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ID1203701600

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    Plenarprotokoll 12/37 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 37. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. September 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Lage und Entwicklung in der Sowjetunion und Jugoslawien Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 3015 B Björn Engholm, Ministerpräsident des Lan- des Schleswig-Holstein 3020 A Dr. Alfred Dregger CDU/CSU 3025 D Dr. Hermann Otto Solms FDP 3031 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 3035 C Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 3038 C Ortwin Lowack fraktionslos 3041 D Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 3043 A Hans Koschnick SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3046 D Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksache 12/1000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 (Drucksache 12/1001) Dr. Hans-Jochen Vogel SPD 3047 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 3057 B Dr. Burkhard Hirsch FDP 3058C, 3100B, 3104 C Dr. Otto Graf Lambsdorff FDP 3062 C Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . . 3068 D Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 3070 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 3072 B Peter Conradi SPD 3082 B Dr. Lutz G. Stavenhagen CDU/CSU . . 3082 C Christel Hanewinckel SPD 3082 D Dr. Burkhard Hirsch FDP 3085 D Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 3086A Dr. Willfried Penner SPD 3087 A Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3089D, 3106A Dr. Sigrid Hoth FDP 3089 D Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 3091 D Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 3092 B Dr. Paul Laufs CDU/CSU 3093 A Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 3095 B Dr. Willfried Penner SPD 3097 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . 3102A Karl Deres CDU/CSU 3104A Dr. Hans de With SPD 3108 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 3109A Dr. Conrad Schroeder (Freiburg) CDU/CSU 3110D Harald B. Schäfer (Offenburg) SPD . . . 3112D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 3115D Nächste Sitzung 3117D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3119* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 — Haushaltsgesetz und Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 — (Michael von Schmude CDU/CSU) . . . . 3119* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. September 1991 3015 37. Sitzung Bonn, den 4. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 04. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 04. 09. 91 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 04. 09. 91 * Erler, Gernot SPD 04. 09. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 04. 09. 91 * Francke (Hamburg), CDU/CSU 04. 09. 91 Klaus Hilsberg, Stephan SPD 04. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 04. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 04. 09. 91 Karl-Hans Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 04. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 04. 09. 91 * Michels, Meinolf CDU/CSU 04. 09. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 04. 09. 91 Müller (Düsseldorf), SPD 04. 09. 91 Michael Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 04. 09. 91 Pfuhl, Albert SPD 04. 09. 91 * Rempe, Walter SPD 04. 09. 91 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 04. 09. 91 Ingrid Dr. Scheer, Hermann SPD 04. 09. 91 * Schmidt-Zadel, Regina SPD 04. 09. 91 Sielaff, Horst SPD 04. 09. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 04. 09. 91 * Dr. Sperling, Dietrich SPD 04. 09. 91 Dr. Sprung, Rudolf CDU/CSU 04. 09. 91 * Verheugen, Günter SPD 04. 09. 91 Vosen, Josef SPD 04. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 04. 09. 91 Gert Welt, Hans-Joachim SPD 04. 09. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 04.09.91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 04. 09. 