliarden DM abzubauen, als das entpuppt, was wir immer vermutet hatten, nämlich als kurzlebige Seifenblasen einer medienwirksamen Schaumschlägerei.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: So ist Möllemann nun einmal!)

    Der um den Subventionsabbau immer bemühte Wirtschaftsminister Möllemann war nämlich einer derjenigen — hören Sie gut zu — , der in der Schlußphase der Haushaltsberatungen in besonderem Maße gedrängelt hat, daß sein Etat weiter aufgebläht wurde.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Er zauberte kurz vor Toresschluß noch ein Paket zusätzlicher Ausgaben in Milliardenhöhe aus dem Hut, deren Berechtigung durchaus einsichtig zu sein schienen. Letztlich aber führte das dazu, daß Herr Möllemann sein Subventionsabbauziel, von dessen Realisierung er sein Verbleiben im Amt des Wirtschaftsministers abhängig gemacht hat, nicht einmal annähernd erreicht hat.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Also muß er zurücktreten!)

    Die Zahlen, die Staatssekretär Grünewald — ich sehe ihn im Moment nicht — gestern hinsichtlich dessen genannt hat, was tatsächlich an Subventionsabbau erreicht worden sei, sprechen nun wirklich Bände.
    Wenn Jürgen Möllemann jetzt auf der Regierungsbank säße, würde ich das folgende etwas dringlicher formulieren. Ich halte Jürgen Möllemann für einen Ehrenmann. Ein Ehrenmann müßte eigentlich wissen, was er in einer solchen Situation zu tun hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber mit ursächlich für dieses Ergebnis scheint mir zunehmend zu sein, daß Theo Waigel von seiner Doppelrolle, Parteivorsitzender der CSU und oberster Kas-



    Rudi Walther (Zierenberg)

    senführer des Bundes zu sein, offenbar überfordert ist.

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Das nehmen Sie zurück!)

    Er — nicht Herr Möllemann — hätte den Abbau von Subventionen propagieren und durchsetzen müssen. Er hätte den Mitgliedern der Koalitionsfraktionen im Haushaltsausschuß den Rücken stärken müssen und nicht zulassen dürfen, daß der Sparwille durch massive Interventionen von Mitgliedern des Bundeskabinetts unterminiert wurde. Statt dessen hat Theo Waigel mit dem lachenden Auge des Parteivorsitzenden gerne das Seinige dazu beigetragen, daß sich die Klientel seines Parteifreundes Ignaz Kiechle letztendlich über neuerliche Milliarden-Subventionen freuen durfte ; die Anträge dazu wurden kurz vor Beendigung der Bereinigungssitzung noch nachgereicht.

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Sie wollen die deutsche Landwirtschaft ausbluten! — Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr! — Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: 1,5 Milliarden DM!)

    — Das ist doch nicht mein Problem. Mein Problem ist
    — das haben wir doch gestern schon dargestellt, Kollege Ausschußvorsitzender— : Die Bundesregierung wußte das doch alles schon bei Aufstellung des Haushalts, hat das aber nicht gesagt, hat die Anträge für diese Mehrausgaben vielmehr auf dem Umweg über die Koalitionsfraktionen in letzter Minute eingebracht, damit nicht der Bundesfinanzminister, sondern die Arbeitsgruppe Haushalt der Koalitionsfraktionen verantwortlich ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Für diese Haushaltsberatungen gilt daher exakt das, was Wolfgang Weng in seiner unnachahmlichen Art zur Haushaltspolitik und zum Zustand dieser Koalition gesagt hat. Er hat nämlich konstatiert — nachzulesen im „FDP-Tagesdienst" vom 23. Oktober 1991; ich sammle alles, was Wolfgang Weng darin schreibt — :

    (Beifall bei der FDP)

