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ID1205910400

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    Plenarprotokoll 12/59 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 59. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Eidesleistung eines Ministers Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 4885 A Friedrich Bohl, Bundesminister (ChefBK) 4885 B Tagesordnungspunkt II: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksachen 12/1000, 12/1329) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/1401, 12/1600) 4885D Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/1402, 12/1600) 4885 D Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/1403, 12/1600) 4886A Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen 12/1408, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksachen 12/1426, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen 12/1430, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/1420, 12/1600) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1991 (Nachtragshaushaltsgesetz 1991) (Drucksachen 12/1300, 12/1587, 12/1599) Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 4886 C Jochen Borchert CDU/CSU 4892 B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 4892D, 4923 B Helmut Esters SPD 4893 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP 4897 A Dr. Willfried Penner SPD 4899 C Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste 4900 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 4903 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 4907 B Joachim Poß SPD 4913 D Josef Duchac, Ministerpräsident des Landes Thüringen 4917 D Helmut Esters SPD 4920 A Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 4920 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 4922 C Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 4926 B Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/CSU 4927C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 12/1412, 12/1600) Ernst Waltemathe SPD 4930 A Dr. Peter Struck SPD 4931 C Wilfried Bohlsen CDU/CSU 4933D Werner Zywietz FDP 4936 A Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 4938 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 4940 A Ernst Waltemathe SPD 4940 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/ GRÜNE 4941 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 12/1422, 12/1600) Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 4943 A Hans-Wilhelm Pesch CDU/CSU 4946 A Carl-Ludwig Thiele FDP 4948 A Rolf Rau CDU/CSU 4949 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 4951A Namentliche Abstimmung 4952 D Ergebnis 4967 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 12/1416 [neu], 12/1600) Hans Georg Wagner SPD 4953 A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU 4953 B Michael von Schmude CDU/CSU 4956 D Jutta Braband PDS/Linke Liste 4958 C Gerhart Rudolf Baum FDP 4961 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/ GRÜNE 4961 D Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 4963 B Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär BMU 4964 A Nächste Sitzung 4969 C Berichtigung 4969 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 4971 * A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 4885 59. Sitzung Bonn, den 26. November 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 57. Sitzung, Seite 4676A: Die unter ZP 2 und ZP 3 abgedruckten Texte sind zu streichen. Folgende Fassung ist einzufügen: ZP2 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Verhältnisses von Kriegsfolgengesetzen zum Einigungsvertrag — Drucksache 12/1504 — Überweisungsvorschlag: Innenausschuß (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß ZP3 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung und weiterer Bundesgesetze für Heilberufe — Drucksache 12/1524 — Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Gesundheit Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 26. 11. 91 * Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 26. 11. 91 Bernrath, Hans Gottfried SPD 26. 11. 91 Blunck, Lieselott SPD 26. 11. 91 ** Börnsen (Ritterhude), SPD 26. 11. 91 Arne Büchler (Hof), Hans SPD 26. 11. 91 Clemens, Joachim CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 26. 11. 91 Herta Doppmeier, Hubert CDU/CSU 26. 11. 91 Genscher, Hans-Dietrich FDP 26. 11. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 26. 11. 91 Helmrich, Herbert CDU/CSU 26. 11. 91 Jaunich, Horst SPD 26. 11. 91 Koschnick, Hans SPD 26. 11. 91 Kretkowski, Volkmar SPD 26. 11. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 26. 11. 91 Dr. Lehr, Ursula CDU/CSU 26. 11. 91 Meißner, Herbert SPD 26. 11. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 26. 11. 91 ** Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 26. 11. 91 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nolte, Claudia CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Paziorek, Peter Paul CDU/CSU 26. 11. 91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 26. 11. 91 * Rempe, Walter SPD 26. 11. 91 Rennebach, Renate SPD 26. 11. 91 Rixe, Günter SPD 26. 11. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 26. 11. 91 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 26. 11. 91 Andreas Schuster, Hans Paul FDP 26. 11. 91 Hermann Seidenthal, Bodo SPD 26. 11. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 26. 11. 91 ** Stübgen, Michael CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Ullmann, Wolfgang Bündnis 26. 11. 91 90/GRÜNE Voigt (Frankfurt), SPD 26. 11. 91 Karsten D. Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 26. 11. 91 Hans-Peter Vosen, Josef SPD 26. 11. 91 Wollenberger, Vera Bündnis 26. 11. 91 90/GRÜNE Zierer, Benno CDU/CSU 26. 11. 91 ** * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Michael von Schmude


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Kollegen Wagner ganz persönlich und ganz herzlich zu seinem Geburtstag gratulieren. Ich wünsche uns beiden weiterhin eine so gute, faire Zusammenarbeit, wie wir sie nun schon seit geraumer Zeit im Haushaltsausschuß pflegen.

