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ID1203819500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/38 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 38. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Inhalt: Bestimmung der Abg. Anke Fuchs als ordentliches Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier 3121A Bestimmung der Abg. Gudrun Weyel als stellvertretendes Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der zum ordentlichen Mitglied bestimmten Abg. Anke Fuchs . . 3121A Wahl des Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) als ordentliches Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier . . . 3121 B Wahl des Abg. Gunter Huonker als stellvertretendes Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des zum ordentlichen Mitglied gewählten Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) 3121 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksache 12/1000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 (Drucksache 12/1001) Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 3121C, 3145C Wolfgang Roth SPD 3125 B Michael Glos CDU/CSU 3128C Ingrid Matthäus-Maier SPD . . 3129D, 3212C, 3217B, 3226A Werner Zywietz FDP 3132 D Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3134 C Bernd Henn PDS/Linke Liste 3136B Klaus Wedemeier, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 3138B Michael Glos CDU/CSU 3138C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 3141C, 3219 D Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU . . 3142C Manfred Richter (Bremerhaven) FDP . . 3144 C Matthias Wissmann CDU/CSU 3146A Wolfgang Roth SPD 3148C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 3148D Rudolf Dreßler SPD 3152A, 3159A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 3158D Dieter-Julius Cronenberg (Arnsberg) FDP 3159B Christina Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . 3159D, 3200 B Dr. Alexander Warrikoff CDU/CSU . . . 3161 B Petra Bläss PDS/Linke Liste . . . 3163D, 3196A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . . 3166C Ottmar Schreiner SPD 3168A, 3172B Volker Kauder CDU/CSU 3172 A Ina Albowitz FDP 3172 D Gerda Hasselfeldt, Bundesministerin BMG 3176B Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 3177 C Klaus Kirschner SPD 3180A Dr. Dieter Thomae FDP 3183 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 3184 D Ottmar Schreiner SPD 3185B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 3186D Hanna Wolf SPD 3189B Dr. Edith Niehuis SPD 3190A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Ingrid Becker-Inglau SPD 3190 C Susanne Jaffke CDU/CSU 3194 B Dr. Gisela Babel FDP 3198B Maria Michalk CDU/CSU 3202 A Margot von Renesse SPD 3204 D Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3207 D Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3209 B Norbert Eimer (Fürth) FDP 3211A Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 3212 B Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3212D Ingrid Becker-Inglau SPD 3213D Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 3215D Dr. Peter Struck SPD 3218 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 3220 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3220 D Carl-Ludwig Thiele FDP 3224 A Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 3227 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3229 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 3232 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 3233 D Dr. Hans-Jochen Vogel SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3238 A Friedrich Bohl CDU/CSU 3239 B Friedrich Bohl CDU/CSU (zur Geschäftsordnung) 3239D Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg 3176B Nächste Sitzung 3240 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3241* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3121 38. Sitzung Bonn, den 5. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode - 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3241* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 05. 09. 91 Berger, Johann Anton SPD 05. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 05. 09. 91 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 05. 09. 91 * Eppelmann, Rainer CDU/CSU 05. 09. 91 Erler, Gernot SPD 05. 09. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 05. 09. 91* Francke (Hamburg), CDU/CSU 05. 09. 91 Klaus Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 05. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 05. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 05. 09. 91 Karl-Hans Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 05. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 05. 09. 91 * Dr. Mertens (Bottrop), SPD 05. 09. 91 Franz-Josef Dr. Müller, Günther CDU/CSU 05. 09. 91 * Niggemeier, Horst SPD 05. 09. 91 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch, Johannes CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 05. 09. 91* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 05. 09. 91 * Rempe, Walter SPD 05. 09. 91 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 05. 09. 91 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 05. 09. 91 Ingrid Schäfer (Mainz), Helmut FDP 05. 09. 91 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 05. 09. 91* Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 05. 09. 91* Dr. Sperling, Dietrich SPD 05. 09. 91 Terborg, Margitta SPD 05. 09. 91* Verheugen, Günter SPD 05. 09. 91 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 05. 09. 91 Gert Wieczorek-Zeul, SPD 05.09.91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 05. 09. 91 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Struck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Rose, Sie sagen mir nichts Neues. Nur, es geht nicht um das Thema, das Sie soeben angesprochen haben, sondern es geht um die Frage, wie der Kollege Stavenhagen eine Frage eines Abgeordneten im Parlament beantwortet hat. Er hat sie falsch beantwortet; er hat dort eine falsche Antwort gegeben. Das ist die Frage, der wir nachgehen wollen. Wer dafür die Verantwortung innerhalb des Komplexes trägt, der zu dem Verantwortungsbereich von Herrn Stavenhagen gehört, wird aufzuklären sein.
    Aber es ist für uns schon ein eigenartiger Vorgang, daß zunächst einmal eine Erklärung von Herrn Stavenhagen abgegeben wird, wie sich das alles abgespielt hat, und dann der damalige Präsident des BND eine gegenteilige Erklärung abgibt.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Das ist nicht alltäglich! — Weiterer Zuruf von der SPD: Unglaublich! — Hans Peter Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Das rechtfertigt aber nicht den Vorwurf der Lüge!)