    Zwar sind wir uns einig, daß alles getan werden muß, um die Finanzen wieder in den Griff zu bekommen, doch die Wirklichkeit sieht ... leider ganz anders aus.
    So Wolfgang Weng.
    Dieser Satz des — vielleicht — künftigen FDP-Vorsitzenden— Wolfgang, alle guten Wünsche begleiten Dich — ist auf eine herrliche, aber enttarnende Weise doppeldeutig. Er kann entweder bedeuten: In Wirklichkeit hat die Koalition die Finanzen nicht im Griff, oder er kann semantisch auch in dem Sinne verstanden werden: In Wirklichkeit ist sich die Koalition nicht einig, die Staatsfinanzen wieder in den Griff bekommen zu müssen. — Wie ich Wolfgang Weng kenne
    — ich hoffe, ich kenne ihn jetzt gut genug — , hat er beides gemeint.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Hier kann ich ihm nur recht geben; denn diese Bundesregierung ist sich weder über die Notwendigkeit,
    den Haushalt konsolidieren zu müssen, einig noch hat sie die Finanzen tatsächlich im Griff.
    Ich räume ja ein — darauf haben die Sprecher der Koalition in diesen Tagen aufmerksam gemacht —, daß sich die Eckwerte, die dabei letztendlich herausgekommen sind, durchaus passabel anhören.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das will ich überhaupt nicht bestreiten.


    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wer aber — wie auch meine verehrte Kollegin Ina Albowitz — diese Zahlen isoliert betrachtet, ohne den Gesamtzusammenhang zu sehen, der diskutiert nicht in aller Breite über die tatsächliche Lage des Bundeshaushalts und der Bundesfinanzen; denn der Haushalt 1992 verschleiert wie schon sein diesjähriger Vorgänger, daß die Schuldenberge des Bundes höher sind und sein Kreditbedarf größer ist, als uns Theo Waigel immer glauben machen will. Denn im Haushalt tauchen nicht die sogenannten Sondervermögen auf.

    (Hans Peter Schmitz [Baesweiler] [CDU/ CSU]: Jetzt kommen die Schattenhaushalte ! )

    Es ist merkwürdig, daß man Schulden als Sondervermögen bezeichnet, Kollege Schmitz, daß man sie in Milliardenhöhe dort versteckt, und zwar auch im kommenden Jahr, wobei Sie die Fehlbeträge mit weiteren Milliardenkrediten decken werden? Wissen Sie, was Sie mit den Sondertöpfen machen? Hans Peter Schmitz, wir beide kennen ja noch Walter Althammer; er hat hier einen erheblichen Kampf gegen die Schattenhaushalte geführt und hat ihn auch gewonnen. Sie führen diese ganzen Schattenhaushalte jetzt wieder in einem Umfang ein, den wir früher nie gekannt haben.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Es sind andere Bedingungen!)

    Sie machen mit diesen Schuldentöpfen wie die Länder der Dritten Welt folgendes: Sie finanzieren die Zinsen, die entstehen, durch weitere Schuldenaufnahme. Wären wir ein Land der Dritten Welt, müßten wir zum Pariser Club.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ich hier zu den Milliardenkrediten, zu den Sondervermögen gesagt habe, gilt zum einen für die traditionellen Sondervermögen, also Bundespost, Bahn, ERP usw. mit mindestens 30 Milliarden DM, den Kreditbedarf der Reichsbahn nicht eingerechnet. Es gilt zum anderen — das ist unter Risikogesichtspunkten noch wichtiger — für diejenigen Sondervermögen, welche im Zuge der deutschen Einigung eingerichtet worden sind.
    Übrigens noch folgendes, damit wir uns nicht falsch verstehen und nicht der falsche Eindruck aufkommt, als machte ich das Theo Waigel zum Vorwurf. Um Himmels willen, wie käme ich dazu, der Bundesregierung vorzuwerfen, daß sie das traurige Erbe der ehemaligen DDR übernommen hat? Das ist kein Vorwurf, damit wir uns richtig verstehen.



    Rudi Walther (Zierenberg)

    Mein Vorwurf ist, daß der Bundesfinanzminister diese Risiken beharrlich verschweigt.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das hat er doch deutlich gesagt! Sie sollten seine Rede nachlesen!)

