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ID1205901300

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    Plenarprotokoll 12/59 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 59. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Eidesleistung eines Ministers Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 4885 A Friedrich Bohl, Bundesminister (ChefBK) 4885 B Tagesordnungspunkt II: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksachen 12/1000, 12/1329) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/1401, 12/1600) 4885D Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/1402, 12/1600) 4885 D Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/1403, 12/1600) 4886A Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen 12/1408, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksachen 12/1426, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen 12/1430, 12/1600) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 12/1420, 12/1600) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1991 (Nachtragshaushaltsgesetz 1991) (Drucksachen 12/1300, 12/1587, 12/1599) Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 4886 C Jochen Borchert CDU/CSU 4892 B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 4892D, 4923 B Helmut Esters SPD 4893 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP 4897 A Dr. Willfried Penner SPD 4899 C Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste 4900 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 4903 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 4907 B Joachim Poß SPD 4913 D Josef Duchac, Ministerpräsident des Landes Thüringen 4917 D Helmut Esters SPD 4920 A Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 4920 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 4922 C Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 4926 B Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/CSU 4927C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 12/1412, 12/1600) Ernst Waltemathe SPD 4930 A Dr. Peter Struck SPD 4931 C Wilfried Bohlsen CDU/CSU 4933D Werner Zywietz FDP 4936 A Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 4938 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 4940 A Ernst Waltemathe SPD 4940 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/ GRÜNE 4941 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 12/1422, 12/1600) Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 4943 A Hans-Wilhelm Pesch CDU/CSU 4946 A Carl-Ludwig Thiele FDP 4948 A Rolf Rau CDU/CSU 4949 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau 4951A Namentliche Abstimmung 4952 D Ergebnis 4967 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 12/1416 [neu], 12/1600) Hans Georg Wagner SPD 4953 A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU 4953 B Michael von Schmude CDU/CSU 4956 D Jutta Braband PDS/Linke Liste 4958 C Gerhart Rudolf Baum FDP 4961 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/ GRÜNE 4961 D Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 4963 B Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär BMU 4964 A Nächste Sitzung 4969 C Berichtigung 4969 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 4971 * A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1991 4885 59. Sitzung Bonn, den 26. November 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 57. Sitzung, Seite 4676A: Die unter ZP 2 und ZP 3 abgedruckten Texte sind zu streichen. Folgende Fassung ist einzufügen: ZP2 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Verhältnisses von Kriegsfolgengesetzen zum Einigungsvertrag — Drucksache 12/1504 — Überweisungsvorschlag: Innenausschuß (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß ZP3 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung und weiterer Bundesgesetze für Heilberufe — Drucksache 12/1524 — Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Gesundheit Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 26. 11. 91 * Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 26. 11. 91 Bernrath, Hans Gottfried SPD 26. 11. 91 Blunck, Lieselott SPD 26. 11. 91 ** Börnsen (Ritterhude), SPD 26. 11. 91 Arne Büchler (Hof), Hans SPD 26. 11. 91 Clemens, Joachim CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 26. 11. 91 Herta Doppmeier, Hubert CDU/CSU 26. 11. 91 Genscher, Hans-Dietrich FDP 26. 11. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 26. 11. 91 Helmrich, Herbert CDU/CSU 26. 11. 91 Jaunich, Horst SPD 26. 11. 91 Koschnick, Hans SPD 26. 11. 91 Kretkowski, Volkmar SPD 26. 11. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 26. 11. 91 Dr. Lehr, Ursula CDU/CSU 26. 11. 91 Meißner, Herbert SPD 26. 11. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 26. 11. 91 ** Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 26. 11. 91 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nolte, Claudia CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Paziorek, Peter Paul CDU/CSU 26. 11. 91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 26. 11. 91 * Rempe, Walter SPD 26. 11. 91 Rennebach, Renate SPD 26. 11. 91 Rixe, Günter SPD 26. 11. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 26. 11. 91 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 26. 11. 91 Andreas Schuster, Hans Paul FDP 26. 11. 91 Hermann Seidenthal, Bodo SPD 26. 11. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 26. 11. 91 ** Stübgen, Michael CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 26. 11. 91 Dr. Ullmann, Wolfgang Bündnis 26. 11. 91 90/GRÜNE Voigt (Frankfurt), SPD 26. 11. 91 Karsten D. Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 26. 11. 91 Hans-Peter Vosen, Josef SPD 26. 11. 91 Wollenberger, Vera Bündnis 26. 11. 91 90/GRÜNE Zierer, Benno CDU/CSU 26. 11. 91 ** * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Esters, ich habe die Summe der Sondervermögen von 1982 nicht im Kopf.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Es gab keine!)

    Auch damals gab es neben dem Haushalt erhebliche Schulden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie rechnen heute Bundesbahn und anderes genauso dazu. Ich habe die Zahlen der Bundeshaushalte damals und heute miteinander verglichen. Ich finde, dieses Ergebnis ist eindeutig genug.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Detlev von Larcher [SPD]: Das ist wohl wahr! Eindeutig genug!)

    Drittens. Wir werden die Konsolidierung mittelfristig konsequent fortsetzen.

    (Ina Albowitz [FDP]: Sehr wahr!)