    Das werden wir aufklären; das ist der Punkt. Das ist jedenfalls kein normaler Vorgang.
    Ich spreche hier auch einen Vorgang an, der uns im Rahmen des Schalck-Untersuchungsausschusses ebenfalls beschäftigen wird. Wir wissen, daß Herr Schalck am 3. Dezember 1989 aus der damaligen DDR geflohen ist. Und wir wissen, daß Herr Schalck am 2. Dezember 1989, einen Tag vor diesem Termin, mit Minister Schäuble ein Gespräch geführt hat. Ich denke mir, daß es schon interessant wäre — auch im Zusammenhang mit den Pässen für das Ehepaar Schalck — , zu erfahren, was denn wohl Gegenstand des Gespräches zwischen Herrn Schäuble und Herrn Schalck-Golodkowski gewesen ist.
    Ich freue mich sehr, daß Herr Schäuble seine Bereitschaft erklärt hat, vor dem Untersuchungsausschuß dazu auszusagen; wir sind schon sehr gespannt darauf. Aber wir sollten aufpassen — das richte ich jetzt an das Bundeskanzleramt und auch an Minister Schäuble — , daß die Auskünfte, die dann gegeben werden, in der Tat der Wahrheit entsprechen. Nach den Erfahrungen, die wir mit Ihnen gemacht haben, ist Skepsis jedenfalls angebracht.
    Ich kann verstehen, daß sich insbesondere die Kolleginnen und Kollegen aus der CSU bei dem, was jetzt durch die „Quick"-Veröffentlichungen bekanntgeworden ist, betroffen fühlen, soweit es die Person von Franz Josef Strauß angeht. Ich kann das, wie gesagt, verstehen, weil jeder von Ihnen mit ihm politisch sicher eng verbunden ist.
    Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere von der CSU, es ist doch eigenartig, daß ausgerechnet derjenige, der uns Sozialdemokraten immer sozusagen die Konspiration mit dem Klassenfeind vorgeworfen hat, es war, der über die SchalckConnection engste wirtschaftliche Verknüpfungen mit der DDR gehabt hat. Das ist doch sehr eigenartig!
    Die Verknüpfung, Herr Kollege Waigel, von Kommerz und Politik in diesem Zusammenhang ist in der Tat ein Vorgang, der uns, wenn wir ihn seinerzeit gekannt hätten — nicht eist, als Franz Josef Strauß gestorben war —, dazu veranlaßt hätte, seine politischen Leistungen anders zu bewerten. Das sage ich Ihnen ganz deutlich. Das, was dort bekanntgeworden ist — es ist ja authentisch, wie ein Sohn von Franz Josef Strauß bestätigt hat — , läßt uns ein bißchen an dem Bild von Franz Josef Strauß zweifeln.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Wer kann denn das für authentisch erklären? — Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Der Sohn kennt sich doch aus! Er weiß doch, wovon er redet! — Dr. Klaus Rose [CDU/CSU], zu Abg. Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD] gewandt: Er hat es inzwischen widerrufen!)

