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    Plenarprotokoll 12/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Parlaments der Republik Gambia mit einer Delegation 4075 A Erweiterung der Tagesordnung . 4075B, 4168 B Abwicklung der Tagesordnung 4075 C Tagesordnungspunkt 3: a) Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zweiten Zusatzprotokoll vom 21. Mai 1991 zum Abkommen vom 16. Juni 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete (Drucksache 12/1241) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1992 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1992) (Drucksache 12/1240) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 28. Januar 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Gabunischen Republik über den Luftverkehr (Drucksache 12/1258) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 14. Dezember 1989 des Weltpostvereins (Drucksache 12/1261) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesgesundheitsamtes (Drucksache 12/1259) f) Beratung der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bericht des Bundesrechnungshofes gemäß § 99 BHO über Vorsteuererstattungen bei der Gründung von Familienpersonengesellschaften in der Land- und Forstwirtschaft (Drucksache 12/1040) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze (Drucksache 12/1202) . . . . 4075 C Tagesordnungspunkt 4: a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Juni 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/1103, 12/1131, 12/1283, 12/1307) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 14. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze (Drucksachen 12/1104, 12/1132, 12/1235, 12/1308) II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 c) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze sowie über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und FDP: Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze sowie über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zu dem Entschließungsantrag der Gruppe Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung am 6. September 1991 zu den deutschpolnischen Verträgen (Drucksachen 12/1105, 12/1107, 12/1119, 12/1317) Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . 4077 A Markus Meckel SPD 4079 B Ulrich Irmer FDP 4082 B Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 4084 A Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 4085 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . . 4087 A Dr. Ottfried Hennig CDU/CSU 4089 D Dr. Christoph Zöpel SPD 4091 C Ortwin Lowack fraktionslos 4094 C Dr. Dorothee Wilms CDU/CSU 4095 D Norbert Gansel SPD 4097 A Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 27 GO) 4097 D Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 4098 B Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften (Drucksachen 12/1125, 12/1288) Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 4099 B Dr. Ulrich Böhme (Unna) SPD 4101A Norbert Eimer (Fürth) FDP 4102B Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 4103B Walter Link (Diepholz) CDU/CSU . . . 4104 C Hildegard Wester SPD 4106D Roswitha Verhülsdonk CDU/CSU . . . 4108 C Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abfallgesetzes und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Drucksache 12/631) Otto Zeitler, Staatssekretär des Freistaates Bayern 4109B Monika Griefahn, Ministerin des Landes Niedersachsen 4111 A Birgit Homburger FDP 4112 D Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 4115 A Jutta Braband PDS/Linke Liste 4116 C Dr. Paul Laufs CDU/CSU 4117 D Dr. Liesel Hartenstein SPD 4120B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 4122D Dr. Liesel Hartenstein SPD 4124 C Harald B. Schäfer (Offenburg) SPD . . 4126B Tagesordnungspunkt 7: Beratungen ohne Aussprache a) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 05 02 Titel 686 30 — Beitrag an die Vereinten Nationen — (Drucksachen 12/1138, 12/1287) b) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksachen 12/1008, 12/1289) c) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 32 zu Petitionen (Drucksache 12/1284) d) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 33 zu Petitionen (Drucksache 12/1285) 4127 C Tagesordnungspunkt 2 (Fortsetzung): Fragestunde — Drucksache 12/1301 vom 11. Oktober 1991 — Ausländerfeindliches Verhalten von Bundeswehrsoldaten am 5. Oktober 1991 in Brake MdlAnfr 37 Margitta Terborg SPD Antw PStSekr Willy Wimmer BMVg . . 4128A ZusFr Margitta Terborg SPD 4128B Gründe für den Bau unterirdischer Bunker für Atombomben und Abstandsraketen in den US-Stützpunkten Ramstein, Hahn und Büchel Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 III MdlAnfr 38 Hans Wallow SPD Antw PStSekr Willy Wimmer BMVg . . 4128C ZusFr Hans Wallow SPD 4128D Beeinträchtigung des Tourismus im Harz durch Tiefflüge MdlAnfr 39 Dr. Eberhard Brecht SPD Antw PStSekr Willy Wimmer BMVg . . . 4129A ZusFr Dr. Eberhard Brecht SPD 4129 B ZusFr Franz Müntefering SPD 4129 C ZusFr Dr. Peter Eckardt SPD 4129 C ZusFr Dr. Burkhard Hirsch FDP 4129 D Definition der Äußerung von Bundesverteidigungsminister Dr. Stoltenberg über die „Ablösung" des Soltau-Lüneburg-Abkommens MdlAnfr 40 Arne Fuhrmann SPD Antw PStSekr Willy Wimmer BMVg . . 4130A ZusFr Arne Fuhrmann SPD 4130B ZusFr Franz Müntefering SPD 4130 C Erfahrungen mit dem Einsatz medizinischer Großgeräte nach dem SGB V MdlAnfr 41, 42 Klaus Kirschner SPD Antw PStSin Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 4130D ZusFr Klaus Kirschner SPD 4131 A ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 4131D Zahl der Ausbildungsplatzbewerber in den neuen Bundesländern bis zum i. September 1991; Zahl der vermittelten Bewerber MdlAnfr 54, 55 Eckart Kuhlwein SPD Antw PStSekr Dr. Norbert Lammert BMBW 4132A, 4133 B ZusFr Eckart Kuhlwein SPD 4132D Bewilligung von „Lehrstellenhilfen" für Ausbildungsplätze in den neuen Bundesländern; zusätzliche Fördermaßnahmen der neuen Bundesländer MdlAnfr 58, 59 Evelin Fischer (Gräfenhainichen) SPD Antw PStSekr Dr. Norbert Lammert BMBW 4133D, 4135 A ZusFr Evelin Fischer (Gräfenhainichen) SPD 4134A, 4135D ZusFr Eckart Kuhlwein SPD 4134 C Anträge für Ausbildungsstellen gemäß § 40 c AFG bis zum 1. September 1991 in den neuen Bundesländern; Beurteilung der Qualität des Angebots MdlAnfr 60, 61 Günter Rixe SPD Antw PStSekr Dr. Norbert Lammert BMBW 4136B, 4137 A ZusFr Günter Rixe SPD 4136C, 4137B Ausbildungsplätze für Bewerber aus den neuen Bundesländern in den alten Bundesländern bis zum 1. September 1991; Wechsel des Ausbildungsplatzes oder Besuch einer Schule MdlAnfr 62, 63 Dr. Peter Eckardt SPD Antw PStSekr Dr. Norbert Lammert BMBW 4137 C, 4138B ZusFr Dr. Peter Eckardt SPD 4137 D Auswirkung des wirtschaftlichen Erneuerungsprozesses in den neuen Bundesländern 1992 auf die Entwicklung des Ausbildungsplatzangebots; Ausgleich von Angebot und Nachfrage MdlAnfr 66, 67 Stephan Hilsberg SPD Antw PStSekr Dr. Norbert Lammert BMBW 4138C ZusFr Stephan Hilsberg SPD 4138 D Änderung bei der diplomatischen Anerkennung der Republiken Slowenien und Kroatien auf Grund der Erklärung des französischen Außenministers MdlAnfr 68 Claus Jäger CDU/CSU StMin Ursula Seiler-Albring AA 4139 A ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 4139A Zahl der auf Einladung der ehemaligen DDR in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Stipendiaten; Höhe der Stipendien MdlAnfr 69, 70 Gernot Erler SPD StMin Ursula Seiler-Albring AA . 4139 C, 4140 A ZusFr Gernot Erler SPD . . . . 4139D, 4140B Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde betr. Verhandlungen der Bundesregierung in den EG-Regierungskonferenzen zur Politischen Union und zur Wirtschafts- und Währungsunion Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . 4140C Peter Kittelmann CDU/CSU 4142 A Dr. Helmut Haussmann FDP 4142 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 4143 C Ursula Seiler-Albring, Staatsministerin AA 4144B Florian Gerster, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 4145 C Reinhard Freiherr von Schorlemer CDU/ CSU 4146C IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 Dr. Norbert Wieczorek SPD 4147 C Dr. Cornelie von Teichman FDP 4149A Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 4150B Dieter Schloten SPD 4151 A Dr. Hermann Schwörer CDU/CSU . . . 4152A Dr. Erich Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi 4152 D Dr. Christoph Zöpel SPD 4153B Wilfried Seibel CDU/CSU 4154 C Michael Stübgen CDU/CSU 4155C Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erweiterung des Zeugnisverweigerungsrechtes für Mitarbeiter/-innen von Presse und Rundfunk und des entsprechenden Beschlagnahmeverbotes auf selbst erarbeitetes Material (Drucksache 12/499) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erweiterung des Zeugnisverweigerungsrechts für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Presse und Rundfunk sowie des entsprechenden Beschlagnahmeverbots auf selbsterarbeitetes Material (Drucksache 12/1112) Dr. Hans de With SPD 4156D Joachim Hörster CDU/CSU 4158B Dieter Wiefelspütz SPD 4159 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 4159D Detlef Kleinert (Hannover) FDP 4160 C Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 4161 B Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ . . 4161 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes sowie Beratung eines Antrages zu den Richtlinien zur Überprüfung auf Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (Drucksache 12/1324) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Abgeordneten Ingrid Köppe und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes (Stasi-Überprüfungsgesetz) (Drucksache 12/1325) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Gruppe der PDS/ Linke Liste: Vollständige Überprüfung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung auf mögliche Kontakte zum MfS/AfNS und zum BND, MAD, VS und ausländischen Geheimdiensten (Drucksache 12/1148) Dieter Wiefelspütz SPD 4162D Friedrich Bohl CDU/CSU 4164 A Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 4165B Manfred Richter (Bremerhaven) FDP . . 4166A Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 4166D Dieter Wiefelspütz SPD 4167 C Stephan Hilsberg SPD 4167 D Dr. Jürgen Schmieder FDP 4168A Zusatztagesordnungspunkt: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung (Drucksache 12/269 Nr. 2.11) Änderung des Vorschlags für die Richtlinie des Rates zur Anlastung der Wegekosten an schwere Nutzfahrzeuge (Drucksache 12/1268) 4168B Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Strukturhilfegesetzes und zur Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheit" (Drucksache 12/1227) Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 4168C Hans Georg Wagner SPD 4169 C Arnulf Kriedner CDU/CSU 4170D Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 4172A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 4172 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 4173 C Klaus-Dieter Kühbacher, Minister des Landes Brandenburg 4174 B Carl-Ludwig Thiele FDP 4175B Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (Drucksache 12/622) Rolf Schwanitz SPD 4176 A Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 4177A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 V Franz Heinrich Krey CDU/CSU 4177 D Andrea Lederer PDS/Linke Liste 4179B Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 4180B Wolfgang Lüder FDP 4181 A Arne Börnsen (Ritterhude) SPD 4183 A Dr. Hermann Otto Solms FDP 4184 A Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 4184 D Dr. Hermann Otto Solms FDP 4186B Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Treuhänderische Verwaltung des volkseigenen Vermögens der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksachen 12/593, 12/1207) Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 4186D Dr. Christian Neuling CDU/CSU 4188 C Herbert Meißner SPD 4190D Werner Zywietz FDP 4192 B Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 4194 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 4194 B Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 4196B Nächste Sitzung 4198 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4199 * A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Frau Erika SteinbachHermann, Erwin Marschewski, Dr. Gerhard Päselt, Georg Janovski, Kurt J. Rossmanith, Frau Susanne Jaffke, Dietrich Austermann, Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese), Michael Stübgen, Horst Gibtner, Dr. Egon Jüttner, Dr. Klaus Rose, Ulrich Adam, Arnulf Kriedner, Dr. Klaus-Dieter Uelhoff, Michael von Schmude, Dieter Pützhofen, Dr. Peter Ramsauer, Benno Zierer, Heinrich Lummer, Heinz Schemken, Josef Hollerith (alle CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Juni 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit und den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 14. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze . . . 4199 * D Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wilfried Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen . 4200 * D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Claus Jäger (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen 4201 * D Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Bernhard Jagoda (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen 4202 * B Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Dietrich Mahlo (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen 4203 * C Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Helmut Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen . . 4204 * B Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Roswitha Wisniewski (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen . . 4205 * C Anlage 9 Neuregelung der Festbeträge für Arzneimittel gemäß Gesundheits-Reformgesetz MdlAnfr 43 — Drs 12/1301 — Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU SchrAntw PStSin Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 4205 * D Anlage 10 Verwehrung der Verkehrsrechte für die taiwanesische China Airlines auf deutschen Flughäfen; Freigabe von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer MdlAnfr 44, 45 — Drs 12/1301 — Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP SchrAntw PStSekr Wolfgang Gröbl BMV . 4206 * C VI Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 Anlage 11 Einsatz moderner Eisenbahnwagen auf den Interregio-Strecken; Aufwertung der Interregio-Strecke Amsterdam—Berlin zu einer Eurocity-Linie MdlAnfr 46, 47 — Drs 12/1301 — Steffen Kampeter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wolfgang Gröbl BMV . 4207* A Anlage 12 Privatfinanzierung von Autobahnen und Brücken durch die Rhein-Main-Donau AG in den neuen Bundesländern; Ausdehnung der Fernstraßenbaugesellschaft Deutsche Einheit „DEGES" auf das ganze Bundesgebiet MdlAnfr 48, 49 — Drs 12/1301 — Ernst Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wolfgang Gröbl BMV . 4207* B Anlage 13 Beurteilung des Austauschs von RecyclingPapier gegen chlorfrei gebleichtes Papier durch die TELEKOM unter umweltpolitischen Gesichtspunkten MdlAnfr 50, 51 — Drs 12/1301 — Marion Caspers-Merk SPD SchrAntw PStSekr Wilhelm Rawe BMPT . 4207* C Anlage 14 Verbesserung des Fernsprech-Auskunftsdienstes in den neuen Bundesländern MdlAnfr 52 — Drs 12/1301 — Dr. Eberhard Brecht SPD SchrAntw PStSekr Wilhelm Rawe BMPT . 4208* A Anlage 15 Verbesserung der Sicherheit von Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften durch Einrichtung von Rufanlagen zu Polizeidienststellen durch die Bundespost MdlAnfr 53 — Drs 12/1301 — Horst Peter (Kassel) SPD SchrAntw PStSekr Wilhelm Rawe BMPT . 4208* B Anlage 16 Zahl der gemeldeten und der unbesetzten Ausbildungsplätze bis zum 1. September 1991 in den neuen Bundesländern MdlAnfr 56, 57 — Drs 12/1301 — Doris Odendahl SPD SchrAntw PStSekr Dr. Norbert Lammert BMBW 4208* C Anlage 17 Entwicklung von Angebot und Nachfrage hinsichtlich der Ausbildungsplätze in den neuen Bundesländern 1992 MdlAnfr 64, 65 — Drs 12/1301 — Siegfried Vergin SPD SchrAntw PStSekr Dr. Norbert Lammert BMBW 4209* A Anlage 18 Konsequenzen für die geplante Stationierung französischer Kurzstreckenraketen aus dem beabsichtigten Abzug der US-Kurzstreckenraketen MdlAnfr 71 — Drs 12/1301 — Jürgen Augustinowitz CDU/CSU SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA . . . 4209* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 4075 50. Sitzung Bonn, den 17. Oktober 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 18. 10. 91 Beckmann, Klaus FDP 18. 10. 91 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 18. 10. 91 ** Brandt, Willy SPD 18. 10. 91 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 18. 10. 91 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 18. 10. 91 Peter Harry Clemens, Joachim CDU/CSU 18. 10. 91 Ebert, Eike SPD 17. 10. 91 Ehrbar, Udo CDU/CSU 18. 10. 91 Dr. Fischer, Ursula PDS 17. 10. 91 Formanski, Norbert SPD 18. 10. 91 Francke (Hamburg), CDU/CSU 18. 10. 91 ** Klaus Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 17. 10. 91 Genscher, Hans-Dietrich FDP 18. 10. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 18. 10. 91 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 17. 10. 91 Grüner, Martin FDP 17. 10. 91 Dr. Gysi, Gregor PDS 18. 10. 91 Habermann, SPD 17.10.91 Frank-Michael Haschke CDU/CSU 18.10.91 (Großhennersdorf), Gottfried Hauser CDU/CSU 17.10.91 (Rednitzhembach), Hansgeorg Heistermann, Dieter SPD 18. 10. 91 Huonker, Gunter SPD 18. 10. 91 Irmer, Ulrich FDP 18. 10. 91 * Jaunich, Horst SPD 18. 10. 91 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 18. 10. 91 Dr. Kappes, CDU/CSU 18. 10. 91 Franz-Hermann Kittelmann, Peter CDU/CSU 18. 10. 91 * Kohn, Roland FDP 18. 10. 91 Kolbe, Manfred CDU/CSU 17. 10. 91 Kolbow, Walter SPD 18. 10. 91 Koltzsch, Rolf SPD 18. 10. 91 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 17. 10. 91 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 17. 10. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 18. 10. 91 Lennartz, Klaus SPD 18. 10. 91 Lenzer, Christian CDU/CSU 18. 10. 91 * Marten, Günter CDU/CSU 18. 10. 91 * Matschie, Christoph SPD 17. 10. 91 Molnar, Thomas CDU/CSU 18. 10. 91 Müller (Düsseldorf), SPD 18. 10. 91 Michael Neumann (Gotha), SPD 18. 10. 91 Gerhard Nolte, Claudia CDU/CSU 18. 10. 91 Dr. Olderog, Rolf CDU/CSU 18. 10. 91 Paterna, Peter SPD 18. 10. 91 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 18. 10. 91 Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 17. 10. 91 Susanne Reinhardt, Erika CDU/CSU 17. 10. 91 Rempe, Walter SPD 18. 10. 91 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 17. 10. 91 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 18. 10. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 18. 10. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 18. 10. 91 Schily, Otto SPD 18. 10. 91 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 18. 10. 91 Hans Peter Dr. Schneider CDU/CSU 18. 10. 91 (Nürnberg), Oscar Schuster, Hans Paul FDP 17. 10. 91 Hermann Schwanitz, Rolf SPD 18. 10. 91 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 18. 10. 91 Christian Sielaff, Horst SPD 17. 10. 91 Steiner, Heinz-Alfred SPD 18. 10. 91 * Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 18. 10. 91 Titze, Uta SPD 18. 10. 91 Toetemeyer, SPD 17.10.91 Hans-Günther Uldall, Gunnar CDU/CSU 17. 10. 91 Vergin, Siegfried SPD 18. 10. 91 Dr. Vogel, Hans-Jochen SPD 18. 10. 91 Voigt (Frankfurt), SPD 18. 10. 91 ** Karsten D. Dr. Waffenschmidt, Horst CDU/CSU 18. 10. 91 Dr. Waigel, Theo CDU/CSU 17. 10. 91 Walz, Ingrid FDP 17. 10. 91 Westrich, Lydia SPD 17. 10. 91 Wohlleben, Verena SPD 17. 10. 91 Ingeburg Wolfgramm (Göttingen), FDP 17. 10. 91 Torsten Zurheide, Burkhard FDP 18. 10. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Frau Erika Steinbach-Hermann, Erwin Marschewski, Dr. Gerhard Päselt, Georg Janovski, Kurt J. Rossmanith, Frau Susanne Jaffke, Dietrich Austermann, Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese), Michael Stübgen, Horst Gibtner, Dr. Egon Jüttner, Dr. Klaus Rose, Ulrich Adam, Arnulf Kriedner, Dr. Klaus-Dieter Uelhoff, Michael von Schmude, Dieter Pützhofen, Dr. Peter Ramsauer, Benno Zierer, Heinrich Lummer, Heinz Schemken, Josef Hollerith (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Juni 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute 4200* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit und den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 14. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze Dem Vertrag über die Bestätigung der bestehenden Grenze können wir nicht zustimmen, da wir uns, ausgehend von der Geschichte, der Rechtslage und im Hinblick auf den Grenzen überwindenden europäischen Einigungsprozeß, im Vorfeld des Vertrages gegen eine isolierte deutsch-polnische Grenzregelung gewandt und für eine in die Zukunft gerichtete Lösung aller offenen deutsch-polnischen Fragen eingesetzt haben. Dem Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit stimmen wir in der Hoffnung zu, daß durch ihn eine umfassende Zusammenarbeit und zukunftsgewandte Nachbarschaft beider Länder und Völker in einem zusammenwachsenden Europa eröffnet wird. Wir unterstützen die Politik von Bundeskanzler Helmut Kohl, „in den Gebieten jenseits von Oder und Neiße ein Modell friedlichen Zusammenlebens in Europa zu gestalten", und wollen wie er dort „gemeinsam Zeichen setzen, wie in einem Europa der Vielfalt die verschiedenen Völker und Kulturen einträchtig zusammenleben". Wie der Bundeskanzler „setzen wir auf eine dynamische Vorwärtsbewegung zwischen unseren Völkern", die „vor allem den Menschen in unseren Ländern zugute kommen" soll. Dabei werden wir entschieden darauf hinwirken, in einem Geist der Verständigung, der vertrauensvollen Zusammenarbeit und in zukunftsgewandten Formen berechtigte Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen und der jenseits von Oder und Neiße lebenden Deutschen schrittweise zu verwirklichen, für die in dem Vertrag noch keine befriedigenden Lösungen gefunden werden konnten. Dies gilt insbesondere für die Verwirklichung des Rechtes auf die Heimat sowie für eine einvernehmliche und dem ökonomischen und ökologischen Wiederaufbau dienende Regelung der durch den Vertrag offen gebliebenen Eigentums- und Vermögensfragen. Wir bleiben den Idealen der Charta der deutschen Heimatvertriebenen vom 5. August 1950 verpflichtet: — Schaffung eines geeinten Europas, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können, — Anerkennung und Verwirklichung des Rechtes auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit, — Hand anzulegen ans Werk, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden wird. Nein zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze: Erika Steinbach-Hermann Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese) Erwin Marschewski Dr. Gerhard Päselt Josef Hollerith Georg Janovski Dr. Peter Ramsauer Arnulf Kriedner Kurt. J. Rossmanith Susanne Jaffke Dietrich Austermann Hartmut Koschyk Benno Zierer Enthaltung zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze: Michael Stübgen Horst Gibtner Heinz Schemken Heinrich Lummer Dr. Egon Jüttner Dr. Klaus Rose Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Ulrich Adam Michael von Schmude Dieter Pützhofen Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wilfried Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen (Tagesordnungspunkt 4) Der gemeinsamen Entschließung zur deutsch-polnischen Grenze (Drucksache 11/7465) vom 21. Juni 1990 habe ich mit der Erklärung zugestimmt (Bundestagsprotokoll 11/217 vom 21. Juni 1991, S. 17287), daß erstens in der damaligen Situation die Wiedervereinigung anders nicht zu erreichen sei und zweitens die Deutschen in Polen umfangreiche Volksgruppenrechte im Rahmen des auszuhandelnden Vertragswerkes erhalten sollten. Durch die Feststellung Bundesaußenminister Genschers „Die Bestätigung der bestehenden Grenze ist die freie Entscheidung der Deutschen. Sie ist uns von niemanden aufgezwungen worden" bei der Unterzeichnung des Grenzvertrages in Warschau ist das Junktim nicht mehr zu erkennen, daß mich zu der Zustimmung zur Erklärung am 21. Juni 1990 bewogen hat. In den letzten Monaten hat sich der vollkommene Zusammenbruch des Kommunismus und des sowjetischen Imperiums in einem atemberaubenden Prozeß ständigen Wandels vollzogen. Die Bemühungen unserer östlichen und südöstlichen Nachbarvölker, durch demokratisch legitimierte Regierungen, Grundlagen für die Marktwirtschaft sowie dauerhaf- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 4201* tes Miteinander untereinander und mit ihren Nachbarn im Westen zu schaffen, stecken noch in den Anfängen. Die Geschichte lehrt, daß Zeiten eines solchen raschen Wandels ungeeignet für den Abschluß eines auf Dauer angelegten Vertrages sind, in diesem konkreten Fall sowohl im Hinblick auf die 700jährige Geschichte der deutschen Ostgebiete als auch im Hinblick auf die Gestaltung der gemeinsamen Zukunft in Frieden, Freiheit und Demokratie. Angesichts dieser Entwicklung, für die die Überwindung des Stalin-Hitler-Pakts im Baltikum nur ein Beispiel ist, ergibt sich im Verältnis aller Völker in Europa zueinander die Chance einer auf den Grundsätzen der Atlantik-Charta aus dem Jahr 1941 beruhenden gemeinsamen Zukunft. Erst wenn sich aufgrund demokratischer Entscheidungen frei gewählter Parlamente und in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts im ehemals kommunistischen Machtbereich erkennbar stabile politische