    Für uns bedeutet Konsolidierungspolitik, daß über den Weg strengster Ausgabendisziplin der finanzielle Spielraum zurückgewonnen wird, um die Neuverschuldung des Staates auf ein gesamtwirtschaftlich vertretbares Maß zurückzuführen. Gleichzeitig müssen im Haushalt die Ausgaben von konsumtiven Bereichen zu einer investiven Verwendung umgeschichtet werden.
    Nur eine konsequente Begrenzung der Ausgaben, bei der die Zuwächse deutlich hinter der Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Leistung zurückbleiben, verbessert die Angebotsbedingungen der Volkswirtschaft, stärkt das Vertrauen in die Stabilität unserer Währung, gibt den internationalen Kapitalmärkten die richtigen Signale und ist Ausdruck einer stabilitäts- und wachstumsorientierten Haushaltspolitik.
    Ich finde, völlig zu Recht schreibt der Sachverständigenrat:
    Die Finanzpolitik mùß erkennen lassen, daß sie tatkräftig darangeht, das hohe Defizit in den öffentlichen Haushalten innerhalb eines überschaubaren Zeitraums abzubauen. Das ist der stabilitätspolitische Aspekt einer verläßlichen Konsolidierungsstrategie.
    Die Koalitionsfraktionen setzen diesen Rat mit diesem Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung um.

    (Lachen bei der SPD)

    Mit dem Haushalt 1992 wird ein Bundeshaushalt verabschiedet, der nach den außergewöhnlichen Jahren 1990 und 1991 wieder den Kurs der Konsolidierung aufnimmt. Die Ausgaben wachsen um 2,9 %. Im mittelfristigen Zeitraum ist eine Zunahme von unter 2 % geplant. Die im Finanzplan für 1993 vorgesehene Ausgabensteigerung von 1,4 % ist ein ehrgeiziges Ziel.
    Mit dem Moratoriumsbeschluß hat sich die CDU/ CSU-Fraktion selbst die Pflicht zur Sparsamkeit auferlegt. Der Moratoriumsbeschluß bedeutet, daß zusätzliche Ausgabenwünsche nur zusammen mit einem soli den Deckungsvorschlag beschlossen werden können. In der jetzigen Haushaltslage ist nicht alles, was wünschenswert ist, auch finanzierbar.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Neue Leistungen können nur finanziert werden, wenn wir auf andere Leistungen verzichten.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Sehr richtig!)

    Mit der Fixierung auf die Nettokreditaufnahme wird allerdings der Konsolidierungsweg in der politischen Auseinandersetzung nur recht unvollkommen beschrieben. Eine Senkung der Nettokreditaufnahme allein muß nach unserer Auffassung noch nicht Konsolidierung bedeuten. Man kann durch Verbesserungen auf der Einnahmenseite bei gleichzeitig hohen Ausgabenzuwächsen die Nettokreditaufnahme eine Zeitlang stabil halten.
    Dies war der Weg der SPD in den 70er Jahren. Mit 30 Steuererhöhungen hielten Sie damals die Nettokreditaufnahme über einige Jahre im gesamtwirtschaftlichen Lot, so lange, bis die Konjunktur wegbrach. Danach geriet alles aus den Fugen.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: So ist es! — Zuruf von der SPD: Das kommt bei euch auch noch!)

    Die CDU/CSU-Fraktion versteht unter Konsolidierung eine Senkung der Nettokreditaufnahme auf Grund moderater Ausgabenzuwächse im Vergleich zum nominalen Wachstum des Bruttosozialprodukts. Nur so entsteht bei Senkung der Nettokreditaufnahme gleichzeitig der dringend notwendige Freiraum für private Investitionen. Nur so kann die Staatsquote dauerhaft gesenkt werden.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Sie erhöhen sie doch!)

    Nur so kann sich die Soziale Marktwirtschaft erneuern, und nur so wird der Spielraum für notwendige Steuersenkungen geschaffen. Die Steuererhöhung zur Finanzierung der Jahrhundertaufgabe wird zeitlich begrenzt, und es wird der Spielraum geschaffen, sie wieder zurückzuführen.
    Die CDU/CSU hat in den vergangenen Jahren bewiesen, daß dieser Weg gangbar ist. Der Bund steigerte in den Jahren von 1982 bis 1989 im Jahresdurchschnitt seine Ausgaben um 2,5 %, die öffentlichen



    Jochen Borchert
    Haushalte insgesamt um 3 %. Gleichzeitig wuchs die Wirtschaft im Jahresdurchschnitt um 6 %. Die Staatsquote sank von 50 auf 45 %.
    Diesen wirtschaftlichen Erfolgskurs hat die SPD als den Weg der sozialen Kälte und der Umverteilung von unten nach oben diffamiert.

    (Dr. Konstanze Wegner [SPD]: Das ist es auch!)

    Den Weg der sozialen Kälte und der Umverteilung zu Lasten der Ärmsten hat die SPD in den 70er Jahren selber praktiziert, als der Schuldenstand des Bundes von 1969 bis 1982 um 700 % anwuchs. Das praktizierte die SPD, als die Zinsausgaben des Bundes von 1970 bis 1983 um mehr als 1 000 % explodierten. Alle Bürger, auch die ärmsten, mußten damals die Folgen einer maßlosen Ausgabenpolitik ausbaden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie die „besseren Konzepte" der SPD in der Finanzpolitik aussehen, auf die der Kollege Wieczorek zaghaft hingewiesen hat, zeigt die Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist das! — Ina Albowitz [FDP]: „Zaghaft" ist das richtige Wort!)