    (Dr. Walter Hitschler [FDP]: Aber damit hat es sich!)

    Ich komme gerne seinem Geburtstagswunsch nach und trete hier für unsere Umweltpolitik in den Zeugenstand.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das kann den Töpfer aber auch nicht ersetzen!)

    Ich wünsche uns beiden — das darf ich vorweg sagen — noch viele gemeinsame Auslandsreisen; denn auf diesen Auslandsreisen, lieber Hans Georg, ist uns von unseren Gesprächspartnern immer wieder bescheinigt worden, wie vorbildlich unsere Umweltpolitik weltweit ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Ich möchte Minister Töpfer in diesem Zusammenhang ganz herzlich dafür danken, daß er — im Gegensatz zu anderen, die über Umweltprobleme und Umweltschäden nur lamentiert und philosophiert haben — angepackt hat und daß er schon frühzeitig erkannt hat, daß Umweltschutz keine Grenzen kennt. Er hat mit seiner Politik neue Maßstäbe für die internationale Zusammenarbeit gesetzt und hat die grenzübergreifenden Probleme angepackt und Projekte



    Michael von Schmude
    vorangetrieben. Dafür danke ich ihm an dieser Stelle sehr herzlich.
    Der zweite gesamtdeutsche Haushalt des Bundesumweltministers weist erneut eine ganz erfreuliche Entwicklung auf. Das Etatvolumen steigt 1992 um 11,9 % — gleich 143 Millionen DM — auf insgesamt 1,422 Milliarden DM. Diese Steigerungsrate liegt deutlich über der durchschnittlichen Steigerungsrate des Bundeshaushalts von 2,9 %. Wir haben darüber hinaus weitere 400 Millionen DM für Sofortmaßnahmen auf dem Gebiet des Umweltschutzes bereitgestellt.
    Ich begrüße aber auch mit großem Nachdruck, daß vor allem die Investitionen im Rahmen des Einzelplans 16 stark angestiegen sind, nämlich um 17 gleich 123 Millionen DM. Diese Zukunftsinvestitionen schaffen neue Arbeitsplätze, vor allem in den neuen Bundesländern. Insgesamt entfällt aus dem Einzelplan 16 ein Anteil von 43 % gleich 785 Millionen DM auf die neuen Bundesländer. Diese eindrucksvollen Zahlen unterstreichen, welche Bedeutung wir der Umweltpolitik beimessen.
    Bei viel Übereinstimmung — jedenfalls was die Zielsetzung im groben angeht — gibt es leider auch diesmal einige strittige Bereiche zwischen Koalition und Opposition. So haben die Sozialdemokraten bei den Haushaltsberatungen Mehrausgaben von rund 570 Millionen DM gefordert und dafür ein Deckungspotential von nur 25 Millionen DM vorgeschlagen. Natürlich gibt es einen enormen Bedarf an Umweltmaßnahmen in den neuen Bundesländern; er geht sicher in die Zigmilliarden. Eine möglichst schnelle Umweltsanierung ist für die Schaffung attraktiver Lebensbedingungen und Investitionen notwendig.
    Wir alle wissen aber auch, daß das frühere SED-Regime in geradezu verbrecherischer Weise Umweltlasten verursacht hat, deren Aufarbeitung nicht kurzfristig zu gewährleisten ist. Gemeinsam sollten wir gegenüber der betroffenen Öffentlichkeit nicht leichtfertig und verantwortungslos den Eindruck erwecken, diese Erblast könne von heute auf morgen beseitigt werden, wenn man es nur wolle.
    Für die Maßnahmen zur Sanierung grenzüberschreitender Flüsse und zur Rettung von Nord- und Ostsee haben wir umfangreiche Mittel im Haushalt vorgesehen; 345 Millionen DM für die Verringerung von Umweltbelastungen. Diesen Ansatz haben wir in den Beratungen auf Vorschlag der CDU/CSU einvernehmlich um 15 Millionen DM aufgestockt. Für das Chloridabkommen Rhein stehen 3,4 Millionen DM und für die Verminderung grenzüberschreitender Umweltbelastungen weitere 40 Millionen DM bereit. Hinzu kommen noch 40 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen. Für die Werra-Sanierung haben wir insgesamt, einschließlich Verpflichtungsermächtigungen, fast 80 Millionen DM vorgesehen.
    Auch für die Meßprogramme zur Überwachung grenzüberschreitender Flüsse sowie der Oder haben wir den Ansatz beträchtlich erhöht, ja auf nunmehr 6 Millionen DM verdoppelt. Wer hier mehr fordert, muß wissen, daß auch noch aus anderen Töpfen ganz erhebliche Summen zur Verfügung stehen. Ich weise nur auf die nennenswerten Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" hin.
    Wenn in diesem Zusammenhang in SPD-Anträgen wieder die altbekannte Forderung erhoben wird, der Bund möge sich an den Kosten für die Mosel- und Saarsanierung beteiligen, dann kann man das schon, lieber Herr Kollege Wagner, als kaiserliche Werft der SPD bezeichnen. Zum wiederholten Mal ist darauf hingewiesen worden, daß hier — bei klarer Abgrenzung der Bund-Länder-Kompetenz — vor allem das Saarland gefordert ist, die 112 Millionen DM Strukturhilfemittel, die es vom Bund bekommt, dort zu verwenden, wo es sinnvoll ist, und nicht in teure Prestigeobjekte zu stecken,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Hans Georg Wagner [SPD]: Wo denn? Nennen Sie doch einmal eines!)

    insbesondere etwa in die Ausstattung der Marktplätze in saarländischen Städten und Gemeinden, von denen man anderswo in Deutschland von „Piazza Prozza" und „Palazzo Prozzo" spricht; so werden die im Saarland hergerichtet.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Na, nun werden Sie nicht polemisch, Herr Kollege von Schmude!)

    Für die SPD-Forderung, die Ausgaben für Umweltschutz im Rahmen des Gemeinschaftswerks Aufschwung Ost zu erhöhen, gilt ähnliches. Auch hier wird übersehen, daß gerade für die Sanierung der Trinkwasserversorgung Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" zur Verfügung stehen. Im übrigen haben wir bei dieser Gemeinschaftsaufgabe nicht nur 400 Millionen DM als Baransatz, sondern weitere 400 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen.
    Wir alle wissen auch, daß der Mittelabfluß im laufenden Jahr im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zurückgeblieben ist. Wir haben von 412 Millionen DM bisher nur 200 Millionen DM ausgegeben. Das heißt: Kapazitätsengpässe bestimmen schon jetzt das Abwicklungstempo.
    Alles in allem, meine Damen und Herren, hat der Bund bereits ganz erhebliche Mittel für Umweltschutzmaßnahmen in den neuen Ländern bereitgestellt. Allein im zweiten Halbjahr 1990 waren es 500 Millionen DM für mehr als 600 Projekte. In beiden Jahren zusammen, 1991 und 1992, werden aus dem Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost 1 120 Projekte gefördert.
    Darüber hinaus kommen aus dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, auch im Bereich des Umweltschutzes. Durch die Schaffung von Aufbau- und Sanierungsgesellschaften werden die Belegschaften von Betrieben, die von Stillegungen bedroht sind, für die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten auf ihrem Betriebsgelände und für die Erschließung neuer Gewerbeflächen eingesetzt. Mehr als 100 000 Menschen sind durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bereits im Umweltschutz tätig. Unsere Kreditprogramme im Umweltbereich gehen inzwischen in die Milliarden. Auch hier werden in nennenswertem Umfang Infra-



    Michael von Schmude
    strukturmaßnahmen zugunsten der Umwelt finanziert.
    Undurchdacht sind auch die Kürzungsvorschläge der Sozialdemokraten. So wird z. B. gefordert, die Position „Ausbau des Endlagers Morsleben" ersatzlos zu streichen. Die Einsparung beträgt nach Meinung der SPD 22 Millionen DM. Vergessen wird bei diesem Vorschlag, daß dann auch die entsprechenden Einnahmen entfallen, so daß am Ende überhaupt keine Einsparung unter dem Strich übrig bleibt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So rechnen die Sozialdemokraten!)