Strukturen herausgebildet haben werden, wird es möglich sein, die historische Chance des Zusammenwachsens eines demokratischen Europas zu nutzen, zu dem der Europarat, die KSZE und die Europäische Gemeinschaft den Weg weisen. Das gilt insbesondere für das deutsch-polnische Verhältnis, für das ein zur Unzeit ausgehandelter Vertrag ebenso den Keim zu neuer Zwietracht legen kann wie das Beharren im alten Denken und das Festschreiben überholter Positionen. Immer wieder weisen demokratische Politiker in Polen darauf hin, daß die auf auf Verständigung mit Polen angelegte deutsche Politik der vergangenen Jahrzehnte wohl oder übel zugleich der Stabilisierung der kommunistischen Herrschaft gedient habe. Gegenwärtig ergeben sich in Polen durch die Entwicklung der letzten Monate eine Fülle von neuen Erkenntnissen in wirtschaftlicher, menschenrechtlicher und territorialer Hinsicht, insbesondere bei der Einschätzung der Probleme nationaler Minderheiten. So werden für die polnischen Minderheiten in Litauen, Weißrußland und der Ukraine im Blick auf Selbstverwaltung, Amtssprache und Schulwesen Rechte gefordert, die im eigenen Staatsgebiet der deutschen Volksgruppe noch verweigert und auch in dem vorliegenden Vertragswerk nicht gewährt werden. Es ist heute durchaus vorstellbar, daß Polen, nachdem es noch vor wenigen Jahren durch seine kommunistischen Machthaber das Vorhandensein einer deutschen Minderheit östlich von Oder und Neiße energisch bestritten hat, zwar heute das Bestehen einer deutschen Volksgruppe nicht mehr in Abrede stellt, doch schon in kurzer Zeit dieser Minderheit Rechte zu gewähren und zu garantieren bereit sein könnte, wie sie von Polen für polnische Minderheiten in den während der letzten Monate entstandenen Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu Recht beansprucht werden. Hinzu kommt, daß nach dem Zusammenbrechen der totalitären kommunistischen Herrschaft in Polen und in der Zeit, in der das zur Abstimmung stehende Vertragswerk ausgehandelt worden ist, die innenpolitische Situation des Landes nicht nur von einem ungeklärten Verhältnis zu den über vier Jahrzehnten tabuisierten nationalen Minderheiten (nicht nur der deutschen) geprägt ist, sondern auch von einem noch immer starken Einfluß der kommunistischen Nomenklatura. Die Lage in Polen ist überdies nicht nur von gewaltigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten geprägt, sondern auch von ideologischen Hemmnissen und Vorbehalten gegen die marktwirtschaftliche Ordnung, die einer Gesundung der Wirtschaft entgegenstehen, was dazu führt, daß immer wieder demokratische polnische Politiker ihre Sorge über die künftige staatliche Ordnung ihres Landes öffentlich äußern. Der Europarat verweigert Polen noch die Mitgliedschaft, weil es nur über ein teilweise demokratisch legitimiertes Parlament verfügt und erst am 27. Oktober 1991 sein erstes demokratisches Parlament wählen wird. Angesichts der geschilderten neuen Entwicklungen fehlen im vorliegenden Vertragswerk die notwendigen Garantien der Volksgruppenrechte und ihre Umsetzung in die innerstaatliche Gesetzgebung und Verwaltungspraxis Polens sowie unabdingbare bilaterale Schiedsstellen und Schlichtungsverfahren für Streitfälle. Der für die Zukunft der deutschen Volksgruppe wichtigen Gruppe ausgesiedelter und in der Heimat verbliebener junger Menschen werden durch das Vertragswerk in ihrer Heimat keine Perspektiven eröffnet, obwohl gerade sie in bevorzugter Weise die Brückenfunktion zwischen Deutschland und Polen in der Zukunft übernehmen könnte. Im Gegensatz zu Rußland und Litauen läßt Polen noch nicht die Bereitschaft erkennen, die angestammte deutsche Bevölkerung und deutsche Investoren am notwendigen gemeinsamen Aufbau zu beteiligen und im Zusammenhang damit das Recht auf Heimat anzuerkennen. Aus den genannten Gründen kann ich beiden Teilen des Vertragswerkes nicht zustimmen, weil sie nach Auskunft der Bundesregierung in einem unauflösbaren Zusammenhang miteinander stehen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Claus Jäger (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen (Tagesordnungspunkt 4) Dem Grenzvertrag mit Polen vom 14. November 1990 vermag ich meine Zustimmung nicht zu geben. Die Bundesregierung hat nicht in einer für mich überzeugenden Weise dartun können, daß die Abtretung eines nicht unbeträchtlichen Teiles des deutschen Staatsgebietes unabdingbare Voraussetzung der deutschen Einheit gewesen sei. Nur unter dieser Voraussetzung wäre jedoch eine solche Abtretung zu verantworten. Die Aufrichtung neuer Grenzen in Europa in einer Zeit des Strebens nach europäischer Einheit 4202* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 ist außerdem ein Ausdruck überholter nationalstaatlicher Politik; es ist kein überzeugender Versuch unternommen worden, für die deutschen Ostgebiete eine europäische Lösung zu finden, die Polen und Deutschen gleichermaßen hätte gerecht werden können. Schließlich war die Bezugnahme auf das Abkommen vom 6. Juli 1950 zur Festlegung der Oder-NeißeGrenze zwischen der DDR und dem damals kommunistisch regierten Polen, das vom Ulbricht-Regime abgeschlossen worden war und das der Deutsche Bundestag mit Ausnahme der damaligen Kommunisten einmütig für null und nichtig erklärt hat, politisch und rechtlich unzulässig. Dem Nachbarschaftsvertrag mit Polen vom 17. Juni 1991 werde ich dagegen trotz erheblicher Bedenken zustimmen. Auch wenn bedeutende Fragen wie die Verwirklichung des Rechts auf Heimat, die Staatsangehörigkeit und die Regelung der bisher offenen Eigentums- oder Vermögensfragen ausgeklammert worden sind, enthält der Vertrag doch die Anerkennung der deutschen Volksgruppe als offizielle Minderheit und die Regelung zahlreicher praktischer Fragen im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Menschenrechte und Minderheitenrechte der deutschen Volksgruppe. Er öffnet damit die Tür zu einer positiven Entwicklung des deutsch-polnischen Verhältnisses. Ein Ja zu diesem Vertrag ist somit vertretbar. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Bernhard Jagoda (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen (Tagesordnungspunkt 4) Dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze kann ich nicht zustimmen. In Art. 1 des Vertrages vom 14. November 1990 beziehen sich die vertragsschließenden Parteien in bezug auf den Verlauf der Grenze auf das Abkommen vom 6. Juli 1950 zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Polen und auf den Vertrag vom '7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen. Diese Verträge gehen von einer völlig gegensätzlichen völkerrechtlichen Lage ganz Deutschlands aus. Das Görlitzer Abkommen unterstellt — nach Auffassung der westlichen Siegermächte, des Deutschen Bundestages (Erklärung Löbe) und der Bundesregierung im Jahre 1950 — rechtswidrig den Untergang ganz Deutschlands. Der Warschauer Vertrag jedoch geht als konkretisierter Gewaltverzicht vom Fortbestand Deutschlands in seinen rechtmäßigen Grenzen aus. Im Mai 1972 haben Bundestag und Bundesrat festgestellt, daß bis zu diesem Zeitpunkt keine Rechtsgrundlagen für die „heute bestehenden Grenzen Deutschlands" geschaffen wurden. Das Bundesverfassungsgericht hat zu dem Warschauer Vertrag von 1970 in seinem Beschluß von 1975 ausdrücklich bestätigt, daß Deutschland in den Grenzen von 1937 fortbesteht und durch diesen Vertrag von 1970 keine Anerkennung einer anderen Grenze und des Gebietsübergangs vorgenommen wurde. Jetzt wird in der von einem tiefen Dissens belasteten Kernvorschrift des Art. i „die zwischen ihnen bestehende Grenze " ohne Vereinbarung eines Rechtsgrundes und eines Zeitpunktes des rechtlichen Zustandekommens „bestätigt" . Nach meiner Überzeugung ist es nicht möglich, eine Grenze zu bestätigen, die es bisher rechtlich nicht gab. Wenn schon wegen des deutschen Einigungsprozesses oder wegen politischer Zwänge und internationaler Gegebenheiten Deutschland die Grenzen von 1937 nicht behalten kann und wenn eine Abtretung deutschen Gebietes Grundlage für einen europäischen Einigungsprozeß sein sollte, dann wäre diese Grenze in einem Kompromiß neu auszuhandeln gewesen. Ich habe nicht den Eindruck, daß über die Grenzziehung hinreichend verhandelt wurde, sonst hätte zumindest ernsthaft erörtert werden müssen, ob nicht wenigstens Städte und Gemeinden, die durch diese Linie geteilt sind, wieder zusammengefügt werden können (z. B. Görlitz, Guben, Frankfurt/Oder), oder warum die Oder bis zu ihrer Mündung nicht die Grenze zwischen Deutschland und Polen bildet. Ein weiterer tragfähiger Ausgleich in Gebietsfragen hätte erheblich zu einer dauerhaften Verständigung zwischen Polen und Deutschland beigetragen. So wünschenswert es auch ist, daß die Grenzen in Europa in Zukunft mehr und mehr ihren trennenden Charakter verlieren, so ist doch eine glaubwürdige Regelung der Gebietsfrage für eine zukünftige positive Entwicklung zwischen beiden Völkern in Europa unverzichtbar. Das zwingende Recht der freien Selbstbestimmung — seit fast zwei Jahrzehnten unabdingbar und unverzichtbar — aller Staatsvölker und auch des deutschen Volkes, unter besonderer Achtung der Betroffenen, wird weder beim Vertragsinhalt noch beim Vertragsgesetz beachtet. Auch dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit kann ich nicht zustimmen. Das große Unrecht und Leid, das Polen während der Diktatur Hitlers zugefügt wurde, aber auch das Unrecht der Vertreibung und die dauerhafte Benachteiligung der Deutschen in ihrer Heimat, belasten als schwere Hypothek die notwendige Verständigung, Aussöhnung und enge Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschen. Deshalb ist der Versuch grundsätzlich zu begrüßen, den schwierigen Aussöhnungsprozeß mit einem Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zu fördern. Ich erkenne an, daß dieser Vertrag auch positive Elemente enthält. Der beiden Völkern bevorstehende Weg zur Verständigung und Zusammenarbeit wird lang und schwer sein, und auch Rückschläge sind nicht auszuschließen. Deshalb hätte ich erwartet, daß dieser Ver- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 4203* trag Elemente liefert, die den sehr differenzierten europäischen und internationalen Standard bilateral präzisieren und verbessern. Polen will der EG und dem Europarat beitreten. Dabei wird es notwendig sein, daß Polen der Europäischen Menschenrechtskonvention samt Zusatzprotokoll beitritt und sich der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes unterwirft. Den politischen UN-Menschenrechtspakt hat Polen schon ratifiziert. Diese beiden Verträge schützen wirksamer und wesentlich verbindlicher als der Nachbarschaftsvertrag die Rechte der Deutschen und der deutschen Volksgruppe in ihrer Heimat. Die Europäische Menschenrechtskonvention gewährleistet international die Anwendung der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte für jedermann am jeweiligen Wohnsitz — ungeachtet der Staatsangehörigkeit. Der Nachbarschaftsvertrag gestattet den Angehörigen der deutschen Minderheit jedoch nur, „sich wie jedermann wirksamer Rechtsmittel zur Verwirklichung ihrer Rechte im Einklang mit den nationalen (polnischen) Rechtsvorschriften zu bedienen. " Präzise Rechtsvorschriften für Minderheiten fehlen in Polen jedoch weitgehend. Das Vierte Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet alle Rechte, die man unter dem Begriff des Rechtes auf die Heimat zusammenfaßt, der Nachbarschaftsvertrag schweigt sich über dieses Recht völlig aus. Nach dem Völkerrecht und nach der Haager Landkriegsordnung ist die Konfiskation des Eigentums — auch der deutschen Staatsangehörigen — unzulässig. Der Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrag regelt in keiner Weise eine zumutbare Wiedergutmachung für Schäden an Leib und Leben sowie Eigentum. Art. 25, 26 und 27 sowie andere Artikel des politischen UN-Menschenrechtspaktes verbieten die Diskriminierung aus nationalen Gründen beim Zugang zu Ämtern, bei Wahlen, bei der Religionsausübung, bei der Pflege des eigenen kulturellen Lebens und der eigenen Sprache, zusammen mit anderen Angehörigen der eigenen nationalen Gruppe. Das auch von Polen ratifizierte Übereinkommen vom 7. März 1966 gegen die Diskriminierung aus Gründen des Volkstums verpflichtet auch zu „Sondermaßnahmen für den Schutz" nationaler Gruppen, was Polen in der Praxis ablehnt. Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet ferner den Minderheiten das eindeutige Recht auf Zusammenschluß. Dies alles wirkt in der Durchsetzung unabhängig vom „Einklang" mit polnischen nationalen Rechtsvorschriften und geht viel weiter als die Möglichkeiten, die die heute weitgehend noch nicht reformierte kommunistische polnische Verfassung von 1952 eröffnet. Vor allem schützen aber die Europäische Kommission für Menschenrechte und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte durch praktisch erprobte Rechtskontrolle die Menschen- und Gruppenrechte vor Verletzungen und Beseitigung. In vielen Fällen wirkten und wirken Schiedsgericht und Schiedsstellen zwischen Streitenden friedensstiftend. Leider sieht der Nachbarschaftsvertrag diese auch in Minderheitsfragen erprobten Einrichtungen nicht vor. Nach zwei Jahrhunderten schwerer Spannungen zwischen Polen und Deutschen halte ich eine tragfähige und glaubwürdige Verständigung, eine enge Zusammen- und Wiederaufbauarbeit für geschichtlich geboten, ja sogar unabdingbar für unsere künftige Generation. Dies erfordert von beiden Seiten die Kraft, Fehler und Schuld zu bekennen und daraus die Lehre zu ziehen, in ausgewogenem Geben und Nehmen dies ehrlich, überzeugend und umfassend zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Garantie für freie Erhaltung und Entfaltung der Eigenart der deutschen Volksgruppe. Der Nachbarschaftsvertrag schafft dies leider nicht. Ich wünsche den Deutschen und Polen in meiner Heimat, daß sie trotz unzureichender Verträge den Neuanfang schaffen, um sich selbst und den kommenden Generationen den Weg zu einem friedlichen und dauerhaften Miteinander zu bahnen. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Dietrich Mahlo (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetzenwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen (Tagesordnungspunkt 4) Ich kann, anders als die große Mehrheit dieses Hauses, bei aller Anspannung von Gewissen und Verstand, die Oder-Neiße-Grenze nicht gutheißen. Ich lehne die willkürliche Verschiebung von Landesgrenzen und die Wegnahme jahrhundertealter Siedlungsgebiete eines Volkes als Mittel der Politik ab, übrigens unabhängig davon, wer Nutznießer und wer Leidtragender solcher Annexionen ist. Die gegenleistungslose Aneigung von einem Viertel des nach Versailles verbliebenen deutschen Staatsgebietes ist nicht angemessen. Die jetzige Grenze ist ahistorisch und völkerrechtswidrig, ihr Geist nicht europäisch, sondern nationalistisch, der Versuch, sie zu rechtfertigen, unwahrhaftig. Plätze wie Breslau, Stettin, Königsberg sind deutsche Städtegründungen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Ich bedauere, daß das polnische Volk, das seine Geschichte so hochhält, nicht auch die Geschichte eines Nachbarvolkes achten kann. Ich bedaure, daß in einem Augenblick, in dem Europa in letzten Spuren Stalins tilgt, auf der Einhaltung dieser Grenzziehung Stalins unnachgiebig und nicht frei von Hochmut bestanden wird. Ich behaupte, daß andere, uns weniger verletzende Lösungen denkbar sind, und zwar ohne daß eine Vertreibung der jetzt dort Lebenden damit verbunden wäre. Man sagt, die Massenvertreibung der deutschen Zivilbevölkerung sei als gerechte Kriegsfolge zu akzeptieren. Ich bin nicht einer, der von den Verbrechen der Deutschen während des Krieges nicht genug an- 4204* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 geekelt wäre. Ich bezweifle nicht, daß ein Volk für seine Untaten haften muß — nicht wegen einer dröhnend zur Schau zu stellenden, angeblichen negativen Einzigartigkeit der Deutschen, sondern schlicht aus Anstand. Allerdings gehören neben Chauvinismus und Schuld der Deutschen, an denen es nichts zu relativieren gibt, auch Chauvinismus und Schuld der Polen auf die Waagschale. Die Prinzipien politischer Moral gelten universell. Es heißt, ohne Zustimmung zur Oder-Neiße-Linie gäbe es keine Wiedervereinigung. Das bedeutet, daß im Falle der Deutschen die Ausübung der Selbstbstimmung völkerrechtswidrig von der Abtretung eines Teils ihres Landes abhängig gemacht wurde. Wer so begründet, begründet schlüssig. Er sagt, Macht geht vor Moral. Aber wen befriedigt das? Und wieviel ist die Willenserklärung eines Erpreßten wert? Ich bin nicht Mitglied einer Vertriebenenorganisation. Ich bin kein Nationalist. Nationalismus ist eher ein Symptom für politische Unreife. Aber ich bin auch keiner, der sein eigenes Volks haßt und fremden Maximalforderungen an uns applaudiert. Gestern wollten wir die halbe Welt unterjochen, heute wollen wir ganze Provinzen abtreten, die jahrhundertelang der Siedlungs- und Kulturraum unserer Vorfahren waren. Vielleicht wäre die Welt uns gegenüber weniger mißtrauisch, wenn wir gestern mehr Maß und heute mehr Festigkeit zeigten. Diejenigen, die augenzwinkernd auf das Aussitzen des Problems durch den Tod der unmittelbar Betroffenen kalkulieren, könnten irren. Die Geschichte zeigt, gerade auch in diesen Tagen: Völker haben ein langes Gedächtnis. Ich bezweifle, daß das Bestehen auf der Abtretung von 25 % unseres Landes wirklich die ideale Voraussetzung für Vertrauen und Freundschaft zwischen Deutschen und Polen sein wird. Wenn wir Aussöhnung wollen, und welcher Einsichtige will sie nicht, wenn ein gemeinsames abendländisches Kulturbewußtsein zwischen Deutschen und Polen entstehen soll, kann dies glaubwürdig nur auf der Grundlage gegenseitigen Nachgebens, nicht einseitiger, sondern beidseitiger Opfer heranwachsen. Geschichte hat viele Optionen, sie braucht sich nicht zu wiederholen. Aber es könnte durchaus sein, daß wir mit dieser geschichtswidrigen Grenze kommenden Generationen ein fatales Erbe hinterlassen haben. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Helmut Sauer (Salzgitter) (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen (Tagesordnungspunkt 4) Im Laufe meiner Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag habe ich seit 1972 vielfach zum deutschpolnischen Verhältnis Stellung bezogen. Immer habe ich mich dabei leiten lassen vom Geist der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen", in der auf Rache und Vergeltung verzichtet, der Weg zu einem geeinten Europa, in dem alle Menschen ohne Furcht und Zwang leben sollen, aufgezeigt und die Verwirklichung des Rechtes auf die Heimat und die Durchsetzung aller Menschenrechte verlangt wird. In diesem Bemühen habe ich immer im Rechtsgehorsam um eine gerechte Lösung für alle beteiligten Volksgruppen gestritten. Ich verweise auf meine zuletzt abgegebene Erklärung zum Einigungsvertrag in der 226. Sitzung des Deutschen Bundestages am 20. September 1990. In dieser Erklärung habe ich dem Einigungsvertrag meine Zustimmung gegeben, „um die Vereinigung der nunmehr beiden freien Teile Deutschlands (West- und Mitteldeutschland) nicht zu behindern" . Dabei habe ich wegen der damit verbundenen Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als unserer Ostgrenze der Hoffnung Ausdruck gegeben, „daß im deutsch-polnischen Bereich mit neuen Verantwortlichen in Warschau in europäischer Zielrichtung und auf dem Fundament von Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit für alle beteiligten Volksgruppen Lösungsmöglichkeiten gesucht, erarbeitet und durchgesetzt werden". Zu diesem für mich als Schlesier nicht leichten Schritt beim Einigungsvertrag in bezug auf die Abtretung Ostdeutschlands sah ich mich gezwungen auf Grund der nach den Zwei-plus-Vier-Verträgen entstandenen neuen Rechtslage und der in diesem Zusammenhang vom Bundeskanzler verbindlichen Aussage, daß die Erlangung der Vereinigung nur mit einer Grenzanerkennung der Oder-Neiße-Linie erreichbar sei. Der Bundeskanzler hat in diesem Zusammenhang mehrmals von einer „conditio sine qua non" gesprochen. Dieser Aussage des Bundeskanzlers steht die Interpretation des Bundesaußenministers im Bundesrat und im Auswärtigen Ausschuß entgegen, daß die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze „freiwillig und ohne Druck und Zwang von außen von Regierung und Parlament vorgenommen werde". Diesen Widerspruch hat die Bundesregierung trotz meiner und von anderen Kollegen eingebrachten schriftlichen Parlamentsanfragen nicht aufgeklärt. Die Bundesregierung hat nach Bekanntwerden der beiden Polen-Verträge meine konkreten Parlamentsanfragen z. B. zur Rechtsgrundlage der Oder-NeißeLinie, zum rechtsgestaltenden Akt als Grenze und zum Zeitpunkt des Übergangs der territorialen Souveränität, zur freien Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des ganzen Volkes und nicht nur stellvertretend durch die Parlamentarier, zur Frage des Rechts auf die Heimat, zu vermögensrechtlichen Fragen bzw. zum Rückkehrrecht, zur Staatsangehörigkeit und zur rechtlichen Absicherung eines qualifizierten Volksgruppenrechtes der deutschen Minderheit in Polen jeweils mit ausweichenden, unzureichenden und schwammigen Antworten bedacht, die zum Teil für die betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger, um es gelinde auszudrücken, eine Zumutung gewesen sind. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 4205* Auf Grund der parlamentarischen Beratungen und zahlreicher Stellungnahmen aus der Koalition und den Koalitionsfraktionen sehe ich auch unterschiedliche Beweggründe, insbesondere beim Außenminister und bei Teilen der FDP, zum Abschluß beider Verträge. Mit Verbitterung muß ich aus meiner Sicht ferner bekunden, daß die für die Vertragsverhandlungen Verantwortlichen auf den Dialog und die Aussprache mit den betroffenen heimatvertriebenen Deutschen und ihren Organisationen in der Vorbereitung der Verträge wenig Wert gelegt haben. Gradezu unerträglich ist die Tatsache, daß sich die Bundesrepublik Deutschland entgegen dem einmütigen Votum des Deutschen Bundestages vom 13.6. 1951 auf den „Görlitzer (Schand-)Vertrag" beruft. Kann denn Unrecht die Grundlage wahren Friedens werden? Erstens. Auf Grund offensichtlich widersprüchlicher Aussagen, des Bundeskanzlers ( „conditio sine qua non") und des Außenministers (freiwillige und ohne Druck bzw. Zwang Grenzanerkennung) kann ich diesem Grenzvertrag nicht zustimmen, der meiner Ansicht nach nur auf machtpolitischen Druck und wegen mangelhafter Unterstützung unserer Verbündeten und insbesondere unserer europäischen (befreundeten!) Nachbarstaaten abgeschlossen werden muß. Im Nachbarschaftsvertrag werden trotz verschiedener vorhandener Mängel konkrete Vorhaben vereinbart, die ich weitestgehend begrüßen kann und auch in Zukunft unterstützen werde. Für diese, die in den Oder-Neiße-Gebieten verbliebene deutsche Volksgruppe betreffenden Vorhaben, sind jedoch im Grunde genommen lediglich weltweit bereits anerkannte und praktizierte Prinzipien aus internationalen Vereinbarungen zu Menschenrechtsfragen zur Grundlage gemacht worden. Zu ihnen hat sich Polen völlig unabhängig vom deutsch-polnischen Verhältnis bereits international verbindlich verpflichtet. Warum bedurfte es bei dieser Wiederholung von zugesagten internationalen Verpflichtungen der Anerkennung der von Stalin durchgesetzten Unrechtsgrenze an Oder und Görlitzer Neiße? Warum im Hinblick auf die zu erwartenden europäischen Entwicklungen zu einem Europa der Regionen die Anerkennung einer Unrechtsgrenze? Die Republik Polen, deren demokratische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung auch entscheidend von erbetenen deutschen Hilfen abhängig sein wird, hätte auf ihre Maximalforderung der Grenzanerkennung auf Grund des abgeschlossenen Warschauer Vertrages und der KSZE-Vereinbarungen verzichten können. Zweitens. Im sogenannten Nachbarschaftsvertrag wird ebenfalls von der Grenzanerkennung ausgegangen. Daher bedauere ich, auch diesem Vertrag meine Zustimmung verweigern zu müssen. Bei diesem Schritt bestärkt mich auch die umfassende Stellungnahme des Sprechers der Deutschen Freundschaftskreise in Oberschlesien zu den Vertragswerken, die dieser im Namen seiner Landsleute gegenüber dem Bundeskanzler schriftlich abgegeben hat. Hier wird die Praxis im Alltag unserer Landsleute in Oberschlesien geschildert. Da der zustimmende Mehrheitswille des Bundestages zu diesem Vertragswerk bekannt ist, werde ich nach dem Zustandekommen der Verträge diese respektierend, meine Arbeit für eine Verbesserung des deutsch-polnischen Verhältnisses im allgemeinen, für eine bessere Lebensqualität unserer deutschen Landsleute daheim und für die nicht gelösten Anliegen meiner heimatvertriebenen Landsleute fortsetzen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Roswitha Wisniewski (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe zu den Verträgen mit der Republik Polen (Tagesordnungspunkt 4) Den Verträgen über die Bestätigung der bestehenden Grenzen und über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit stimme ich trotz erheblicher Bedenken zu, weil ich in diesen Verträgen die Voraussetzung für die Herstellung der deutschen Einheit, die gerade auch im Hinblick auf die Heimatvertriebenen in der ehemaligen DDR notwendig war, und den Beginn deutsch-polnischer Zusammengehörigkeit in europäischem Rahmen sehe. Als Heimatvertriebene aus Pommern habe ich das furchtbare Schicksal vieler Millionen Deutscher aus Pommern, Schlesien, Ost- und Westpreußen vor Augen, das diese durch die Vertreibung aus ihrer Heimat oder durch jahrzehntelanges Leben als deutsche Minderheit erleiden mußten. Darüber zu schweigen stünde ganz im Widerspruch zu den weltweiten Diskussionen über Selbstbestimmung der Völker und Rückgabe besetzter Gebiete. Ich erkläre deshalb ausdrücklich, daß ich durch meine Zustimmung zu den Verträgen nicht das schwere Verbrechen der Vertreibung billige. Vielmehr gehe ich davon aus, daß es dem polnischen Volk ein Bedürfnis sein wird, im Geist der Aussöhnung zur Wiedergutmachung — etwa in dem im Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen angedeuteten Rahmen — bereit zu sein, so wie ich es begrüße, daß das deutsche Volk seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung durch die Einrichtung der Stiftung „deutsch-polnische Aussöhnung" erneut unter Beweis stellt. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Frage des Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) (Drucksache 12/1301 Frage 43): Welche Gründe sind maßgeblich dafür, daß bis Ende 1991 die damaligen Zielvorstellungen bei Schaffung des GesundheitsReformgesetzes, die von einem Festbetragsanteil von ca. 80 % des GKV-Umsatzes ausgegangen sind, nicht erreicht werden, 4206* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 und hält die Bundesregierung es für notwendig, die gesetzlichen Anforderungen und das Verfahren für das Zustandekommen von Festbeträgen zu verändern, wenn die Festsetzung vereinfacht und beschleunigt und der Anteil der Festbetrags-Arzneimittel maximal ausgeschöpft werden soll? Für die Bildung von Arzneimittel-Festbeträgen hat der Gesetzgeber ein zweistufiges Verfahren vorgesehen: — Zunächst bestimmt der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V die Arzneimittelgruppen, für die Festbeträge festgesetzt werden können. Die dafür notwendigen fachlichen Beratungen werden im Arbeitsausschuß „Arzneimittelrichtlinien'' des Bundesausschusses durchgeführt. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses wird Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese Stellungnahmen werden mit Unterstützung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ausgewertet und begutachtet. — Anschließend setzen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich den jeweiligen Festbetrag für die vom Bundesausschuß beschlossenen Arzneimittelgruppen auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tagesoder Einzeldosen fest. Vor dieser Bestimmung der Höhe der Festbeträge werden wiederum Sachverständigenanhörungen durchgeführt. Durch die bisher festgesetzten Festbeträge wird ein Einsparvolumen von ca. 1 Milliarde DM jährlich realisiert. Bis Ende 1991 werden für ca. ein Drittel der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung Festbeträge festgesetzt sein. Aufgrund der von der Koalition beschlossenen Verschiebung des Inkrafttretens der prozentualen Zuzahlung auf den 1. Oktober 1992 wird Zeit gewonnen, um für weitere 10 v. H. der Arzneimittelausgaben Festbeträge festzusetzen. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ist davon auszugehen, daß insgesamt für einen Anteil von 50 bis höchstens 60 v.H. der Arzneimittelausgaben Festbeträge festgesetzt werden können. Die bei der Beratung des Gesundheits-Reformgesetzes vom Bundesarbeitsministerium genannte Schätzung eines Anteils von bis zu 80 v.H. festbetragsfähiger Arzneimittelausgaben basierte auf der im Regierungsentwurf enthaltenen Formulierung der Festbetragsregelung, die im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens allerdings geändert worden ist. Zu der Verzögerung des Umsetzungsprozesses hat eine Reihe von Faktoren beigetragen, u. a. — zeitaufwendige Fachdiskussionen über die pharmakologisch-therapeutischen Fragen der Bildung von Festbetragsgruppen, insbesondere für die Stufen 2 und 3 der Festbeträge (Arzneimittel mit vergleichbaren Wirkstoffen bzw. Wirkungen); — verfahrensbedingte Zeitverluste, insbesondere im Zusammenhang mit der Einholung von Stellungnahmen von Sachverständigen sowohl zur Gruppenbildung als auch zur Höhe der Festbeträge und der Auswertung und Begutachtung dieser Stellungnahmen; — zusätzliche Belastungen der zuständigen Selbstverwaltungsgremien durch Aufgaben im Zusammenhang mit der deutschen Einheit. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) (Drucksache 12/1301 Fragen 44 und 45): Weshalb werden der taiwanesischen China Airlines die Verkehrsrechte auf deutschen Flughäfen verwehrt? Wie beurteilt die Bundesregierung die mancherorts geforderte generelle Freigabe von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer unter rechtlichen und Sicherheitsaspekten? Zu Frage 44: Der Einrichtung von Flugverbindungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Taiwan stehen außenpolitische Gesichtspunkte und der Schutz umfangreicher deutscher Verkehrs- und Wirtschaftsinteressen in der Volksrepublik China entgegen. Die Position der Volksrepublik China in der Taiwan-Frage wird von der Bundesregierung im Hinblick auf etwaige Änderungen aufmerksam beobachtet. Zu Frage 45: Die generalle Freigabe von Einbahnstraßen entgegen der allgemeinen Fahrtrichtung für Radfahrer kommt aus Sicherheitsgründen nicht in Betracht. In Einbahnstraßen rechnen Kraftfahrer nicht mit entgegenkommenden Fahrzeugen. Besondere Gefährdungen entstehen durch den Querverkehr an Kreuzungen und Einmündungen. Auch das in Einbahnstraßen zugelassene Parken am linken Fahrbahnrand führt zu Gefährdungen entgegenkommender Fahrradfahrer, da der Fahrweg des Fahrradfahrers gekreuzt werden muß. Den Straßenverkehrsbehörden stehen aber folgende Möglichkeiten offen: — In „unechten Einbahnstraßen" — darunter versteht man eine Straße, in der Allgemeinverkehr in beiden Richtungen zugelassen und eine Seite durch Zeichen 267 (Verbot der Einfahrt) gesperrt ist — kann Radfahrverkehr durch Zusatzschild zugelassen werden. — In „echten" Einbahnstraßen kann gegenläufiger Radverkehr zugelassen werden, wenn ein Sonderweg durch Zeichen 237 Straßenverkehrsordnung (Radfahrer) angeordnet ist und mindestens durch eine Fahrbahnbegrenzung markiert ist. In diesen Fällen muß der Kraftfahrzeugverkehr deutlich darauf hingewiesen werden, daß er mit entgegenkommenden Radfahrern rechnen muß. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 4207* Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Steffen Kampeter (CDU/CSU) (Drucksache 12/1301 Fragen 46 und 47): Wann werden auf den InterRegio-Linien der Deutschen Bundesbahn nicht mehr alte D-Zug-Wagen, sondern moderne InterRegio-Wagen verkehren? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für die mittel- bzw. langfristige Aufwertung der InterRegio-Linie 16 zu einer EuroCity-Linie Amsterdam/Rotterdam—Berlin? Zu Frage 46: Die Deutsche Bundesbahn ersetzt auf ihren InterRegio-Linien die alten D-Zug-Wagen teils durch umgebaute, von Grund auf modernisierte Fahrzeuge, teils durch Neubauwagen. Die Umstellung erfolgt sukzessive mit Auslieferung der Wagen. Das Umbauprogramm sollte bis 1995, das Neubauprogramm bis 1996 abgeschlossen sein. Die Deutsche Bundesbahn strebt nunmehr jedoch einen Abschluß der Umbauten zu einem früheren Zeitpunkt an und führt derzeit Ausschreibungen zur Erhöhung der Umbaukapazität durch. Zu Frage 47: In der Verbindung Niederlande—Berlin bietet die Deutsche Bundesbahn zwei hochwertige Fernverkehrsrelationen an, einen InterRegio Verkehr über Bad Bentheim, Rheine, Osnabrück, Hannover, Stendal und einen EuroCity-Verkehr über Emmerich, Duisburg, Dortmund, Hannover, Braunschweig, Magdeburg mit Umsteigen in Duisburg an. Die Verbindung über Duisburg weist wegen der höheren Reisegeschwindigkeit kürzere Reisezeiten auf und wurde deshalb für den EC-Verkehr vorgesehen. Eine EuroCity-Verbindung über Osnabrück anstelle der IR-Linie 16 hätte zudem zur Folge, daß Orte mit regelmäßigem IR-Halt aufgrund der höheren Anforderungen an das Aufkommen im EC-Verkehr als Halte nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 12/1301 Fragen 48 und 49): Treffen Meldungen zu, daß die Rhein-Main-Donau AG 1 700 Autobahnkilometer und 600 Brücken in den neuen Bundesländern privatwirtschaftlich finanzieren wird? Treffen Meldungen zu, daß das Modell der Femstraßenbaugesellschaft Deutsche Einheit „DEGES" auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnt werden soll? Zu Frage 48: Die Meldung, daß die Rhein-Main-Donau AG 1 700 km Autobahnen und 600 Brücken in den neuen Bundesländern privatwirtschaftlich finanzieren wird, ist inhaltlich falsch. Die gemeinsam von den fünf neuen Ländern, der Rhein-Main-Donau AG und dem Bund am 7. Oktober 1991 in Berlin gegründete DEGES, Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -Baugesellschaft mbH, ist für die schnelle Verwirklichung der Bundesfernstraßenprojekte Deutsche Einheit zuständig. Ihr Sitz ist in Berlin. Der DEGES wurde die Planung, Bauvorbereitung und Bauüberwachung von den fünf neuen Ländern für rund 1 200 km Ausbau- und Neubaustrecken mit voraussichtlichen Kosten von rd. 15 Mrd. DM übertragen. Eine Angabe über die Anzahl der notwendigen Brücken ist noch nicht möglich. Die Frage einer privatwirtschaftlichen Finanzierung steht nicht im Zusammenhang mit der DEGES. Diese Frage wird letztlich vom Deutschen Bundestag entschieden werden. Zu Frage 49: Nein, solche Meldungen treffen nicht zu. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wilhelm Rawe auf die Fragen der Abgeordneten Marion Caspers-Merk (SPD) (Drucksache 12/1301 Fragen 50 und 51): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die Bundespost TELEKOM sich konkret mit der Absicht trägt, schrittweise das bisher benutzte Recyclingpapier für Briefverkehr und Formulare gegen lediglich chlorfrei gebleichtes Papier auszutauschen, und hält die Bundesregierung — auch angesichts angekündigter Verordnungen zur Senkung der Papierabfallquote wie z. B. der Druckerzeugnisseverordnung — die Entscheidung der TELEKOM unter Umweltgesichtspunkten für vertretbar? Sieht die Bundesregierung die Gefahr einer negativen umweltpolitischen Signalwirkung durch die Absicht der TELEKOM, und welche Schritte ist sie bereit zu unternehmen, um die Entscheidung rückgängig zu machen? Zu Frage 50: Die Generaldirektion TELEKOM verwendet nach wie vor Recycling-Papier in beträchtlichem Umfang (80 Prozent). Die unternehmensinterne Korrespondenz erfolgt auf Recycling-Papier. Änderungen sind hier nicht geplant. Lediglich die kundenorientierte Korrespondenz wurde im Rahmen der mit der Postreform für die Deutsche Bundespost TELEKOM eingetretenen Wettbewerbssituation teilweise auf chlorfrei gebleichtes Papier umgestellt. Die Generaldirektion TELEKOM verfolgt aber auch im Kundenbereich nicht das Ziel, Recycling-Papier generell durch chlorfrei gebleichtes Primärpapier zu ersetzen. Zu Frage 51: Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die Umstellung von chlorgebleichtem Frischfaserpapier auf chlorfrei gebleichtes Frischfaserpapier, sieht aber in der Verwendung von Recycling-Papier gesamtökologisch die umweltverträglichste Lösung. Aus diesem Grund wird sich der Bundesminister für Post und Telekommunikation für den weiteren Einsatz von Recycling-Papier auch im Kundenbereich der Deutschen Bundespost TELEKOM verwenden. 4208* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wilhelm Rawe auf die Frage des Abgeordneten Dr. Eberhard Brecht (SPD) (Drucksache 12/1301 Frage 52): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die derzeit miserable Qualität der Telefonauskunft in den neuen Bundesländern eine zusätzliche Erschwernis für Firmenneugründer bzw. Investoren dort darstellt, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um diesem Mißstand so schnell wie möglich abzuhelfen? Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß die derzeitige schlechte Qualität der Telefonauskunft in den neuen Bundesländern eine zusätzliche Erschwernis für Firmenneugründungen bzw. Investoren darstellt. Die Deutsche Bundespost TELEKOM bemüht sich daher um eine rasche Modernisierung des Auskunftssystems der östlichen Telefonauskunftsstellen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Auskunftsstellen in den neuen Bundesländern mit den gleichen Einrichtungen der Vermittlungs- und der Auskunftstechnik wie die Auskunftsstellen in den alten Bundesländern ausgerüstet. Hierfür müssen jedoch an fast allen Standorten Räume hergerichtet oder neu gebaut werden. Die Auskunftsstellen in Ostberlin und in Suhl sind bereits z. T. umgerüstet worden und in Betrieb. Die Auskunftsstelle Leipzig ist im Bau befindlich. Die Auskunftsstellen in Erfurt, Chemnitz, Potsdam, Magdeburg und Rostock sollen noch in diesem Jahr umgerüstet werden. Die restlichen 8 Auskunftsstellen in Schwerin, Neubrandenburg, Frankfurt/Oder, Cottbus, Halle, Gera, Dresden und Berlin werden im Laufe des Jahres 1992 entsprechend ausgestattet. Die noch nicht erfaßten Datenbestände werden von den Mitarbeitern der Deutschen Bundespost TELEKOM im gegenwärtigen Zeitpunkt erfaßt und in das Auskunftssystem eingegeben. Mit einem Abschluß der Datennacherfassung ist Ende 1991 zu rechnen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wilhelm Rawe auf die Frage des Abgeordneten Horst Peter (Kassel) (SPD) (Drucksache 12/1301 Frage 53): Ist die Bundesregierung bereit, mit der Einrichtung von Rufanlagen zu Polizeistationen durch die Deutsche Bundespost als technische Hilfe zur Verbesserung der Sicherheitslage in Gemeinschaftsunterkünften beizutragen? Die Bundesregierung ist grundsätzlich bereit, bei der Deutschen Bundespost TELEKOM dafür einzutreten, daß in Auftrag gegebene Einrichtungen von „Rufanlagen zu Polizeistationen" zur Verbesserung der Sicherheitslage in Gemeinschaftsunterkünften vordringlich realisiert werden. Hierzu bedarf es entsprechender Aufträge beim jeweiligen Fernmeldeamt durch die Landesbehörden, in deren Zuständigkeitsbereich sich die Gemeinschaftsunterkünfte befinden. Folgende technische Lösungen sind denkbar: 1. Notrufmelder, bei denen nach Betätigung des „Notrufhebels" eine Fernsprechverbindung zum Notrufträger hergestellt wird. 2. Ein normaler Telefonanschluß, an den ein Telefon mit „Direktruf" angeschlossen wird. Das Telefon muß ein Sperrschloß haben, um anderweitige Telefonate auszuschließen. Im Bedarfsfall wird nach dem Abheben des Telefonhörers eine beliebige Taste gedrückt. Die Verbindung zum Notrufträger, z. B. zur Polizei oder Feuerwehr, wird durch automatische Wahl der fest einprogrammierten Rufnummer hergestellt. In größeren Notunterkünften könnte im Einzelfall geprüft werden, ob die zu wirtschaftlichem Handeln gezwungene Deutsche Bundespost TELEKOM eine öffentliche Telefonstelle einrichten kann. Durch einen Zuschuß des Trägers der Unterkunft kann ebenfalls eine öffentliche Telefonstelle realisiert werden. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Norbert Lammert auf die Fragen der Abgeordneten Doris Odendahl (SPD) (Drucksache 12/1301 Fragen 56 und 57): Wie viele betriebliche bzw. außerbetriebliche Berufsausbildungsstellen, die den Arbeitsämtern in den neuen Ländern bis zum Beginn des Ausbildungsjahres 1991/92 gemeldet wurden, sind noch nicht besetzt? Wie viele betriebliche Berufsausbildungsstellen und wie viele Plätze in außer- oder überbetrieblichen Einrichtungen sind den Arbeitsämtern in den neuen Ländern bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 1. September 1991 gemeldet worden? Zu Frage 56: Die Bundesanstalt für Arbeit weist in ihrer Berufsberatungsstatistik 6 659 unbesetzte Ausbildungsstellen zum Ende des Vermittlungsjahres aus, darunter 847 offene Stellen in außerbetrieblichen Einrichtungen. Damit steht für jeden noch nicht vermittelten Bewerber grundsätzlich eine Ausbildungsstelle zur Verfügung. Die Berufsberatung wird ihre Anstrengungen fortsetzen, jeden noch nicht vermittelten Bewerber in ein Ausbildungsverhältnis zu vermitteln. Im übrigen war im August für alle noch nicht vermittelten Bewerber und Bewerberinnen (rund 25 000) durch rund 35 000 verfügbare Stellen in außerbetrieblichen Einrichtungen ausreichend Vorsorge getroffen worden, jedem Lehrstellensuchenden zumindest eine außerbetriebliche Ausbildungsalternative anbieten zu können. Zu Frage 57: Die Berufsberatung der Bundesanstalt für Arbeit weist in ihrer Endstatistik für das abgelaufene Vermittlungsjahr 122 681 gemeldete Stellen in den neuen Ländern aus. Hiervon wurden 22 445 Stellen als nicht mehr verfügbar von den Betrieben — meist als Folge von Betriebsstillegungen — zurückgezogen. Insgesamt standen damit Ende September 100 236 gemeldete Berufsausbildungspläzte zur Verfügung, davon Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1991 4209* 62 859 betriebliche und 37 377 außerbetriebliche Plätze. Da nicht alle Ausbildungsstellen der Berufsberatung gemeldet werden, ist die Anzahl der insgesamt verfügbaren Ausbildungsplätze höher. Über ihre genaue Zahl kann erst berichtet werden, wenn die Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge, die das Bundesinstitut für Berufsbildung durchführt, Mitte Dezember dieses Jahres abgeschlossen ist. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Norbert Lammert auf die Fragen des Abgeordneten Siegfried Vergin (SPD) (Drucksache 12/1301 Fragen 64 und 65): Wie beurteilt die Bundesregierung die voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage nach einer Berufsausbildung in den neuen Ländern im Jahre 1992, und welchen Einfluß mißt sie dabei Veränderungen der Schulstruktur in den einzelnen neuen Ländern bei? Wie beurteilt die Bundesregierung die voraussichtliche Entwicklung des betrieblichen Angebots an Berufsausbildungsstellen in den neuen Ländern im Jahre 1992, auch hinsichtlich der regionalen Verteilung und der voraussichtlichen Berufsstruktur? Zu Frage 64: Die allgemeine Schulpflicht in den neuen Ländern wird mit Ausnahme von Brandenburg und Berlin/Ost nicht wie bislang mit 10 Jahren, sondern mit 9 Schuljahren enden. Damit ist bereits jetzt abzusehen, daß im nächsten Jahr nicht nur ein, sondern in den meisten neuen Ländern ein zweiter Absolvententeiljahrgang auf den Ausbildungsstellenmarkt drängt, und das zu einer Zeit, in der das Ausbildungswesen sich immer noch in einer sehr schwierigen Umstellungsphase befinden wird. Zu berücksichtigen ist ferner, daß die Jugendlichen, die in einjährigen beruflichen Schulen (Berufsgrundbildungsjahr, Berufsvorbereitungsjahr) versorgt werden, 1992 erneut betriebliche Ausbildungsstellen suchen. Es müssen zudem alle Möglichkeiten genutzt werden, außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen in betriebliche Ausbildungen zu überführen. Es ist deshalb zu erwarten, daß die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt in den neuen Ländern auch 1992 erneut hohe Anstrengungen erfordern wird. Wir dürfen deshalb trotz des Erfolges in diesem Jahr mit unseren Bemühungen nicht nachlassen, in den neuen Ländern eine Ausbildungsstruktur zu entwickeln, die es ermöglicht, daß die Verantwortung der Wirtschaft für die Nachwuchsausbildung auch wahrgenommen werden kann. Zu Frage 65: Eine verläßliche Prognose über das betriebliche Angebot an Berufsbildungsstellen in den neuen Ländern für das Jahr 1992 abzugeben, ist zur Zeit nicht möglich. Die Anzeichen für eine wirtschaftliche Gesundung sind allerdings unverkennbar; die Bauindustrie, das Handwerk und der Dienstleistungsbereich expandieren, der Handel stabilisiert sich. Der Industriebereich, früher Hauptanbieter für betriebliche Ausbildungsplätze, steht vor großen ökonomischen Problemen; dies gilt auch für die Landwirtschaft. Aber auch hier gibt es erste Anzeichen der Besserung. Allein das Handwerk hat in diesem Jahr bis zu 50 mehr Ausbildungsstellen zur Verfügung gestellt als noch im letzten Jahr. Insgesamt ist davon auszugehen, daß das betriebliche Angebot durch die wirtschaftlichen Impulse — vor allem im mittelständischen Bereich — weiter ausgebaut werden kann. Ferner wird es, wie in diesem Jahr, auch darum gehen müssen, die Ausbildungskapazitäten in den Treuhandbetrieben so weit als möglich auszuschöpfen. Dennoch wird es auch im nächsten Jahr nicht ohne außerbetriebliche Ausbildungsplatzangebote möglich sein, jedem Jugendlichen ein Ausbildungsplatzangebot zu machen. Dies gilt insbesondere in strukturschwachen Regionen zum Ausgleich regionalspezifischer Versorgungsprobleme. Hierfür sind ausreichende Mittel im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit vorgesehen. Insgesamt muß einer betrieblichen Ausbildung jedoch weiterhin Vorrang vor einer außerbetrieblichen Qualifizierung gegeben werden. Die Entwicklungen im expandierenden Dienstleistungsbereich werden in den neuen Ländern die immer noch stark gewerblich-technisch ausgerichtete Ausbildungsstellenstruktur zu Gunsten von dienstleistungsorientierten Angeboten verändern. Anlage 18 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Augustinowitz (CDU/CSU) (Drucksache 12/1301 Frage 71): Welche Konsequenzen bezüglich der von Frankreich beabsichtigten Einlagerung der Hades-Kurzstreckenraketen zieht das Auswärtige Amt aus der Ankündigung des amerikanischen Präsidenten, die in Europa stationierten atomaren Kurzstreckenwaffen in den nächsten Jahren abzuziehen? Die Bundesregierung begrüßt den Beschluß der Präsidenten Bush und Gorbatschow, landgestützte nukleare Kurzstreckenwaffen weltweit zu beseitigen. Diese Entscheidung, die ausschließlich amerikanische und sowjetische Nuklearwaffen betrifft, zieht die richtigen Folgerungen aus der grundlegend veränderten politischen und militärischen Lage in Europa. Die Frage, welche Konsequenzen Frankreich aus dieser Entwicklung zu ziehen bereit ist, kann ausschließlich von der französischen Regierung beantwortet werden.
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    Rede von Markus Meckel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In wenigen Tagen werden es 20 Jahre, daß Willy Brandt den Friedensnobelpreis auch dafür erhielt, daß er den Versöhnungsprozeß zwischen Deutschland und Polen begonnen hat. Ich möchte ihm, der heute im Krankenhaus liegt, wünschen, daß er bald genesen wird und wieder unter uns ist.

    (Beifall im ganzen Hause)

    An diesem denkwürdigen Tag danke ich ihm und
    allen, die damals daran gearbeitet haben, daß sie trotz
    der vielfältigen Widerstände diesen Weg beschritten
    haben. Heute sind wir auf diesem Wege an ein wesentliches Ziel gekommen.
    Ohne diesen schwierigen Beginn damals wäre das nicht möglich gewesen, was heute von den meisten unter uns als ein großes Ereignis für Polen und Deutschland angesehen wird. Die Schwierigkeit damals lag nicht nur in den großen Widerständen im eigenen Lande, sondern sie war auch darin begründet, daß man damals eben nicht mit einer demokratischen Regierung in Polen verhandeln konnte, sondern mit einer stalinistischen reden mußte.
    Es galt damals, den Prozeß der Versöhnung einzuleiten mit einem Volk, dem gegenüber wir Deutsche durch den Überfall auf sein Land und durch eine blindwütige Vernichtungsmaschinerie unsägliche Schuld auf uns geladen haben und das dann unter einem diktatorischen System wieder schwer gelitten hat. Und doch konnte man eben nur mit dieser Regierung verhandeln.
    Willy Brandt hat damals mit dem Kniefall in Warschau ganz unmittelbar einen Weg gefunden, nicht nur einer Regierung, sondern dem ganzen polnischen Volk die schuldhafte Vergangenheit des eigenen Volkes so zum Ausdruck zu bringen, daß Versöhnung und Vergebung möglich werden und sich Zukunft neu eröffnet.
    Es galt, das Zusammenleben so zu gestalten, daß Gewalt ausgeschlossen und Begegnung möglich wird. Vertreibungen sollte und werde es nicht wieder geben. — Diese Zusage war von zentraler Bedeutung und dringend notwendig. In Oslo hat Willy Brandt damals gesagt: „Da, wo rettende Zusammenarbeit ist, da ist Friede, da stellt auch Vertrauen mit der Zeit sich ein."
    Die Möglichkeit zur Zusammenarbeit galt es zu eröffnen, die Möglichkeit der Begegnung der Menschen. Vertrauen ist dann auch wirklich langsam gewachsen.
    Der Weg war lang bis heute, und doch hatte er bei allen Belastungen durch eine kleine lernunwillige Minderheit schon vor Jahren zum Ergebnis, daß das Verhältnis Polens zur alten Bundesrepublik besser war als das zur DDR, trotz aller öffentlichen Bekenntnisse. Von Gerd Poppe und mir ist hier ja des öfteren beschrieben worden, wie man in der DDR versucht hat, Kontakte nach Polen zu verhindern, um — wenn man es so formulieren will — den Bazillus der Solidarität möglichst draußen zu halten. Ein Freund von mir, Eckhard Hübener, saß damals ein Jahr dafür im Gefängnis, daß er Material von Solidarnosc in die DDR bringen wollte.
    Gewiß, in den Kontakten, die in den Jahren des visafreien Verkehrs zwischen Polen und der DDR und auch später noch entstanden sind, ist vieles zu bewahren und neu zu gestalten. Doch war die Organisation dieser Kontakte schematisch und von Ideologie geprägt, wie fast alles in den beiden Gesellschaften dieser Jahre.
    Heute aber begegnen sich an Oder und Neiße, der endgültigen deutsch-polnischen Grenze, zwei demokratische Staaten. Dabei ist beides wichtig: die Sicherheit der Grenze und die Demokratie. Nur wo Grenzen



    Markus Meckel
    sicher und unbestritten sind, kann sich an ihnen wirkliche Nachbarschaft entwickeln. Nur da, wo sie feststehen, werden sie auch durchlässig. Wir haben das im Grunde schon in den letzten zwei Jahren erlebt. Wieviel konnte sich — nicht nur im Grenzraum — in den letzten eineinhalb Jahren an neuen Beziehungen entwickeln, seit in Polen unumstößlich klar ist, daß das vereinte Deutschland diese Grenze auf Dauer anerkennt!