    — Ich habe die Rede gehört. In seiner unnachahmlichen Art und Weise hat Theo Waigel so getan, als gebe es diese Risiken gar nicht.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das gilt für den Kreditabwicklungsfonds, das gilt für die Treuhandanstalt, das gilt für alle möglichen anderen Sondervermögen.

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Fonds Deutsche Einheit!)

    — Für den Fonds Deutsche Einheit natürlich auch. Ich bin durchaus bereit, hier alle aufzuzählen. Nur, das Ganze — und das hat der Kollege Klaus Rose heute morgen auch schon hier dargestellt — summiert sich zu einer Schuldenaufnahme der öffentlichen Haushalte von 135 Milliarden DM. Nun bin ich aber weit davon entfernt zu sagen, das alles habe Theo Waigel zu verantworten. Das ist auch nicht mein Vorwurf, sondern mein Vorwurf ist, daß er sich nicht auf die Risiken vorbereitet, die demnächst mit den Zinsbeträgen in seinem Haushalt landen werden. Dies ist mein Vorwurf.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ungeheure Ausmaß der Staatsverschuldung hat nicht nur einer nörgelnden Opposition, sondern auch der Deutschen Bundesbank und dem Bundesrechnungshof Anlaß zu nachhaltiger Kritik gegeben. Die negativen Konsequenzen der Verschuldungspolitik dieser Bundesregierung machen sich bereits heute allenthalben bemerkbar. Sie manifestieren sich in dem spürbaren Verlust an Vertrauen in die Stabilität der D-Mark, in dem relativ hohen Zinsniveau und in der stetig ansteigenden Zinsquote, die die finanzpolitischen Gestaltungsräume zunehmend einengen.
    Diese Alarmsignale sind indessen, verglichen mit dem, was auf den Bundeshaushalt auf Grund der jetzigen Verschuldungspolitik mittelfristig zukommt, vergleichsweise harmlos. Denn in den im Zuge der deutschen Einheit geschaffenen Sondervermögen sammeln sich gigantische Schuldenberge an, die abzutragen die Bundesregierung der nachfolgenden Generation aufbürdet, die für die Schulden, die heute gemacht werden, geradezustehen hat. Durch den Kniff, diese Schuldenberge nicht im Haushalt auszuweisen, sondern in Sondertöpfen zu verstecken oder, wie der Bundesfinanzminister vornehm formuliert, dort zu parken, werden diese Berge nicht kleiner; im Gegenteil, sie wachsen durch die alljährliche Aufnahme neuer Kredite stetig weiter an.
    Ich habe das hier im einzelnen dargestellt. Ich will Ihnen die Aufzählung heute morgen ersparen. Ich sage Ihnen nur: Sie können die Abtragung dieser Schuldenberge nicht mehr lange vor sich herschieben. So ist der Kreditabwicklungsfonds — Herr Minister, Sie haben ja, wenn ich mich recht erinnere den Vertrag selber unterschrieben — gemäß Art. 23 Abs. 5 des Einigungsvertrags Ende 1993 aufzulösen, wobei die bis dahin aufgelaufene Gesamtverschuldung auf die Treuhandanstalt, den Bund und die neuen Länder aufgeteilt werden soll.
    Geplant ist dabei, daß diese Schulden, soweit möglich, aus Mitteln der Treuhandanstalt getilgt und die verbleibenden Restschulden dann vom Bund und den neuen Ländern je zur Hälfte übernommen werden. Es ist jedoch nicht zu erwarten, daß bis zur Auflösung des Kreditabwicklungsfonds Privatisierungserlöse der Treuhandanstalt zur Tilgung dieser Schulden zur Verfügung stehen. Im Gegenteil, es wird sich bei der Treuhandanstalt ein riesiger Schuldenberg ansammeln. Da es sich abzeichnet, daß die neuen Länder auf Grund ihrer schlechten Haushaltslage kaum in der Lage sind, die Schulden zu übernehmen, bedarf es nicht der Gabe des Propheten, um bereits heute vorherzusagen, daß der Bund Anfang 1994 jedenfalls für einen großen Teil dieser Schuldenberge wird geradestehen müssen mit der Folge einer dramatischen Erhöhung der Zinsausgaben im Bundeshaushalt in zweistelliger Milliardenhöhe. Spätestens dann wird offenbar, wie verfehlt die heutige Finanzpolitik der Bundesregierung ist, die die Haushaltskonsolidierung in diesem Zusammenhang nicht einmal ernsthaft in Angriff nimmt und nicht einmal Vorsorge für erkennbare Risiken trifft.
    Sie trifft auch keine Vorsorge für weitere Risiken, z. B. aus den übernommenen Gewährleistungen insbesondere gegenüber den früheren RGW-Staaten, den Entschädigungen für Enteignungen der früheren DDR und den Wiedergutmachungsleistungen für in der früheren DDR erlittenes Unrecht. Es ist übrigens auch keine Vorsorge getroffen — Frau Matthäus-Maier, das ist immer Ihr Thema — für eine verfassungskonforme Anhebung des Grundfreibetrags für die Familien. Nach Berechnungen der Bundesregierung wird die gebotene nachträgliche Anhebung des Grundfreibetrags in allen noch offenstehenden Steuerverfahren Mindereinnahmen in Höhe von vielen Milliarden DM zur Folge haben. Gehen die insoweit beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren, wie zu erwarten ist, zu Lasten des Bundes aus, so wird dieser Betrag fällig, ohne daß sich die Bundesregierung bislang darüber Gedanken gemacht hat, geschweige denn Lösungen erarbeitet hat, wie er zu erwirtschaften ist.
    Übrigens sehe ich auch keine Vorsorge — auch nicht in der mittelfristigen Finanzplanung — für die Ausgaben, die für den Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin fällig werden.
    Aus diesem Grunde, lieber Herr Bundesfinanzminister, befürchtet z. B. der Präsident der Landeszentralbank in Bayern, Lothar Müller — ich vermute, er ist Ihr Parteifreund —, eine regelrechte Explosion der öffentlichen Schulden und vermutet, die Bundesbank müsse eine erneute Zinsanhebung prüfen. Das hat er in einem Interview geäußert, das gestern in der „Süddeutschen Zeitung" nachzulesen war.
    Übrigens: Die geplante Finanzierung öffentlicher Investitionen durch Private — verfassungsrechtlich eh nicht unbedenklich — wird den Schuldenberg noch zusätzlich erhöhen, denn die eigentlich für den Haushalt relevanten Belastungen, und zwar Zins- und