    Aber wer das Endlager Morsleben aufgeben will, gleichzeitig Gorleben eine Absage erteilt und dann 30,4 Millionen DM zusätzlich fordert, um neue Standorte zur Sicherstellung und Lagerung von radioaktiven Abfällen zu erkunden, der sucht das Ziel — ich zitiere eine bekannte Dichterin — im Lande Nirgendwo im Reiche Nimmermehr. Dann stehen wir vor dem absoluten Nichts.
    Wenn nach Auffassung der SPD alle bisher genannten Standorte unbrauchbar sind, muß man sich die Frage stellen, welche Standorte denn wohl tauglicher wären und wie die SPD diesbezügliche Entscheidungen durchzusetzen gedenkt. Berechtigte Zweifel am Stehvermögen der Sozialdemokraten sind also auch in diesem Punkt angebracht.
    Wenn es ums Geld geht, schiebt allerdings manch
    einer seine Prinzipien zur Seite. Als wir im Haushaltsausschuß über die Aufhebung der qualifizierten Sperre für die 30 Millionen DM Pauschalzahlungen an das Land Niedersachsen für die geplante Nuklearentsorgung in Gorleben, Salzgitter und Wolfenbüttel zu entscheiden hatten, haben uns niedersächsische Sozialdemokraten sehr, sehr eindringlich an den bestehenden Vertrag erinnert. Wir haben die Sperre aufgehoben und stehen zu unserem Wort. Das heißt, daß auch 1992 erneut die 30 Millionen DM gezahlt werden. Wir erwarten jetzt aber, daß die niedersächsische Landesregierung endlich ihre Blockadepolitik aufgibt; denn im Vertrag steht, daß als Gegenleistung die Standorte zu realisieren sind.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Der niedersächsische Ministerpräsident setzt sich zunehmend dem Verdacht aus, eine Art Heiratsschwindler zu sein, der erst der Braut das Jawort gibt, ihr dann das Geld abnimmt und sie schließlich sitzenläßt. Und dies, meine Damen und Herren, werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Schröder Macho!)

    Übereinstimmung gab es im Haushaltsausschuß am Ende doch noch in einem Punkt, bei dem man eigentlich wirklich keine Differenzen vermutet hätte. Für die internationale Zusammenarbeit auf den Gebieten Strahlenschutz und Reaktorsicherheit stellen wir neu 2,5 Millionen DM für die Aus- und Fortbildung von Personal aus osteuropäischen Kernkraftwerken zur Verfügung. Im Wege der Simulatorschulung werden Techniker im Kernkraftwerk Lubmin geschult. Die
    anfänglichen Widerstände der SPD gegen dieses Projekt waren vor allem deshalb unverständlich, weil Sozialdemokraten andererseits immer wieder unsere Mithilfe bei der Sanierung östlicher Kernkraftwerke fordern. Mit der Verbesserung der Ausbildung des Personals wird von uns ein ganz entscheidender Beitrag zur Reaktorsicherheit in den östlichen Nachbarländern geleistet. Der Haushalt des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit setzt auch in diesem Bereich ein deutliches Zeichen für internationale Zusammenarbeit, ohne die — ich sage es nochmals — der Schutz unserer Umwelt nicht mehr zu gewährleisten ist.
    Wir von der CDU/CSU-Fraktion stimmen dem Haushalt des Bundesumweltministers gern zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Abgeordnete Braband, Sie haben das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jutta Braband