91 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 - Haushaltsgesetz und Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 - Michael von Schmude (CDU/CSU): Diese erste Lesung des Haushalts 1992 gibt uns willkommenen Anlaß zu einer Bestandsaufnahme, nämlich: wie weit sind wir beim Aufbau des freiheitlichen Rechtsstaates in den neuen Bundesländern vorangekommen, wo stehen wir, was muß noch getan werden? Anlagen zum Stenographischen Bericht Uns ist allen bewußt, daß die Glaubwürdigkeit der Justiz und das damit verbundene Vertrauen in den Rechtsstaat unabdingbare Voraussetzung für das Zusammenwachsen der Deutschen in Ost und West sind. Die Verwirklichung der Einheit auf dem Gebiet des Rechts ist eine Mammutaufgabe und braucht demzufolge auch Zeit. Dennoch gehöre auch ich zu jenen, die ungeduldig sind, und in der Tat könnte und müßte das eine oder andere zügiger verwirklicht werden. Das Justizwesen der früheren DDR war Werkzeug des Unterdrückerstaates und muß deshalb mehr als jede andere Verwaltung auch personell von Grund auf erneuert werden. Das bedeutet, daß Richter und Staatsanwälte nur in einem geringen Umfang übernommen werden können. Um eine Richterdichte wie in den alten Bundesländern herzustellen, benötigen wir etwa 4 500 Richter, 1 000 Staatsanwälte und 2 000 Rechtspfleger. Letztere waren in der früheren DDR überhaupt nicht vorhanden. Die Überprüfung der Richter und Staatsanwälte, die bereits in der ehemaligen DDR tätig waren, wird intensiv betrieben (von 2 600 = 1990 sind jetzt noch 1 300 im Amt). Unabhängig davon sollten jene Juristen, die sich schuldig gemacht haben, nicht erst auf das Ergebnis ihrer Überprüfung warten, sondern durch freiwilliges Ausscheiden ein Zeichen der Einsicht und damit einen Beitrag zum Neubeginn leisten. Gleiches gilt auch für diejenigen Juristen, die sich noch kurz vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 als Rechtsanwälte niedergelassen haben, obwohl sie auf Grund ihrer Vergangenheit dieses besser hätten unterbleiben lassen sollen. Überprüfungen sind notwendig, wobei erforderlichenfalls die bisherigen gesetzlichen Grundlagen ergänzt werden müssen. Auch hier gilt: Jeder Einzelfall muß auf die persönliche Verantwortung hin untersucht werden, Pauschalverurteilungen sind fehl am Platze. Unser 1991 beschlossenes dreijähriges Hilfsprogramm zum Aufbau des Rechtsstaates im Beitrittsgebiet sieht die Entsendung von insgesamt 2 300 Juristen und Rechtspflegern vor. Dabei handelt es sich um 1 000 Richter und Staatsanwälte, von denen bis Ende Juni etwa die Hälfte abgeordnet waren. Die Länder haben erneut versprochen, die angestrebte Zahl per Ende dieses Jahres annähernd sicherzustellen. Ein größeres Defizit tut sich bei den Rechtspflegern auf. Zwischen Bund und Ländern war vereinbart, in diesem Jahr 500 Rechtspfleger abzuordnen. Per Ende August lag diese Zahl mit 211 weit zurück. Angesichts des großen Arbeitsanfalls bei den Grundbuchämtern - bekanntlich liegen über 1 Million Ansprüche auf Rückübertragung vor - ist dieser Zustand besonders bedauerlich. Am Geld kann es nicht liegen, denn im Rahmen des gesamten Hilfsprogramms von 120 Millionen sind für diesen Bereich der Abordnung allein 65,4 Millionen DM vorgesehen. Die neuen Bundesländer machen von dem finanziellen Hilfsangebot des Bundes zur Einstellung von bis zu 300 Richtern, Staatsanwälten und Rechtspflegern regen Gebrauch. Hier sind kurzfristig bereits 200 Stellen besetzt worden. 3120* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. September 1991 Außerordentlich unbefriedigend und schleppend verläuft dagegen die Ausschöpfung unseres sog. Seniorenmodells. Hier waren Haushaltsmittel in Höhe von 17,5 Millionen DM im Haushalt 1991 vorgesehen zur Entsendung von 500 pensionierten Richtern, Staatsanwälten und Rechtspflegern. Mehr als 100 Interessenten haben sich bei den Justizministern der alten Bundesländer beworben und ganze drei sind inzwischen erst tätig: ein Richter in Sachsen und jeweils ein Richter und ein Rechtspfleger in Thüringen. Diesem Mißstand muß durch den Bundesjustizminister dringend nachgegangen werden. Sollten die alten Bundesländer mit dieser Aufgabe der Bewerberauswahl überfordert sein, so wäre dringend eine Übertragung auf ein anderes Gremium erforderlich. Insgesamt bleibt ohnehin festzuhalten, daß einige Bundesländer sehr vorbildlich den Aufbau des Rechtsstaates in den neuen Bundesländern unterstützen, andere hingegen, oft entgegen großer Ankündigungen, nur sehr halbherzig. Ein negatives Beispiel ist dafür leider auch Herr Engholm, der 1990 ganze vier Richter nach Mecklenburg-Vorpommern abgeordnet hat und die ohnehin knappen Ressourcen an Richtern durch die parteipolitisch motivierte Entscheidung zur Einrichtung eines neuen Oberverwaltungsgerichts weiter einengt. So sehen manche Solidarbeiträge aus! Die Vereinbarung des