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    Plenarprotokoll 12/46 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 46. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Stand der Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik [GAP]; weitere aktuelle Themen) Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3829 B Jan Oostergetelo SPD 3830 A Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3830 B Jan Oostergetelo SPD 3830 B Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3830 C Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/ CSU 3830 C Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3830 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/ CSU 3831 B Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3831 B Dr. Werner Hoyer FDP 3831 C Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3831 C Dr. Uwe Jens SPD 3831 C Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3831 D Dr. Uwe Jens SPD 3832 A Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3832 B Meinolf Michels CDU/CSU 3832 C Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3832 D Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 3833 A Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3833 A Ulrich Heinrich FDP 3833 B Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3833 C Brigitte Adler SPD 3833 C Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3834 A Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/ CSU 3834 B Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3834 C Günther Bredehorn FDP 3834 C Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3834 C Rudolf Müller (Schweinfurt) SPD 3834 D Ignaz Kiechle, Bundesminister BML 3835 A Wolfgang Roth SPD 3835 B Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 3835 C Dr. Willfried Penner SPD 3836 A Dr. Horst Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 3836 A Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 3836 A Dr. Willfried Penner SPD 3836 B Dr. Horst Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 3836 B Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde — Drucksachen 12/1238 vom 04. 10. 91 und 12/1260 vom 09. 10. 91 — Kurzfristige Maßnahmen zur Beendigung der dramatischen Entwicklung in Kroatien; diplomatische Anerkennung der Republiken Slowenien und Kroatien DringlAnfr 1, 2 08. 10. 91 Drs 12/1260 Claus Jäger CDU/CSU Antw StMin Ursula Seiler-Albring AA 3836 C, 3837 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1991 ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 3836 D, 3837 D ZusFr Hans Koschnick SPD 3837 A ZusFr Norbert Gansel SPD 3837 B, 3838 B ZusFr Dr. Klaus Kübler SPD 3837 C ZusFr Ortwin Lowack fraktionslos 3838 C Völkerrechtliche Anerkennung der Unabhängigkeit Sloweniens DringlAnfr 3 08. 10. 91 12/1260 Ortwin Lowack fraktionslos Antw StMin Ursula Seiler-Albring AA 3839 A ZusFr Ortwin Lowack fraktionslos 3839 B ZusFr Hans Koschnick SPD 3839 C ZusFr Gerd Weisskirchen (Wiesloch) SPD 3839 D ZusFr Norbert Gansel SPD 3840 A ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 3840 A ZusFr Otto Schily SPD 3840 B Versorgung der Obst- und Gemüseanbauer, insbesondere der Hopfenanbauer, mit Pflanzenschutzmitteln MdlAnfr 1, 2 Ulrich Heinrich FDP Antw PStSekr Gottfried Haschke BML 3840 C, 3841 D ZusFr Ulrich Heinrich FDP 3840 D, 3842 A ZusFr Klaus Lennartz SPD 3841 B, 3842 C ZusFr Gudrun Weyel SPD 3841 C ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 3841 C ZusFr Otto Schily SPD 3842 D Statistik über die radioaktiven Strahlenquellen in den neuen Bundesländern MdlAnfr 4, 5 Reinhard Weis (Stendal) SPD Antw PStSekr Bernd Schmidbauer BMU 3843 A, 3844 A ZusFr Reinhard Weis (Stendal) SPD 3843 B ZusFr Klaus Lennartz SPD 3843 C ZusFr Dr. Ulrich Janzen SPD 3843 D Beibehaltung eines Münzfernsprechers neben den Kartentelefonen auf Bahnhöfen MdlAnfr 6 Gudrun Weyel SPD Antw PStSekr Wilhelm Rawe BMPT 3844 C ZusFr Gudrun Weyel SPD 3844 D Zusatztagesordnungspunkt: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Abrüstungsvorschlägen von Präsident Bush und Präsident Gorbatschow Norbert Gansel SPD 3845 B Peter Kurt Würzbach CDU/CSU 3846 A Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste 3847 A Dr. Olaf Feldmann FDP 3847 D Gernot Erler SPD 3848 D Hans Raidel CDU/CSU 3849 D Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 3850 D Helmut Schäfer, Staatsminister AA 3851 D Uta Zapf SPD 3852 D Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 3854 A Dr. Siegrid Semper FDP 3855 A Dr. Hermann Scheer SPD . 3856 A Heinrich Lummer CDU/CSU 3857 A Karl Lamers CDU/CSU 3858 A Nächste Sitzung 3858 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 3859* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1991 3829 46. Sitzung Bonn, den 9. Oktober 1991 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 09. 10. 91 Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 09. 10. 91 Brandt, Willy SPD 09. 10. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 09. 10. 91 * Bulmahn, Edelgard SPD 09. 10. 91 Duve, Freimut SPD 09. 10. 91 Ehrbar, Udo CDU/CSU 09. 10. 91 ** Eymer, Anke CDU/CSU 09. 10. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 10. 91 ** Ganseforth, Monika SPD 09. 10. 91 ** Genscher, Hans-Dietrich FDP 09. 10. 91 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 09. 10. 91 Dr. Holtz, Uwe SPD 09. 10. 91 ** Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 09. 10. 91 Jeltsch, Karin CDU/CSU 09. 10. 91 Dr. Kappes, CDU/CSU 09. 10. 91 Franz-Hermann Kohn, Roland FDP 09. 10. 91 Koltzsch, Rolf SPD 09. 10. 91 Lintner, Eduard CDU/CSU 09. 10. 91 Lohmann (Witten), Klaus SPD 09. 10. 91 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Marx, Dorle SPD 09. 10. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 09. 10. 91 ** Nolte, Claudia CDU/CSU 09. 10. 91 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 09. 10. 91 Pfuhl, Albert SPD 09. 10. 91 Rempe, Walter SPD 09. 10. 91 Rühe, Volker CDU/CSU 09. 10. 91 Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 09. 10. 91 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 09. 10. 91 Dr. Scholz, Rupert CDU/CSU 09. 10. 91 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 09. 10. 91 Christian Dr. Soell, Hartmut SPD 09. 10. 91 Dr. von Teichman, FDP 09. 10. 91 ** Cornelia Tietjen, Günther SPD 09. 10. 91 Voigt (Frankfurt), SPD 09. 10. 91 Karsten D. Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 09. 10. 91 Wallow, Hans SPD 09. 10. 91 ** Yzer, Cornelia CDU/CSU 09. 10. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 86. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Olaf Feldmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Vielen Dank, Herr Präsident! — Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP begrüßt die Abrüstungserklärung von Präsident Bush und die von Präsident Gorbatschow, die daraufhin erfolgte. Die Reihenfolge wollen wir doch hier noch einmal ganz klar feststellen.