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde die einmalige Gelegenheit, 15 zusammenhängende Minuten Redezeit in diesem Haus zu haben, benutzen, um den Versuch zu machen, den Zusammenhang zwischen Verkehr, Raumordnung und ökologischer Politik aus der Sicht der PDS/Linke Liste darzustellen und, davon ausgehend, den Haushalt 1992 zu kritisieren; denn Umweltpolitik kann, wenn sie denn etwas anderes als Reparaturpolitik sein soll, nur ressortübergreifend gedacht und praktiziert werden.
    Ziel einer ökologischen Politik kann es nicht sein, zuzulassen, daß mit hohem Aufwand Landschaft zubetoniert wird, Natur zerstört wird und Gifte produziert werden, um mit noch höherem Aufwand Natur zu reparieren und mit ganz vielen Filtern Gifte aus der Umwelt fernzuhalten. Es kommt auf eine Änderung der Entwicklungslogik an, auf eine Änderung der Produktion und Konsumtion.
    Erst recht darf ökologische Politik nicht auf undifferenzierter Fortschrittsgläubigkeit basieren. Wir sollten uns ständig vergegenwärtigen, daß es in der Entwicklung von Technologie und Wissenschaft einen Punkt gibt, an dem Produktivkräfte in Destruktivkräfte umschlagen können. Atomenergie, Gentechnik und Chemieproduktion, die Lieblingskinder der Forschungsförderung dieser Regierung, seien hier nur als Beispiele genannt.
    Ökologische Politik heißt auch Gesellschaftspolitik. Es hat sich in den letzten Jahren in der Tat ein schärferes Bewußtsein der Menschen für ökologische Zusammenhänge entwickelt. Hierbei geht es aber nicht nur um individuelles Verhalten. Zunehmend wird klar, daß die Art der gesellschaftlichen Produktion und Konsumtion die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen bewirkt. Hier muß in erster Linie angesetzt werden. Es kann nicht darum gehen, vor allem den Menschen in diesem Lande zu sagen, wie sie sich ökologisch besser verhalten können und wie sie Einfluß darauf nehmen, sondern zuerst einmal muß es die Politik des Staates sein, die dem vorausgeht.
    In diesem Sinne gehört auch die soziale Frage in umfassendem Sinn in diesen Politikansatz. Unterpri-



    Jutta Braband
    vilegierung und Armut bringen hier und in der Dritten Welt Umweltzerstörung hervor.
    Ökologische Politik heißt aber auch Wirtschaftspolitik und internationale Politik. Es hat sich als Holzweg erwiesen, unser Lebensmodell auf die Länder der sogenannten Dritten Welt zu übertragen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das will ja auch keiner!)

    die durch die weltwirtschaftlichen Verflechtungen und die internationale Arbeitsteilung zum Raubbau an ihren natürlichen Ressourcen gezwungen werden. Was wir brauchen, ist eine gerechte Weltwirtschaftsordnung und als ersten Schritt eine umfassende Schuldenstreichung.
    Wir verstehen Ökologiepolitik als umfassende Daseinsfürsorge. Daran messen wir auch den Bundeshaushalt.
    Beginnen möchte ich mit der traurigen Realität im Verkehrswesen: täglich neue Schreckensmeldungen über das Waldsterben, über die Bedrohung der Erdatmosphäre, über Verkehrstote, insbesondere auf ostdeutschen Straßen. Die Verkehrsexperten, so ist zu lesen, sind sich einig: Mehr Straßen erzeugen immer mehr Verkehr, und bereits heute fühlen sich in Städten wie Frankfurt am Main 93 °A, der Einwohnerinnen und Einwohner durch den Verkehr belästigt.
    Betrachtet man den Haushalt des Verkehrsministeriums, so könnte man glauben, dies alles sei nicht wahr. Offensichtlich unbeeindruckt von den Erkenntnissen mittlerweile nicht nur alternativer Verkehrswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler schreibt Minister Krause seine Betonpolitik — besser gesagt: seine Asphaltpolitik — fort. Die Erhöhung des Etats um knappe 13 % kommt im wesentlichen dem Straßenbau zugute. Die Erhöhung der Mittel für die Bundesbahn und die Reichsbahn beträgt gerade lächerliche 6 % . Ein brauchbares Konzept zur Sanierung der Bahn ist weiterhin nicht in Sicht, geschweige denn ein ökologisch und sozial verträgliches integriertes Gesamtverkehrskonzept.
    Die Diskrepanzen zwischen den Interessen der Bürgerinnen und Bürger und deren sogenannter Vertretung werden von Tag zu Tag deutlicher.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Sprechen wir über die Umwelt oder nicht? Wieso redet die Dame denn zum Verkehr?)