    Für die Union besteht deshalb heute nicht der geringste Anlaß, vom bewährten Konsolidierungskurs der 80er Jahre abzuweichen. Für die Union ist dies der Weg, der Wohlstand für alle schafft. Für die Union ist dies der Weg, der die Voraussetzungen schafft, damit soziale Leistungen auch in Zukunft bezahlbar bleiben. Der Weg der Konsolidierung bedeutet nicht Stillstand; dies beweisen die Fakten. Gestaltende Politik ist dauerhaft nur bei soliden staatlichen Finanzen möglich.
    Dafür ist unsere Familienpolitik ein Beispiel: Mit der Einführung des Kinderfreibetrages, der Anhebung familienpolitisch wichtiger Freibeträge, der Einführung des Kinderbaugeldes, des Kindergeldzuschlags, des Erziehungsgeldes und des Erziehungsurlaubs — ich nenne damit nur einige Beispiele — haben wir bei soliden Finanzen, bei erfolgreicher Haushaltspolitik gleichzeitig in wichtigen Bereichen deutliche Signale gesetzt.
    Wir haben mit unserer Politik die Ausgaben begrenzt und gleichzeitig durch Umschichtungen den finanziellen Spielraum für neue Aufgaben gewonnen. Sozialdemokratische Regierungen würden bei dieser Erfolgsbilanz vor Neid erblassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    Mit der Einheit Deutschlands stand die Haushaltspolitik 1991 vor gewaltigen und in diesem Ausmaß bisher nicht bekannten Aufgaben. Die Unterstützung des wirtschaftlichen Aufbaus und die soziale Flankierung in den neuen Bundesländern waren nur durch die Erfolge der Haushalts- und Finanzpolitik in den 80er Jahren möglich.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist es!)

    Bei allen Anstrengungen zum Aufbau der neuen Bundesländer war aber doch klar, daß sich die Hinterlassenschaften von 40 Jahren sozialistischer Strukturen nicht in wenigen Monaten beseitigen lassen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Für die Menschen in den neuen Bundesländern ist dies ein schwieriger und schmerzhafter Prozeß. Alte Arbeitsplätze fallen fort, und neue Arbeitsplätze entstehen aus der Sicht der Betroffenen viel zu spät. Alte Qualifikationen werden nicht mehr benötigt, neue Fähigkeiten müssen erworben werden. Viele sind in dieser Phase des Wandels enttäuscht oder drohen mutlos zu werden. Sie erwarten zu Recht unsere Hilfe und unsere Solidarität.
    Bei allen Schwierigkeiten, die noch vor uns liegen und die ich nicht übersehe, können wir aber doch feststellen, daß wir innerhalb nur eines Jahres, eines Jahres deutsche Einheit, ein großes Stück des Weges zur ökonomischen und sozialen Einheit vorangekommen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es war richtig, schnell zuzupacken und zu handeln. Umwege oder Stufenlösungen wären falsch gewesen.
    Wenn man den Bericht der „Frankfurter Neuen Presse" vom 17. September liest, dann erscheint heute die zögerliche Haltung Lafontaines zur Wiedervereinigung in einem anderen Licht. Da heißt es, der stellvertretende SPD-Vorsitzende und saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine habe sich im vergangenen Jahr bei der sowjetischen Führung über deren klare Unterstützung der deutschen Einigung beklagt. Lafontaine — so Falin weiter — habe ihm gegenüber bittere Klage geführt, daß die Sowjets einer raschen Einigung Deutschlands keinen Widerstand entgegengesetzt haben.

    (Dr. Alfred Dregger [CDU/CSU]: Unglaublich! — Detlev von Larcher [SPD]: Warum wiederholen Sie Lügen? — Weiterer Zuruf von der SPD: Alles dementiert!)

    Lafontaine habe deshalb befürchtet, als Kanzlerkandidat der SPD bei der Bundestagswahl zu scheitern —

    (Detlev von Larcher [SPD]: Sie wiederholen doch immer wieder Lügen! — Gegenrufe von der CDU/CSU: Es ist nie dementiert worden! — Das tut weh!)