    — Er hat es doch erklärt; er ist ja dabeigewesen. Jochen Vogel hat es gestern doch ausdrücklich gesagt. — Herr Kollege Waigel — wir haben uns heute auch im Ältestenrat darüber unterhalten — , ich meine, daß es nicht üblich ist, von der Regierungsbank Zwischenrufe zu machen. Wenn Sie sich denn dazu äußern wollen, gebe ich Ihnen gern die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage.
    Wenn wir das Thema Schalck — von dem ich, auch im Namen meiner Fraktion, sage daß wir es nicht sozusagen als Überthema für die Haushaltsdebatte oder für die nächsten Jahre innerhalb der Politik ansehen dürfen; wir würden diesem Menschen viel zuviel Ehre antun, wenn wir uns von diesem Thema zu sehr belasten ließen — und die Probleme, die damit verbunden sind, nicht rückhaltlos aufklären, wird das schwersten Schaden, insbesondere bei den Menschen in den neuen Bundesländern, anrichten. Denn gerade die haben einen Anspruch darauf, daß aufgeklärt wird.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE)

    Ich denke, daß Sie, Herr Kollege Waigel, als CSU-Vorsitzender hier eine besondere Verantwortung tragen.
    Ich möchte einen Punkt ansprechen, der gestern in der Debatte überhaupt keine Rolle gespielt hat, von dem ich aber glaube, daß wir ihn hier wenigstens erwähnen müßten.
    Es hat in den letzten Tagen eine Reihe von Diskussionen über die Frage gegeben, wieweit Bundestagsabgeordnete sich auf Stasi-Vergangenheit überprüfen lassen. Wir haben darüber auch ein Gespräch im Kreis der Parlamentarischen Geschäftsführer geführt.
    Ich möchte hier zunächst für meine Person erklären, daß ich der Auffassung bin, daß eine Regelung beschlossen werden muß, und zwar möglichst bald, die die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht besser stellt als die Abgeordneten in den neuen Bundesländern, also auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Ich denke, daß wir uns nicht auf den Standpunkt stellen dürfen: Wir sind Bundestagsabgeordnete; vor allem wir aus der alten Bundesrepublik haben damit nichts zu tun; die anderen müssen überprüft werden.
    Ich glaube, wir müssen hier nach dem Prinzip der Gleichbehandlung verfahren. Ich weiß, daß es da



    Dr. Peter Struck
    Schwierigkeiten und auch juristische Überlegungen in diesem Zusammenhang gibt.
    Ich möchte nur für mich erklären, erstens daß ich diesen Grundsatz für richtig halte, und zweitens, daß ich der Meinung bin, daß wir uns freiwillig zu dieser Überprüfung bereiterklären sollten. In unserer Fraktion wird das in der nächsten Zeit beraten werden.
    Aber ich glaube, es wäre gut, wenn wir ein Freiwilligkeitsprinzip einführen würden. Ich habe auch für diejenigen Kolleginnen und Kollegen Verständnis, die das aus grundsätzlichen Erwägungen nicht wollen, und würde ihnen dabei auch keine schlechten Motive unterstellen.
    Nur, ich glaube, wir können nach den öffentlichen Diskussionen, die jetzt gewesen sind, dieses Thema nicht mehr so behandeln, wie wir es in der Vergangenheit behandelt haben.
    Zum Haushalt — als alter Haushälter möchte ich doch noch einige Punkte dazu ansprechen — ist, lieber Herr Kollege Waigel, doch ein persönlicher Hinweis angebracht. Sie haben das Amt von Herrn Minister Stoltenberg übernommen. Als Sie das Amt übernommen haben, haben wir Ihnen alle Glück gewünscht, weil Sie auch für unser Volk und für unseren Staat arbeiten. Ich habe gesagt: Der Theo Waigel, der macht das schon besser als der Gerd Stoltenberg. Das habe ich gedacht.
    Nun habe ich mich leider nach dem, was wir alles jetzt so erlebt haben, doch geirrt.

