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    Plenarprotokoll 12/59 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 59. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Eidesleistung eines Ministers Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 4885 A Friedrich Bohl, Bundesminister (ChefBK) 4885 B Tagesordnungspunkt II: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksachen 12/1000, 12/1329) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/1401, 12/1600) 4885D Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/1402, 12/1600) 4885 D Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/1403, 12/1600) 4886A Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen 12/1408, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksachen 12/1426, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen 12/1430, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/1420, 12/1600) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1991 (Nachtragshaushaltsgesetz 1991) (Drucksachen 12/1300, 12/1587, 12/1599) Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 4886 C Jochen Borchert CDU/CSU 4892 B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 4892D, 4923 B Helmut Esters SPD 4893 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP 4897 A Dr. Willfried Penner SPD 4899 C Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste 4900 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 4903 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 4907 B Joachim Poß SPD 4913 D Josef Duchac, Ministerpräsident des Landes Thüringen 4917 D Helmut Esters SPD 4920 A Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 4920 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 4922 C Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 4926 B Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/CSU 4927C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 12/1412, 12/1600) Ernst Waltemathe SPD 4930 A Dr. Peter Struck SPD 4931 C Wilfried Bohlsen CDU/CSU 4933D Werner Zywietz FDP 4936 A Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 4938 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 4940 A Ernst Waltemathe SPD 4940 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/ GRÜNE 4941 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 12/1422, 12/1600) Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 4943 A Hans-Wilhelm Pesch CDU/CSU 4946 A Carl-Ludwig Thiele FDP 4948 A Rolf Rau CDU/CSU 4949 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 4951A Namentliche Abstimmung 4952 D Ergebnis 4967 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 12/1416 [neu], 12/1600) Hans Georg Wagner SPD 4953 A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU 4953 B Michael von Schmude CDU/CSU 4956 D Jutta Braband PDS/Linke Liste 4958 C Gerhart Rudolf Baum FDP 4961 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/ GRÜNE 4961 D Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 4963 B Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär BMU 4964 A Nächste Sitzung 4969 C Berichtigung 4969 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 4971 * A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 4885 59. Sitzung Bonn, den 26. November 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 57. Sitzung, Seite 4676A: Die unter ZP 2 und ZP 3 abgedruckten Texte sind zu streichen. Folgende Fassung ist einzufügen: ZP2 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Verhältnisses von Kriegsfolgengesetzen zum Einigungsvertrag — Drucksache 12/1504 — Überweisungsvorschlag: Innenausschuß (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß ZP3 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung und weiterer Bundesgesetze für Heilberufe — Drucksache 12/1524 — Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Gesundheit Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 26. 11. 91 * Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 26. 11. 91 Bernrath, Hans Gottfried SPD 26. 11. 91 Blunck, Lieselott SPD 26. 11. 91 ** Börnsen (Ritterhude), SPD 26. 11. 91 Arne Büchler (Hof), Hans SPD 26. 11. 91 Clemens, Joachim CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 26. 11. 91 Herta Doppmeier, Hubert CDU/CSU 26. 11. 91 Genscher, Hans-Dietrich FDP 26. 11. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 26. 11. 91 Helmrich, Herbert CDU/CSU 26. 11. 91 Jaunich, Horst SPD 26. 11. 91 Koschnick, Hans SPD 26. 11. 91 Kretkowski, Volkmar SPD 26. 11. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 26. 11. 91 Dr. Lehr, Ursula CDU/CSU 26. 11. 91 Meißner, Herbert SPD 26. 11. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 26. 11. 91 ** Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 26. 11. 91 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nolte, Claudia CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Paziorek, Peter Paul CDU/CSU 26. 11. 91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 26. 11. 91 * Rempe, Walter SPD 26. 11. 91 Rennebach, Renate SPD 26. 11. 91 Rixe, Günter SPD 26. 11. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 26. 11. 91 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 26. 11. 91 Andreas Schuster, Hans Paul FDP 26. 11. 91 Hermann Seidenthal, Bodo SPD 26. 11. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 26. 11. 91 ** Stübgen, Michael CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Ullmann, Wolfgang Bündnis 26. 11. 91 90/GRÜNE Voigt (Frankfurt), SPD 26. 11. 91 Karsten D. Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 26. 11. 91 Hans-Peter Vosen, Josef SPD 26. 11. 91 Wollenberger, Vera Bündnis 26. 11. 91 90/GRÜNE Zierer, Benno CDU/CSU 26. 11. 91 ** * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident, das ist kein Gerücht, sondern das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit für uns.
    Herr Kollege Borchert hat heute morgen darauf hingewiesen, daß wir nach der Bewältigung der ersten Herausforderung im Zusammenhang mit der deutschen Einheit nun wieder konsequent zur Sparstrategie der 80er Jahre zurückkommen werden. Ich finde, dies ist auch objektiv geboten. Denn kein Weg führt daran vorbei, daß wir in Zukunft die Steuerfinanzierungsquote des Bundeshaushalts bei gleichzeitiger Absenkung der Kreditaufnahme deutlich steigern. Dies geht aber nur über eine strikte Ausgabenbegrenzung. Denn Steuererhöhungen scheiden, wenn wir an den Industriestandort Deutschland denken, aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit völlig aus. Das heißt aber auch, daß wir die steigenden Zinsbelastungen — einschließlich der anteiligen Bundesverpflichtungen aus dem Kreditabwicklungsfonds, aus dem Fonds Deutsche Einheit und aus dem Treuhandbereich — aus regulären Einnahmen werden bedienen müssen. Dies wiederum, meine Damen und Herren, geht nur, wenn die allgemeinen Ausgabenzuwächse deutlich hinter der Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zurückbleiben, und zwar auf Jahre hinaus. Deshalb lautet ja die Devise, daß wir die Sparstiefel anbehalten müssen, daß wir streichen müssen und nicht draufsatteln können.
    Meine Damen und Herren, nun kritisiert die SPD — der Kollege Esters hat das vorhin indirekt auch getan — die ungewöhnlich hohen und teilweise auch kurzfristig eingebrachten Umschichtungsanträge der Koalition während der diesjährigen Haushaltsberatungen. Ich muß sagen, ich habe dafür zu einem guten Teil durchaus Verständnis. Aber ich denke, es wird dabei übersehen, daß der Löwenanteil des veranschlagten Mehrbedarfs von 6 Milliarden DM in einem sehr engen Zusammenhang mit den nationalen Veränderungen und mit den veränderten internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland steht.

