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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/33 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 33. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Inhalt: Verabschiedung des Direktors beim Deutschen Bundestag Dr. Joseph Bücker 2547 A Bestimmung des Abg. Lothar de Maizière zum ordentlichen Mitglied im Vermittlungsausschuß anstelle des ausgeschiedenen Abg. Ulrich Klinkert 2547 C Nachträgliche Überweisungen von Vorlagen an Ausschüsse 2547 C Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 2547 D Tagesordnungspunkt 2: Überweisung im vereinfachten Verfahren: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes (Drucksache 12/471) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Ausschuß zur Kontrolle der einigungsbedingten Fördermittel des Bundes für Kultureinrichtungen (Kontrolle Kulturelle Fördermittel) (Drucksache 12/790) 2548 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP und der Gruppe Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Zum KSZE-Expertentreffen über nationale Minderheiten in Genf vom 1. bis 19. Juli 1991 (Drucksache 12/796) Reinhard Freiherr von Schorlemer CDU/ CSU 2548 C Freimut Duve SPD 2549 C Freimut Duve SPD 2549D, 2557 C Ulrich Irmer FDP 2552 B Angela Stachowa PDS/Linke Liste 2553 B Hartmut Koschyk CDU/CSU 2553 D Helmut Schäfer, Staatsminister AA 2554 B Hartmut Koschyk CDU/CSU 2555 C Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 2557 A Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD und FDP und der Gruppe Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Zur Krise in Jugoslawien (Drucksache 12/795) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Zur Lage in Kosovo (Drucksache 12/797) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags des Abgeordneten Gerd Poppe und der Gruppe Bündnis 90/ DIE GRÜNEN: Zur Lage in Kosovo (Drucksache 12/780) Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 2558 B Dr. Peter Glotz SPD 2559 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Dr. Olaf Feldmann FDP 2562 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste 2563 A Heinrich Lummer CDU/CSU 2563 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA 2564 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD 2565 A Tagesordnungspunkt 3: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Einrichtung eines baltischen Informationsbüros in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Antrag des Abgeordneten Gerd Poppe und der Gruppe Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Einrichtung eines baltischen Informationsbüros in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 12/164, 12/166, 12/673) Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD 2566 B Helmut Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 2567 C Dr. Cornelie von Teichman FDP 2568 B Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste 2569 A Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 2569 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA 2570 C Tagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Abgeordneten Ursula Männle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Dr. Eva Pohl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung über die weitere Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Familien mit Kindern (Gesetz zur Einführung von Mütterunterstützung für Nichterwerbstätige in den neuen Bundesländern) (Drucksachen 12/409, 12/754, 12/755) Angelika Pfeiffer CDU/CSU 2571 D Michael Habermann SPD 2572 C Dr. Eva Pohl FDP 2573 D Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 2574 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 2574 D Tagesordnungspunkt 5: — Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 146 GG) (Drucksachen 12/656, 12/794) — Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren zur Durchführung des Volksentscheides nach Artikel 146 Abs. 2 des Grundgesetzes (G Artikel 146 Abs. 2) (Drucksachen 12/657, 12/794, 12/801) Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . 2576A, 2584 C Norbert Geis CDU/CSU 2580B, 2585 A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 2581 C Uwe Lambinus SPD 2582 A Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 2585 B Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 2585 C Norbert Geis CDU/CSU 2585 D Franz Heinrich Krey CDU/CSU 2586 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 2586 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste 2587 A Jörg van Essen FDP 2588 A Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 2589B, 2592 A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 30 GO) 2591 D Wolfgang Lüder FDP (Erklärung nach § 31 GO) 2592 B Namentliche Abstimmung 2633 B Ergebnis 2638 C Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Förderung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen im Beitrittsgebiet sowie zur Änderung steuerrechtlicher und anderer Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1991 — StÄndG 1991) (Drucksachen 12/219, 12/402, 12/459, 12/562, 12/698, 12/768) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie über strukturelle Anpassungen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Haushaltsbegleitgesetz 1991 — HBeglG 1991) (Drucksachen 12/221, 12/401, 12/461, 12/581, 12/697, 12/769) Dr. Peter Struck SPD 2592 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 III Tagesordnungspunkt 6: Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Dritten Änderung des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds (Drucksachen 12/336, 12/791) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung über eine Eisenbahnpolitik der Gemeinschaft: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen in der Gemeinschaft Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Schaffung eines Hochgeschwindigkeitsnetzes für Eisenbahnen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 75/130/EWG über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten (Drucksachen 12/210 Nr. 162, 12/701) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein spezifisches Programm für Forschung und technologische Entwicklung im Bereich der nuklearen Sicherheit bei der Kernspaltung (1990 bis 1994) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Annahme eines spezifischen Programms für Forschung und technologische Entwicklung auf dem Gebiet der kontrollierten Kernfusion (1990 bis 1994) Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Billigung der Änderung der Satzung des Gemeinsamen Unternehmens Joint European Torus (JET), Joint Undertaking (Drucksachen 12/210 Nr. 176, 12/152 Nr. 61, 12/702) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 12/333, 12/760) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Vierundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — (Drucksachen 12/334, 12/761) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Fünfundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — (Drucksachen 12/482, 12/762) g) Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Vierzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksache 12/268) h) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 18 zu Petitionen (Drucksache 12/684) i) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 20 zu Petitionen (Drucksache 12/747) j) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 21 zu Petitionen (Drucksache 12/748) 2593 C Tagesordnungspunkt 1: Fragestunde — Drucksachen 12/366 vom 14. Juni 1991 und 12/799 vom 18. Juni 1991 — Zwangsdeportationen von in Kuwait lebenden Irakern; Maßnahmen gegen die Men- IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 schenrechtsverletzungen durch die kuwaitische Regierung DringlAnfr 1, 2 Dr. Klaus Kübler SPD Antw StMin Helmut Schäfer AA 2595A, C ZusFr Dr. Klaus Kübler SPD 2595B, 2596 B ZusFr Monika Ganseforth SPD 2595 C, 2596D ZusFr Rudolf Bindig SPD 2596 C Finanzielle Hilfen für die Kommunen zur Entsorgung des Belags „Kieselrot" aus Freizeitanlagen MdlAnfr 1 Karl Stockhausen CDU/CSU Antw PStSekr Bernd Schmidbauer BMU 2597A ZusFr Karl Stockhausen CDU/CSU 2597B ZusFr Marion Caspers-Merk SPD 2597 D Verwendung von Hydrauliköl auf biologischer Basis (z. B. Rapsöl) bei Bundespost, Bundesbahn, Zoll, Bundeswehr, BGS usw. MdlAnfr 2 Karl Stockhausen CDU/CSU Antw PStSekr Bernd Schmidbauer BMU 2598 A ZusFr Karl Stockhausen CDU/CSU 2598 B Rentenversicherung für freischaffende Künstler in den neuen Bundesländern MdlAnfr 4 Angela Stachowa PDS/Linke Liste Antw PStSekr Horst Günther BMA 2598 C Ausbau der Ems nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung; Bereitstellung von Bundesmitteln; Annahme der Unterschriftenliste zur Erhaltung des Wasserstraßen-Maschinenamts Rendsburg durch BMin Dr. Krause MdlAnfr 7, 8 Ulrike Mehl SPD Antw PStSekr Wolfgang Gröbl BMV 2599A, B ZusFr Ulrike Mehl SPD 2599B, C ZusFr Jürgen Koppelin FDP 2599 D ZusFr Rudolf Bindig SPD 2599 D ZusFr Dr. Hermann Scheer SPD 2600 A Verfassungsmäßigkeit von Nahverkehrsabgaben MdlAnfr 9, 10 Ingrid Walz FDP Antw PStSekr Wolfgang Gröbl FDP 2600 A ZusFr Ingrid Walz FDP 2600 C ZusFr Rudolf Bindig SPD 2600 D ZusFr Dr. Margrit Wetzel SPD 2601 B ZusFr Otto Schily SPD 2601 C ZusFr Ortwin Lowack fraktionslos 2602 D Kosten für die Asbest-Sanierung MdlAnfr 13 Otto Schily SPD Antw PStSekr Jürgen Echternach BMBau 2602 A ZusFr Otto Schily SPD 2602 B ZusFr Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 2602 C Sanierung von Gastronomiebetrieben in den neuen Bundesländern MdlAnfr 14 Jürgen Koppelin FDP Antw PStSekr Jürgen Echternach BMBau 2602 D ZusFr Jürgen Koppelin FDP 2603 B ZusFr Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 2603 C ZusFr Dr. Olaf Feldmann FDP 2603 D ZusFr Ulrich Schmalz CDU/CSU 2604 A ZusFr Klaus Brähmig CDU/CSU 2604 B ZusFr Jürgen Türk FDP 2604 C Bewertung von Rüstungsausgaben im Zusammenhang mit der Vergabe von Entwicklungshilfe MdlAnfr 20 Jürgen Augustinowitz CDU/CSU Antw PStSekr Hans-Peter Repnik BMZ 2604 C ZusFr Jürgen Augustinowitz CDU/CSU 2605 B ZusFr Rudolf Bindig SPD 2605 C ZusFr Josef Grünbeck FDP 2605 D ZusFr Gernot Erler SPD 2606 A ZusFr Ingrid Walz FDP 2606 B Entwicklungspolitische Gespräche mit chinesischen Regierungsvertretern seit Juni 1989 MdlAnfr 21 Jürgen Augustinowitz CDU/CSU Antw PStSekr Hans-Peter Repnik BMZ 2606 C ZusFr Jürgen Augustinowitz CDU/CSU 2607 A ZusFr Otto Schily SPD 2607 B ZusFr Dr. Harmut Soell SPD 2607 B ZusFr Gernot Erler SPD 2607 C ZusFr Rudolf Bindig SPD 2607 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 V Einholung der Ermittlungsergebnisse von amnesty international über die Lage der Menschenrechte vor einer Erörterung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Marokko und der Türkei MdlAnfr 22, 23 Rudolf Bindig SPD Antw PStSekr Hans-Peter Repnik BMZ 2608A, C ZusFr Rudolf Bindig SPD 2608B, D ZusFr Dr. Ingomar Hauchler SPD 2609 A ZusFr Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . 2609 B Absicht der politischen und psychologischen Beeinflussung der ehemaligen Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes laut Strategiepapier des Zentralkomitees der KPdSU MdlAnfr 25 Ortwin Lowack fraktionslos Antw StMin Helmut Schäfer AA 2609 C ZusFr Ortwin Lowack fraktionslos 2609 C ZusFr Gernot Erler SPD 2610A Beginn der amerikanisch-sowjetischen SNF- Verhandlungen MdlAnfr 26 Dr. Hermann Scheer SPD Antw StMin Helmut Schäfer AA 2610 B ZusFr Dr. Hermann Scheer SPD 2610B ZusFr Otto Schily SPD 2610 C ZusFr Katrin Fuchs (Verl) SPD 2610 D Zeitvorstellungen für den Beginn der amerikanisch-sowjetischen SNF-Verhandlungen; Überlegungen der amerikanischen Regierung zum Verzicht auf amerikanisch-sowjetische Verhandlungen MdlAnfr 27, 28 Manfred Opel SPD Antw StMin Helmut Schäfer AA 2611 A ZusFr Manfred Opel SPD 2611 B Zusatztagesordnungspunkt 8: Aussprache zum Stationierungskonzept der Streitkräfte Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD 2611D Claire Marienfeld CDU/CSU 2613 A Jutta Braband PDS/Linke Liste 2614 A Jürgen Koppelin FDP 2615 A Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 2616B Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWI 2617B Gerhard Neumann (Gotha) SPD 2618B Karl Stockhausen CDU/CSU 2619 C Günther Friedrich Nolting FDP 2620 C Dr. Gerhard Stoltenberg, Bundesminister BMVg 2621 D Brigitte Schulte (Hameln) SPD 2622 C Dr. Egon Jüttner CDU/CSU 2623 D Manfred Opel SPD 2624 C Hans Raidel CDU/CSU 2625 C Thomas Kossendey CDU/CSU 2626 C Zusatztagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde betr. Verhalten der Bundesregierung bezüglich der geplanten Einlagerung von radioaktiven Abfällen in das Zwischenlager Gorleben und Berücksichtigung der Bedenken der betroffenen Bevölkerung und der Landesregierung von Niedersachsen Jutta Braband PDS/Linke Liste 2628 B Klaus Harries CDU/CSU 2629 B Arne Fuhrmann SPD 2630 B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann FDP 2631B Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 2632 B Tagesordnungspunkt 7: Beratung des Berichts des Petitionsausschusses: Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahre 1990 (Drucksache 12/683) Dr. Gero Pfennig CDU/CSU 2633 D Horst Peter (Kassel) SPD 2636 A Günther Friedrich Nolting FDP 2640 C Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 2642 C Martin Göttsching CDU/CSU 2644 A Lisa Seuster SPD 2645 A Birgit Homburger FDP 2646 D Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 2649 B Günther Friedrich Nolting FDP 2650 D Gertrud Dempwolf CDU/CSU 2651 A Bernd Reuter SPD 2652 A Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU 2652 C Steffen Kampeter CDU/CSU 2654 A Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Umsetzung der EG-Richtlinien auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Drucksache 12/770) VI Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Dr. Hermann Schwörer CDU/CSU 2655 D Gabriele Iwersen SPD 2657 A Dr. Heinrich L. Kolb FDP 2658 D Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi 2659 D Georg Brunnhuber CDU/CSU 2660 C Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia Nolte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Fristverlängerung zur Antragstellung auf Aufhebung von Zwangsadoptionen (Drucksache 12/763) 2661 D Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nationale und internationale Konsequenzen der ökologischen Auswirkungen des GolfKrieges (Drucksache 12/779) Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 2662 B Dr. Norbert Rieder CDU/CSU 2663 D Dr. Klaus Kübler SPD 2664 B Birgit Homburger FDP 2665 D Dr. Klaus Kübler SPD 2666C, 2668 B Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär BMU 2667 D Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Minderung der Ozon-Belastung — Maßnahmen zur Bekämpfung des Sommer-Smogs (Drucksache 12/772) Dr. Liesel Hartenstein SPD 2670 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 2672 C Dr. Jürgen Starnick FDP 2673 D Dr. Liesel Hartenstein SPD 2674 B Jutta Braband PDS/Linke Liste 2675 B Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär BMU 2675 D Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ursula Fischer, Dr. Hans Modrow und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Erlassung der Schulden Nicaraguas gegenüber der DDR (Drucksache 12/427) Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste 2677 C Ulrich Irmer FDP 2678 A Dr. Uwe Holtz SPD 2678 D Werner Zywietz FDP 2679 D Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 2680 B Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste 2680 C Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 2681 C Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 30 GO) 2682 B Werner Zywietz FDP (Erklärung nach § 30 GO) 2682 D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Gruppe der PDS/Linke Liste: Aufnahme des grünen Pfeils in die Straßenverkehrsordnung (Drucksache 12/728) 2683 A Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1991 — BBVAnpG 91) (Drucksache 12/732) 2683 B Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Walter Franz Altherr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Uwe Holtz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Westsahara-Friedensplan der Vereinten Nationen (Drucksache 12/798) Dr. Uwe Holtz SPD 2683 C Dr. Volkmar Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 2684 B Ulrich Irmer FDP 2686A Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU 2686 C Dr. Hartmut Soell SPD 2686 D Dr. Volkmar Köhler (Wolfsburg) CDU/ CSU 2687 A Nächste Sitzung 2688 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2689* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 2 — Antrag betr. KSZE-Expertentreffen über nationale Minderheiten in Genf vom 1. bis 19. Juli 1991 — Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 2689* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 VII Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu den Zusatztagesordnungspunkten 3, 4 und 5 — Anträge betr. Krise in Jugoslawien und zur Lage in Kosovo — Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 2690* B Anlage 4 zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 3 — Anträge betr. Einrichtung eines baltischen Informationsbüros der Bundesrepublik Deutschland — Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 2691* B Anlage 5 zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagesordnungspunkt 9 — Aktuelle Stunde — betr. Verhalten der Bundesregierung bezüglich der geplanten Einlagerung von radioaktiven Abfällen in das Zwischenlager Gorleben und Berücksichtigung der Bedenken der betroffenen Bevölkerung und der Landesregierung von Niedersachsen Dr. Harald Kahl CDU/CSU 2692* A Horst Kubatschka SPD 2692* D Dr. Paul Laufs CDU/CSU 2693* B Dietmar Schütz SPD 2694* A Heinrich Seesing CDU/CSU 2694* D Harald B. Schäfer (Offenburg) SPD 2695* B Wolfgang Ehlers CDU/CSU 2696* A Dr. Jürgen Starnick FDP 2696* C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU 2697* B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 9 — Antrag betr. Fristverlängerung zur Antragstellung auf Aufhebung von Zwangsadoptionen — Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 2698 * B Dr. Michael Luther CDU/CSU 2698* D Dr. Eckhart Pick SPD 2699* C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 2700 * C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 2701* B Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 2701 * C Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 — Antrag betr. nationale und internationale Konsequenzen der ökologischen Auswirkungen des Golf-Krieges — Jutta Braband PDS/Linke Liste 2702* B Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 — Antrag betr. Erlassung der Schulden Nicaraguas gegenüber der DDR — Klaus Jürgen Hedrich CDU/CSU 2703* B Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 — Antrag betr. Aufnahme des grünen Pfeils in die Straßenverkehrsordnung — Jutta Braband PDS/Linke Liste 2704* A Eduard Oswald CDU/CSU 2704* C Dr. Dietmar Matterne SPD 2705 * B Dr. Klaus Röhl FDP 2705* D Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär BMV 2706* B Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 — Erste Beratung zum Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1991 — Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 2706* D Fritz Rudolf Körper SPD 2708* A Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 2709* C Manfred Richter (Bremerhaven) FDP 2710* B Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 10 — Antrag betr. Westsahara-Friedensplan der Vereinten Nationen — Helmut Schäfer, Staatsminister AA 2711* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2547 33. Sitzung Bonn, den 19. Juni 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker-Inglau, Ingrid SPD 19. 06. 91 Berger, Johann Anton SPD 19. 06. 91 Genscher, Hans-Dietrich FDP 19. 06. 91 Dr. Gysi, Gregor PDS 19. 06. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 19. 06. 91 Kolbe, Regina SPD 19. 06. 91 Lohmann (Lüdenscheid), CDU/CSU 19. 06. 91 Wolfgang Mischnick, Wolfgang FDP 19. 06. 91 Molnar, Thomas CDU/CSU 19. 06. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 19. 06. 91 * Pfuhl, Albert SPD 19. 06. 91 Dr. Ramsauer, Peter CDU/CSU 19. 06. 91 Rennebach, Renate SPD 19. 06. 91 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 19. 06. 91 Erich Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 19. 06. 91 Dr. Seifert, Ilja PDS 19. 06. 91 Titze, Uta SPD 19. 06. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 19. 06. 91 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 2 - Antrag betr. KSZE-Expertentreffen über nationale Minderheiten in Genf vom 1. bis 19. Juli i991 - Gerd Poppe (Bündnis 90/GRÜNE): Seit Jahrzehnten bemühen sich die Vereinten Nationen, ausgehend von Art. 27 des Paktes über bürgerliche und politische Rechte, um eine Konkretisierung der Rechte von Minderheiten. Trotz intensiver Anstrengungen der UN-Menschenrechtskommission sind diese Bemühungen aber bis heute nicht so recht vom Fleck gekommen. Nach wie vor geht es um Probleme wie eine umfassende und gleichzeitig akzeptable Definition des Minderheitenbegriffes und die Frage, ob eher die Stärkung des individualrechtlichen Ansatzes oder die Stärkung kollektiver Rechte im Vordergrund stehen sollten. Obwohl formal zu diesem Thema weiter als alle anderen internationalen Gremien, sind auch die Versuche des Europarates, dem Ziel einer Konvention zum Schutz von Minderheiten näher zu kommen, in Anlagen zum Stenographischen Bericht den letzten Jahren ins Stocken geraten. Erst in allerjüngster Zeit gewinnen die Bemühungen des Europarates, angeregt durch die positive Entwicklung des KSZE-Prozesses, wieder an Profil. Bereits dieses Beispiel macht das aktuelle Gewicht der Minderheitendebatte im Rahmen der KSZE deutlich. Auch wir begrüßen deshalb nachdrücklich das Schlußdokument der KSZE-Konferenz von Kopenhagen. In ihm sind zur Frage der Minderheiten auf einer gesamteuropäischen Ebene erstmals Formulierungen gefunden worden, die den Weg zu einer völkerrechtlich verbindlichen Kodifizierung des Minderheitenschutzes eröffnen könnten. Auch das KSZE-Expertentreffen über nationale Minderheiten in Genf wird von uns als ein wichtiger Schritt auf diesem Wege angesehen, dessen positiver Einfluß auf die Minderheitendebatte in der UNO, im Europarat und im Europäischen Parlament sehr hoch eingeschätzt werden muß. Gleichzeitig jedoch macht bereits das Schlußdokument von Kopenhagen deutlich, wie weit wir noch von einem umfassenden Minderheitenschutz entfernt sind. Es setzt einmal einen starken Akzent auf die Festlegung von individuellen Rechten, deren weiterer Ausbau und deren gemeinsame Ausübung Gegenstand des Genfer Expertentreffens sein werden. Das begrüßen wir. Gleichzeitig beschränkt sich das Schlußdokument aber auf die Benennung allein von „nationalen" Minderheiten und gibt damit gewissermaßen der Hilflosigkeit der Kopenhagener Konferenz in bezug auf eine problemgerechtere, umfassendere Definition des Minderheitenbegriffs Ausdruck. Erfaßt werden von dieser Definition nur Staatsbürger eines Landes, die sich zu einer bestimmten Minderheit bekennen. Außen vor bleiben dagegen das Millionenheer der Arbeitsmigranten und ihrer Familien in allen Ländern Westeuropas, asylberechtigte, geduldete und illegale Flüchtlinge. Außen vor bleibt auch das Selbstbestimmungsrecht von nationalen Mehrheiten, die sich in ihnen aufgezwungenen größeren Staatsverbänden bestenfalls als Minderheiten geringeren Rechts artikulieren können; Kosovo-Albaner, die Völker im Balitikum, um nur Beispiele zu nennen. Alle diese wirklichen und aktuellen Minderheitsprobleme in Europa werden vom gegenwärtigen Stand der Minderheitendebatte auf KSZE-Ebene - noch - nicht erfaßt; und folglich auch nicht das individuelle und kollektive Elend der Betroffenen, das Ausspielen der einen Minderheit gegen die andere, die realen sozialen und menschlichen Probleme, die mit juristisch klugen und korrekten Vereinbarungen allein nicht bewältigt werden können. Wir würden uns deshalb wünschen, daß die Delegation der Bundesrepublik - über ihr auch von uns begrüßtes Verhandlungsziel des Ausbaus gemeinsamer Ausübung individueller Rechte hinaus - der Definitionsproblematik große Aufmerksamkeit widmet. Anregungen und Hilfe dazu kommen sicherlich auch 2690* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 von den Experten und Expertinnen der Nichtregierungsorganisationen, die sich in Genf erstmals an den Verhandlungen beteiligen können. Wir müssen erkennen, daß die Minderheitendebatte im europäischen Kontext trotz jahrelanger Bemühungen erst ganz am Anfang steht. Wir sehen aber auch, daß sie durch die hohe Aktualität, die sie im Rahmen des KSZE-Prozesses gewonnen hat, einen positiven, nach vorn weisenden Schub bekommen hat. Gleichwohl ist zu erwarten, daß Widerstände gegen eine weitergehende Festschreibung des Minderheitenschutzes nicht nur aus den Ländern Osteuropas kommen werden, die nach dem Ende der Ordnung von Jalta durch eine Phase ungeklärter Nationalitätenkonflikte gehen. Auch manche unserer westeuropäischen Nachbarländer haben deutlich gemacht, daß ihnen aus sehr verschiedenen Gründen bereits die in Kopenhagen vereinbarten Prinzipien zum Minderheitenschutz viel zu weit gehen. Gerade deshalb halten wir den KSZE-Prozeß, der sich bei der Durchsetzung der Menschenrechte in ganz Europa hervorragend bewährt hat, für die zur Zeit wichtigste internationale Ebene, um mit Geduld und gegenseitigem Verständnis die Bereitschaft zum gleichberechtigten Zusammenleben innerhalb der Gesellschaften Europas weiterzuentwickeln, ohne die jedes verbriefte Minderheitenstatut, sei es noch so umfassend, bloße Makulatur bliebe. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu den Zusatztagesordnungspunkten 3, 4 und 5 — Anträge betr. Krise in Jugoslawien und zur Lage in Kosovo — Gerd Poppe (Bündnis 90/GRÜNE): Daß die staatliche Zukunft Jugoslawiens vom Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft und damit des Erbes von Tito unberührt bleiben würde, glaubte spätestens nach den Entwicklungen im vorigen Jahr kaum noch einer der politischen Beobachter der dortigen Situation. Zu offensichtlich war der über 40 Jahre mühsam unterdrückte Konflikt, zu wenig überzeugend die Klammer kommunistischer Ideologie. Überraschend allerdings war die enorme Sprengkraft, die ihm innewohnt, und seine sich nur allmählich offenbarende Komplexität. Schließlich handelt es sich um eine Mischung aus historischen, ökonomischen, kulturellen, nationalen und sozialen Problemen, die einander überlagern und beeinflussen. Lange Zeit dominierte in der Sicht westeuropäischer Politik auf die Entwicklung in Jugoslawien die Vorstellung, man könne die Entscheidung über dessen unveränderten staatlichen Zusammenhalt durch Appelle an die Aufrechterhaltung eines einzigen verbindlichen Partners in Gestalt der jugoslawischen Bundesregierung, verbunden mit der Drohung ökonomischer Sanktionen, beeinflussen. Dem lag nicht nur die Unterschätzung der Eigendynamik zugrunde, die nach der Entfernung des Deckels kommunistischer Herrschaft vom brodelnden Topf des jugoslawischen Völkergemischs einsetzte. Falsch war auch die Vorstellung, den westeuropäischen Standard grenzüberschreitender Integration von Nationen auf die Situation in Jugoslawien anwenden zu können. Dieser Standard ist im übrigen auch in dem doch so demokratischen und pluralistischen Westeuropa keineswegs erreicht, wie Beispiele von Nordirland über Belgien bis Korsika zeigen. Inzwischen hat sich längst erwiesen, daß die Realität diese Vorstellungen überholt hat. Um so begrüßenswerter ist es, daß — nicht zuletzt infolge eigener Anschauung einer Delegation des Auswärtigen Ausschusses — sich auch in der Mehrheit der Parteien im Bundestag eine realitätsgerechtere Auffassung durchgesetzt hat. Ausdruck dieser veränderten Haltung zur Entwicklung in Jugoslawien ist der heute vorliegende Antrag. Hier wird konstatiert, daß „die bisherige Grundlage des Zusammenlebens nicht mehr die ausreichende Zustimmung aller Völker Jugoslawiens findet und daß es deshalb erforderlich ist, eine neue Grundlage zu vereinbaren". Betont wird dabei die Notwendigkeit rechtsstaatlicher und demokratischer Grundlagen für die Möglichkeit der Ausübung von Selbstbestimmung. Eine auf solcher Grundlage getroffene Entscheidung aller einzelnen Völker in Jugoslawien ist auch dann zu akzeptieren, wenn das Ergebnis die Aufgabe der bisherigen Föderation zugunsten einer Konföderation oder sogar noch weitergehender Souveränität ist. Daß ein solcher Umwandlungsprozeß nicht gewaltsam, sondern in einem geordneten Prozeß ablaufen sollte, der auch den Interessen der betroffenen Nationen in Jugoslawien dient, versteht sich von selbst. Wenn die Entscheidung über ihre staatliche Zukunft eine Sache der Völker in Jugoslawien ist, in die einzumischen sich verbietet, so gebieten die Behinderung des Selbstbestimmungsrechts und die Verweigerung grundlegender Menschenrechte, sich deutlich dazu zu äußern. „Die Forderung nach Achtung der Rechte nationaler Minderheiten als Teil des international anerkannten Menschenrechtsschutzes stellt keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Staaten dar. " So heißt es in dem heute vom Bundestag beschlossenen Antrag zum KSZE-Expertentreffen über nationale Minderheiten. Die Rede ist jetzt von der massiven Verletzung der Menschenrechte durch die serbische Regierung im Kosovo. Dabei ist zunächst ohne Belang, ob die Albaner eine nationale Minderheit in Serbien oder das Volk des Kosovo sind. Worum es geht und gehen muß, ist die klare Verurteilung der Serbischen Politik gegenüber der albanischen Bevölkerung. Dies betrifft die Aussetzung der Autonomie des Kosovo, die Auflösung des dortigen Parlaments, die sich steigernde Kampagne in Serbien gegen den Anspruch der Albaner auf Respektierung, vor allem und zunächst aber die kontinuierliche Verletzung elementarer Menschenrechte. Es mag sein, daß nicht jeder Bericht über jeden Vorfall im Kosovo einer objektiven Überprüfung standhielte. Wie sollte es anders sein in einem Land, in dem Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2691* Öffentlichkeit die Gestalt von Gerüchten haben muß, da die Zensur freie Berichterstattung bestraft, in dem rechtsstaatliche Ermittlungen nicht oder nur manipuliert möglich sind, in dem Verfassungen nach Belieben geändert, Gesetze erlassen, ausgesetzt, eingehalten werden ausschließlich nach machtpolitischer Interessenlage, in einem Land, in dem politische Gegner zu Tausenden inhaftiert, Menschen auf offener Straße erschossen werden? Deshalb ist die Untersuchung der Situation der Menschenrechte im Kosovo durch eine unabhängige — und das bedeutet nach Lage der Dinge durch eine internationale — Kommission erforderlich. In diesem Punkt ist dem gemeinsamen Antrag der Koalitionsparteien und der SPD zuzustimmen. In allen anderen Punkten aber trifft dieser Antrag weder die Situation im Kosovo noch reagiert er angemessen auf diese. Wenn dies selbst jemand wie Viktor Meier in der „FAZ" von gestern bemerkt, zeigt es nur, wie weit entfernt von den Realitäten die Schlußfolgerungen der Abgeordneten liegen, deren Eindrücke im Kosovo dem Antrag von CDU/CSU, SPD und FDP zugrunde liegen. Unsere Schlußfolgerungen aus den vielen vorliegenden Informationen zum Thema Kosovo sind andere. Am dringlichsten ist unserer Meinung nach die Aufforderung an die serbische Regierung zur Veränderung ihrer allen demokratischen und Menschenrechtsnormen Hohn sprechenden Kosovo-Politik — nicht nur wegen der skandalösen Zustände im Kosovo, sondern auch wegen der unmittelbaren Gefahr gewaltsamer Konflikte, die dadurch permanent und zunehmend provoziert werden. Deshalb hielten wir es für nötig, einen eigenen Antrag zu stellen, der sich in dieser Zielstellung von dem der Regierungsparteien und der SPD unterscheidet. Wir können nur hoffen, daß die Mitglieder des Deutschen Bundestages genügend Problembewußtsein entwickeln, ihn gemeinsam mit uns zu beschließen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 3 — Anträge betr. Einrichtung eines baltischen Informationsbüros in der Bundesrepublik Deutschland — Gerd Poppe (Bündnis 90/GRÜNE): Der heute zur Beschlußfassung vorgelegte Entschließungsantrag hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Sie begann mit einem Antrag unserer Gruppe Ende Februar, der aber zunächst nicht einmal auf die Tagesordnung kam. Ziel und Zeitpunkt schienen der Mehrheit des Hauses nicht opportun. Vorrangig war dieser, die Ratifizierung des Zwei-plus-Vier-Abkommens durch den Obersten Sowjet der UdSSR als letzten Schritt zur Souveränität Deutschlands nicht mit unnötigen Risiken zu belasten. Hier aber sollte den Bemühungen der baltischen Republiken um Selbstbestimmung — und das hieß in diesem Zusammenhang: um Souveränität gegenüber der sowjetischen Zentralmacht — praktische Unterstützung zuteil werden. Daß es hierbei im Baltikum auch um den Versuch geht, Demokratisierung und Wirtschaftsreform gegen die Offensive der Konservativen in der Sowjetunion, den Widerstand des Partei- und Staatsapparates gegen die Perestroika und die zumindest unklare Rolle Gorbatschows dabei zu verteidigen, blieb unbeachtet oder auch unverstanden. Nicht nur wurde der Loyalität gegenüber der Moskauer Zentrale Priorität eingeräumt, sondern man überschätzte auch deren noch vorhandene Macht. Trotz derlei Bedenken bedeutete unsere Initiative einen Impuls, der zu einem in der Substanz gleichen Antrag der SPD führte und in der Folge zur Überweisung beider Anträge in den Ausschuß. Beide beriefen sich — und wie sich zu unserer Befriedigung nun herausstellt, mit Recht und mit Erfolg — auf die gemeinsame Erklärung zur Lage, mit der der Bundestag am 14. Januar die baltischen Völker seiner Unterstützung versichert hatte. Informationsbüros und Goethe-Institute sind keine diplomatischen Vertretungen. Ihre Aufgaben sind anderer Art. Aber ihre Bedeutung ist wohl kaum geringer einzuschätzen. Die Konzeption, die im Baltischen Informationsbüro in Deutschland zugrunde liegt — in Anlehnung an die bereits seit längerem im Aufbau befindlichen in Kopenhagen und Stockholm — , macht dies deutlich. Neben Informationen über das aktuelle Geschehen und Entwicklungstendenzen in den baltischen Republiken sollen Institutionen, Verbänden und Organisationen, Wirtschaftsunternehmen, interessierten Menschen, kurz, der Gesellschaft in Deutschland insgesamt auch Kenntnisse über soziale und ökologische Probleme, Geschichte und Kultur, Möglichkeiten wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Austauschbeziehungen bis hin zum Tourismus vermittelt werden. Die potentielle Wirksamkeit derartiger Einrichtungen kann kaum unterschätzt werden. Selbstverständlich gilt dies auch umgekehrt. Darüber hinaus kann die Haltung des Bundestages auch ein Anstoß für den weiteren Ausbau der Beziehungen zwischen Städten im Baltikum und in Deutschland sein. In diesem Zusammenhang sind Initiativen wie die des Ost-West-Forums in Bremen, einer Partnerschaft von Riga, zur Gründung eines baltischen Informationszentrums ausdrücklich zu begrüßen. Die Einrichtung eines baltischen Informationsbüros in Deutschland und eines Goethe-Instituts im Baltikum ist ein richtiger und angemessener Schritt. Gleichzeitig kann es aber auch nur ein erster Schritt sein. Worauf es ankommt, ist die kontinuierliche praktische Unterstützung nicht nur im Bereich des Kulturaustauschs. Die Erfahrungen gerade auch der Opposition in der damaligen DDR zeigen, daß es eines ist, von Demokratie und Menschenrechten zu reden, und etwas ganz anderes, sie erkämpfen zu müssen. Wir wissen nur zu genau, welche Bedeutung erlebte Solidarität hat. Der Weg zu einem gemeinsamen Europa führt auch über das Baltikum. 