    — hören Sie es sich ruhig an; ich weiß, daß das für Sie nicht angenehm ist — , und das, obwohl die deutschen Sozialdemokraten in früheren Jahren immer so gut mit sowjetischen Regierungen zusammengespielt hatten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

    Wir dürfen gespannt sein, welche weiteren Enthüllungen in Moskau noch an den Tag kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Da ist die Äußerung des SPD-Chefs Björn Engholm wirklich wohltuend, wenn er sagt, daß der vom Bundeskanzler Helmut Kohl eingeschlagene Weg vermutlich richtig war. Ich zitiere:



    Jochen Borchert
    Ob es andere Möglichkeiten des Weges gegeben hätte, das würde ich nach heutiger Einschätzung bezweifeln.
    Ich bezweifle, daß sich die SPD-Fraktion gleichfalls zu dieser Erkenntnis durchringt, und daß sie sich dazu durchringt, daß sie mit ihrer Politik der vergangenen Jahre auf dem Holzweg war.
    Diese Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben die historische Chance der Wiedervereinigung Deutschlands ergriffen und diese Wiedervereinigung in kürzester Zeit realisiert. Daß wir die Jahrhundertaufgabe heute finanzieren können, ist das Ergebnis der Politik der Bundesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen seit Herbst 1982.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist auch nicht vergessen, daß in den 70er Jahren, als Sozialdemokraten die Regierungsverantwortung trugen und die Belastbarkeit der Wirtschaft testen wollten,

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Mit der FDP gemeinsam!)

    das reale Bruttosozialprodukt sank, die realen Ausrüstungsinvestitionen zurückgingen, die Beschäftigung dramatisch zurückging,

    (Zuruf von der SPD: Völlig ahistorisch!)

    die Zahl der Insolvenzen stieg und die jährliche Preissteigerungsrate im Durchschnitt 5,3 % erreichte. Demgegenüber sind die durch unsere Politik ermöglichten Fortschritte eine wahre Erfolgsgeschichte.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Von 1982 bis 1990 ist das reale Bruttosozialprodukt im Durchschnitt jährlich um 3 % gewachsen. Von September 1983 bis September 1991 sind über 3 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden, davon allein 950 000 in den letzten zwölf Monaten.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Der vergleicht Äpfel mit Birnen!)

    Von 1983 bis 1990 belief sich die durchschnittliche Preissteigerungsrate auf 1,60/e. Trotz dieser Fakten behauptete Frau Matthäus-Maier am 5. Juni 1991: „Es sind sozialdemokratische Konzepte, die unser Land in der Wirtschaftspolitik, in der Finanzpolitik und in der Umweltpolitik voranbringen. "

    (Ingrid Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Besonders in Nordrhein-Westfalen!)

    Richtig ist: Es sind sozialdemokratische Konzepte, die Anfang der 80er Jahre zur Haushalts- und Finanzkrise geführt haben

    (Beifall bei der CDU/CSU — Detlev von Larcher [SPD]: Das ist doch nicht wahr! Das ist doch Quatsch!)

    und es sind christdemokratische Konzepte, die unser Land in der Wirtschaftspolitik, in der Finanzpolitik und in der Umweltpolitik wieder voranbringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf der Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD])

    Die Wirtschaftspolitik in den neuen Bundesländern ist durch große Anpassungsprobleme gekennzeichnet, die unvermeidlich sind. Aber der Erneuerungsprozeß wird vorankommen, denn die Investitionen werden erheblich angehoben durch staatliche Stellen und durch Unternehmer aus dem Westen. Sowohl Privatinvestitionen als auch die erheblichen staatlichen Maßnahmen, vor allem des Bundes, beginnen Wirkung zu zeigen. Und wie reagiert die SPD? Ihr Bundesgeschäftsführer, der frühere Gewerkschaftsfunktionär Blessing, sagte kürzlich im Südwestfunk: „Das Problem sind auch die Unternehmer, die sich nach der deutschen Einheit, von der sie hauptsächlich profitiert haben, jetzt als vaterlandslose Gesellen gebärden und nicht in der Lage sind, ihren Beitrag entsprechend zu leisten. " Dies, meine ich, war eine schlimme Entgleisung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Dies ist der Rückfall in finsteren Klassenkampf.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Ich empfehle ihm Nachhilfeunterricht bei erfolgreichen Unternehmern in der SPD, wie etwa Edzard Reuter, der in Brasilien sagte:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das nützt bei denen nichts!)

    — Man soll den Glauben an die Lernfähigkeit nie aufgeben, Herr Kollege. — Ostdeutschland wird in absehbarer Zeit zur modernsten Region Europas, vielleicht sogar der Welt. Ich meine, dem ist nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Sachverständigenrat fordert die öffentliche Hand auf, durch strenge Ausgabendisziplin auf allen Ebenen einen Konsolidierungsbeitrag zu leisten.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Da hören Sie mal drauf!)

    — Dieser Prozeß der Solidarität, Frau Kollegin, stößt allerdings bei den SPD-regierten westdeutschen Ländern nach wie vor auf wenig Gegenliebe. Diese westdeutschen Länder berücksichtigen in der Mehrzahl bei der Aufstellung ihrer Haushalte für 1992 den Prozeß der Wiedervereinigung kaum. Die Haushalte sind durch hohe Steigerungsraten gekennzeichnet.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Der redet immer über andere!)

    Die mangelnde Solidarität wird darüber hinaus durch zwei Gesetzentwürfe deutlich: durch das Steueränderungsgesetz 1992 und durch das Gesetz zur Abschaffung der Strukturhilfe, deren Änderung von den SPD-regierten Ländern abgelehnt wird.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Leider wahr!)