    (Widerspruch bei der [CDU/CSU])

    Sie haben sich gedacht, daß ich jetzt so etwas sagen werde.
    Ich komme dann auf eine Meldung der „Wirtschaftswoche" zurück. Da ist in Japan offenbar jemand auf die Idee gekommen, daß man Minister, wenn sie nicht erfolgreich sind, dazu bringen kann, daß sie auf ihr Gehalt verzichten sollen.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    In dieser Meldung heißt es weiter: Theo Waigel hat also davon erfahren, und er hat dann — so wird hier in der „Wirtschaftswoche" vom 19. Juli zitiert — gedacht: Wenn er sich seine Leistungen bei der Etataufstellung und beim Subventionsabbau anschaue, sinnierte der gestreßte Haushälter, müßte ich ja 30 % mehr bekommen; außerdem stünde ihm dann wohl auch eine Möllemanni-Zulage zu. Das finde ich in Ordnung. Also, die Zulage Möllemanni ist schon richtig. Aber nicht 30 % mehr, sondern 30 oder 50 % weniger, lieber Kollege Waigel.
    Denn wenn wir Ihre Bilanz jetzt ansehen, was die Staatsfinanzen und die Verschuldung angeht, dann, glaube ich, unterscheiden Sie sich leider — ich sage: leider, weil ich Ihnen persönlich sehr viel Sympathie entgegenbringe — nicht sehr von Gerhard Stoltenberg, Ihrem Amtsvorgänger.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Ich komme zu dem Thema Unternehmenssteuern und deren Reform. Jeder in der Welt weiß, daß die deutsche Wirtschaft international voll wettbewerbsfähig ist. Das liegt natürlich nicht an der guten Regierung. Das liegt an der guten Qualifikation und Motivation unserer Arbeitnehmer, an den Fähigkeiten unserer Wirtschaftsmanager und nicht zuletzt an unserer öffentlichen Infrastruktur. Andere Länder beneiden uns darum. Das ist kein Verdienst der Regierung, sondern ein Verdienst der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen wegen der Steuerhöhe auch gar keine Angst vor dem europäischen Binnemarkt zu haben. Im Gegenteil, die anderen Ländern befürchten, wie jeder weiß, daß sie von unserer, von der deutschen Wirtschaftskraft überrollt werden. Wenn deshalb in den anderen Ländern die Steuern gesenkt werden, ist das noch lange kein Grund, daß auch wir das tun.
    Sie wollen, Herr Kollege Waigel, in einen Steuersenkungswettlauf mit Spanien und Portugal eintreten. Ich will nicht bewerten, ob diese Länder eine bessere oder eine richtige Steuerpolitik machen. Aber wenn diese Länder es tatsächlich schaffen sollten, in der Europäischen Gemeinschaft etwas mehr aufzuschließen und an uns heranzukommen, dann sollten wir das doch gut finden und nicht durch Gegenmaßnahmen konterkarieren.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Wollen Sie dafür auch Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen?)

    — Herr Kollege Weng, das ist die alte Platte. Ich dachte, Ihnen sei inzwischen etwas Neues eingefallen; wir machen ja nun schon lange Haushaltsdebatten. Aber es ist immer das gleiche.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Wahrheit bleibt Wahrheit! Gutes kann gar nicht oft genug wiederholt werden! — Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    — Das gilt für meinen Beitrag; da gebe ich Ihnen völlig recht.
    Herr Kollege Glos hat heute vormittag versucht, noch einmal die Steuersenkungen zu begründen. Der Versuch ist Ihnen mißlungen, Herr Kollege Glos.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Na, na, na!)

    Das war nicht anders zu erwarten. Die Begründung, die Sie genannt haben, die Steuern für Großvermögen müßten deshalb gesenkt werden, damit die Wirtschaft mehr Eigenkapital bekommt, ist ein neuer Flop. Von Ihren Steuersenkungen profitieren doch nicht die kleinen Handwerker und die kleinen und mittleren Unternehmen — das weiß doch jeder —; von diesen Steuersenkungen profitieren nur die Großkonzerne. Über die kann man alles mögliche erzählen, aber eines nicht: daß sie nicht genügend Eigenkapital hätten. Das ist doch wohl richtig.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Ein bedrückendes Kennzeichen der Haushaltspolitik dieser Bundesregierung sind die Ausblendung massiver finanzpolitischer Risiken aus dem Haushalt und das Verstecken von finanziellen Risiken in Schattenhaushalten. Die Kollegin Matthäus-Maier hat das in ihrer Rede schon angesprochen.