    (Vera Wollenberger [Bündnis 90/GRÜNE]: Aber Gorbatschow hat schon viel früher Abrüstungsvorschläge gemacht!)

    Wer, Herr Kollege Gansel, hätte vor einigen Jahren gedacht, daß die USA und die Sowjetunion nach dem Aufrüstungswettlauf jetzt gewissermaßen in einen Abrüstungswettlauf eintreten würden?

    (Norbert Gansel [SPD]: Sie und ich!)

    Viele hier in diesem Hause nicht. Nur einige von uns
    — beileibe nicht alle hier im Deutschen Bundestag —



    Dr. Olaf Feldmann
    haben damals deutliche Abrüstungsschritte gefordert. Jetzt endlich sind die Signale von Konfrontation auf Kooperation umgestellt. Meine Damen und Herren von der Opposition, darüber können und sollten wir uns freuen.

    (Erwin Horn [SPD]: Tun wir doch auch!)

    — Dann sollten Sie dieser Freude auch deutlich Ausdruck geben.
    Als Mitglied der FDP-Fraktion kann ich mit besonderem Stolz feststellen: Es hat sich gelohnt, daß wir hier im Bundestag für die doppelte Null-Lösung gekämpft haben, daß wir uns gegen eine Modernisierung der nuklearen Kurzstreckenraketen in Europa gewehrt haben

    (Beifall bei der FDP — Beifall des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU])

    und daß wir auch in schwierigen Zeiten gegen erheblichen Widerstand an der Entspannungspolitik festgehalten haben und für eine Politik des Ausgleichs eingetreten sind. Wir waren die ersten, die Gorbatschow beim Wort genommen haben!
    Die neue kooperative Politik zwischen den USA und der Sowjetunion muß sich noch einspielen und muß noch ausgebaut werden. Kooperativ sein heißt auch, sich gegen die großen Gefahren und Herausforderungen zu verbünden und die Probleme der Zukunft gemeinsam zu lösen. Zu diesen Problemen gehören neuer Nationalismus, neue regionale Krisen- und Konfliktfelder, Proliferation von Waffen und Waffentechnologien und vor allem die Weiterverbreitung der Nuklearwaffen.
    Es darf nicht sein, meine Damen und Herren, daß die Großen abrüsten und die Kleinen aufrüsten.