    Das andere ist: Ich glaube, daß wirklich gute Nachbarschaft, die nicht nur eine der Regierungen, sondern eine der Menschen ist, nur zwischen demokratischen Staaten wachsen und gedeihen kann.
    Mit den heute zu ratifizierenden Verträgen wird eine lange belastete Geschichte zwischen Deutschland und Polen abgeschlossen. Der polnische Außenminister Skubiszewski hat von einer neuen Epoche gesprochen, die auf der Grundlage dieser Verträge beginnt. Ich bin überzeugt, daß er damit recht hat. Jedenfalls beschreibt er damit die Herausforderung, vor der wir stehen, und die Chance, die wir haben.
    Der Weg in die gemeinsame Zukunft in Europa erfordert aber für die notwendige Zusammenarbeit auf allen Ebenen, daß wir uns gegenseitig neu kennenlernen — und in diesem Umgang auch uns selbst. In weiten Teilen der Bevölkerung unserer Länder gibt es noch ein stereotypes Bild vom jeweils anderen, vom Polen bzw. vom Deutschen. Daran werden wir arbeiten müssen — durch vielfältige Begegnungen und durch die gemeinsame Beschäftigung mit unserer Geschichte.
    Diese Geschichte hat auch lange gute Zeiten, was oft vergessen wird, so vom 14. bis 18. Jahrhundert. Das ist aber lange her. Die nähere Vergangenheit ist von Schuld geprägt und da immer zuerst von deutscher Schuld, aber eben nicht nur deutscher. Das Unrecht, das von Deutschen ausging, ist zum Teil auf Deutsche zurückgefallen. Wir müssen es lernen, von Schuld zu reden, ohne sie aufrechnen zu wollen, aber Zusammenhänge klar zu benennen.
    Wenn sich Deutsche und Polen begegnen, können sie von ihrer Geschichte nicht absehen. Die Belastungen dieser Geschichte werden aber nur dann zur wirklichen Vergangenheit, wenn wir es vermögen sie gemeinsam zum Thema zu machen. Wir stehen damit noch ziemlich am Anfang.
    Wer selbst schweres Unrecht erfahren hat, neigt dann oft dazu, das eigene Unrecht zu vergessen oder zu unterschätzen, was anderen angetan wurde. Jan Jozef Lipski, der vor kurzem gestorben ist und der für die Demokratie in Polen gekämpft hat wie für die Versöhnung mit Deutschland, hat vor einem Jahr geschrieben:
    Die Opfer werden gleichgültig gegenüber dem Unrecht, das ihren früheren Peinigern widerfährt. Wer größeres Unrecht erlitten hat, der wird unfähig, ein geringeres Unrecht gegenüber den Menschen, die er für die Verursacher des ihm zugefügten Unrechts hält, einzugestehen.
    Er sagt dies im Hinblick auf die Vertreibung der Deutschen aus Polen, und er sagt es als Pole. Doch gilt dies grundsätzlicher und beschreibt eine zentrale Aufgabe. Wer nämlich die eigene Schuld nicht verdrängt, sondern ausspricht, löst dem anderen die Zunge, auch von sich zu reden. Hier ist zwischen Deutschen und Polen viel zu tun und ich muß sagen: besonders im Osten Deutschlands.
    In der DDR gehörte es zur Ideologie, daß wir Deutschen in der DDR zu den Siegern des Zweiten Weltkriegs gehörten; denn da hatte mit der Sowjetunion der Sozialismus über den Militarismus gebärenden Kapitalismus gesiegt, und wir waren dann eben auf der guten Seite. Da wurde jede Übernahme von Verantwortung aus der Geschichte abgelehnt. So konnten die Deutschen in der DDR nie von ihrer Schuld gegenüber anderen Völkern reden. Sie wurden nie damit konfrontiert, und so ließ sie sich gut verdrängen. Ebensowenig aber konnte von dem Unrecht gesprochen werden, das man selbst zu Kriegsende erfahren hatte: Vergewaltigungen oder die Vertreibung aus der Heimat.
    So fehlt uns im Osten das jahrzehntelange Gespräch, das im Westen Deutschlands geführt wurde; natürlich auch dort mit vielen Verdrängungen und dem Versuch des gegenseitigen Zurechnens. Nur die evangelische Kirche und besonders die Aktion Sühnezeichen haben in der DDR versucht, dem entgegenzusteuern, aber natürlich nur wenige Menschen in der Gesellschaft erreicht. Das Fehlen dieses Gesprächs, des Versuchs der Aufarbeitung dieser Geschichte, belastet uns heute sehr. Ich denke, daß manches, das wir zur Zeit bei uns an Intoleranz und an Ausländerfeindlichkeit, ja an Pogromstimmung erleben, zu einem Teil auch damit zu tun hat; doch dazu komme ich noch.
    Noch fällt es nicht nur Deutschen, sondern auch Polen schwer, die eigene ganze Geschichte zu sehen und auch anzunehmen. Doch ich bin überzeugt, daß hier gemeinsame Bemühungen weit führen können.
    Deshalb bin ich froh, daß es in den letzten Tagen nun endlich so weit gekommen ist, daß die Bundesregierung die lange geforderte Stiftung für die Entschädigungszahlungen an polnische Zwangsarbeiter in Hitlerdeutschland vereinbart hat. Die zugesagte Summe ist nicht gerade hoch und bleibt unter dem, was eigentlich gebraucht würde, um nach so vielen Jahren eine halbwegs angemessene Summe für den einzelnen zu ergeben. Wir möchten die deutschen Firmen, die aus der Zwangsarbeit damals wirtschaftliche Vorteile gezogen haben, aufrufen, sich in angemessener Weise an dieser Stiftung zu beteiligen.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie des Abg. Ulrich Irmer [FDP])

    Wir kritisieren, daß die Bundesregierung es unterlassen hat, einem einstimmigen Beschluß dieses Hauses zu folgen und mit den Firmen Gespräche aufzunehmen, um dies zu tun und dies in diese Lösung schon einzubeziehen.
    Für Polen ist der Grenzvertrag, den wir heute ratifizieren, eine wichtige Grundlage für die Annahme der eigenen Geschichte. Je klarer von uns anerkannt wird, daß es jenseits von Oder und Neiße heute keine deutschen Länder mehr gibt, daß es eben wirklich Polen ist, um so schneller wird Polen frei werden, auch davon zu reden, daß ein großer Teil des heutigen Po-



    Markus Meckel
    lens eine lange deutsche Geschichte hat, und diese in eigenen Büchern und Museen anerkennen und darstellen.
    Bei meinem letzten Besuch in Stettin überraschte uns der Wojwode Talasiewicz mit einem kleinen Geschenk. Es war ein Heft über die Geschichte Stettins, das auf deutsch und polnisch erschienen ist und das auch die deutsche Geschichte dieser Stadt unverstellt darstellt. Es enthielt ein Verzeichnis aller polnischen Straßennamen und daneben auch die deutschen Straßennamen aus der Zeit vor 1945. Wir sehen, da geschieht schon mehr, als viele wahrnehmen, wofür wir dankbar sein können.
    Vielfach ist schon darauf verwiesen worden, daß die im Vertrag für gute Nachbarschaft enthaltenen Regelungen zur deutschen Minderheit von uns mit Freude begrüßt worden sind. Die deutsche Minderheit hat — wie auch die Polen — schwer unter der stalinistischen Diktatur der letzten 45 Jahre gelitten. Ihre Angehörigen hatten aber auch noch das zusätzliche Leid zu tragen, als Deutsche verfemt zu werden und nur unter größten Schwierigkeiten ihre nationale Identität wirklich leben zu können. Seit Polen demokratisch ist, sind sie als Minderheit anerkannt. Die zwei Jahre Demokratie haben ihnen schon sehr viel gebracht.
    Mit der völkerrechtlich verbindlichen Fixierung von Minderheitenrechten, wie sie auf der KSZE-Konferenz in Kopenhagen beschrieben worden sind, hat Polen ein Stück europäischer Verantwortung übernommen. Wir alle wissen, wie wichtig es für die künftige Entwicklung Europas ist, daß Minderheitenrechte klar fixiert und anerkannt sind.
    Wir deutschen Sozialdemokraten stimmen für die Fixierung möglichst weitgehender Minderheitenrechte durch eine Minderheitencharta des Europarates. Wir treten dafür ein, daß dort auch das Recht auf die öffentliche Nutzung der deutschen bzw. der jeweiligen topographischen Bezeichnungen festgeschrieben wird. Das wird bei allen Minderheiten in Ost- und Westeuropa dazu beitragen, daß sie den Staat, in dem sie leben, als den eigenen anerkennen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Polen ist sich sehr schnell bewußt geworden, daß für die eigene Minderheit in anderen Nachbarländern nur das zu fordern möglich ist, was man auch den Minderheiten im eigenen Land zu gewähren bereit ist. Weil heute vielen Polen ihre Landsleute in Litauen und in der Ukraine stärker ins Blickfeld kommen, lernen sie auch zunehmend, was es heißt, als Minderheit in einem anderen Staat zu leben. Diesen Prozeß des Sich-Einfühlens in die Lebenssituation anderer Menschen sollten wir bei anderen begrüßen und — wo möglich — fördern, aber eben auch für uns selbst anstreben.
    Daß wir das in Deutschland nicht weniger nötig haben, zeigen die schrecklichen Pogrome gegen Ausländer in diesen Wochen. In Polen, in der Tschechoslowakei und im übrigen Ausland sieht man sehr genau hin, was bei uns da geschieht. Manche Befürchtungen kommen wieder hoch, die nicht wenige unserer Nachbarn vor der deutschen Vereinigung hatten, die inzwischen aber zurückgegangen waren.
    Doch steht hier nicht nur unser Bild im Ausland auf dem Spiel, obwohl das wichtig genug ist. Ich denke aber, daß es neben der bedrängenden Perspektivlosigkeit von Jugendlichen im Osten Deutschlands und unverarbeiteten Vorurteilen aus der Geschichte eine wichtige Rolle spielt, daß wir Deutschen große Schwierigkeiten mit uns selbst haben, eben einfach und selbstverständlich Deutsche zu sein, ohne die belastete Geschichte zu verdrängen. Gerade Jugendliche, die ihre deutsche Identität suchen, versuchen es deshalb auf eine uns erschreckende nationalistische Weise. Deshalb ist beides nötig: sowohl das Gespräch mit diesen Jugendlichen über uns selbst, unsere Geschichte und Verantwortung gegenüber anderen Völkern, als eben auch die starke rechtsstaatliche Hand, die Ausländer in Deutschland schützt, wo nötig, mit dem gleichen Aufwand, wie man z. B. Wackersdorf und die Startbahn West polizeilich geschützt hat.
    Genauso wichtig aber ist ein gesellschaftliches Klima, das Ausländer in Würde unter uns leben läßt. Was hier manchmal an Instrumentalisierung für die eigenen politischen Vorstellungen in der Asyldebatte zu hören war, halte ich für äußerst bedenklich.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Besonders erschreckend war in den letzten Wochen, daß ganz normale Menschen den Gewalttaten gegen Ausländer oft nicht nur tatenlos, sondern auch zustimmend zusahen. Das erinnert uns an schlimme deutsche Zeiten. Wir müssen alles dafür tun, gemeinsam und auf allen Ebenen als Demokraten über alle Parteigrenzen hinweg wirklich für Menschenrechte und Menschenwürde aufzustehen, wo Menschen um ihrer Hautfarbe oder Fremdheit willen angegriffen werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der PDS/Linke Liste)

    Wir wissen, daß es Ausländerhaß nicht nur in Deutschland gibt; doch wir sind für den in unserem Land verantwortlich. Inzwischen gibt es Skinheads auch in Polen und der Tschechoslowakei. Die Slogans sind, entsprechend verändert, die gleichen. Deshalb brauchen wir auch das gemeinsame Handeln und Eintreten für Recht, Toleranz und Demokratie über Ländergrenzen hinweg. Hier sollten wir nach möglichen Aktionsformen suchen.
    Deutsche und Polen tragen mit ihren Nachbarn gemeinsam die Verantwortung für die Entwicklung in Mitteleuropa. Im Guten wie im Bösen werden wir diese Gemeinsamkeit tragen dürfen und müssen, d. h. wir sind aufeinander angewiesen. Das gilt wirtschaftlich für Polens Weg in die Europäische Gemeinschaft; dazu wird Christoph Zöpel nachher einiges sagen. Aber es steht auch in der Verantwortung, die wir für die Demokratie in anderen Ländern tragen.
    Unser direkter Nachbar Polen ebenso wie die ferneren Nachbarn warten auf unsere Hilfe beim Aufbau der Demokratie. Wir müssen darauf achten, daß diese Länder einen stabilen Weg der Demokratie gehen können, auch beim Umbau der Wirtschaft, den sie vor sich haben und der nicht leicht ist.