Bundesjustizministers mit seinen Länderkollegen zur Entsendung von 60 Staatsanwälten zur Aufdeckung der Regierungskriminalität in der früheren DDR ist von den Ländern bisher erst mit 10 Juristen teilerfüllt worden. Natürlich ist kein Schleswig-Holstein dabei. Zur Aufarbeitung der früheren SED-Diktatur hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Bereinigung von SED-Unrecht vorgelegt. Damit sollen die Aufhebung von Unrechts-Urteilen und die Entschädigungsregulierung beschleunigt werden. Wir müssen an diesen Komplex mit einem besonderen Augenmaß herangehen: In den mehr als 20 000 anstehenden Rehabilitierungsverfahren stecken erschütternde Einzelschicksale. Den Betroffenen muß Gerechtigkeit widerfahren. Allerdings müssen wir auch die Grenzen unserer Möglichkeiten erkennen, die einfach darin bestehen, daß geschehenes Unrecht weder finanziell noch sonst voll ausgeglichen werden kann. Bei den Finanzen ist zu berücksichtigen, daß dieses Gesetz mit etwa 1,5 Milliarden DM Kosten an die Grenzen unserer Möglichkeit heranführt. Mit einem noch zu beratenden Gesetz über die sogenannte Verwaltungsrehabilitation müssen Willkürakte der DDR-Organe im Verwaltungsbereich aufgearbeitet werden. Hier muß eine Möglichkeit geschaffen werden, auch abgeschlossene Verfahren wieder aufzugreifen. Besonders gilt dies hinsichtlich der sogenannten Zwangsumsiedlungen. So wurden u. a. im ehemaligen Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze — auch direkt angrenzend an meinen Wahlkreis in Mecklenburg — Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und ihr Hab und Gut gegen ein Trinkgeld dem Staat zu übereignen. Für die Vergangenheitsbewältigung des SED-Schnüffler- und Spitzelstaates brauchen wir weitere juristische Grundlagen. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz ermöglicht uns entsprechende Informationen im Interesse betroffener Opfer. In Verbindung mit der Erfassungsstelle Salzgitter kann dann hoffentlich ein Großteil politisch motivierter Straftaten aus der DDR-Zeit verfolgt und gesühnt werden. In diesem Zusammenhang ist zu begrüßen, daß einige SPD-regierte Bundesländer einen Läuterungsprozeß durchlaufen haben und sich wieder an den Kosten der Erfassungsstelle Salzgitter beteiligen. Es war schon beschämend, wie man hier in der Vergangenheit aus einer Gefälligkeitspolitik heraus sich aus der politischen Verantwortung davongestohlen hat. Ein ganz besonders negatives Beispiel gibt wiederum die schleswig-holsteinische Landesregierung unter Ministerpräsident Engholm, die sofort nach der Regierungsübernahme 1987 ihren Anteil von nur 10 000 DM verweigerte. Der bisherige Aufbau der rechtsstaatlichen Justiz im Osten Deutschlands verdient Dank und Respekt vor allem gegenüber den neuen Bundesländern, denn der Alltag zeigt, daß inzwischen auch hier und da bereits Rückstände bei Gerichten und Grundbuchämtern abgearbeitet werden können. Allen Mitarbeitern des Bundesjustizministeriums möchte ich an dieser Stelle ebenfalls meinen Dank für die von ihnen geleistete vorbildliche Arbeit sagen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gregor Gysi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Vor diesen Gefahren zu warnen ist und bleibt die Aufgabe der Opposition, auch die Aufgabe der Opposition PDS.
    Danke.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Poppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerd Poppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir führen diese Haushaltsdebatte zum Zeitpunkt einer Umbruchsituation, wie es sie in Europa in solchem Ausmaß zuletzt als Folge des Zweiten Weltkrieges gegeben hat. Der Zusammenbruch des Sowjetimperiums, der 1989 mit den revolutionären Ereignissen in Ostmitteleuropa begann, vollendet sich nun mit dem Auseinanderfallen der Zentralmacht selbst. Das System von Jalta gehört endgültig der Geschichte an.
    Die atemberaubende Geschwindigkeit, mit der der letzte Akt des über 70 Jahre währenden Trauerspiels des Sowjetkommunismus in den letzten Wochen über die politische Bühne geht, hat Millionen von Menschen Wechselbädern unterschiedlichster Gefühle ausgesetzt. Eben noch herrschten Angst und Verunsicherung über die ersten Meldungen vom Moskauer Putsch, und schon ist der Spuk vorüber, gerade an jenem 21. August — die Ironie oder auch die Gerechtigkeit der Geschichte will es so — , an dem 23 Jahre zuvor sowjetische Panzer den Prager Frühling zermalmten. Diesmal widerstanden die Demokraten den Panzern.