    (Norbert Gansel [SPD]: Sehr richtig!)

    Der Traum von einer neuen Weltordnung darf nicht in
    einem Weltchaos enden. Stabilität und Sicherheit
    — da werden Sie von der Opposition mir sicher zustimmen — lassen sich weit besser durch eine Politik des Ausgleichs und durch Selbstbestimmung und Demokratie als durch Waffen und militärische Strategien sichern.

    (Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

    Die einseitigen und weitreichenden mutigen Abrüstungserklärungen von Präsident Bush und Präsident Gorbatschow sind ein qualitativer Sprung in der Geschichte der Abrüstung. Ich würde sagen, Herr Kollege Modrow, sie sind historisch und gehen weit über die bisherigen Ergebnisse der Nuklearverhandlungen hinaus.
    Aber Verhandlungen werden durch einseitige Abrüstungsmaßnahmen nicht überflüssig. Sie sind weiterhin erforderlich, um die Schritte der wechselseitigen Abrüstung verbindlich festzuschreiben, um Abrüstungsmaßnahmen verläßlich verifizieren zu können, um neue Grauzonen und neues Wettrüsten in anderen Bereichen zu verhindern.
    Wir Deutschen haben allen Grund, die überfällige und von der FDP immer wieder geforderte Beseitigung der nuklearen Artillerie und der nuklearen
    Kurzstreckenwaffen durch die Sowjetunion und die USA zu begrüßen.

    (Beifall bei der FDP)

    Diese Waffen sind überflüssig und gefährden das, was sie eigentlich schützen sollten. Das ist von der Stationierungsform unabhängig.

    (Erwin Horn [SPD]: Sehr gut!)

    Es darf keine Verlagerung vom Boden in die Luft geben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es darf auch nicht sein, daß diese Waffen jetzt zur Gefahr in anderen Regionen der Welt werden.

    (Norbert Gansel [SPD]: Auch richtig!)

    Die Politik der einseitigen wechselseitigen Abrüstungserklärungen der USA und der Sowjetunion ist eine Politik des guten Beispiels, und gute Beispiele sollten Schule machen,

    (Norbert Gansel [SPD]: Auch in der Bundesrepublik!)

    auch bei anderen Nuklearmächten, auch bei unserem französischen Bündnispartner.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


    (Vorsitz: Vizepräsident Helmuth Becker)

    Hades-Raketen passen nicht in die europäische sicherheitspolitische Landschaft.

    (Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das müssen die Genossen mal den Sozialisten in Frankreich erzählen!)

    — Sehr richtig. Das ist eine Aufforderung an die Opposition, tätig zu werden.
    Nicht Waffen und Strategien, sondern Vertrauen und gute Nachbarschaft sind das Fundament der europäischen Einigung.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist unser Kollege Gernot Erler.

(Norbert Gansel [SPD]: Will die Regierung denn gar nichts sagen?)

— Doch!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gernot Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 27. September hat Präsident Bush seine Abrüstungsrede gehalten. Acht Tage später, am 5. Oktober, hat Gorbatschow, ebenfalls über Fernsehen, geantwortet, und bereits an diesem Tag hat die „Financial Times" von einer „long awaited response" geredet.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Bitte auf Deutsch!)

    Das bedeutet: Acht Tage waren ihr schon zu lang für
    die Antwort. Das heißt, eine Ungeduld ist aufgetreten.
    Wir Sozialdemokraten begrüßen diese Form von Un-



    Gernot Erler
    geduld gegenüber tiefen Schnitten in die atomaren Arsenale beider Supermächte.