    Rudi Walther (Zierenberg)

    Tilgungsleistungen, werden über die Leasingraten voll auf den Bundeshaushalt durchschlagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die zusätzliche Belastung des Kapitalmarkts wird um keinen Deut ungefährlicher, wenn für den Bund Private Kredite aufnehmen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundesregierung verfügt über kein schlüssiges Konzept, mit dem die immer noch großen Probleme in den neuen Ländern gelöst werden können, denn das Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost läuft Ende kommenden Jahres aus. Was an seine Stelle treten wird, ist nicht einmal in Umrissen erkennbar. Die Menschen in den neuen Ländern erwarten eine Antwort hierauf. Sie verdienen es im übrigen nicht, mit falschen Zahlen abgespeist zu werden.
    Ich habe keine Veranlassung, dem Kollegen Kolbe aus der CDU-Fraktion besonders nahe zu sein; er hat dieses Thema zum großen Leidwesen mancher in der Regierung und auf der Regierungsseite angesprochen. Theo Waigel hat nämlich bei dem Beschluß des Kabinetts über den Bundeshaushalt 1992 öffentlich erklärt, es stünden 109 Milliarden DM für die neuen Länder zur Verfügung. Ich habe ihn daraufhin schriftlich gefragt, wie sich diese Summe errechnet. Die Antwort hat ein paar Wochen gedauert. Dann bekam ich nicht die Zahl über die Ausgaben für die neuen Länder, sondern über die einigungsbedingten Ausgaben. Wenn man richtig nachgerechnet hat, hat man festgestellt, daß die Hälfte davon überhaupt nichts mit den neuen Ländern zu tun hat. Er rechnet beispielsweise die Zinsen für Kredite, die er aufgenommen hat, den neuen Ländern zu. Für die neuen Länder bleibt nur etwa die Hälfte des Geldes übrig.
    Eine Randbemerkung — ich blicke in Richtung des Hauptberichterstatters zum Einzelplan 05 — : Wenn angesichts der gestiegenen Nachfrage nach deutscher Sprache und deutscher Kultur bei den einigungsbedingten Kosten auch die Goethe-Institute berücksichtigt worden wären, hätte ich nichts dagegen gehabt.