    — Ich spreche zur Umwelt, ich spreche zur Raumordnung, und ich spreche zum Verkehr. Ich habe vorhin ausgeführt, daß ich denke, daß das zusammengehört. Sie haben wahrscheinlich nicht zugehört.
    Die Adressaten der herrschenden Verkehrspolitik sind zwischen 20 und 59 Jahre alt und männlich. In der Tat besitzen von 1 000 Frauen etwa 300 ein eigenes Auto, während von 1 000 Männern etwa 800 Männer ein Auto besitzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Männer besitzen es, und die Frauen fahren damit!)

    Auch wenn die oben skizzierte Spezies der Autofahrer gerade einmal ein Viertel der Bevölkerung ausmacht, so hat sich dieser Bevölkerungsgruppe im öffentlichen Raum Straße alles andere unterzuordnen.
    Ich frage mich, warum wir es weiterhin zulassen, daß unser aller Alltagsleben in diesem Maße von den vermeintlichen Erfordernissen des Verkehrs dominiert wird.
    Gerade an den Interessen von Frauen, deren Realität es häufig immer noch ist, mit der Doppelbelastung von Beruf und Haushalt zurechtkommen zu müssen, geht die Verkehrspolitik dieser Regierung schlichtweg vorbei. Die männliche Form der Mobilität ist die Fortbewegung von A nach B, also z. B. von zu Hause zur Arbeit. Dann bleibt das Auto dort den ganzen Tag über stehen, und abends geht es wieder zurück.
    Für Frauen ist der öffentliche Raum Straße aber ein Ort der täglichen Arbeit und des täglichen Aufenthalts. Die 60 % Frauen, alten Menschen und Kinder, die kein eigenes Auto besitzen, haben erhebliche Beeinträchtigungen ihrer Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheiten in Kauf zu nehmen. Dies gilt insbesondere für den ländlichen Raum. Unsere Städte sind nicht menschengerecht, sondern verkehrs-, sprich: autogerecht. Die Betonbebauung, große Verwaltungszentren, Parkhäuser usw. und der innerstädtische Verkehr zwingen die Menschen unter die Erde.
    Wir fordern daher eine Stadtplanung, die nicht nur den subjektiven Sicherheitsbedürfnissen von Frauen und Kindern Rechnung trägt, sondern insgesamt eine neue Lebensqualität für alle Menschen hervorbringt. Wir brauchen also einen wirklichen Umbau in den Städten. Eine Stadt der kurzen Wege, in der die Straßen und Plätze wieder Kommunikationsräume sind, ist aber wahrscheinlich wirklich noch Utopie. Doch ich denke, wir müssen uns die Städte zurückholen und sie uns wieder aneignen. Ein erster Schritt hierzu wäre, die Innenstädte wieder zu Wohnstädten werden zu lassen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es hindert Sie ja keiner! Die meisten sind nämlich autofrei!)

    Hierzu gehört das Recht auf Wohnen ebenso wie bezahlbare Mieten. Dazu gehört auch die Entkommerzialisierung der Innenstädte. Das bedeutet, daß es ein verträgliches Maß zwischen Gewerberäumen und Wohnraum geben muß. Ebenso gehört in diesen Bereich, daß Menschen, die einfach ein anderes Lebenskonzept verfolgen, die Möglichkeit erhalten, das auch unabhängig von einem vorhandenen dicken Geldbeutel verwirklichen zu können.
    Ich möchte nur daran erinnern, daß es nach der Wende 1989 eine große Bewegung von jungen Leuten in der DDR gegeben hat, die versucht haben, mit Hilfe von Hausbesetzungen Häuser, die bereits auf der Abrißliste standen, zu retten. Ich finde es skandalös, daß es durch die politische Linie dieser Bundesregierung bis heute verhindert worden ist, daß diese Menschen, die sich um die Häuser kümmern, wirkliche Verträge bekommen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Wolfgang von Geldern [CDU/CSU]: Wer hat denn die Häuser überhaupt erst auf die Abrißliste gebracht? — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Sie kamen doch durch die SED-Politik erst auf die Abrißliste!)




