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ID1206203100

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    Plenarprotokoll 12/62 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 62. Sitzung Bonn, Freitag, den 29. November 1991 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Abgeordneten Wieland Sorge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gleichstellung von Meistern in der Industrie und Meistern im Handwerk in den neuen Bundesländern (Drucksache 12/738) . . . 5279A Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gründung von drei unselbständigen Stiftungen unter dem Dach des Bundesarchivs (Drucksache 12/1379) . . . 5279B Tagesordnungspunkt VII: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksachen 12/1000, 12/1329, 12/1401 bis 12/1415, 12/1416 [neu], 12/1417 bis 12/1422, 12/1424 bis 12/1430, 12/1600, 12/1601) Anke Fuchs (Köln) SPD 5279 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 5282 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 5284 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 5288 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 5291A Ingrid Matthäus-Maier SPD 5292 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 5293 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 5293 D Johannes Nitsch CDU/CSU 5297 C Ina Albowitz FDP 5299 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 5301 A Maria Michalk CDU/CSU 5302 D Rudi Walther (Zierenberg) SPD 5304 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 5310B Namentliche Abstimmung 5315 B Ergebnis 5317 A Tagesordnungspunkt VIII: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes und zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) (Drucksache 12/1643) Dr. Paul Laufs CDU/CSU 5315D Andrea Lederer PDS/Linke Liste 5318D Dr. Peter Struck SPD 5319 C Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . . 5320 A Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 5320 D Dr. Burkhard Hirsch FDP 5322 A Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . 5322 D Beratungen ohne Aussprache Tagesordnungspunkt IX a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes (Drucksache 12/1467, 12/1605) . . . . 5323 B b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über ein europäisches Hochgeschwindigkeitsbahnnetz Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Entwicklung eines europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes (Drucksachen 12/311 Nr. 2.18, 12/1173) . . . . 5323 B c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zweite Änderung zum Vorschlag für eine Fünfte Richtlinie des Rates nach Artikel 54 EWG-Vertrag über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe (Drucksachen 12/269 Nr. 2.4, 12/1464) 5323 C d) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 Titel 681 02 — Sozialzuschlag zu Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe (Drucksachen 12/1264, 12/1497) . . . 5223 C e) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft in Planegg, Flur Nr. 411 (Drucksachen 12/1146, 12/1498) 5323 D Nächste Sitzung 5324 C Berichtigung 5324 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5325* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 17 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend — Uta Würfel FDP 5325* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 53268* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 5279 62. Sitzung Bonn, den 29. November 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 60. Sitzung, Seite 5053 C, dritter Absatz, vierte Zeile muß es statt „Weltinnenpolitik" „Innenweltpolitik" heißen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. von Bülow, Andreas SPD 29. 11. 91 Cronenberg (Arnsberg), FDP 29. 11. 91 Dieter-Julius Dr. Däubler-Gmelin, SPD 29. 11. 91 Herta Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 29. 11. 91 Deß, Albert CDU/CSU 29. 11. 91 Doppmeier, Hubert CDU/CSU 29. 11. 91 Eymer, Anke CDU/CSU 29. 11. 91 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Funke-Schmitt-Rink, FDP 29. 11. 91 Margret Genscher, Hans Dietrich FDP 29. 11. 91 Graf, Günter SPD 29. 11. 91 Grünbeck, Josef FDP 29. 11. 91 Hackel, Heinz-Dieter FDP 29. 11. 91 Haschke CDU/CSU 29. 11.91 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Hauchler, Ingomar SPD 29. 11. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 29. 11. 91 Heyenn, Günther SPD 29. 11. 91 Dr. Holtz, Uwe SPD 29. 11. 91* Huonker, Gunter SPD 29. 11. 91 Jäger, Claus CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Jobst, Dionys CDU/CSU 29. 11. 91 Kampeter, Steffen CDU/CSU 29. 11. 91 Koschnick, Hans SPD 29. 11. 91 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 29. 11. 91 Günther Krey, Franz Heinrich CDU/CSU 29. 11. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 29. 11. 91 Kuhlwein, Eckart SPD 29. 11. 91 Dr. Graf Lambsdorff, Otto FDP 29. 11. 91 Lamers, Karl CDU/CSU 29. 11. 91 Leidinger, Robert SPD 29. 11. 91 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 29. 11. 91 Elke Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 29. 11. 91 Klaus W. Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 29. 11. 91 Dorothea Dr. Meseke, Hedda CDU/CSU 29. 11. 91 Molnar, Thomas CDU/CSU 29. 11. 91 Nolte, Claudia CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Ortleb, Rainer FDP 29. 11. 91 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Pick, Eckhart SPD 29. 11. 91 Dr. Pohler, Hermann CDU/CSU 29. 11. 91 Rempe, Walter SPD 29. 11. 91 Roth, Wolfgang SPD 29. 11. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 29. 11. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 29. 11. 91 Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 29. 11. 91 Andreas Schröter, Gisela SPD 29. 11. 91 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schuster, Hans Paul FDP 29. 11. 91 Hermann Seidenthal, Bodo SPD 29. 11. 91 Dr. Solms, Hermann Otto FDP 29. 11. 91 Dr. von Teichman, FDP 29. 11. 91* Cornelie Voigt (Frankfurt), SPD 29. 11. 91 Karsten D. Vosen, Josef SPD 29. 11. 91 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 29. 11. 91 Dr. Wieczorek CDU/CSU 29. 11. 91 (Auerbach), Bertram Wollenberger, Vera Bündnis 29. 11. 91 90/GRÜNE Yzer, Cornelia CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Zöpel, Christoph SPD 29. 11. 