    ( V o r s i t z : Vizepräsident Helmuth Becker)

    Deshalb ist es für uns entscheidend gewesen, daß wir alles das, was haushaltsmäßig bewältigt werden mußte, streng dem Gebot der Deckung durch entsprechende Ausgabenkürzungen an anderer Stelle unterworfen haben. Das Beratungsergebnis beweist, daß wir dies auch geschafft haben, aber es reflektiert nicht einmal ansatzweise, wie wir in mehr als 200 wesentlichen Veränderungen gravierende Umschichtungen vorgenommen haben — immerhin bei den Ausgaben 10,4 Milliarden DM Erhöhungen, aber 10,9 Milliarden DM Absenkungen und damit eine Einsparung von einer halben Milliarde DM!
    Meine Damen und Herren, mit dieser Fähigkeit, die Dinge zu bündeln und zusammenzuhalten, hat der Haushaltsausschuß seine Entscheidungsfähigkeit unter Beweis gestellt und damit auch ein wichtiges Signal gesetzt. Im Interesse der Menschen in den jungen Bundesländern hätten wir hier nicht vertagen und verschieben dürfen; denn die brauchen klare Vorgaben durch den Haushaltsgesetzgeber.
    Der Nachtragshaushalt 1991 steht hier jetzt ebenfalls zur endgültigen Verabschiedung an. Mit ihm



    Adolf Roth (Gießen)