    Dies ist eine erste Lehre der jüngsten Geschichte: Die Demokratiebewegung des Ostens ist inzwischen so stark, daß sie den verzweifelten Versuchen von Dogmatikern und Hardlinern aller Couleur, das Rad der Geschichte gewaltsam zurückzudrehen, erfolgreich entgegentreten kann.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Eben noch rieben sich einige alte Männer in Moskau, Peking, Havanna und Belgrad vor Vergnügen die Hände, und schon wechselt die Szene — um im Bühnenbild zu bleiben —: Die drei häßlichen Brüder stürzen zu Boden, nämlich der KGB, die KPdSU-Nomenklatura, der militärisch-industrielle Komplex.
    Dies ist das Verdienst vieler mutiger, zumeist junger unbekannter und im allgemeinen recht unheroischer Menschen in Rußland und anderen Republiken der bisherigen Sowjetunion, das Verdienst der Demonstranten, der Streikenden, der Soldaten und Offiziere, die den Befehlen der Junta nicht gehorchten, derjenigen Menschen, die mit ihren Körpern das russische Parlament schützten und vor deren Toten wir uns verneigen, der vielen, die zivilen Ungehorsam leisteten.
    Dies ist eine zweite Lehre aus den Ereignissen: Der Freiheitswille der Völker ist ein ausschlaggebender Faktor des politischen Fortschritts, ungeachtet aller mehr oder minder erfolgreichen politischen und diplomatischen Balanceakte.
    Unbedingt müssen neben diesen Hauptakteuren auch die verdienstvollen Politiker genannt werden, deren aufrichtige Haltung den Widerstand beflügelte: Jelzin vor allem, die Bürgermeister von Leningrad und Moskau, der ehemalige Außenminister Schewardnadse, um nur einige zu erwähnen.

    (Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/GRÜNE und der FDP)

    Nicht ungenannt bleiben darf schließlich Michail Gorbatschow. Da er immer Kompromisse mit den Dogmatikern und Politbürokraten eingegangen ist und sich nie eindeutig für die Demokratiebewegung



    Gerd Poppe
    entscheiden konnte, da er schließlich selbst die Putschisten mit der erforderlichen Machtfülle ausstattete, ist er ohne Zweifel mitverantwortlich für das Geschehen. Andererseits aber konnten sich die demokratischen Kräfte erst auf Grund des Versuchs von Glasnost und Perestroika formieren. Dies bleibt ebenso unzweifelhaft Gorbatschows Verdienst. Noch vor zwei Jahren wäre der Widerstand der Moskauer und Leningrader Bevölkerung völlig undenkbar gewesen.
    Wir beglückwünschen die Menschen in Rußland, im Baltikum und in anderen Teilen der bisherigen Sowjetunion, die mit ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit den Putsch zum Scheitern brachten. Wir haben jedoch auch allen Grund, uns selbst zu gratulieren, drohte doch ein vorläufiges Ende unserer europäischen Träume, ein Ende der Abrüstung, ein neuer kalter Krieg oder gar Schlimmeres. Wir alle sind noch einmal davon gekommen. Das ist leider nur zum geringsten Teil das Ergebnis westlicher Politik.
    So manch führender Politiker des Westens saß unter den Zuschauern in der ersten Reihe, wußte zunächst nicht recht, welchen der Akteure er beklatschen sollte, und betrat die Bühne erst, als die Kulissen schon weggeräumt wurden. Es bleibt unerklärlich, warum schon in den ersten Stunden des Putsches von „neuen Machthabern" oder von der „neuen Führung" gesprochen wurde und wieso ausgerechnet gegenüber Leuten, die ihre Panzer vor einem demokratisch gewählten Parlament auffahren ließen, die Erwartung zum Ausdruck gebracht wurde, die Menschenrechte einzuhalten. Warum schließlich wurde angesichts des drohenden Blutbades das Schwergewicht der politischen Forderungen auf die erhoffte Vertragstreue gelegt? Ein ganzer Tag mußte verstreichen, ehe der Westen angemessen reagierte. Dieser Tag hätte immerhin entscheidend sein können.
