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    Plenarprotokoll 12/37 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 37. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. September 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Lage und Entwicklung in der Sowjetunion und Jugoslawien Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 3015 B Björn Engholm, Ministerpräsident des Lan- des Schleswig-Holstein 3020 A Dr. Alfred Dregger CDU/CSU 3025 D Dr. Hermann Otto Solms FDP 3031 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 3035 C Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 3038 C Ortwin Lowack fraktionslos 3041 D Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 3043 A Hans Koschnick SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3046 D Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksache 12/1000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 (Drucksache 12/1001) Dr. Hans-Jochen Vogel SPD 3047 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 3057 B Dr. Burkhard Hirsch FDP 3058C, 3100B, 3104 C Dr. Otto Graf Lambsdorff FDP 3062 C Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . . 3068 D Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 3070 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 3072 B Peter Conradi SPD 3082 B Dr. Lutz G. Stavenhagen CDU/CSU . . 3082 C Christel Hanewinckel SPD 3082 D Dr. Burkhard Hirsch FDP 3085 D Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 3086A Dr. Willfried Penner SPD 3087 A Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3089D, 3106A Dr. Sigrid Hoth FDP 3089 D Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 3091 D Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 3092 B Dr. Paul Laufs CDU/CSU 3093 A Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 3095 B Dr. Willfried Penner SPD 3097 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . 3102A Karl Deres CDU/CSU 3104A Dr. Hans de With SPD 3108 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 3109A Dr. Conrad Schroeder (Freiburg) CDU/CSU 3110D Harald B. Schäfer (Offenburg) SPD . . . 3112D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 3115D Nächste Sitzung 3117D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3119* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 — Haushaltsgesetz und Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 — (Michael von Schmude CDU/CSU) . . . . 3119* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. September 1991 3015 37. Sitzung Bonn, den 4. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 04. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 04. 09. 91 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 04. 09. 91 * Erler, Gernot SPD 04. 09. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 04. 09. 91 * Francke (Hamburg), CDU/CSU 04. 09. 91 Klaus Hilsberg, Stephan SPD 04. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 04. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 04. 09. 91 Karl-Hans Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 04. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 04. 09. 91 * Michels, Meinolf CDU/CSU 04. 09. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 04. 09. 91 Müller (Düsseldorf), SPD 04. 09. 91 Michael Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 04. 09. 91 Pfuhl, Albert SPD 04. 09. 91 * Rempe, Walter SPD 04. 09. 91 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 04. 09. 91 Ingrid Dr. Scheer, Hermann SPD 04. 09. 91 * Schmidt-Zadel, Regina SPD 04. 09. 91 Sielaff, Horst SPD 04. 09. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 04. 09. 91 * Dr. Sperling, Dietrich SPD 04. 09. 91 Dr. Sprung, Rudolf CDU/CSU 04. 09. 91 * Verheugen, Günter SPD 04. 09. 91 Vosen, Josef SPD 04. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 04. 09. 91 Gert Welt, Hans-Joachim SPD 04. 09. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 04.09.91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 04. 09. 