    werden zum Jahresende die Finanzrücklagen der Bundesanstalt für Arbeit um bis zu 4,9 Milliarden DM aufgestockt. Die Bundesanstalt kann damit im Jahre 1992 ihren Haushaltsverpflichtungen aus eigenen Mitteln und Beitragseinnahmen gerecht werden, und sie wird insbesondere in der Lage sein, die nach wie vor notwendigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den neuen Bundesländern durchzufinanzieren.
    Aus der Sicht meiner Fraktion ist dies politisch auch gerechtfertigt; denn wir brauchen das ABM-Instrumentarium, bei dem wir ja im August dieses Jahres schon die ursprüngliche Zielgröße von 250 000 erreicht und überschritten hatten und bei dem wir inzwischen auf eine Größe von 400 000 ausweiten konnten, in den Bereichen, in denen wir eine Ausnahmesituation meistern müssen, um damit einen dauerhaften Beitrag zur Stabilisierung der Beschäftigung zu leisten und um eine tragfähige Brücke in den regulären Arbeitsmarkt zu bauen.
    Ich sage ganz klar: Was wir nicht wollen, sind unerwünschte Nebeneffekte. Die darf es nicht geben. Aus Transferzahlungen dürfen wir nicht einen zweiten Arbeitsmarkt dauerhaft alimentieren — womöglich noch zu Lasten der gewerblichen mittelständischen Wirtschaft. Das wollen wir nicht.
    Die Finanzierung dieser Sonderzuweisung ist kapitalmarktunschädlich. Wie der gesamte Nachtragshaushalt wird auch diese Rücklagenzuführung aus im laufenden Haushaltsjahr 1991 erbrachten Minderausgaben finanziert.
    Meine Damen und Herren, es wird auch sichergestellt sein, daß im kommenden Jahr die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung — wie das gesetzlich festgelegt ist — von heute 6,8 % wieder auf 6,3 % zurückgeführt werden können. Dies ist übrigens eine Größenordnung, die auf Dauer so keinen Bestand haben kann. Sie muß wieder auf ein erträgliches Maß zurückgeführt werden.
    Meine Damen und Herren, ich will gar nicht im einzelnen auf die etwas verwirrende Diskussion in den letzten Wochen über die Lage der Sozialkassen zu sprechen kommen, aber auf einen Punkt darf man wohl einemal hinweisen, Kollege Esters:

    (Helmut Esters [SPD]: Was wird denn erhöht?)

    Die Wirtschaft und die Arbeitnehmer in Deutschland werden im Jahre 1992 über die Arbeitslosenversicherung 80 Milliarden DM an Beiträgen abführen. Hinter diesen 80 Milliarden DM steckt ein gewaltiger Solidaritätsbeitrag.

    (Helmut Esters [SPD]: Richtig!)

    Denn während die Ausgaben der Arbeitsverwaltung in den alten Bundesländern um etwa 30 Milliarden DM unter den hier erbrachten Beitragsabführungen bleiben, werden die Leistungen der Arbeitsverwaltung in den neuen Bundesländern um genau diese 30 Milliarden DM und zusätzlich 5 Milliarden DM Bundeszuschuß über die dort erzielten Einnahmen hinausgreifen. Ich denke, das ist ein herausragender Solidaritätstransfer, der auch in der deutschen Öffentlichkeit Anerkennung finden sollte. Er beträgt immerhin 1 % unseres gesamtdeutschen Bruttosozialprodukts.
    Lassen Sie mich die anderen Schwerpunkte im Nachtragshaushalt nur kurz erwähnen. Da geht es um 600 Millionen DM einmalige Überbrückungshilfe für die alten Bundesländer im Zusammenhang mit der notwendigen und hoffentlich von allen unterstützten Aufhebung des Strukturhilfegesetzes. Es geht um 180 Millionen DM für zusätzliche Kulturförderung in den neuen Bundesländern, um eine Aufstockung des kommunalen Straßenbaus in den jungen Bundesländern nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in Höhe von 200 Millionen DM und schließlich um 250 Millionen DM, die wir in die jetzt gegründete Stiftung „Deutsch-Polnische Aussöhnung" stecken, mit der — wie wir es sicher alle anerkennen und wünschen — ein wichtiger Schlußstrich unter die Entschädigungsansprüche gezogen wird.
    Insgesamt ist — trotz dieses Nachtrags von 6,4 Milliarden DM — sichergestellt, daß die Nettoneuverschuldung um mindestens 10 Milliarden DM unter den Eckwerten bleiben wird, die die Bundesregierung am 14. November 1990, also vor der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl, veröffentlicht hat. Dies unterstreicht die Robustheit unserer ökonomischen Gesamtverfassung und ist insofern auch ein Signal für unseren Konsolidierungswillen.
    Meine Damen und Herren, zurück zum Haushalt 1992. Die großen Ausgabenblöcke sind schwerpunktmäßig geprägt von der Verantwortung für die neuen Bundesländer. Insbesondere gilt dies für die Deutschlandkapitel im ressortübergreifenden Einzelplan 60, der Allgemeinen Finanzverwaltung. Dies ist, bildlich gesprochen, das Umspannwerk für die Energien, die wir im Zusammenhang mit der Aufbauarbeit in den neuen Bundesländern zum Einsatz bringen wollen. Sicher ist es nicht zu hoch gegriffen — ich will mich gar nicht in den Streit einmischen — , wenn der Nettotransfer aller öffentlichen Haushalte und der Sozialkassen im kommenden Jahr mit rund 100 Milliarden DM veranschlagt wird. Da sind die Steuermehreinnahmen aus dem Einigungsschub und auch die eingesparten früheren Teilungskosten bereits gegengerechnet.
    Realwirtschaftlich gesehen ist die Leistung durchaus aus dem Wirtschaftswachstum der alten Bundesländer zu erbringen. Ich denke, es wird niemand in diesem Hause ernsthaft behaupten wollen, daß wir diesem Auftrag mit einer vorübergehenden Belastung in der Größenordnung von 3 bis 4 % des Bruttosozialprodukts nicht gewachsen wären. Die positiven Erfahrungen mit dem Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost — auf zwei Jahre befristet, dann in den normalen Einzelplänen des Bundeshaushalts weiterzuführen — wie auch mit dem Fonds Deutsche Einheit, der auf Jahre hinaus eine beträchtliche Mittelaufstockung von jährlich 5,9 Milliarden DM erfahren wird, unterstreichen, daß wir es mit dem Infrastrukturaufschwung und mit einer soliden Finanzausstattung der neuen Bundesländer ernst meinen.
    Meine Damen und Herren, der Rest — unser Finanzminister hat vorhin davon gesprochen — ist natürlich in möglichst naher Zukunft zu regeln. Es geht um die Solidaritäts- und Kooperationsbereitschaft al-



    Adolf Roth (Gießen)

    ler Bundesländer, wenn der bundesstaatliche Finanzausgleich auf eine neue Basis gestellt werden soll.
    Ein letztes Wort zu den mittelfristigen Haushaltsrisiken; die Stichworte hierfür sind heute oft genug gefallen, von den internationalen Liquiditätshilfen bis hin zum Kreditabwicklungsfonds oder den Treuhandschulden. Ich habe nichts gegen die Thematisierung dieser Fragen. Aber an einer falschen Dramatisierung habe ich sehr viel Kritik zu üben. Was wir jetzt nicht brauchen können, ist eine vordergründige Risikobeschwörung. Wo wir uns in den nächsten Jahren zu profilieren haben — gerade auch als Haushaltsgesetzgeber —, ist die Risikobewältigung. Das heißt natürlich, daß wir, auch im Blick auf die vorhandene Finanzplanung, die Spielräume nutzen müssen, die dort vorsorglich gebildet worden sind, daß wir die Ausgabendisziplin als Richtschnur unserer künftigen Politik aufrechterhalten und daß wir aus den neuen Handlungsspielräumen durch die Zurückführung in großen Bereichen — nicht nur beim Verteidigungshaushalt oder der Bundeshilfe für Berlin, sondern auch noch bei vielen anderen Blöcken — in den nächsten Jahren die Möglichkeiten ableiten, in Deutschland Politik verantwortlich weiter zu gestalten. Beim Bundeshaushalt 1992 hat die Koalition diese Statur bewiesen.
    Wir stimmen dem Nachtragshaushalt 1991 zu. Wir stimmen den hier diskutierten Einzelplänen für 1992 zu und versichern, daß wir entsprechend den Forderungen aller Experten auch in Zukunft eine verantwortungsbewußte, auf strenge Sparsamkeit und Konsolidierung ausgerichtete und damit wachstumsfördernde Politik in Deutschland betreiben wollen. — Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile jetzt unserem Kollegen Dr. Nils Diederich (Berlin) das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Nils Diederich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Waigel, nachdem wir nun die große Finanzpolitik abgehandelt haben, möchte ich daran erinnern, daß Sie auch einem Ministerium mit einer Reihe von Fachaufgaben vorstehen. Als Berichterstatter darf ich mich einigen Aspekten hierzu zuwenden, damit Sie nicht den Eindruck gewinnen, daß nicht auch Ihre fachliche Arbeit unter den scharfen Augen des Haushaltsausschusses steht.
    Bereits anläßlich der Beratung zum Haushalt 1991 haben wir uns an dieser Stelle über die Modernisierung der Grenzabfertigungsanlagen zur CSFR und zu Polen unterhalten. Ich hatte angemahnt, daß dort etwas geschehen sollte. Unter dem 26. Juni haben Sie mir freundlicherweise einen Brief geschrieben, der mit dem Satz endete, Sie hätten angewiesen, daß dort etwas geschehe und daß Mittel umgeschichtet würden.
    Ich muß allerdings feststellen, daß es auch im zweiten Jahr der deutschen Einigung de facto weder an den Grenzabfertigungsanlagen noch in den neuen Ländern selbst große baureife Projekte gibt. Wie aus der langen Liste im Haushaltsplan — vordergründig ansehnlich — hervorgeht, liegen von 17 neuen Vorhaben zehn in Ostdeutschland. Von den zehn Projekten sind allerdings neun mit einem Vorbehalt versehen, was heißt, daß es sich — jedenfalls was das Jahr 1992 betrifft — lediglich um Absichtserklärungen handelt, nicht, wie es bei der Mehrzahl der westdeutschen Projekte der Fall ist, um durchführungsreife Planungen. Ich höre in Berlin täglich auf verschiedenen Wellen im Radio die Meldung: in Pommellen Wartezeiten für Lkw bis zu zehn Stunden. Das ist kein Einzelfall; das haben wir, wie ich weiß, an vielen Übergängen.
    Herr Minister, ich denke, es ist dringlich, daß dort etwas geschieht. Trotz aller großen finanzpolitischen Aufgaben muß ich Sie eindringlich auffordern, dort sehr schnell zu handeln, denn der Verkehr ist die erste Grundlage für einen internationalen Austausch in der Wirtschaft und für deren Wachstum.
    Es gibt aber auch im Lande eine ganze Reihe von Aufgaben: die Schaffung von Unterkünften, der Neubau von Wohnungen für Verstärkungskräfte in Ballungsgebieten, der Umbau von Dienstgebäuden, z. B. der Hauptzollämter in Dresden und Pirna. Die Baumaßnahmen für die Oberfinanzdirektionen z. B. in Cottbus, Erfurt und Magdeburg sind zwar angekündigt, für 1992 ist dafür aber keine Mark eingestellt. Ich denke, diese Maßnahmen könnten konsequenter und schneller vorangetrieben werden, und erwarte, daß Sie zusagen, für eine Beschleunigung der Planungsverfahren zu sorgen, damit wir bereits 1992 einige Investitionen vornehmen können, und daß Sie bereit sind, auch Mittel umzuschichten, wenn das möglich ist.
    Als zweites möchte ich die Vermögenszuordnung und die Verwertung der dem Bund zugefallenen Liegenschaften ansprechen. Die Koalitionsfraktionen haben leider die Personalwünsche des Finanzministers nur sehr zögerlich und nach großem Drängen erfüllt.