91 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 17 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend -* Uta Würfel (FDP): Der diesjährige Einzelplan 17 des Haushaltsentwurfs gibt Anlaß zu der Frage: wie lieb und teuer ist uns denn die Verwirklichung der Politik für Frauen? Gut die Hälfte der Ausgaben des Haushaltsplanes für Frauen und Jugend sind für den Zivildienst veranschlagt und kommt damit also ausschließlich einem bestimmten Teil der männlichen Bevölkerung zugute. Mit gerade 20 Millionen von 2,56 Milliarden Gesamtvolumen sind die Arbeiten und Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Stellung der Frau bedacht. Zähneknirschend haben wir Frauenpolitikerinnen uns wegen der notwendigen Haushaltskonsolidierung bescheiden zurückgehalten und sogar einen im Vergleich zum letzten Haushalt geringeren Etat in Kauf nehmen müssen. Politik für Frauen ist eine Querschnittsaufgabe und bestimmt durch das gesellschaftliche Umfeld, in dem die Frau lebt. Politik für Frauen muß zum Ziel haben, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen und Chancengleichheit herzustellen. Individuelle Lebensentwürfe - meist für Männer etwas Selbstverständliches - müssen auch Frauen offenstehen. Nicht die Wahl: entweder Beruf oder Familie, sondern „sowohl ... als auch" heißt die Forderung. Und leider müssen wir es uns immer noch eingestehen: berufstätige Mütter finden nicht die Rahmenbedingungen vor, die sie für einen eigenen Lebensentwurf brauchen. Alleinerziehende Frauen haben es besonders schwer. Deren Bemühungen, ihren Aufgaben gerecht zu werden, gleicht auch heute noch einer Quadratur des Kreises. *) siehe 61. Sitzung Seite 5263 D 5326* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 Es ist gesellschaftliche Realität: noch nie waren so viele Frauen berufstätig und noch nie hatten so viele gleichzeitig den Wunsch, auch Kinder in ihre Lebensplanung einzubeziehen. Noch immer scheitert ihre Wahl allzu häufig daran, daß die Abstimmung der Bedürfnisse von Familie und Beruf sich in erster Linie an den Erfordernissen der Arbeitswelt orientiert. Frauen integrieren heute zu Recht in ihre Lebensgestaltung eine berufliche Perspektive: Karriere und Einflußnahme im Beruf sind nicht länger alleine die Freuden des männlichen Geschlechts. Frauen lassen sich nicht länger aussperren. Deshalb ist es unumgänglich, für flexiblere Arbeitsorganisation und -zeiten zu sorgen. Erfreulicherweise haben inzwischen auch die Gewerkschaften erkannt, daß Teilzeitarbeit und job sharing Formen einer frauenfreundlicheren Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sind. Natürlich ist damit nicht allen Frauen geholfen. Diejenigen, die alleine ihre Kinder ernähren, kleiden und erziehen müssen, brauchen dringend mehr Betreuungseinrichtungen für ihre Kinder. Es ist unvorstellbar: fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen sind der Grund, daß Frauen, auch wenn sie es dringend wünschten, für ihren Lebensunterhalt nicht selbst sorgen können. Es fehlen in den alten Bundesländern über 500 000 Kindergartenplätze so wie auch Krippen für Kinder unter 3 Jahren. Diese Tatsache wirft ein Schlaglicht auf den Umgang mit Frauen in unserer Gesellschaft und ihren Bedürfnissen. Im Vergleich mit dem europäischen Ausland schneiden wir hier sehr schlecht ab. Leider haben wir bisher eine entsprechende steuerliche Anerkennung für individuelle Betreuung durch eine Tagesmutter nicht umsetzen können. Neben den bereits im Gesetz zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgesehenen Maßnahmen werden wir uns auch diesem Erfordernis anzunehmen haben. In den neuen Bundesländern werden sogar Krippen und Kindergärten geschlossen. Gerade alleinerziehende Mütter sind deshalb gezwungen, ihren Beruf aufzugeben, müssen mit der Sozialhilfe das Existenzminimum bestreiten. Auf der anderen Seite waren noch nie so viele Frauen so gut ausgebildet wie heute, weisen doch so viele qualifizierte Schul- und Berufsabschlüsse auf. Die heutigen Frauen haben ein Recht darauf, die Rahmenbedingungen vorzufinden, die ihnen erlauben, ihre Fähigkeiten zu beweisen und Leistung zu erbringen. Wenn auch in der Vergangenheit der Schwerpunkt der politischen Bemühungen auf der Wiedereingliederung von Frauen nach der Erziehungsphase lag, so wird sich in Zukunft wegen der Forderungen der jungen Frauen eine andere Situation ergeben, aber auch wegen der Anforderungen der Wirtschaft. Bereits jetzt nimmt die Wirtschaft zur Kenntnis, daß qualifizierte Frauen fehlen. Nicht von ungefähr fördern nun die Betriebe bereits ihre Mitarbeiterinnen, um sie dann für das Topmanagement zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus bieten manche Betriebe eine berufsbegleitende und berufsspezifische Weiterbildung an. Neben der betrieblichen Weiterbildung ist es Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen mit Kindern eine überbetriebliche Weiterbildung sicherstellen. Die Situation von Frauen zu verbessern, heißt auch, Freiräume für sie zu schaffen. Dies geht nur, wenn auch Männer — Ehemänner, Kollegen, Arbeitgeber und Gewerkschaftler — zu einem Umdenken bereit sind. Partnerschaftliches Denken ist notwendig, damit den Frauen ein Teil ihrer Doppel- und Dreifachbelastung abgenommen wird. Die Verantwortung für die Kindererziehung muß mehr aufgeteilt werden; innerhalb der Familie zwischen den Ehepartnern ebenso wie auch zwischen Familien und Gesamtgesellschaft. Kinder sind das Beste, was wir haben, sie gehören zum Leben und zu einer Gesellschaft. Eine Anmerkung zu dem sozialen Maßnahmenkatalog, mit dem endlich eine kinder- und frauenfreundlichere Gesellschaft geschaffen werden soll. Die sozial flankierenden Maßnahmen zum § 218 werden erst im nächsten Haushalt enthalten sein. Sie sind die erste große Gesamtmaßnahme für eine kinderfreundlichere Gesellschaft. Es handelt sich um ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das dem Lebensschutz gerecht werden soll. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß Drucksache 12/894 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/217 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/8165 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2134 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 11/8115 Drucksache 12/1019 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen, bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Haushaltsausschuß Drucksache 12/1174 Nr. 2.2 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/187 Nr. 2.15 Drucksache 12/269 Nr. 2.32 Drucksache 12/1174 Nr. 2.22 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/187 Nr. 2.21 Drucksache 12/1339 Nr. 2.20 Drucksache 12/1339 Nr. 2.21
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    Rede von Werner Schulz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wir können hier jetzt natürlich eine Diätendebatte führen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Die haben Sie doch angefangen!)