    (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Die haben aber einen großen Zuwachs!)

    Ich bin ganz sicher, daß sich der Außenminister einmal darum kümmern sollte.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen die nicht gelösten Probleme und die aktuelle und die sich mittelfristig abzeichnende Finanzsituation so ausführlich skizziert, um zu verdeutlichen, daß die Abkehr von der Verschuldungspolitik unumgänglich ist. Gelingt dies nicht, wird es über kurz oder lang zu einem bösen Erwachen kommen, das niemand will, aber Kundige befürchten. Denn die Steuer- und Abgabenschrauben sind nach der größten Steuererhöhungsaktion in der Geschichte der Bundesrepublik, die als Steuerlüge in den deutschen Sprachgebrauch Eingang gefunden hat, zu Ende gedreht.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich weiß, Abkehr von der Verschuldungspolitik heißt in erster Linie sparen. Welcher Haushälter wüßte das nicht? Diese Erkenntnis ist trivial; aber ihre
    Umsetzung ist von der Bundesregierung offensichtlich jetzt nicht gewollt, wie wir aus den Vorlagen für die Bereinigungssitzungen gesehen haben. Herr Arbeitskreisvorsitzender Schmitz, Sie hatten ja keine Gelegenheit, dabeizusein, aber sehen Sie sich einmal die Berge an, die wir da in den letzten beiden Tagen auf den Tisch bekommen haben.
    Die Bundesregierung sucht die finanzpolitische Wende zunächst einmal nicht bei sich selber, sondern allenfalls bei anderen, nämlich z. B. bei den Ländern, die künftig auf Strukturhilfemittel verzichten müssen, oder bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, denen höhere Sozialversicherungsbeiträge auferlegt worden sind und denen angeraten wird, sich bei Lohnforderungen zurückzuhalten.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: So war das immer!)

    Nur im eigenen Hause wird nicht in dem Maße gespart, wie man es könnte, wenn man gewollt hätte. Es fehlt — das sage ich noch einmal — wirklich der eiserne Sparwille in dieser Regierung, Herr Bundesfinanzminister.
    Man kann, wenn man wirklich ernsthaften Sparwillen hat, im Verteidigungshaushalt mehr sparen, als das bisher geschehen ist. Ich will die alten Themen, die bei der Debatte über den Einzelplan 14 eine Rolle gespielt haben, nicht noch einmal im einzelnen aufführen. Sie können das Wort Jäger 90 schon nicht mehr hören. Ich weiß das und sage es trotzdem so lange, bis der Vogel gestorben ist

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    und zumindest in dieser Frage Jürgen Möllemann recht behält. Er hat ja gesagt: Der Jäger 90 wird der sicherste Flieger, weil er nie fliegen wird. Hoffentlich behält er recht.

    (Klaus Beckmann [FDP]: Wo er recht hat, hat er recht!)