    Nun muß man allerdings anerkennen, daß wie die vielen anderen Menschen, die ich erwähnte, auch Politiker irritiert und verunsichert sein können, Furcht, Trauer und neue Hoffnung zeigen dürfen. Deshalb mache ich diese Anmerkungen nicht, um auf kleinkarierte Weise ein Haar in der Suppe der deutschen Außenpolitik zu finden, sondern einzig und allein deswegen, weil ich weiß — und das auch aus eigenen Erfahrungen —, wie wichtig für Menschen in einer scheinbar ausweglosen Situation jede Ermutigung ist, wie sehr sie eine moralische Unterstützung benötigen, selbst wenn diese nur akustisch über Kurzwellensender zu empfangen ist.

    (Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/GRÜNE, der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist eine uralte Erfahrung der ost- und mitteleuropäischen Demokratie- und Menschenrechtsbewegung. Die direkte Unterstützung der engagierten Menschen, materiell und immateriell, erzeugt mindestens ebenso viele Anstöße in Richtung der erhofften demokratischen Veränderung wie jede noch so geschickte Diplomatie.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich bin allerdings geneigt, in dem erwähnten Detail des Ausbleibens einer unverzüglichen unmißverständlichen Reaktion aus dem Westen eher den Ausläufer eines systematischen Fehlers westlicher Politik zu erkennen. Allzu lange hat der Westen ausschließlich auf die Reformierbarkeit der Moskauer und auch der Belgrader Zentrale gesetzt. Er hat das Selbstbestimmungsrecht der Völker zwar prinzipiell akzeptiert, nicht aber den unauflösbaren Zusammenhang zwischen Demokratie und nationaler Selbstbestimmung zur Kenntnis nehmen wollen, der für die östlichen Gesellschaften und insbesondere auch für die Großreiche Sowjetunion und Jugoslawien seit Jahren eine entscheidende Schubkraft der Veränderung gewesen ist.
    Daß Marktwirtschaft mit der führenden Rolle der KPdSU nicht vereinbar ist, daß die Perestroika bei aller Gutwilligkeit der Reformer scheitern muß, wenn die Zentralmacht zu Lasten der demokratischen Kräfte in den einzelnen Republiken gestärkt wird, daß ein erheblicher Teil der finanziellen Mittel, die der Westen, vor allem die Bundesrepublik zur Verfügung gestellt hat, versickern mußten und niemals der Bevölkerung, sondern allenfalls der Machterhaltung des Apparats zugute kamen, das haben nicht nicht nur wir vom Bündnis 90 von dieser Stelle aus mehrfach betont — das sei nur beiläufig bemerkt — , sondern das ist auch die Auffassung kluger Analytiker aus allen politischen Lagern gewesen. Es lohnt sich schon, das mit dem heutigen Wissen nachzulesen und zu vergleichen. Lesen Sie beispielsweise in Heft 4 der Zeitschrift „Europa-Archiv" vom Februar dieses Jahres den Artikel über „Die reaktionäre Wende in der Sowjetunion". Dort wird die Vorgeschichte jenes „nationalen Rettungskomitees" sehr eindringlich beschrieben. Selbst die Namen der mutmaßlichen Putschisten sind durchweg genannt.
    Spätestens die Absetzung des Innenministers Bakatin und erst recht der Rücktritt Schewardnadses hätten das äußerste Alarmsignal für westliche Politiker sein müssen. Statt die reale politische Gefahr durch sofortiges Handeln bekämpft zu haben, müssen sich so manche Politiker der EG — auch der Bundesrepublik — an ihre zögerliche Haltung angesichts der brisanten Situation in den baltischen Ländern oder daran erinnern lassen, wie beschämend Jelzin seinerzeit im Europäischen Parlament behandelt wurde.

    (Volker Rühe [CDU/CSU]: Von wem? Doch von den Sozialisten!)

    — Ich sage nicht, von wem im einzelnen. Aber ich denke, man sollte sich insgesamt daran erinnern.

    (Volker Rühe [CDU/CSU]: Von den Sozialisten im Europäischen Parlament! — Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Die Christdemokraten haben genauso beschämend reagiert!)