    Ich weiß, daß es für die Abgeordneten des Deutschen Bundestags mißlich ist, für sich selbst diese Regelung zu beschließen. Es ist sicherlich hinderlich, daß es in dieser Beziehung im Grunde genommen keinen Automatismus gibt. Da stimme ich Ihnen zu.
    Aber ich muß ehrlich sagen: Wir stehen hier unter einem moralischen Druck. Ich glaube, wir hätten ein deutliches moralisches Zeichen setzen sollen. Das meine ich, und das vertrete ich in meiner Position als ostdeutscher Abgeordneter. Ich glaube, wir sind sehr gut bezahlt und hätten hier die Formel, daß Teilung durch Teilen überwunden wird, glaubhaft bestätigen können.

    (Heribert Scharrenbroich [CDU/CSU]: Sie können doch jede Menge wegspenden!)

    Ich will bloß sagen, daß ich von diesem Parlament enttäuscht bin; lassen Sie mich dieses Resümee ziehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann geh' nach Hause!)

    Ich bin ein Jahr hier, und ich habe vorher die Volkskammer erlebt. Das ist ein lebendiges Parlament gewesen.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Mit lauter anständigen Kerlen!)

    — Nein, nein, das Czerni-Syndrom haben Sie ja wahrscheinlich selbst und müssen es austragen.
    Herr Waigel — er ist jetzt leider nicht da — hat die Abgeordneten der Volkskammer mit einer dilettantischen Schauspielerschar verglichen; er versteht ein bißchen von Schauspielkunst. Aber das ist nicht der Fall gewesen.

    (Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Was hindert Sie daran, Ihr Mandat niederzulegen?)

    Ich vermisse hier die Suche nach Konsens. Herr Schäuble hat davon gesprochen, daß das eigentlich Ihr Anliegen sei. Aber wenn man das dann praktisch prüft und wenn man sieht, daß wir hier in einigen Sachfragen sehr komfortable Mehrheitsverhältnisse haben könnten und daß wir Sachfragen progressiv lösen könnten, gäbe es den Fraktionszwang nicht, der daran hindert und dem im Wege steht,

    (Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Wo ist denn der?)

    dann stellt man fest, daß dieses Parlament in einer Situation ist, in der es selbstkritisch über sich nachdenken sollte. Meine Damen und Herren, wechselnde Mehrheitsverhältnisse sind nicht der Tod der Koalition, sondern eher ein Sieg der Vernunft

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE) und Zeichen für eine wirklich belebte Politik.