    (Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Vollständig erfüllt!)

    Wir wissen, daß Zehntausende von Grundstücken in den neuen Ländern zugeordnet werden müssen und daß Eigentumsansprüche geklärt werden müssen. Wenn das nicht sehr schnell geschieht, heißt das, daß der Aufschwung in den neuen Ländern weiter gehemmt wird.
    Ich kann aus der Sicht meines Wahlkreises, der Region Berlin/Brandenburg, sagen, daß eines der größten Investitionshemmnisse immer noch die Grundstücksfrage ist. Hier ist es nicht die Treuhand, es sind auch nicht nur die ungeklärten privaten Eigentumsverhältnisse, sondern es sind die noch nicht funktionierende Bundesvermögensverwaltung und die noch nicht funktionierende Vermögenszuordnung. Auch hier erwarten wir, Herr Finanzminister, daß sehr schnell etwas passiert. Wir brauchen das für die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Ländern.
    Wir hatten im Frühjahr während der Beratungen des Haushalts 1991 beantragt, daß Grundstücke aus Bundesvermögen verbilligt abgegeben werden sollten. Die Koalition hatte das im Ausschuß noch vehement abgelehnt. Sie haben dann von diesem Pult aus im Frühjahr angekündigt, daß sich dort einiges tun werde. Ich denke, man kann sagen, inzwischen sind



    Dr. Nils Diederich (Berlin)

    einige Schritte getan worden. Wir sind dankbar, daß Sie unserem Drängen nachgegeben haben.

    (Zuruf von der SPD: Er ist lernfähig!)