    Es besteht wohl kein Zweifel, daß die strukturschwachen Länder im Osten Deutschlands und nicht im Westen liegen. Für die Weitergewährung der Strukturhilfe an die alten Bundesländer gibt es ab 1992 keine Begründung mehr. Trotzdem fordert der Bundesrat mit der Mehrheit der SPD-geführten Länder, die Strukturhilfe weiterzuführen und erst 1995 end-



    Jochen Borchert
    gültig darauf zu verzichten. Dies kostet 6 Milliarden DM, die dann nicht für den Aufbau der neuen Bundesländer zur Verfügung stehen.
    Zum Bundeshaushalt 1992 hat der Bundesrat Anträge über Mehrausgaben in Höhe von mehr als 5 Milliarden DM beschlossen. Auch dies ist kein Zeichen dafür, daß die Mehrheit im Bundesrat und hier an der Spitze die SPD-geführten westdeutschen Bundesländer bereit sind, ihren finanziellen Beitrag zur Wiedervereinigung Deutschlands zu leisten. Hier zeigt sich die Doppelzüngigkeit der SPD, die einerseits vom Teilen redet, andererseits das Teilen in dieser Frage jedoch verweigert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Verfahren im Vermittlungsausschuß wird zeigen, in welchem Ausmaß die SPD-regierten Länder gewillt sind, dem im Grundgesetz enthaltenen Auftrag, annähernd gleiche Lebensverhältnisse in Deutschland zu schaffen, nachzukommen.
    Niemand bestreitet Risiken bei der zukünftigen Entwicklung der öffentlichen Finanzen. Die Entwicklung der öffentlichen Finanzen wird maßgebend von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bestimmt. Wirtschaftliches Wachstum ermöglicht die Finanzierung der vor uns liegenden Aufgaben, ohne daß die Bürger oder der Staat überfordert werden. Es ist deshalb unsere primäre Aufgabe, alles zu tun, damit unsere Volkswirtschaft auch mittelfristig Rahmenbedingungen erhält, die wirtschaftliches Wachstum unterstützen und fördern.
    Die dafür notwendigen Voraussetzungen müssen von allen am Wirtschaftsprozeß Beteiligten erbracht werden. Auch die Tarifparteien müssen ihren Kurs korrigieren. 1991 waren die Tarifabschlüsse in den alten und in den neuen Bundesländern zu hoch. Von den Tarifparteien ist eine Lohnpolitik zu fordern, die sich am Produktivitätszuwachs orientiert

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Immer die anderen!)

    und die die Sicherung der Geldwertstabilität unterstützt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Selbst Schulden machen und bei anderen Stabilität einfordern!)

    Der Staat muß den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft in den neuen Bundesländern unterstützen und sozial abfedern.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Ja! Fangt doch endlich an!)

    — Herr Kollege, wenn Sie das immer noch nicht gemerkt haben, dann frage ich mich, wo Sie die ganze Zeit waren. —

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Ich war da!)

    Dabei dürfen vorhandene Strukturen nicht konserviert werden; die Rahmenbedingungen für Investititionen in den neuen Bundesländern müssen vielmehr
    verbessert und damit der Strukturwandel unterstützt und gefördert werden.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Machen! Machen!)

    Wenn die Rahmenbedingungen für Investitionen und wirtschaftliches Wachstum weiter verbessert werden sollen, dann muß das Finanzierungsdefizit der öffentlichen Haushalte in den nächsten Jahren deutlich zurückgeführt werden.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Richtig!)

    Die Konsolidierung ist dabei nicht nur eine quantitative Aufgabe; vielmehr müssen alle Ausgaben überprüft und neue Prioritäten und neue Schwerpunkte gesetzt werden.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Anfangen!)

    Konsolidierung bedeutet für uns strengste Ausgabendisziplin

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das sieht man!)

    und — durch Umschichtungen und Kürzungen bei den konsumtiven Ausgaben — gleichzeitig eine Erhöhung bei investiven Ausgaben.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Und bei den Subventionen!)

    Der Aufbau der neuen Bundesländer, d. h. die Transformation einer Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft, ist weltweit ohne Beispiel. Mit dem Haushalt 1992 stellen wir die notwendigen Instrumente und die finanziellen Mittel zur Bewältigung dieser Aufgabe zur Verfügung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, auch in diesem Jahr hat sich das besondere Klima im Haushaltsausschuß bei den schwierigen Haushaltsberatungen, wie ich finde, bewährt. Wir haben den Haushalt 1992 und den Nachtragshaushalt 1991 in wenigen Wochen beraten und erhebliche Änderungen beschlossen.
    Für die intensive Beratung und Unterstützung durch die Beamten des Finanzministeriums sowie für die Hilfe durch die Mitarbeiter des Ausschußsekretariats bedanke ich mich herzlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Ich danke ebenso für die Unterstützung durch den Bundesrechnungshof, der für unsere Arbeit im Haushaltsausschuß eine wichtige Hilfe ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Dem Vorsitzenden Rudi Walther und dem stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Klaus Rose danke ich für die zügige und auch in schwierigen Phasen immer geduldige Verhandlungsführung. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für die offene und immer faire Diskussion.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir gern gemacht!)

    Ich danke auch Helmut Wieczorek und den Kollegen der SPD, die — bei allen inhaltlichen Differen-



    Jochen Borchert
    zen — im Ausschuß immer fair mit uns diskutiert haben — im Unterschied zur Diskussion hier im Plenum.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin dankbar für das freundschaftliche und offene Verhältnis in der Koalitionsarbeitsgruppe. Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, aber auch der FDP sehr herzlich dafür bedanken.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Bei mir auch!)