    Ich will noch auf eine andere Komponente zu sprechen kommen, die mir aufgefallen ist. Am Anfang der Haushaltswoche sind Herr Vogel, Herr Dregger und die anderen Abgeordneten, die ihre Funktionen gewechselt haben, mit warmen Worten und herzlichem Dank verabschiedet worden. Ich kann das nur zum Teil beurteilen; das mag in dem einen oder anderen Fall vollkommen berechtigt sein und stimmen. Ich meine allerdings, daß Sie einen Dank vergessen haben. Das ist mir vor allen Dingen beim Disput zwischen der SPD und der CDU darüber, wer denn die besseren Ökologen seien, aufgefallen. Sie haben den Dank an die GRÜNEN vergessen, die aus diesem Parlament ausgeschieden sind. Sie haben in den letzten beiden Legislaturperioden mit ihren parlamentarischen Initiativen vielleicht nicht allzuviel erreicht. Aber wenn ich mir jetzt die Programmatik der Parteien anschaue, dann muß ich feststellen, daß die Denkanstöße der GRÜNEN wie ein Schimmelrasen in den Parteien aufgegangen sind, wobei ich allerdings glaube, das Original ist allemal besser als die Kopie. Bevor Sie sich um den Nachlaß streiten, muß ich Ihnen sagen, daß wir, die GRÜNEN und das Bündnis 90, in der nächsten Legislaturperiode wieder hier sein werden, auch wenn Ihnen das mißfällt und Sie vielleicht meinen, daß wir hier nur so etwas wie politisches Asyl



    Werner Schulz (Berlin)

    genießen und daß unsere Abschiebefrist bis 1994 läuft. Sie werden sich darin täuschen!

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE — Zuruf von der CDU/CSU: Sie können ja einen Asylantrag stellen!)

    Denn ich glaube, wenn die GRÜNEN und wir nicht da sind, dann ist der Platz der Ökologie, der Platz der Bürger- und Menschenrechte und der Platz der direkten Demokratie nicht besetzt.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE — HansWerner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Welche Selbstgerechtigkeit! — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ganz schön überheblich!)

    — Auch Sie haben doch Selbstbewußtsein. Ich glaube, es ist hier an dieser Stelle einmal angezeigt, auch Selbstbewußtsein zu demonstrieren.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie müssen mir gestatten, daß wir das ein bißchen in Frage stellen! — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Nur nicht überheblich sein!)

    — Ich kann das ja präzisieren, Frau Matthäus-Maier. Ich will auf die Kluft zwischen Wort und Tat hinweisen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch Sie werden Ihre Hybris noch ablegen!)

    Herr Schäuble hat in seiner Antrittsrede die ökologischen Vorstellungen der Union deutlich gemacht. Aber schauen Sie, welche Diskrepanz zwischen den Worten und der praktischen Politik besteht! Sehen Sie sich die Not an, in die diese Bundesregierung schon im nächsten Jahr auf der Klimakonferenz in Rio de Janeiro geraten wird, wenn sie nachweisen muß, was sie zur Reduzierung des CO2 denn wirklich getan hat, außer Sprechblasen von sich zu geben.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der SPD — Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Vor allen Dingen wegen der Braunkohle!)

    Das wird sich deutlich zeigen.
    Auch Sie von der SPD applaudieren mir jetzt. Es ist zwar wirklich angenehm für jeden Redner, wenn er Beifall bekommt;

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Und völlig ungewohnt!)

    ich will jedoch auch zur SPD in diesem Zusammenhang etwas sagen. Ich bezweifle nicht das ökologische Engagement von Herrn Klose.

    (Zuruf von der SPD: Das Engagement der SPD!)

    Soweit ich es beurteilen kann — ich habe diese Zeit ja nur hinter der Mauer bewußt miterlebt —, hat er persönlich dies unter Beweis gestellt; das ist für mich keine Frage. Aber bei Ihrer Partei habe ich da so meine Zweifel. Das wird sich, glaube ich, heute auch zeigen, wenn der Bundesrat über das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz beschließen muß.
    Da werden wir sehen, ob sich Herr Krause mit seiner Versiegelung von Naturflächen durchsetzen wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mit dem Schienenbau durchsetzt!)

    — Ach ja? Sie sind wahrscheinlich auch so ein Fortschrittsgläubiger wie Herr Waigel, dessen Fortschrittsbild immer noch dem rasanten Tempo eines überschleunigten BMW entspricht.

    (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Ich habe Sie auch schon schnell fahren sehen!)

    — Ach ja?
    Ich will noch auf einen anderen Aspekt eingehen, der sich fast wie ein Grauschleier durch diese Haushaltswoche gezogen hat. Auf der einen Seite war da die Opposition. Das sind die Miesmacher, die Schwarzseher,

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    die Katastrophenszenaristen, die Worst-case-Philosophen und dergleichen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    — Sie sind also der Meinung, daß das so stimmt. Wissen Sie, Kassandra hat es sicher immer etwas schwer, sich in der Gesellschaft zu behaupten. Das ist uns schon klar.