2692* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagesordnungspunkt 9 — Aktuelle Stunde — betr. Verhalten der Bundesregierung bezüglich der geplanten Einlagerung von radioaktiven Abfällen in das Zwischenlager Gorleben und Berücksichtigung der Bedenken der betroffenen Bevölkerung und der Landesregierung von Niedersachsen Dr. Harald Kahl (CDU/CSU): Die Gruppe PDS/Linke Liste bleibt sich treu. Sie beschäftigt den Bundestag mit Anfragen, Anträgen, beantragt Aktuelle Stunden, obwohl es ihr auf Grund ihres Gruppenstatus überhaupt nicht zusteht. Aber wer selbst keine Antworten weiß, selbst nicht auf die Zerwürfnisse und den galoppierenden Zerfall in den eigenen Reihen, ergeht sich in Fragen, um von den eigenen Problemen abzulenken. Daß Sie sich aber gerade der Thematik Kernenergie, radioaktiver Abfall und Lagerung annehmen, mutet geradezu grotesk an, wenn man sich der Vergangenheit einer Partei erinnert, deren Nachfolge Sie angetreten haben. Als Abgeordneter aus Ostthüringen, aus Ronneburg, dem Zentrum des Uranbergbaus in der ehemaligen DDR, weiß ich genau, wie die SED-Führungsschicht seinerzeit mit den Anfragen zur Strahlenproblematik umgegangen ist, wie die Sorgen und Nöte der Bevölkerung negiert wurden. Echtes, weil dringend erforderliches Umweltengagement beispielsweise vom kirchlichen Umweltkreis Ronneburg wurde in eine staatsfeindliche Ecke gedrängt. Wo war denn damals Ihr Engagement? Heute spielen Sie sich in geradezu unerträglicher Art und Weise als die Saubermänner der Nation auf. Sie haben damals die Menschen für dumm verkaufen wollen und versuchen heute mit durchsichtigen Methoden Angst und Verunsicherung unter den Menschen zu säen. Sie haben zuallerletzt die Legitimation, sich als Bewahrer von Natur und Umwelt aufzuspielen. Es ist bekannt, dem Greenpeace-Zug ist der Dampf ausgegangen. Die Aktionen werden müder. Waren es 1989 noch zwölf Aktionen, so zählten wir 1990 ganze fünf. Offensichtlich sind Sie auf diesen Zug aufgesprungen. Doch ich versichere Ihnen, mit Ihrer Altlast wird er noch mehr an Geschwindigkeit verlieren. Meine Damen und Herren, die Stellungnahme der Bundesregierung zu der Einlagerung radioaktiver Abfälle in Gorleben ist eindeutig. Sie lautet: Die Einlagerung der Abfälle, die aus dem belgischen Mol nach Gorleben transportiert wurden, ist Rechtens. Erstens. Auf Grund der Verwaltungsverfügungen der Staatlichen Gewerbeaufsicht Lüneburg vom 27. Mai 1990 und vom 24. Mai 1991 und in Übereinstimmung mit der Umgangsgenehmigung der Staatlichen Gewerbeaufsicht Lüneburg vom 27. Oktober 1983 reicht es für das Faßlager Gorleben aus, wenn die radioaktiven Abfälle gemäß den Prüfergebnissen den genehmigten Umgangsspezifikationen entsprechen. Hierbei kommt es nicht auf eine konkrete Zuordnung, sondern auf eine Einhaltung festgelegter Eigenschaften an. Diese Eigenschaften wurden von den aus Mol kommenden Abfällen erfüllt. Zweitens. Der TÜV Hannover hat in seinem Prüfbericht keinen Zweifel daran gelassen, daß es sich bei den Abfällen um gepreßte Betriebsabfälle handelt, die aus den deutschen Kernkraftwerken Krümmel und Neckarwestheim stammen. Drittens. Seitens der Umweltministerin Niedersachsens, Frau Griefahn, als auch des Gewerbeaufsichtsamtes Lüneburg konnte kein Beweis erbracht werden, daß es sich nicht um das Material aus den beiden oben genannten Kraftwerken handelt. Frau Grief ahn mußte ihren Lagerstopp rückgängig machen. Offensichtlich sollte mit dieser Protestaktion der Versuch gemacht werden, das angekratzte Image von Greenpeace wieder aufzupolieren. In diesem Zusammenhang ist es durchaus interessant zu wissen, daß Frau Griefahn, parteilos, lange Jahre aktiv bei Greenpeace tätig war. Um so bemerkenswerter aber ist die Beurteilung ihres Mannes, Herrn Dr. Michael Braungart, der meint: Längst sei das Umweltbewußtsein der Menschen weiterentwickelt als Greenpeace selbst. Und wörtlich: „Wer sich immer noch mit Aktionen begnügt, statt konkrete Lösungen zu suchen, sei überflüssig wie eine Game Show im TV. " — „Greenpeace ist nur noch eine Ersatzreligion. Die Menschen kaufen sich für 50 DM Jahresbetrag ein gutes Gewissen. " Dem ist fast nichts hinzuzufügen. Das Anliegen der PDS/Linke Liste scheint mir vordergründig mehr dem Versuch der Selbstdarstellung zu dienen. Versuchen Sie doch bitte nicht permanent, die Menschen in Deutschland über Ihre wahren Absichten zu täuschen. So, wie sich eine Schlange noch sooft häuten mag und dennoch eine Schlange bleibt, so bleiben Sie die Sachwalter einer Gesellschaftsordnung, deren Überwindung eine Sternstunde der deutschen Geschichte war. Horst Kubatschka (SPD): Als der alte Geheimrat aus Frankfurt das Gedicht „Zauberlehrling" schrieb, hatte er da eine Vision von der Atomenergie? Zumindest hat er ein Gedicht verfaßt, daß bildhaft die Probleme der Atomenergie beschreibt. Der Besen ist aus der Ecke, er schleppt Eimer um Eimer. Sie sind nicht voller Wasser. Atommüll liegt drin. Als Forschungspolitiker suchen wir die Zauberformel, wie der Besen in die Ecke gestellt werden kann. Wenn die Formel gefunden sein sollte, muß sie ausgesprochen werden. Es besteht noch ein großer Bedarf an Wissen. Wir brauchen ein Konzept der Atommüllbeseitigung. Es ist nicht vorhanden. Bei uns nicht, in den USA nicht, in Frankreich nicht, in der UdSSR nicht. Weltweit haben wir kein Modell, wie radioaktiver Müll beseitigt werden soll. Atommüll als Abfall zu bezeichnen ist eine Verharmlosung. Die Bezeichnung Müll ist eine Verniedlichung. Das Problem wird wie eine heiße Kartoffel weitergereicht. Wie glühende Kohlen überlassen wir es den nächsten Generationen. Wie gesagt, Forschungsbedarf ist angesagt. Nicht angesagt ist die Wiederaufbereitung. Die Forschung auf dem Gebiet der Wiederaufbereitung muß beendet werden. Die notwendigen Haushaltsanträge wurden von der SPD-Fraktion gestellt. Im Haushalt 1991 sind nach wie vor 6 Millionen DM für die Wiederaufbereitungsforschung enthalten. Zusätz- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2693* lich werden 10 Millionen im Kernforschungszentrum Karlsruhe für Wiederaufbereitung verwendet. Für uns Sozialdemokraten ist direkte Endablagerung der richtige Weg. Die Entsorgung muß national organisiert werden. Jeder ist für seinen Atommüll verantwortlich. Wir brauchen daher zwei weitere Erkundungen für Endlager. Dazu sind Forschungsmittel notwendig. Wir haben die Umwidmung im Haushalt 1991 verlangt, und zwar aus Forschungsmitteln für die Wiederaufbereitung. Ich möchte aber auch klar sagen, um ein Endlager kommen wir nicht herum, auch beim Ausstieg nicht oder gerade deswegen. Außerdem sind Forschungsmittel notwendig, um die Herkunft von Atommüll aufzuklären. Der Weg des Atommülls muß festgelegt und zurückverfolgbar sein. Die beste Art Müll ist derjenige, der nicht produziert wird. Darum kurz zum Kernkraftwerk Niederaichbach. Gegen den Willen großer Teile der Bevölkerung erfolgt der Abriß. Radioaktives Material muß zwischengelagert werden, und zwar in Karlsruhe. Dies ist wahrlich kein zukunftsweisendes Projekt. Unnötig wird Atommüll erzeugt. Viele fragen: Hat dies einen Sinn? Es gibt zwei Gründe: erstens wirtschaftliche Gründe und zweitens wird die Illusion geschaffen, Atomkraftwerke könnten kurzfristig abgerissen werden. Das Kernkraftwerk Niederaichbach stellt kein Modell dar. 18 Tage Vollast und der Holzweg der deutschen Kernkraftindustrie war am Ende. Wie gesagt, der beste Müll ist der, der nicht entsteht. Gefragt ist daher der geplante Ausstieg aus der Kernenergie. Weichen müssen gestellt werden, Energiesparen ist angesagt, erneuerbare Energien sind die Zukunft. Zum Schluß möchte ich noch einmal auf Geheimrat von Goethe zurückkommen: Der Besen muß in die Ecke gestellt werden. Das Abpumpen des ausgeschütteten Wassers wird uns lange Zeit genug Sorgen bereiten. Dr. Paul Laufs (CDU/CSU): Die Fakten zu den Ereignissen am Zwischenlager Gorleben sind schnell dargestellt. Drei Container mit schwach radioaktivem Material — überwiegend zusammengepreßte Putzlappen und Schutzkleidung aus deutschen Kernkraftwerken — wurden vom belgischen Mol in das Faßlager Gorleben verbracht. Der Transport wurde zunächst durch eine Straßenblockade, später durch eine Verwaltungsverfügung des Gewerbeaufsichtsamts Lüneburg in Lüchow aufgehalten; eine Verfügung, die sich weder sachlich noch rechtlich als begründet erwies. Es kam zu massiven Blockaden durch die AntiAtomkraft-Bewegung und schließlich zur polizeilichen Räumung der Zufahrt zum Zwischenlager. Nach Polizeiangaben wurden dabei vier Demonstranten und sechs Polizisten leicht verletzt. Neun Personen wurden vorübergehend festgenommen. Es bleibt nachzutragen, daß es in der Nacht vom 13. auf den 14. Juni zu Ungereimtheiten kam, die einen schlimmen Verdacht aufwerfen. Wir hören, daß der am 13. Juni um 21 Uhr auf den Weg geschickte Containertransport bei Sprakensehl von der Polizei übernommen und auf unterschiedlichen Wegen fortgesetzt wurde. Der Lkw mit dem Mol-Container wurde durch Salzwedel in Richtung Arendsee geführt und schließlich im Wald bei Schletau abgestellt. Es liegt keine rationale Erklärung für diese Umwege vor. Die Frage ist also, ob Zeit gewonnen werden sollte, bis sich die Blockierer vor Ort gruppieren konnten. Ich entnehme einer Pressemitteilung der CDU-Landtagsfraktion in Hannover von heute ein Zitat des Grünen-Abgeordneten Kempmann, wonach er sich im Niedersächsischen Landtag ausdrücklich zu politisch motivierten Straftaten bekannt und am 12. Juni 1990 erklärt haben soll, „es werde im Zusammenhang mit Atomtransporten sehr schöne Blockaden geben und werde auch zu Auseinandersetzungen und Prügeleien mit der Polizei kommen, bei denen er selbst auf der richtigen Seite stehen werde". Wir verlangen von der niedersächsischen Landesregierung, daß sie diesen höchst dubiosen Sachverhalt rückhaltlos aufklärt. Meine Damen und Herren, niemand hat jemals behauptet, daß von diesen schwach aktiven Abfällen in ihren Sicherheitsbehältern irgendwelche Gefahren für Mensch und Umwelt ausgehen. Niemand konnte gegen die Einlagerung dieser Abfälle in das dafür genehmigte Zwischenlager Gorleben fundierte rechtliche Einwände vorbringen. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder hat seine Bedenken wegen der Herkunft der Abfälle inzwischen zurückgezogen. Gleichwohl erhebt er gegen den Bundesumweltminister — so in der heutigen Presse — den unglaublich unverschämten Vorwurf der „Kumpanei mit der Atomlobby". Laut einer dpa-Nachricht von heute morgen prüft die niedersächsische Landesregierung jetzt, ob sie über einen Verwaltungsgerichtsprozeß weitere, bereits geplante Transporte von Atommüll aus Mol nach Gorleben unterbinden könne. Das Land wolle außerdem möglicherweise Bürger bei Klagen gegen die Einlagerung in Gorleben unterstützen. Dies erhellt eine düstere Sachlage, die ich wie folgt bewerten muß. Die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens entfernt sich demonstrativ vom Gebot der Gesetzestreue und der Bundestreue. Es ist nicht zu erkennen, daß es ihr um Sicherheit und Umweltschutz geht. Sie verfolgt rigoros ihre ideologisch begründete Antikernkraftpolitik und schürt Ängste, wo überhaupt kein Anlaß besteht. Sie fügt dem Rechtsstaat schweren Schaden zu. SPD und Grüne setzen den Hebel an der Entsorgung von radioaktiven Abfällen an, um den Ausstieg aus der Kerntechnik zu erzwingen. Dazu scheint fast jedes Mittel recht zu sein. So weit ist es gekommen. Es ist bedrückend, zu erleben, wie in der Art der von Gewalt und Nötigung gekennzeichneten Greenpeace-Aktionen das Ansehen des Industriestandorts Bundesrepublik Deutschland beschädigt wird. Dies geschieht in einem Augenblick, wo wir alle Kräfte für den Aufbau in den neuen Bundesländern einsetzen müssen, die z. B. dringend eine saubere und preiswerte Energieversorgung brauchen. Die Stromwirtschaft fordert den politischen Grundkonsens zur Energiepolitik, ohne den sie keine großen Investitionen 2694 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 tätigen will. Ich heiße dies nicht gut, aber ich sehe, daß die schmerzlich erwarteten Investitionsentscheidungen aufgeschoben werden. Es zeichnet sich ab, daß Deutschland als Standort der Energieerzeugung verlorengeht. Dies mag der rot-grünen Zielsetzung entsprechen. Was gewinnen wir aber, wenn die Anlagen jenseits unserer Grenzen errichtet werden, ohne daß sie dort unseren höchsten sicherheitstechnischen Anforderungen genügen müssen? Wir verlieren ein Stück Zukunft. Ist sich die Opposition überhaupt bewußt, welchen ungeheuren Schaden sie anrichtet? Daß die Gruppe PDS/Linke Liste mit dieser Aktuellen Stunde noch ihr destruktives politisches Süpplein daraus kochen will, ist so kläglich, daß man darüber besser schweigt. Dietmar Schütz (SPD): Wer bei der Durchsetzung von Recht und Rechtspositionen nur noch Verletzungen und Betroffenheit hinterläßt, hat entweder selbst etwas sehr falsch gemacht, oder aber das Umfeld der Rechtsakzeptanz ist schon so aufgewühlt, daß bei der Rechtsdurchsetzung nur noch Verwundungen auf treten. Die Rückführung der konditionierten radioaktiven Abfälle aus Mol zum Zwischenlager Gorleben und deren Begleitumstände zeigen, daß beides — Art und Weise der Rechtsdurchsetzung — zu weiteren Verhärtungen geführt haben und daß das politische Umfeld der Atompolitik nicht nur in Gorleben nicht oder nicht mehr akzeptiert wird. Viele von uns haben noch die quälenden Vernehmungen im Transnuklearatomskandal-Untersuchungsausschuß in Erinnerung. Wir erinnern uns an die Schlampereien in Mol, bei deren Konditionierungsarbeiten keiner wußte, ob die Abfälle aus X tatsächlich wieder dorthin zurückgingen. Wir haben alle um die Unvermeidbarkeit von Querkontaminationen in Mol erfahren. Auf dem Hintergrund dieser Erfahrung, die monatelang die bundesdeutsche Öffentlichkeit beschäftigt hat, ist deshalb mit diesen ersten Rückführungen von Atommüll aus Mol sehr sensibel umzugehen. Zur Sache. Die noch in den letzten Tagen der Albrecht-Regierung geänderten Verwaltungsbestimmungen zu den Aufnahmebedingungen für das Faßlager Gorleben kennen zwar keine Beschränkungen der einzulagernden Abfälle auf solche aus bundesdeutschen Kernkraftwerken mehr — was ich aus Akzeptanzgründen für äußerst problematisch halte —, gleichwohl war der Antrag der Lagergesellschaft Gorleben ausdrücklich auf die Zulassung der Zwischenlagerung von konditionierten Mischabfällen aus den Kernkraftwerken Krümmel und Neckar-Westheim gerichtet. Ich halte es deshalb — vor allem angesichts der vergangenen Diskussion um die Atommüllschiebereien und angesichts der Akzeptanzsituation vor Ort — für mehr als legitim, daß das Umweltministerium in Hannover die Frage, woher die Mischabfälle kommen, gründlich prüfen wollte, bevor die endgültige Zwischenlagerung genehmigt wurde. Diese Forderung des Umweltministeriums nach einem lückenlosen Identitätsnachweis wird am 13. Juni gestellt. Am 14. Juni wird deshalb eine bereits erteilte endgültige Genehmigung so lange zurückgenommen, bis ein Identitätsnachweis erbracht wird. Am gleichen Tag ordnet das Bundesumweltministerium dagegen eine Zulassung der Einlagerung bis zum nächsten Tag an. Durch ausdrücklich bundesaufsichtliche Weisung am Sonntag, dem 16. Juni, wird dies durchgesetzt. Dieser sehr verkürzt dargestellte Ablauf läßt für den Beobachter der Szene nur noch den Schluß zu, daß das Weisungsinstrumentarium aus Art. 85 GG hier nur noch im Muster Befehl und Gehorsam vom Feldwebel Töpfer zu den niedersächsischen Soldaten gebraucht wurde. Ist es unsinnig, darüber nachzudenken, ob es sinnvoll ist, einen Identitätsnachweis führen zu müssen, weil es eben auch sinnvoll ist, nur eigene bundesdeutsche Abfälle wieder aufzunehmen? Wäre es nicht vernünftig gewesen, eine vorläufige Unterbringung im Faßlager zu vereinbaren, um das Identitätsproblem zu erörtern und nicht nur per Verfügung miteinander umzugehen? Kann man bundesfreundliches Verhalten von Niedersachsen nachhaltig anfordern, wenn von einem länderunfreundlichen Verhalten des Bundes durch das scharfe Handhaben bundesaufsichtlicher Instrumente gesprochen werden muß? Die Art und Weise der Rechtsdurchsetzung hat überflüssige Verletzung erzeugt, die ein Rechtsstaat so nicht zufügen sollte. Von dem Umfeld der Rechtsakzeptanz habe ich noch gar nicht gesprochen. Ich frage mich, wie lange wir, wie lange unser Staat es durchhalten will, eine völlig ungeklärte Endlagersituation vor sich herzuschieben. Wie lange will er jeden Schritt, der in Beziehung zu einem Atomkraftwerk steht, mit Polizeigewalt durchsetzen? Die Akzeptanz der Atomenergie — das zeigen immer wieder die konkreten Situationen, das zeigen aber genauso die Umfrageergebnisse — ist und bleibt nicht vorhanden. Wir müssen deshalb dazu kommen, einen energiewirtschaftlichen Konsens zu erreichen, der auf der Grundlage des Ausstiegs aus der Atomenergie erreicht werden muß. Jedenfalls kann es aber keinen energiewirtschaftlichen Konsens bei Feldwebelattitüden geben. Wer den Konsens will, darf vorher nicht nur den Büttel spielen. Heinrich Seesing (CDU/CSU): Erstens. Da gibt es eine Partei, die hat einmal laut ihrer Sorge Ausdruck gegeben, daß CDU und CSU Hindernisse sein würden auf dem nun einmal notwendigen Weg, viel und sichere Energie zu schaffen. Gemeint war die Kernenergie. Gesprochen wurden solche und ähnliche Sätze im Deutschen Bundestag Ende der 50er Jahre. Die Redner gehörten der SPD-Fraktion an. Ich muß die SPD loben, die damalige SPD. Denn es ist damals gelungen, einen weitgehenden Konsens in der Energiepolitik zu finden. Eine herausragende Stellung nahm die Kernenergie ein. Wer zur Kernenergie ja sagt, hatte auch zur Wiederaufarbeitung und zur Endlagerung ja gesagt. Die tollsten Anlagen wurden mit der SPD gebaut. Viele Kernkraftwerke produzieren Strom. Hochtemperaturreaktoren und Schnelle Brüter stehen als Denkmäler dieser SPD-Ära in deutschen Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2695* Landen. Um die Abwicklung machen wir uns Sorgen, die SPD auch. Zweitens. Da gibt es eine Partei, die hat sich 1986 für eine Energiepolitik ohne Atomkraft entschieden. An Gefahren und Risiken hatte sich seit 1960 nichts geändert. Nur: eine neue Generation bestimmte die Energiepolitik der SPD. Sie bewertete diese anders als diejenigen, die für mehr Energie und damit für mehr Wohlstand eingetreten waren. Wir wissen heute, daß man Wohlstand auch mit weniger Energie erreichen kann, aber nicht ohne. Ich meine auch, daß man Kernenergie nur dann verantworten kann, wenn man die Entsorgung der Kernkraftwerke gesichert hat. Und damit meine ich nicht nur die Kernbrennstäbe, sondern auch alles das, was sonst an radioaktivem Abfall anfällt. Die SPD verzichtete auf die Kernenergie, weil die Entsorgung nicht gesichert sei. Was hat sie eigentlich seit 1960 getan, um das Problem zu lösen? Ich will dabei gerne zugestehen, daß auch mein politisches Lager nicht immer den Mut und die richtige Einstellung dazu hatte. Drittens. Da gibt es eine Partei, die beschließt auf ihrem Bundesparteitag 1991 folgendes: „Der Bundesparteitag mißt der Findung und Errichtung von Endlagerstätten herausragende Bedeutung bei. Er hält es deshalb für unabdingbar, daß die sozialdemokratisch geführten Landesregierungen bei der Bundesregierung darauf drängen, daß auf der Grundlage von alternativen Standorten die umweltverträglichste und sicherste Lösung gefunden wird." Bravo, SPD! Nur, wie alternativ soll das Ganze denn noch werden? Wie lang soll die Suche noch dauern? Also doch China oder der Mond? Also bringen wir alles nach Gorleben, ins Zwischenlager, weil wir vor lauter Suchen das Ziel vergessen haben. Oder soll das Dagegenhalten, sollen die Mätzchen der Landesregierung von Niedersachsen nur ein Hilfsmittel sein, um die Kernkraftwerke abschalten zu können? Vielleicht ist ja jetzt Hamburg bereit, auf Strom aus KKW zu verzichten — und bezieht den Strom dann aus den französischen KKW! Viertens. Da gibt es einen gewissen Herrn Schröder, der hat gestern wegen der Entscheidung des Bundesumweltministers in Sachen Gorleben von der „Verfilzung der Bundesregierung mit der Atomlobby" gesprochen. Es handelt sich, man kann es kaum glauben, um den Ministerpräsidenten eines schönen und großen Bundeslandes. Ein solches Wort aus dem Munde eines Ministerpräsidenten, der Verantwortung für ein Land und die Menschen in diesem Land übernommen hat! Seine Verantwortung heißt im Falle Gorleben, Sorge tragen, daß die Dinge so schnell und so gut als möglich geregelt werden. Ein ordnungsgemäßes Lager ist der Platz dafür, nicht der Parkplatz einer Polizeikaserne. Ich finde Verhalten und Äußerung nicht mehr zu vereinbaren mit den Aufgaben eines so hohen Amtes. Harald B. Schäfer (Offenburg) (SPD): Auch der Bundesumweltminister wirbt neuerdings um einen energiepolitischen Konsens. Wer Konsens tatsächlich will, kann nicht ein derart ultimatives länderunfreundliches bundesrechtliches Weisungsverfahren praktizieren, wie es Herr Töpfer tut. Konsens gibt es nur bei Kooperationsbereitschaft, nicht bei Konfrontation. Was für eine Energiepolitik ist das, die mit Weisungen und Polizeigewalt durchgesetzt werden muß? Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern für die notwendige Entsorgung nuklearen Mülls läßt sich nicht von Bonn aus verordnen. Akzeptanz setzt Vertrauen und Offenheit voraus. Gerade die aber haben Energiewirtschaft und Bundesumweltminister in der Vergangenheit verspielt. Uns allen ist der Atommüllskandal, die Transnuklear-Affäre, noch in schlechtester Erinnerung. Radioaktive Abfälle — zum Teil falsch deklariert — wurden international hin und her geschoben. Bestechungsgelder wurden bezahlt. Nicht nur menschliches Fehlverhalten, auch die ungelöste Entsorgung des Atommülls war die Ursache dafür. Kann es Sie da wundern, daß die Menschen auch da mißtrauisch sind, wo es sich vielleicht als unbegründet herausstellt? Das jahrelange Taktieren und Verschieben in der Entsorgung holt uns ein. Die Bundesrepublik muß riesige Mengen atomaren Atommülls in den nächsten Jahren aus dem Ausland (aus Belgien, aus Frankreich, aus England) zurücknehmen. Wir alle sind gegen Mülltourismus. Bei den besonders gefährlichen Atomabfällen wurde er zum Programm gemacht. Es ist berechtigt und richtig, daß die niedersächsische Landesregierung auf dem politischen Hintergrund der Transnuklear-Affäre exakte Aufklärung über den Inhalt und die Herkunft der Atommüllfässer aus dem belgischen Mol verlangt hat. Es ist auch richtig, daß sich die niedersächsische Landesregierung dagegen wehrt, daß Land zur atomaren Müllkippe Europas werden zu lassen. Die Vorgänge um die Atommüllfässer aus dem belgischen Mol sowie die notwendige Schließung des Hanauer Atomwerkes durch den hessischen Umweltminister — eine Maßnahme, die wir ausdrücklich begrüßen — zeigen vor allem eins: Vertrauen läßt sich nur mit einer neuen Energiepolitik zurückgewinnen: Erstens. Nur wer definitiv auf Neu- und Ersatzbau von Kernkraftwerken verzichtet und die Atomenergienutzung in einem überschaubaren Zeitraum beendet, kann von der Bevölkerung Akzeptanz für notwendige Entsorgungseinrichtungen erwarten. Denn nur so kann sichergestellt werden, daß der Jahrtausende strahlende Müllberg nicht immer weiter wächst. Zweitens. Es ist zwingend notwendig, den Weg der direkten Endlagerung der atomaren Abfälle gesetzlich vorzuschreiben und auf den Weg der Wiederaufarbeitung, auch über das Ausland, zu verzichten. Drittens. Die Herstellung der sogenannten Mischoxidbrennelemente mit Plutonium, wie sie in dem Hanauer Atomwerk erfolgt, muß gesetzlich untersagt werden. Wir Sozialdemokraten sind uns unserer Verantwortung für die Entsorgung radioaktiver Abfälle bewußt. Auch unter unserer Regierungszeit sind Atomkraftwerke gebaut und in Betrieb genommen worden. Der bereits heute angefallene Atommüll muß so sicher wie irgend möglich beseitigt bzw. gelagert werden. Wir haben in unseren Forderungen die Voraussetzungen 2696* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 dafür genannt, wie mit Akzeptanz und Unterstützung der Bevölkerung die atomare Entsorgung vorangebracht werden kann. Solange die Entsorgungsstrategie der Bundesregierung unklar ist, solange sie auf Wiederaufarbeitung besteht, solange sie ihre Politik mit dem Knüppel der Weisung durchsetzen will, solange sie nicht klar und deutlich beschließt, daß sie eine dauerhafte Nutzung der Kernenergie ablehnt und auf den Zubau und Neubau von Atomkraftwerken verzichtet, solange wird sie die Akzeptanz der Bevölkerung für die notwendige Entsorgung radioaktiver Abfälle nicht gewinnen. Wer wirklich den Konsens will, wem wirklich daran gelegen ist, langfristig verläßliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und für die Verbraucher zu schaffen, der muß in der Atomenergiepolitik den Weg zu Ende gehen, der in Wackersdorf und Kalkar schon eingeschlagen wurde, den Weg des Ausstiegs aus der Nutzung der Atomenergie. Wolfgang Ehlers (CDU/CSU): Eine von der Gruppe PDS/Linke Liste zu diesem Thema beantragte Aktuelle Stunde hat bei mir mehrere Fragestellungen hervorgerufen. Erstens. Warum stellt sich gerade diese Partei, die in der ehemaligen DDR vor der Wende jegliches Umweltbewußtsein vermissen ließ und sich nie ernsthaft mit den Umweltproblemen beschäftigte, jetzt in der Öffentlichkeit so dar, als wenn ohne ihr Zutun die Umwelt gefährdet würde? Zweitens. Ist die PDS nicht in der Lage, das zugegebenermaßen nicht einfache deutsche Umweltrecht erst einmal gründlich zu studieren, bevor sie der Bundesregierung ein Fehlverhalten vorwirft? Meine Fraktionskollegen haben bereits eindeutig und ausreichend dargelegt, daß der Einlagerung von schwachradioaktiven Abfällen aus dem belgischen Mol weder sachliche noch rechtliche Gründe entgegenstehen. Drittens. Oder wollte die PDS mit dieser Aktuellen Stunde auf die Mißstände innerhalb des rot-grünen Bündnisses in Hannover hinweisen? Dann jedenfalls könnte ich diese Debatte noch verstehen. Es ist in der Tat merkwürdig, wenn die jetzige Umweltministerin Niedersachsens vor einem Jahr auf einer Veranstaltung in Gorleben Hunderte von Kernkraftgegnern dazu aufrief, „das Mittel der Blockade aktiv zu nutzen" , und der grüne Landtagsabgeordnete Kempmann sich bereits auf „sehr schöne Blockaden" freute. Wurden damit nicht schon Konfliktsituationen vorprogrammiert? Da sich schon am vergangenen Freitag der grüne Umweltsstaatssekretär und der bereits erwähnte Abgeordnete Kempmann unter die Demonstranten mischten, ist sicherlich die Frage gestattet, ob die Blockade nicht vorsorglich inszeniert worden ist. Wenn Sie, meine Damen und Herren der PDS, diese gewiß wichtigen Fragen beantwortet haben möchten, dann gebe ich Ihnen einen guten Rat: Wenden Sie sich bitte an die Regierung in Hannover. Noch einen Hinweis erlaube ich mir Ihnen zu geben, die Sie ja größtenteils aus den neuen Bundesländern kommen. Was der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gerade für diese neuen Bundesländer geleistet bzw. eingeleitet hat — ich denke nur an das Aktionsprogramm Ökologischer Aufbau — , erreicht Größenordnungen, von denen wir, die sich bereits vor der Wende für Umwelt und Natur einsetzten, nur träumen konnten. Ich empfehle Ihnen, unterstützen Sie diesen umfangreichen Maßnahmenkatalog durch angemessene Mitarbeit, dann leisten sie einen wirklich sinnvollen Beitrag zur ökologischen Sanierung und zum Schutz der Umwelt. Dr. Jürgen Starnick (FDP): Der Bundesumweltminister hat erneut in einem die Kernenergie betreffenden Sachverhalt eine bundesaufsichtliche Weisung erlassen müssen, weil das Land Niedersachsen den Transport von Abfällen nach Gorleben abgelehnt hat. Diese Weisung war rechtmäßig, weil nach zutreffender Auffassung des Bundesumweltministeriums die Voraussetzungen für den Transport und die Einlagerung der deutschen radioaktiven Abfälle, die aus dem belgischen Mol wieder zurück nach Deutschland kommen, rechtmäßig sind. Es geht um deutsche Abfälle, die als Altlasten des Transnuklearskandals hinreichend bekannt sind. Wie auch die Arbeit des Transnuklear-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag gezeigt hat, ist dieser Hanauer Nuklearskandal im einzelnen aufgearbeitet worden. Das trifft für den Deutschen Bundestag, aber auch für die Bundesregierung zu, die umfassende Konsequenzen gezogen hat — wie Entflechtung der deutschen Nuklearindustrie. Zur Lösung der Probleme, die aus diesem Skandal entstanden sind, gehört auch die Rücknahme deutscher radioaktiver Abfälle, die seinerzeit nach Belgien gelangt sind und von dort auch wieder in das Ursprungsland zurückkehren müssen. Der Grundsatz, daß Abfälle möglichst dort entsorgt werden, wo sie entstanden sind, gilt auch für die Bundesrepublik Deutschland gegenüber anderen Staaten. Für die Behauptung Niedersachsens, daß der lükkenlose Nachweis dafür, daß die Abfälle nicht aus Deutschland stammen, nicht erbracht sei, gibt es keine ernst zu nehmenden Hinweise. Der TÜV-Bericht verweist vielmehr ausdrücklich darauf, daß diese Abfälle kundenspezifisch in Mol gelagert wurden und ihre Sortierung getrennt erfolgte. Da die BRD für die deutschen Abfälle die volle Verantwortung trägt, erwarte ich von dem Bundesland Niedersachsen, daß es nicht nur, wie jetzt geschehen, der Weisung des Bundesumweltministers zur Aufhebung des Einlagerungsstopps für die radioaktiven Abfälle aus Mol folgt, sondern daß auch künftig die Landesregierung Niedersachsens den ihr nach Recht und Gesetz obliegenden Verpflichtungen insoweit nachkommt. Erneut drängt sich der Eindruck auf, daß hinter dem hier ausgetragenen Streit zwischen der Bundesregierung und der niedersächsischen Landesregierung das Kernproblem der unterschiedlichen Auffassung zum Einsatz der Kernenergie steht. Abermals agiert dabei eine rot-grüne Koalition etwas abseits der Rechtsstaatlichkeit. Ausstieg aus der Kernenergie rechtfertigt nicht jedes Mittel. Jedenfalls ist es rechtsstaatlich Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2697* äußerst bedenklich, wenn sich Frau Griefahn wie folgt einläßt: „Außerdem sei es (verdeckt) geboten, politische und juristische Schritte in einem Gleichklang zu initiieren, um die Erreichung eines bestimmten Zieles auch im Prozeßwege zu begünstigen. Dies sei z. B. bei der Prozeßführung dadurch sicherzustellen, daß in dem zulässigen Maße und in dem gebotenen Umfang das Ministerium mit Bürgerinitiativen und Nachbarn zusammenarbeite. " Unabhängig davon, ob man die weitere Nutzung der Kernenergie mittel- und langfristig bejaht oder einen Ausstieg fordert, so steht jedenfalls fest, daß für die schon vorhandenen radioaktiven Abfälle eine möglichst sichere Entsorgung vorgenommen werden muß. Ich habe kein Verständnis für diese letztlich nicht rechtlich, sondern politisch motivierte Weigerung Niedersachsens, diese Abfälle abzulagern. Ich appelliere an die Landesregierung von Niedersachsen, auch in Fragen des Atom- und Strahlenschutzrechts zu rechtsstaatlichem Verhalten zurückzukehren. Wir brauchen einen Energiekonsens, der die nukleare Entsorgung einschließt. Ich fordere deshalb Bund und Länder auf, alles zu unternehmen, um wieder zu einem Grundkonsens in Energie- und auch Kernenergieentsorgungsfragen zu kommen. Die Zukunft des Industriestandorts BRD hängt entscheidend davon ab, ob wir neben der Versorgungsinfrastruktur über eine modernsten Anforderungen entsprechende Entsorgungsinfrastruktur — und zwar für alle Arten von Abfällen — verfügen. Jedenfalls sollte die Bundesrepublik Deutschland ihre eigenen Entsorgungsprobleme nicht auf dem Rücken anderer Staaten austragen, sondern für ihre Abfälle, einschließlich der radioaktiven Abfälle, die Verantwortung selbst übernehmen. Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Mit ihrer Untersagungsverfügung vom 14. Juni 1991, für die es einer Weisung des Niedersächsischen Umweltministeriums an das Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg bedurfte, hat die Niedersächsische Landesregierung eindeutig rechtswidrig gehandelt. Es war daher meine mir durch Verfassung zugewiesene Pflicht, nachdem sich das Land weigerte, die rechtswidrige Verfügung aufzuheben, durch eine bundesaufsichtliche Weisung den rechtgemäßen Zustand wiederherzustellen. Offenkundig hat die Landesregierung versucht, mit dem Mittel des Rechtsbruchs ihre Koalitionsabsprache durchzusetzen. Die rechtlichen Argumente waren so fadenscheinig, daß dieses Spiel für jedermann, der sich damit etwas näher beschäftigte, durchschaubar war. Die ausschließlich polemische, unsachliche und mit keinen Fakten versehene hemmungslose Kritik des Niedersächsischen Ministerpräsidenten entlarvt ihn selbst. Wenn ein Verfassungsorgan so handelt, argumentiert und polemisiert, dann muß man sich nicht wundern, wenn das Vertrauen vieler Menschen in unseren Rechtsstaat erschüttert wird. Da wird hemmungslos mit Unterstellungen gearbeitet, wider besseres Wissen vorhandene Information abgestritten — mit einem Wort: Es wird alles getan, um die politische Entscheidung in Koalitionsvereinbarung und Regierungserklärung auch am bestehenden Recht vorbei durchzusetzen. Wie sind die Fakten? Die Herkunft dieser Abfälle ist durch ein TÜV-Gutachten und durch die Arbeiten der deutsch-belgischen Experten-Kommission eindeutig nachgewiesen. Die Genehmigungslage für das Faßlager und die Beförderung ist eindeutig. Die Genehmigungsvoraussetzungen sind gegeben. Die Erfüllung der Einlagerungsbedingungen ist nach Qualität und Umfang der Abfälle in einem von Bund und Land einvernehmlich festgelegten Prüfverfahren für diese Abfälle eindeutig nachgewiesen worden. Die Niedersächsische Landesregierung ist bei diesem Vorgang ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden: — Sie hat eine rechtswidrige Weisung erlassen in dem klaren Bewußtsein, daß die Bundesaufsicht weisen wird. Sie hat diese Weisung provoziert, um sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen und ihre politische Vorabentscheidung zu bestätigen. Sie sollte sich nicht der Hoffnung hingeben, daß die Öffentlichkeit dies nicht durchschaut. Ich fordere die Niedersächsische Landesregierung auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden. — Wenn die Landesregierung künftig Abfälle deutscher Herkunft aus Belgien nicht abnehmen will, heißt dies nichts anderes als endgültiger Export deutschen radioaktiven Abfalls. Mit anderen Worten: Die Niedersächsische Landesregierung will deutschen radioaktiven Abfall im Ausland endlagern. Dies ist nicht hinnehmbar. Dies wäre eine Europäisierung der Abfallpolitik — nicht das, was wir verantwortungsvoll tun. — Ich bin mit der Transnuklear-Affäre konfrontiert worden. Ich habe gehandelt, um diese Affäre aufzuklären und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Dies waren tiefe Schnitte. Wir haben Transnuklear und NUKEM Genehmigungen entzogen. Wir hab en die westdeutsche Nuklearwirtschaft entflochten. Wir haben das Schienenkonzept für den Transport radioaktiven Materials mit der Bahn durchgesetzt. Wir haben eine Abfallkontrollrichtlinie — gemeinsam mit den Ländern — erlassen, um jederzeit eine lückenlose Kontrolle auch der schwach- und mittelaktiven Abfälle zu haben. Und wir haben gemeinsam mit Belgien eine deutsch-belgische Expertenkommission unter Beteiligung der Länder — stellvertretend waren dies Hessen und Nordrhein-Westfalen — eingesetzt, um die Abfälle in Mol den Abfallverursachern zuzuordnen. Der 2. Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages hat in der letzten Legislaturperiode die Richtigkeit und Konsequenz meiner Maßnahmen bestätigt. Die Länder waren hierüber stets voll informiert. Ihnen war bekannt, daß die Abfälle in die Bundesrepublik Deutschland zurückgenommen werden würden. Noch vor wenigen Wochen hat die Niedersächsische Landesregierung gegenüber Baden-Württemberg schriftlich bestätigt, daß flüssige Abfälle aus Mol, die im Kernforschungszentrum Mol konditioniert wurden im Faßlager Gorleben zwischengelagert wer- 2698* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 den dürfen. Heute will sie sich ihrer Verantwortung entziehen. Vor diesem Hintergrund ist es schon bezeichnend, daß der Antrag für die Aktuelle Stunde von der PDS und nicht von der SPD gestellt worden ist. Wie immer man zu Fragen der friedlichen Nutzung der Kernenergie stehen mag: Das Problem der Entsorgung radioaktiver Abfälle aus unseren Anlagen ist zu lösen. Dies ist unser gesetzlicher Auftrag, nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder. Hierzu gehört auch die Lösung der Entsorgung des deutschen Verursachern zuzuordnenden Abfalls aus Mol. Ich werde die Niedersächsische Landesregierung aus ihrer Pflicht nicht entlassen und, wenn es sein muß, auch künftig durch bundesaufsichtliche Weisung zu deren Erfüllung anhalten. Ich fordere die Niedersächsische Landesregierung auf, endlich das Recht über die Koalitionsvereinbarung zu setzen und ihren verantwortungslosen Umgang mit rechtsstaatlichen Grundsätzen aufzugeben. Wir müssen einen politischen Konsens in der Entsorgungsfrage finden. Der Staatssekretärs-Ausschuß, der hierzu auf Initiative der Bundesregierung und Nordrhein-Westfalens eingesetzt worden ist und bereits gute Arbeit geleistet hat, ist hierfür der richtige Weg. Auf diesem Weg sollten wir fortfahren. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 9 — Antrag betr. Fristverlängerung zur Antragstellung auf Aufhebung von Zwangsadoptionen — Hannelore Rönsch, Bundesministerin für Familie und Senioren: Die jüngst aufgefundenen Akten über Zwangsadoptionen sowie erste öffentliche Stellungnahmen von Betroffenen haben ein erschütterndes Kapitel der Unmenschlichkeit der SED-Herrschaft in der ehemaligen DDR offenbart. Das ganze menschliche und rechtliche Ausmaß dieser Adoptionspraxis, die zwangsweise vollständige Familien auseinandergerissen hat, läßt sich noch nicht übersehen. Der demokratische Rechtsstaat, wir politisch Verantwortlichen dürfen und wollen über diese Mißachtung der Menschenwürde und insbesondere des Elternrechts nicht hinweggehen. Dieser tiefe Eingriff in die natürlichen Rechte der Familie, in das Zusammenleben von Eltern mit ihren Kindern drängt mich als Familienministerin, mitzuhelfen, daß das bittere Unrecht wiedergutgemacht werden kann. Wir müssen hierbei allen Beteiligten gerecht werden: den Eltern, die ihre Kinder verloren haben, den Kindern, die zwangsvermittelt wurden, und den die Kinder annehmenden Eltern. In vielen Fällen sind die Beteiligten auch die Opfer. Gemäß dem Einigungsvertrag kann die Aufhebung der Adoptionen ohne die sonst erforderliche Einwilligung der Beteiligten innerhalb eines Jahres, also bis zum 2. Oktober 1991, beantragt werden. Nach dem, was wir bisher wissen, wird diese Einjahresfrist in der Regel nicht einzuhalten sein. Denn es hängt nicht nur von dem Willen der Betroffenen ab, eine Änderung anzustreben; vielmehr fehlt es häufig an den tatsächlichen Voraussetzungen. Zum einen müssen wir in jedem Einzelfall prüfen, ob tatsächlich eine unrechtmäßige Zwangsadoption vorliegt oder ob — angesichts der vorgefundenen sozialen und familiären Verhältnisse — auch bundesdeutsches Recht dem Verbleib des Kindes bei seinen leiblichen Eltern widersprochen hätte. Zugleich muß mit Eltern gerechnet werden, die im nachhinein bedauern, früher einer Adoption zugestimmt zu haben, jetzt also die Gunst der Stunde nutzen wollen, um ihren Schritt rückgängig zu machen. Die Überprüfung jedes beantragten Einzelfalls muß unser Ziel sein, nicht etwa die generelle Aufhebung aller, auch der in unserem Sinne rechtmäßigen Adoptionen. Daher dürfen den wirklich Betroffenen keine bürokratisch unüberwindbaren Hürden auferlegt werden. Dazu gehören die Frist des 2. Oktober und auch die Vorgabe, wonach Anträge nur vom jeweils zuständigen Vormundschaftsgericht entgegengenommen werden. Es wird also entscheidend auf die Mithilfe der Jugendämter ankommen. Hier jedoch sind möglicherweise noch Angestellte tätig, die an Zwangsadoptionen selbst mitgewirkt haben. Außerdem ist nicht sicher, ob die Vormundschaftsgerichte schon wieder vollständig und funktionstüchtig eingerichtet sind. Um den gesamten Problemkreis einmal umfassend und gründlich aufzuarbeiten, werde ich im Spätsommer hierzu eine Fachkonferenz in Berlin mit Vertretern der Bundes- und Landesroessrts sowie mit Experten aus der Wissenschaft und den Fachorganisationen durchführen. Die Tagung mit einem begrenzten Teilnehmerkreis soll dazu dienen, die Probleme transparent zu machen und — wenn möglich — auch Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die den zuständigen Behörden und Gerichten eine Hilfe sein können. Unabhängig davon unterstütze ich intensiv den vorliegenden Antrag, die Frist des Art. 234 § 13 EGBGB mindestens zu verlängern, wenn nicht gänzlich aufzuheben. Unser Bemühen muß darin liegen, eine Brücke zwischen allen Beteiligten, den leiblichen Eltern, den Adoptiveltern und den betroffenen Kindern zu schlagen. Wir werden ihnen allen Gerechtigkeit nur widerfahren lassen können, wenn wir die bekanntgewordenen Fälle und die, die noch bekannt werden können, äußerst behutsam behandeln. Hier sind Familien in ihren existentiellen Rechten betroffen. Wir müssen ihnen als Staat — hier stehen wir in der Verpflichtung unseres Grundgesetzes — Genugtuung verschaffen und ihnen zu ihrem Recht verhelfen. Dr. Michael Luther (CDU/CSU): Wenn sich heute der Deutsche Bundestag mit dem Thema der Zwangsadoption in der ehemaligen DDR beschäftigen muß, dann zeigt das deutlich, wie notwendig es ist, die Aufarbeitung von 40 Jahren DDR zu forcieren. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2699* Der Unrechtsstaat legte alle Dokumente seines Handelns zu den Akten: vom Schießbefehl bis zu den Stasi-Akten. In einem dunklen Keller des Bezirksamtes BerlinMitte fand sich penibel niedergeschrieben wieder, was das DDR-Ministerium für Volksbildung einst als real-sozialistische Jugendhilfe diktiert hatte: die Geschichte der Zwangsadoption. Kinder, deren Eltern Fluchtversuche unternommen hatten, wurden in Heime gesteckt, die schließlich neue, regimetreue Eltern zuwiesen. Das ist real existierender Sozialismus, wo die Partei der Garant für die Kinder ist. Heute ist es amtlich, was für Garanten das waren: Kidnapper, die den Eltern wegen Republikflucht die leiblichen Kinder wegnahmen. Zwangsadoptionen nannten die Genossen den kriminellen Kinderklau, exakt von den Nazis übernommen. Und das Schlimmste: Es ist nicht auszuschließen, daß die Täter heute in den Talkshows, in den Ämtern oder sogar im Bundestag sitzen. Bekannt ist dieses Problem schon seit langem. Der vom schwarzen Kanal und seinem Macher gehaßte und oft zitierte Gerd Löwenthal wurde in seinem „ZDF-Magazin" nicht müde, dieses Verbrechen anzuprangern. Doch das schien den Honecker Tourismus von Bonner Politikern aller Coleur zu stören. Der Einigungsvertrag erlaubt die Stellung von Anträgen auf Aufhebung solcher Adoptionen, aber nur bis 1 Jahr nach der Wiedervereinigung. Diese Frist ist gewählt worden, um möglichst schnell auf diesem höchst sensiblen Gebiet Rechtssicherheit zu schaffen. Das Wohl des Kindes fordert eine kurzfristige Klärung seiner künftigen persönlichen Bindungen. Das Problem ist schwieriger, als zuerst angenommen: Erstens. Da gab es neben der Zwangsadoption den Zwangsentzug des Sorgerechts, der bei Republikflucht oder bei versuchter Republikflucht relativ an der Tagesordnung war. Zweitens. Wieviel Fälle von Zwangsadoption es gab, kann heute niemand sagen. Die Recherchen sind schwierig angesichts unvollständiger oder gefälschter Akten. Drittens. Ein weiterer schlimmer Fakt sind die Adoptiveltern selbst. Sicher waren es Regimetreue, aber es waren Eltern ohne Kinder. Wer Eltern kennt, die von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen sind, weiß, welche psychologischen Krisen sie durchleben. Oft ist dann die Adoption die letzte Möglichkeit, ein Kind in der Familie zu erziehen. Doch darf dieses Problem nicht im Rahmen stehen bleiben. Der Rechtsstaat würde dadurch schreiendes Unrecht des SED-Regimes im nachhinein anerkennen. Die Eltern brauchen Zeit für die Suche, und für das vernünftige Überlegen, was für sie und was für das Kind die richtige Entscheidung ist. Die Justiz braucht Zeit, um die Akten aufzuarbeiten. Bisher waren nur wenige Fälle bekannt. So wurden in den 70er Jahren einige echte Fälle mit dem Berliner Rechtsanwalt Vogel gelöst. In der letzten Zeit wurden nur wenig neue Zwangsadoptionen festgestellt. Der jüngste Aktenfund in einem Bezirksamt von Berlin läßt heute die Frage nach der Zahl der Fälle offen. Die Justiz braucht vor allem Zeit, weil nicht garantiert werden kann, daß der Antrag auf Überprüfung einer Adoption fristgemäß beim zuständigen Gericht, d. h. am Wohnsitz der Annehmenden gestellt wird. Die Personenstandsbücher beim Vormundschaftsgericht sind nicht da, unvollständig oder falsch, und der momentane Stand der Arbeitsfähigkeit der Gerichte ist hinlänglich bekannt. Die Frist muß verlängert werden, das ist die im Raum stehende Forderung und der Inhalt des Antrages. Um wieviel, das muß der Bundestag beurteilen. Dabei stehen die betroffenen Kinder in der Mitte, weil die Menge des menschlichen Leids durch eine unsichere Lage nicht besser wird. Gleichzeitig fordere ich aber hier eine strafrechtliche Aufarbeitung. Voran für Frau Honecker, die mit freundlichem Lächeln diese grausamen Anweisungen gab. Aber auch die Vollstreckung ist auf ihre juristische Legitimität zu prüfen. Es ist meiner Meinung nach nicht einzusehen, daß es nach DDR-Recht zulässig war, etwa aus einer Republikflucht zu schließen, daß Eltern nicht in der Lage seien, ihre Kinder zu erziehen. Deshalb müssen auch die Vollstrecker solcher Zwangsadoptionen mit zu den Verantwortlichen dieses Unrechts gezählt werden. Dr. Eckhart Pick (SPD): Die Öffentlichkeit ist zu Recht empört über die in der ehemaligen DDR von Staats wegen praktizierten Zwangsadoptionen, wobei „Adoption" ein verharmlosender Ausdruck ist. Zwangsadoption ist nämlich untrennbar verbunden mit der Zerstörung einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung durch einen Unrechtsspruch des Staates. Der Staat hat sich damit angemaßt, Familienbeziehungen einerseits aufzuheben und andererseits neue zu begründen. Als ob es im Belieben der Obrigkeit läge, darüber zu entscheiden. Wir sind uns einig in der Bewertung dieser Vorgänge, die zwangsweise Aufhebung von Familienbeziehungen aus politischen Gründen war unmenschlich und widersprach dem (Völker-)Recht. Sie sind und waren das unfreiwillige Eingeständnis eines Unrechtsstaates, daß man mit dem Problem des Widerstands und der Flucht aus diesem Staat nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln, geschweige Toleranz, fertig wurde. Nach unserem Verständnis ist Adoption die freiwillige Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses, es entspringt dem freien Willen der Beteiligten und hat dann dieselben Konsequenzen wie das natürliche Eltern-Kind-Verhältnis. Der Einigungsvertrag hat in seinem Art. 234 einerseits das bundesdeutsche Recht der Adoption, so wie es das Bürgerliche Gesetzbuch enthält, grundsätzlich eingeführt. Er hat zweitens das bisherige Adoptionsrecht des Familiengesetzbuchs der DDR und die auf seiner Grundlage erfolgten Adoptionen anerkannt. Für sie 2700* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 gelten jetzt ebenfalls die Regeln des Adoptionsrechts im BGB. Andererseits hat der Einigungsvertrag die Problematik von Adoptionen ohne Zustimmung der Betroffenen und auch ausgesprochene Zwangsadoptionen im Blick gehabt. Wir müssen deshalb sehr unterschiedlich gelagerte Fälle unterscheiden. Einige Fälle weisen darauf hin, daß das Erziehungsrecht wegen angeblicher „Asozialität" entzogen wurde. In solchen Fällen wurde den Eltern, weil sie z. B. ihre Pflicht zur Arbeit verletzten, während der Haftzeit das Erziehungsrecht entzogen. Im übrigen kann der Entzug des Erziehungsrechts auf ein Versagen der Eltern (z. B. mangelnde Versorgung, Kindesmißhandlung) zurückzuführen sein. Der Antrag der Koalition meint offenbar diese Fälle nicht, denn er spricht in der Überschrift von Zwangsadoptionen. Er ist allerdings im Antragstext nicht präzise genug, denn es geht ja wohl um politisch motivierte Zwangsadoptionen. In § 13 sind aber Tatbestände mit unterschiedlichem Fristverlauf aufgeführt. Ich gehe davon aus, daß hier der Fall des § 13 Abs. 5 gemeint ist, in dem Eltern das Erziehungsrecht entzogen war. Hier kann das Annahmeverhältnis auf Antrag eines Elternteils innerhalb eines Jahres aufgehoben werden. Trotz aller Empörung über das auch in dieser Hinsicht begangene staatliche Unrecht formuliert der Einigungsvertrag eine differenzierte Lösung. Er knüpft zum einen die Wiedergutmachung an eine einjährige Ausschlußfrist, mit der Erwägung, daß baldmöglichst eine Klärung darüber herbeigeführt werden muß, ob eine Aufhebung von Zwangsadoptionen erfolgen soll. Nach Ablauf der Jahresfrist soll ein für allemal klar sein, ob solche Adoptionen Bestand haben sollen oder nicht. Zum anderen erfolgt auch die Überprüfung von Zwangsadoptionen auf Antrag durch das Vormundschaftsgericht im Einzelfall, bei dem gerichtlich überprüft wird, ob eine Rückgängigmachung der Adoption vertretbar ist. Entscheidend ist dabei das Wohl des Kindes. Dieses Kriterium kann auch bedeuten, daß eine Zwangsadoption im Einzelfall nicht rückgängig gemacht wird, weil innerhalb von 15 oder mehr Jahren zwischen den Kindern und den Adoptiveltern eine schützenswerte und vorrangige Eltern-Kind-Beziehung entstanden ist. D. h. in jedem Fall muß das Gericht das Kindeswohl in den Vordergrund stellen und eine Abwägung treffen. Also keine Automatik. Früheres Unrecht kann nicht durch neues Unrecht kompensiert werden, so schmerzlich dies im Einzelfall sein kann. Es wird im übrigen sehr stark davon abhängen, wie sich die Kinder in der neuen Situation verhalten. Noch ein Gesichtspunkt verdient eine entsprechende Beachtung. In der Mehrzahl der Fälle geht es den Eltern auch um die eigene Rehabilitierung und darum, Kontakt zu den Kindern herzustellen. Dafür spricht, daß Aufhebungsanträge von den Eltern bisher nicht gestellt wurden. In diesem sensiblen Bereich ist es auch angezeigt, auf eine außergerichtliche Klärung hinzuwirken. In solchen Fällen könnte eine Verlängerung der Antragsfrist sinnvoll sein. Wir würden einer Änderung der Antragsfrist zunächst eine intensive Aufklärung durch die Bundesregierung und die zuständigen Behörden vorziehen. Es sollten alle diejenigen auf den Ablauf der Frist hingewiesen werden, die davon betroffen sein können. Die Zahl der Fälle ist nicht bekannt. Es sind nicht viele. Aber ich glaube, daß diejenigen, die von der Zwangsadoption betroffen sind und diese rückgängig machen wollen, schon jetzt nicht ruhen werden, bis darüber entschieden ist. Eine Aufhebung der Antragsfrist ist für uns aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens nicht zu verantworten. Auch eine Fristverlängerung bedarf sorgfältiger Abwägung. Der Gegenbeweis, daß eine Verlängerung erforderlich ist, wäre noch zu führen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Ein dunkles Kapitel in der Familienpolitik der ehemaligen DDR zwingt uns zu der heutigen Beratung. Die letzten Wochen haben es auf Grund einer ausführlichen Berichterstattung in den Medien an die Öffentlichkeit gebracht; Eltern wurde das Erziehungsrecht für ihre Kinder entzogen, und diese wurden dann zur Adoption freigegeben und von Dritten adoptiert. Nach den bisher bekanntgewordenen Fällen lag der Entziehung des Erziehungsrechts aber nicht das Wohl des Kindes zugrunde, sondern ausschlaggebend soll in einer derzeit noch nicht zu überblickenden Anzahl von Fällen politisch unerwünschtes und mißliebiges Verhalten der Eltern gewesen sein. Was das alles umfassen konnte und wie weit dies je nach Gutdünken und Absicht ausgelegt werden konnte, wird uns fast täglich im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit Rehabilitierungsfragen und der Aufarbeitung der Stasi-Altlasten vor Augen geführt. Von politisch kritischen bzw. unerwünschten Äußerungen bis zu Fluchtversuchen waren diese Handlungen und Verzweiflungstaten anscheinend Anlaß genug, Eltern das Erziehungsrecht wegzunehmen und mit dem vorgeschobenen perfiden Argument, dies geschehe zum Wohl des Kindes, eine Adoption zu vermitteln. Der Verdacht solcher politisch motivierter Zwangsadoptionen erhärtert sich immer mehr. Die beim Berliner Senator für Jugend eingerichtete Clearingstelle zur Aufklärung von Einzelschicksalen arbeitet auf Hochtouren: Rund 50 Anfragen von Eltern und Kindern sind bisher eingegangen, in möglicherweise sechs Fällen liegt dringender Verdacht auf Zwangsadoption vor. Ohne wahrscheinlich diese das Wohl des Kindes und das Recht der Eltern mißachtenden Praktiken in vollem Umfang zu kennen bzw. kennen zu können, sind im Einigungsvertrag gleichwohl vorausschauend Regelungen getroffen worden, die die Möglichkeit eröffnen, die Adoptionen gerichtlich überprüfen zu lassen. Maßstab der Überprüfung ist das bisher in den alten Bundesländern und seit dem 3. Oktober auch in den neuen Bundesländern geltende BGB. Zuständig für die Entscheidung ist jeweils das örtliche Vormundschaftsgericht. Nach dem Einigungsvertrag läuft die Frist zur Stellung eines Antrags auf Aufhebung der Adoption am 2. Oktober 1991 — also ein Jahr nach der deutschen Einheit — ab. Inzwischen ist deutlich geworden, daß auf Grund der sehr unübersichtlichen Aktenlage, des Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2701* Nichtauffindens von Personenstandsbüchern, der erst im Aufbau sich befindenden Gerichte und damit der Schwierigkeiten, das zuständige Gericht zu finden, diese Frist nicht ausreicht. Um jegliche Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, ist deshalb diese Frist auf mindestens drei Jahre zu verlängern. Dies ist die nüchterne rechtliche Betrachtungsweise. Viel schwerer wiegen die großen menschlichen Probleme. Durch die Zwangsadoptionen ist zwischen adoptiertem Kind und der annehmenden Familie eine über viele Jahre gewachsene Familienbindung entstanden, eine Eingewöhnung in das neue soziale Umfeld erfolgt und damit auch eine subjektive Identifikation mit den Adoptiveltern. Die Bindung zu den leiblichen Eltern ist sehr locker geworden, wenn nicht sogar in vielen Fällen abhängig vom Zeitablauf vollkommen abgerissen. Wunden werden mit einer Überprüfung wieder neu aufbrechen, im Vordergrund bei einer Überprüfung eines fehlerhaft begründeten Annahmeverhältnisses muß das Kindeswohl stehen. Aus diesen Gründen sollte die Antragsfrist nicht generell aufgehoben, sondern auf eine angemessene Frist verlängert werden. Dieses den leiblichen Eltern und dem Kind zugefügte Leid, die Zerstörung von Familienbanden und damit möglicherweise die Zerstörung von Lebensglück und einer glücklichen, zufriedenen Kindheit können weder rückgängig noch wiedergutgemacht werden. An diesem Beispiel offenbart sich die Unmenschlichkeit des früheren SED-Regimes. Dr. Barbara Höll (PDS/Linke Liste): Die Aufhebung von Adoptionen, die unberechtigt, gegen den Willen der Eltern vorgenommen wurden, berührt sowohl die Identitiät als auch die elementarsten familiären Bindungen von Menschen. Wenn es gilt, zugunsten der Wahrung und Wiederherstellung individueller Identität und familiärer Bindung von Adoptierten eine Kurz-schlüssigkeit des Einigungsvertrages zu beseitigen, dann sollten wir das tun und die dort gesetzte Frist aufheben. Allerdings sollten wir dafür Sorge tragen, daß die Lösung dieser zutiefst mit menschlichen Konflikten beladenen Situation für die Betroffenen nicht zum kaukasischen Kreidekreis wird. Meiner Ansicht nach ist es notwendig, die Interessen und Wünsche aller betroffenen Menschen angemessen zu berücksichtigen: Erstens sollten die leiblichen Eltern in jedem Fall — auch wenn sie es bisher versäumt haben, einen solchen Antrag zu stellen — die Möglichkeit erhalten, über den bisherigen Termin hinaus ihre Elternrechte geltend zu machen. Zweitens sollten Adoptierte unabhängig von ihrem Alter nicht als bloße Rechtsobjekte behandelt, sondern nach ihren Wünschen befragt werden, welcher Familie sie sich verbunden fühlen und in welcher Familie sie fortan leben wollen. Es geht mir darum, vor allem Kinder und Jugendliche, die bei ihren Adoptiveltern feste soziale Verwurzelungen gefunden haben, nicht gegen ihren Willen aus diesen Familien herauszulösen und in tiefste psychische Konflikte zu stürzen. Drittens sollten die Interessen der Adoptiveltern nicht außen vor bleiben. Diese ursprünglich kinderlosen Paare haben in der berechtigten Hoffnung, mit einem Kind leben zu können, den Antrag auf Annahme eines Kindes gestellt. Da ihrem Handeln (in der Regel) zutiefst humanistische Motive zugrunde liegen und sie keinen Einblick in die soziale Situation des zu adoptierenden Kindes hatten, müssen ihre Interessen ohne jegliche Form der Kriminalisierung ebenso respektiert werden. Sie dürfen jetzt nicht für ihr humanes Handeln bestraft werden. Um begründet über diese vielschichtigen Zusammenhänge urteilen zu können, fordere ich namens der PDS/Linke Liste von der Bundesregierung zum schnellstmöglichen Termin einen Bericht über die Anzahl, die konkreten Ursachen und Umstände der staatlich vorgenommenen Adoptionen in der ehemaligen DDR sowie hinsichtlich der vorliegenden Anträge auf Aufhebung von Adoptionen. Rainer Funke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz: Jeder von uns war erschrocken, als wir Gewißheit bekamen, daß die SED-Machthaber selbst vor der persönlichsten Beziehung, die sich denken läßt, nicht haltgemacht haben: der Eltern-KindBeziehung. Mitte der 70er Jahre erreichten uns Berichte, daß man politisch mißliebigen Eltern die Kinder weggenommen hatte. Als Vorwand reichte aus, daß die Eltern die DDR zu verlassen und damit dem Unrecht zu entkommen suchten. Über die Kinder wurde bürokratisch entschieden. Sie mußten sich mit fremden Adoptiveltern abfinden, die sie nicht ausgesucht hatten und die sie nicht wollten. Genaueres über diese menschenverachtende Praxis ließ sich nicht feststellen. Die Verantwortlichen in der DDR verweigerten jede Auskunft und stellten Zwangsadoptionen entrüstet in Abrede. Selbst die Machthaber der SED hatten ein schlechtes Gewissen. Wir haben diesen Beteuerungen niemals geglaubt und deshalb in den Einigungsvertrag eine Regelung der Zwangsadoption aufgenommen. Jetzt sind neue Fälle ans Licht gekommen. Leider machen wir überall die gleiche traurige Erfahrung: Das ganze Ausmaß des Unrechts wird erst jetzt offenbar. Unsere Befürchtungen werden durch die Wirklichkeit regelmäßig noch übertroffen. Es ist deshalb gar keine Frage, daß wir die Jahresfrist des Einigungsvertrages verlängern müssen. Im Bundesministerium der Justiz liegt bereits ein ausformulierter Gesetzesvorschlag vor, den ich in den nächsten Tagen in der Koalition abstimmen werde. Der Entwurf schlägt vor, die Antragsfrist des Einigungsvertrages um zwei auf drei Jahre zu verlängern. Diese Verlängerung gibt den Eltern genügend Zeit. Eine generelle Aufhebung der Frist würde nicht nur über dieses Ziel hinausschießen. Sie wäre auch mit den Grundgedanken unseres Adoptionsrechts kaum zu vereinbaren. Jede Adoption — auch die fehlerhafte, gegen elementare Elternrechte verstoßende — begründet ein Eltern-Kind-Verhältnis, das sich im Laufe der Zeit zur gelebten Familie verdichtet. Diesen Gegebenheiten trägt das geltende, „normale" Adoptionsrecht mit einer dreijährigen Ausschlußfrist Rech- 2702* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 nung. Sie beginnt mit der Begründung des Adoptionsverhältnisses und schließt jede spätere Berufung auf Willensmängel aus. Eltern, denen die SED ihr Kind weggenommen hat, können deshalb diese Zwangsadoptionen auch künftig durch das zuständige Vormundschaftsgericht überprüfen lassen. Maßstab sind die bewährten Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Entscheidend ist aber der Einzelfall; einen Automatismus gibt es nicht. Die Adoptionen liegen zum Teil Jahrzehnte zurück. Die adoptierten Kinder sind inzwischen erwachsen und es ist durchaus vorstellbar, daß eine Rückgängigmachung der Adoption neues Leid schaffen würde, statt altes zu heilen. Entscheidend ist allein — wie auch sonst in unserem Familienrecht — das Wohl des Kindes. Es kommt allein darauf an, was für die betroffenen Kinder am besten ist. Die Täter — das ist mir ganz wichtig — dürfen nicht ungeschoren bleiben. Sollten sie sich strafbar gemacht haben, müssen Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Die entsprechenden Prüfungen laufen in den Ländern. Auch bei den Zwangsadoptionen sind die politischen Machthaber in die konkreten Vorgänge verwickelt. Die Rolle, die Frau Honecker gespielt hat, muß genau aufgeklärt werden. Mir wird immer mehr klar, daß die Regierungskriminalität ein Schlüssel bei der Bewältigung des SED-Unrechts ist. Ich weiß sehr wohl, daß es bei der menschlichen Bewältigung der Zwangsadoptionen noch viele Probleme geben wird. Wir können sie den Betroffenen leider nicht abnehmen. Eltern und Kinder können aber sicher sein, daß ihnen jede Unterstützung und jede Hilfe gewährt wird, die nur möglich ist. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 — Antrag betr. nationale und internationale Konsequenzen der ökologischen Auswirkungen des Golf-Krieges — Jutta Braband (PDS/Linke Liste): Der hier vorliegende Antrag des Abgeordneten Dr. Feige und der Gruppe Bündnis 90/GRÜNE zieht in einer Weise Konsequenzen aus dem Golfkrieg und seinen katastrophalen Folgen, die diesem Hause, wenn es sich denn als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes begreifen würde, sehr wohl angemessen wäre. Leider ist zu vermuten — die Redebeiträge aus der Koalition sowohl zum Krieg selbst wie auch allgemein zu Fragen von Abrüstung und Frieden und die heutige Aktuelle Stunde zu den Polizeieinsätzen in Gorleben gegen Atomkraftgegner und -gegnerinnen zeigen es — , daß ein Umdenken von dieser Koalition nicht zu erwarten ist. Nichtsdestotrotz werden die Abgeordneten der PDS/LL diesem Antrag zustimmen, um mitzuhelfen, daß das Bewußtsein für die einzig mögliche Alternative zu Krieg, Ausbeutung der Dritte-Welt-Länder, massiver Zerstörung unser aller Lebensgrundlage und Abbau der sozialen und demokratischen Rechte der Menschen auch dieses Landes wachsen kann. Diese einzig mögliche Alternative liegt in der Anerkenntnis begründet, daß niemand das Recht hat, seine Vorstellungen und Überzeugungen mit militärischer Gewalt durchzusetzen, und daß eine Lösung aller Probleme allein durch solidarisches Handeln erreicht werden kann. Immer wieder ist auch in diesem Hause die Rede davon, wie doch die veränderten Bedingungen in der Welt — gemeint ist damit der Zusammenbruch der Politbürokratien Osteuropas — auch eine veränderte Politik dieses Landes ermöglichen. Praktische Konsequenzen werden nicht gezogen: Der Versuch, schnelle Eingreiftruppen zu installieren — und ich frage, wo die eingesetzt werden sollen — , die Weigerung, sich konstruktiv mit der Forderung sehr vieler Menschen nach Ausstieg aus der Atomenergie auseinanderzusetzen, die Plattwalzpolitik in Ostdeutschland sind deutliche Hinweise darauf, daß die Regierenden dieses Landes offenbar keine Veranlassung sehen, etwa einen neuen Ansatz für ihre Politik zu suchen. Nun zu dem Antrag: Hier wird — ich hoffe, in auch für die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition verständlicher Form — dargelegt, wie durch Nachsorgepolitik und völkerrechtliche Vereinbarungen allein die ökologische Bedrohung der Menschheit durch Kriege nicht beseitigt werden kann, sondern daß es um die Beseitigung der Kriegsursachen gehen muß. Und ich füge hinzu, solange nicht mögliche Kriegsursachen wie Hunger, Unterdrückung, Machtgier, aber auch Gewinnsucht und Hegemoniebestrebungen für immer beseitigt sind, muß es eine Verständigung darüber geben, daß Krieg eben nicht mehr die legitime Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sein kann. Der Golfkrieg mit all seinen Folgen ist immer noch das aktuelle Beispiel dafür, wie Milliarden Mark dafür vernutzt wurden, im Namen der Freiheit Hunderttausende Menschen zu töten, ein Land in Schutt und Asche zu legen, Weltkulturgüter zu vernichten und ökologische Schäden anzurichten, deren Behebung wiederum Milliarden Mark verschlingen wird: der vorhersehbare sinnlose Kreislauf, der nur die Taschen derjenigen füllt, die Kriegsmaterial herstellen, das ja schließlich „verbraucht" wurde, und die Leistung derjenigen abzieht, deren Potenz und Kenntnisse dringend für die Beseitigung von Umweltschäden, die „nur" durch unsere exzessive Produktions- und Konsumtionsweise entstehen, gebraucht werden. Nötig ist hier neben der Hilfe bei der Ölbrandbekämpfung und anderen umwelttechnischen Maßnahmen die Lieferung von Hilfsgütern aller Art sowie die Unterstützung bei der Lösung der langfristigen Probleme dieser Region. Die gravierendsten Probleme, die der Krieg zum Teil verschärft — wie die Autonomieforderungen verschiedener Völkergruppen — oder erst hervorgerufen hat — wie die mangelhafte Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln — können nur durch internationale Unterstützung der politischen Forderungen und durch Hilfsprogramme gelöst werden. Wir teilen die Auffassung, daß völkerrechtliche Konsequenzen aus diesem Krieg gezogen werden müssen. Vor allem unterstützen wir die Forderung nach Einsetzung eines internationalen Untersu- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2703* chungsausschusses, der sich mit den am Golf eingesetzten Kriegsführungsmethoden gegen Zivilbevölkerung und Umwelt auseinandersetzt. Nun zu den innenpolitischen Folgerungen: Hier legen wir besonderen Wert auf die Feststellung, daß es dringend erforderlich ist, gerade in der Energiepolitik mit dem sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie eine grundsätzliche Wende zu vollziehen und statt auf forcierten Energieverbrauch auf eine neue Energiepolitik der Einsparung und der Umstellung auf erneuerbare Energien zu setzen. Die PDS/LL unterstützt nachdrücklich die Forderung nach Annulierung des Stromvertrages der Energieversorgungsunternehmen Westdeutschlands, der nicht einfach nur die Rechte der Kommunen in der ehemaligen DDR beseitigt, sondern auch verhindert, daß dort mit Stadtwerken ein strukturell effizientes Energiesystem aufgebaut wird. Zu den innenpolitisch notwendigen Folgerungen gehören für die PDS/LL ebenso Konsequenzen für den Verkehrsbereich: Neben der vorrangigen Vermeidung von Verkehr kann nur der flächendeckend betriebene Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der generelle Vorrang der Schiene vor der Straße im Güterverkehr gravierende Verringerungen im Treibstoffverbrauch und bei den Emissionen erreichen. Tempo 100 gehört für uns genauso zu den längst überfälligen Maßnahme wie ein Mineralölabgabengesetz. Als Mitglied der Völkergemeinschaft ist die BRD gefordert, sich für eine umfassende Schuldenstreichung der Länder Afrikas, Asiens, Osteuropas und Süd- und Lateinamerikas einzusetzen. Dieser Schuldenerlaß ist die Voraussetzung dafür, daß die betreffenden Länder überhaupt in der Lage sind, Verhältnisse zu schaffen, die für alle Menschen sozial und ökologisch vertretbar sind und z. B. die soziale Klimakatastrophe, die dort durch Armut droht, verhindern können. Ich hoffe, daß die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem umfangreichen Antrag nicht nur dazu führen wird, daß umweltpolitische Positionen revidiert werden, sondern daß auch solche Vorschläge wie die Befreiung von der Militärsteuer, deren Ablehnung noch einmal deutlich gemacht hat, wie bestimmte Politiker und Politikerinnen nicht zum Umdenken bereit sind, erneut auf die Tagesordnung kommen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 — Antrag betr. Erlassung der Schulden Nicaraguas gegenüber der DDR — Klaus Jürgen Hedrich (CDU/CSU): Die Streichung von Altschulden Nicaraguas gegenüber der ehemaligen DDR halten wir aus entwicklungspolitischer Sicht für berechtigt, ja notwendig. Allerdings darf die Problematik von DDR-Schuldnern nicht auf ein Land reduziert werden. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ein Gesamtkonzept vorzulegen. Völlig unakzeptabel wäre allerdings eine Lösung, die zu Lasten des BMZ-Etats ginge. Einlassungen von Regierungsvertretern, der Erlaß von Schulden könnte mit erheblichen zusätzlichen Belastungen des Bundeshaushaltes verbunden sein, da die Betriebe und Banken ihre Forderungen an Entwicklungsländer durch eigene Mittelaufnahme refinanziert haben und diese Mittelaufnahme im Falle eines Forderungsverzichts abzulösen wäre, gehen an der Wirklichkeit vorbei. Glaubt jemand im BMF allen Ernstes, daß wir von den betroffenen Entwicklungsländern größere Beträge zurückerhalten? Beispiel Syrien: Die Gesamtschulden belaufen sich auf 650,4 Millionen. Es scheint mir schon ein gewisser Widerspruch darin zu liegen, wenn man einerseits Rückzahlungen erwartet, andererseits aber seitens der Bundesregierung ein neuer Zweihundert-Millionen-Scheck überreicht wird. Der Antrag der PDS ist allerdings nicht ohne Ironie. Es ist für mich überhaupt nicht hinnehmbar, wenn hier gerade diese Gruppierung, die mit die Verantwortung für vierzig Jahre Unterdrückung in der ehemaligen DDR und Unterstützung eines Unterdrükkungssystems in Nicaragua trägt, nun den Eindruck demokratischer Glaubwürdigkeit erwecken will. Erstens. Der demokratische Neuanfang dieses leidgeprüften Landes darf nicht durch die sandinistische Erblast zerstört werden. Die Sandinisten hatten zwar auch von Somoza schon erhebliche Schulden übernommen. Mit der Welle der Hilfsbereitschaft ab 1979 hätten sie ihr Land aber auf den Weg eines zweiten Costa Rica bringen können. Statt dessen provozierten sie Bürgerkrieg, Massenflucht, Zerstörung von Infrastruktur und Ernährungsbasis. Frau Chamorro erbte daher einen noch größeren Schuldenberg und eine völlig zerrüttete Wirtschaft sowie galoppierende Inflation mit wahrhaft astronomischen Werten. Derart gefesselt kann der Sprung zur Reform nicht gelingen. Zweitens. Die Sandinisten haben tatsächlich alles vor der Machtübergabe abgeräumt, was beweglich war. Sie haben sich bis April 1990 ihre schamlose Selbstbedienung mit ihrer Mehrheit legalisiert. Die Parallelen zur DDR, als sie in ihren letzten Zügen lag, sind unverkennbar. Drittens. Nicaragua erfüllt zur Zeit alle Voraussetzungen eines Least Developed Country. Angeblich verhindert die relativ hohe Alphabetisierungsrate eine derartige Einstufung. So bedeutend war die Alphabetisierungskampagne der Sandinisten aber nicht und vor allem auch nicht nachhaltig. Wir sollten nicht die Propaganda der Sandinisten glauben und das neue demokratische Nicaragua dafür büßen lassen. Die Vereinten Nationen gewähren über ihre Unterorganisationen dem Land die gleichen Konditionen wie einem LDC. Es sind auch die VN, die den LDC-Status zuteilen. Es gibt keinen Grund für uns, bei Nicaragua vom üblichen Verfahren abzuweichen. 2704* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 — Antrag betr. Aufnahme des grünen Pfeils in die Straßenverkehrsordnung — Jutta Braband (PDS/Linke Liste): Die Diskussion um den grünen Pfeil, um das Für und Wider dieser Regelung für das Rechtsabbiegen bei „Rot" an ampelgeregelten Kreuzungen in der ehemaligen DDR bewegt inzwischen seit Monaten Bürgerinnen und Bürger vor allem in den neuen Bundesländern. Sie schließt den Streit verantwortlicher Politiker, Stellungnahmen von Verkehrsverbänden und Verkehrsexperten ein. Es wurden regelrechte Kopfstände vollführt, der Pfeil demontiert und wieder montiert. Die letztlich getroffene Kompromißlösung, die Rechtsabbiegeregelung in den neuen Bundesländern bis zum 31. Dezember 1991 beizubehalten, sollte sicher auch den wachsenden Unmut von Bürgern der ehemaligen DDR dämpfen. Die ja damit eingeschlossene Liquidierung dieser nützlichen Verkehrsregelung zum Jahresende sehen viele Menschen in den neuen Bundesländern als Bestandteil einer Politik, nach der alles, was nicht in eingefahrene Gleise der Alt-BRD paßt, auch nichts in der Gesetzgebung zu suchen hat. Mit unserem Antrag zur Änderung der Straßenverkehrsordnung hinsichtlich der Übernahme des grünen Pfeils soll Bewährtes als eine vernünftige Regelung in ganz Deutschland gesetzt werden. Wenn ich entsprechende Meldungen richtig deute, steht ja auch der Bundesverkehrsminister Günther Krause mit seinen Erfahrungen als Verkehrsteilnehmer in der ehemaligen DDR dieser Regelung aufgeschlossen gegenüber. Wortmeldungen des Berliner Senators Elmar Pieroth verdeutlichen, daß er auch ohne diese Erfahrungen für den Pfeil im deutschen Straßenverkehr ist. Mit unserem Antrag plädieren wir für Vernunft, für die Verbesserung des Verkehrsflusses für Fußgänger, Radfahrer und Kraftfahrer an Kreuzungen. Die Entscheidung, welche größeren ampelgeregelten Kreuzungen mit dem Abbiegepfeil für Rechtsabbiegen bei „Rot" ausgerüstet werden, ist dabei eine rein kommunale Sache. Verstopfte Straßen, starke Abgasemissionen, Verkehrschaos nicht nur zu Spitzenzeiten sind bestimmend für das Bild in den Städten. Nun ist der „grüne Pfeil" nicht die Lösung — diese bedarf einer völlig neuen Verkehrspolitik — , aber ein Mittel für eine gewisse Entschärfung an stark frequentierten Kreuzungen. Unübersehbar ist, die in den neuen Bundesländern anstehenden Verkehrsprobleme wurden und werden durch die Demontage der grünen Pfeile an den Ampeln der Kreuzungen für das Rechtsabbiegen bei „Rot" zusätzlich verschärft. Der grüne Pfeil war wesentliches Element des fließenden Verkehrs in den Kreuzungsbereichen. Seine ersatzlose Demontage im Rahmen der Straßenverkehrsordnung der alten Bundesländer führt zum Anwachsen und Entstehen von neuen Staus und belastet dadurch die Luft in den Städten zusätzlich. Was das Argument zur Verringerung der Verkehrssicherheit für Fußgänger durch die Möglichkeit des Rechtsabbiegens bei „Rot" betrifft, so war in der früheren DDR nach Einführung dieses Pfeils keine Unfallzunahme — aus ebendiesen Gründen — zu verzeichnen. Alle sachlichen Gründe sprechen für die Aufnahme des „grünen Pfeils" in die Straßenverkehrsordnung der BRD. Dagegen spricht nur die Nichtakzeptanz der Übernahme früheren DDR-Rechts in die Gesetze der BRD. Eduard Oswald (CDU/CSU): Unser gemeinsames Ziel muß die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer auf und an unseren Straßen sein. Ohne jetzt Pro und Kontra zu beleuchten, muß man objektiv feststellen: Ein sachgerechter Abbau der Grünpfeile und eine Umstellung auf die nach der Straßenverkehrsordnung zulässigen Möglichkeiten — wie grüner Lichtpfeil oder gesonderte Abbiegespur mit negativen Vorfahrtszeichen — wird bis zum Ablauf der vorgesehenen Übergangsfrist nicht möglich sein. Es ist deshalb eine Verlängerung dieser Frist durch eine neue Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung anzustreben. Es ist keine Frage, daß es Kreuzungsbereiche gibt, in denen es im Interesse der Leistungsfähigkeit der Kreuzung und damit der Verbesserung des Verkehrsflusses dem Kraftfahrzeugverkehr ermöglicht werden muß, nach rechts abbiegen zu dürfen, wenn dem Geradeaus- oder dem Linksabbiegeverkehr die Weiterfahrt durch Rotlicht einer Lichtzeichenanlage untersagt ist. Dies gilt ganz sicher gleichermaßen für die neuen wie für die alten Bundesländer. Ich will jetzt nicht auf die Entstehungsgeschichte der Grünen-Pfeil-Regelung eingehen. Das entscheidende Argument für die Beibehaltung und Einführung einer solchen Regelung ist der Verkehrsfluß. Die Frage wird sein, ob die für den Verkehrsfluß positive Wirkung des Grün-Pfeils die mit dem wachsenden Verkehr auftretenden Verkehrsprobleme lösen kann. Ich glaube, gerade in den Kreuzungsbereichen, besonders in den größeren Städten, wird man den starken Verkehrszuwächsen nur mit der Nutzung der Möglichkeiten der modernen Lichtsignaltechnik und einer entsprechenden Ampelschaltung gerecht werden können. Auch wenn ich das Thema jetzt problematisiere, bin ich der Meinung, daß eine endgültige Entscheidung zur Aufnahme oder Nichtaufnahme des Grünen Pfeils in die Straßenverkehrsordnung erst dann getroffen werden kann, wenn uns eindeutige Analysen auf der Basis der Verkehrskonflikttechnik vorliegen. Ich kann nur begrüßen, daß der Bundesminister für Verkehr die Bundesanstalt für das Straßenwesen — und hier die Außenstelle Berlin — beauftragt hat, gemeinsam mit der Hochschule für Verkehr in Dresden ein Gutachten zu erstellen. Wir werden dann im Herbst im Verkehrsausschuß auf der Grundlage dieser Ergebnisse Vor- und Nachteile der Grünen-Pfeil-Regelung abzuwägen haben. Dabei gelten drei entscheidende Punkte: 1. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer, 2. die Leistungsfähigkeit lichtsignalgesteuerter Knotenpunkte, Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2705* 3. die Auswirkung auf den Verkehrsablauf, auf Emission und weitere Probleme auf der Basis der Verkehrskonflikttechnik. Wir werden dann auch sehr sorgfältig die Auswirkungen auf alle Verkehrsteilnehmer zu überprüfen haben, auf den Fußgänger ebenso wie auf den Radfahrer. Denn der Schutz des schwächeren Verkehrsteilnehmers, unserer Kinder, der älteren Menschen, muß sehr sensibel diskutiert werden. Es ist keine Frage, daß durch den zunehmenden Verkehr sich die Probleme für den Fußgänger verstärken. Ich will jetzt nicht die Frage prüfen, ob der Abbau der Grünpfeile in erster Linie ursächlich für Verkehrsstauungen in einzelnen Städten ist. Es muß geprüft werden, ob die bisherigen Ampelschaltungen den starken Verkehrszuwächsen nicht mehr gewachsen sind. Abhilfe kann insoweit nur die verkehrsgerechte Umstellung der Ampel schaffen. Bei diesen nun anstehenden Untersuchungen bitte ich, auch die Ergebnisse aus den USA mit einzubeziehen, wo eine Regelung das Abbiegen, besser: Einbiegen, bei Rot gestattet. Ferner ist sicher zu überprüfen, inwieweit die Grüne-Pfeil-Regelung mit dem „Wiener-Übereinkommen über die Verkehrszeichen" vereinbar ist. Wir müssen die Frage einer einheitlichen europäischen Regelung ebenfalls im Auge behalten. Wir sind europäisches Durchgangsland, und es muß überprüft werden, was es bedeutet, wenn Verkehr aus dem Ausland, wo die Grüne-Pfeil-Regelung nicht praktiziert wird, hinzukommt. Wenn ich jetzt bei der Beurteilung des Antrags kritische Fragen formuliert habe, so ist dies keine abschließende Bewertung. Wichtig scheint mir auch zu sein, daß die Mittel des kommunalen Straßenbaus, die ja erheblich verstärkt wurden, auch dafür verwendet werden, einen zügigen Umbau der Straßenkreuzungen vorzunehmen, wo die Verkehrssicherheit dies erfordert, um Verkehrsfluß und Sicherheit gleichermaßen zu verbessern. Nehmen wir uns nach Vorliegen der Gutachten für eine objektive Beurteilung auch aller internationalen und rechtlichen Fragen dann die Zeit, dieses Thema im Verkehrsausschuß eingehend zu erörtern! Dr. Dietmar Matterne (SPD): Die DDR gibt es nicht mehr, und mit ihr sind viele Symbole und Zeichen vergangen. Hammer und Sichel sind unter Mitwirkung und Beifall des Volkes entfernt worden. Anders sieht es mit dem unscheinbaren kleinen grünen Pfeil aus, einem verkehrsorganisatorischen Hinweis, bewährt und voll akzeptiert im Alltag der Autofahrer des Ostens. Sein Verschwinden wird sehr bedauert. Die Entscheidung für und wider diese Regelung hat sich zum Politikum mit Symbolcharakter entwickelt. Wir wollten im Osten die Einigung, das Grundgesetz, eine demokratische Staatsordnung. Wir wollten dies allerdings nicht durch einseitiges konsequentes Überstülpen der westdeutschen Ordnung; das wenige Brauchbare sollte sorgfältig geprüft werden, ob es nicht auch für das geeinigte Deutschland geeignet ist! Die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung sollen darauf hinzielen, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. 11 000 Verkehrstote im Jahr mahnen dies dringend an. In Ostdeutschland ist die Zahl der Verkehrstoten im vergangenen Jahr um 80 % (!) gestiegen. Wesentlich dazu beigetragen haben Aggressionen im dichten Straßenverkehr. Dem muß durch bessere Regelungen entgegengetreten werden. Neben dem Problem der Verkehrssicherheit stellt sich zudem die Frage, inwieweit die Umweltbeeinträchtigung — Lärm und Kraftstoffverbrauch — gemindert werden können. Die übliche Reihenfolge bei der Einführung neuer Regelungen ist: 1. die gutachtliche Bewertung der geplanten Maßnahme; 2. die experimentelle Phase, in der Regel durch einen Großfeldversuch. Mit dem grünen Pfeil ist es nun umgekehrt. Der Großfeldversuch hat — als geltendes Straßenverkehrsrecht der DDR — jahrelang stattgefunden. Das von Bundesverkehrsminister Krause in Auftrag gegebene Gutachten wird mit Optimismus erwartet. Entsprechend der Verkehrsbelastung sind für Kreuzungen unterschiedliche Maßnahmen erforderlich; an einfachen, übersichtlichen Straßenschnittpunkten genügen Verkehrszeichen, an komplizierten sind aufwendige Ampelanlagen u. a. erforderlich. Möglich ist, daß der grüne Pfeil im mittleren Bereich eine Lücke schließen und mit zu einem reibungslosen Verkehrsablauf beitragen kann. Sehr gut vorstellen könnte ich mir dies z. B. für den Bereich des Bundestags in Bonn. Die SPD-Fraktion wird sich abschließend erst nach Vorlage des genannten Gutachtens äußern und schlägt Überweisung vor. Dr. Klaus Röhl (FDP): Es entbehrt nicht einer gewissen Delikatesse, nicht einer besonderen Ironie, daß gerade die Gruppe PDS/Linke Liste beantragt, daß man bei einem roten Sperrsignal, komplettiert durch einen grünen Pfeil, nach rechts abbiegen darf. — Dies nur zur Aufmunterung in dieser späten Stunde. Der grüne Pfeil an der Verkehrsampel ist eines der wenigen, von der verflossenen DDR auf uns überkommenen Dinge, über deren weitere Existenz sich nachzudenken lohnt. Seine Funktion, seine Wirkungsweise vor Ort ist hinreichend bekannt. Trotzdem möchte ich in diesem Zusammenhang auf zwei wichtige Fakten hinweisen, die in der Regel nicht auffallen, daher nicht beachtet werden, aber in der Praxis wichtig sind. 1. In gleicher Fahrtrichtung geradeausfahrende Radfahrer werden durch die Rechtsabbieger nicht gefährdet, denn sie müssen ja bei Ampel „rot" stehenbleiben. 2. In gleicher Richtung geradeauslaufende Fußgänger werden durch den Rechtsabbiegerverkehr ebenfalls nicht gefährdet, denn auch für sie gilt das Signal Ampel „rot" , also müssen auch sie stehenbleiben. Allen anderen Verkehrsteilnehmern in der grünen freigegebenen Richtung ist der Vorbeimarsch oder die Vorfahrt zu gewähren. Der große Nutzen dieses kleinen Ampelaccessoires für den Verkehr liegt in der Tatsache, daß es zügiges 2706* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Kreuzungsräumen ermöglicht, damit den Rückstau erheblich vermindert, und daß es ausgesprochen preiswert ist und aufwendige Ampelausstattung erspart. Natürlich sollte es, wie bei allen preiswerten Accessoires, nur an solchen Stellen zur Anwendung gelangen, wo seine Regelwirkung gut ist, wo es nicht überfordert wird, kurz, wo es nützlich ist. Solche Stellen sind aber in unseren Straßen in überreichlicher Zahl vorhanden. Seine Anwendung hat sich in den jetzigen, nun neuen Bundesländern seit vielen Jahren bewährt. Mehr noch in einem unbeabsichtigten, aber beeindruckenden mehrwöchigen Feldversuch hat der ehemalige Berliner Verkehrssenator Wagner bewiesen, daß mit dem Entfernen dieses kleinen Helfers sich hervorragend kilometerlange Staus mit dem zugehörigen Verkehrschaos und Belastungen für die Menschen hervorrufen lassen. Das hatte die Wirkung, daß der konkurrierende Bausenator und der nachfolgende Verkehrssenator die kleinen Pfeile wieder anmontieren ließen, wofür ihnen die Berliner noch heute, trotz der doppelten Kosten, dankbar sind. Der Landtag von Sachsen hat übrigens beschlossen, die grünen Pfeile erhalten zu wollen. Noch ein Hinweis: In den USA kommt man sogar bei gleicher Verfahrensweise an den Ampeln ohne grüne Pfeile aus, aber vielleicht ist dort grün nicht besonders populär. Wie ist nun heute die Sachlage bei uns? Der Herr Verkehrsminister hat sich, in diesem Falle in dankenswerter Weise, schon öffentlich positiv für dieses Verkehrszeichen ausgesprochen. In den neuen Bundesländern bleibt dieser Pfeil vorerst, d. h. bis Ende 1991 erhalten. Eine Verlängerung dieser Frist ist vorgesehen. Seine Einführung in den alten Bundesländern wird erwogen, insbesondere da sich herausgestellt hat, daß entgegen früheren Aussagen die Wiener Konvention dieses Verkehrszeichen zuläßt, es also nicht ausdrücklich verbietet. Zur Zeit wird durch das Bundesamt für Straßenwesen zusammen mit der Hochschule für Verkehr in Dresden ein Gutachten zur Anwendbarkeit des grünen Pfeils erarbeitet. Dieses Gutachten, das für Juli 1991 avisiert ist, sollte abgewartet werden. Wir empfehlen daher, den vorliegenden Antrag zur weiteren Bearbeitung an den Verkehrsausschuß und natürlich auch an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Noch ein Wort zum Abschluß. Wir haben hier mit diesem kleinen Verkehrsregelzeichen ein besonders gutes Beispiel, wie man eine Regelungsangelegenheit vertrauensvoll in die Hände der verantwortungsbewußten Bürger legen kann, und das mit bewiesenem Erfolg. Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Die Grün-Pfeil-Regelung wurde 1977 in die Straßenverkehrs-Ordnung der damaligen DDR aufgenommen; zuvor war das Rechtsabbiegen bei Rot generell erlaubt. In der Begründung zur GrünPfeil-Regelung heißt es: ,,... in Übereinstimmung mit der Wiener Konvention wurde das Rechtsabbiegen bei Rot verboten, in Ausnahmefällen soll diese an sich bewährte Form des nichtkonfliktfreien Rechtsabbiegens jedoch noch zugelassen werden, ..." In der Praxis wurde dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis jedoch umgekehrt, der grüne Pfeil wurde an 70 bis 80 % der Kreuzungen in der bisherigen DDR installiert. Die Bundesregierung hat auf Probleme beim Abbau des grünen Pfeils rasch reagiert. Der Abbau des grünen Pfeils brachte spürbare Behinderungen im Verkehrsfluß in den neuen Ländern. Daher hat das Bundesverkehrsministerium bereits Ende 1990 mit einer Übergangsregelung (3. Ausnahmeverordnung zur Straßenverkehrsordnung vom 11. Dezember 1990) die weitere Verwendung des grünen Pfeils in den neuen Ländern bis zum 31. Dezember 1991 zugelassen. Der Bundesregierung ist bekannt, daß ein sachgerechter Abbau der Grünpfeile und eine Umstellung auf die nach der Straßenverkehrs-Ordnung zulässigen Möglichkeiten — wie grüner Lichtpfeil oder gesonderte Abbiegespur mit negativem Vorfahrtszeichen — bis zum Ablauf dieser Übergangsfrist nicht möglich sein wird. Wir streben daher eine Verlängerung der Übergangsfrist durch eine neue Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung an. Insofern dürften die in dem Antrag zum Ausdruck gebrachten Bedenken gegen einen sofortigen Abbau des grünen Pfeils ausgeräumt sein. Zur weiteren Zukunft der Grün-Pfeil-Regelung: Um in der Zukunft eine endgültige Entscheidung zur Aufnahme/Nichtaufnahme des grünen Pfeils in die Straßenverkehrs-Ordnung treffen zu können, hat der Bundesminister für Verkehr die Bundesanstalt für Straßenwesen (Außenstelle Berlin) beauftragt, gemeinsam mit der Hochschule für Verkehr in Dresden eine Analyse auf der Basis der Verkehrskonflikttechnik zu erstellen. Die Vorlage des Gutachtens wird für Juli dieses Jahres erwartet. Dann wird zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls wie die Regelung über den grünen Pfeil umgesetzt werden kann. Hierbei wird auch eine Rolle spielen, inwieweit eine solche Regelung mit dem Wiener Übereinkommen über Straßenverkehrszeichen vereinbar ist. Die in Aussicht stehende weitere Verlängerung der Übergangsfrist für die Grün-Pfeil-Regelung wird es nicht zu akuten Problemen kommen lassen und bietet genügend Zeit auch für bauliche Veränderungen im Kreuzungsbereich; über die Zukunft der Grün-PfeilRegelung und deren eventuelle Übernahme in die Straßenverkehrs-Ordnung kann somit in Ruhe entschieden werden. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 — Erste Beratung zum Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1991 — Johannes Gerster (Mainz) (CDU/CSU): Der Ihnen vorliegende Entwurf des Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 1991 setzt die erfolgreiche Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2707* Dienstrechtspolitik der Koalitionsfraktionen fort. Diese Politik bleibt auf absehbare Zeit von zwei Zielen bestimmt, die wir gleichzeitig anstreben: Erstens. In den neuen Bundesländern ist eine rechtsstaatliche, effiziente Verwaltung aufzubauen, und zwar so schnell wie möglich. Zweitens. In den alten Bundesländern müssen wir eine bewährte, leistungsfähige Verwaltung auch in Konkurrenz zu Wirtschaft und Industrie neuen Anforderungen anpassen. Unstreitig ist inzwischen selbst für notorische Kritiker des öffentlichen Dienstes, daß eine hochentwikkelte, arbeitsteilige Volkswirtschaft ohne die Infrastrukturleistungen einer öffentlichen Verwaltung nicht erfolgreich arbeiten kann. Unstreitig ist auch, daß Wirtschaft und Industrie in den alten Bundesländern erfolgreich arbeiten — auch dank des öffentlichen Dienstes. Aber: Dieser öffentliche Dienst muß im Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs mit der im Westen auf Hochtouren laufenden Wirtschaft Schritt halten. In vielen Bereichen, besonders in technischen Verwaltungen, aber auch in der Steuerverwaltung mehren sich die Anzeichen, daß Bewerber nur noch sehr schwer zu gewinnen sind oder daß qualifizierte Beamte den öffentlichen Dienst verlassen. In Ballungsgebieten gilt dies ganz besonders. Es ist deshalb richtig, mit dem jetzt zur Beratung anstehenden Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 1991 den 6 %-Tarifabschluß für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst voll auf die aktiven und die ehemaligen Beamten zu übertragen. Daß diese Besoldungs- und Versorgungserhöhung statt zum 1. Januar 1991 zum 1. März 1991 in Kraft treten wird, ist kein Sonderopfer, sondern ein Solidarbeitrag der Beamten zu den Kosten der Angleichung der Lebensverhältnisse im vereinten Deutschland, die auch Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst aufgrund der gestiegenen Abgaben zur Arbeitslosenversicherung tragen müssen. Auch für die Versorgungsempfänger, also die Ruhestandsbeamten gilt als Zeitpunkt des Inkrafttretens der Versorgungsanpassung der 1. März 1991. Das ist, wie ich zugebe, im Vergleich zu den Rentnern nicht unproblematisch, entspricht aber dem gesetzlichen Gebot, Besoldung und Versorgung gleichzubehandeln. Meine Fraktion hat im Vorfeld der Erarbeitung des Gesetzentwurfs angeregt, für einen Ausgleich des späteren Inkrafttretens zu sorgen. Dem wurde entsprochen. Für die Versorgungsempfänger wird ab 1993 der Versorgungsanpassungszuschlag wieder eingeführt; dies stellt sicher, daß ehemalige Beamte — wie Rentner — an allen Einkommensverbesserungen der aktiven Beamten partizipieren. Sozusagen im Vorgriff werden die Versorgungsempfänger bereits 1991 eine um 0,4 % höhere Versorgung erhalten. Wir lassen die Ruhestandsbeamten nicht im Stich! Bei der Beratung des Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes werden wir prüfen, wo weitere gezielte Verbesserungen notwendig und möglich sind, damit der öffentliche Dienst in die allgemeine Wirtschaftsentwicklung einbezogen bleibt und nicht personell ausblutet. Ich denke z. B. daran, daß auch die Feuerwehrbeamten in die Regelung für die Schicht- und Wechselschichtzulage einbezogen werden. Für Beamte in technischen Verwaltungen und in der Steuerverwaltung müssen nach meiner Auffassung die Stellenplanobergrenzen verbessert werden, damit diese Verwaltungsbereiche den Abwerbungsversuchen der Wirtschaft standhalten können. Wir werden auch sorgfältig untersuchen, inwieweit die für Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst neben der linearen Gehaltssteigerung von 6 % vereinbarten Tarifregelungen auf den Besoldungsbereich übertragen wurden und inwieweit noch Ergänzungen erforderlich sind. Auf Grund der ab 1. Juli 1991 in den neuen Bundesländern geltenden 2. Besoldungsüberleitungsverordnung erhalten die Beamten dort 60 % der Besoldung in den alten Bundesländern; auch diese Beamten haben also Anteil an den Besoldungsverbesserungen. Das ist ein weiterer Schritt, die Einkommensverhältnisse im öffentlichen Dienst in den alten und den neuen Bundesländern einander anzugleichen. In diesem Zusammenhang ein Wort zum Aufbau von Verwaltung und Justiz in den neuen Bundesländern: Wenn es des Beweises bedurft hätte: Die ehemalige DDR hat mit ihrem auf Unterdrückung und Mängelverwaltung ausgerichteten Staatsapparat auf Kosten unserer Landsleute den fatalen Beweis erbracht, wie unabdingbar eine auf Recht und Gesetz verpflichtete demokratische Verwaltung für das Wohl der Bürger ist. Diese Verwaltung gilt es mit aller Entschiedenheit und schnell aufzubauen. Dafür sind — ich betone: für eine Übergangszeit — westdeutsche Fachleute erforderlich. Ich brauche das nicht näher zu begründen. Festhalten aber will ich: Die Maßnahmen der Bundesregierung und das vom Deutschen Bundestag auf Initiative der Koalitionsfraktionen beschlossene 10- Punkte-Programm greifen. Die Bereitschaft zum Wechsel in die neuen Bundesländer ist hoch; für Zwangsversetzungen bestand und besteht nach unseren derzeitigen Erfahrungen überhaupt kein Anlaß. Mehr als 10 000 Mitarbeiter aus dem Westen helfen bereits in den neuen Bundesländern beim Aufbau von Verwaltung und Justiz. Dennoch lasse ich offen, ob dies in Zukunft ausreicht. Wenn nötig, werden wir unsere Anreize weiter verbessern und verfeinern. Nach der Sommerpause werden wir eine konkrete Zwischenbilanz ziehen. Die insgesamt bis jetzt positive Entwicklung darf uns nicht den Blick auf — nach meiner Auffassung — unverzeihliches Fehlverhalten einzelner verstellen. In vielen Fällen, die mir und meinen Kollegen geschildert werden, geht die Personalvermittlung nur schleppend vonstatten, weil Behördenleiter eine Personalabgabe absichtsvoll verzögern oder gar verhindern. Dafür darf es — von begründeten Ausnahmen abgesehen — kein Verständnis geben. Jetzt ist nicht die Zeit für kleinkarierten Behördenegoismus. Helfen ist angesagt! Wir danken ausdrücklich den Beamten und Angestellten, die in den neuen Bundesländern tatkräftig helfen, im vereinten Deutschland einheitliche Lebensverhältnisse herzustellen. Noch eine Anmerkung zu der Blockade-Haltung mancher Behörden: Bevor jemand über nicht zu erledigende Arbeiten klagt, muß er prüfen, ob diese überhaupt erforderlich sind. Arbeitsverdichtung, die ich 2708* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 nicht grundsätzlich bestreiten will, kann und muß als ein Mittel zur Rationalisierung begriffen werden, als Anlaß für innerbehördliche Vorschriftenentsorgung. Zeit- und Aufgabendruck schärfen den Blick für das Wesentliche. Die Verwaltungen in den neuen Bundesländern, besonders die Gemeinden, fordere ich auf, die angebotenen Personal- und Finanzhilfen zum Verwaltungsaufbau unverzüglich anzunehmen. Die Mitarbeiter westdeutscher Verwaltungen kommen nicht, wie es die PDS zum Schutz ihrer Seilschaften darzustellen versucht, als „Besatzer" , sondern als Menschen, die aus nationaler Solidarität helfen wollen. Den offenbar unvermeidlichen Kritikern des Finanzaufwandes für die Personalhilfen hier im Westen sage ich: Diese Finanzhilfen sind keine verlorenen Kosten, sondern Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft, die wir vor allem den Menschen in den neuen Bundesländern schulden. Fritz Rudolf Körper (SPD): Unter der Drucksache 12/732 liegt uns der Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern für das Jahr 1991 vor. Dieser Gesetzentwurf ist von der Bundesregierung eingebracht worden. Er hat in erster Linie die Anpassung der Bezüge der Beamten, Richter und Soldaten sowie der Versorgungsempfänger des Bundes, der Länder und Gemeinden entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Tarifabschlusses für den Arbeitnehmerbereich des öffentlichen Dienstes vom 16. März 1991 zur Grundlage. Der Vorschlag wird gemacht, die Bezüge linear um 6 Prozent zum 1. März 1991 anzuheben. Dazu bleibt festzustellen: Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben Anspruch auf Teilnahme an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Dabei hat sich in der Vergangenheit das Verfahren bewährt, die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst auch auf den Beamtenbereich zu übertragen. Davon sollte auch in diesem Jahr keine Ausnahme gemacht werden. Dies bedeutet nach unseren Vorstellungen, daß man die Anpassung zum 1. Januar 1991 vornehmen sollte. Ich bin überzeugt, daß auch die Beamtinnen und Beamten bereit sind, ihren Beitrag zur Finanzierung der deutschen Einheit zu leisten. Eine inhaltliche Abkoppelung der Beamtenbesoldung vom Tarifergebnis ist aber nicht der richtige Weg, dies zu gewährleisten. Eine gerechte Verteilung der Lasten kann nur über Steuern und die Einführung einer Arbeitsmarktabgabe erreicht werden. Wie fragwürdig das von der Bundesregierung vorgeschlagene Verfahren ist, wird insbesondere im Versorgungsbereich deutlich. Die Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge und die entsprechende Belastung der aktiven Beamten haben gleichzeitig Auswirkungen auf die Versorgungsempfänger. Diesen wird damit wie den aktiven Beschäftigten ein Opfer zugemutet, ohne danach zu fragen, ob sie es in gleicher Weise wie die aktiven Beschäftigten verkraften können. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion bleiben dabei: Die Arbeitsmarktabgabe für alle — ich betone: für alle — Erwerbstätigen wäre die bessere, gerechtere Lösung. Die SPD-Bundestagsfraktion hat wiederholt die Bundesregierung dazu aufgefordert, eine Arbeitsmarktabgabe zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit einzuführen. Die Beratung zu diesem Gesetzentwurf wäre eine gute Gelegenheit, unsere Vorschläge von seiten der Bundesregierung noch einmal neu zu überdenken. Auch müssen die Strukturverbesserungen des Tarifbereiches auf den Beamtenbereich übertragen werden. Dies gilt u. a. für die Zulagenregelung bei Schicht- und Wechselschicht. Benachteiligt werden offensichtlich nach diesem Entwurf beispielsweise Feuerwehrbeamte, da ihnen die Zulage vorenthalten wird, Polizeibeamte, Justizvollzugsbeamte sowie Beamte der Krankenpflege, da ihnen die Zulage nur zur Hälfte zugestanden wird. Die Zulagenregelung wird den Schichtsystemen, insbesondere bei Bahn, Post und Polizei, offensichtlich nicht gerecht. Bei den Fragen nach diesen Strukturverbesserungen sollte der Bund eine enge Absprache mit den betroffenen Ländern und Gemeinden pflegen. Wir müssen in den parlamentarischen Beratungen, insbesondere im Innenausschuß, diesen Komplex sorgfältig prüfen und uns auch dabei mit den gewerkschaftlichen Vorschlägen auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang sei mir eine Anmerkung zum Beteiligungsrecht der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen bei der Vorbereitung beamtenrechtlicher Vorhaben erlaubt. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion sind der Auffassung, daß dieses Beteiligungsverfahren bei den parlamentarischen und Regierungsentscheidungen im Sinne einer größeren Einflußmöglichkeit der Gewerkschaften verändert werden sollte. Die Praxis des gegenwärtigen Beteiligungsverfahrens bei der Erarbeitung von Entwürfen der Bundesregierung, bei der häufig nicht einmal die Mindestfrist für Stellungnahmen eingehalten wird, gibt jedenfalls Anlaß zur Kritik und muß grundsätzlich verbessert werden. Es ist schon bedenklich, wenn uns berichtet wird, daß nunmehr der 23. Fall in Folge vorliegt, in dem der Bundesminister des Innern seit Sommer 1989 das gesetzlich zwingend vorgeschriebene Beteiligungsverfahren der gewerkschaftlichen Spitzenorganisation mißachtet hat. Nach den mir vorliegenden Informationen hat es seit Amtsantritt des amtierenden Bundesinnenministers kein Beteiligungsverfahren von Relevanz mehr gegeben, bei dem die von mir schon angesprochene Mindestfrist von sechs Wochen zur Abgabe von Stellungnahmen eingehalten wurde. Auch diesen Problemkreis wollen wir bei den anstehenden Ausschußberatungen ansprechen. Darüber hinaus wird unsererseits sorgfältig geprüft werden, wie die Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich übertragen werden. Es geht selbstverständlich nicht an, daß mit besoldungsrechtlichen Regelungen in die Tarifautonomie eingegriffen wird. Aus diesem Blickwinkel werden wir den Gesetzentwurf sorgfältig prüfen und bei Verstößen gegen den Grundsatz nachdrücklich Korrekturen vorschlagen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2709* Bei strukturellen Verbesserungen im Besoldungs- und Versorgungsrecht fehlt es nach unserer Auffassung seit langem an einem Gesamtkonzept. Der von der Bundesregierung in der vergangenen Wahlperiode vorgelegte Bericht zur strukturellen Entwicklung des öffentlichen Dienstrechtes verdient diesen Namen eigentlich nicht. Er beschränkt sich auf einige punktuelle Maßnahmen und klammert wesentliche Probleme aus. Selbstverständlich muß anerkannt werden, daß im Augenblick zweifellos der Aufbau leistungsfähiger öffentlicher Verwaltungen in den neuen Bundesländern und in den Gemeinden stark im Vordergrund steht. Dies kann aber wiederum nicht bedeuten, daß wir die notwendige sachgerechte Fortentwicklung der Strukturen des öffentlichen Dienstes in den alten Ländern vernachlässigen dürfen. Beide Aufgaben — die Entwicklung des öffentlichen Dienstes in Ost und West — müssen im Zusammenhang gesehen werden. Deshalb erscheint es mir sinnvoll, daß die Bundesregierung in einem Bericht die gegenwärtige Situation des öffentlichen Dienstes einmal umfassend darstellt. Darüber hinaus muß der Strukturbericht mit Vorschlägen zur Fortentwicklung des öffentlichen Dienstrechtes in dieser Wahlperiode fortgeschrieben werden. Nach unserer Auffassung muß das Bezahlungs- und Laufbahnrecht im Rahmen eines Gesamtkonzeptes anforderungs- und funktionsgerechter ausgestaltet und die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes im Vergleich zur Wirtschaft, die heute vielfach nicht mehr gewährleistet ist, hergestellt werden. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einmal das Stichwort Wettbewerbsfähigkeit aufgreifen und ein Problem ansprechen, was offensichtlich einen dringenden Handlungsbedarf aufzeigt. In den sogenannten Ballungsräumen scheint es immer schwieriger zu werden, Bedienstete für den öffentlichen Dienst zu bekommen und damit auch dem Sicherstellungsauftrag gerecht zu werden. Die öffentliche Seite ist zunehmend in Gefahr, ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in den von mir angesprochenen Ballungsräumen, zu verlieren. Ich bin mir darüber im klaren, daß eine Schwierigkeit darin liegt, den Begriff Ballungsraum korrekt und eingrenzend zu definieren. Allerdings denke ich, sollten wir trotzdem vor diesen Herausforderungen nicht die Augen verschließen und uns gemeinsam bemühen, in diesem Bereich Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Selbstverständlich kann dies nicht ungeachtet der Tatsache geschehen, daß hier insbesondere mit den betroffenen Ländern und Gemeinden eine Absprache gefunden werden muß, zumal damit ein erheblicher finanzieller Aufwand auch für sie verbunden wäre. Wir sollten den öffentlichen Dienst als Dienst für den Bürger durch den Bürger künftig stärker im öffentlichen Bewußtsein verankern. Wie gerade ein Blick in die neuen Länder zeigt, hängen der Wohlstand der Bürger und die Qualität ihres Lebens heute ebenso von Gemeinschaftseinrichtungen ab wie von privaten Einkommen und Konsum. Nicht ein anonymer Staat hat Bedürfnisse, sondern die Bürgerinnen und Bürger. Sie und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst können erwarten, daß sich Regierungen und politische Parteien zu ihrer Verantwortung für den öffentlichen Dienst bekennen. Viele Beschäftigte des öffentlichen Dienstes tun oftmals mehr als ihre Pflicht. Der öffentliche Dienst sollte nicht zum Prügelknaben der Nation gemacht werden. Den Beschäftigten gebührt unser Dank. Mehr noch: sie können erwarten, daß wir uns um ihre Probleme kümmern. Das wollen wir auch bei den Beratungen des anstehenden Gesetzentwurfes tun. Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Mit dem Entwurf des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1991 legt die Bundesregierung dem Hohen Haus die notwendigen und angemessenen Maßnahmen zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge in Bund und Ländern vor. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung übernimmt für die Beamten, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger das Ergebnis der Tarifverhandlungen vom 16. März 1991 mit demselben Erhöhungssatz von 6 v. H. Neben den auch bisher in die Linearanpassung einbezogenen Bezügebestandteilen sind diesmal, den Absichtserklärungen auch dieses Hauses entsprechend, bestimmte Stellenzulagen mit erhöht worden. Ich nenne insbesondere die allgemeine Stellenzulage, die Polizei- und Feuerwehrzulage sowie die Sicherheitszulagen. Die vorgeschlagene Anhebung um 6 % kann sich — auch im Verhältnis zur gewerblichen Wirtschaft — durchaus sehen lassen. Sie ist angesichts der Gesamtentwicklung als solide und befriedigend anzusehen. Gemessen an der zu erwartenden Preissteigerungsrate ergibt sich für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ein deutlicher realer Einkommenszuwachs. Der öffentliche Dienst hält damit Anschluß an die positive allgemeine Entwicklung und wird nicht abgekoppelt. Die Linearanpassung berücksichtigt aber auch gleichzeitig die Situation der öffentlichen Haushalte besonders mit Blick auf den Wiederaufbau in den neuen Bundesländern. Nach dem Gesetzentwurf treten die Erhöhungen für Beamte, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger zwei Monate später, als es der Tarifabschluß für Arbeiter und Angestellte vorsieht, in Kraft, also nicht zum 1. Januar 1991, sondern zum 1. März 1991. Dieser Einsparungsbeitrag berücksichtigt, daß Arbeiter und Angestellte mit ähnlicher Wirkung durch die Veränderungen der Beitragssätze zur Sozialversicherung betroffen sind. Mit der zweimonatigen Verschiebung der Anpassung wird der Handlungsspielraum der öffentlichen Haushalte um weit mehr als 1 Milliarde DM erweitert. Beamte, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger leisten damit einen eigenständigen Beitrag für den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Bundesländern. Dies wird in den nächsten Jahren zu berücksichtigen sein. Mit dieser Lösung bleibt das bisherige Verhältnis der aktiven Nettoeinkommen im Besoldungs- und Tarifbereich grundsätzlich unverändert; Beamte und Arbeitnehmer werden also nicht auseinanderdividiert. Dadurch, daß Beamte bei den Nettozuwächsen nicht schlechter und nicht besser als Angestellte und Arbei- 2710* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 ter im öffentlichen Dienst gestellt werden, bleibt der Gleichklang zwischen Tarif und Besoldung gewahrt; das ist wichtig für die Einheit des öffentlichen Dienstes. Dies ist verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Besoldungspolitik. Die Bundesregierung wird auch weiterhin auf Ausgewogenheit und Gerechtigkeit der Verbesserungen und Belastungen im öffentlichen Dienst und im Verhältnis zur gewerblichen Wirtschaft achten. Weil die Bundesregierung diese Verpflichtung besonders ernst nimmt, enthält der Gesetzentwurf Vorschriften über die Beteiligung der Versorgungsempfänger an strukturellen Veränderungen im Besoldungsbereich durch einen pauschalierenden Anpassungszuschlag. Hiernach werden die Versorgungsempfänger ab 1. Januar 1993 an den strukturellen Maßnahmen im Besoldungsbereich dadurch beteiligt, daß ihnen solche Veränderungen in Form eines durchschnittlichen Vomhundertsatzes zeitversetzt zu den den Versorgungsbezügen zugrunde liegenden ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gewährt werden. Als Vorwegmaßnahme ist ein Strukturausgleich von 0,4 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge ab 1. März 1991 vorgesehen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Streichung der Wiedereinführung des Anpassungszuschlags für Versorgungsempfänger lehnt die Bundesregierung ab. Die Bundesregierung hält an ihrem Grundsatz fest, keine Sonderopfer von einzelnen Gruppen zu verlangen. Was für den Aktivbereich Geltung hat, muß ebenso für Versorgungsempfänger gelten. Der Gleichklang zwischen aktiven Beamten und Versorgungsempfängern bei der Bezügeentwicklung muß gewahrt bleiben. Neben den Regelungen zur Linearanpassung sieht der Gesetzentwurf eine möglichst gleichwertige Übertragung der im Tarifbereich vereinbarten strukturellen Verbesserungen vor. Dies sind vor allem Regelungen über die Verbesserung der Beförderungsmöglichkeiten für Beamte des einfachen Dienstes durch Erweiterung des höchstzulässigen Anteils der Planstellen im Spitzenamt A 5 plus Amtszulage, ferner Bezahlungsverbesserungen für Beamte des mittleren technischen und gehobenen technischen Dienstes durch Festsetzung günstigerer Stellenobergrenzen, Ermächtigung zur Schaffung günstigerer Stellen und damit Beförderungsverhältnisse für beamtete Sozialarbeiter und Sozialpädagogen sowie die Einführung allgemeiner Wechselschichtzulagen und Schichtzulagen. Den hierzu vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen, die sehr unterschiedliche Einzel- und Detailfragen betreffen, hat die Bundesregierung meist zugestimmt, im übrigen Prüfung im weiteren Verfahren zugesagt. Damit ist eine zügige Beratung und Verabschiedung des Gesetzentwurfs nach der Sommerpause möglich. Manfred Richter (Bremerhaven) (FDP): Bei diesem Gesetzentwurf geht es uns nicht anders als bei vielen anderen vergleichbaren Besoldungsmaßnahmen für den öffentlichen Dienst: Den einen ist es zuwenig, den anderen ist es zuviel. Den Letztgenannten will ich folgendes sagen: Wer einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst haben will, muß ihn auch anständig, daß heißt leistungsgerecht, bezahlen. Dabei kann es keinen Unterschied geben zwischen Angestellten, Arbeitern oder Beamten. Ich kann diejenigen, die da meinen, der öffentliche Dienst könne vorübergehend oder noch am besten auf Dauer mit geringeren Steigerungsraten in der Einkommensentwicklung als sonst in der Bundesrepublik Deutschland auskommen, nur nachdrücklich warnen: Wir haben in den verschiedensten Bereichen, besonders in den technischen Laufbahnen, Nachwuchsgewinnungsprobleme spürbarer und zum Teil schon beklemmender Art. Nachwuchssorgen macht uns mittlerweile auch schon der nichttechnische Dienst; auch dort dürfen keine Qualitätseinbußen hingenommen werden. Was den üblichen Hinweis auf die sogenannten Beamtenprivilegien anbetrifft, gilt nach wie vor zweierlei: Erstens gibt es diese Beamtenprivilegien nicht, sondern es gibt nur ein ausgewogenes besonderes TreueLoyalitäts- und Pflichtenverhältnis. Zweitens können diese Besonderheiten gegen eine vernünftige Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung nicht gegengerechnet werden. Sonst wäre die notwendige Schlußfolgerung, Beamte hätten ihre besonderen Pflichten, eine zusätzliche Alimentation durch Gehalt brauchten sie eigentlich gar nicht. Zum Gesetzentwurf selber. Wir stimmen mit der Bundesregierung darin überein, wie für den Tarifbereich des öffentlichen Dienstes vereinbart auch die Beamtengehälter um linear 6 % zu erhöhen. Wir stimmen mit der Bundesregierung ferner darin überein, die Strukturtarifverträge, die im Vorfeld der Besoldungsrunde 1991 ausgehandelt worden sind, in gleicher Weise, soweit das irgend geht, auf den Beamtenbereich zu übertragen. Seit Jahren setzt sich die FDP für das nahtlose Übertragen der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst auf die Beamtenschaft ein. Für diesen Gleichklang von Tarif und Besoldung kann es keinen Unterschied machen, ob es sich um lineare Anpassung oder um Strukturverbesserungen handelt. Ich weiß, daß an dieser Stelle in diesem Jahr die Argumentation brüchig ist, weil — anders als die lineare Erhöhung bei Angestellten und Arbeitnehmern — wir die lineare Erhöhung der Besoldung der Beamten erst zum 1. März 1991 wollen. Diese zeitliche Verschiebung des Inkrafttretens hat nichts mit einer Hilfe für den Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern zu tun. Aus unserer Sicht ist die zeitliche Verschiebung begründet, weil Bund, Länder und Gemeinden durch die deutsche Einheit bereits mit erheblichen Haushaltsproblemen zu kämpfen haben. Das ist der Grund für die Besoldungsverschiebung. Die Auswirkungen der zeitlichen Verschiebungen der Beamtenbesoldung sind, prozentual gesehen, höher als die Belastungen der Arbeitnehmereinkommen im Tarifbereich durch die Veränderungen der Beitragssätze in den gesetzlichen Sozialversicherungen. Aber das ist kein Grund, in irgendeiner Weise die Verschiebung der Anpassung der Beamtenbesoldung Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2711* und Versorgung um zwei Monate mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts in den neuen Bundesländern zu rechtfertigen. Was die Versorgungsempfänger anbetrifft, wird sichergestellt werden, daß sie bei der diesjährigen Besoldungs- und Versorgungsanpassung nicht wie in den vergangenen Jahren leer ausgehen. Eine der denkbaren Möglichkeiten wäre gewesen — wofür ich mich öffentlich eingesetzt hatte — , sie von der allgemeinen Verschiebung der Anpassung um zwei Monate auszunehmen. Der jetzt von der Bundesregierung gemachte Vorschlag der Wiedereinführung des Versorgungsanpassungszuschlages hätte uns allein nicht ausgereicht, weil er erst 1993 wirksam geworden wäre. Mit der Vorabgewährung eines Anpassungszuschlages von 0,4 % bereits in diesem Jahr wegen der Strukturverbesserungen des Jahres 1990 läßt sich möglicherweise auskommen. Insgesamt ist die Wiedereinführung des Versorgungsanpassungszuschlages — in welcher Form auch immer — zu begrüßen. Grob gesagt handelt es sich um die Rentenformel im Versorgungsrecht. Der Anpassungszuschlag stellt sicher, daß die Pensionäre, wenn sie einmal aus dem aktiven Beamtenleben ausgeschieden sind, und ihre Familien nicht auf ihrer Versorgung sitzenbleiben und von der übrigen Sozialentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland abgekoppelt sind. Auch wenn der Anpassungszuschlag in Mark und Pfennig in diesem Jahr weniger sein sollte, als wenn die Versorgung schon zum 1. Januar erhöht würde — auf Dauer gesehen ist der Versorgungsanpassungszuschlag vernünftiger, weil gerechter und sozialorientiert. Was den weiteren Beratungsgang anbetrifft, bekunde ich hier den festen Willen der FDP-Fraktion, die bisherigen Vorschläge der Bundesregierung zu überprüfen und gegebenenfalls dort, wo es nötig ist, mit zusätzlichen strukturellen Maßnahmen anzureichern. Das beginnt mit dem Problemfeld, daß bislang die Übertragung der Strukturtarifverträge im vollen Umfang auf die Beamtenbesoldung noch nicht gelungen ist. Das setzt sich fort über die Lösung bei verschiedenen mittlerweile aufgekommenen Strukturfragen bei den Zulagen, insbesondere bei den durch den Tarif vorgegebenen Wechselschichtdienstzulagen. Ich könnte eine ganze Menge weiterer Stichworte aufzählen, beginnend beispielsweise bei Einzelheiten der Verbesserungen für den gehobenen technischen Dienst, bei Überlegungen für die Ausweitung des Spitzenamtes A 13 plus Zulage im gehobenen Dienst. Ich möchte mir das ersparen. Das sind Dinge für die Einzelberatungen, die wir unmittelbar nach der Sommerpause aufnehmen werden. Wir haben eine interessante Entwicklung beobachtet bei den Beratungen im Bundesrat. Dort war plötzlich das Problem aufgetaucht, daß manche der tariflichen Fortschritte in dem Spezialbereich der gesetzlichen Krankenkassen unterlaufen werden sollten durch gesetzgeberische Maßnahmen. Für die FDP kommt ein Eingriff in die Tarifautonomie durch die Hintertür nicht in Frage. Wir müssen natürlich bei allen Maßnahmen klar sehen, daß die Zeit für große Sprünge nicht reif ist. Die Zeit ist eigentlich, weil es um die Besoldung von Beamten geht, nie gut für großzügige und weitgeplante Strukturverbesserungen. Jetzt geht es natürlich neben der Anpassung und Verbesserung der Besoldung in den westlichen Bundesländern um die Angleichung der Lebensverhältnisse in den östlichen Bundesländern an das sonst geltende Niveau, und das natürlich auch bei der Beamtenbesoldung und der Versorgung. Gleichwohl bleibt eine vernünftige Strukturpolitik im Bereich des öffentlichen Dienstes, eine Besoldungsstrukturpolitik mit Augenmaß, das fernere Anliegen, dem wir uns immer wieder widmen werden. Dazu gehört auch, manche Überlegungen und Vorstellungen aus der alten Dienstrechtsreform wieder aufzugreifen und erneut zu überprüfen. So können wir uns beispielsweise auch eine gewisse Flexibilisierung des Besoldungsrechts denken, eines Gebiets, auf dem wir in absehbarer Zeit über erste Erfahrungen aus dem Bereich der Deutschen Bundespost verfügen können, soweit es um Leistungszulagen und andere spezielle Instrumente des Besoldungsrechts geht. Wir werden umgekehrt auch ganz bestimmte Nachwuchsgewinnungsmaßnahmen, beispielsweise in den Sonderzuschlagsverordnungen daraufhin überprüfen, ob sie sich bewährt haben, wo sie verbesserungswürdig sind, ob sich eine vorsichtige und begrenzte Ausweitung solcher Personalsteuerungsinstrumente empfiehlt, um im öffentlichen Dienst Leistungsbereitschaft und Leitungsfähigkeit, Motivation und Effizienz des Personals zu steigern. Dem sind wir, nicht zuletzt auch im Interesse des Ansehens der Beamtenschaft in der öffentlichen Meinung, verpflichtet. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 10 — Antrag betr. Westsahara-Friedensplan der Vereinten Nationen — Helmut Schäfer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Die Bundesregierung begrüßt den von allen im Bundestag vertretenen Fraktionen einschließlich der Gruppe Bündnis 90/DIE GRÜNEN getragenen Entschließungsantrag des Kollegen Dr. Franz Altherr und anderer, mit dem die Unterstützung der VN-Friedensmission für die West-Sahara (MINURSO) gefordert wird. Wir teilen die positive Einschätzung der jüngsten Friedensmission der Vereinten Nationen und halten eine Entschließung des Deutschen Bundestages, die das zum Ausdruck bringt, für richtig. Schon seit langem fordert Bundesaußenminister Genscher, daß die Rolle der Vereinten Nationen gestärkt wird. Wir wollen entsprechend dem Auftrag unseres Grundgesetzes die Vereinten Nationen in die 2712* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Lage versetzen, daß sie ihren umfassenden Friedensauftrag erfüllen können. Der Wegfall des Ost-WestGegensatzes und die Auflösung des dadurch bedingten Patts in der Weltorganisation haben hierfür günstige Voraussetzungen geschaffen. Es gilt auch, die durch die Lösung des Golfkonflikts neu gewonnene Autorität der Vereinten Nationen zu nutzen. Uns liegt vor allem an einer Stärkung der Stellung des Generalsekretärs. Er soll das Instrumentarium erhalten und benutzen, um Krisen, wo immer sie in der Welt entstehen, nicht erst dann zu begegnen, wenn sie sich zu einem bewaffneten Konflikt ausgeweitet haben, sondern möglichst schon im Vorfeld solcher Konflikte regelnd und friedenstiftend einzugreifen. Der vom VN-Generalsekretär entworfene und vom Sicherheitsrat am 29. April 1991 beschlossene Friedensplan für die ehemalige spanische Kolonie WestSahara eröffnet einen Weg, den seit Jahren schwelenden und von der Weltöffentlichkeit fast verdrängten Konflikt in diesem Gebiet zu beenden und die Voraussetzungen für eine dauerhafte und stabile Friedensordnung zu schaffen. Die „Mission der Vereinten Nationen für die Organisation eines Referendums in der West-Sahara" (MINURSO) stellt in diesem Sinne einen neuen Typ der VN-Friedensmissionen dar. Während sich in der Vergangenheit die Friedensmissionen weitgehend darauf beschränkten, mit Hilfe von „Blauhelmen" die Einhaltung von Waffenstillstandsvereinbarungen zwischen Konfliktparteien zu überwachen, haben die Vereinten Nationen mit der Überwachung der ersten freien Wahlen in Namibia (UNTAG) Neuland betreten. Neben den klassischen Militärbeobachtern (Blauhelme) wurden erstmals ziviles Personal und Polizeibeamte zur Überwachung einer demokratischen Parlamentswahl entsandt. Die UNO hat damit entscheidende Hilfe bei der Erlangung der Unabhängigkeit des ehemaligen Mandatsgebiets geleistet. Dieses Instrument wurde bei den Missionen in Zentralamerika (ONUCA) und speziell in Nicaragua (ONUVEN) fortentwickelt. Bei der bevorstehenden Mission in der West-Sahara (MINURSO) übernehmen die Vereinten Nationen erstmals auch die Organisation und ordnungsgemäße Durchführung eines Referendums, bei dem die Bevölkerung frei über ihr künftiges Schicksal — Unabhängigkeit oder Zugehörigkeit zum Königreich Marokko — entscheiden soll. Das ist aktive und unmittelbare Hilfe zur Förderung der Demokratisierung in einem Land der Dritten Welt. Wir begrüßen den Trend zur Ausweitung der VN-Aktivitäten in dieser Richtung. Es ist genau das, was Bundesminister Genscher meinte, als er in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag am 13. März 1991 forderte, die Fähigkeit der UNO-Organe, des Generalsekretärs und des Sicherheitsrates im Sinne des Ausbaus der politischen Konfliktlösung zu verstärken. Die Bundesregierung wird die Friedensmission in der West-Sahara finanziell unterstützen. Sobald weitere Einzelheiten über den Einsatz der bei der Operation benötigten internationalen Polizeibeamten geklärt sind, wird die Bundesregierung zudem prüfen, ob sich Deutschland auch durch die Entsendung eines kleineren Kontingents von BGS-Beamten — und, so vorhanden, Beamtinnen — personell an dieser wichtigen Initiative beteiligen kann. Wir begrüßen daher den heute eingebrachten Entschließungsantrag, der mit der Politik der Bundesregierung übereinstimmt. Nachtrag zum Plenarprotokoll 12/33 Deutscher Bundestag Nachtrag zum Stenographischen Bericht 33. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Inhalt: Anlage 12 Verkehrsberuhigung auf der B 7 zwischen Kassel und Eisenach, z. B. durch Umleitung und Nachtfahrverbot für den Straßengüterverkehr MdlAnfr 5, 6 — Drs 12/766 — Joachim Tappe SPD SchrAntw PStSekr Wolfgang Gröbl BMV 2713* A Anlage 13 Auszahlung der Liquiditätshilfen aus dem Fonds „Deutsche Einheit" an die Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern MdlAnfr 11, 12 — Drs 12/766 — Dr. Christine Lucyga SPD SchrAntw PStSekr Jürgen Echternach BMBau 2713* B Anlage 14 Umsetzung der aus Mitteln des BMFT geförderten Abfallvermeidungs- und Abfallverwertungstechniken von der Entwicklung bis zur Anwendung im großtechnischen Maßstab MdlAnfr 15, 16 — Drs 12/766 — Ursula Burchardt SPD SchrAntw PStSekr Bernd Neumann BMFT 2713* D Anlage 15 Kürzung der Forschungsmittel in den alten Bundesländern; Abschluß von Sozialplänen bei einzelnen Großforschungseinrichtungen MdlAnfr 17, 18 — Drs 12/766 — Edelgard Bulmahn SPD SchrAntw PStSekr Bernd Neumann BMFT 2714* B Anlage 16 Verhandlungen zwischen dem BMZ und China über die Einrichtung verschiedener Fabriken MdlAnfr 19 — Drs 12/766 — Dietrich Austermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Hans-Peter Repnik BMZ 2714* D Anlage 17 Begünstigung der israelischen Kriegführung im Südlibanon durch die deutschen Finanzzuweisungen MdlAnfr 24 — Drs 12/766 — Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 2715* B Anlage 18 Stand der bündnisinternen Beratungen über die amerikanisch-sowjetischen SNF-Verhandlungen; Einbeziehung der luftgestützten Short-Nuclear-Forces-Systeme in die Verhandlungen MdlAnfr 29, 30 — Drs 12/766 — Katrin Fuchs (Verl) SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 2315* C II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Anlage 19 Bemühungen der Bundesregierung um Rückführung der ca. 2 Millionen Flüchtlinge aus Ruanda in ihre Heimat MdlAnfr 31, 32 — Drs 12/766 — Horst Sielaff SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 2715* D Anlage 20 Sowjetische Erklärungen über Lagerung und Abzug von Atomwaffen und Trägersystemen aus dem Gebiet der früheren DDR MdlAnfr 33 — Drs 12/766 — Norbert Gansel SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 2716* B Anlage 21 Verhinderung der Diskriminierung von Bewerbern und Bewerberinnen aus anderen EG-Staaten um die Anstellung im Lehramt; Änderung dés Lehrerstatus zur Ermöglichung des Zugangs von Lehrern und Lehrerinnen aus anderen EG-Staaten zum öffentlichen Dienst MdlAnfr 3, 34 — Drs 12/766 — Eckart Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 2716* C Anlage 22 Anpassung der Vergütungsordnung für Krankenpflegepersonal an die Lohn- und Gehaltsentwicklung anderer Berufe MdlAnfr 35, 36 — Drs 12/766 — Uta Würfel FDP SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 2717* A Anlage 23 Zentrale Unterbringung neuer Asylbewerber und unmittelbare Abschiebung bei unbegründeten Asylanträgen gemäß dem Vorschlag des Bundesinnenministers; Harmonisierung des Asylrechts in Europa MdlAnfr 37, 38 — Drs 12/766 — Meinrad Belle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 2717* C Anlage 24 Anzahl der wegen mangelhafter Ausweisepapiere nicht abschiebbaren Asylbewerber; Lösung dieses Problems MdlAnfr 39, 40 — Drs 12/766 — Bärbel Sothmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 2718* A Anlage 25 Gespräche über die Rückgabe von Beständen der Deutschen Staatsbibliothek in Berlin durch die polnische Universitätsbibliothek in Krakau MdlAnfr 42 — Drs 12/766 — Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 2718* D Anlage 26 Förderung des Behindertensports in den neuen Bundesländern; Aufbau eines zweiten zentralen Bundesleistungszentrums für den Behindertensport in der Sportschule Lindow (Brandenburg) MdlAnfr 43, 44 — Drs 12/766 — Friedhelm Julius Beucher SPD SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 2719* A Anlage 27 Abwicklung der Zonenrandförderung im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung MdlAnfr 45 — Drs 12/766 — Ludwig Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 2719* C Anlage 28 Einführung eines Straftatbestandes „Geldwäsche" im Strafgesetzbuch zur Vermeidung von Geldanlagen aus dem internationalen Drogenhandel und anderen Bereichen der organisierten Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 46, 47 — Drs 12/766 — Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMJ 2719* D Anlage 29 Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu den Zwangsadoptionen in der ehemaligen DDR MdlAnfr 48 — Drs 12/766 — Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP SchrAntw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMJ 2720* C Anlage 30 Vereinfachung der Subventionsregelungen und Förderungsprogramme in den neuen Bundesländern MdlAnfr 49 — Drs 12/766 — Klaus Harries CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 2321* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 III Anlage 31 Anstieg des sowjetischen Militärhaushalts um über 20 % nach den deutschen Zahlungen an die Sowjetunion MdlAnfr 50 — Drs 12/766 — Ortwin Lowack fraktionslos SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 2721* B Anlage 32 Zeitpunkt der Auswirkungen des beabsichtigten Subventionsabbaus MdlAnfr 51 — Drs 12/766 — Dr. Otto Schily SPD SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 2721* D Anlage 33 Verwendung von Mitteln aus dem Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost für den kommunalen Straßenbau MdlAnfr 52 — Drs 12/766 — Dr. Margrit Wetzel SPD SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 2722* A Anlage 34 Erweiterung des Privatisierungsauftrags der Treuhandanstalt im Bereich Tourismus; Zentralisierung der touristischen Objekte bei der Treuhandanstalt MdlAnfr 53, 54 — Drs 12/766 — Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 2722* B Anlage 35 Personelle Verstärkung der Grenzübergänge Waidhaus und Furth i. W. MdlAnfr 55 — Drs 12/766 — Ludwig Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 2722* C Anlage 36 Bereitstellung ehemaliger Kasernen für Studentenheime; Auflagen für den britischen Käufer MdlAnfr 56, 57 — Drs 12/766 — Dietmar Schütz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 2723* A Anlage 37 Erschließung neuer Märkte für Unternehmen mit ausschließlicher Kohleförderung und -verwertung MdlAnfr 66 — Drs 12/766 — Wolfgang Meckelburg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2723* C Anlage 38 Verhinderung der Entstehung negativer Folgen für die gewachsenen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen den osteuropäischen Ländern und der Sowjetunion durch die deutschen Hilfen MdlAnfr 67, 68 — Drs 12/766 — Gernot Erler SPD SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2723* D Anlage 39 Unterstützung touristischer Pilotprojekte, z. B. für den Spreewald; Anerkennung von Kur- und Badeorten MdlAnfr 69, 70 — Drs 12/766 — Jürgen Türk FDP SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2724* C Anlage 40 Erschließung kultureller Wegstrecken in den neuen Bundesländern, z. B. die Sächsische Silberstraße, für den Tourismus MdlAnfr 71 — Drs 12/766 — Jürgen Koppelin FDP SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2725* A Anlage 41 Stärkung des Tourismus im Rahmen des Gemeinschaftswerks Aufschwung Ost; Berücksichtigung gastronomischer Gepflogenheiten bei der Vergabe der Mittel MdlAnfr 72, 73 — Drs 12/766 — Dr. Sigrid Semper FDP SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2725* A Anlage 42 Kritik an den Übersichten über die Fördermittel für den Tourismus in den neuen Bundesländern MdlAnfr 74 — Drs 12/766 — Dr. Gisela Babel FDP SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2725* C IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Anlage 43 Verbesserung der Infrastruktur aus dem Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost für den Tourismus; Auswirkungen der günstigen Wechselkurse für West-Touristen bei Reisen nach Osteuropa auf den deutschen Tourismus, insbesondere in den neuen Bundesländern MdlAnfr 75, 76 — Drs 12/766 — Josef Grünbeck FDP SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2725* D Anlage 44 Unterstützung der neuen Bundesländer beim Aufbau des Tourismus MdlAnfr 77, 78 — Drs 12/766 — Dr. Olaf Feldmann FDP SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 2726* B Anlage 45 Wettbewerbsnachteile für die Kartoffelwirtschaft in den neuen Bundesländern durch die staatliche Förderung des Kartoffeltransports aus den alten Bundesländern nach Berlin MdlAnfr 81, 82 — Drs 12/766 — Dr. Gerald Thalheim SPD SchrAntw PStSekr Gottfried Haschke BML 2726* D Anlage 46 Zusammenhang zwischen dem Schafsterben und der PCB-Belastung im Raum Kehl MdlAnfr 83, 84 — Drs 12/766 — Harald B. Schäfer SPD SchrAntw PStSekr Gottfried Haschke BML 2727* A Anlage 47 Zusammenhang zwischen der PCB-Belastung und dem Schafsterben im Raum Kehl; Senkung der PCB-Werte MdlAnfr 85, 86 — Drs 12/766 — Marion Caspers-Merk SPD SchrAntw PStSekr Gottfried Haschke BML 2727* B Anlage 48 Begründung für den VIP-Service für den ehemaligen chilenischen Diktator Pinochet im Frankfurter Flughafen MdlAnfr 87, 88 — Drs 12/766 — Ursula Schmidt (Aachen) SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2727* C Anlage 49 Weitere Entwicklung der Bundeswehrhochschulen MdlAnfr 89 — Drs 12/766 — Dr. Egon Jüttner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2728* A Anlage 50 Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland lagernden Atomsprengköpfe; Entwicklung von als nukleare Abstandswaffen in Europa im Rahmen der NATO einsetzbaren Systemen in den USA MdlAnfr 90, 91 — Drs 12/766 — Dr. Hartmut Soell SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2728* B Anlage 51 Änderung des nuklearen Waffenbestands in der Bundesrepublik Deutschland unabhängig von amerikanisch-sowjetischen SNF- Verhandlungen MdlAnfr 92, 93 — Drs 12/766 — Walter Kolbow SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2728* C Anlage 52 Notwendigkeit der Ausrüstung der NATO mit nuklearen Abstandswaffen; Stationierung dieser Waffen auf deutschem Boden MdlAnfr 94, 95 — Drs 12/766 — Uta Zapf SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2728* D Anlage 53 NATO-Pläne zur Stationierung nuklearer Abstandswaffen in Europa und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 96, 97 — Drs 12/766 — Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2729* A Anlage 54 Nukleare Abdeckung der auf der NATO-Tagung beschlossenen schnellen Eingreiftruppe MdlAnfr 98 — Drs 12/766 — Dr. Hermann Scheer SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2729* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 V Anlage 55 Fähigkeit der Sowjetunion zu einem Überraschungsschlag gegen den Westen; Einstellung sowjetischer Tiefflüge MdlAnfr 99, 100 — Drs 12/766 — Hans Wallow SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2729* C Anlage 56 Gründe für die vermehrten Tiefflüge über der Pfalz MdlAnfr 101, 102 — Drs 12/766 — Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2729* D Anlage 57 Anteil der verbündeten Streitkräfte an den Tiefflügen über der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere über der Pfalz MdlAnfr 103, 104 — Drs 12/766 — Lydia Westrich SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2730* B Anlage 58 Vereinbarkeit der Übernahme von SS-23- Flugkörpern durch die Bundeswehr mit dem INF-Vertrag MdlAnfr 105 — Drs 12/766 — Norbert Gansel SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 2730* C Anlage 59 Verbesserung der finanziellen Lage der freien Wohlfahrtsverbände in den neuen Bundesländern MdlAnfr 106, 107 — Drs 12/766 — Dr. Helga Otto SPD SchrAntw PStSekrin Roswitha Verhülsdonk BMFuS 2730* D Anlage 60 Einheitliche Regelung der Anrechnung des Krankenkassen-Pflegegeldes auf das Pflegegeld nach § 69 Bundessozialhilfegesetz MdlAnfr 108, 109 — Drs 12/766 — Adolf Ostertag SPD SchrAntw PStSekrin Roswitha Verhülsdonk BMFuS 2731* B Anlage 61 Erkenntnisse über die Zunahme von Aids und des Drogenkonsums in den Großstädten der neuen Bundesländer MdlAnfr 110, 111 — Drs 12/766 — Antje-Marie Steen SPD SchrAntw PStSekrin Dr. Sabine BergmannPohl BMG 2731* D Anlage 62 Verbesserung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit im Rahmen des Gesundheits-Reformgesetzes MdlAnfr 112, 113 — Drs 12/766 — Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw PStSekrin Dr. Sabine BergmannPohl BMG 2733* A Anlage 63 Verhinderung der Zweckentfremdung von Investitionsmitteln in den neuen Bundesländern, insbesondere der Mittel für soziale Einrichtungen für den Straßenbau MdlAnfr 114, 115 — Drs 12/766 — Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU SchrAntw PStSekrin Dr. Sabine Bergmann- Pohl BMG 2733* B Anlage 64 Aufhebung der Beschränkungen bei der Krankenversicherung von in den neuen Bundesländern tätigen westdeutschen Arbeitnehmern mit einem Einkommen von unter 2 250 DM (§ 311 Abs. 1, Buchst. c SGB V) MdlAnfr 116 — Drs 12/766 — Verena Wohlleben SPD SchrAntw PStSekrin Dr. Sabine BergmannPohl BMG 2733* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2713* Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Joachim Tappe (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 5 und 6) : Ist die Bundesregierung im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit bereit, im Verlauf der nordhessischen Streckenabschnitte der A 4/A 7 ein Autobahngebot für den Güterfernverkehr auszusprechen, um die LKW im Ost-West-Verkehr zu zwingen, den zumutbaren Umweg über das Kirchheimer Dreieck zu wählen, um so die hohe Zahl von täglich mehr als 3 500 LKW im Strekkenverlauf der B 7/B 27 spürbar herunterzufahren? Sieht die Bundesregierung eine realistische Möglichkeit, als ersten Schritt zur Entlastung der leidgeprüften Menschen in den Anliegergemeinden an der B 7 zwischen Kassel und Eisenach, die täglich mehr als 20 000 KFZ-Fahrbewegungen ertragen müssen, ein Nachtfahrverbot für LKW auf der B 7 im oben genannten Streckenabschnitt auszusprechen, wie es bereits für die B 27 zwischen Fulda und Göttingen gilt? Zu Frage 5: Die Straßenverkehrsordnung eröffnet keine Möglichkeit, ein Autobahngebot für Lkw anzuordnen. Lkw können von bestimmten Straßen oder Straßenstrecken nur ferngehalten werden, wenn diese Straßen oder Straßenstrecken hierfür gesperrt wurden (Zeichen 253). Die Anordnung solcher Verbote ist nach der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung Sache der Bundesländer, deren Verkehrsbehörden vor allem auch in Kenntnis der Örtlichkeit entscheiden. In der Abwägung über die Sachgerechtheit des Verbots ist allerdings auch zu berücksichtigen, daß Bundesfernstraßen eine überörtliche Funktion haben und dem weiträumigen Verkehr dienen (§ 1 Bundesfernstraßengesetz). Zu Frage 6: Für die Anordnung eines Nachtfahrverbotes für Lkw sind ebenfalls die Länder zuständig. Auch hier gilt es aber, die Interessen der Anlieger mit der Erhaltung der verkehrlichen Funktion der Bundesfernstraßen abzuwägen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jürgen Echternach auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 11 und 12): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die vom Bund bereitgestellten Liquiditätshilfen zur Wohnungsbewirtschaftung bis Ende Mai 1991 in Mecklenburg-Vorpommern nicht zur Auszahlung gekommen sind, und welche Gründe gibt es dafür? Anlagen zum Stenographischen Bericht Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die u. a. in einem Brief des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 24. April 1991 angekündigten Soforthilfen zur Liquiditätssicherung aus dem Fonds „Deutsche Einheit" den Wohnungsbaugesellschaften und anderen Vermietern zugänglich zu machen? Zu Frage 11: Nach der grundgesetzlichen Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern sind die Länder für die Zahlung von Verbrauchersubventionen (dazu gehören auch Subventionen für Mieten) zuständig. Die Länder regeln deshalb auch in eigener Verantwortung die Zahlung von Bewirtschaftungshilfen an die Wohnungswirtschaft. Soweit der Bundesregierung bekannt, sind inzwischen überall die notwendigen Entscheidungen gefallen, so daß die entsprechenden Anträge gestellt werden können. Über den Stand der Bewilligungen und Auszahlungen ist die Bundesregierung aber nicht informiert. Zu Frage 12: In dem zitierten Brief des Bundesbauministeriums wurde die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung dargelegt. Insbesondere wurde auf den Beitrag des Bundes zur Verbesserung der Finanzsituation der neuen Bundesländer hingewiesen. Dazu zählen u. a. auch die Soforthilfen aus dem Fonds „Deutsche Einheit". Wegen der bereits erwähnten Zuständigkeit der Länder für Verbrauchersubventionen hat der Bund allerdings keinen Einfluß darauf, wann und wie die Länder ihrerseits Finanzmittel für Hilfen an die Wohnungswirtschaft bereitstellen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Fragen der Abgeordneten Ursula Burchardt (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 15 und 16) : Wie lange dauert in der Regel nach neuesten Erkenntnissen der Bundesregierung die Umsetzung der aus Mitteln des Bundesministeriums für Forschung und Technologie geförderten Abfallvermeidungs- und Abfallverwertungstechniken von der Entwicklung bis zur Anwendung im großtechnischen Maßstab? Welche Hemmnisse sind der Bundesregierung bekannt, die die Umsetzung verzögern? Zu Frage 15: Im Rahmen einer Studie „Umsetzung/Nutzen der BMFT-Förderung Umwelttechnik" ließ der BMFT von 1985 bis 1988 die Umsetzung der Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung zur Umwelttechnologie untersuchen. In dem betrachteten Zeitraum wurden 249 Projekte mit 228 Mio. DM Gesamtfördervolumen abgeschlossen. Hieraus wurden 57 repräsentativ ausgewählte Projekte mit 101 Mio. DM Fördermitteln untersucht. 