    Dr. Peter Struck
    Sie, Herr Kollege Waigel, haben eine historische Chance im Zusammenhang mit der deutschen Einigung versäumt. Damals hätten Sie — die gesamte deutsche Öffentlichkeit wäre Ihnen gefolgt; auch wir Sozialdemokraten wären Ihnen gefolgt — eine BlutSchweiß-und-Tränen-Rede halten können, welche Risiken auf den bundesdeutschen Steuerzahler und auf uns alle zukommen.
    Sie haben das nicht getan. Im Gegenteil, Sie haben sich davor gedrückt, die Wahrheit zu sagen, um Wählerstimmen zu erschleichen. Heute holt Sie dieser fatale Fehler wieder ein, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE)

    Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, von dem wir meinen, daß Sie, wenn Sie richtig handelten, für unsere Wirtschaft und vor allen Dingen für die Situation der Menschen in den neuen Ländern viel mehr als das tun könnten, was Sie jetzt vorhaben. Wer wie Sie die Ausgaben für den Wohnungs- und Städtebau von rund 8,7 Milliarden DM 1992 auf 8,2 Milliarden DM 1995 zurückführt, entzieht sich seiner politischen Verantwortung für Millionen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland und vor allem für die Menschen in den neuen Ländern.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wer weiß, wie die Situation in den neuen Ländern ist, wer weiß, welche Bodenpreise dort verlangt werden, wer weiß, welche Mieten dort verlangt werden, wer weiß, welche wahnsinnigen Spekulationsgewinne nur deshalb gemacht werden, weil nicht genügend Wohnraum zur Verfügung steht, der versündigt sich, wenn er nicht bereit ist, mehr Mittel für den Wohnungsbau bereitzustellen.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ Linke Liste)

    Wir Sozialdemokraten haben die finanzpolitisch bessere Alternative, und wir haben die intelligenteren Problemlösungen im Verhältnis zur Finanzpolitik der Bundesregierung. Es ist gestern schon sehr ausführlich dargestellt worden; aber weil Sie es offenbar immer noch nicht verstehen, versuche ich, es jetzt noch einmal kurz zusammenzufassen.
    An die Stelle der von der Bundesregierung verlangten Mehrwertsteuererhöhung setzt die SPD den Verzicht auf die von der Bundesregierung geplante Senkung der Vermögensteuer und die geplante Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer. Dadurch stehen dem Staat mehr als 6 Milliarden DM jährlich zur Verfügung.
    An die Stelle der Lippenbekenntnisse vom Sparen und vom Subventionsabbau und an die Stelle der Luftbuchungen, Herr Kollege Waigel, setzen wir eine Vielzahl substantieller Vorschläge. Wir haben konkrete Vorschläge zur Kürzung von über 4 Milliarden DM im Einzelplan 14 — das ist der Verteidigungsetat — eingebracht. Wir haben konkrete Vorschläge zum Abbau von Subventionen gemacht, angefangen beim unsozialen Dienstmädchenprivileg bis zum Flugbenzin, denn dieser Skandal wurde von der Regierung bis heute nicht beseitigt. Mit der Alternative der SPD stehen gegenüber den Regierungsvorschlägen Finanzmittel in Höhe von rund 1 % Mehrwertsteuererhöhung zusätzlich zur Verfügung.
    An die Stelle des von der Bundesregierung verfolgten Konzepts der Mehrwertsteuererhöhung, das die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen viel stärker belastet als die Bezieher hoher Einkommen und das mittelstandsfeindlich und ökonomisch verfehlt ist, setzt die SPD ihr Konzept des sozialen Lastenausgleichs. Die mit den starken Schultern — das ist durchgängig seit 1982 die finanzpolitische Argumentation der SPD, und wir haben von ihr nichts abzustreichen — müssen stärker belastet werden als die mit den schwächeren Schultern.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE — Jochen Borchert [CDU/CSU]: Siehe Betreuungsgesetz in Nordrhein-Westfalen!)

    — Herr Kollege Borchert, wir können uns natürlich gegenseitig das eine oder andere Land vorhalten; wir können uns auch — wie das schon wieder versucht worden ist — mit Erblast und mit anderen Fragen beschäftigen. Das bringt aber absolut nichts.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD] [zur CDU/ CSU]: Wir haben mehr Erblast als Sie!)

    Ich stelle hier zu dem Stichwort Erblast nur fest: Als Erblasser sind nicht nur die Sozialdemokraten aufgetreten, sondern als Erblasser sind wohl auch die Kolleginnen und Kollegen aus dieser Fraktion dabeigewesen.

    (Zurufe von der FDP)

    Angesichts dessen ist es schon ein bißchen ärgerlich, wenn man auch aus der Reihe dort von einer Erblast reden hört.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

    Wie kann denn jemand über eine Erblast klagen, wenn er diese sozusagen selber geschaffen hat? Das kann ja wohl nicht zusammengehen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU und der FDP)

    Wir werden an die Stelle der verfehlten Haushaltsund Finanzpolitik der Bundesregierung eine Steuer-und Abgabenpolitik setzen, die den Finanzbedürfnissen von Bund, Ländern und Gemeinden entspricht. Wir stellen uns dieser Verantwortung hier im Deutschen Bundestag, Herr Kollege Waigel, im Bundesrat, im Vermittlungsausschuß. Wir werden dann die sozialdemokratischen Positionen, die in der Debatte heute und gestern mehrfach vorgetragen worden sind, durchsetzen. Ich bin fest davon überzeugt, daß das Ergebnis dieser Steuerdiskussion nach dem Vermittlungsausschuß und das Ergebnis der Haushaltsberatungen deutlich eine sozialdemokratische Handschrift haben werden.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE — Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Carl-Ludwig Thiele.




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Carl-Ludwig Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Schlußredner der FDP in der Haushaltsdebatte habe ich mir während Teilen der bisherigen Debatte die Frage gestellt, was die Bevölkerung eigentlich davon hält, wenn in diesem Land derzeit zwar Großartiges geleistet wird, aber seitens der Opposition diese Leistung mit fast keinem Wort erwähnt wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dazu möchte ich ganz klar sagen — Herr Struck, das geht auch an Sie — : Die Situation in der Wirtschaft ist auch von der Stimmung abhängig. Das Abschießen immer neuer Giftpfeile durch die SPD schadet der sich ausbreitenden positiven Stimmung, schadet damit der Wirtschaft und schadet damit den Bürgern in den neuen Bundesländern.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Unruhe bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Sehr wahr! Ein guter Mann!)

    Wir müssen doch sehen, daß wir uns in einer Sondersituation befinden. Die deutsche Einheit wurde vor nicht einmal einem Jahr, am 3. Oktober 1990, hergestellt. In einem Kraftakt sondergleichen ist es der Bundesregierung gelungen, erhebliche Maßnahmen und Programme in den neuen Bundesländern zu starten.
    Dies war nur möglich, weil zuvor die Finanz- und Wirtschaftspolitik seriös war und ein erheblicher Rückgang der Nettoneuverschuldung erreicht wurde. Wären 1990 die deutsche Einheit und damit die Währungs- und Sozialunion nicht gekommen, so wäre die Staatsverschuldung heute kein Thema.
    Die Bundesrepublik ist um ein Drittel größer geworden, ebenso die Ausgaben im Haushalt; aber, die Einnahmen aus den neuen Bundesländern fehlen noch. Das ist der wesentliche Grund für den vorübergehenden steilen Anstieg der Nettoneuverschuldung.
    Ich möchte das einmal plastisch darstellen: Wir hatten vorher einen Haushalt von ca. 300 Milliarden DM. Deutschland ist um ein Drittel größer geworden. Der Haushalt sieht jetzt Ausgaben in Höhe von 400 Milliarden DM vor. Das ist genau das Drittel an Mehrausgaben. Allerdings fehlen die Einnahmen aus den neuen Bundesländern noch, weil diese total sozialistisch heruntergewirtschaftet wurden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Man muß sich einmal vorstellen, was es bedeutet, daß von August 1990 bis August 1991 800 000 neue Arbeitsverhältnisse in den alten Bundesländern und weit über eine halbe Million neue Arbeitsverhältnisse in den neuen Ländern entstanden sind.
    Insofern muß man doch festhalten, daß bei aller Kritik an der derzeitigen Situation in den neuen Bundesländern auch dort in zunehmendem Maße positive Entwicklungen zu verzeichnen sind.
    Einige davon möchte ich konkret benennen. Die Treuhandanstalt konnte bis Mitte dieses Jahres 3 000 Unternehmen des produzierenden Gewerbes veräußern. Von den Investoren wurden dabei die Sicherung von mehr als einer halben Million Arbeitsplätzen sowie eine Investitionssumme von 70 Milliarden DM zugesagt. Die Privatisierung von mehr als 16 000 Betrieben des Groß- und Einzelhandels bzw. des Gast- und
    Dienstleistungsgewerbes ist weitgehend abgeschlossen. Die berufliche Weiterbildung wird immer stärker angenommen. Allein im Juli dieses Jahres nahmen knapp 100 000 Personen entsprechende Angebote wahr. Vorher wurde noch davon gesprochen, daß die Ausbildungsplätze nicht gesichert seien. Sie sind inzwischen gesichert. Das muß man hier auch deutlich sagen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wie bereits an anderer Stelle in der Debatte ausgeführt, haben wir zur Zeit im Rahmen des Gemeinschaftswerks 280 000 Personen in AB-Maßnahmen beschäftigt. Weitere 120 000 Personen werden bis Ende dieses Jahres in AB-Maßnahmen in den neuen Bundesländern zusätzlich eingestellt werden.
    Nach einer Analyse des Münchner Ifo-Instituts hat sich das Bild seit dem Frühsommer in vielen Branchen gedreht. Im Außenhandel sind die Ausfuhren im Mai gegenüber dem Vormonat um ein Drittel, also deutlich gestiegen. Die umfangreichen Investitionen der Telekom haben bereits heute zu einer spürbaren Verbesserung der Kommunikationswege geführt. Allein 1991 wurden in den neuen Bundesländern 500 000 neue Telefonanschlüsse geschaffen. Wer sich einmal mit den Leuten unterhält, die dort arbeiten, die dort investieren wollen, der weiß: Die Behinderung in der Telekommunikation war eine der entscheidenden Schwierigkeiten beim Aufbau in den neuen Bundesländern. Die Schaffung von 500 000 Telefonanschlüssen hat zu spürbaren Verbesserungen geführt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Bis zum Sommer 1991 erhöhte sich das Realeinkommen eines Vier-Personen-Haushalts mit zwei Verdienern gegenüber dem Jahresdurchschnittswert des Vorjahres um 18,5 %. Im Vergleich zu 1989 wird die reale Kaufkraft 1991 in den neuen Bundesländern um ein Drittel gestiegen sein. Bei dem Ein-PersonenRentner-Haushalt werden sich die Realeinkommen im Oktober 1991 gegenüber 1989 um nahezu die Hälfte erhöht haben.
    Es trifft daher leider für die Äußerungen der SPD, die in den neuen Bundesländern weder personell noch durch Wahlergebnisse den Rang einer Volkspartei erreicht hat, folgendes zu: Die schlechten Nachrichten über den Osten kommen immer aus dem Westen.
    Frau Matthäus-Maier — dies ist genau die Linie, auf der Sie sich bewegen —, ich empfehle Ihnen, sich doch einmal mit Ihrem Parteifreund, dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe zu unterhalten, der festgestellt hat, daß die Maßnahmen der Regierung in den neuen Bundesländern nach seiner Einschätzung zu Erfolgen führen und daß diese Erfolge von den Bürgern auch so wahrgenommen werden, daß er, Stolpe, von einem Sieg der derzeitigen Koalition bei den nächsten Bundestagswahlen auch in den neuen Bundesländern ausgeht.

    (Beifall bei der FDP — Zuruf von der SPD: Da irrt er!)

    Wäre es nach dem damaligen Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine gegangen, so hätte die deutsche Einheit lange vorgeplant werden müssen, wie man sich



    Carl-Ludwig Thiele
    das als Sozialdemokrat, der auch in der Sozialistischen Internationale ist, immer so vorstellt.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Was haben Sie gegen die SI?)

    Wie wir heute wissen, wäre die deutsche Einheit bei einem solch langen Planungsprozeß wohl nie realisiert worden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Heute wird man sagen können, daß ohne die Vereinigung Deutschlands, ohne die Befreiung des polnischen, tschechischen und ungarischen Volkes der Putsch in der Sowjetunion hätte gelingen können. Lassen Sie mich hier festhalten, daß der Friede der Welt durch die deutsche Einheit um ein Vielfaches sicherer geworden ist; und dieser Friede ist unbezahlbar. Das ist ein ganz hohes Gut.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ein weiterer Aspekt, der während dieser Plenarwoche behandelt wurde, war die Entwicklung im Osten Europas. Wir alle können uns nur darüber freuen und glücklich sein, daß der Putschversuch in der Sowjetunion vom Volk und von den demokratisch gewählten Politikern der Sowjetunion vereitelt wurde.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Der erste richtige Satz!)

    — Ich habe schon einige andere richtige Sätze gesagt, Herr Vogel. Ich kann Ihnen meine Rede nachher einmal geben, dann können Sie das nachlesen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    In diesem Zusammenhang wurde zu Recht geäußert, daß die Sicherheitspolitik nicht nur Verteidigungspolitik sei. Gleichwohl gibt es doch zum Nachdenken Anlaß, daß der Verteidigungsminister während der gesamten Debatte bisher nicht ein einziges Mal das Wort ergriffen hat, zumal im Bereich der zukünftigen Rolle der Bundeswehr noch viele Fragen offen sind. Es wäre gut, wenn der Verteidigungsminister hierzu einmal reden würde.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Sie würden sagen: Das nächste vernünftige Wort, was Sie gesagt haben.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Der zweite richtige Satz!)

    — Herr Vogel, ich bedanke mich dafür.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Wenn Sie sich steigern! — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Aufpassen, wenn die Falschen klatschen, Herr Thiele! — Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Sie sollten zum Einzelplan 14 reden!)

    — Zum Einzelplan 14 werden wir im Detail noch kommen, Frau Matthäus-Maier, und da freue ich mich auch schon auf die Abschlußlesung hier.
    Wir müssen uns ernsthaft darüber unterhalten, wie die sicherheitspolitische Rolle Deutschlands zukünftig auch im Verteidigungsetat berücksichtigt wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Hans-Dietrich Genscher war einer der ersten Politiker in Westeuropa, der öffentlich erklärte, daß er Michail Gorbatschow vertraue.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genscherist!)

    Ich möchte für mich hinzufügen, daß wir zwischenzeitlich in dem Stadium angelangt sind, in dem wir sagen können: Wir vertrauen der Bevölkerung, wir vertrauen den Menschen in der Sowjetunion.
    Der Warschauer Pakt ist inzwischen aufgelöst. Wenn die Entwicklung vertragsgemäß weitergeht — davon gehe ich aus, und das scheint ja sogar noch schneller abzulaufen —, wird Ende 1994 die Rote Armee aus Deutschland abgezogen sein. Die Polen haben zwischenzeitlich Verhandlungen mit der Sowjetunion zum Abzug der dort stationierten Roten Armee aufgenommen.
    Wir alle sind immer davon ausgegangen, daß die Bundeswehr eine reine Verteidigungsarmee ist. „Verteidigung" bedeutet aber, daß zumindest eine mögliche Bedrohung besteht. Ich kann für mich nur feststellen, daß spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem die Rote Armee aus Deutschland und aus Polen abgezogen sein wird, eine völlig neue Situation für Deutschland entstanden sein wird. Eine Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland durch konventionelle Streitmächte werde ich dann nicht mehr in der bisherigen Form feststellen können. Das heißt aber nicht, daß die Welt risikofrei geworden ist; wir erleben es ja gerade in Ost- und Südosteuropa.
    Wir warten darauf, daß der Verteidigungsminister dem Parlament entsprechende Vorstellungen zur Sicherheitslage Deutschlands und zu den Folgerungen daraus für die Bundeswehr unterbreitet.
    Sehr geehrte Damen und Herren, wir können heute feststellen, daß sich die Welt nach der deutschen Einheit und auch durch die deutsche Einheit grundlegend geändert hat. Diese Änderung ist durch das entschlossene Handeln der Bundesregierung und gegen Widerstände der Opposition energisch und konsequent betrieben worden.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Zum Glück — das muß ich jetzt wirklich sagen — wird in dieser Situation nur die SPD von dieser ihrer Vergangenheit eingeholt und nicht das gesamte Volk.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP — Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Präsident, wollten Sie Frau Matthäus-Maier eine Zwischenfrage gestatten?

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Danke schön!)