    (Arnulf Kriedner [CDU/CSU]: Sie hat auch nicht immer Recht gehabt!)

    — Herr Kriedner, Sie verstehen und kennen uns wahrscheinlich viel zu wenig. Der grüne Impuls und der Impuls der Bürgerbewegung ist ein Hoffnungsimpuls.

    (Beifall des Abg. Dr. Klaus-Dieter Feige [Bündnis 90/GRÜNE] — Jochen Borchert [CDU/CSU]: Das merkt man Ihnen nicht an!)

    Ohne diesen Hoffnungsimpuls hätten Menschen überhaupt nicht den Mut geschöpft, dieses totalitäre Regime zu kippen. Wenn wir gewartet hätten,

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Bis die CDU kommt!)

    bis die kleinen Genossen, die Sie in Ihre Partei aufgenommen haben, die eher durch Subordination und Unterwerfung geglänzt haben,

    (Zuruf von der SPD: Die Blockflöten!)

    etwas getan hätten, dann würden wir noch heute auf die deutsche Einheit warten, und Sie hätten die Erfüllung der Aufgabe,

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der SPD)

    die offensichtlich bereits im Grundsatzprogramm der CDU festgeschrieben war, nämlich die Realisierung der deutschen Einheit im Jahre 1990, wahrscheinlich verpaßt.

    (Zuruf von der SPD: Sehr gut, Herr Schulz!)

    Auf der anderen Seite betrachtet man sich selber immer als den Hoffnungsträger. Ich denke dabei an



    Werner Schulz (Berlin)

    die Regierungskoalition, die glaubt, daß sie den Menschen Mut macht und Zuversicht gibt. Herr Waigel hat Popper zitiert. Man könnte noch viele andere zitieren. Das Prinzip Hoffnung stimmt ja. Dagegen haben wir nichts. Wir haben aber etwas gegen das verantwortungslose Spiel auf der Hoffnungstastatur. Wir haben etwas gegen den Zweckoptimismus aus Machterhalt, der immer wieder verbreitet wird.

    (Arnulf Kriedner [CDU/CSU]: Der ist allemal besser als Zweckpessimismus!)

    — Nein, der macht auf Dauer die Demokratie kaputt, Herr Kriedner.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Das wiegt die Menschen zwar in Sicherheit, lähmt aber ihre Kräfte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ach!)

    — Aber natürlich, das lähmt Energien. Sie rufen den Ostdeutschen immer zu: Ärmel hochkrempeln. Gukken Sie doch bitte nach Hennigsdorf. Dort haben die Leute die Ärmel bis zum Hemdkragen hochgekrempelt

    (Beifall des Abg. Dr. Klaus-Dieter Feige [Bündnis 90/GRÜNE] und bei Abgeordneten der SPD)

    und ersticken fast daran. Sie können diese Energie gar nicht umsetzen. So einfach ist das doch gar nicht.
    Ich muß Sie an Ihre eigene Religion erinnern, weil ich aus der christlichen Friedensbewegung komme. Schauen Sie doch bitte auf die Apokalypse. Schauen Sie sich auch einmal eine moderne Übersetzung der Johannesoffenbarung an. Im Grunde genommen macht die Warnung die Menschen aktiv und zeigt ihnen den Weg zur Umkehr; sie setzt Energien frei, so daß man Gefahren und Risiken besser erkennt und entsprechend handelt.
    Es gibt noch ein Klischee, das sich durch die Haushaltsdebatte gezogen hat und das wir jetzt wirklich endgültig ad acta legen könnten und sollten — ich kann es nicht mehr hören — : Da sind die einen, die die deutsche Einheit gewollt, und die anderen, die sich dagegengestellt haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl! — So ist es!)

    — Nein, das ist so falsch wie nur was! Niemand hat sich im Herbst 1989 und im Jahr 1990 gegen die deutsche Einheit ausgesprochen.

    (Zustimmung beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der SPD)

    Schauen Sie sich die Programme aller hier im Bundestag vertretenen Parteien, einschließlich der PDS, an. Selbst der PDS tun Sie da Unrecht, wobei es dahingestellt sei, wie ehrlich es bei ihr gemeint war. Niemand hat sich in seinem Programm gegen die deutsche Einheit ausgesprochen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir ziehen Sie als Kronzeugen heran!)

    Wir waren uns bloß über den Weg und den Zeitverlauf uneinig.
    Schauen Sie einmal zurück: Die Hauptgründe und die Rahmenbedingungen, die Sie als Begründung dafür angesetzt haben, warum diese Vereinigung so schnell vollzogen werden muß, die sind doch überhaupt nicht aufgegangen. Der Zustrom von Ost nach West wird jetzt Binnenwanderung genannt und existiert somit nach wie vor. Die „einmalige" weltpolitische Gunst der Stunde, diese außenpolitische Situation, für die sich der Kanzler heute noch auf die Schultern klopft, ist so auch nicht gegeben gewesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das habt ihr bis heute noch nicht kapiert!)