    — Ja, sicher. Aber es kommt nicht so oft vor, daß er recht hat, Herr Kollege Beckmann.
    Ich will das nicht noch einmal im einzelnen vortragen, was der Kollege Jungmann zum Einzelplan 14 in diesem Zusammenhang gesagt hat. Aber auch hier sehen wir, daß die Vorgaben der Koalitionsvereinbarung nicht eingehalten sind. Denn der Verteidigungshaushalt verharrt, wenn man die unzulässige Verschiebeaktion in den Einzelplan 60 mit berücksichtigt, auf derselben Höhe wie 1991; das heißt, es gibt keine nominalen Einsparungen in diesem Bereich.

    (Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: 10 Milliarden DM weniger bei den Ist-Ausgaben!)

    — Hans-Werner Müller, ich habe ja Ihre Rechnungen vorgestern nachmittag gehört. Es ist dann zutreffend, wenn man, ob zu Recht oder zu Unrecht, lasse ich einmal dahingestellt, die Ausgaben für die NVA in Ostmark der ehemaligen DDR hinzuzählt.

    (Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Das muß man doch fairerweise dazurechnen!)




    Rudi Walther (Zierenberg)

    Aber das darf man natürlich nicht, weil man weiß: Eine Ostmark war bestenfalls 25 Pfennig wert.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muß in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß zwar im Etat überflüssige Mittel für überflüssige Zwecke veranschlagt sind; andererseits und umgekehrt ist die Bundeswehr von Aufgaben befreit worden, die keineswegs überflüssig, sondern höchst notwenig sind und für deren Wahrnehmung sie geradezu prädestiniert ist, nämlich vom Abbau der Grenzanlagen und vom Räumen von Minen an der vormals innerdeutschen Grenze. Wir haben im Haushaltsausschuß erfahren müssen, daß sich die Bundeswehr hierfür zu schade ist und daß die Bundesregierung diese Aufgabe einer privaten Einmanngesellschaft mit beschränkter Haftung übertragen hat, die hierfür aus dem Bundeshaushalt 20 Millionen DM bekommt, mit der ausdrücklichen Möglichkeit der Vertragsverlängerung. Meine Damen und Herren, abgesehen davon, daß die Bundeswehr dies sehr viel kostengünstiger hätte leisten können, fehlt jedenfalls mir jedes Verständnis dafür, daß die Bundeswehr zwar in der Golfregion Minen räumt, sich aber für nicht zuständig erklärt, wenn die gleiche Aufgabe mitten in Deutschland anfällt.

    (Beifall bei der SPD)

    Übrigens — auch dies ist hier im Zusammenhang mit dem Einzelplan 14 vorgetragen worden — fehlt dem Bundesminister der Verteidigung jedwedes Konzept für die neue Situation auf Grund der geänderten Sicherheitslage in Europa und in der Welt. Er tut bei den Beschaffungsvorhaben so, als hätte sich nichts geändert; alles soll so weiter beschafft werden wie bisher. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann auch kein sinnvolles Signal nach außen sein, Herr Bundesfinanzminister.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE)

    Ich würde Sie bitten, Ihren zuständigen Fachbeamten — einer von denen sitzt hinter Ihnen — , die das genauso sehen, ein bißchen mehr den Rücken zu stärken, damit sie hier Druck auf die Pumpe geben. Mein Vorschlag heißt: Zurück — Marsch! Marsch! — mit diesen Vorlagen ins Bundesverteidigungsministerium!
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, allen diesen Aspekten, die ich hier versucht habe nur kurz zu skizzieren, wird der beschlossene Verteidigungsetat nur unzulänglich gerecht.
    Ich muß noch einen weiteren Punkt ansprechen, der mir besonders wesentlich erscheint. Das, was ich ausgeführt habe, gilt auch für die Bewältigung der Abrüstungsfolgen durch Standort- und Rüstungskonversion. Die Bundesregierung hat es bislang sachwidrig unterlassen, ein umfassendes, ressortübergreifendes Programm zur Bewältigung der Abrüstungsfolgen vorzulegen,

    (Dr. Nils Diederich [Berlin]: Traurig! Traurig!)