    Bei all den Warnungen und detaillierten Analysen, die uns seit mehr als einem Jahr erreicht haben, muß es doch sehr verwundern, auf welche Weise sie in den Wind geschlagen oder ignoriert wurden und wie überrascht und gelähmt viele Politiker angesichts des tatsächlich stattfindenden Putsches gewesen sind, obwohl es Leute gegeben hat, die sogar den Zeitpunkt recht genau vorausgesagt haben.



    Gerd Poppe
    Diese Kritik sei nicht den Geheimdiensten ins Stammbuch geschrieben, von deren Überflüssigkeit ich von jeher überzeugt bin,

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE)

    sondern allen politisch relevanten Kräften in den USA und Westeuropa und natürlich vor allem in der Bundesrepublik, wobei ich keine Partei und keine demokratische Bewegung ausnehmen will.
    Die dramatischen Ereignisse in der Sowjetunion und der ihnen folgende politische Umbruch haben die öffentliche Aufmerksamkeit für die kriegerischen Auseinandersetzungen in Jugoslawien zeitweise überlagert, bei manchen vielleicht auch falsche Hoffnungen erweckt. Daß die schon mehrfach vereinbarte Waffenruhe nicht eingehalten wird, war von vornherein absehbar. Die großserbischen Ambitionen der Nationalisten um Milosevic und ihr drohender Machtverlust im Falle einer demokratischen Entwicklung lassen wenig Hoffnung auf Dialog und Verhandlungen. Das gleiche gilt für die Führung der sogenannten jugoslawischen Volksarmee, die ihre Legitimationsgrundlage nach den Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens nahezu vollständig eingebüßt und sich mittlerweile in eine serbische Armee verwandelt hat. Armee und serbische Milizen werden den Krieg — ungeachtet aller Appelle und Beschlüsse — weiterführen.
    Die kroatische Regierung ist vielleicht nicht viel weniger nationalistisch als die serbische. Sie ist nur schwächer, da sie nicht die Armee als Verbündeten und sogar einen Großteil ihrer Waffen an sie abgegeben hat. Es ist durchaus zu bezweifeln, daß die Vorstellungen der kroatischen Regierung über den Umgang mit der serbischen Minderheit und den Nachbarrepubliken den Maßstäben einer demokratischen Verfahrensweise, des Völkerrechts und der Respektierung der Menschenrechte standhielten, hätte diese Regierung die Möglichkeit zu unbegrenzter Entfaltung.
    Aber die kroatische Regierung ist demokratisch gewählt. Sie hat das ausdrückliche Mandat, die Souveränität Kroatiens gegen die altkommunistische Föderation einerseits und großserbischen Herrschaftsanspruch andererseits durchzusetzen. ihr Anspruch auf völkerrechtliche Anerkennung ist ebenso berechtigt wie der slowenische. Aber würde; dies nicht zwangsläufig einer De-facto-Anerkennung Serbiens gleichkommen, einschließlich seiner Machtansprüche im Kosovo? Würde es nicht nur den Schutz des eher „europäischen" Teils auf Kosten des eher „balkanischen" Teils bedeuten und neue gewaltsame Auseinandersetzungen in den anderen Regionen Jugoslawiens zur Folge haben?
    Diese Befürchtungen sind alles andere als unbegründet. Aber der jetzt stattfindende Bürgerkrieg kann durch Waffenstillstandsabkommen und EG-Beobachter nicht kontrolliert, noch weniger gestoppt werden. Der Konfliktschlichtungsmechanismus der KSZE und die Vermittlungsversuche der EG haben nicht den erhofften Erfolg gehabt. Zu befürchten ist, daß auch die geplante Friedenskonferenz erfolglos bleibt.
    Eine Chance könnte vielleicht in der Einbeziehung der UNO liegen. Das hätte die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens als Völkerrechtssubjekte zur Voraussetzung. Trotz der Gefahren für den Süden des bisherigen Jugoslawien, trotz der Skepsis bezüglich der Minderheitenpolitik der kroatischen Regierung sollte sich die Bundesregierung dazu entschließen, Slowenien und Kroatien anzuerkennen. Andere Staaten würden sich anschließen, und es bestünde immerhin die Chance, die UNO zu aktivieren, die den Aggressor ermitteln, verurteilen und mit Sanktionen belegen könnte. Sollte es zum letzten Mittel — zu einem militärischen Eingreifen mit dem Ziel der Trennung der Konfliktpartner — kommen, so wäre ohnehin einzig die UNO zur Einleitung eines derartigen Schrittes berechtigt.
    Vorerst bleibt nur, alle sofort praktizierbaren Möglichkeiten zur Eindämmung des Krieges auszuschöpfen. Dazu gehört, ein totales Verbot des Exports von Rüstungsgütern nach Jugoslawien weltweit durchzusetzen. Dazu gehört auch die politische, materielle und moralische Unterstützung aller Friedenskräfte. Und wenn ich vorhin meine Bewunderung für die Moskauer und Leningrader, die passiven Widerstand leisteten, zum Ausdruck brachte, so sind an dieser Stelle vor allem die Soldatenmütter in Jugoslawien zu nennen, die gegen diesen Krieg bisher vermutlich mehr erreicht haben als alle europäischen Institutionen zusammengenommen.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Die radikalen Veränderungen in Europa, die noch lange nicht abgeschlossen sind, verlangen eine ebenfalls radikale Änderung westlicher Außenpolitik, die sich selbstverständlich auch im Bundeshaushalt niederschlagen muß.
    Eine angemessene Reaktion auf die neue Situation wären die seit langem angekündigte Änderung der Strukturen und Strategien der NATO und eine drastische Reduzierung des Verteidigungshaushalts der USA und der Bundesrepublik. Statt dessen werden die Unsicherheit des sowjetischen Atomwaffenarsenals und die potentielle Gefahr aus dem Osten weiter beschworen, als gäbe es die Unabhängigkeits- und Atomwaffenverzichtserklärungen der ehemaligen Sowjetrepubliken nicht. Selbstverständlich muß das sowjetische Raketenpotential abgerüstet werden. Es gibt keinen plausiblen Grund für dessen Beibehaltung. Unverzüglich müssen weitere Abrüstungsverhandlungen stattfinden. Aber ebenso selbstverständlich ist der Westen jetzt an der Reihe, deutliche Zeichen zu setzen.
    Aber auch die Europäische Gemeinschaft muß neue Wege beschreiten. Allein östlich ihrer Grenzen sind fast 400 Millionen Menschen mit der Bewältigung des Stalinismus und seiner Folgen konfrontiert. Diese Menschen stehen vor der Tür der EG. Wenn der deutsche Außenminister in der „Welt am Sonntag" erklärt, „Stabilität und Vitalität ... der EG, des Europarates und des westlichen Bündnisses bilden das Fundament, das den Prozeß des Wandels in Stabilität garantiert" , so heißt das mit anderen Worten, daß die EG unbeirrt ihren Weg zur politischen und zur Wirtschafts- und Währungsunion weitergeht, während sich der „Prozeß des Wandels" — ein reichlich ver-



    Gerd Poppe
    harmlosender Begriff für die osteuropäische Gegenwart — mit westlicher Wirtschaftshilfe schon irgendwie konsolidieren wird.
    Der neuen Situation wird eine derartige EG-Politik nicht gerecht. Der Countdown zur Vollendung einer westeuropäischen Abschottung muß gestoppt werden. Ein neues Europa entsteht nicht dadurch, daß die Zwölf in den kommenden Jahren den einen oder anderen Staat in ihren illustren Kreis aufnehmen, zumal die Aussicht besteht, daß wir es dann mit bis zu 20 zusätzlichen ost- und südosteuropäischen Staaten zu tun haben. Ein neues Europa muß auch die neuen Partner stärker zu Wort kommen lassen, d. h. nicht nur ihre eigenen Aufnahmeanträge formulieren lassen. So wichtig schnelle Assoziierungsverträge mit den osteuropäischen Staaten sind, so erforderlich ist es auch, parallel dazu mit einem schrittweisen Prozeß zu beginnen, der Lastenausgleich und Reichtumstransfer, die gemeinsame Staatsbürgerschaft und ein gemeinsames Parlament, vielleicht ein Parlament der Länder oder Regionen, in absehbarer Zukunft zur Realität werden läßt.
    Auch andere Fundamente der gegenwärtigen europäischen Ordnung sind von den Veränderungen betroffen. Die Helsinki-Schlußakte, so verdienstvoll sie gewesen ist — die Osteuropäer wie auch wir in der damaligen DDR haben dies sehr wohl erfahren —, ist inhaltlich erschöpft. Die neuen Themen der Minderheitenrechte, der gewaltfreien Lösung von Grenzproblemen, der Solidarität mit den Ärmsten der Welt müssen jetzt ins Zentrum der Diskussion gerückt werden. Eine neue europäische Charta muß erarbeitet werden, die über Helsinki und auch über die Charta von Paris hinausreicht und in der die Vision eines Europa der Regionen Gestalt annimmt.
    Stützen westlicher Außenpolitik oder, besser gesagt, deren Mythen sind die Vorstellungen, man könne sich auf eine vernünftige Politik von oben, d. h. zwischen Staaten, beschränken und könne mittels finanzieller Hilfen die gewünschte politische Entwicklung entscheidend steuern. Spätestens die Entwicklung der Sowjetunion zeigt, daß sehr viel differenzierter vorgegangen werden muß. Die nach Unabhängigkeit strebenden Einzelrepubliken müssen unterstützt und ihrem Wunsch nach politischer und wirtschaftlicher Anbindung sollte entgegengekommen werden, wenn sie einen dauerhaften Verzicht auf Gewalt und die Garantie der Menschenrechte, insbesondere der Minderheitenrechte, glaubhaft machen können.
    Das Streben nach nationaler Unabhängigkeit und die Demokratiebewegung haben sich gegenseitig verstärkt und die Machtzentrale geschwächt. Der Abbau der zentralistischen Macht aber birgt neue Gefahren in sich, die mit einer nach westlichen Vorstellungen anachronistischen Neugründung vieler, darunter sehr kleiner Nationalstaaten verbunden sind. Es ist zu vermuten, daß aber gerade durch die Anerkennung und die verstärkte Einbindung in gesamteuropäische Politik und Wirtschaft die Nationalisten zurückgedrängt und die Demokraten gestärkt werden können. Dies gilt auch angesichts der Übermacht Rußlands. Niemand kann sich ein großrussisches Reich wünschen, das an die Stelle des Sowjetimperiums tritt.
    Aber auch Jelzin muß unterstützt werden, nicht weil er der neue „starke Mann" ist, sondern weil seine Politik eine Gewähr für das Verschwinden des alten Apparates bieten kann. Die stalinistischen und dogmatischen Kräfte werden am ehesten in einer von Gorbatschow geführten neuen Union zu überleben versuchen. Eine starke Demokratiebewegung aber würde auch in einer zur Konföderation reformierten Union mit einer gemeinsamen Wirtschafts- und Sicherheitspolitik ein ausreichendes Korrektiv gegenüber den problematischen nationalistischen Tendenzen in vielen Einzelrepubliken bilden können.
    Wird die westliche Außenpolitik in der bisherigen eingleisigen Weise fortgesetzt, so ist jetzt schon absehbar, daß sie mit der hier nur angedeuteten Vielschichtigkeit der Probleme überfordert ist. Erfolgreich kann sie nur sein, wenn sie sich all jenen Kräften zuwendet, die sich im Sinne einer „civil society" auf allen Ebenen für Demokratie und Menschenrechte, für die Beseitigung von Kriegsgefahr und Umweltzerstörung einsetzen.
    Dazu geeignet sind beispielsweise konkrete Partnerschaften zwischen Städten und Regionen, Parteien und Bürgerbewegungen, kulturellen, kirchlichen, wissenschaftlichen und Bildungseinrichtungen, Familien und einzelnen. Vieles davon erfordert erhebliche finanzielle Zuwendungen von Bund und Ländern. Hier ist das Umdenken, die Phantasie, die Kreativität der Haushälter ebenso gefordert wie die der Außenpolitiker.
    Niemand bestreitet, daß die Bundesrepublik erheblich mehr finanzielle Leistungen für die Entwicklung Osteuropas erbracht hat als alle anderen EG-Staaten. Allein, der Hinweis darauf reicht nicht. Wenngleich sich alle EG-Staaten in die Pflicht genommen sehen sollten, so werden auch uns zusätzliche Opfer abverlangt, wollen wir nicht jugoslawische Verhältnisse in vielen Teilen der bisherigen Sowjetunion mitzuverantworten haben, einschließlich der zu erwartenden gigantischen Fluchtbewegungen.
    Ein sinnvoller Einsatz zusätzlicher Bundesmittel unter gleichzeitiger Reduzierung des Verteidigungshaushaltes in gleichem Umfang könnte verhindern helfen, daß ein solches Katastrophenszenario Realität wird.
    Ich danke für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS/Linke Liste)