    — Nein. Schauen Sie sich das klägliche Scheitern der Janajew-Clique doch an. Das hat doch deutlich gemacht, daß die Zeit dafür reif war und daß die künstliche Teilung historisch überholt war.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was soll denn diese Jammerrede hier?)

    Der momentane Zerfall der Sowjetunion zeigt auch, daß man dort nicht allzuviel Gegenkraft hätte entwikkeln können.
    Wir waren sehr wohl für einen konstitutionellen Weg zur deutschen Vereinigung, und ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß er der bessere gewesen wäre, weil er allemal mehr über die demokratische Reife der Deutschen gesagt hätte als jede politische Beteuerung von Ihnen hier.

    (Beifall des Abg. Dr. Klaus-Dieter Feige [Bündnis 90/GRÜNE] sowie bei Abgeordneten der SPD — Hans-Joachim Fuchtel [CDU/ CSU] : Den wollten nur die Wähler nicht, Herr Schulz!)

    — Die haben Sie natürlich kräftig in die Irre geführt, das stimmt.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Wie haben Sie denn in der Volkskammer gestimmt? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

    — Nein, ein verantwortlicher Politiker hätte sich damals hinstellen müssen, meine Damen und Herren von der CDU, und hätte deutlich machen müssen, auf welche großen Problemberge wir zulaufen.
    Ich verkenne überhaupt nicht, daß das in den Reden mit eine Rolle gespielt hat. Aber das ist schon geschickt genutzt worden. Ich habe mir diese Reden auf den Marktplätzen sehr bewußt angehört. Das ist wie beim Märchenerzählen abgelaufen.

    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sie haben die Menschen nicht verstanden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Hauptsache Sie haben verstanden, was sie da gemacht haben!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben die Menschen nicht verstanden!)

    — Womöglich haben Sie eine enorme Menschenkenntnis und kommen offenbar jetzt den Menschen entgegen.



    Werner Schulz (Berlin)

    Sie haben die staatliche Einheit von oben vollzogen. Nichts anderes haben Sie gemacht,

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    und zwar durch die Arbeitsgruppe Krause/Schäuble. Noch nicht einmal das Parlament war beteiligt, wenn Sie mal von dem Ausschuß Deutsche Einheit absehen, der da mehr eine kosmetische Funktion hatte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie diffamieren die Menschen von drüben! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben die Einheit mit überwiegender Mehrheit gewählt! — Gegenruf von der SPD: Sie haben die D-Mark gewählt!)

    — Ja, die D-Mark haben Sie in Ost und West gewählt.

    (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Nehmen Sie das wieder zurück! — Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Das ist schon schlimm, diese Rede! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Die D-Mark ist besser!)

    Ich will Ihnen auch sagen, warum wir diesen Haushalt ablehnen; denn das ist ja eigentlich das Thema.

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Das ist ziemlich unbedeutend, wenn Sie den ablehnen! — Jochen Borchert [CDU/CSU]: Herr Schulz, den Sie intensiv mitberaten haben!)

    — Ihre Zwischenrufe sind ja darauf angelegt, sich mit mir anzulegen. Beim nächsten Mal werden wir in einer Fraktionsstärke hier sein, Herr Borchert.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Utopist!)

    Dann kriegen Sie Ihr billiges Argument, daß acht Abgeordnete nicht gleichzeitig in 24 Ausschüssen sein können, nicht mehr unter. Das ist so billig. Hören Sie auf damit. Offenbar lernt man die Taschenspielertricks, wie man den Redner aus seinem Konzept bringt, auf diesen Bonner Rednerschulen.

    (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Haben Sie ein Konzept?)

    Aber das nur nebenbei.
    Wir lehnen diesen Haushalt ab, weil er unsolide finanziert ist. Das sagt übrigens selbst die FDP, die da gleichzeitig Regierungs- und Oppositionsfunktionen wahrnimmt. Vielleicht bereitet Graf Lambsdorff damit auch nur die neue Wende vor. Ich weiß das nicht so genau.

    (Zuruf von der SPD: Um Gottes Willen!)

    Wir lehnen diesen Haushalt ab, weil dort die wirkliche Kraft zum Subventionsabbau zu vermissen ist und im Grunde genommen nicht stattgefunden hat. Statt dessen ist man den leichteren Weg der Steuererhöhung, der Abgabenerhöhung und der Verschuldung gegangen. Das Prinzip, Subventionen im Westen zu jäten, um sie im Osten zu säen, ist nicht eingehalten worden. Denn hier hätten wir eine große Aufgabe, nämlich die Sanierung der jetzt noch wettbewerbsfähigen Betriebe über die Treuhand zu betreiben. Dafür bräuchten wir diese Subventionsmittel. Dafür müßte eine gezielte Industrie- und Regionalpolitik zum Wohle der Menschen unternommen werden.
    Denn jetzt geht es darum, die Einheit zu vollbringen. Jetzt ist der Lackmus-Test für den Kanzler, ob er Instinkt-Politiker ist, der nicht nur in der Lage war, den wehenden Mantel der Geschichte zu fassen oder den wurmstichigen Apfel aufzufangen, sondern in der Lage ist, die soziale, die wirtschaftliche, die ökologische Einheit herzustellen.
    Ich danke Ihnen trotzdem für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE — Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Rasender Beifall!)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich erteile dem Abgeordneten Johannes Nitsch das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Johannes Nitsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist für mich jetzt sicher eine Aufgabe, einige Dinge richtigzustellen, die soeben gesagt worden sind.