    das die Teilaspekte soziale Konversion, Forschungskonversion und Standortekonversion umspannt. Das,
    was die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen als Konversionsprogramm für die nächsten fünf Jahre anbieten und deklarieren, nämlich — hören Sie, auch gerade die Kolleginnen und Kollegen aus den betroffenen Regionen, gut zu — eine Aufstockung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirtschaftsstruktur" um 250 Millionen DM und die Erhöhung der Städtebauförderungsmittel um 250 Millionen DM sowie die verbilligte Abgabe von Grundstükken mit geschätzten Einnahmeausfällen von 500 Millionen DM, hört sich gar nicht so schlecht an, wenn man nur die Zahlen so sieht, obwohl das alles viel zu wenig ist. Dieses angebliche Konversionsprogramm verdient aber seinen Namen nicht; denn erstens umfaßt es nicht sämtliche Aspekte der Konversion, sondern allenfalls die Standortekonversion, und zweitens ist es nicht spezifisch auf die Kommunen und Regionen zugeschnitten, die von Standortreduzierung betroffen sind.

    (Anke Fuchs [SPD]: Unglaublich!)

    Drittens hilft die Aufstockung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe den Kommunen nicht, die nicht in der Gemeinschaftsaufgabe „Förderung" gewesen sind. Kommunen, die jetzt ihre ganzen Standorte verlieren, die aber z. B. wegen der Anwesenheit von Truppenteilen früher prosperierten und deshalb nicht in die Gemeinschaftsaufgabe aufgenommen worden sind, bekommen jetzt vom Bund keinen Pfennig. Das, Herr Bundesfinanzminister, halte ich wirklich für einen Aberwitz, und ich halte es für naiv, zu glauben, einer vom Truppenabzug betroffenen Gemeinde könne durch die verbilligte Abgabe von Kasernen wirklich geholfen werden.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Aber sicher!)

    Viele Kommunen werden sie nicht einmal als Geschenk akzeptieren, weil sie mit ihnen nichts anfangen können oder weil sie die hohen Kosten für Unterhalt und Bewachung mit Recht scheuen.
    Gefragt und erforderlich ist demgegenüber etwas ganz anderes, nämlich ein Gesamtkonzept für eine sozialverträgliche und strukturgerechte Abrüstung auf der Grundlage eines umfassenden Friedens- und Entwicklungsplans, so wie wir das seitens unserer Fraktion mehrfach gefordert haben.
    Meine Damen und Herren, unser Fazit aus alledem ist: Theo Waigel ist der fröhlichste Schuldenmacher und der größte Schuldenmacher, den man sich denken kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Es hat noch nie jemand so fröhlich Schulden gemacht wie Theo Waigel.
    Zuerst behauptet er, die Kosten der deutschen Einheit seien aus der Portokasse zu bezahlen und Steuererhöhungen seien gänzlich unnötig. Dann verantwortet er die größte Steuererhöhungsaktion der Nachkriegszeit. Er verkündet die Notwendigkeit des Sparens, hält sich aber selber nicht daran. Er behauptet, die Schuldenaufnahme ginge zurück; tatsächlich versteckt er aber Hunderte von Milliarden in ausgelagerten Schuldentöpfen, die er schamhaft Sondervermögen nennt.
    Herr Bundesfinanzminister, ich respektiere die große physische Leistung, die Sie erbringen. Aber die



    Rudi Walther (Zierenberg)

    Doppelfunktion, die jede für sich einen ganzen Mann erfordert, überfordert Sie ganz offensichtlich. Notwendiges Vertrauen, meine Damen und Herren, kann so nicht hergestellt werden. Wo Vertrauen in die Regierung fehlen muß, kann die Opposition dieses Manko nicht ausgleichen. Die Ablehnung des Haushalts durch uns ist deshalb gleichzeitig der Aufruf zu einem neuen Anfang haushalts- und finanzpolitischer Solidität.
    Vielen Dank.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall bei der PDS/Linke Liste und dem Bündnis 90/ GRÜNE)