Rede von
Helmut
Esters
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe sehr, daß die Koalitionsfraktionen und der Bundesfinanzminister den Worten des Ministerpräsidenten von Thüringen aufmerksam zugehört haben. Hier gibt es anscheinend doch in einer Reihe von Punkten noch Handlungsbedarf.
Auf vieles von dem haben wir übrigens im Haushaltsausschuß nachhaltig hingewiesen, sind aber dann von Ihnen abgeschmiert worden.
Sicherlich, Herr Ministerpräsident, haben die neuen Länder die volle Unterstützung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion
in all den Fragen, wo es darum geht, daß die neuen Länder und ihre Wirtschaftsstruktur so aussehen, daß die Unternehmensbereiche nicht zu verlängerten Werkbänken westdeutscher, europäischer oder internationaler Konzerne werden.
Dies darf nicht passieren. Wir müssen alles tun, um diese Situation nicht eintreten zu lassen.
Ich will Ihnen eines sagen: Auch die vielen Investitionen im kommunalen und im Landesbereich in den neuen Ländern werden auf Grund der verschiedenen Fonds oder Schattenhaushalte, die die Bundesregierung geschaffen hat, auf uns zukommen und zu Maßnahmen führen.
Ist es denn nicht denkbar, daß die Unternehmen, wenn es schon keine aus den neuen Ländern sind, wenn es welche aus der Bundesrepublik oder aus dem europäischen Bereich sind, einen Bonus bekommen, soweit sie erhebliche Teile ihres Materials bei Unternehmen in den neuen Ländern kaufen? Wir haben so etwas in den 70er Jahren einmal gemacht, nämlich einen Bonus gegeben für Unternehmen, die einen hohen Ausbildungsteil hatten. Die sind dann bevorzugt behandelt worden.
Ich wäre dankbar, wenn auch Sie diesen Weg beschreiten würden. Damit würden Sie auf der einen
Seite den Unternehmen helfen; auf der anderen Seite würde auch der ganze Treuhandbereich entlastet.
— Von wegen!
Hier wurden immer wieder Vergleiche zwischen der heutigen Situation und den Jahren 1975/76 und 1979 bis 1982 gezogen. Gehen wir doch einmal davon aus, daß wir, Herr Kollege Borchert, damals eine völlig andere weltwirtschaftliche Situation hatten, als das jetzt der Fall ist.
Es ist doch heute so, daß sich die Transferleistungen zugunsten der neuen Länder, die wir ja begrüßen und mittragen
— ja, natürlich — , bisher in Wirklichkeit als ein enormes Konjunkturprogramm in der Hauptsache für die alte Bundesrepublik Deutschland erwiesen haben. Dies müssen wir doch einmal zur Kenntnis nehmen. Damals gab es ganz andere Eckdaten. Ich könnte natürlich auch ein anderes Beispiel dafür nennen. Nur, es bringt nichts, immer wieder in dem alten Kram herumzurühren, ohne die weltwirtschaftlichen Verflechtungen aufzuzeigen.
Nehmen Sie folgendes zur Kenntnis: Wir haben in den siebziger Jahren mit den Freien Demokraten wesentlich dazu beigetragen,
daß durch vertragliche Vereinbarungen Veränderungen in den osteuropäischen Ländern möglich waren und daß sich diese Länder öffnen konnten.
Damals waren doch die Christdemokraten — mit den italienischen Faschisten und mit den albanischen Kommunisten — die einzigen, die den KSZE-Prozeß nicht mitgetragen haben.
Es bringt doch nichts, Herr Kollege Borchert, wenn wir dies alles immer und immer wieder aufrühren, so schön dies auch sein mag.
Zuruf von der CDU/CSU: Dafür haben wir
jetzt die Wiedervereinigung gemacht!)