    Ich bin dankbar, daß alle Haushaltspolitiker der Koalition immer bereit waren, bei strittigen Fragen einen Kompromiß zu suchen. Den Kompromiß gemeinsam zu verantworten ist eine gute Ausgangsbasis für die vor uns liegende Konsolidierungsaufgabe der nächsten Jahre.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Den Steuerzahlern sollten Sie einmal danken!)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Es spricht jetzt der Kollege Dr. Wolfgang Weng.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Rundumdank des Kollegen Borchert im letzten Teil seiner Rede kann ich mich für die FDP-Fraktion ebenso rundum anschließen. Ich glaube, daß wirklich jeglicher Grund gegeben ist, den hier Genannten Dank auszusprechen, wie der Kollege Borchert es soeben getan hat. Die Arbeit war gerade in diesem Jahr mit seinen zwei Etatberatungen besonders strapaziös — und das eben nicht nur für die Abgeordneten, sondern insbesondere auch für die Mitarbeiter in den verschiedenen genannten Bereichen.
    Meine Damen und Herren, die in den letzten Tagen wieder außerordentlich stabile Deutsche Mark ist das deutliche Signal, daß die internationale Finanzwelt uns weiterhin zutraut, die Probleme im Zusammenhang mit der deutschen Einheit zu lösen, ohne daß es zu Einbrüchen kommt. Ich stelle diese Aussage sehr bewußt an den Anfang meiner Haushaltsrede, weil ich weiß, wie wichtig dieses Vertrauen für das Gelingen unserer großen nationalen Aufgabe in schwieriger internationaler Situation ist.
    Nach Herstellung der deutschen Einheit bleibt unser erstes Ziel, in ganz Deutschland — entsprechend unserem Verfassungsgebot — schnellstmöglich vergleichbare Lebensbedingungen herzustellen. Auch der heute hier in zweiter Lesung debattierte Bundeshaushalt 1992 ist ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg,

    (Beifall bei der FDP)

    und wir sind auf einem guten Weg.
    Erinnern wir uns: Übernahme der Verantwortung durch die Koalition aus CDU/CSU und FDP im Jahre 1982. Seitdem haben wir bis zum Fall der Mauer Jahr für Jahr eine konsequente Konsolidierungspolitik gefahren: unter Einschränkung öffentlicher Ausgab en
    bei gleichzeitiger Senkung von Steuern und Abgaben für unsere Bürger und einem — dennoch — kontinuierlichen Zurückführen der Nettoneuverschuldung. Dies hat die Koalition in einem außerordentlich geordneten Verfahren bewältigt. Die Entwicklung in der Wirtschaft, insbesondere auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, hat diese Politik als erfolgreich bestätigt.
    Dann kam die Phase des finanziellen Zusammenbruchs der damaligen DDR, die Übernahme der finanzpolitischen Verantwortung, die Zusammenführung des alten DDR-Haushalts mit dem Bundeshaushalt. Und jetzt im Jahr 1991, nachdem die Wähler der Koalition auf eindeutige Weise das Vertrauen für die Bewältigung der Aufgaben gegeben hatten, mußten wir den Etat des laufenden Jahres in der ersten Jahreshälfte beraten und haben wir nach der Sommerpause in der Konsequenz unseres früheren Handelns den Bundeshaushalt 1992 beraten.
    Wenn nicht destruktive Opposition es verhindert, wird dieser Etat pünktlich zum Jahresbeginn 1992 in Kraft treten. Ich glaube, nicht zu übertreiben, wenn ich sage: Die finanzpolitische Normalität ist mit dem Abschluß der Beratungen dieser Woche im geeinten Deutschland hergestellt.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Die Freien Demokraten im Deutschen Bundestag haben zu diesem Erfolg einen wichtigen Anteil beigetragen.
    Der vorgelegte Bundeshaushalt zeigt, daß sich die Koalition konsequent an ihre eigenen politischen Vorgaben hält. Das Wachstum des Etats bleibt auf der Ausgabenseite unter 3 % und damit unter der prognostizierten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die Nettokreditaufnahme wird sogar deutlich unter den Betrag zurückgeführt, der uns bei der Herstellung der deutschen Einheit in der damals gemachten politischen Festlegung vertretbar erschien. Im nachhinein gibt uns die Entwicklung bis heute recht, auch bezüglich des Umtauschkurses bei der Herstellung der Wirtschafts- und Währungsunion und bei den flankierenden Maßnahmen. Ich sage das auch in Kenntnis der damaligen Skepsis der Deutschen Bundesbank. Ich stelle fest: Heute hat die flankierende Stabilitätspolitik der unabhängigen Währungshüter uns bestätigt.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Für die FDP-Fraktion bleibt diese Währungspolitik der Deutschen Bundesbank weiterhin Beweis, daß es zu unserer Politik keine vernünftige Alternative gibt.