    Der Kontakt des Deutschen Bundestages zum neuen Sejm, der in zehn Tagen gewählt wird, sollte



    Markus Meckel
    sehr eng sein, aber auch derjenige der westeuropäischen Institutionen zum Sejm und zu Polen überhaupt. Wir brauchen das gemeinsame Gespräch mit den osteuropäischen Nachbarn über die Sicherheit in Mitteleuropa. Man sollte nicht glauben, dies in Westeuropa allein tun zu können.
    Bei uns und auch in Polen und Ostmitteleuropa ist oft zu hören, daß es gelte, den Weg nach Europa zurückzufinden. Was damit gemeint ist, unterstütze ich vorbehaltlos. Doch sollten wir daran denken, daß Polen Europa ist und nicht erst dorthin zurück muß. Man denke nur daran, daß die erste polnische Verfassung, die jetzt 200 Jahre alt ist, die erste geschriebene Verfassung Europas war, in der für uns konstitutive Bestimmungen wie die Gewaltenteilung das erste Mal festgeschrieben wurden.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie uns keine Anstrengung scheuen, endlich in den Fragen voranzukommen, die wir gemeinsam im Ausfüllen dieser Verträge beantworten müssen!
    Ich möchte zum Schluß mein Bedauern äußern, daß es nicht gelungen ist, zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag zu kommen. Wir haben uns redlich darum bemüht. Doch wenn an keiner Stelle eine Bereitschaft da ist, eine Formulierung zu ändern und z. B. auch anzuerkennen, was der Bundeskanzler selber hier schon erklärt hat, nämlich die Kontinuität, in der die Verträge seit der sozialliberalen Ostpolitik stehen, so konnte dieser Versuch nur scheitern. Wir haben unseren Antrag noch einmal überarbeitet. Ich bin sicher, daß Sie ihn mit ehrlichem Herzen eigentlich nicht ablehnen können.
    Aber was auch immer in der Abstimmung zu den Verträgen geschieht: Die Verträge selbst werden hier eine große Mehrheit finden. Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, sie dann nicht beiseite zu legen, sondern sie mit aller Kraft mit Leben zu füllen, zum Wohle Deutschlands und Polens.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der CDU/ CSU, der FDP und der PDS/Linke Liste)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Ulrich Irmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrich Irmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Zwischen den beiden Verträgen, die heute bei uns und morgen im polnischen Sejm zur Ratifizierung anstehen, nämlich dem Vertrag über die Bestätigung der zwischen beiden Ländern bestehenden Grenze und dem Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit, besteht ein unlösbarer innerer Zusammenhang: Ohne die Anerkennung der Grenze hätte die Beziehung Deutschlands zu Polen nicht in Ordnung gebracht, nicht auf eine neue Grundlage gestellt werden können. Ohne die Anerkennung der Grenze wäre es auch nicht zur deutschen Einheit gekommen, denn niemand in der weiten Welt, auch nicht unsere westlichen Freunde und Verbündeten, hätte es akzeptiert, daß diese Grenze seitens Deutschlands nach wie vor in Frage gestellt worden wäre.
    Ich verkenne nicht, daß die endgültige Anerkennung dieser Grenze insbesondere für diejenigen unserer Landsleute bitter und schmerzlich ist, die durch Vertreibung und Flucht ihre Heimat verloren haben. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal meinen Respekt vor der großen Mehrheit dieser besonders Betroffenen bezeugen, die bereit ist, diesen Weg mitzugehen, sich in das Unvermeidliche zu fügen, ihren Schmerz zu überwinden und damit einen eigenen, sehr wichtigen Beitrag dafür zu leisten, daß das Versöhnungswerk zwischen Deutschland und Polen wirklich gelingen kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Verträge — das ist mit Recht gesagt worden — spiegeln auch die Kontinuität deutscher Politik seit Anfang der 70er Jahre wider. Es ist mit Recht gesagt worden, daß es ohne den Wegfall der sozialistischen Zwangsregime zu der Aussöhnung zwischen beiden Ländern nicht hätte kommen können. Aber dieser Wegfall der sozialistischen Zwangsregime kam ja nicht zufällig, sondern ist wesentlich gefördert worden durch die Politik der deutschen Bundesregierung seit 1969, die sich über die Vertragspolitik gegenüber Polen und der Tschechoslowakei und über den KSZE-Prozeß so nachhaltig dafür eingesetzt hat, daß es zur Aussöhnung und zur Verständigung mit den östlichen Nachbarn kommen konnte. An dieser Stelle gilt mein Dank insbesondere dem Bundesaußenminister, der in vorderster Reihe diese Politik verantwortet hat. Mein Dank gilt aber auch dem Bundeskanzler,

    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    der in der Regierung, die er führt, diese Politik übernommen und zu einem erfolgreichen Ende geführt hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, durch die Verträge soll zweierlei erreicht werden. Zum einen sollen Polen und Deutsche miteinander ausgesöhnt werden. Sie sollen einander näherkommen. Sie sollen eine gutnachbarschaftliche Kooperation beginnen. Dies ist in allen Bereichen sehr wichtig. Wenn es uns nicht gelingt, Polen bei der Überwindung seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu helfen, dann wird es zu Massenfluchtbewegungen aus wirtschaftlichen Gründen von Osten nach Westen kommen. Dasselbe betrifft natürlich auch die anderen Länder östlich von uns, die schwer zu kämpfen haben, um mit dem unseligen Erbe der sozialistischen Mißwirtschaft fertig zu werden.
    Da die Polen und wir Nachbarn sind, sind wir auch eine Schicksalsgemeinschaft, genauso wie Franzosen und Deutsche eine Schicksalsgemeinschaft sind. Das liegt an der Geographie. Es liegt aber auch an den gemeinsamen Problemen, die wir haben. Ich denke nur einmal an die Umweltbelastungen, die gemeinsam bewältigt werden müssen.
    Polen und Deutsche sollen gute Nachbarn und gute Partner werden. Hierzu gehört aber ganz wesentlich — das ist der zweite Zweck auch dieser Verträge —, daß Polen an das übrige Europa herangeführt wird, daß ihm die Tür geöffnet wird zu den Institutionen, die wir in Westeuropa über die Jahrzehnte entwickelt



    Ulrich Irmer
    haben. Es wurde erwähnt, daß demnächst der Sejm neu gewählt wird. Damit ist die letzte Voraussetzung dafür erfüllt, daß Polen Mitglied des Europarates werden kann, wo es bisher nur Gaststatus hat. Wir freuen uns, daß dieser Schritt demnächst vollzogen werden kann.

    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir meinen aber, daß es damit allein nicht sein Bewenden haben kann. Es wird ja über Verträge bezüglich der Assoziierung an die EG verhandelt. Das ist gut und richtig. Dort wird auch die Perspektive des späteren vollen Beitritts zur Europäischen Gemeinschaft eröffnet. Auch das ist richtig. Nur sollten wir uns keinen Illusionen hingeben. Dies wird noch etliche Jahre auf sich warten lassen, weil auch die wirtschaftliche Situation in Polen, in Ungarn, in der CSFR und in den anderen Ländern heute noch nicht so ist, daß diese Länder wirtschaftlich die Vollmitgliedschaft verkraften könnten. Man täte ihnen möglicherweise keinen Gefallen damit, wenn man etwas vorziehen würde, ehe die Zeit für eine Vollmitgliedschaft reif ist. Das heißt aber nicht, daß wir sie jetzt auf den SanktNimmerleins-Tag vertrösten dürften. Ganz im Gegenteil: Wir müssen da, wo es möglich ist, schon heute Schritte tun, um sie näher an unsere Institutionen heranzuführen.
    Ich habe mit großer Freude zur Kenntnis genommen, daß am 2. Oktober die Außenminister Hans-Dietrich Genscher und James Baker in einer Erklärung zur Perspektive der künftigen NATO-Politik einen Weg gewiesen haben, wie man dies im Bereich der NATO tun kann. In der gemeinsamen Erklärung ist die Rede von einer Formalisierung der Beziehungen zu den Liaisonländern durch regelmäßige Treffen zwischen den 16 Mitgliedern und den Liaisonländern, womit die neuen Demokratien Mittel- und Osteuropas gemeint sind. Hier ist die Rede davon, daß sie stärker integriert werden sollen. Wir werden in den nächsten Tagen im Rahmen der Nordatlantischen Versammlung Gelegenheit haben, diese Aspekte zu prüfen.
    Ich meine aber — ich bitte die Bundesregierung, dies zu berücksichtigen — , daß auch die EG hier dringend gefordert ist und daß auf dem Gipfel in Maastricht darüber gesprochen werden sollte, wie denn die politische Einbindung dieser Länder besser gestaltet werden kann, als es bisher vorgesehen ist.

    (Beifall des Abg. Markus Meckel [SPD])

    Wir sollten uns nicht davor scheuen, etwa Überlegungen anzustellen, daß man diese Länder in die Europäische Politische Zusammenarbeit vorab mit einbezieht. Warum überlegt man sich nicht, ob nicht Vertreter dieser Länder etwa im Europäischen Parlament einen Gaststatus erhalten könnten? Hier ist unsere Phantasie gefragt; denn wir müssen einem Rechnung tragen: Diese Länder haben ein starkes Sicherheitsbedürfnis, sie haben ein starkes Bedürfnis, sich an uns und unsere Institutionen anzulehnen. Dies ist in der Krakauer Erklärung vom 6. Oktober dieses Jahres noch einmal ganz klar zum Ausdruck gebracht worden, wo die drei führenden Politiker — Ministerpräsident Antall, Präsident Havel und Präsident Walesa — eine gemeinsame Politik formuliert haben, die gar
    keinen Zweifel daran zuläßt, daß wir gefordert sind, Verantwortung zu tragen, um dem Sicherheitsbedürfnis dieser Länder zu entsprechen.
    Meine lieben Kollegen, im deutsch-polnischen Verhältnis geht es auch darum, Wunden der Vergangenheit zu heilen und Brücken zu schlagen. Ich begrüße deshalb außerordentlich, daß es nun zu der Einrichtung der Stiftung kommt, mit der zwar mehr symbolisch als im Sinne einer echten Wiedergutmachung, die ja gar nicht möglich ist, aber doch etwas getan wird, was dringend erforderlich ist, nämlich eine Geste gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus zu machen.
    Ich greife das auf, was der Kollege Meckel gesagt hat. Es ist richtig, daß eine Versöhnung zwischen Völkern nur dann möglich ist, wenn ein Land auch im Inneren bereit ist, Fremden mitmenschlich zu begegnen. Ich glaube, daß wir uns alle bewußt machen müssen, daß die Aussöhnung mit Polen nur wird gelingen können, wenn wir auch im eigenen Lande zu einem ordentlichen Umgang mit unseren ausländischen Mitbürgern kommen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Bündnisses 90/GRÜNE)

    Wir selbst, liebe Kollegen, können sehr viel dazu beitragen — wir als Politiker, aber auch die Medien.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang sagen, daß ich es skandalös finde, in welche Untiefen sich unser Sprachgebrauch oft verirrt. Ich halte es für skandalös, daß ständig von Asylanten gesprochen wird. Das ist ein Kampfbegriff und nichts anderes.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir sollten von Asylbewerbern sprechen, von nichts anderem. Wir tragen, wenn wir diesem Sprachgebrauch anheimfallen, selbst dazu bei, daß die Stimmung bei den Rechtsradikalen, bei den Unbelehrbaren, bei den Unbesonnenen aufgeheizt wird. Ich glaube, wir als Politiker haben die große Aufgabe, hier den Versuch zu machen, ein Vorbild zu sein. Wir sollten mit der Sprache umgehen können und uns präzise ausdrücken.
    Meine Damen und Herren, Ausländer sind Minderheiten. Ich möchte abschließend noch auf eines hinweisen, was weit über den deutsch-polnischen Vertrag hinausgeht: Wir haben in diesem Vertrag eine sehr gute, eine vorbildhafte Regelung über die Behandlung der Minderheiten im jeweils anderen Land finden können. Wir sollten nicht vergessen, daß die Regelung der Rechte von Minderheiten überall in Europa, vielleicht auf der ganzen Welt, der Schlüssel dazu ist, daß Probleme, wie wir sie jetzt in Jugoslawien haben, nicht auftreten können.
    Noch etwas: Wir müssen heute die Grenze zwischen Polen und Deutschland anerkennen, weil Deutschland unter nationalsozialistischer Herrschaft den Versuch gemacht hat, Grenzen gewaltsam zu verschieben. Wir erleben einen derartigen Versuch heute erneut in Jugoslawien. Ich muß ganz klar sagen: Es darf kein Honorar dafür geben, daß der Versuch ge-



    Ulrich Irmer
    macht wird, Grenzen gewaltsam zu verschieben. Es darf kein Honorar dafür geben, daß der Versuch gemacht wird, Minderheiten gewaltsam zu unterdrükken.
    Wenn wir in diesem Geist die Verträge heute ratifizieren, dann machen wir, glaube ich, einen guten Schritt voran und tragen mit dazu bei, daß der europäische Kontinent in Zukunft besser und in Frieden leben kann.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE)