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    Plenarprotokoll 12/38 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 38. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Inhalt: Bestimmung der Abg. Anke Fuchs als ordentliches Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier 3121A Bestimmung der Abg. Gudrun Weyel als stellvertretendes Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der zum ordentlichen Mitglied bestimmten Abg. Anke Fuchs . . 3121A Wahl des Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) als ordentliches Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier . . . 3121 B Wahl des Abg. Gunter Huonker als stellvertretendes Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des zum ordentlichen Mitglied gewählten Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) 3121 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksache 12/1000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 (Drucksache 12/1001) Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 3121C, 3145C Wolfgang Roth SPD 3125 B Michael Glos CDU/CSU 3128C Ingrid Matthäus-Maier SPD . . 3129D, 3212C, 3217B, 3226A Werner Zywietz FDP 3132 D Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3134 C Bernd Henn PDS/Linke Liste 3136B Klaus Wedemeier, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 3138B Michael Glos CDU/CSU 3138C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 3141C, 3219 D Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU . . 3142C Manfred Richter (Bremerhaven) FDP . . 3144 C Matthias Wissmann CDU/CSU 3146A Wolfgang Roth SPD 3148C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 3148D Rudolf Dreßler SPD 3152A, 3159A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 3158D Dieter-Julius Cronenberg (Arnsberg) FDP 3159B Christina Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . 3159D, 3200 B Dr. Alexander Warrikoff CDU/CSU . . . 3161 B Petra Bläss PDS/Linke Liste . . . 3163D, 3196A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . . 3166C Ottmar Schreiner SPD 3168A, 3172B Volker Kauder CDU/CSU 3172 A Ina Albowitz FDP 3172 D Gerda Hasselfeldt, Bundesministerin BMG 3176B Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 3177 C Klaus Kirschner SPD 3180A Dr. Dieter Thomae FDP 3183 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 3184 D Ottmar Schreiner SPD 3185B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 3186D Hanna Wolf SPD 3189B Dr. Edith Niehuis SPD 3190A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Ingrid Becker-Inglau SPD 3190 C Susanne Jaffke CDU/CSU 3194 B Dr. Gisela Babel FDP 3198B Maria Michalk CDU/CSU 3202 A Margot von Renesse SPD 3204 D Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3207 D Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3209 B Norbert Eimer (Fürth) FDP 3211A Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 3212 B Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3212D Ingrid Becker-Inglau SPD 3213D Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 3215D Dr. Peter Struck SPD 3218 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 3220 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3220 D Carl-Ludwig Thiele FDP 3224 A Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 3227 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3229 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 3232 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 3233 D Dr. Hans-Jochen Vogel SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3238 A Friedrich Bohl CDU/CSU 3239 B Friedrich Bohl CDU/CSU (zur Geschäftsordnung) 3239D Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg 3176B Nächste Sitzung 3240 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3241* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3121 38. Sitzung Bonn, den 5. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode - 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3241* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 05. 09. 91 Berger, Johann Anton SPD 05. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 05. 09. 91 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 05. 09. 91 * Eppelmann, Rainer CDU/CSU 05. 09. 91 Erler, Gernot SPD 05. 09. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 05. 09. 91* Francke (Hamburg), CDU/CSU 05. 09. 91 Klaus Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 05. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 05. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 05. 09. 91 Karl-Hans Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 05. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 05. 09. 91 * Dr. Mertens (Bottrop), SPD 05. 09. 91 Franz-Josef Dr. Müller, Günther CDU/CSU 05. 09. 91 * Niggemeier, Horst SPD 05. 09. 91 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch, Johannes CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 05. 09. 91* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 05. 09. 91 * Rempe, Walter SPD 05. 09. 91 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 05. 09. 91 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 05. 09. 91 Ingrid Schäfer (Mainz), Helmut FDP 05. 09. 91 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 05. 09. 91* Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 05. 09. 91* Dr. Sperling, Dietrich SPD 05. 09. 91 Terborg, Margitta SPD 05. 09. 91* Verheugen, Günter SPD 05. 09. 91 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 05. 09. 91 Gert Wieczorek-Zeul, SPD 05.09.91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 05. 09. 91 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Gisela Babel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schwerpunkt meiner Ausführungen wird die Pflegeversicherung sein. Aber ich möchte zwei Bemerkungen vorweg machen, eine an die Adresse von Herrn Kollegen Dreßler. Es ist ja schön, daß Sie den Strahlenkranz hinter dem Haupt der SPD polieren und alles Schöne daran aufhängen. Unter den Verdiensten führen Sie auch an, Herr Dreßler, Sie und die SPD hätten dafür gesorgt, daß die Rentenversorgung der Ballettänzerinnen und Molekularbiologen in der ehemaligen DDR nicht gekürzt worden sei. Dies ist schlicht falsch.

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Ich habe gesagt, Sie wollten das Fallbeil darüber!)

    — Wir haben kein Fallbeil, wir haben eine Kürzung weder vorgehabt noch durchgeführt. In den Verhandlungen ist es gelungen, festzulegen — die FDP hat daran großen Anteil — , daß die Kürzung der Renten auf ganz wenige Personengruppen beschränkt bleibt. Sie waren daran auch beteiligt. Diese Feststellung ist zur Richtigstellung notwendig. Alles andere ist falsch.

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Ich habe gesagt, Sie wollten in Ihrem Entwurf das Fallbeil darüber! Das können Sie doch nicht bestreiten!)

    Zweite Bemerkung. Heute steht das Frauenthema § 218 zur Debatte. Daher bin ich etwas betroffen, Frau Merkel, daß Sie in Ihrer Rede nicht darauf eingegangen sind. Ich hatte gehofft, Sie würden eine Berner-kung machen, die zeigt, wie schwierig es für Sie derzeit ist, die Interessen der Frauen in den neuen Bundesländern in dieser Frage angemessen zu vertreten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Christina Schenk [Bündnis 90/ GRÜNE])

    Die FDP hofft, daß es mit ihrem Entwurf gelingt, die Frau in ihrer schweren Konfliktlage mündig und selbständig entscheiden zu lassen. Mit unserem Entwurf, der die Pflichtberatung vorsieht, sehen wir die Lösung, die die freie Entscheidung der Frau in ihrer Konfliktlage und die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht seinem Urteil zugrundegelegt hat, in Einklang bringt.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD — Zuruf von der SPD: Aber Sie haben die Bestrafung der Frau in Ihrem Entwurf ! )

    Was sich dagegen jetzt im Entwurf der CDU abzeichnet, ist eine Verschärfung, eine Entmündigung der Frau und eine Überforderung der Ärzte.

    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie der Abg. Christina Schenk [Bündnis 90/ GRÜNE])

    Die Ärzte werden sich entschieden dagegen wehren, psychosoziale Notlagen in irgendeiner Weise mit der Frau zu diskutieren und protokollarisch festzuhalten.

    (Zuruf von der FDP: Das ist auch nicht ihre Aufgabe!)

    Daher biete ich den Frauen der CDU-Fraktion politisches Asyl in unserer Fraktion an, so daß sie unserem Entwurf zustimmen können.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Wir werden noch zur eingehenden Beratung dieser Fragen kommen, aber mir scheint es wichtig, daß in diesem Zusammenhang klarzustellen.
    Die politischen Auseinandersetzungen sind in der Regel bewußtseinserhellend, und beim großen Thema Pflegeversicherung haben wir schon mehrere Runden hinter uns. Ein Vorteil ist, daß die Öffentlichkeit sich nicht über mangelnde Transparenz in diesem Bereich beklagen kann. Das wird laut und deutlich auf dem Markt ausgetragen. Ein weiterer Vorteil liegt dann, daß bis in den letzten Winkel der Republik die Botschaft gedrungen ist: Wir müssen eine Lösung für das Problem der pflegebedürftigen und in der Regel alten Menschen und der Kosten ihrer Versorgung finden. Insofern ist auch von seiten der FDP dem Bundesarbeitsminister Norbert Blüm — ich bedauere, daß der Bundesarbeitsminister das nicht hört — Dank für die Unermüdlichkeit und Verve abzustatten, mit der er die Trommel rührt und politisches Handeln anmahnt. Jedem muß klar sein, was heute vor allem den älteren



    Dr. Gisela Babel
    Mitbürgern vor Augen steht und was die mittlere und jüngere Generation gern verdrängt: daß wir alle am Ende unseres Lebens unter Umständen hinfällig und völlig auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sein können. Erst wenn dies nicht mehr verdrängt, sondern als Lebensrisiko angenommen wird und jedem die Kosten bewußt sind, wächst die Bereitschaft, Vorsorge zu treffen, eine Versicherung abzuschließen und auch den eigenen Beitrag für sinnvoll zu erachten.
    Die Wege zu diesem gemeinsamen Ziel gehen derzeit in verschiedene Richtungen. Der Bundesarbeitsminister baut in seinem Modell nur — ich sage das sehr knapp — für hier und jetzt, die FDP auch für morgen und die Zukunft. Der Bundesarbeitsminister befriedigt ausschließlich die Bedürfnisse von heute, nimmt Geld von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und gibt es gleich für die heute Pflegebedürftigen aus. Die FDP will ein langfristig tragbares Versicherungssystem, das auch in der nächsten Generation hält und Überlastungen verhindert. Aber auch die FDP will mit ihrem Modell, daß heute Pflegebedürftige Leistungen erhalten. Darüber kann man streiten, und darüber muß man streiten, weil die Folgen der Entscheidungen von sehr vielen und von uns allen zu verantworten sind. Aber es sollte meiner Meinung nach etwas fairer zugehen.
    Herr Minister Blüm, Sie schüren die Angst alter Menschen vor einer anderen Lösung als der Ihren. Sie sagen, nur Ihre Lösung sei einfach, sicher und solidarisch. Das, was die anderen vorhätten, sei kompliziert, unsicher und eigennützig.

    (Zuruf von der SPD: Da hat er recht!)

    Sie verwenden das Wort „privat" vor dem Wort „Versicherung" als Ausdruck von Egoismus und Extravaganz, etwas, was sich nur reiche Leute leisten könnten. Abgesehen davon, daß diese Sprache der linken Seite dieses Hauses eigen ist, stimmt es auch nicht. Denn sonst wäre z. B. eine Haftpflichtversicherung unsolidarisch und unsicher.

    (Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Eine pflegebedürftige Frau ist kein Auto!)

    Völlig unverantwortlich ist aber das Spiel mit den Sozialhilfeempfängern. Die Sprache geht wie folgt: Wer sein Leben lang gearbeitet hat, soll nicht wegen Pflegebedürftigkeit im Heim zum Taschengeldempfänger werden. — Was damit versprochen wird, kann niemals erfüllt werden. Durch die Leistungen der Pflegeversicherung — da ist es egal, ob nach Blüm oder SPD oder FDP — können keineswegs alle Rentner die Heimkosten tragen. Es gibt viele Bürger, mehr noch Bürgerinnen, die zu Recht behaupten, daß sie ihr Leben lang hart gearbeitet haben und die auch mit ihrer Rente zu Hause einigermaßen zurecht kommen und die doch Sozialhilfe brauchen, sobald sie in einem Heim sind, weil sie diese Heimkosten nicht bezahlen können, auch nicht mit einer Versicherungsleistung von 2 000 DM.
    Viele Renten liegen unter 1 000 DM. Die Verpflegungskosten oder, wie wir heute verkürzt sagen, Hotelkosten betragen über 1 000 DM. Wir sagen: Das erfüllte Leben der Bezieher einer kleinen Rente verändert sich also, nicht aber das Leben der Bezieherinnen oder der Bezieher einer durchschnittlichen und höheren Rente. Die Frage ist: Ist das richtig? Ist das moralisch? — Deswegen sage ich, man sollte von solchen Sprüchen Abstand nehmen und aufhören, so zu reden; man sollte ehrlicherweise zugeben, daß eine Pflegeversicherung nur beiträgt und nur hilft, Kosten zu tragen, das Risiko aber nicht voll abdeckt.
    Nun zu den Zahlen, wie viele dieser im Heim Gepflegten aus der Sozialhilfe herauskommen werden. Dazu gibt es jetzt eine Studie aus Trier, stolz veröffentlicht vom Bundesministerium für Familie und Senioren. Ich kann dazu sagen: Entweder ist das eine Fußangel des dort lebenden Ministerpräsidenten, oder die Wissenschaft selbst befindet sich dort in einem äußerst pflegebedürftigen Zustand.
    Als Ergebnis wurde nämlich veröffentlicht, daß sich mit 2 000 DM Versicherungsleistung das Verhältnis von Sozialhilfeempfängern zu Selbstzahlern, ein Verhältnis, das wir heute bei 70 : 30 haben — das ist ein sehr bedrückendes Verhältnis — , in ein Verhältnis von 20 : 80 umkehren würde. Danach wären 20 % Sozialhilfeempfänger, 80 % Selbstzahler. Gleich steht auch diese schöne Erkenntnis in allen Reden der Minister und Ministerinnen.
    Meine Damen und Herren, das Gutachten ist sein Geld nicht wert. Es unterstellt durchschnittliche Heimkosten von 2 800 DM. Die heutigen Kosten liegen höher; 3 750 DM in Nordrhein-Westfalen. Allein 47 % der Sozialhilfeempfänger haben ein Einkommen unter 1 000 DM. Sie sind also schon durch Hotelkosten überfordert. Unklar ist auch, ob Gemeinden Pflegekosten mittragen, die auf Investitionen beruhen. Richtig und redlich ist also nur die Aussage, daß die Leistung einer Pflegeversicherung nur einem Teil der Sozialhilfeempfänger helfen wird. Selbst in den Reihen der CDU sind diese Fakten unbekannt. Das Gutachten gehört zum Altpapier.
    Zum Schluß. Unseren gesamten sozialen Sicherungssystemen, meine Damen und Herren, so bewährt und großartig sie sind, drohen in der Zukunft die Gefahren der Überlastung. Ich frage Minister Blüm als zuständigen Ressortminister: Wie hoch wird die Rentenversicherung und der Beitrag für die Bundesanstalt für Arbeit Mitte der 90er Jahre sein? Auch der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung wird bis Mitte der 90er Jahre aller Voraussicht nach wieder steigen. Bei realistischer Betrachtungsweise liegt der Gesamtsozialversicherungsbeitrag dann bei 40 %. Dies ist ein neuer Höchststand in der Geschichte der deutschen Sozialversicherung. Sozial- und beschäftigungspolitisch wäre es in höchstem Maße verantwortungslos, auf diese 40 % noch weitere 2,5 % zu packen.
    Die FDP will diesen Weg nicht gehen. Sie will eine solidarische Versicherung für alle mit einem solidarischen, tragbaren Beitrag für alle. Sie will die Freiheit der Wahl von Versicherungen. Sie will auch die Freiheit der Wahl zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Vor allem will sie mit Kapitalanhäufung der heutigen Generation die Verantwortung für ihre späteren Lasten geben. Es ist nicht wahr, daß immer die junge Generation Sorge für die alte Generation trägt. Wenn Sie sich erinnern, dann wissen Sie, daß ursprünglich der Plan der Rentenversicherung



    Dr. Gisela Babel
    durchaus mit dem Kapitaldeckungsprinzip gestartet worden ist. Die Vorsorge sollte durchaus durch die Beiträge für kommende Zeiten angehäuft sein.

    (Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Das ist keine Kapitaldeckung! Das ist eine Risikoversicherung! Sonst müßten Sie das Kapital wieder zurückstellen!)

    — Gut. Jedenfalls hat das dazu beigetragen, spätere Zeiten abzusichern.
    Für die heute Pflegebedürftigen tritt die FDP für die Fondslösung ein.

    (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Wer zahlt den Fonds?)

    Die Bereitschaft der Arbeitgeber, diesen Fonds zu einem erheblichen Teil zu finanzieren, ist ein positives Signal.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, der Arbeitsminister wäre gut beraten, wenn die Konsensbemühungen in diesem Bereich nicht einfach vom Tisch gefegt würden. Mit kompromißlosem Beharren auf den Lieblingsvorstellungen wird es bei der Pflegesicherung keinen politischen Durchbruch geben.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, das Wort hat nunmehr Frau Abgeordnete Christina Schenk.

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    Rede von Christina Schenk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Runden Tisch der DDR hatte der Unabhängige Frauenverband, den ich hier vertrete, die Schaffung eines Ministeriums für Gleichstellungsfragen gefordert, das das Problem der noch immer eklatanten Ungleichheit in den Chancen für die Selbstverwirklichung von Männern einerseits und Frauen andererseits offensiv angehen sollte.
    Der vorliegende Haushaltsplan für das Ministerium für Frauen und Jugend macht insbesondere in seinem frauenbezogenen Aufgabenteil deutlich, wie sehr die Idee eines sowohl in fachlicher als auch in finanzieller Hinsicht mit Kompetenz ausgestatteten Ministeriums für Gleichstellung — sei es auch Ministerium für Frauen genannt — pervertiert werden kann. Ganze zweieinhalb Milliarden DM werden diesem Ministerium als Etat für das Jahr 1992 zugebilligt. Das ist die gleiche Summe, die das Ministerium für Verteidigung in zweieinhalb Wochen verbrauchen darf.
    Frau Merkel hat hier das wirklich beachtenswerte Kunststück fertiggebracht, dieser überaus fatalen Lage auch noch positive Aspekte abzugewinnen. Aber wahrscheinlich ist das genau die Eigenschaft, die man braucht, um in diesem Kabinett bestehen zu können.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Konstanze Wegner [SPD]: Galgenhumor!)

    Mit diesem Etat hat das Bundesministerium für Frauen und Jugend einen Anteil an den Gesamtausgaben der Bundesregierung von sage und schreibe 0,6 % und liegt damit nicht nur im Schlußbereich, sondern es ist auch — man höre und staune — das Ministerium mit der prozentual höchsten Einsparungsquote gegenüber 1991. Eine derartige Einsparung von fast einem Drittel der Ausgaben glaubte sich die Bundesregierung bezeichnenderweise nur in diesem Bereich leisten zu können. Geschafft hat sie das vor allem durch den Wegfall der anteiligen Finanzierung der Kindertagesstätten in den ostdeutschen Bundesländern. Der Wegfall genau dieser anteiligen Bundesfinanzierung macht die Kindertagesstätten zu einem Hauptfeld kommunaler Sparpolitik. Aber vermutlich ist der Herr Waigel darauf auch noch stolz.
    Die Schließung von Einrichtungen und die Entlassung von Personal gibt es in Sachsen ebenso wie in Mecklenburg-Vorpommern und anderswo. Das jüngste Beispiel liefert Berlin, wo versucht wird, 2 500 Erzieher und Erzieherinnen vor allem durch die Verkürzung der Öffnungszeiten der Kindertagesstätten und durch die Überführung in freie Trägerschaft einzusparen, begleitet von einer Debatte um vermeintliche Überkapazitäten und nicht ausgelastete Einrichtungen.
    Da, wo die Kindertagesstätten noch nicht geschlossen und die Öffnungszeiten noch nicht auf das Westniveau heruntergedrückt wurden, tun die Beitragssätze für die Betreuung eines Kindes in einer Tagesstätte das ihrige, um die Zahl der Betreuungsplätze auf das gewünschte Maß zurechtzustutzen. Ein Kinderbetreuungsplatz ist gegenwärtig kaum unter 60 DM pro Kind zu haben. Bei diesem Beitrag müssen sich vor allem arbeitslose Eltern die Frage stellen, ob er für sie noch finanzierbar ist.
    Sieht frau sich also den Einzelplan 17 etwas genauer an, offenbart sich absolut mühelos die Alibifunktion, die dieses Ministerium in bezug auf Frauen in der Bundesregierung zu erfüllen hat. Ganze 20 Millionen DM weist dieser Plan unter dem Titel für Arbeiten und Maßnahmen auf dem Gebiet der rechtlichen und sozialen Stellung der Frau aus. Das ist so ziemlich die einzige Summe, die im Teil „Allgemeine Bewilligungen" frauenbezogen geplant wurde. Mit diesen mickrigen 20 Millionen sollen dann solche „Kleinigkeiten" wie die Wiedereingliederung von Frauen nach der Familienphase, der Bereich Frauen und Erwerbstätigkeit, die Verbesserung der Situation von Mädchen und Frauen in den Bundesländern generell, der Schutz von Frauen und Mädchen gegen Gewalt usw. gefördert werden.
    Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, ich fordere Sie unter diesen Bedingungen wirklich ernsthaft auf, das Gerede von der Gleichberechtigung als Zielvorstellung Ihrer Politik zu beenden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Seien Sie doch endlich einmal ehrlich und erklären Sie vor allem den Frauen in den ostdeutschen Ländern, daß es Teil Ihres Plans „Deutsche Einheit" ist, Frauen aus der Erwerbstätigkeit auszugrenzen und die volle Verfügbarkeit von Männern für den sogenannten Aufschwung Ost dadurch zu sichern, daß Frauen die Verantwortung für Heim, Herd und Kinder allein zugeschoben wird!



    Christina Schenk
    Herr Franke spricht es offen aus: Ziel arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen ist es, die Quote der erwerbstätigen Frauen in den ostdeutschen Bundesländern von mehr als 80 % auf das altbundesdeutsche Niveau von 55 % zu senken. Dies widerspricht zwar dem im Einigungsvertrag formulierten Anspruch, nämlich Regelungen zu finden, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichern, aber Regierungspolitik ist offensichtlich nicht nur Politik der Steuerlüge oder der Mietenlüge — ganz zu schweigen von der Lüge, keinem solle es schlechter gehen —,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Geht es Ihnen denn schlechter, Frau Kollegin?)

    sondern die Politik dieser Regierung beinhaltet auch die Lüge von der Gleichbehandlung von Frau und Mann.
    Die Arbeitsmarktstatistik macht deutlich, daß man dem von Franke formulierten Ziel von Monat zu Monat langsam, aber stetig näher kommt. Der Anteil der Frauen an den Erwerbslosen liegt in den ostdeutschen Bundesländern bereits bei fast 60 %, Tendenz steigend. Es gibt Regionen, in denen sich der Frauenanteil an den Erwerbslosen der 70-%-Marke nähert. Ich meine, da ist noch ein bißchen zu tun, um dieser Zielvorstellung von 55 % generell nahezukommen; aber man wird da nichts unversucht lassen.
    Demgegenüber weist die Statistik einen beständig rückläufigen Anteil der Frauen an den Wiedervermittelten aus. Erhielten Frauen im Durchschnitt der letzten 12 Monate, des letzten Jahres also, rund 40 % der neu vermittelten Arbeitsplätze, so waren es im Juli 1991 nur noch 38 %.
    Augenfällig ist auch der bei knapp 46 % liegende Anteil von Frauen an den Kurzarbeitern und Kurzarbeiterinnen. Frauen werden eher gefeuert als Männer. Gefragt ist der deutsche Mann, der nicht älter als 40 ist und der eine Frau im Hintergrund hat, die seine Verfügbarkeit sichert.
    „Sich mit eigener Hände Arbeit ernähren zu können ist eine Grundvoraussetzung menschenwürdiger Existenz." Niemand anders als der Bundesarbeitsminister, der Herr Blüm, hat diesen überaus bemerkenswerten Satz gesagt. Betrachtet man nun die Politik der Bundesregierung vor diesem Hintergrund, bleibt nur noch die Frage, ob im Verständnis dieser Bundesregierung Frauen keine Menschen sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch die Höhe!)

    — Das stimmt; es ist wirklich die Höhe.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Es ist kein Wunder, daß bei einer repräsentativen Umfrage in der ehemaligen DDR, bei der Frauen danach befragt wurden, wie sie ihre persönliche Situation gegenüber der Zeit von vor anderthalb Jahren einschätzen, 42 % aller Frauen sagten, daß sich ihre Situation verschlechtert hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber Ihre persönliche doch nicht, Frau Kollegin!)

    Nur 20 % der Frauen fanden, daß sich ihre Situation verbessert hat. — Es ist wirklich einfach „under level" , darüber jetzt noch zu diskutieren.
    Maßgebenden Politikern, wie beispielsweise Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, ist in dieser Hinsicht jegliches Problembewußtsein, jegliche Sachkenntnis abzusprechen, wenn er und auch andere im Zusammenhang mit der rapide zunehmenden Zahl weiblicher Erwerbsloser davon sprechen, daß es sich dabei um die normale Rückführung übersteigerter weiblicher Erwerbsbeteiligung in der Ex-DDR handele. Solche Äußerungen verraten die zutiefst patriarchale Denkweise solcher Politiker.
    Die Frage ist im Grunde genommen eine ganz andere: Wann wird endlich mit der Rückführung der übersteigerten Erwerbstätigkeit westdeutscher Männer begonnen? Denn eine solche liegt doch zweifellos vor, wenn insbesondere westdeutsche Männer sich nur zu einem lächerlich geringen Anteil an Hausarbeit und Kinderbetreuung beteiligen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist doch nicht Ihr Problem! — Woher wissen Sie das denn?)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren, es bleibt dabei — ein nächster Aspekt — : In bezug auf den § 218 favorisieren die herrschenden Parteien offenbar und völlig entgegen den offiziellen Verlautbarungen das Prinzip Strafe statt Hilfe. Während Maßnahmen zur Verhinderung ungewollter Schwangerschaften, sprich: die kostenfreie Abgabe von Verhütungsmitteln, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR durch den Bund eingestellt wurden, während das Netz der Kindertagesstätten, die für Frauen und natürlich auch für Männer für ein gedeihliches Zusammenleben mit Kindern unverzichtbar sind, Zug um Zug abgebaut werden, droht den Frauen im Osten die Geltendmachung des § 218. Die Bundesregierung will offenbar den Abbau sozialer Maßnahmen durch die Einführung der Bestrafung von Abtreibungen nachhelfend begleiten. Sie will der zunehmenden und auf Grund der gegenwärtigen Situation in der ehemaligen DDR auch wohlbegründeten Unlust ostdeutscher Frauen, Kinder zu gebären, mit dem Knüppel des Strafgesetzbuches begegnen.
    Ginge es nach der CDU/CSU, deren Grundvorstellungen zum Umgang mit ungewollten Schwangerschaften ohnehin schon einen Anachronismus auch und gerade im europäischen Maßstab darstellen, soll das Verfahren auf unerträgliche Weise verschärft werden. Die Forderung, daß die Ärztin oder der Arzt schriftlich niederlegen muß, welche Gesichtspunkte für sie bzw. ihn maßgebend waren, das Vorliegen einer psychosozialen Notlage zu akzeptieren, zielt nicht darauf ab, die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche zu senken. Ich setze einmal ganz optimistisch voraus, daß inzwischen auch bei Ihnen hinreichender Sachverstand vorhanden ist, um das endlich zur Kenntnis zu nehmen. Es geht vielmehr darum, die Bedingungen für die Frauen, die abtreiben wollen, weiter, und zwar drastisch, zu verschärfen. Strafe statt Hilfe, wie ich eben schon sagte.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Frauen in Ost und West, der Haushalt des Bundesministeriums für Frauen und Jugend zeigt also abermals ganz deutlich, was auch an dieser Stelle schon mehrmals gesagt wurde: Frauen haben keine Lobby, weder in der Regierung noch innerhalb der etablierten Par-



    Christina Schenk
    teien. Für Frauen ist es daher notwendig, ein politisches Gegengewicht zu bilden. Angesichts der politischen und sozialen Lage in der vereinigten BRD ist es notwendig, bestehende feministische Strukturen zu erhalten und neue Zusammenhänge zu bilden. Das gilt für Frauen in Ost und West; das gilt für Ausländerinnen; das gilt für Inländerinnen; das gilt für Lesben; das gilt für Heteras.
    Den Feministinnen in der ehemaligen DDR ist etwas gelungen, was den Westfrauen bisher mißlang. Sie haben eine überregionale politische Organisation, den Unabhängigen Frauenverband, UFV, aufgebaut, der ja immerhin durch zwei Abgeordnete in diesem Bundestag vertreten ist. Die kommenden Monate werden zeigen, ob es Frauen im Westen gelingt, ähnliche Strukturen aufzubauen. Ich meine, daß ist ein lohnendes Unterfangen und die einzig angemessene Antwort auf die frauenfeindliche Politik dieser Regierung.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS/Linke Liste)