    — Richtig, aber das Lernen ist ein immerwährender Prozeß. Uns genügt das, was wir erreicht haben, nicht. Wir haben gefordert, daß in begründeten Ausnahmefällen Grundstücke für Wohnzwecke, zur Schaffung von Studentenwohnungen, zum Ausbau von Infrastruktur und zur Schaffung von Arbeitsplätzen auch für ökologisch wertvolle Flächen zu Zwecken des Gemeinbedarfs bis zu 80 % ermäßigt abgegeben werden sollen und abgegeben werden dürfen. Dem ist die Koalition nicht gefolgt. Wir halten das insbesondere für die neuen Länder für dringlich; für ebenso dringlich halten wir es aber für die Regionen, in denen Militärstandorte aufgehoben werden und in denen es zu erheblichen ökonomischen und sozialen Strukturveränderungen kommt. Der Bund wird nicht ärmer, wenn er diese Grundstücke so billig abgibt; denn sie sind uns schließlich durch die Veränderungen der Weltlage als Geschenk zugefallen und nicht mühselig erworben. Wir sollten die Regionen, die von diesen Veränderungen betroffen sind, als allererste an den Vorteilen partizipieren lassen.

    (Beifall hei der SPD)

    Wir werden diese Forderung also weiter auf den Tisch legen.
    Lassen Sie mich, da die Zeit knapp ist, nur noch auf einen Bereich hinweisen, der uns allen große Sorge macht. Täglich werden wir durch die Treuhandanstalt mit neuen Milliardenskandalen, mit neuen Personalproblemen konfrontiert. Es wird immer häufiger klar, daß der Finanzminister offenbar nicht in der Lage ist, diese Einrichtung so zu steuern, daß sie ihre Aufgabe wirklich positiv erfüllen kann. Es ist eben nicht eine private Holding. Herr Minister, Sie haben das vorhin auch eingeräumt. Es ist nicht nur die Staatshaftung, die dahintersteht, es ist auch die politische Verantwortung, die wir alle gemeinsam haben, um den Umbau in den neuen Ländern erfolgreich voranzubringen.
    Meines Erachtens zeigt sich jetzt sehr deutlich, daß die Treuhand hoffnungslos überfordert ist - und offenkundig das aufsichtsführende Ministerium auch. Ich halte die Treuhand — ich kann das im einzelnen jetzt leider nicht ausführen — in der jetzigen Form für eine gigantische Fehlkonstruktion. Ich räume ein, daß die Treuhand in sehr kurzer Zeit wirksam arbeiten muß. Ich räume auch ein, daß es schwierig ist, ausreichend qualifizierte Kräfte für diesen Riesenapparat bereitzustellen. Aber ich denke, daß sich die Grundphilosophie der ganzen Einrichtung inzwischen als fehlerhaft erwiesen hat. Es kommt nicht darauf an, um jeden Preis zu verscherbeln, zu privatisieren.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Sehr wahr!)

    Denn was nützt es uns, wenn die Stahlwerke in Hennigsdorf an einen internationalen Konzern abgegeben werden, wenn dabei praktisch nur noch die fast leere Hülle, die Immobilie, übernommen wird und die 5 000 his 6 000 Arbeitnehmer dem Bund präsentiert werden, der sie dann in Beschäftigungsgesellschaften finanzieren darf? Wäre es nicht besser, die Unternehmen, wie es nach dem Kriege in Westdeutschland geschehen ist, für eine Übergangszeit als Staatsbetriebe weiterzuführen und zu sanieren — ich nenne die Beispiele DIAG und Salzgitter — und dann, wenn sie saniert sind, auf den Markt zu bringen? Ich glaube, hier ist auch der Finanzminister gefordert. Wir fordern ihn auf, die Politik, die er mit und gegenüber der Treuhand betreibt, gründlich zu überdenken und zu verändern.
    Sehr geehrter Herr Finanzminister, wir können Ihrem Haushalt nach aller Kritik, die wir heute angebracht haben, natürlich nicht zustimmen.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Warum nicht?)

    Ich räume ein, daß wir in hervorragender Weise in einzelnen Punkten mit dem Ministerium haben zusammenarbeiten können. Ich freue mich, daß es uns gelungen ist, punktuelle Erfolge zu erzielen; aber wir wunschen uns, daß Sie sich noch mehr bewegen, bis wir eines Tages einmal zustimmen können, weil Sie die sozialdemokratischen Wünsche erfüllt haben.
    Danke.

    (Beifall bei der SPD)