    (Beifall bei der SPD)

    Gleichzeitig fragen wir uns natürlich: Woher kommt diese Ungeduld? Sie kommt durch die Erkenntnis einer ganz neuen Gefährdung, gegen die mit den traditionellen Mitteln der atomaren Abschreckung kein Kraut gewachsen ist. Der Putsch vom August dieses Jahres in Moskau sitzt auch den Verteidigern im Weißen Haus als Schock im Nacken. Die Vorstellung, daß die gefährlichsten Waffen dieser Welt in die Hand von fundamentalistisch denkenden, unzuverlässigen, ja vielleicht alkoholabhängigen Personen geraten könnten, war offenbar der Auslöser für diese Eile, nun wenigstens jene Waffen, die, wie Herr Würzbach gesagt hat, militärisch sinnlos sind, jetzt zu beseitigen.
    Wir begrüßen dies auch als eine Bestätigung dessen, was wir immer gesagt haben: Atomare Abrüstung setzt immer einen rationalen Partner voraus. Aber in dieser Welt der Saddams und auch der Gamsachurdias, ja, vielleicht auch einmal anderer Nachfolger von Krawtschuk oder Gorbatschow kann man auf rational denkende Leute in der Verantwortung für Atomwaffen nicht mehr rechnen, jedenfalls nicht mehr sicher sein. Deswegen ist ein Gebot der Stunde, aus dieser Strategie auszusteigen und sich einer anderen zuzuwenden, und die kann nur heißen: Beseitigung dieser Waffen. Wir begrüßen, daß dies jetzt tatsächlich der Einstieg dazu ist, sehen aber genauso kritisch, daß es noch kein Durchbruch ist.
    Es gibt einen interessanten Unterschied in den Vorschlägen von Präsident Bush. Er beseitigt auf einen Schlag — worüber sonst zehn Jahre verhandelt wurde — die atomaren Kurzstreckenwaffen. Aber gleichzeitig hat er sich sozusagen noch eine Doppelstrategie offengehalten. Gleichzeitig sagt er: Wir werden B 2 und SDI voll finanzieren, ebenfalls mit Hinweis auf gefährliche Leute auf der Welt, die vielleicht Amerika angreifen könnten. Das heißt, er hat immer noch die Illusion der technischen Herstellung von Unverwundbarkeit.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)

    Wir können darauf nur antworten: Der Weg ist richtig, aber der zweite Schritt ist noch nicht getan; und der muß heißen, Herr Lamers: Man kann sich gegen irrational handelnde Leute auch technisch nicht schützen;

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Richtig! Das glaubt der auch nicht!)

    sondern das einzige, was man tun kann, ist, weltweit tatsächlich nach dem Prinzip zu handeln: Nur beseitigte Atomwaffen sind wirklich sicher.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Da ist es jetzt interessant, die Antwort von Gorbatschow zu sehen.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Ja!)

    Der hat reziprok, Herr Lamers, genau das gleiche vorgeschlagen; aber in dem strategischen Bereich hat er einen anderen Gedanken wieder aufgegriffen. Er hat ja von sich aus gesagt: Wir verringern jetzt, über
    START hinausgehend, von 9 000 nicht auf 6 000, sondern auf 5 000 Atomsprengköpfe, und wir bieten an, unmittelbar nach START Verhandlungen über weitere Reduzierungen der strategischen Waffen vorzunehmen; erstes Zwischenziel: 50 %.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Vernünftig!)

    Das kennen wir. Das ist nämlich die Idee von Reykjavik vom Oktober 1986. Am 15. Januar 1986 hatte Gorbatschow seine Vision von einer atomwaffenfreien Welt der Weltöffentlichkeit erstmals vorgestellt. Wir wissen: Leider sind die Verhandlungen im Oktober 1986 an der SDI-Frage gescheitert.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Diese Vision hat er aber gehabt!)

    Der Geist von Reykjavik ist jetzt wieder auf der Tagesordnung. Daran knüpfen wir außerordentlich große Hoffnungen, obwohl wir wissen, daß es Gegenkräfte leider immer noch gibt. Das eine ist das große Interesse an der Fortführung amerikanischer Rüstungsprogramme. Ohne SDI-Zustimmung wäre das gar nicht konsensfähig, was Bush in Amerika gesagt hat. Und auch Gorbatschow — ich darf hier darauf hinweisen — kann nicht mehr ganz frei handeln. Aus Kiew kam bereits Kritik daran, daß er so großzügig 50%ige Einschnitte im strategischen Arsenal anbietet und ankündigt, obwohl ein Teil davon auch auf ukrainischem Boden stationiert ist; er hatte die ukrainische Regierung gar nicht gefragt.
    Wir brauchen den Geist von Reykjavik, um den neuen Formen von Bedrohung tatsächlich zu begegnen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)