    (Beifall bei der FDP)

    Der vorgelegte Etat 1992 hat auf der Ausgabenseite erneut wichtige Schwerpunkte im Bereich der Herstellung vergleichbarer Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern. Es ist nicht nur der Fonds Deutsche Einheit, der mit einem deutlich erhöhten Betrag ausgestattet wird, sondern es ist auch die zweite Etappe des Gemeinschaftswerks Aufschwung Ost eingearbeitet, das seinerzeit wesentlich von Bundeswirtschaftsminister Möllemann in Gang gesetzt



    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    wurde. Jeder, der mit offenen Augen durch die neuen Bundesländer gegangen ist und sich die dortige Situation noch vor wenigen Monaten vor Augen hält, hat gesehen, daß gerade dieses Gemeinschaftswerk einen wichtigen Teil wirtschaftlichen Aufschwungs bewirkt hat. Wenn die Prognose der Sachverständigen richtig ist, daß im kommenden Jahr die Talsohle in den neuen Bundesländern durchschritten ist, dann war Aufschwung Ost hierfür eine entscheidende Weichenstellung.

    (Zurufe von der FDP: Sehr richtig!)

    Durch schnelles und unbürokratisches Handeln, auch durch in normalen Zeiten nicht akzeptable Großzügigkeit beim Umgang mit dem Geld des Steuerzahlers ist der Abschwung in wichtigen Branchen, vor allem in der Baubranche, seinerzeit gestoppt worden und hat Aufschwung eingesetzt.
    Kontinuierlicher Fortgang der notwendigen öffentlichen Investitionen wird den weiteren Aufbau flankieren. Die FDP-Fraktion trägt weiter in voller Überzeugung mit, daß es zu den bekannten enormen finanziellen Transferleistungen von West nach Ost kommt und kommen muß. Der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Infrastruktur, aber vor allem die Unterstützung der Menschen bei der tiefgreifenden Umstellung ihrer Lebensverhältnisse bleiben unsere Aufgabe und unser Ziel.
    Im Etat hat Niederschlag gefunden, daß die Koalition im Bereich der Subventionen weitgehende Abbaubeschlüsse gefaßt und diese auch umgesetzt hat.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Dafür sollten Sie sich schämen, daß Sie das gesagt haben!)

    Der Beschluß, innerhalb von drei Jahren 30 Milliarden DM Subventionen abzubauen, der im Juli dieses Jahres auf Betreiben des Bundeswirtschaftsministers zustande kam,

    (Detlev von Larcher [SPD]: Möllemann müßte doch schon längst zurücktreten!)

    ist nahezu vollständig in den Etat eingearbeitet.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Möllemann hat sich verspekuliert!)

    Daß die Koalitionsfraktionen bei kleinen Einzelbereichen wie z. B. der Werfthilfe, übrigens mit Unterstützung der Opposition, noch einmal nachgegeben haben, ließ sich durch die besondere Situation der westdeutschen Werften einerseits und durch finanzwirtschaftliche Deckung und höhere Einnahmen andererseits begründen.

    (Helmut Esters [SPD]: Ah ja!)

    Im Licht eines Berichts der Bundesregierung über die Schiffbauhilfe in Konkurrenzländern, vor allem in Fernost, sage ich allerdings voraus, daß es mit der Begründung wegen Subventionierung der Schiffsbauten in Fernost nicht mehr aufrechtzuerhalten sein wird, hier entsprechend zu unterstützen. Die Bundesregierung sagt in diesem Bericht eindeutig, daß eine solche Subventionierung bei weitem nicht in dem Umfang stattfindet, wie das hier immer unterstellt wird.
    Erlauben Sie mir beim Stichwort Subventionsabbau eine persönliche Bemerkung; der eine oder andere wird darauf gewartet haben. Durch zusätzliche Anforderungen, die teilweise erst in der letzten Phase der Haushaltsberatungen durch uns beschlossen werden mußten und die im Lichte unvorhersehbarer Entwicklungen unabweisbar waren, war die Koalition nicht in der Lage, in den Beratungen im Haushaltsausschuß die geplante Reduzierung des Gesamtetats zu erreichen. Auch neue Subventionen und subventionsartige Zahlungen gehören zu den zusätzlich beschlossenen Ausgaben.
    Vor diesem Hintergrund war meine Bemerkung am vergangenen Freitag in der Pressekonferenz zu verstehen — ich habe diesen Zusammenhang auch ausdrücklich deutlich gemacht — , daß das erwünschte Ziel beim Subventionsabbau nicht erreicht worden ist. Das gedankenlose, vielleicht auch böswillige Zusammenstricken dieser Äußerung mit dem Ergebnis der Möllemann-Initiative zum Subventionsabbau ist zwar eine „gute" schlechte Nachricht, wird aber durch die Fakten nicht abgedeckt. Wer versucht, zwischen den Bundeswirtschaftsminister und den Haushaltssprecher der FDP-Fraktion einen Keil zu treiben, versucht nur, der FDP den berechtigten Anspruch streitig zu machen, daß sie sich mehr als andere dafür einsetzt, Subventionen tatsächlich abzubauen.