    Jutta Braband
    — Ja, richtig. Finden Sie nicht, daß Sie dann mit den Leuten, die den Abriß verhindert haben, anders umgehen könnten und nicht einen Krieg wie in der Mainzer Straße in Berlin vor einem Jahr anzuzetteln brauchen?
    Ich finde auch, daß das innerstädtische Wohnen nicht das Privileg gut verdienender Singles sein kann. Es muß vielmehr eine Sozialstruktur geschaffen werden, die die Verwirklichung verschiedener Lebensstile ermöglicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihr habt doch die Städte erst kaputtgemacht!)

    Im ländlichen Raum gibt es noch weniger Lebensqualität, sprich: Zugang zum gesellschaftlichen Leben. Dies gilt insbesondere wiederum für Frauen. Durch die Ausdünnung des öffentlichen Personennahverkehrs, besonders auf der Schiene, ist die Mobilität im ländlichen Raum fast ausschließlich an das Auto gebunden. Die Dorfstrukturen sind kaputt; die Straße ist auf dem Lande nicht mehr Kommunikationsort, sondern Nadelöhr für den Durchgangsverkehr. Durch die Auflösung des traditionellen Zusammenhangs von Wohnen, Arbeiten und Zugang zu Versorgungsmöglichkeiten wird Mobilität erzwungen. Das ist eines der wesentlichsten Probleme in der Verkehrspolitik. Wenn es hier eine wirkliche Umsteuerung geben soll, dann kann es nur darum gehen, genau diese Mobilität zu verhindern.

    (Dr. Rudolf Karl [Bonese] [CDU/ CSU]: 18 Jahre auf ein Auto warten, dann ist sie verhindert!)

    Ich komme jetzt zum Haushalt des BMU. Ich möchte mich hier auf zwei Themenbereiche beschränken, auf die Energie- und die Abfallpolitik. Ich denke, daß in diesem Haushalt vor allem Mittel für eine ökologische Energiepolitik bereitzustellen wären, weil nur sie Vorrangpolitik für Energieeinsparung, effiziente Energienutzung und die Nutzung erneuerbarer Energieträger wie Wind, Wasser und Sonne ist, und zwar natürlich in einer kommunalen Energiewirtschaft, nicht in Großunternehmen.
    Grundvoraussetzung dafür ist der Ausstieg aus der Atomenergie, weil hier die Mittel gebunden sind, die wir für eine andere Energiepolitik dringend brauchen.

    (Beifall des Abg. Dr. Klaus-Dieter Feige [Bündnis 90/GRÜNE])

    Durch erhebliche Überkapazitäten im konventionellen Kraftwerksbereich ist dieser Ausstieg auch sofort zu realisieren, ohne daß es zu Versorgungsengpässen kommt.
    Der vorliegende Einzelplan 16, auch Umwelthaushalt genannt, erscheint jedoch bei näherem Hinsehen eher als ein Atomförderungshaushalt. Zwar übertragen das Atomgesetz und die Strahlenschutzverordnung dem BMU Aufgaben zum Schutz der Menschen vor radioaktiven Strahlen — das ist richtig —; dies begründet jedoch nicht den erheblichen Umfang der vorgesehenen Mittel für den Bereich Forschung für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz.

    (Zuruf von der FDP: Wollen Sie keine Sicherheit?)

    — Ich will sie auch; ich habe aber gesagt, das Verhältnis stimmt nicht.
    Die Gesamthöhe der Ansätze aller Titel für Atomtechnologie, Endlagerung und Strahlenschutz beläuft sich auf über 700 Millionen DM im Bundeshaushalt, ohne die Ausgaben für die Atomforschungsanlagen. Zum Vergleich: D as BMU-Gesamthaushaltsvolumen für 1992 beträgt einschließlich Gemeinschaftswerk 1 830,8 Millionen DM. Für Beschäftigungsmaßnahmen im Bereich Umweltschutz sieht das Gemeinschaftswerk Ost gerade 400 Millionen DM vor.
    Ich denke, daß die enormen Mittel, die hier ausgegeben werden, unter dem Titel Strahlenschutz gerade sehr gut für Problemlösungen im Bereich der Energieeinsparung und der regenerativen Energienutzung verwendet werden könnten. Ich meine, daß hier aus politischem Grund ganz wesentliche Möglichkeiten verschenkt werden.
    Auch bei dem Ziel der Reduzierung der CO2-Immissionen ist das Festhalten an der Atomenergie ein Holzweg. Nur in Vergleichen, in denen ein hoher Energieverbrauch unterstellt wird und die sich auf die Angebotsseite beschränken, jedoch ein Energiesystem nicht im Zusammenhang betrachten, kann die Atomenergie scheinbar einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Immissionen leisten.
    Eine Erhöhung der Nutzungseffizienz und Energieeinsparungen sind dagegen die wirksamsten Maßnahmen zur CO2-Reduzierung. Dies gilt übrigens auch für das Gebiet der ehemaligen DDR. Intensive Braunkohlennutzung in veralteter Großkraftwerkstechnologie sowie mangelnde Effizienz der Energienutzung verursachen eine erhebliche Umweltbelastung. Es gilt hier aber, besonders den Kommunen in der ehemaligen DDR eine eigenständige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen. Mit der Übernahme der gesamten Energieversorgung durch einige Großunternehmen ist dieser Weg wirklich verbaut. Ich denke, daß hier besonders Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Gründung von Stadtwerken zur Verfügung gestellt werden müssen, um eben diese Kommunen zu unterstützen.
    Bevor ich nun auf den Bereich der Abfallpolitik zu sprechen komme, gestatten Sie mir eine grundsätzliche Vorbemerkung. Wenn wir über die Umweltpolitik der Regierung reden, dann reden wir fast ausschließlich über nachsorgende Umweltpolitik. Eine vorsorgende Umweltpolitik, die die Entgiftung der Produktion und der Produkte zum Ziel hat, würde einige der Probleme, auf die ich jetzt zu sprechen komme, gar nicht erst entstehen lassen.
    Die Abfallpolitik der Bundesregierung ist an den Interessen der Wirtschaft orientiert,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sieht die Wirtschaft aber ganz anders! Ich könnte Ihnen meinen Schriftverkehr zur Verfügung stellen!)

    die mit großem Aufwand und Gewinn Abfall — also Verpackungen — produziert und andererseits an der Abfallbeseitigung in Form der Müllverbrennung verdient. Jedes Bekenntnis der Bundesregierung zu Müllvermeidung und -verwertung wird hierdurch ad absurdum geführt.



    Jutta Braband
    Nur die Umstellung der industriellen Güterproduktion auf abfallarme und in den Naturkreislauf rückführbare Produkte bietet einen Ausweg aus dem drohenden flächendeckenden Müllnotstand.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Verpackungsverordnung, Elektronikschrott-Verordnung usw. ! )

    Wichtig wären hierzu eine gesetzliche Verankerung des Vermeidungsgebotes als oberste Priorität, der Vorrang der stofflichen Verwertung vor der Müllverbrennung und ein Verbot von nicht schadlos zu beseitigenden Stoffen und Produkten.
    Eine ökologische Abfallpolitik erfordert eben ein konsequentes Abfallvermeidungs-und Abfallverwertungsgebot. Ein Großteil des industriellen Giftmülls kann nach Untersuchungen des Umweltbundesamtes allein durch die Umstellung der Produktionsverfahren vermieden werden. Ich meine, daß dem auch Rechnung getragen werden sollte.
    Im Haushaltsbereich ist durch gesetzliche Maßnahmen und Abgaben der Anteil der Mehrwegverpakkungen zu erhöhen. Getrenntmüllsammelsysteme sollen flächendeckend eingeführt werden, um die Wiederverwertung zu erleichtern. Anstatt die Mogelpackung des Grünen Punktes als Erfolg zu feiern, hätte die Bundesregierung besser das Sero-System erhalten und schrittweise in ein modernes Entsorgungs-und Verwertungssystem in kommunaler Hand überführen sollen. Dies hätte zudem Arbeitsplätze gesichert.