91 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 - Haushaltsgesetz und Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 - Michael von Schmude (CDU/CSU): Diese erste Lesung des Haushalts 1992 gibt uns willkommenen Anlaß zu einer Bestandsaufnahme, nämlich: wie weit sind wir beim Aufbau des freiheitlichen Rechtsstaates in den neuen Bundesländern vorangekommen, wo stehen wir, was muß noch getan werden? Anlagen zum Stenographischen Bericht Uns ist allen bewußt, daß die Glaubwürdigkeit der Justiz und das damit verbundene Vertrauen in den Rechtsstaat unabdingbare Voraussetzung für das Zusammenwachsen der Deutschen in Ost und West sind. Die Verwirklichung der Einheit auf dem Gebiet des Rechts ist eine Mammutaufgabe und braucht demzufolge auch Zeit. Dennoch gehöre auch ich zu jenen, die ungeduldig sind, und in der Tat könnte und müßte das eine oder andere zügiger verwirklicht werden. Das Justizwesen der früheren DDR war Werkzeug des Unterdrückerstaates und muß deshalb mehr als jede andere Verwaltung auch personell von Grund auf erneuert werden. Das bedeutet, daß Richter und Staatsanwälte nur in einem geringen Umfang übernommen werden können. Um eine Richterdichte wie in den alten Bundesländern herzustellen, benötigen wir etwa 4 500 Richter, 1 000 Staatsanwälte und 2 000 Rechtspfleger. Letztere waren in der früheren DDR überhaupt nicht vorhanden. Die Überprüfung der Richter und Staatsanwälte, die bereits in der ehemaligen DDR tätig waren, wird intensiv betrieben (von 2 600 = 1990 sind jetzt noch 1 300 im Amt). Unabhängig davon sollten jene Juristen, die sich schuldig gemacht haben, nicht erst auf das Ergebnis ihrer Überprüfung warten, sondern durch freiwilliges Ausscheiden ein Zeichen der Einsicht und damit einen Beitrag zum Neubeginn leisten. Gleiches gilt auch für diejenigen Juristen, die sich noch kurz vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 als Rechtsanwälte niedergelassen haben, obwohl sie auf Grund ihrer Vergangenheit dieses besser hätten unterbleiben lassen sollen. Überprüfungen sind notwendig, wobei erforderlichenfalls die bisherigen gesetzlichen Grundlagen ergänzt werden müssen. Auch hier gilt: Jeder Einzelfall muß auf die persönliche Verantwortung hin untersucht werden, Pauschalverurteilungen sind fehl am Platze. Unser 1991 beschlossenes dreijähriges Hilfsprogramm zum Aufbau des Rechtsstaates im Beitrittsgebiet sieht die Entsendung von insgesamt 2 300 Juristen und Rechtspflegern vor. Dabei handelt es sich um 1 000 Richter und Staatsanwälte, von denen bis Ende Juni etwa die Hälfte abgeordnet waren. Die Länder haben erneut versprochen, die angestrebte Zahl per Ende dieses Jahres annähernd sicherzustellen. Ein größeres Defizit tut sich bei den Rechtspflegern auf. Zwischen Bund und Ländern war vereinbart, in diesem Jahr 500 Rechtspfleger abzuordnen. Per Ende August lag diese Zahl mit 211 weit zurück. Angesichts des großen Arbeitsanfalls bei den Grundbuchämtern - bekanntlich liegen über 1 Million Ansprüche auf Rückübertragung vor - ist dieser Zustand besonders bedauerlich. Am Geld kann es nicht liegen, denn im Rahmen des gesamten Hilfsprogramms von 120 Millionen sind für diesen Bereich der Abordnung allein 65,4 Millionen DM vorgesehen. Die neuen Bundesländer machen von dem finanziellen Hilfsangebot des Bundes zur Einstellung von bis zu 300 Richtern, Staatsanwälten und Rechtspflegern regen Gebrauch. Hier sind kurzfristig bereits 200 Stellen besetzt worden. 3120* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. September 1991 Außerordentlich unbefriedigend und schleppend verläuft dagegen die Ausschöpfung unseres sog. Seniorenmodells. Hier waren Haushaltsmittel in Höhe von 17,5 Millionen DM im Haushalt 1991 vorgesehen zur Entsendung von 500 pensionierten Richtern, Staatsanwälten und Rechtspflegern. Mehr als 100 Interessenten haben sich bei den Justizministern der alten Bundesländer beworben und ganze drei sind inzwischen erst tätig: ein Richter in Sachsen und jeweils ein Richter und ein Rechtspfleger in Thüringen. Diesem Mißstand muß durch den Bundesjustizminister dringend nachgegangen werden. Sollten die alten Bundesländer mit dieser Aufgabe der Bewerberauswahl überfordert sein, so wäre dringend eine Übertragung auf ein anderes Gremium erforderlich. Insgesamt bleibt ohnehin festzuhalten, daß einige Bundesländer sehr vorbildlich den Aufbau des Rechtsstaates in den neuen Bundesländern unterstützen, andere hingegen, oft entgegen großer Ankündigungen, nur sehr halbherzig. Ein negatives Beispiel ist dafür leider auch Herr Engholm, der 1990 ganze vier Richter nach Mecklenburg-Vorpommern abgeordnet hat und die ohnehin knappen Ressourcen an Richtern durch die parteipolitisch motivierte Entscheidung zur Einrichtung eines neuen Oberverwaltungsgerichts weiter einengt. So sehen manche Solidarbeiträge aus! Die Vereinbarung des Bundesjustizministers mit seinen Länderkollegen zur Entsendung von 60 Staatsanwälten zur Aufdeckung der Regierungskriminalität in der früheren DDR ist von den Ländern bisher erst mit 10 Juristen teilerfüllt worden. Natürlich ist kein Schleswig-Holstein dabei. Zur Aufarbeitung der früheren SED-Diktatur hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Bereinigung von SED-Unrecht vorgelegt. Damit sollen die Aufhebung von Unrechts-Urteilen und die Entschädigungsregulierung beschleunigt werden. Wir müssen an diesen Komplex mit einem besonderen Augenmaß herangehen: In den mehr als 20 000 anstehenden Rehabilitierungsverfahren stecken erschütternde Einzelschicksale. Den Betroffenen muß Gerechtigkeit widerfahren. Allerdings müssen wir auch die Grenzen unserer Möglichkeiten erkennen, die einfach darin bestehen, daß geschehenes Unrecht weder finanziell noch sonst voll ausgeglichen werden kann. Bei den Finanzen ist zu berücksichtigen, daß dieses Gesetz mit etwa 1,5 Milliarden DM Kosten an die Grenzen unserer Möglichkeit heranführt. Mit einem noch zu beratenden Gesetz über die sogenannte Verwaltungsrehabilitation müssen Willkürakte der DDR-Organe im Verwaltungsbereich aufgearbeitet werden. Hier muß eine Möglichkeit geschaffen werden, auch abgeschlossene Verfahren wieder aufzugreifen. Besonders gilt dies hinsichtlich der sogenannten Zwangsumsiedlungen. So wurden u. a. im ehemaligen Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze — auch direkt angrenzend an meinen Wahlkreis in Mecklenburg — Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und ihr Hab und Gut gegen ein Trinkgeld dem Staat zu übereignen. Für die Vergangenheitsbewältigung des SED-Schnüffler- und Spitzelstaates brauchen wir weitere juristische Grundlagen. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz ermöglicht uns entsprechende Informationen im Interesse betroffener Opfer. In Verbindung mit der Erfassungsstelle Salzgitter kann dann hoffentlich ein Großteil politisch motivierter Straftaten aus der DDR-Zeit verfolgt und gesühnt werden. In diesem Zusammenhang ist zu begrüßen, daß einige SPD-regierte Bundesländer einen Läuterungsprozeß durchlaufen haben und sich wieder an den Kosten der Erfassungsstelle Salzgitter beteiligen. Es war schon beschämend, wie man hier in der Vergangenheit aus einer Gefälligkeitspolitik heraus sich aus der politischen Verantwortung davongestohlen hat. Ein ganz besonders negatives Beispiel gibt wiederum die schleswig-holsteinische Landesregierung unter Ministerpräsident Engholm, die sofort nach der Regierungsübernahme 1987 ihren Anteil von nur 10 000 DM verweigerte. Der bisherige Aufbau der rechtsstaatlichen Justiz im Osten Deutschlands verdient Dank und Respekt vor allem gegenüber den neuen Bundesländern, denn der Alltag zeigt, daß inzwischen auch hier und da bereits Rückstände bei Gerichten und Grundbuchämtern abgearbeitet werden können. Allen Mitarbeitern des Bundesjustizministeriums möchte ich an dieser Stelle ebenfalls meinen Dank für die von ihnen geleistete vorbildliche Arbeit sagen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karl Deres


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich kann mir gut vorstellen, Herr Kollege Hirsch, daß sich da spiegelbildlich Probleme ergeben. Nur ziele ich in meiner Darstellung darauf ab, daß wir nicht jedes Jahr die Zahl der Planstellen und die Mittel erhöhen können und im letzten nicht die Problematik vom Tisch bekommen. Das ist unser Ziel als Haushälter.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein zweites Beispiel. Mit dem in der parlamentarischen Beratung befindlichen Gesetzentwurf über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes wird die erst seit einigen Monaten existierende Behörde des Sonderbeauftragten Gauck einer immensen Belastungsprobe ausgesetzt. Während die immerhin mit fast 1 000 Planstellen und Stellen ausgestattete Behörde bislang auf die Bearbeitung von rund 10 000 Auskunftsersuchen pro Monat angelegt war, rechnet Herr Gauck künftig mit bis zu 70 000 Anfragen pro Monat, wie das hier heute auch schon erwähnt wurde. Nach den Berechnungen des Bundesministers des Innern müßte die Gauck-Behörde in Berlin und ihren 14 Außenstellen für mehrere Jahre mit rund insgesamt 3 400 Mitarbeitern ausgestattet werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Alle „kw" ! )

    Ich möchte hier nicht den Beratungen zu diesem Gesetzentwurf vorgreifen. Eines scheint mir aber klar zu sein: Ganz gleich, wie viele Stellen wir für den Sonderbeauftragten bewilligen und wie schnell sich der Sonderbeauftragte mit seinen Mitarbeitern auf den erwarteten Massenansturm einrichten kann, wir werden gerade unseren Mitbürgern in den neuen Ländern — das sollten wir jetzt in aller Offenheit sagen — in dieser Frage noch viel Geduld bei der Aufarbeitung dieser unseligen Hinterlassenschaft des DDR-Regimes abverlangen müssen. Das möchte ich aus der Sicht des Haushälters zu dieser Frage gesagt haben. Herr Gauck und seine Mitarbeiter können weder Stasi-Unrecht wiedergutmachen noch gar rächen. Seine Auskünfte haben genausowenig die Qualität moralischer Persilscheine. Es wird auf uns ankommen, den Argwohn allmählich abzulegen, Schuld zu bekennen und zu verzeihen. Das wäre der bessere Weg.



    Karl Deres
    Drittes Beispiel. Die Bundeszentrale für politische Bildung und das Bundesarchiv erfahren nach dem Regierungsentwurf erhebliche Verstärkungen. Die Mittel für die politische Bildungsarbeit werden gegenüber 1990 fast verdoppelt. Das Zusammenwachsen und das Verständnis der Menschen in den alten und neuen Ländern läßt sich gewiß mit den Mitteln der politischen Bildung und Öffentlichkeitsarbeit anregen. Um so schlimmer ist es aber, wenn gewisse Superzeitungsmacher meinen, mit billigen Vorurteilen ihre Auflagen in den neuen Ländern steigern zu können.
    Das Bundesarchiv soll um insgesamt 88 Planstellen und Stellen aus dem Ende dieses Jahres aufzulösenden Gesamtdeutschen Institut verstärkt werden. Ich hoffe, daß der dort vorgesehene Aufbaustab für ein Archiv der DDR möglichst bald die Verfügungsbefugnis über die Archive der SED erhält, damit die historische Wahrheit der 44 Jahre währenden kommunistischen Diktatur auf deutschem Boden lückenlos dokumentiert und erforscht werden kann.
    Viertens. Für den weiteren Aufbau der Verwaltungen in den neuen Ländern sind im Einzelplan 06 wieder insgesamt 250 Millionen DM an Personalkostenzuschüssen und für die Entsendung von Bundesbediensteten vorgesehen. Ich begrüße den Einsatz der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, der Fachhochschule des Bundes und des Bundesverwaltungsamts bei der Aus- und Fortbildung von Bediensteten der neuen Länder und Kommunen. Ich meine allerdings, daß dies kein Dauerzustand werden sollte und daß wir in absehbarer Zeit eine Erfolgskontrolle der verschiedenen Anreize vornehmen und dabei auch die weitere Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigung für entsandte Bedienstete überprüfen sollten.
    Fünftens. Beim Bundeskriminalamt schlägt der Regierungsentwurf im Rahmen des mehrjährigen Konzepts zur Intensivierung der Bekämpfung von Rauschgiftkriminalität und organisierter Kriminalität eine weitere Verstärkung um 60 Mitarbeiter vor. Nachdem die Zahl der Drogentoten bei uns im ersten Halbjahr 1991 nochmals um über 50 % gestiegen ist und die Zahl der Erstkonsumenten z. B. von Heroin um weitere 30 % zugenommen hat, scheinen mir gegen Personalverstärkungen kaum Einwände möglich. Eines sollte aber klar sein: Wir hätten über den Haushalt das BKA — und zwar nahezu sämtliche Arbeitseinheiten — seit 1989 dann um 710 Planstellen und Stellen verstärkt.
    Jetzt müssen den Mitarbeitern des BKA und der Länder endlich wirksamere Ermittlungsmöglichkeiten gegenüber dem organisierten Verbrechen gegeben und der Zugriff auf Verbrechensgewinne und Geldwäsche ermöglicht werden. Der Bundesinnenminister und der Bundesjustizminister sollten sich für eine möglichst rasche Verabschiedung des jüngsten Bundesratsentwurfs einsetzen. Ich glaube, wir können im Haushaltsausschuß nicht auf Dauer eine Stellenvermehrung dieser Art jedes Jahr produzieren, ohne daß wir am Schluß Ergebnisse haben.
    Sechstens. Die substanzerhaltende Kulturförderung des Bundes für die neuen Länder soll nach dem Regierungsentwurf fortgeführt werden. Allerdings
    sollte sie ursprünglich von 900 Millionen DM auf 500 Millionen DM im Jahr 1992 zurückgeführt werden. Der Regierungsentwurf legt nun noch einmal 100 Millionen DM zu.
    Aus den neuen Ländern hören wir die dringende Forderung, den Bundeszuschuß zumindest auf der diesjährigen Höhe zu halten. Nun bin ich mir der Verpflichtung aus dem Einigungsvertrag zur Erhaltung der kulturellen Substanz sowie der Stärkung der kulturellen Infrastruktur in den neuen Ländern sehr wohl bewußt. Ich weiß, daß der Bund in diesem Jahr z. B. dort 150 Museen mit ca. 92 Millionen DM fördert und daß die dortige Theater- und Musiklandschaft bis heute nur dank des 900-Millionen-Programms überlebt.
    Föderalismus heißt auf kulturellem Gebiet aber aus gutem Grund Zuständigkeit der Länder und Kommunen.

    (Hans-Gerd Strube [CDU/CSU]: So ist es!)

    Der Bund als der geldmächtige Kulturfinanzier, das kann nicht lange gutgehen, und das wollen wir nicht.
    Schon höre ich, wie sich in den Amtsstuben des BMI kluge und sicher wohlmeinende Beamte Gedanken darüber machen, daß etwa Mecklenburg-Vorpommern überproportional viel von dem Bundeszuschuß in seine Theater stecke, während z. B. Thüringen die Museen stark und die Musikschulen weniger mit Bundesgeld bediene; hier müsse der Bund doch bei der Zuschußgewährung eingreifen. So beginnt der Anfang vom Ende der Freiheit von Kunst und Kultur.
    Ich halte es deshalb im wohlverstandenen Interesse der neuen Länder und ihrer Bürger für sachgerecht, daß wir 1992 die Bundeszuschüsse auf 600 Millionen DM zurückfahren und 1993 ganz einstellen. Das ist für mich keineswegs eine rein fiskalische Frage. Vielmehr müssen sich die Länder, die Kommunen und nicht zuletzt die Bürger in den neuen Ländern zu ihrer Kultur, ihrem Theater, ihrem Orchester usw. bekennen und im vorhandenen Finanzrahmen Schwerpunkte setzen und selbstverständlich auch Strukturen bereinigen. Ich bin optimistisch, daß sich die Kultur in den neuen Ländern, soweit sie nicht eine künstliche von SED-Gnaden war, als lebens- und überlebensfähig erweisen wird.
    Siebentens. Wie für die Kultur, so halte ich für die Förderung des Sports das Prinzip der Subsidiarität gerade im vereinten Deutschland für ganz wesentlich. Für 1992 als olympisches Jahr halte ich es noch für vertretbar, den Hochleistungssport in den alten und den neuen Ländern mit etwa der gleichen Summe wie im vergangenen Jahr zu fördern. Der Sport und seine Spitzenverbände machen es sich aber zu einfach, wenn sie uns mit Blick auf die Besonderheiten in den neuen Ländern vorrechnen wollen, dies müsse sich bis auf kleinere Randkorrekturen im Jahr 1993 und in den Folgejahren so fortsetzen.


Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Kollege Deres, kommen Sie dann bitte zum Schluß.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Deres


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Wir wollen gerade keinen Staatssport wie in der früheren DDR. Deswegen muß



    Karl Deres
    der Anteil der Bundesförderung konsequent zurückgeführt werden. Der Anteil privater und kommunaler Förderung dagegen muß nachhaltig erhöht werden.
    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, für den vor wenigen Tagen verstorbenen, wohl von vielen Kollegen hochgeschätzten Pater Nell-Breuning, der heute schon einmal von Herrn Dr. Vogel zitiert wurde, waren Solidarität und Subsidiarität Grundprinzipien unserer Gesellschaft. Wir sollten uns bei den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen an beiden orientieren.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)