    (Beifall bei der FDP — Zurufe von der SPD)

    — Wenn die Zwischenrufer auf der Seite der SPD zugehört hätten, wären die Zwischenrufe eigentlich von selbst erledigt gewesen, weil ich ganz genau dargestellt habe, wie Ablauf und Inhalt dessen waren. Deswegen waren die Zwischenrufe zwar gut gemeint, aber sachlich falsch.
    Auch wenn ich ehrlich sage, meine Damen und Herren, daß Wünschenswertes nicht erreicht worden ist, lasse ich mir die Qualität des Erreichten nicht von anderen zerreden. Zur Begrenzung der Ausgabensteigerung gehört ganz wesentlich, daß die öffentlichen Hände als Arbeitgeber die von der Deutschen Bundesbank für erforderlich gehaltene restriktive Tarifpolitik auch selbst ernst nehmen. Die gesellschaftspolitische Notwendigkeit, z. B. die Bezüge in den neuen Bundesländern bei den dortigen öffentlich Bediensteten schneller anzupassen, als dies ursprünglich geplant war, schneller anzugleichen mit Blick auf die menschliche Situation dort, muß aber auch durch die Bereitschaft zu einer volkswirtschaftlich vertretbaren, d. h. diesmal zu einer relativ bescheidenen Anpassung flankiert werden.
    Meine Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Jahren starke Erhöhungen im Bereich der Tarife des öffentlichen Dienstes durch Kürzungen beim Personal im Bundeshaushalt ausgleichen müssen. Wir haben dieses nie gern getan, aber es war immer auch ein Signal der Mehrheit des Deutschen Bundestages, daß wir in der gesamtpolitischen Verantwortung den Anteil der Ausgaben für den öffentlichen Dienst nicht über ein bestimmtes Niveau des Etats hinaus steigern würden. Wir werden zu diesen Überlegungen zurückkehren müssen, wenn hier keine Einsicht bei den Tarifpartnern herrscht.

    (Hans H. Gattermann [FDP]: Sehr richtig!)

    Wir haben diese Forderung auch dem Bundesfinanzminister und damit der Bundesregierung mit



    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    auf den Weg gegeben. Die Tatsache, daß uns wichtige gesamtstaatliche Aufgaben zur Einrichtung neuer Behörden genötigt haben, und die Tatsache, daß wir bei der Übernahme öffentlich Bediensteter aus den neuen Bundesländern in neue Aufgaben, z. B. im Wissenschaftsbereich, aus menschlichen Gründen doch etwas großzügiger verfahren sind, als es die nackte Finanzpolitik erforderlich gemacht hätte, müssen einen gewissen Ausgleich finden. Ich meine, daß das Wort vom Überwinden der Teilung durch Teilen wenigstens durch das Leisten eines bescheidenen Anteils auf diesem Gebiet in die Tat umgesetzt werden sollte.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Ich hoffe deshalb sehr, daß bei den anstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst auch die Länder und Gemeinden im Westen Deutschlands nicht wie in der Vergangenheit so oft den Bund allein lassen. Nach den Abschlüssen des vergangenen Jahres brauchen die öffentlichen Haushalte aller Gebietskörperschaften eine kleine Atempause.

    (Ina Albowitz [FDP]: Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren, die Tarifautonomie wird von der FDP selbstverständlich hochgeachtet. Ich möchte trotzdem von hier aus einen dringenden Appell an die Tarifparteien all der Wirtschaftsbereiche richten, auf die wir keinen direkten Zugriff haben, auch nicht haben wollen und nicht haben dürfen. Mäßigung und nicht Kraftproben derer, die ja durch ihre Arbeitsleistung tatsächlich für die Wohlfahrt aller Verantwortung tragen, ist das Gebot, zumindest his zu dem Zeitpunkt, zu dem der Aufschwung im Osten gesichert ist. Rund 950 000 zusätzliche Arbeitsplätze in den alten Bundesländern mit allen daraus resultierenden positiven Konsequenzen bis zum heutigen Tage zeigen doch, daß die Wirtschafts- und Finanzpolitik auf einem guten Weg ist und daß die Haushaltspolitik dies richtig flankiert. Die Sicherheit der Arbeitsplätze muß auch für die Tarifpartner Vorrang vor den noch so verständlichen Interessen einzelner Sektoren haben.
    Mit Blick auf die Tarifabschlüsse erlaube ich mir noch einen weiteren Hinweis. Da in der Öffentlichkeit die Frage der Höhe des Verteidigungsetats immer nur an Hand der Ausgabenhöhe diskutiert wird — übrigens natürlich von der Opposition trefflich unterstützt, die hier trotz besserer Kenntnis Unwahres behauptet —,

    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Das macht sie immer! Typisch!)

    ohne hier die innere Struktur zu berücksichtigen, entsteht manchmal der Eindruck, der neuen Situation bei der äußeren Sicherheit werde nicht oder nicht ausreichend Rechnung getragen.
    Meine Damen und Herren, durch das Hinzukommen neuer Aufgaben, z. B. durch das Hinzukommen von Teilen der früheren Nationalen Volksarmee, und durch Ausgaben, die zum Teil überhaupt nichts mit dem Bereich Verteidigung der Bundesrepublik zu tun haben, ist die Struktur im Verteidigungsetat einschneidend verändert. Viel höheren Personalausgaben, die in der Übergangszeit noch eine Weile Bestand haben werden, stehen wesentlich geringere Ausgaben für Rüstungsbeschaffung gegenüber.