    (Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD]: Das wird Ihnen aber sehr schwerfallen! — Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Der Herr Professor persönlich!)

    — Das wird mir nicht sehr schwerfallen.
    Ich möchte zu Anfang etwas dazu sagen, wir hätten die Wähler in die Irre geführt. Ich möchte daran erinnern, daß das gar nicht so war. Die Wähler, das Volk in der ehemaligen DDR, wußten sehr genau, wem sie die Stimme am 18. März 1990 gegeben haben.

    (Zuruf von der SPD: Den Blockflöten!)

    Ich erinnere daran, daß vor dem SPD-Parteitag in Leipzig im Februar 1990 die SPD mit weit über 50 % in den Befragungen vorn lag. Nachdem auf diesem Parteitag in Leipzig die schnelle Herstellung der Einheit Deutschlands an die zweite Stelle gerückt war, waren innerhalb von zehn Tagen die Ergebnisse der Befragungen ganz anders.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb muß ich das ganz entschieden zurückweisen und richtigstellen: Es war keine Irreführung der Wähler,

    (Widerspruch bei der SPD)

    sondern es war der Wunsch der Wähler, die Einheit Deutschlands wirklich so schnell zustande zu bringen, wie wir es getan haben.
    Ich bin im Prinzip mit vielen Kollegen vom Bündnis/ 90 innerlich sehr verbunden. Aber eines muß ich noch sagen; es tut mir leid: Zweckoptimismus halte ich noch immer für wesentlich besser als Zweckpessimismus.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, gerade in dieser Phase des schwierigen wirtschaftlichen Umbaus ist sehr viel Optimismus unter den Menschen in den neuen Bundesländern. Wie könnten wir sonst die Zahlen, die uns täglich vorgesetzt werden, für den kommenden Arbeitsplatzabbau ertragen? Mit welcher Ruhe vollzieht sich das in den



    Johannes Nitsch
    neuen Bundesländern! Schauen Sie doch bitte, liebe Kollegen aus den alten Ländern, einmal in Ihre jüngste Vergangenheit! Was war denn in hier in NRW los, als in Rheinhausen 8 000 oder 12 000 Arbeitsplätze gefährdet waren? Da brannte das ganze Land. Die Regierung mußte sich mit auf die Rheinbrücken stellen und helfen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was war daran falsch?)

    — Das war nicht falsch.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Also! Sie tun genau das Gegenteil!)

    Aber was passiert bei uns? Mit welcher Ruhe, mit welcher Gelassenheit und mit welcher Zuversicht nehmen die Menschen diese Zahlen entgegen!

    (Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD]: Mit Frustration! — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Mit Enttäuschung, Verbitterung!)

    Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis! Das ist doch die Wahrheit!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen wäre es doch viel günstiger für Sie, wenn auch Sie sich auf diese Seite stellen würden, den Menschen helfen würden, Hoffnungen machten und uns das alles nicht immer alleine überbringen lassen würden.

    (Zuruf von der SPD: Das glaubt doch kein Mensch mehr!)

    Daß Sie den Haushalt ablehnen, ist doch nicht zu ertragen.
    Was soll denn geschehen, wenn nicht das, was hier geschieht? Was haben Sie denn für neue Vorschläge? Wo soll es denn langgehen?

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Lesen Sie doch einmal!)

    — Aber das ist doch alles nicht machbar!

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Schreihals! Herr Präsident, was ist in ihn gefahren?)

    Ich kann es nicht ertragen, wenn hier Wählerbeschimpfung stattfindet und Pessimismus verbreitet werden soll. Das geht nicht!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bin schon der Meinung, daß das, was unser neuer Fraktionsvorsitzender gestern gesagt hat, viel zuwenig geschieht und daß wir etwas tun sollten. Herr Schäuble sagte am Dienstag im Zusammenhang mit der Ausländerproblematik, daß man so handeln und sich so entscheiden muß, daß sich die Menschen, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in ihren Sorgen ernstgenommen fühlen und daß sie das Gefühl haben, daß die Politik sie noch versteht. Das ist schon anzumahnen. Dazu möchte ich einiges sagen, und zwar hinsichtlich des Bereiches, der im Moment sicherlich die größte Aufmerksamkeit verdient. Deshalb möchte ich diesen Ausspruch für mich in Anspruch nehmen und einiges zu den Problemen im Zusammenhang mit der Treuhandanstalt sagen.
    Es gibt hier schon Defizite; aber zunächst möchte ich folgendes feststellen: Die Treuhandanstalt hat einen klaren gesetzlichen Auftrag. An dem Gesetzestext an sich ist nichts zu ändern.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist schon falsch!)

    Es darf nicht der Eindruck entstehen, daß die schwierige Arbeit der Treuhandanstalt auf eine neue oder zusätzliche gesetzliche Basis gestellt werden müßte.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Aha, aha!)

    Die Folgen davon wären: Zeitverzögerungen, Attentismus sowohl bei den Investoren als auch innerhalb der Treuhand selbst.
    Es kann aber nicht unser Ziel sein, daß sich dieser Prozeß weiter in die Länge zieht. Wir können nicht verantworten, daß die Menschen in den Betrieben auch nur einen Tag über Gebühr warten müssen, ob ihr Arbeitsplatz bleibt oder nicht bleibt.

    (Hans Georg Wagner [SPD]: Jede Entlassung wird sofort entschieden!)

    — Nein!

    (Hans Georg Wagner [SPD]: Nicht? Das ist ja gut!)

    —Warten Sie doch erst einmal ab, was ich Ihnen noch sagen werde!
    In einem guten Jahr Treuhandarbeit ist eine gewaltige Arbeit geleistet worden. Insbesondere möchte ich der Präsidentin Frau Breuel hier meinen Dank sagen, daß sie sich auf ihrem konsequenten Weg einer schnellen Privatisierung — dazu sage ich aber, er ist nicht schnell genug —, der entschlossenen Sanierung und der behutsamen Stillegung nicht hat beirren lassen.

    (Zurufe von der SPD: Behutsam?)

    Zur schnellen Privatisierung: Es gilt hier allgemein sicher der Grundsatz, daß dort, wo Käufer vorhanden sind, eine schnelle Privatisierung wichtiger ist als die Erzielung höherer Verkaufs- oder Privatisierungserlöse. Danach handelt man aber nicht in ausreichendem Maße. Zu viele willige Käufer warten über Gebühr lange auf Antwort oder auf den Vollzug.

    (Gerd Poppe [Bündnis 90/GRÜNE]: Eigentumsdogma aufgeben!)

    Ich habe eine ganze Reihe von Vorgängen auf meinem Tisch, wo ich mir nicht erklären kann, warum das so lange dauern muß. Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen schlechter. Das ist ein Steuerungsproblem ersten Ranges. Die Treuhandanstalt hat hier die von ihr selbst gesetzte Priorität auch durchzusetzen.
    Zur Privatisierung gehören aber mindestens zwei: außer dem Unternehmen, um das es geht, auch ein oder mehrere Käufer. Nun findet sich nicht für jedes Unternehmen ein Interessent, auch wenn diese Unternehmen gute Wirtschaftskonzepte vorlegen und im Bereich der schwarzen Zahlen agieren.
    Für diese Unternehmen wurden bisher nicht schnell genug Entscheidungen getroffen, die z. B. die Überführung in Beteiligungsgesellschaften und damit die Loslösung von der Treuhand ermöglichen. Hier müs-



    Johannes Nitsch
    sen insbesondere im Zusammenwirken mit den Ländern Übersichten geschaffen und politische Entscheidungen zu den die regionale Struktur bestimmenden Vorhaben getroffen werden.
    Die Festlegung dieser Unternehmen sollte noch in diesem Jahr stattfinden, und die Beteiligung könnte nach dem Modell des Sachsen-Fonds erfolgen. Wichtig ist, daß diese Unternehmen so schnell wie möglich in eigener Verantwortung agieren, ihre Geschäftstätigkeit entfalten und sich im Markt behaupten können.
    Zu dem zweiten Grundsatz, den sich die Treuhand gegeben hat, entschlossene Sanierung: Ein guter Teil der Entscheidungen der Treuhandanstalt hat sowohl in der betroffenen industriellen Branche als auch in der Region strukturelle Folgen. In den Grundsätzen vom 14. März dieses Jahres zur Zusammenarbeit zwischen der Treuhand, den Ländern und dem Bund ist festgehalten, daß die sozialverträgliche regionale Strukturpolitik durch die Treuhandanstalt als Dienstleister für die Länder durchzuführen ist. Ich habe jedoch große Mühe, zu erkennen, daß strukturpolitische Bemühungen der Länder im Zusammenwirken mit der Treuhand stattfinden. Regionale Wirtschaftsförderung und Gemeinschaftsaufgabe müssen hier viel stärker, als bisher geschehen, mit den Belangen der Treuhandentscheidungen abgestimmt und verklammert werden. Die politischen Entscheidungsträger der Regionen müssen Informationen und reale Einflußmöglichkeiten erhalten.
    Zielstellung dabei ist nicht, die Treuhandentscheidungen zu verändern, sondern sie vorher zu kennen und die Auswirkungen auf die Region abschätzen zu können. Eine Änderung sollte nur dann erwogen werden, wenn aus strukturpolitischen Gründen und wegen der finanziellen Möglichkeiten andere Entscheidungen beabsichtigt sind. Es liegt in der Verantwortung der Politik, diese so früh wie möglich in die Hand zu nehmen.