2714* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Bezüglich der Umsetzungszeiträume kommt die Studie zu folgendem Ergebnis: „Für die Entwicklung und Umsetzung von neuen Verfahren der Umwelttechnik ist mit unterschiedlichen Zeiträumen zu rechnen. Deren Kenntnis ist wesentlich für zukünftige Planungen. Der zeitliche Aufwand für die Entwicklung und Umsetzung von neuen Verfahren liegt im Bereich von 2 bis 10 Jahren, wobei dies den Zeitraum zwischen dem Beginn der Förderung der Unternehmen durch das BMFT und dem Beginn der Umsetzung, d. h. der Inbetriebnahme der entsprechenden Anlage, betrifft. Je nach Art des Verfahrens ergeben sich deutliche Zeitunterschiede. Während nachgeschaltete Maßnahmen durchweg in 2 bis 4 Jahren entwickelt und umgesetzt werden konnten, erforderte die Einführung integrierter Maßnahmen 6 bis 10 Jahren. " Zu Frage 16: Zur Frage von Innovationshemmnissen bei der Umsetzung von F + E-Ergebnissen im Bereich Abfallwirtschaft hat der BMFT auf Grund einer kleinen Anfrage (BT-Drucksache 11/5986) ausführlich Stellung genommen (BT-Drucksache 11/6194 vom 4. 1. 1990). Danach sind Innovationshemmnisse in Form einzelner rechtlicher Regelungen nicht festzustellen. Dennoch ergeben sich erhebliche Unsicherheiten bei den Unternehmen der Abfallwirtschaft, die sich als gravierende Innovationshemmnisse erweisen. Als Ursachen wurden insbesondere die Summenwirkung komplexer rechtlicher Regelungen und daraus abgeleitete Sondergenehmigungsverfahren von bis zu 10 Jahren sowie fehlende öffentliche Akzeptanz genannt. Der BMFT versucht bei seiner Förderung z. B. durch Verbundvorhaben zwischen Hochschule und Industrie zumindest die Hemmnisse beim Wissenstransfer zwischen Entwickler und Anwender zu minimieren. Daneben hat die Bundesregierung für Anlagen, die der Entwicklung und Erprobung dienen, auch im Abfallrecht eine Regelung analog der Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz eingeführt, die rasche Genehmigungsverfahren ermöglicht. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Fragen der Abgeordneten Edelgard Bulmahn (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 17 und 18) : Trifft der Bericht der „Welt" vom 14. Juni 1991 zu, daß die Forschungseinrichtungen in den alten Bundesländern in den kommenden Jahren mit erheblichen Mittelkürzungen seitens des Bundesministers für Forschung und Technologie rechnen müssen und daß hinsichtlich der Großforschungseinrichtungen sogar darüber nachgedacht werde, die einzelnen Großforschungseinrichtungen zum Abschluß von Sozialplänen zu ermächtigen? Mit welcher Zielsetzung und anhand welcher Kriterien will die Bundesregierung die Forschungslandschaft neuordnen? Zu Frage 17: Die Gestaltung einer neuen gesamtdeutschen Forschungslandschaft ist eine der herausragenden forschungspolitischen Aufgaben der vor uns liegenden Jahre. Wir werden die Chancen, die darin liegen, nur dann verantwortlich nutzen, wenn wir auch im bisherigen Bundesgebiet die bestehenden Kapazitäten hinsichtlich Aufgabenspektrum und Umfang überprüfen. Dabei werden alle Förderbereiche einzubeziehen sein. Es wird zu Verlagerungen in der Projektförderung in die Neuen Bundesländer kommen müssen. Hiervon werden Wirtschaft und Hochschulen, aber auch Fraunhofer-Gesellschaft und Max-Planck-Institute betroffen sein. Die Großforschungseinrichtungen in den alten Bundesländern sind der mit über 2,3 Milliarden DM bei weitem größte institutionelle Bereich im Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie (BMFT). Es versteht sich deshalb von selbst, daß ihre Finanzplanung nicht unverändert bleiben kann. Ihre Grundfinanzierung soll aber nicht, wie die „Welt" schreibt, ab 1993 erheblich reduziert werden. Allerdings führen wir mit den GFE Gespräche, wie im Hinblick auf die knapper werdenden Mittel durch Straffungen, Vermeidung von Doppelkapazitäten und Konzentration auf die wesentlichen Aufgaben Einsparungen erreicht werden können. Dabei werden wir differenziert nach forschungspolitischen Grundsätzen, die den Abgeordneten des FTTA-Ausschusses zugeleitet werden, vorgehen. Die betroffenen Länder sind entsprechend informiert worden. Die Einrichtungen erarbeiten derzeit Konzepte. Der BMFT wird bemüht sein, die nötigen Instrumentarien für eine Umsetzung solcher Konzepte zu schaffen. Zu Frage 18: Die Forschungslandschaft der Bundesrepublik Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten in den alten Bundesländern erfolgreich entwickelt. Es steht deshalb keine Neuordnung an, vielmehr geht es gerade darum, die in den alten Ländern bewährten Methoden und Programme der Forschungsförderung und die institutionelle Differenzierung auch in den neuen Bundesländern einzuführen. Dies ist die Zielsetzung von Art. 38 des Einigungsvertrages. Die GFE sind ein tragendes Element unserer Forschungslandschaft, sie werden auch in der künftigen gesamtdeutschen Forschungslandschaft eine zentrale Rolle spielen. Es wird deshalb auch in den neuen Ländern GFE geben: DLR und DESY z. B. werden Standorte in Brandenburg und Berlin/Adlershof bekommen. Selbständige GFE sind zu Medizin, Geologie und Umwelt sehr ernsthaft im Gespräch. Die Anfang Juli zu erwartenden Empfehlungen des Wissenschaftsrates sollen hier wesentliche Weichen stellen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Peter Repnik auf die Frage des Abgeordneten Dietrich Austermann (CDU/ CSU) (Drucksache 12/766 Frage 19): Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2715* Ist es zutreffend, daß — trotz anderslautender Beschlüsse und Stellungnahmen in Gremien des Deutschen Bundestages — vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit Vereinbarungen mit der Volksrepublik China außerhalb des Umweltbereiches, der Armutsbeseitigung und der Wirtschaftsreform abgeschlossen oder vorbereitet werden, um die Einrichtung einer Ammoniakfabrik, einer LKW-Fabrik und einer Reifenfabrik mit deutscher Unterstützung zu ermöglichen? Der Deutsche Bundestag hat am 30. Oktober 1990 die Bundesregierung aufgefordert, „künftig die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit der Volksrepublik China auch auf neue Maßnahmen auszudehnen, soweit sie unmittelbar der Bevölkerung bzw. dem Schutz und der Erhaltung der Umwelt dienen sowie zur Reform der chinesischen Wirtschaft beitragen" . Die Bundesregierung beachtet diese Entschließung bei der Gestaltung der Zusammenarbeit mit China konsequent. Die in der Frage genannten Projekte der Ammoniak-Fabrik, der LKW-Fabrik und der Reifenfabrik wurden bei den Regierungsverhandlungen 1988 bzw. 1989 mit der chinesischen Regierung vereinbart, also vor der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Juni 1989 und den darauf folgenden Beschlüssen des Deutschen Bundestages, die eine wesentliche Einschränkung der Zusammenarbeit vorsahen. Es handelt sich insofern um Altprojekte. Der Bundestag ist im übrigen über die Durchführung dieser drei Projekte mehrfach unterrichtet worden, so z. B. der AwZ in seiner Sitzung am 6. September 1990 mit dem sog. Soll-Ist-Vergleich für das Jahr 1989 und über den Durchführungsauftrag über die Ammoniak-Fabrik Dalian am 3. April 1991. Anlage 17 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) (Drucksache 12/766 Frage 24): Hält es die Bundesregierung für denkbar, daß durch die Finanzzuweisungen der Bundesrepublik Deutschland an den Staat Israel im Zusammenhang mit dem Golfkrieg die derzeitige intensive Kriegführung des Staates Israel im Südlibanon begünstigt wird? Bei der Finanzzuweisung der Bundesrepublik Deutschland an den Staat Israel handelt es sich um eine humanitäre Hilfe, die im Zusammenhang mit den durch den Golfkrieg entstandenen Schäden gewährt worden ist. Die Vereinbarung sieht ausdrücklich vor, daß durch diese Mittel die Schäden, die durch die Scud-Angriffe entstanden sind, beseitigt werden sollen. Eine Verwendung für andere Zwecke, insbesondere militärische Ausrüstung oder Maßnahmen, ist ausgeschlossen. Der Bundesregierung liegen keine Hinweise vor, daß durch die Zahlung militärische Aktionen im Südlibanon begünstigt worden sind. Anlage 18 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Fragen der Abgeordneten Katrin Fuchs (Verl) (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 29 und 30): Wie ist der Stand der bündnisinternen Beratungen über amerikanisch-sowjetische SNF-Verhandlungen hinsichtlich ihrer Gegenstände, Zielstellungen und des Geltungsbereiches des angestrebten Abkommens? Hält es die Bundesregierung für erforderlich, bei den amerikanisch-sowjetischen SNF-Verhandlungen nicht nur über die Beseitigung der landgestützten SNF-Systeme, sondern auch über die luftgestützten SNF-Systeme zu verhandeln, und wenn ja, mit welchem Ziel? Zu Frage 29: Die zur Ausarbeitung eines westlichen SNF-Rüstungskontrollansatzes des Bündnisses eingesetzte Besondere Beratungsgruppe (Special Consultative Group) hat bisher wesentliche Fragen einer westlichen Verhandlungsposition erörtert. Sie hat aber noch keine gemeinsamen Festlegungen getroffen. Auf der NATO-Außenministertagung am 6./7. Juni 1991 in Kopenhagen hat der SCG-Vorsitzende einen Fortschrittsbericht vorgelegt. Zu Frage 30: Die Vorgabe der Londoner Erklärung für SNF-Rüstungskontrolle, von der die gegenwärtigen Bündnisberatungen ausgehen, bezieht sich auf landgestützte nukleare Raketensysteme unter 500 km Reichweite und nukleare Artilleriemunition. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß grundsätzlich auch luftgestützte Nuklearwaffen in Verhandlungen einbezogen werden sollten. Über Zielsetzung und Modalitäten wird zu gegebener Zeit entschieden werden. Anlage 19 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Fragen des Abgeordneten Horst Sielaff (SPD) (Drucksache 12/ 766 Fragen 31 und 32): Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in der Vergangenheit ergriffen, um zu erreichen, daß den ca. 2 Millionen Flüchtlingen aus Ruanda von der dortigen Regierung ermöglicht wird, in ihre Heimat zurückzukehren, und was gedenkt die Bundesregierung in Zukunft zu tun, um diesem Ziel näherzukommen? In welchem Umfang wird Ruanda mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt unterstützt? Zu Frage 31: Zunächst eine Richtigstellung: Die in der Frage behauptete Zahl von 2 Millionen Flüchtlingen aus Ruanda ist bei weitem zu hoch angesetzt. Nach den jüngsten Erhebungen des UNHCR (November 1990) gibt es insgesamt etwa 500 000 ruandische Flüchtlinge in der Region. Das Flüchtlingsproblem, das 1959 durch die erfolgreiche Revolution der unterdrückten Hutu-Mehrheit gegen die Herrschaft der Tutsi-Minderheit ausgelöst wurde, war über drei Jahrzehnte lang nicht virulent. Erst mit dem bewaffneten Einfall in Uganda lebender Tutsi-Flüchtlinge nach Ruanda (Oktober 1990), die 2716* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 sich zur Front Patriotique Rwandaise (FPR) zusammengeschlossen hatten, wurde die Flüchtlingsfrage Gegenstand regionaler und internationaler Lösungsbemühungen. Erfreulicherweise haben sich die betroffenen Regionalstaaten ihrer Verantwortung für die Lösung des Flüchtlingsproblems gestellt. In einer regionalen Staatschef-Konferenz am 19. Februar 1990 in Daressalam erkannte Ruanda das Rückkehrrecht für alle Tutsi-Flüchtlinge förmlich an und stellte für sie eine Amnestie in Aussicht. Der ruandische Staatspräsident Habyarimana hat diese Verpflichtung zuletzt beim OAE-Gipfel in Abuja (Nigeria) Anfang Juni 1991 bestätigt. Der UNHCR wurde von den afrikanischen Regionalstaaten beauftragt, ein umfassendes Konzept für die Reintegration rückkehrwilliger Flüchtlinge auszuarbeiten. Hauptproblem hierfür ist die schon jetzt bestehende erhebliche Überbevölkerung Ruandas. Die Bundesregierung und ihre europäischen Partner haben die afrikanischen Bemühungen um eine Lösung des Flüchtlingsproblems und um eine Beendigung der damit in Zusammenhang stehenden Kampfhandlungen zwischen FPR und ruandischer Armee politisch mit Nachdruck unterstützt. Wir haben in diesem Sinne mehrfach bilateral und gemeinsam mit den EG-Staaten in Ruanda und in den betroffenen Nachbarländern demarchiert. Nach Vorlage eines vom UNHCR und den Regionalstaaten entwickelten Konzepts für Rückkehr der Flüchtlinge nach Ruanda wird die Bundesregierung Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung eines solchen Programms prüfen. Zu Frage 32: Für den zweijährigen Zusagerahmen 1989/90 erhielt Ruanda 50 Millionen DM aus Mitteln der Finanziellen Zusammenarbeit und 38 Millionen DM aus Mitteln der Technischen Zusammenarbeit. Im September 1991 finden in Ruanda die nächsten Regierungsverhandlungen über entwicklungspolitische Zusammenarbeit in den Jahren 1991/92 statt. Es ist damit zu rechnen, daß sich das Fördervolumen im ähnlichen Rahmen wie im vorigen Zusagezeitraum bewegen wird. Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind die landwirtschaftliche Entwicklung, Infrastrukturvorhaben und das Erziehungswesen. Anlage 20 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Norbert Gansel (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 33): Welche Erklärungen haben sowjetische Stellen über Lagerung und Abzug von sowjetischen Atomwaffen und Trägersystemen auf dem Gebiet der früheren DDR abgegeben, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Glaubwürdigkeit dieser Erklärungen? Der sowjetische Außenminister Bessmertnych hat anläßlich seines Besuches am 12./13. Juni in Bonn klargestellt, es gebe noch einige Atomwaffen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, welche nach einem Abzugsplan ziemlich rasch abgezogen würden. Nach deren Abzug werde die Bundesregierung entsprechend unterrichtet. Die Bundesregierung sieht keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit der am 13. Juni 1991 abgegebenen klarstellenden Erklärung des sowjetischen Außenministers zu zweifeln. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Eckart Kuhlwein (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 3 und 34): Trifft es zu, daß die EG-Kommission die Bundesregierung schriftlich aufgefordert hat, durch eine entsprechende Gesetzesänderung sicherzustellen, daß Bewerber und Bewerberinnen aus anderen Staaten der EG um die Anstellung im Lehramt nicht diskriminiert werden, wenn sie die erforderliche Ausbildungsqualifikation besitzen? Welche Änderungen des Status der Lehrer hält die Bundesregierung für erforderlich, um der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entsprechen, nach der die Beschränkung des Zugangs zum öffentlichen Dienst der Mitgliedsländer (Artikel 48 Abs. 4 EWG-Vertrag) nur bei „hoheitlichen Aufgaben", nicht jedoch für das Lehramt an staatlichen Schulen gilt? Aus Gründen des Sachzusammenhanges möchte ich beide Fragen zusammen beantworten. Die Bundesregierung hat sich in ihrer mit den Ländern abgestimmten Stellungnahme von April 1990 zu der sog. „systematischen Aktion" der EG-Kommission zu den Fragen des Zugangs von EG-Mitbürgern zum deutschen öffentlichen Dienst eingehend geäußert. Dabei hat die Bundesregierung gegenüber der EG-Kommission ausdrücklich ihre Bereitschaft zu einem konstruktiven Dialog über alle Möglichkeiten der Verbesserung der Freizügigkeit für Angehörige der Mitgliedstaaten der EG innerhalb der öffentlichen Verwaltung erklärt. Die Kommission hat dieses Angebot bisher nicht aufgegriffen. Vielmehr hat sie im Rahmen von Verfahren nach Art. 169 EWG-Vertrag mit Schreiben vom April 1991 die Bundesregierung aufgefordert, sich zu angeblichen Verstößen gegen Artikel 48 des Vertrags im Zusammenhang mit der Beschäftigung von EG-Staatsangehörigen in verschiedenen Bereichen der deutschen öffentlichen Verwaltung (u. a. Personal der staatlichen Bildungseinrichtungen, Bedienstete von Bundespost und Bundesbahn, Personal im Bereich der Wasserversorgung) zu äußern. Die Äußerung der Kommission wird geprüft und in Abstimmung mit den Ländern eine Stellungnahme erarbeitet. Im übrigen hat die Bundesregierung bereits Anfang des Jahres eine gesetzliche Neuregelung in Aussicht gestellt, um die Berufung von EG-Mitbürgern in das Beamtenverhältnis generell zu erleichtern. Der Status der Lehrer in der Bundesrepublik entspricht den Vorgaben der Verfassung, er hat sich bewährt. Weder der EWG-Vertrag noch der Prozeß der Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2717* europäischen Integration erfordern hier Änderungen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen der Abgeordneten Uta Würfel (FDP) (Drucksache 12/766 Fragen 35 und 36): Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß 1974 eine Unterrichtsschwester mit der Eingruppierung nach Krankenhaustarif Kr VII über der Beitragsbemessungsgrenze lag und dieselbe nun leitende Unterrichtsschwester, eingruppiert nach Kr IX und 17 Jahre älter, heute nicht mit ihrem Gehalt die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenkasse erreicht? Zu welchem Handeln veranlaßt die Bundesregierung die Tatsache, daß das Gehalt der Krankenpflegepersonen weit hinter der Lohn- und Gehaltsentwicklung anderer Berufe zurückgeblieben ist? Zu Frage 35: Aus dem in Ihrer Frage beschriebenen Beispiel der Einkommensentwicklung einer Unterrichtsschwester von 1974 bis 1991 lassen sich keine Folgerungen für eine verzögerte Einkommensentwicklung im Bereich des Krankenpflegepersonals bzw. der Unterrichtsschwestern treffen. Mit diesem Beispiel meinen Sie eine Unterrichtsschwester, deren Vergütung 1974 wohl nur knapp über der damals geltenden Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von 1 875, — DM gelegen hat und deren Vergütung heute in der Vergütungsgruppe Kr. IX nur dann knapp unter der derzeit geltenden Grenze von 4 875, — DM liegt, wenn sie ledig oder verheiratet ohne Kinder ist. Ebenso läßt sich umgekehrt ein Beispiel für eine Unterrichtsschwester bilden, die 1974 unterhalb und 1991 oberhalb der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze vergütet wird. Das von Ihnen herangezogene Beispiel ist auch deshalb für allgemeine Schlußfolgerungen ungeeignet, weil es nur auf ein ganz bestimmtes Basisjahr abstellt, nämlich das Jahr 1974, in dem bekanntlich eine besonders starke Anhebung der Einkommen im öffentlichen Dienst stattfand und deshalb die Bemessungsgrenze auch in vielen Fällen erreicht und überschritten wurde. Wenn man z. B. ein früheres oder ein späteres Bezugsjahr zugrundelegt, gäbe es auch andere Ergebnisse. Ferner muß beachtet werden, daß sich die individuelle Gehaltsentwicklung nach dem Bezahlungssystem des öffentlichen Dienstes auch nach der Entwicklung des Familienstandes und der Zahl der Kinder sowie danach richtet, ob man noch in den Altersstufen aufsteigt oder schon die Endvergütung erhält. Zu Frage 36: Die Bundesregierung kann — wie auch in meiner Antwort auf Ihre vorhergehende Frage aufgezeigt — nicht bestätigen, daß das Gehalt der Krankenpflegepersonen weit hinter der Lohn- und Gehaltsentwicklung anderer Berufe zurückgeblieben ist. Vielmehr umfassen gerade die Tarifverträge aus jüngster Zeit vom Juni 1989 und März 1991 eine Reihe von strukturellen Maßnahmen — z. B. die Einführung von Bewährungsaufstiegen und die Erhöhung von Zulagen für besonders belastende Dienste —, die zu erheblichen Verbesserungen der Vergütung von Krankenpflegepersonen führten. Im übrigen sieht die Bundesregierung davon ab, die tarifliche Eingruppierung und Vergütung für einzelne Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes allgemein zu werten, da es sich hierbei um eine Angelegenheit der Tarifvertragsparteien handelt. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Meinrad Belle (CDU/CSU) (Drucksache 12/766 Fragen 37 und 38): Wie ist der derzeitige Sachstand der Gespräche zwischen dem Bund und den einzelnen Bundesländern über den Vorschlag des Bundesministers des Innern, neu einreisende Asylbewerber zentral unterzubringen und nach Prüfung bei offensichtlich unbegründetem Asylantrag von dort unmittelbar abzuschieben? Wie ist der Stand der Gespräche zur Vereinheitlichung des Asylrechts im Rahmen der Verhandlungen zur Realisierung des Schengener Abkommens, und wann wird mit den Gesprächen zur Harmonisierung des Asylrechts in Europa im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft begonnen? Zu Frage 37: Der Bundesminister des Innern hat die Innenminister und Senatoren für Inneres der Länder eindringlich gebeten, die Möglichkeit des § 23 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz , Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen, konsequenter als bisher zu nutzen, weil die zentrale Unterbringung von ganz wesentlicher Bedeutung für die von allen Beteiligten geforderte Straffung und Beschleunigung der Asylverfahren ist, wenn sich die Anträge als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet erweisen und deshalb in einem vereinfachten Verfahren beschieden werden können. Die Länder sehen das im wesentlichen ebenso. Sie haben durch Errichtung zentraler Ausländerbehörden die Möglichkeit geschaffen, daß die vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge eingerichteten Außenstellen mit den örtlichen Behörden eng zusammenarbeiten können und die Asylbewerber kurzfristig erreichbar sind. Es zeigt sich aber auch, daß es den Ländern derzeit nicht möglich ist, alle neu hinzukommenden Asylbewerber in zentralen Sammellagern unterzubringen. Hier sieht der Bundesminister des Innern bei den Ländern noch Handlungsbedarf. Denn bei zentraler Unterbringung kann die Ausreiseverpflichtung derjenigen abgelehnten Asylbewerber konsequenter durchgesetzt werden, bei denen Abschiebungshindernisse nicht entgegenstehen. Dadurch würde insbesondere den Gemeinden, die auch für die Unterbringung der abgelehnten Asylbewerber zuständig sind, ganz wesentlich geholfen werden können. Der Bundesminister des Innern wird deshalb dieses Anliegen gerade auch im Interesse der kleineren Gemeinden mit Nachdruck weiter verfolgen. 2718* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Zu Frage 38: Im Schengener Rahmen ist unter deutschem Vorsitz eine Arbeitsgruppe „Asyl" eingesetzt worden, die sich mit einem Vergleich der Asylrechtssysteme der Schengen-Staaten befaßt. Die Arbeiten werden im 2. Halbjahr unter italienischem Vorsitz fortgesetzt. Die Einwanderungsminister der EG-Mitgliedstaaten haben auf ihrer Sitzung am 13. Juni 1991 die adhoc-Arbeitsgruppe „Einwanderung" gebeten, bis Ende dieses Jahres die für eine Harmonisierung des Asylrechts zu prüfenden Problemfelder aufzulisten und für die Prüfung einen Zeitplan zu erstellen. Die EG selbst hat bisher auf dem Gebiet des Asylrechts keine Kompetenz. Fragen einer Kompetenz der EG auf dem Gebiet des Asylrechts sind derzeit Gegenstand der Erörterungen in der Regierungskonferenz zur Europäischen Politischen Union. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen der Abgeordneten Bärbel Sothmann (CDU/CSU) (Drucksache 12/766 Fragen 39 und 40): Ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch die Zahl der nicht anerkannten und nach dem Ausländergesetz abzuschiebenden Asylbewerber ist, die allein aus dem Grund nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden können, weil sie keine oder zweifelhafte Ausweispapiere besitzen? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Zahl der aus oben genanntem Grund nicht abschiebbaren Asylbewerber zu vermindern bzw. welche unterstützenden Maßnahmen kann und wird die Bundesregierung — angesichts der Länderkompetenz beim Vollzug des Ausländergesetzes — zur Lösung dieses Problems ergreifen? Zu Frage 39: Nach den Erfahrungen der Länder stellt die Paßlosigkeit nicht in jedem Einzelfall ein dauerhaftes Abschiebehindernis dar. In der überwiegenden Zahl der Fälle kommt es lediglich zu Verzögerungen bei der Abschiebung. Deshalb werden diese Fälle von den Ausländerbehörden in der bundeseinheitlichen Statistik über den Zugang und den Verbleib (ehemaliger) Asylbewerber nicht besonders erfaßt. Soweit in einzelnen Ländern eine genauere statistische Erfassung erfolgt, wird zum Teil auch nur die Zahl der aktuell erfolglosen Abschiebeversuche festgehalten. In Folge dessen hat die Bundesregierung kein einheitliches Bild über die Anzahl vorübergehender und dauerhafter Abschiebehindernisse. Aufzeichnungen darüber, wie lange in Einzelfällen die Paßlosigkeit eine Abschiebung verhindert, werden von den Ländern ebenfalls nicht geführt. Zu Frage 40: Der Verhinderung solcher Fälle dienen zum einen die Vorschriften im Ausländergesetz und im Asylverfahrensgesetz über die Verwahrung der Pässe von ausreisepflichtigen Ausländern und von Asylbewerbern bei der Ausländerbehörde. Zum anderen enthält das Ausländergesetz in § 41 die erforderliche und ausreichende Rechtsgrundlage, um bei Ausländern, die nicht im Besitz eines Passes sind, alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich erkennungsdienstlicher Maßnahmen zur Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit zu treffen. Bei der Auswertung der erkennungsdienstlichen Unterlagen leistet das Bundeskriminalamt nach § 78 Ausländergesetz Amtshilfe; dort werden Unterlagen zentral aufbewahrt. Dadurch können insbesondere die Fälle aufgedeckt werden, in denen Ausländer früher bereits mit Identitätspapieren einen Asylantrag im Bundesgebiet gestellt haben. Wenn die Staatsangehörigkeit ermittelt ist, kann bei der Auslandsvertretung des Herkunftsstaates im Bundesgebiet die Ausstellung eines Passes oder Heimreisescheines beantragt werden. Jeder Staat ist völkerrechtlich anderen Staaten gegenüber grundsätzlich zur Rücknahme der eigenen Staatsangehörigen verpflichtet. Soweit ein Herkunftsstaat die Ausstellung der von ihm für die Einreise geforderten Papiere verweigert, drängt die Bundesregierung mit Nachdruck auf diplomatischem Wege auf die Erfüllung dieser völkerrechtlichen diplomatischen Verpflichtung. Die Bundesregierung erwartet, daß auch durch die engere Zusammenarbeit mit den anderen EG-Staaten, insbesondere den Partnerstaaten des Schengener Übereinkommens, die Möglichkeiten erleichtert und erweitert werden, den Aufenthalt von Ausländern ohne Paß zu beenden. Gerade in den Fällen, in denen der Drittstaatsangehörige sich zunächst in einem anderen EG-Staat aufgehalten hatte, lassen sich dort möglicherweise Unterlagen über seine Identität und seine Staatsangehörigkeit finden. Zum anderen kann in den Fällen, in denen Herkunftsstaaten nur zögerlich zur Paßausstellung bereit sind, durch ein gemeinsames Vorgehen der EG- bzw. Schengen-Staaten eher Abhilfe geschaffen werden. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Dr. Nils Diederich (Berlin) (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 42): Trifft es zu, daß gegen Ende des Zweiten Weltkrieges große Teile des Bestandes der Deutschen Staatsbibliothek in Berlin (Unter den Linden) ausgelagert und heute in Krakau/Polen in die dortige Universitätsbibliothek eingegliedert sind, und gibt es bereits Gespräche über eine mögliche Rückgabe dieser Bestände, analog der Lage bei den Kunstschätzen, die in der Sowjetunion lagern? Es trifft zu, daß Teilbestände der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek im 2. Weltkrieg nach Schlesien in die Abtei Grüssau ausgelagert worden sind und sich heute in der Universitätsbibliothek Krakau befinden. Dort sind sie der wissenschaftlichen Benutzung zugänglich. Es handelt sich um Handschriften, Autographen, Musikautographen und Druckschriften. Gemäß Artikel 28 Abs. 3 des am 17. Juni 1991 unterzeichneten Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenar- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2719* beit werden die Vertragsparteien bestrebt sein, die Probleme der verlagerten Kulturgüter, beginnend mit Einzelfällen, zu lösen. Die Bundesregierung wird nach Inkrafttreten des Vertrages Gespräche mit der polnischen Regierung über die Rückführung von Kulturgütern aufnehmen. Einer der zu behandelnden Einzelfälle wird der in Krakau gelagerte Bestand der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek sein. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Friedhelm Julius Beucher (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 43 und 44): Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen, um die Verpflichtungen aus dem Artikel 39 Abs. 3 des Einigungsvertrages — „für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1992 unterstützt der Bund den Behindertensport" — zu erfüllen? Wie steht die Bundesregierung zur Forderung des Landessportbundes Brandenburg nach einem zweiten zentralen Bundesleistungszentrum für den Behindertensport in der Sportschule Lindow? Zu Frage 43: Für die Unterstützung des Breitensports der Behinderten in den neuen Bundesländern sollen 1991 900 000 DM zur Verfügung gestellt werden. Abschlagszahlungen sind bereits geleistet worden. Die Mittel sind vorgesehen für — Personalkostenzuschüsse für je einen Bediensteten der Landesverbände der Behinderten und der Gehörlosen, — Zuwendungen zu Breitensportmaßnahmen der Landesverbände der Behinderten und der Gehörlosen (insbesondere für Sportveranstaltungen auf regionaler Ebene; Tagungen/Schulungen von Vereinsvorsitzenden, Schatzmeistern, Organisations- und Übungsleitern sowie Trainern, Kosten der Geschäftsstellen der Landesverbände). Für 1992 sind nach gegenwärtigem Stand der Haushaltsberatungen für diese Zwecke 1 200 000 DM vorgesehen. Zu Frage 44: Die von Ihnen erwähnte Forderung des Landessportbundes Brandenburg ist der Bundesregierung nicht bekannt. Der Deutsche Behinderten-Sportverband wurde im Zusammenhang mit der Errichtung des im Bau befindlichen Leistungszentrums für den Behindertensport in Duisburg im Dezember 1990 gebeten, ein Konzept für die Errichtung von Leistungszentren für den Behindertensport in der Bundesrepublik Deutschland zu erstellen. Dieses Konzept liegt bisher noch nicht vor. Ich gehe davon aus, daß der Deutsche Behinderten-Sportverband die Forderung des Landessportbundes Brandenburg in seine Überlegungen einbeziehen wird. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 45) : Wie stellt sich die Bundesregierung die Abwicklung der kulturellen und sozialen Zonenrandförderung im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung vor, und welche Beträge sind nach der Ressortplanung bisher dafür in den kommenden Haushaltsjahren eingesetzt? Für das bis 1994 auslaufende kulturelle und soziale Zonenrandprogramm ist ein Plafond von 270 Millionen DM vorgesehen, der wie folgt zur Verfügung stehen soll: 1991 120 Millionen DM 1992 100 Millionen DM 1993 30 Millionen DM 1994 20 Millionen DM Dieser Gesamtplafond ist vorrangig dazu bestimmt, solche kulturellen und sozialen Maßnahmen und Einrichtungen im ehemaligen Zonenrandgebiet abzuwickeln, — für die in den Vorjahren verbindliche Zuwendungszusagen vorgelegen haben — die in Vorjahren bereits mit Bundesmitteln anfinanziert worden sind oder — bei denen die Bundesländer in Kenntnis des Bedarfes an Bundesmitteln den vorzeitigen Maßnahmebeginn gemäß Nr. 1.3 der vorl. VV zu §§ 44, 44 a BHO genehmigt haben. Außerdem soll dieser Gesamtbetrag den laufenden Unterhalt der großen bis mittleren Kulturträger des ehemaligen Zonenrandgebietes (Theater, Orchester, Festspiele und Bildungseinrichtungen) bis einschließlich 1992 garantieren. Damit soll den Ländern Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausreichend Zeit für eine Umstrukturierung ihrer Haushalte zur Übernahme der künftig ausfallenden Bundesförderung verschafft werden. Der bisher für die Verteilung von Bundesmitteln maßgebende Schlüssel von Bayern 33,96 % Hessen 13,35 % Niedersachsen 28,33 % Schleswig-Holstein 24,36 bleibt hierbei unverändert bestehen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Reinhard Göhner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 46 und 47): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß nach der Einführung eines Straftatbestandes der „Geldwäscherei" in der Schweiz (Artikel 305 schweizerisches StGB) und in anderen westeuropäischen Ländern im Jahre 1990 die Gefahr besteht, daß vermehrt Gelder aus dem internationalen Drogenhandel und anderen Bereichen der organisierten Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland angelegt werden, wo es bisher keinen entsprechenden Straftatbestand gibt? 2720* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Beabsichtigt die Bundesregierung, daraus Konsequenzen zu ziehen und die Verpflichtungen aus den von ihr getragenen Übereinkommen, Empfehlungen und Richtlinien der UNO, des Europarates, der Europäischen Kommission und der EG trotz der Bedenken des Kreditgewerbes endlich zu erfüllen? Zu Frage 46: Die Entscheidung der einschlägigen Täter darüber, wo der Versuch unternommen wird, die Gewinne aus der Organisierten Kriminalität zu „waschen", dürfte von einer Reihe von Faktoren abhängen. Das jeweils geltende Strafrecht ist nur einer dieser Faktoren. Die in der Frage angesprochene Gefahr könnte sich auf Dauer nur dann ergeben, wenn die Geldwäsche in Deutschland straflos bliebe. Aus meiner Antwort zu der nächsten Frage wird sich aber ergeben, daß dieser Fall nicht eintreten wird. Die angesprochene Gefahr sehe ich daher nicht. Zu Frage 47: Die in der Frage angesprochenen Konsequenzen beziehen sich im Grunde auf zwei verschiedene Bereiche, auf eine Strafvorschrift über Geldwäsche und auf eine Regelung zur Aufspürung der Gewinne aus schweren Straftaten. Zur Geldwäsche habe ich in der Fragestunde vom 17. April 1991 auf eine Frage des Herrn Kollegen Singer ausgeführt, daß die Bundesregierung bereits in der Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität einen eigenen Vorschlag für eine neue Strafvorschrift im vergangenen Jahr dem Deutschen Bundestag unterbreitet hat. Eine ergänzte, mit den beteiligten Bundesressorts zwischenzeitlich abgestimmte Fassung soll in das Ausführungsgesetz zu dem Vertragsgesetz zur Wiener Drogenkonvention von 1988 eingestellt werden. Die Bundesregierung hält am Ziel einer möglichst schnellen Ratifizierung dieses Übereinkommens durch den Deutschen Bundestag noch vor Jahresende 1991 fest und ist dementsprechend auch um eine schnelle Einbringung des Ausführungsgesetzes dazu bemüht. Unabhängig hiervon hat der Bundesrat am 26. April 1991 beschlossen, in seinem Gesetzentwurf zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität einen Geldwäschetatbestand aufzunehmen, der in seiner Ausgestaltung weitgehend der im Bundesministerium der Justiz ausgearbeiteten Formulierung entspricht. Damit ist sichergestellt, daß die Pönalisierung der Geldwäsche auch im Rahmen der Gesetzgebung zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität weiter verfolgt wird. Je nachdem, welches der beiden Gesetzgebungsvorhaben schneller läuft, wird die Regelung also entweder in dem einen oder in dem anderen Gesetz verabschiedet werden. Zum Gewinnaufspürungsgesetz ist darauf hinzuweisen, daß die Richtlinie der EG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche erst am 10. Juni 1991, also in der vorigen Woche, in Brüssel beschlossen worden ist. Die Forderung, die Richtlinie „endlich" umzusetzen, ist deshalb nicht verständlich. Die Richtlinie schreibt eine Umsetzung bis zum 1. Januar 1993 vor. Die Bundesregierung ist jedoch selbstverständlich bemüht, die Richtlinie so zügig wie möglich umzusetzen. Soweit in der Frage auch noch der Europarat angesprochen ist, möchte ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung selbstverständlich auch das Übereinkommen des Europarates über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Erträgen aus Straftaten, zu dessen Erstzeichnern die Bundesrepublik Deutschland gehört hat, so schnell wie möglich zur Ratifizierung vorlegen wird, wenn die innerstaatlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Wie Sie aus meinen vorausgegangenen Ausführungen entnehmen konnten, wird hieran mit Nachdruck gearbeitet. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Reinhard Göhner auf die Frage des Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) (Drucksache 12/766 Frage 48) : Ist der Bundesregierung bekannt, ob im Hinblick auf die durch Aktenfunde belegten Zwangsadoptionen in der ehemaligen DDR staatsanwaltschaftliche Ermittlungen eingeleitet wurden, und denkt die Bundesregierung vor diesem Hintergrund gesetzliche Maßnahmen einzuleiten? Die Nachfrage bei den betroffenen Landesjustizverwaltungen hat ergeben, daß in Berlin und Brandenburg im Zusammenhang mit dem Verdacht von „Zwangsadoptionen" staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren bisher nicht eingeleitet worden sind. In diesen Ländern soll nach Auswertung der Verdachtsfälle durch die Senatsverwaltung für Jugend in Berlin entschieden werden, ob Anlaß zu strafrechtlichen Ermittlungen besteht. Im Lande Sachsen-Anhalt ist bei der Staatsanwaltschaft Halle auf Grund der Strafanzeige eines Rechtsanwalts ein Ermittlungsverfahren zu dem angesprochenen Fragenkomplex eingeleitet worden. Erkenntnise über weitere staatsanwaltschaftliche Ermittlungen haben sich in der Kürze der zur Beantwortung der Frage zur Verfügung stehenden Zeit nicht gewinnen lassen. Aus strafrechtlicher Sicht sind bisher keine gesetzlichen Maßnahmen angezeigt. Es ist Aufgabe der Strafverfolgungsorgane der Länder und letztlich der unabhängigen Gerichte zu beurteilen, ob sich jemand im Zusammenhang mit dem angesprochenen Fragenkomplex nach den zur Tatzeit geltenden Gesetzen strafbar gemacht hat. Soweit dies nicht der Fall sein sollte, kann eine Strafbarkeit nicht nachträglich begründet werden. Dies ist durch das in Artikel 103 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verankerte Rückwirkungsverbot ausgeschlossen. Zur Erforderlichkeit gesetzgeberischer Maßnahmen im Bereich des Familienrechts, namentlich einer Verlängerung der Antragsfrist zur Überprüfung der nach dem Recht der ehemaligen DDR ohne Einwilligung der leiblichen Eltern erfolgten Adoptionen wird Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2721* Herr Bundesminister Dr. Kinkel heute abend vor dem Bundestag die Auffassung der Bundesregierung vortragen. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage des Abgeordneten Klaus Harries (CDU/ CSU) (Drucksache 12/766 Frage 49): Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die Vielzahl von Subventionen und Förderungsprogrammen in den neuen Bundesländern, die insbesondere für die Städte, Kreise und Gemeinden unübersichtlich bis verwirrend sind, baldmöglichst zu straffen und zu vereinfachen? Um den Kommunen einen Überblick über alle bestehenden Bundesprogramme zu geben, hat der Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit den anderen Bundesressorts die Broschüre „Finanzierungshilfen der Bundesregierung 1991" zusammengestellt. In dieser Informationsschrift sind ausführlich die Förderprogramme dargestellt, die Adressen der Antragsstellen angeben sowie — soweit möglich — Musteranträge beigefügt. Die Broschüre ist inzwischen an alle Gemeinden und Kreise in den neuen Bundesländern versandt worden. Die Bundesregierung ist sich durchaus bewußt, daß die Vielzahl der Förderprogramme die Übersichtlichkeit verringert. Unter anderem auch aus diesem Grunde hat sie deshalb im Rahmen des Gemeinschaftswerkes „Aufschwung Ost" und unter Beachtung der Eigenverantwortung von Ländern und Gemeinden 5 Milliarden DM den Kommunen in den neuen Ländern als Investitionspauschale für Instandsetzungen insbesondere von Schulen, Krankenhäusern und Altersheimen zur Verfügung gestellt. Damit konnten ohne bürokratische Verzögerungen unverzüglich Aufträge an die heimische Wirtschaft vergeben und Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Im übrigen sieht die Bundesregierung derzeit keine Möglichkeiten, die Vielzahl von Subventionen und Förderprogrammen in den neuen Bundesländern zu straffen und zu vereinfachen, da die Mischfinanzierungs- und Subventionstatbestände vielfältiger Art sind und auch unterschiedlichen Sachgesetzlichkeiten unterliegen. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage des Abgeordneten Ortwin Lowack (fraktionslos) (Drucksache 12/766 Frage 50): Treffen Mitteilungen zu, wonach der Militärhaushalt der Sowjetunion in diesem Jahr um über 20 % ansteigt, und wie läßt sich gegebenenfalls diese Tatsache mit den deutschen Zahlungen an die Sowjetunion vereinbaren, die in diesem Jahr eine Größenordnung von voraussichtlich 70 Milliarden DM erreichen werden? Es trifft nach den Informationen der Bundesregierung zu, daß der sowjetische Militärhaushalt 1991 um über 20 % gegenüber 1990 steigt. Dabei handelt es sich allerdings um eine Nominalzahl, die im Zusammenhang mit der offiziell mit 24 % angegebenen, aber von sowjetischen und ausländischen Ökonomen für 1991 auf bis zu 200 % geschätzten Inflationsrate zu sehen ist. Zwar ist der Bundesregierung nicht bekannt, inwieweit die sowjetischen Militärkosten von den Preissteigerungen betroffen sind. Es ist aber nicht auszuschließen, daß es real zumindest nicht zu einer Steigerung der Militärausgaben kommt. Die in der Frage genannte Zahl von 70 Milliarden DM für angeblich deutsche Zahlungen an die UdSSR ist nicht nur überhöht; sie umfaßt auch Leistungen unterschiedlicher Natur und verschiedener Zeiträume. So betragen die Zahlungen aus dem Bundeshaushalt in 1991 etwa ein Viertel der nach dem deutsch-sowjetischen Überleitungsabkommen zu erbringenden und auf vier Jahre verteilten Leistungen in Höhe von insgesamt rund 12 Milliarden DM, also rund 3 Milliarden DM. Daneben werden unter anderem deutschen Exporteuren zu kommerziellen Bedingungen Ausfuhrgarantien für Exporte in die UdSSR gewährt, wobei zugunsten der Exporte aus dem Beitrittsgebiet bestimmte Sonderkonditionen gelten. Dabei bleibt es aber bei der Verzinsung zu Marktkonditionen und der Rückzahlbarkeit. Weder die Leistungen nach dem Überleitungsabkommen noch die Exportbürgschaften eignen sich als Ansatzpunkte, um die UdSSR zur Verringerung ihrer Rüstungsausgaben zu bewegen. In dem inzwischen beiderseits ratifizierten Überleitungsabkommen hat sich die Bundesregierung völkerrechtlich verbindlich verpflichtet. Die Zahlungen dienen dazu, den termingerechten Abzug der sowjetischen Truppen aus Deutschland zu sichern. Die Exportbürgschaften dienen zumindest auch der Sicherung der Beschäftigung, insbesondere in den neuen Bundesländern. Ein politisches Junktim würde den ohnehin stockenden Handelsaustausch gefährden, womit keiner Seite gedient wäre. Im Rahmen ihrer außenpolitischen Bemühungen strebt die Bundesregierung eine nachhaltige und dauerhafte Abrüstung an. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage des Abgeordneten Otto Schily (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 51): Zu welchem Zeitpunkt will die Bundesregierung den beabsichtigten Subventionsabbau von 10 Milliarden DM „kassenwirksam" werden lassen? Von dem vereinbarten Subventionsabbau sind im Bundeshaushalt 1991 rund 0,5 Milliarden DM kassenwirksam. Dieser Betrag steigt auf 1,5 Milliarden DM im Jahr 1994 an und ist im Finanzplan berücksichtigt. Der weitere Abbau von Finanzhilfen wird noch in einer Arbeitsgruppe beraten. Zum Abbau zusätzlicher 2722* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 steuerlicher Vergünstigungen sind bereits Vorschläge erarbeitet worden. Das Gesamtpaket wird dem Bundeskabinett am 10. Juli 1991 vorliegen. Vorher lassen sich Aussagen weder über Einzelmaßnahmen, noch über deren kassenmäßigen Auswirkungen machen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 52): In welcher Höhe wurden aus dem Etat Kommunales Investitionsprogramm (insbesondere Schulen, Krankenhäuser, Altenheime) „Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost" in Höhe von 5 Mrd. DM Mittel für den kommunalen Straßenbau verwendet? Den Kommunen und Kreisen in den neuen Bundesländern sind im Rahmen des Gemeinschaftswerks „Aufschwung Ost" vom Bund fünf Milliarden DM als Investitionspauschale über die Verwaltungen der neuen Bundesländer zur Verfügung gestellt worden. Eine ausschließliche Verwendung der Mittel für Investitionen in soziale Einrichtungen — dies muß betont werden — ist in der zwischen Bund und Ländern geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zur Investitionspauschale nicht vorgesehen. Vielmehr können bei entsprechendem Bedarf investive Maßnahmen für die Kommunale Infrastruktur insgesamt, also auch zum Beispiel für kommunale Gebäude und sonstige Anlagen allgemein, gefördert werden, mithin auch kommunale Straßen. Wie sich die Investitionsvorhaben bei den Kommunen aufgliedern, ist im Augenblick noch nicht zu sagen, da sich die neuen Länder zu einer entsprechenden Berichterstattung an den Bund bisher nicht in der Lage sehen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Fragen der Abgeordneten Sabine LeutheusserSchnarrenberger (FDP) (Drucksache 12/766 Fragen 53 und 54): Ist die Bundesregierung bereit, den Privatisierungsauftrag der Treuhand im Bereich Fremdenverkehr auf die Ferienheime der Betriebe der NVA und der verschiedenen Sondervermögen sowie die Gästehäuser des Ministerrates der ehemaligen DDR zu erweitern? Ist die Bundesregierung bereit, innerhalb der Treuhand die Zuständigkeit für die Privatisierung aller touristischen Objekte zu zentralisieren — und zwar möglichst beim Koordinator Fremdenverkehr — und dessen Stellung innerhalb der Treuhand durch Zuordnung eines adäquaten Mitarbeiterstabes zu stärken? Zu Frage 53: Die in der Frage angesprochenen Einrichtungen sind teils der Treuhandanstalt zur Verwaltung und Verwertung übertragen, teils stehen sie unmittelbar im Eigentum des Bundes. Diese Aufteilung ist durch Gesetz geregelt. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, hieran etwas zu ändern. Zu Frage 54: Die Trauhandanstalt ist mittlerweile personell und organisatorisch in der Lage, ihrer Aufgabe voll gerecht zu werden. So ist zukünftig der Koordinator für Fremdenverkehr und Tourismus der alleinige Ansprechpartner für die Privatisierung von Hotels und Ferienheimen, soweit sie der Verwaltung der Treuhandanstalt unterliegen. Auch von daher sieht die Bundesregierung keinen Anlaß, Einfluß auf die Organisationsstruktur der Treuhandanstalt zu nehmen. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 55): Welche zusätzlichen personellen Möglichkeiten für die Grenzübergänge Waldhaus und Furth im Wald sieht die Bundesregierung auf der Grundlage des verabschiedeten Bundeshaushalts, und welche Chancen eröffnet er, den Beförderungsstau dort aufzulösen? Zur Anpassung an die allgemeine Verkehrsentwicklung ist der Personalbestand der in Bayern an der Grenze zur Tschechoslowakei gelegenen Zolldienststellen um insgesamt über 200 Beamte, die bisher an der innerdeutschen Grenze eingesetzt waren, erhöht worden. In Kürze werden den Zollämtern Waidhaus und Furth im Wald insgesamt mehr als 40 weitere Beamte auf Dauer zugeführt. Im Bundeshaushalt 1991 sind die notwendigen Personalverstärkungen an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze berücksichtigt worden. Sie führen aber insgesamt nicht zu Stellenvermehrungen, weil gleichzeitig im Zusammenhang mit dem Wegfall von Aufgaben der Zollverwaltung an der ehemaligen innerdeutschen Grenze noch Stellenüberhänge abzubauen sind. Die Einführung der neuen Funktionsgruppe „Grenzzolldienst" eröffnet für die in diesem Bereich eingesetzten Beamten eine Vielzahl von Beförderungsmöglichkeiten. Zu den konkreten Beförderungsaussichten der Beschäftigten der Zollämter Waidhaus und Furth im Wald läßt sich jedoch keine Aussage machen, da die Beamten der Zollverwaltung — unabhängig von der Dienststelle, der sie angehören — bundeseinheitlich nach einer mit der Personalvertretung abgestimmten Reihenfolge befördert werden. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2723* Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Fragen des Abgeordneten Dietmar Schütz (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 56 und 57): Steht die Bundesregierung jetzt nicht mehr zu ihrer mit den Regierungschefs der Länder getroffenen Übereinkunft vom 12. Dezember 1989 — die vor Ort durch den damaligen Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Jürgen W. Möllemann, bekräftigt wurde — Studentenwerken ehemalige Kasernen zu günstigen Konditionen zur Verfügung zu stellen? Wie soll im Kaufvertrag mit dem britischen Investor sichergestellt werden (z. B. durch Begrenzung der Höchstmiete etc.), daß der Investor — wie in der Presse angekündigt — dort 270 Studentenwohnungen bauen wird? Zu Frage 56: Die in dem Protokoll der Ministerpräsidentenkonferenz vom 21. Dezember 1989 enthaltene Forderung der Länder, der Bund solle geeignete bundeseigene Baugrundstücke „zu einem symbolischen Preis" zur Schaffung von Wohnraum für Studenten bereitstellen, ist im Rahmen der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder in die „gemeinsame Erklärung der Regierungschefs von Bund und Ländern zu grundsätzlichen Fragen der Bildungs- und Forschungspolitik" nicht aufgenommen worden. In der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. Dezember 1989 ist deshalb keine Übereinkunft getroffen worden. Zu Frage 57: Es geht bei Ihrer Frage offenbar um die Pferdemarkt-Kaserne in Oldenburg. Der meistbietende Kaufinteressent, ein britischer Staatsangehöriger, beabsichtigt nach Angaben des ihn vertretenden Anwalts, die beiden unteren Stockwerke des Hauptgebäudes der Pferdemarkt-Kaserne einer gewerblichen Nutzung zuzuführen (beispielsweise Praxen für Ärzte und Anwälte) und in den beiden oberen Stockwerken Studentenwohnraum zu schaffen. In den Kaufvertrag sollen folgende Forderungen des Bundes aufgenommen werden: — Die Herrichtung zu Studentenwohnungen ist in spätestens 5 Jahren nach Eigentumsübertragung abgeschlossen. Die Nutzung als Studentenwohnungen wird für mindestens 10 Jahre nach Abschluß der Baumaßnahmen aufrechterhalten. — Der Mietzins beträgt höchstens 8, — DM/m2. Er ist für die Dauer von einem Jahr nach Erstvermietung unveränderlich. Nach diesem Zeitraum ist eine Steigerung im Verhältnis der Steigerung der Mietzinsen im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau zulässig. — Der Bund hat sich im Kaufvertrag das Recht des Wiederkaufs für den Fall vorzubehalten, daß das Grundstück nicht vertragsgemäß verwendet wird. Zur Sicherung dieses Rechts ist eine Vormerkung für den Bund an dem Kaufgrundstück zu bestellen und an erster Rangstelle einzutragen. Im übrigen hat der Bund vom Kaufinteressenten gefordert, daß auch im Nebengebäude (rd. 660 m2) Studentenwohnungen einzurichten sind. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU) (Drucksache 12/766 Frage 66): Wie verhält sich die Bundesregierung zu Vorschlägen, Unternehmen, die bisher in der reinen Kohleförderung und -verwertung tätig sind, bei deren Bemühen zu fördern, wie andere Energiekonzerne auch neue Märkte in anderen Bereichen zu erschließen, und ist sie bereit, rechtliche und praktische Hindernisse, die dabei im Wege stehen, umgehend zu beseitigen? Die Unternehmen des deutschen Steinkohlenbergbaus unterscheiden sich von anderen Energiekonzernen u. a. dadurch, daß sie in hohem Maße von öffentlichen Hilfen abhängig sind. Von den heute im Prinzip nur noch drei selbständigen Bergbauunternehmen verfügt vor allem die Ruhrkohle AG bereits über einen umfangreichen Beteiligungsbereich. Dort erzielt sie rd. ein Drittel ihres Konzernumsatzes. Einer begrenzten und wirtschaftlich vernünftigen Ausweitung dieses Bereichs hat die Bundesregierung nichts in den Weg gelegt; die aus bürgschaftsrechtlichen Gründen erforderliche Zustimmung der öffentlichen Hand zum Erwerb von Beteiligungen ist in aller Regel erteilt worden. Eine Förderung der Bergbauunternehmen aus den Kohlehilfen zur Erschließung neuer Märkte, in denen sie im Wettbewerb mit anderen Unternehmen stehen, kann nicht in Betracht kommen. Die den Bergbauunternehmen gewährten Kohlehilfen sind zweckgebunden zur Erhaltung des politisch gewollten Versorgungsbeitrages der deutschen Steinkohle. Die Kohlehilfen können auch nur in dem Umfang gewährt werden, wie die Unternehmen alle eigenen Möglichkeiten der Finanzierung und zur Rationalisierung ausgeschöpft haben; Gewinne aus Beteiligungen sind grundsätzlich zur Verringerung der Kohlehilfen zu verwenden. Die bereits erfolgte Diversifizierung trägt auch zur Beschleunigung des Strukturwandels und zur Bewältigung des Personalüberhangs bei. Als Instrument zur Schaffung neuer Arbeitsplätze im Nichtmontanbereich stehen in den Bergbauregionen Hilfen aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und anderen Förderprogrammen zur Verfügung. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 67 und 68) : 2724* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Von welchen Ländern sind der Bundesregierung gegenüber Klagen über Folgen der westlichen Sowjetunion-Hilfe für die eigenen Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion geäußert worden? Welche Konzepte verfolgt die Bundesregierung, damit durch ihre Hilfen an die Sowjetunion keine negativen Folgen für die gewachsenen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen den osteuropäischen Ländern und der Sowjetunion entstehen können? Zu Frage 67: An die Bundesregierung sind bisher keine offziellen Klagen anderer Staaten über negative Auswirkungen der Hilfen für die UdSSR auf ihre Handelsbeziehungen mit der UdSSR herangetragen worden. Der Bundesregierung ist jedoch bekannt, daß sich Vertreter Polens, Ungarns und der CSFR bei verschiedenen Anlässen besorgt über Beeinträchtigungen ihrer Agrarausfuhren in die UdSSR durch die westlichen Nahrungsmittellieferungen zu Vorzugskonditionen äußerten. Die Befürchtungen dieser Staaten werden von der Bundesregierung ernst genommen. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Handel der ehemaligen RGW-Staaten seit dem 1. Januar 1991 auf der Basis konvertibler Währungen abgewikkelt wird. Diese Umstellung dürfte wegen der Devisenknappheit der UdSSR den Agrarhandel dieser Länder stärker tangiert haben als die Nahrungsmittellieferungen der westlichen Länder. Zu Frage 68: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß mit den deutschen Wirtschafts- und Finanzhilfen an die UdSSR ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Volkswirtschaft dieses Landes geleistet wird. Die Stärkung der Wirtschaftskraft der UdSSR ist eine wesentliche Voraussetzung für die Aufrechterhaltung ihrer gewachsenen Handelsbeziehungen mit dem mittel- und osteuropäischen Staaten. Die Hilfen für die Sowjetunion kommen auf diese Weise mittelbar auch den anderen ehemaligen RGW-Staaten zugute. Die aus humanitären Motiven geleisteten Unterstützungen zur Erleichterung von akuten Versorgungsengpässen in der UdSSR bei Nahrungsmitteln im Winter 1990/1991, nämlich vor allem die Spende von Vorräten aus der Auflösung der Berlin-Reserve, hat traditionelle Einkäufe der UdSSR in anderen Ländern nach unserem Wissen nicht tangiert, denn die Sowjetunion war aufgrund ihrer Devisenschwäche nicht in der Lage, diese Engpässe durch zusätzliche Käufe am Weltmarkt zu überbrücken. Von den Sonderkonditionen bei der Hermes-Absicherung, die die Bundesregierung der UdSSR zur Erleichterung der Einkäufe in den fünf neuen Bundesländern für 1991 eingeräumt hat, gehen ebenfalls keine Effekte aus, die Handelsströme umlenken. Denn sie betreffen ein Volumen, das nur einen Teil der früheren langjährigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Betrieben der ehemaligen DDR und sowjetischen Abnehmern abdeckt. Im übrigen ist die Bundesregierung bemüht, bei ihren Hilfen die mittel- und osteuropäischen Staaten und die Sowjetunion möglichst gleichgewichtig zu behandeln. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Fragen des Abgeordneten Jürgen Türk (FDP) (Drucksache 12/766 Fragen 69 und 70): Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, z. B. für den Spreewald, im Rahmen von Pilotprojekten ein auch touristisch konzipiertes, umweltverträgliches, traditionsgebundenes und den Mittelstand förderndes, wirtschaftlich attraktives Leistungsangebot zu initiieren und sowohl finanziell als auch ideell zu unterstützen? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Anerkennungen von Kur- und Badeorten und die damit verbundenen Investitionen wie z. B. den Ausbau der Übernachtungskapazitäten und der Infrastruktur möglichst schnell umzusetzen, und in welchem Rahmen ist sie bereit, diese zu unterstützen? Zu Frage 69: Der Spreewald als einzigartige Niederungslandschaft in Mitteleuropa ist eine Region von besonderer touristischer Attraktivität. Dementsprechend groß ist das öffentliche Interesse. So gibt es bereits mehrere Studien mit konzeptionellen Vorstellungen für die Entwicklung dieser Region, u. a. von der Universität Trier. Über diese Unterstützung hinaus steht für konkrete Investitionsprojekte das differenzierte Förderinstrumentarium zur Verfügung, das im wesentlichen vom Land verwaltet wird. Die Bundesregierung geht davon aus, daß das Land sich bei den finanziellen Zusagen — insbesondere aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" — an diesen Entwicklungskonzepten orientiert. Die Konzepte berücksichtigen die in der Frage erwähnten Kriterien. Zu Frage 70: Die Situation im Kur- und Bäderbereich der neuen Länder ist noch schwierig, da die überwiegende Zahl der Erholungsorte, in denen sich Kureinrichtungen befanden, die ehrgeizigen Kriterien zur Kurortanerkennung im alten Bundesgebiet nicht erfüllen kann. Daher wird es notwendig sein, eine Auswahl von geeigneten Kurorten für die Anerkennung zu treffen, denen eine gewisse Schonzeit von mehreren Jahren zuzusichern ist und denen verstärkte Förderhilfen durch die Landesregierung zu geben sind. Zur Unterstützung des Kur- und Bäderbereiches prüft das Bundesministerium für Wirtschaft einen Untersuchungsauftrag zur Erstellung eines MarketingKonzepts unter besonderer Berücksichtigung der Situation der neuen Länder. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2725* Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) (Drucksache 12/766 Frage 71): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, besondere kulturelle Wegstrecken wie z. B. die Sächsische Silberstraße überregional bekanntzumachen und für den Tourismus zu erschließen? Die Profilierung derartiger touristischer Straßen muß in erster Linie von den Bürgern und Verantwortlichen vor Ort mitgetragen werden. Eine enge Zusammenarbeit der beteiligten Gemeinden ist ebenfalls vorauszusetzen. Zur Unterstützung entsprechender Initiativen können die verschiedenen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Förderung durch die Landesregierung eingesetzt werden. Eine überregionale, internationale Beachtung kann bei geeigneten Projekten durch die Deutsche Zentrale für Tourismus im Rahmen ihrer Tourismuswerbung erzielt werden. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Sigrid Semper (FDP) (Drucksache 12/766 Fragen 72 und 73): Welche Maßnahmen sind bei der regionalen Wirtschaftsförderung im Rahmen des Gemeinschaftswerkes „Aufschwung-Ost" zur Stärkung der Fremdenverkehrsbranche vorgesehen, und wie verteilen sich diese Maßnahmen auf die einzelnen Bundesländer? In welchem Umfang werden bei der Investitionsmittelvergabe die traditionellen gastronomischen Gepflogenheiten der Region berücksichtigt bzw. ein enger landsmannschaftlicher und kultureller Bezug sichergestellt? Zu Frage 72: Auch für das Sonderprogramm „regionale Wirtschaftsförderung" im Rahmen des Gemeinschaftswerks „Aufschwung-Ost" bleibt es den Ländern überlassen, regionale und sektorale Schwerpunkte der Förderung zu bestimmen. Die Aufteilung der insgesamt 2,4 Milliarden D-Mark auf die einzelnen Länder ergibt sich wie folgt: Brandenburg 360 Millionen D-Mark Mecklenburg-Vorpommern 300 Millionen D-Mark Sachsen-Anhalt 400 Millionen D-Mark Sachsen 720 Millionen D-Mark Thüringen 440 Millionen D-Mark Berlin-Ost 180 Millionen D-Mark. Zu Frage 73: Eine Bindung der Fördermittelvergabe an spezielle gastronomische Ausstattungsformen im Sinne einer staatlichen Vorgabe erfolgt nicht. Die Wahl des Leistungsprofils einer Gaststätte unterliegt der freien unternehmerischen Entscheidung und muß sich am Markt orientieren. Es wird allerdings häufig im Interesse des Investors liegen, sein Angebot in Anknüpfung an regionale Traditionen zu gestalten. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage der Abgeordneten Dr. Gisela Babel (FDP) (Drucksache 12/766 Frage 74): Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die vorhandenen Übersichten über die bereitgestellten Fördermittel den Anforderungen der Existenzgründer und Investoren gerecht werden, und welche Konsequenzen zieht sie aus vorgetragener Kritik wie z. B. im Rahmen der internen Anhörung der Fraktion der FDP „Fremdenverkehrstag Aufschwung-Ost"? Die Bundesregierung ist ständig bemüht, die vorhandenen Informationsmaterialien für Existenzgründer und potentielle Investoren zu verbessern. Ende Mai 1991 wurde eine neue Broschüre des Bundesministers für Wirtschaft aufgelegt mit dem Titel „Wirtschaftliche Förderung in den neuen Bundesländern" . Diese Broschüre gibt viele praktische Hinweise für potentielle Existenzgründer und Investoren. Naturgemäß gibt es im konkreten Einzelfall weitergehenden Beratungsbedarf, der seit 7. Juni 1991 u. a. auch durch die Benutzung des Bürgertelefons gedeckt werden kann, das bei der Außenstelle des Bundesministeriums für Wirtschaft eingerichtet wurde. In Regionalkonferenzen und Fachveranstaltungen vor Ort bemüht sich das Bundesministerium für Wirtschaft, zusätzliche Beratung weiterzugeben. In zunehmendem Maße sind auch die Wirtschaftsministerien der Länder, die Industrie- und Handelskammern und zahlreiche Fachverbände inzwischen in der Lage, Beratung vor Ort und im konkreten Einzelfall zu erteilen. Die Bundesregierung bleibt weiter bemüht, das vorhandene Informationsangebot zu verbessern. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Fragen des Abgeordneten Josef Grünbeck (FDP) (Drucksache 12/766 Fragen 75 und 76): Welche Maßnahmen sind bei der beschleunigten Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Rahmen des Gemeinschaftswerkes „Aufschwung-Ost" für einen umweltfreundlichen Tourismus vorgesehen, und auf welcher Höhe belaufen sich die Investitionen, bezogen auf jedes einzelne neue Bundesland? Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der extrem günstigen Wechselkurse und damit verbundenen Kaufkraftvorteile für West-Touristen bei Reisen in die benachbarten osteuropäischen Länder für den deutschen Tourismus, insbesondere in den neuen Bundesländern? Zu Frage 75: Welche Maßnahmen von den insgesamt vom Bund bereitgestellten 5,6 Milliarden DM im einzelnen finanziert werden, hängt im wesentlichen von den Länderverwaltungen ab. Die Maßnahmen dienen der Verbesserung der Mobilität und kommen damit generell dem Tourismus zugute. Soweit die Investitionen einem flüssigeren Verkehrsablauf oder einer Entlastung von Ortsdurchfahrten dienen, kann davon ausgegangen werden, daß sie besonders positive Umwelteffekte haben werden. 2726* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Von den für die Bundesfernstraßen vorgesehenen 400 Millionen DM in 1991 entfallen auf die Länder folgende Beträge: Brandenburg 116,8 Millionen DM Mecklenburg-Vorpommern 52,8 Millionen DM Sachsen 100,8 Millionen DM Sachsen-Anhalt 64,0 Millionen DM Thüringen 61,2 Millionen DM Berlin-Ost 4,4 Millionen DM. Die entsprechende Aufteilung im kommunalen Straßenbau: Brandenburg 93,0 Millionen DM Mecklenburg-Vorpommern 66,0 Millionen DM Sachsen 163,2 Millionen DM Sachsen-Anhalt 90,6 Millionen DM Thüringen 80,4 Millionen DM Berlin-Ost 106,8 Millionen DM. Die Länderaufteilung im Bereich öffentlicher Personennahverkehr wird zur Zeit mit den Ländern beraten. Die für Investitionsvorhaben der deutschen Reichsbahn vorgesehenen Mittel werden sich erst nach Durchführung der Maßnahmen aufgliedern lassen. Zu Frage 76: Seitdem die Bürger der neuen Länder über eine harte Währung verfügen, sind Reisen in die osteuropäischen Nachbarländer attraktiver geworden. Eng begrenzte Aufnahmekapazitäten lassen allerdings keine quantitativ bedeutsamen touristischen Bewegungen — abgesehen von Tagesausflügen — erwarten. Für die Bürger der alten Bundesländer, bei denen das Interesse an Osteuropa tendenziell zunimmt, dürfte das Preisniveau nur eines unter mehreren Motiven für die Reisezielwahl sein. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Olaf Feldmann (FDP) (Drucksache 12/766 Fragen 77 und 78): In welcher Weise ist die Bundesregierung aktiv an Bemühungen beteiligt, den Aufbau einer touristischen Infrastruktur in den neuen Bundesländern zwischen den einzelnen Landesregierungen zu koordinieren, und inwieweit wird dabei der Erstellung flächendeckender Landschaftspläne sowie länderübergreifender Tourismusentwicklungspläne Rechnung getragen? Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung die Regierungen der neuen Länder beim Aufbau von Fremdenverkehrsreferaten sowie bei der Erstellung touristischer Entwicklungspläne? Zu Frage 77: Die Bemühungen der Bundesregierung sind zunächst darauf gerichtet, den einzelnen Regionen und Ländern beim Aufbau einer touristischen Infrastruktur Hilfe zu leitsen. Als Beitrag zur Erstellung regionaler Landschaftspläne dient das Förderinstrumtent „Projektteams zur Beratung von ausgewählten Regionen in den neuen Bundesländern beim Aufbau wirtschaftsnaher Infrastruktur" . Abgesehen von dem Bereich der Verkehrsinfrastruktur konzentrieren sich die Planungen der Länder beim touristischen Angebot auf die örtliche und regionale Ebene. Bei diesen kleinräumigeren Planungen tritt in der Regel noch kein weitergehender Koordinierungsbedarf auf. Dringlich erscheint aus touristischer Sicht eine entsprechende Abstimmung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg. Zu Frage 78: Das Bundeswirtschaftsministerium bemüht sich, auch durch seine Außenstelle in Berlin, mit ideeller Unterstützung, insbesondere durch laufenden Erfahrungsaustausch und Know-how-Transfer, den neuen Ländern beim Aufbau von Tourismusreferaten behilflich zu sein. Landesweite oder länderübergreifende Entwicklungspläne könnten eine wichtige Hilfe für einen rascheren Aus- und Aufbau des touristischen Angebotes darstellen; Fördermittel des Bundes stehen hierfür im Haushalt 1991 nicht zur Verfügung. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gottfried Haschke auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 81 und 82): Trifft es zu, daß auch nach Herstellung der deutschen Einigung der Kartoffeltransport (sowohl der Speisekartoffeln als auch der weiterverarbeiteten Produkte) nach Berlin staatlich gefördert wird, und wenn ja, in welcher Höhe bzw. auf welchen Berechnungsgrundlagen erfolgen die Bezuschussungen? Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, daß eine Transportbegünstigung der Kartoffellieferungen aus den alten Bundesländern nach Berlin zu Wettbewerbsbenachteiligungen der Kartoffelwirtschaft in den neuen Bundesländern führt, vor allem, wenn man die ohnehin bestehenden Absatzschwierigkeiten der neuen Bundesländer berücksichtigt? Zu Frage 81: Eine Transportförderung von Kartoffeln und Kartoffelerzeugnissen nach Berlin findet aus Bundesmitteln nicht statt. Zu Frage 82: Die Bundesregierung teilt die Einschätzung, daß einseitige Förderungen für derartige Transporte aus den alten Bundesländern nach Berlin zu Wettbewerbsnachteilen für Kartoffeln und Kartoffelerzeugnisse aus den neuen Bundesländern führen würden. Da Transportvergünstigungen nicht gewährt werden, entstehen auch keine Wettbewerbsnachteile für derartige Waren aus den neuen Bundesländern. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2727 Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gottfried Haschke auf die Fragen des Abgeordneten Harald B. Schäfer (Offenbach) (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 83 und 84). Treffen Pressemeldungen zu, wonach im Raum Kehl 18 Schafe mit bis zu 30fach erhöhten PCB-Werten verendet sind? Besteht nach Auffassung der Bundesregierung ein Zusammenhang zwischen dem Schafsterben und der PCB-Belastung, und sind der Bundesregierung ähnliche Fälle von Tiersterben bekannt? Zu Frage 83: Pressemeldungen, wonach im Raum Kehl 18 Schafe mit dem Nachweis erhöhter PCB-Werte verendet sind bzw. getötet wurden, treffen zu. Untersuchungen einer Anzahl von gestorbenen bzw. getöteten Tieren haben bei einem Tier einen 30fach erhöhten PCB-Wert ergeben. Bei den übrigen Tieren wurden Werte ermittelt, die über denen liegen, die in der Schadstoffhöchstmengenverordnung festgelegt sind. Zu Frage 84: Nach Auffassung der Bundesregierung kann eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Schafe vermutet werden; es gibt allerdings keine gesicherten Erkenntnisse über einen alleinigen Zusammenhang zwischen der Erkrankung der Tiere und der PCB-Belastung. Ähnliche Fälle von Tiersterben sind der Bundesregierung nicht bekannt. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gottfried Haschke auf die Fragen der Abgeordneten Marion Caspers-Merk (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 85 und 86): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die beim Kehler Schafsterben verendeten Tiere in der Abluftzone der Straßburger Giftmüllverbrennungsanlage TREDI, der Straßburger Klärschlammverbrennungsanlage und der Badischen Stahlwerke geweidet haben, und sieht die Bundesregierung einen möglichen Zusammenhang zwischen diesem Umstand und der Ursache des Schafsterbens? Wird sich die Bundesregierung daran beteiligen, den möglichen Ursachenzusammenhang zwischen der PCB-Anreicherung in Tieren und der Abluft von Emittenten zu klären, und sich auf internationaler Ebene dafür einsetzen, die PCB-Werte zu senken? Die Bundesregierung kann — nach Rückfrage bei dem Minister für Ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Baden-Württemberg — bestätigen, daß die betroffene Schafherde im Einwirkungsbereich der Straßburger Müllverbrennungsanlage und der Badischen Stahlwerke weidete. Bisher untersuchte Aufwuchs- und Bodenproben der Schafkoppel erbrachten keine erhöhten PCB-Werte. Gleichwohl wird in Baden-Württemberg intensiv an der Ursachenermittlung gearbeitet. Die Tatsache, daß Aufwuchs- und Bodenproben keine erhöhten PCB-Werte, das Fleisch der erkrankten Schafe jedoch überhöhte PCB-Werte aufwies, läßt nach Auffassung der Bundesregierung den Schluß zu, daß in diesem Fall nicht die Abluft der genannten Anlagen, sondern andere PCB-Quellen eine Rolle spielen müssen. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Ursula Schmidt (Aachen) (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 87 und 88) : Trifft es zu, daß der Oberbefehlshaber der chilenischen Streitkräfte und ehemalige Diktator Chiles, General Augusto Pinochet, am 23. Mai 1991 zwei Stunden den VIP-Service im Frankfurter Flughafen auf Kosten des Bundesministers der Verteidigung genoß? Wenn ja, welche Begründung führt die Bundesregierung für diese zuvorkommende Behandlung eines Gewaltherrschers an — vor allem im Hinblick darauf, daß andere demokratische Staaten Europas Pinochet die Einreise verweigert haben? Zu Frage 87: 1. Am 23. Mai 1991 wurde das Protokoll BMVg vom Auswärtigen Amt, Protokoll, sehr kurzfristig, telefonisch darum ersucht, General Pinochet und dessen Begleitung während eines gut zweistündigen Transitaufenthaltes in Frankfurt/Main protokollarisch wahrzunehmen. Ankunft: 20.15 Uhr aus Lissabon kommend Weiterflug: 22.35 Uhr nach Santiago de Chile. Vom Protokoll BMVg wurden telefonisch folgende Maßnahmen getroffen: Reservierung und Bezahlung des VIP-Raumes über die Fluggastsonderbetreuung. Auftrag an Chef des Stabes WBK IV, Mainz, den General P. auf dem Flughafen wahrzunehmen. Am 24. Mai 1991 meldete Chef des Stabes WBK IV die Durchführung. Die o. g. Maßnahmen entsprechen dem üblichen Verfahren, wenn auf Bitten des Auswärtigen Amtes oder der jeweiligen Botschaft um protokollarische Wahrnehmung wegen des Aufenthaltes bzw. Transits eines hohen ausländischen Militärs oder Verteidigungsministers das Protokoll im BMVg tätig wird. 2. Mit Schreiben vom 14. Juni 1991 hat der stellvertretende Chef des Protokolls des Auswärtigen Amtes BMVg überraschend wissen lassen, daß das BMVg im Falle des Generals Pinochet nicht auf Ersuchen oder Bitte des Auswärtigen Amtes oder in Amtshilfe gehandelt habe. Zu Frage 88: Erst nach dem 23. Mai 1991 wurde dem Bundesministerium der Verteidigung bekannt, daß General Pinochet bereits am 10. Mai 1991 auf Veranlassung des Auswärtigen Amtes durch den Bundesminister des Innern mit der Maßnahme 3 (ZURÜCKWEISUNG) ausgeschrieben worden war. Unter diesen Umständen hätte sich — nach Ansicht BMVg — eine protokollarische Wahrnehmung verboten, auch wenn, wie geschehen, General Pinochet sich ausschließlich im Transitbereich des Flughafens auf- 2728* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 hielt und somit nicht in das Bundesgebiet eingereist ist. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) (Drucksache 12/766 Frage 89) : Wie stellt sich die Bundesregierung die weitere Entwicklung der Universitäten der Bundeswehr unter den Bedingungen der neuen Struktur der Bundeswehr vor? Die bisherigen Überlegungen zur zukünftigen Struktur basieren auf den Zahlen des Personalstrukturmodells 370. Danach wird für längerdienende Offiziere ein Bedarf ausgewiesen, der die Nutzung der vollen Kapazität der Universitäten der Bundeswehr auch in Zukunft notwendig macht. Da das in die Ausbildung zum Offizier integrierte Studium an den Universitäten der Bundeswehr mehr denn je ausschlaggebender Faktor für die Berufswahl der Offiziersbewerber ist, wird angestrebt, das Studienangebot in vollem Umfang zu erhalten. Einschnitte in quantitativer und qualitativer Hinsicht sollen vermieden werden. Zukünftige Änderungen des Personalstrukturmodells 370 müßten zu einer Neubewertung der weiteren Entwicklung der Universitäten der Bundeswehr führen. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hartmut Soell (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 90 und 91) : Wie viele Atomsprengköpfe der nuklearen Artillerie, nuklearer Kurzstreckenraketen bzw. luftgestützter Systeme lagern zur Zeit in der Bundesrepublik Deutschland? Welche Systeme, die für einen Einsatz als nukleare Abstandswaffen in Europa im Rahmen der NATO geeignet sind, werden zur Zeit in den USA entwickelt, und wieweit ist diese Entwicklung fortgeschritten? Zu Frage 90: Die Bundesregierung vertritt unverändert die Position, daß Angaben über Art, Umfang und Lagerung des nuklearen Potentials der NATO der Geheimhaltung unterliegen und nicht öffentlich bekanntgemacht werden. Über die Anzahl der Nuklearwaffen, die die sowjetischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland lagern, liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Zu Frage 91: Die Bundesregierung nimmt zu nationalen Planungen und Entwicklungen bezüglich neuer Waffensysteme von Bündnispartnern nicht Stellung. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen des Abgeordneten Walter Kolbow (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 92 und 93): Existieren Planungen der NATO oder der USA, den Nuklearwaffenbestand in der Bundesrepublik Deutschland unabhängig von amerikanisch-sowjetischen SNF(Short Nuclear Forces)-Verhandlungen zu verändern? Sollen die landgestützten Nuklearwaffenbestände in der Bundesrepublik Deutschland auch unabhängig von amerikanischsowjetischen SNF-Verhandlungen verringert oder beseitigt werden? Zu Frage 92: In ihrer Londoner Erklärung haben die Staats- und Regierungschefs ausgeführt: „Neue Verhandlungen über die Reduzierung nuklearer Mittel kürzerer Reichweite zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion sollten kurz nach Unterzeichnung eines KSE-Abkommens beginnen. Die betroffenen Bündnispartner werden einen Rahmen für diese Rüstungskontrollverhandlungen entwickeln, der ihren Bedarf an weit weniger Nuklearwaffen sowie das verringerte Erfordernis für substrategische Nuklearsysteme kürzester Reichweite berücksichtigt." „... Sie haben konkret beschlossen, daß das Bündnis gleich nach Beginn von Verhandlungen über nukleare Mittel kürzerer Reichweite vorschlagen wird, alle seine nuklearen Artilleriegeschosse in Europa im Gegenzug zu einem gleichartigen Vorgehen der Sowjetunion zu beseitigen. " — Im Bündnis finden zur Unterstützung dieser Absichten zur Zeit Beratungen zur Vorbereitung von Verhandlungspositionen für die Rüstungskontrollverhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion statt. Diese sind noch nicht abgeschlossen. — Davon unabhängige Planungen oder Absichten bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung nicht. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Uta Zapf (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 94 und 95): Hält es die Bundesregierung für erforderlich, daß die NATO über nukleare Abstandswaffen verfügt? Hält es die Bundesregierung für erforderlich, nukleare Abstandswaffen in der Bundesrepublik Deutschland zu stationieren? Die Staats- und Regierungschefs der NATO — wie auch die Verteidigungsminister haben erklärt: „Zur Wahrung des Friedens muß das Bündnis für die vorhersehbare Zukunft eine geeignete Zusammensetzung nuklearer und konventioneller Streitkräfte beibehalten, die in Europa stationiert sind und auf dem gebotenen Stand gehalten werden, wo dies erforderlich ist." Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2729* Entscheidungen zur Umsetzung sind nicht getroffen. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen des Abgeordneten Horst Jungmann (Wittmoldt) (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 96 und 97): Wann sollen nach den Planungen der NATO nukleare Abstandswaffen in der Bundesrepublik Deutschland stationiert werden, bzw. wann soll über eine mögliche Stationierung solcher nuklearen Abstandswaffen in der Bundesrepublik Deutschland entschieden werden? Wie weit ist innerhalb der NATO der Planungsprozeß bezüglich der Stationierung nuklearer Abstandswaffen in Europa fortgeschritten? Zu Frage 96: Entscheidungen über evtl. Stationierungen nuklearer Abstandswaffen stehen nicht an. Zu Frage 97: Es gibt keinen Planungsprozeß bezüglich einer Stationierung nuklearer Abstandswaffen innerhalb der NATO. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hermann Scheer (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 98): Bedarf die auf der jüngsten Tagung der NATO-Verteidigungsminister beschlossene „Rapid Reaction Force" einer nuklearen Abdeckung, und wenn ja, mit welchen Mitteln soll diese gewährleistet werden? Nuklearwaffen haben auch künftig eine wesentliche Rolle in der Gesamtstrategie des Bündnisses zur Kriegsverhütung. Sie stellen sicher, daß nie eine Lage entsteht, in der nicht mit nuklearer Vergeltung als Reaktion auf militärisches Vorgehen gerechnet werden müßte. Als politische Waffen der Kriegsverhütung sind Nuklearwaffen nicht isoliert ausgerichtet auf bestimmte Einsatzoptionen oder zur Unterstützung einzelner Großverbände. Die Zusammensetzung der „Rapid Reaction Force" sieht von daher auch keine nuklearen Anteile vor. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen des Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 99 und 100) : Hält die Bundesregierung die Sowjetunion jetzt oder in absehbarer Zeit für fähig und willens, einen Überraschungsschlag gegen die Bundesrepublik Deutschland oder den Westen zu führen? Gibt es oder gab es mit der Sowjetunion Gespräche darüber, die Tiefflugübungen simultan einzustellen? Zu Frage 99: Die Sowjetunion ist eine nukleare Supermacht, weltweit stärkste konventionelle Landmacht und zweitstärkste Seemacht sowie zweitstärkste Weltraummacht. Sie ist aufgrund der geostrategischen Nähe für die Sicherheit Deutschlands weiterhin von maßgeblicher Bedeutung. Es gibt derzeit keinen Hinweis auf feindliche Absichten in der sowjetischen Politik. Ein „Überraschungsschlag" mit nuklearen Mitteln wäre grundsätzlich führbar. Er wird als jetzige oder künftige Absicht der Sowjetunion nicht angenommen. Zu Frage 100: Die Bundesregierung erklärt, daß Gespräche mit der Sowjetunion mit dem Ziel, „die Tiefflugübungen simultan einzustellen", weder geführt wurden noch geführt werden. Es ist auch nicht beabsichtigt, mit der Sowjetunion Gespräche über dieses Thema aufzunehmen. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen des Abgeordneten Albrecht Müller (Pleisweiler) (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 101 und 102): Was sind die Gründe dafür, daß über weiten Teilen der Pfalz in den letzten zehn Tagen in unerträglichem Maß und bis in die Nacht hinein wieder militärischer Tiefflug geübt wird — übrigens auch über der Stadt Ludwigshafen, wie Augenzeugen berichten? Gibt es Anzeichen dafür, daß eine Bedrohungssituation vorliegt, die die Tiefflugvorbereitung auf einen Überraschungsschlag des Ostens und für ein tiefes Eindringen in den Raum des (nicht mehr vorhandenen) Warschauer Pakts nötig macht? Zu Frage 101: Die Bundesregierung erklärt, daß der angesprochene Flugbetrieb „über weiten Teilen der Pfalz in den letzten Tagen", was die 24. Kalenderwoche anbetrifft, mit der NATO-Luftwaffenübung „Central Enterprise" in Zusammenhang stand. Diese jährlich stattfindende Übung dient insbesondere dazu, die Zusammenarbeit der NATO-Luftstreitkräfte in Mitteleuropa bei taktischen Luftoperationen zu überprüfen und zu erproben. Das Übungsgebiet umfaßte den Luftraum über den Benelux-Staaten, Dänemark sowie der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der neuen Bundesländer. Insgesamt gesehen, verursachte die Übung „Central Enterprise" kein zusätzliches Flugaufkommen. Die seit dem 17. 9. 1990 grundsätzlich bestehende Tiefflugmindesthöhe vom 1 000 Fuß (300 m) wurde beibehalten. 2730* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Für die 23. Kalenderwoche liegen keine Hinweise auf Verdichtungen des Flugbetriebs in der Pfalz vor. Auch auf Tiefflugübungen über der Stadt Ludwigshafen liegen keine Anhaltspunkte vor. Das aus der Luft erkennbar zum Stadtkern gehörende Siedlungsgebiet von Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern darf nicht unterhalb von 2 000 Fuß (ca. 600 m) überflogen werden. Zu Frage 102: Es gibt keine Anzeichen dafür, daß eine Bedrohungssituation vorliegt, die auf einen möglichen Überraschungsschlag „des Ostens" hindeutet. Bezüglich der Tiefflugübungen weist die Bundesregierung allerdings darauf hin, daß Streitkräfte auch weiterhin ihren Auftrag nur dann erfüllen können, wenn sie bereits im Frieden die hierfür erforderliche Ausbildung erhalten. Für die Luftstreitkräfte bedeutet dies, daß den fliegenden Besatzungen angemessene Übungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden müssen, ohne die die Befähigung zum auftragsgemäßen und sicheren Führen eines Luftfahrzeuges nicht erhalten werden kann. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Lydia Westrich (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 103 und 104): Welchen Anteil haben die Alliierten zur Zeit an den Tiefflugübungen über der Pfalz und über der Bundesrepublik Deutschland insgesamt? Wie begründen die Alliierten gegenüber der Bundesregierung die Fortsetzung ihrer Tiefflugübungen, und wie kontrolliert die Bundesrepublik Deutschland die Einhaltung der 300 mGrenze? Zu Frage 103: Der Anteil der Alliierten am Tiefflug beträgt ca. 65 % des Gesamtumfanges. Statistiken über die Tiefflugbelastung einzelner Bundesländer werden nicht geführt. Zu Frage 104: Gemäß Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut § 46 Abs. 1 haben die Alliierten das Recht, im Luftraum der Bundesrepublik Deutschland zu fliegen. Die Untergrenze von 300 m wird von ihnen beachtet. Der Führungsstab der Luftwaffe setzt SKYGUARD- Geräte ein, um die Einhaltung der Tiefflugmindesthöhe zu überwachen. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Frage des Abgeordneten Norbert Gansel (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 105): Warum hat die Bundesregierung einer Feststellung im Gemeinsamen Kommuniqué des Verteidigungsplanungsausschusses und der nuklearen Planungsgruppe der NATO vom 28./29. Mai 1991 zugestimmt, nach der „die endgültige Vernichtung der im INF-Vertrag erfaßten amerikanischen und sowjetischen Flugkörper nunmehr vollzogen wurde", obwohl 24 vom INF-Vertrag erfaßte SS 23-Flugkörper sowjetischer Herkunft seit dem Tage der deutschen Einheit der Verfügungsgewalt der Bundesregierung unterliegen und bis heute nicht vernichtet worden sind? Die Bundesregierung hat diesem Kommuniqué zugestimmt, weil die darin getroffene Aussage den Tatsachen entspricht. Die Bundesregierung stützt sich dabei wie alle anderen Verbündeten auf Erklärungen der beiden INF-Vertragsstaaten, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten, daß die Vernichtung der vom INF-Vertrag erfaßten Systeme beider Staaten wie im Vertrag vorgesehen abgeschlossen ist. Die Eliminierung dieser Systeme ist in beiderseitigen Inspektionen überprüft und nachgewiesen worden. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht Vertragspartner des INF-Vertrages. Aus diesem Vertrag ist daher für die Bundesrepublik Deutschland keine Verpflichtung zur Vernichtung der von der ehemaligen NVA übernommenen SS-23-Flugkörper abzuleiten. Gleichwohl hat die Bundesregierung alle Vorbereitungen getroffen, um diese Systeme so bald wie möglich zu vernichten. Anlage 59 Antwort der Parl. Staatssekretärin Roswitha Verhülsdonk auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Helga Otto (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 106 und 107): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die finanzielle Lage der Träger der Freien Wohlfahrtsverbände in den neuen Bundesländern zu verbessern — besonders auch unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit, sie in die Lage zu versetzen, die Kindergärten und Kinderkrippen zu erhalten — und die katastrophale Situation in diesen Einrichtungen in den neuen Bundesländern zu verbessern? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die Bank für Sozialwirtschaft mit finanziellen Mitteln auszustatten, so daß sie in die Lage versetzt wird, den freien Wohlfahrtsverbänden der neuen Bundesländer Kredite zu gewähren? Zu Frage 106: Die Freie Wohlfahrtspflege ist ein unverzichtbarer Faktor des modernen Sozialstaates. Dies ist auch im Einigungsvertrag gewürdigt worden. In den alten Ländern, verfügt die Freie Wohlfahrtspflege in mehr als 64 000 Einrichtungen über ca. 2,5 Mio Betten und Plätze und beschäftigt rd. 750 000 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Bundesregierung ist sich der Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege bewußt. Daher wurde der Titel für die zentralen und internationalen Aufgaben einschließlich der Fortbildung in 1991 auf 68 Mio DM von 30 Mio DM in 1990 erhöht. Der größte Teil der zusätzlichen Summe soll für den Aufbau der Freien Wohlfahrtspflege in den neuen Bundesländern eingesetzt werden, damit die einzelnen sozialen Einrichtungen auch ein Wirkungsoptimum erreichen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2731* Für diese Einrichtungen ist grundsätzlich eine Länderzuständigkeit gegeben. Angesichts der Situation der Länderverwaltungen und der Finanzsituation sind eine Reihe von Programmen und Instrumente entwikkelt worden, um die Freien Träger zu unterstützen. Im Rahmen des Gemeinschaftswerkes „Aufschwung-Ost" ist eine kommunale Investitionspauschale in Höhe von 5 Mrd DM vorgesehen. Aus dieser Investitionspauschale können auch Freie Träger Mittel erhalten. Die Bundesregierung hat bereits 1990 im Rahmen des Soforthilfe-Programms für die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege 20 Mio DM zum Aufbau ambulanter Dienste in den neuen Bundesländern zur Verfügung gestellt. Das Soforthilfe-Programm für besondere Maßnahmen zugunsten von Familien und älteren Menschen in den neuen Bundesländern wird 1991 mit 50 Mio DM fortgesetzt. Zur Zeit werden Gespräche mit den Spitzenverbänden über den weiteren Aufbau ambulanter Dienste geführt. Darüber hinaus sollen die Mittel des Soforthilfe-Programms auch für Maßnahmen in stationären Einrichtungen, die sich in der Trägerschaft der Verbände befinden, eingesetzt werden. Nach Art. 31 Abs. 3 des Einigungsvertrages beteiligt sich der Bund bis zum 30. Juni 1991 an den Kosten für die Tageseinrichtungen für die Kinder, um ihre Weiterführung zu gewährleisten. An diesen Mitteln partizipieren gleichberechtigt die Tageseinrichtungen in freier Trägerschaft. Aus dem Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost können für freie Träger von Tageseinrichtungen Mittel aus der Investitionspauschale von 5 Mrd DM und aus dem ABM-Programm eingesetzt werden. Den Kirchen werden im Jahre 1991 70 Mio DM für die Förderung von kirchlichen und caritativen Hilfsmaßnahmen aus Bundesmitteln zur Verfügung gestellt. Schließlich ist auf Mittel zu verweisen, die freie Träger von Tageseinrichtungen von Ländern und Kommunen erhalten. Zu Frage 107: Die Bundesregierung stockt in den nächsten vier Jahren den Revolvingfonds um insgesamt 100 Mio DM auf, die vollständig für Einrichtungen in den neuen Ländern zur Verfügung stehen. Anlage 60 Antwort der Parl. Staatssekretärin Roswitha Verhülsdonk auf die Fragen des Abgeordneten Adolf Ostertag (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 108 und 109) : Wann gedenkt die Bundesregierung hinsichtlich der immer drängender werdenden Problematik der Anrechnung der häuslichen Pflegehilfe der Krankenkassen auf das Pflegegeld nach § 69 BSHG endlich im Rahmen einer Gesetzesänderung Rechtsklarheit zu schaffen mit dem Ziel, daß die Träger der Sozialhilfe im Interesse der Betroffenen, die dringend auf die ihnen zustehende gesetzliche Hilfe angewiesen sind, bundeseinheitlich verfahren können, und wie bewertet sie die derzeitige Anrechnungspraxis unter dem Gesichtspunkt, daß die neue Pflegehilfe nach dem SGB V §§ 53 his 57 von ihr selbst immer als ergänzend gekennzeichnet wurde, was sich auch im Text des § 55 SGB V niederschlägt? Über welche Informationen verfügt die Bundesregierung bezüglich der Anzahl der Klageverfahren hinsichtlich der Anrechnung des Krankenkassen-Pflegegeldes auf das Pflegegeld nach dem Bundessozialhilfegesetz, getrennt nach Bundesländern? Zu Frage 108: Maßgebend für die Anrechnung der Geldleistung nach § 57 Abs. 1 SGB V auf das Pflegegeld in der Sozialhilfe ist § 69 Abs. 3 Satz 3 BSHG. Nach dieser Bestimmung wird ein Pflegegeld nicht gewährt, soweit der Pflegebedürftige gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhält. Auf diese Regelung ist in der Begründung zum GesundheitsReformgesetz hingewiesen worden (BT-Drucks. 11/2237, Art. 40 — Bundessozialhilfegesetz, zu Nr. 4, S. 267). Die Sozialämter verfahren zur Zeit unterschiedlich und rechnen die Geldleistung von 400 DM ganz oder nur zum Teil auf das Pflegegeld in der Sozialhilfe an. Um diese für die Betroffenen außerordentlich unbefriedigende Anrechnungspraxis möglichst bald zu beenden und um die auf die Förderung der häuslichen Pflegebereitschaft ausgerichtete Zielrichtung der gesetzlichen Pflegeleistungen für den häuslichen Bereich zu unterstützen, habe ich den Sozialressorts in den Bundesländern, den beteiligten Bundesministerien sowie den Kommunalen Spitzenverbänden mit Schreiben vom 6. Mai 1991 eine Gesetzesänderung vorgeschlagen. Sie sieht die Nichtanrechnung der Hälfte der Geldleistung nach § 57 SGB V auf das Pflegegeld in der Sozialhilfe vor. Die hierzu erbetenen Stellungnahmen stehen noch aus. Zu Frage 109: Das Bundesministerium für Familie und Senioren hat die Sozialressorts der Länder und die Kommunalen Spitzenverbände mit Schreiben vom 6. Mai 1991 auch gebeten, die ihnen bekannten gerichtlichen Entscheidungen mitzuteilen. Eine Übersicht über die Anzahl der Klageverfahren ließe sich nur mit einer gezielten Umfrage bei den Sozialressorts der Länder erreichen, die ihrerseits alle Sozialämter befragen müßten. Ich gehe aber davon aus, daß in den süd- und ostdeutschen Bundesländern, in denen man weitgehend den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge folgt und die Geldleistung der Krankenkassen nur zur Hälfte auf das Pflegegeld in der Sozialhilfe anrechnet, kaum Klagen anhängig sind. Anlage 61 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen der Abgeordneten Antje-Marie Steen (SPD) (Drucksache 12/766 Fragen 110 und 111): Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob, vor allem durch den grenzüberschreitenden Verkehr, die AIDS-Erkrankungen und der Drogenkonsum in Großstädten wie Frankfurt/ Oder, Leipzig, Berlin, Rostock oder Dresden zugenommen haben? 2732* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 Was unternimmt die Bundesregierung über die üblichen finanziellen Hilfen hinaus, um den betroffenen Ländern in der Arbeit von Prävention und Aufklärung zu helfen und durch besondere Maßnahmen zu unterstützen? Zu Frage 110: Zum 31. Mai 1991 lagen dem AIDS-Zentrum Meldungen über 31 AIDS-Erkrankungen und 167 HIV-Infektionen in den neuen Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) vor. Ein überproportionaler Anstieg von AIDS-Fällen ist aufgrund der langen Inkubationszeit in der kurzen Beobachtungszeit nicht zu erwarten. Es liegen außerdem keine Anzeichen für eine erhebliche Zunahme von HIV-Infektionen in den neuen Bundesländern vor. Die nachgewiesenen HIV-Infektionen entsprechen dem Muster in den alten Bundesländern, d. h. es sind hauptsächlich Homosexuelle betroffen. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Presseerklärung des BMG Nr. 39 vom 12. Juni 1991 verwiesen. Verläßliche Daten über eine Zunahme von Drogenkonsum bzw. eine Etablierung entsprechender Szenen von iv. Drogenabhängigen in den neuen Bundesländern liegen bisher nicht vor. Zu Frage 111: Bereits 1990 wurden die damalige DDR und später die neuen Bundesländer in die Verteilung von Print- und audiovisuellen Medien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einbezogen. Der Umfang dieser Verteilung hat stetig zugenommen. Vertreter der neuen Länder arbeiten seit Mai dieses Jahres im Bund-Länder-Gremium zur Koordinierung der AIDS- Aufklärung mit. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung führt im 1. Halbjahr 1991 im Rahmen der personalen Kommunikation etwa 30 % ihrer Aktivitäten in den neuen Bundesländern durch. Eine Ausweitung auf 50 % und ggf. 60 % ist beabsichtigt. Ebenfalls personalkommunikativen Charakter hat ein Projektantrag der Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung e. V., der gegenwärtig mit positiver Tendenz geprüft wird. Er sieht vor, durch Multiplikatorenschulung insbesondere im verbandlichen Bereich die AIDS-Prävention in den neuen Ländern zu stärken und leistet damit zugleich einen Beitrag zum Aufbau der Gesundheitserziehung insgesamt. Vom AIDS-Zentrum des Bundesgesundheitsamtes wurden bisher präventionsorientierte Fortbildungsveranstaltungen in Ziegenhals bei Berlin, Erfurt, Magdeburg und Schwerin durchgeführt. Angesprochen als Multiplikatoren waren hier vor allem Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter und Lehrer. Entsprechende Veranstaltungen für die Länder Brandenburg und Sachsen sind in Vorbereitung. Um die AIDS-Aufklärung insgesamt möglichst frühzeitig weiten Kreisen der Gesamtbevölkerung vorzustellen, ist als massenmediales Eröffnungsangebot in den neuen Ländern eine Anzeigenschaltung in den Tageszeitungen vorgesehen. Sie soll auf die Gefahren von AIDS/HIV sowie die verschiedenen Präventionsmedien hinweisen und die Anforderung dieser Medien erleichtern. Speziell für den Einsatz in Präventionsschwerpunkten der neuen Länder wurden der Deutschen AIDS- Hilfe 5 Stellen für „Streetworker" bewilligt. Für jedes dieser Länder ist zudem die Förderung eines interdisziplinär angelegten Projekt-Teams zur AIDS-Prävention vorgesehen, das jeweils 5 Personen/Land umfassen und die Entwicklung einer zielgruppenspezifischen AIDS-Beratung und -Aufklärung vorantreiben soll. Für den Ostteil von Berlin schließlich ist beabsichtigt, im Bereich der Prävention arbeitende Dienste und Einrichtungen mit zusätzlichen, aus Bundesmitteln geförderten Stellen zu verstärken. Zwei zum Aufbau einer wirkungsvollen AIDS-Beratung dort geförderte Stellen stehen bereits seit Mai 1990 zur Verfügung. Als erste drogenpolitische Aufgabe in den neuen Bundesländern ist die Verstärkung der Prävention anzusehen. Dazu bietet sich an, das im Zuge der Umsetzung des Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplanes 1990 angelaufene Modellprogramm „Mobile Drogenprävention" in die neuen Bundesländer auszudehnen. Wie in den alten Bundesländern soll auch in den neuen Ländern die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS) Koordination und Begleitung des Programms übernehmen. Sie verfügt bereits über tragfähige Kontakte mit entsprechenden Einrichtungen und Trägern in den neuen Ländern. Es ist vorgesehen, in Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern je 2 und in Sachsen wegen der deutlich höheren Gesamtbevölkerung 3 Präventionsstellen einzurichten. Im Unterschied zu den alten Bundesländern, wo die im Programm tätigen Präventionsfachkräfte in Verbindung mit einer erfahrenen Drogenberatungsstelle eingesetzt werden, sollen in den neuen Ländern durch den zusätzlichen Einsatz von ABM-Kräften die Bildung von „Zweier-Teams" ermöglicht werden, um die in den neuen Ländern besonders problematische „Einzelkämpfer-Situation" zu vermeiden und um gleichzeitig möglichen künftigen Mitarbeitern in der Präventionsarbeit der Länder eine entsprechende Erfahrungsbildung zu ermöglichen. Das Programm soll von Mitte 1991 an zunächst eine Laufzeit von 3 Jahren haben. Darüber hinaus finden in den neuen Ländern Aktionswochen unter dem Motto „Bewußter leben — Möglichkeiten und Methoden der Gesundheitsförderung" statt. Diese Aktionswochen umfassen Ausstellungen und Präsentationen, Informationsveranstaltungen sowie Seminare zu Themen der Gesundheitserziehung und -förderung, die schwerpunktmäßig auch den Suchtbereich beinhalten. Angesprochen werden Multiplikatoren/innen aus dem schulischen und außerschulischen Bereich. Veranstalter dieser Aktionen ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Auch die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren informiert im Rahmen dieser Veranstaltungen über ihre Arbeit. Die Resonanz der ersten Aktionswochen, die vom 4. Mai bis 1. Juni 1991 im Hygiene-Museum in Dresden stattfanden, war gut. Es ist geplant, die o. a. Aktion in allen fünf östlichen Bundesländern durchzuführen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 33. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2733* Anlage 62 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup (CDU/CSU) (Drucksache 12/766 Fragen 112 und 113): Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung in bezug auf die Erfüllung der Vorversicherungszeiten zur Gewährung von Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit im Rahmen des Gesundheits-Reformgesetzes vor? Beabsichtigt die Bundesregierung auf Grund der gemachten Erfahrungen, die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne der Betroffenen zu verbessern? Die Leistungen der Krankenkassen bei Schwerpflegebedürftigkeit setzen zum Schutz der Beitragszahler Vorversicherungszeiten voraus. Danach muß der Versicherte u. a. seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Feststellung der Schwerpflegebedürftigkeit mindestens 9/10 der zweiten Hälfte dieses Zeitraums versichert gewesen sein. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß gerade in der zweiten Hälfte des Arbeitslebens Unterbrechungen bei sonst langjähriger Mitgliedschaft auftreten. Für selbständige Landwirte und ehemalige Landwirte, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Schwerpflegebedürftigkeit in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, ergibt sich zudem eine andere gesetzliche Behandlung als für Landwirte, die im Zeitpunkt des Eintritts der Schwerpflegebedürftigkeit nach dem erst im Jahre 1972 wirksam gewordenen Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) pflichtversichert sind. Die Regierungskoalition prüft im Rahmen der Weiterentwicklung des Gesundheits-Reformgesetzes, ob und welche Änderungen möglich sind, um langjährig Versicherte unabhängig von der geltenden 9/10-Regelung in den Kreis der Begünstigten einzubeziehen. Als Lösung kommt in Betracht, neben der 9/10-Regelung eine bestimmte Anzahl von Versicherungsjahren — zum Beispiel 18 oder 20 Jahre — ausreichen zu lassen, um die Vorversicherungszeiten als erfüllt anzusehen. Auf das Erfordernis einer Vorversicherungszeit insgesamt kann bereits aus finanziellen Gründen nicht verzichtet werden. Anlage 63 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Dietrich Mahlo (CDU/CSU) (Drucksache 12/766 Fragen 114 und 115): Welche Beweise hat die Bundesministerin für Gesundheit, Gerda Hasselfeldt, für die von ihr wiedergegebene Beobachtung, daß von den (doch wohl öffentlichen?) Geldern für Investitionen für Schulen, Altenheime und Krankenhäuser nur 25 % in diese Einrichtungen fließen und der Rest im Straßenbau, auf Festgeldkonten oder anderswo landet? Welche Maßnahmen sind inzwischen getroffen worden, um zweck- und pflichtwidrige Verwendungen von öffentlichen Investitionsgeldern der genannten Art unverzüglich zu korrigieren? Aufgrund gezielter Einzelnachfragen des Bundesministeriums für Gesundheit in den neuen Bundesländern hat sich eine durchschnittliche Inanspruchnahme von ca. 25 % für die Bereiche Krankenhäuser, Alteneinrichtungen und Schulen ergeben (Stand Mai 1991). Um einen exakten Überblick zu erhalten, sind zwischenzeitlich alle Kreise und kreisfreien Städte gebeten worden, ihren Vergabeanteil mitzuteilen. Ergebnisse der Umfrage werden für Anfang Juli erwartet. Von pflichtwidrigen Verwendungen kann nicht gesprochen werden, da die Förderschwerpunkte zwar genannt, aber für die kommunalen Entscheidungsträger nicht verpflichtend sind. Anlage 64 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Frage der Abgeordneten Verena Wohlleben (SPD) (Drucksache 12/766 Frage 116): Wie weit ist die Bundesregierung in ihren Vorbereitungen zur Änderung des § 311 Abs. 1 Buchstabe c SGB V, womit Beschränkungen bei der Krankenversicherung von Arbeitnehmern aus den alten Bundesländern, die in den neuen Bundesländern einer Beschäftigung nachgehen und unter 2 250 DM verdienen, aufgehoben werden sollen, damit diese Regelung, wie in der Fragestunde am 27. Februar 1991 angekündigt, zum 1. Juli 1991 in Kraft treten kann? Für Arbeitnehmer und ihre Familien aus den alten Bundesländern können bei Aufnahme einer Beschäftigung in den neuen Bundesländern Nachteile im Krankenversicherungsschutz entstehen. Die vertrags- und vergütungsrechtlichen Beschränkungen des für Versicherte im Beitrittsgebiet geltenden § 311 Abs. 1 Buchst. c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch können insbesondere bei den Angehörigen zu Zuzahlungen führen, wenn sie Kassenleistungen im bisherigen Bundesgebiet in Anspruch nehmen. Um diese Nachteile zu vermeiden, hat die Bundesregierung in Artikel 6 Nr. 4 des Entwurfs eines Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung — Rentenüberleitungsgesetz — am 9. April 1991 eine gesetzliche Regelung beschlossen. Die Neuregelung sieht für die betroffenen Arbeitnehmer das Recht vor, bei der Krankenkasse im bisherigen Bundesgebiet Mitglied zu bleiben, bei der sie zuletzt versichert waren. Diese Regelung, die gegenwärtig in den parlamentarischen Gremien beraten wird, soll am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Z. Z. läßt sich nicht absehen, ob die ursprüngliche Zeitplanung für die parlamentarischen Beratungen, die am 5. Juli 1991 abgeschlossen sein sollten, eingehalten werden kann.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, wie man die Tatsachen verdrehen kann und wie man in einer solchen Diskussion, wo Sachlichkeit sicher angebracht wäre, nur noch in Polemik macht.

    (Beifall des Abg. Günther Friedrich Nolting [FDP] — Dr. Paul Laufs [CDU/CSU]: Wie wahr!)

    Ich möchte von einer Prämisse ausgehen. Alle
    — diejenigen, die für Kernenergie sind, und vor allen Dingen die, die gegen Kernenergie sind — müßten ein ausgesprochenes Interesse haben, dafür zu sorgen, daß die Entsorgungsmöglichkeiten endlich realisiert werden.

    (Zuruf von der PDS/Linke Liste)

    — Wo wollen Sie denn hin mit Ihrem Schrott aus Greifswald? Das waren doch Sie, die das Ding da gebaut haben. Das wäre ja noch in Betrieb, wenn die SED weiter am Ruder geblieben wäre.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es steht doch wohl außer Zweifel, daß der radioaktive Abfall in Mol, der aus der Bundesrepublik stammt, wieder zur ordnungsgemäßen Entsorgung und Endlagerung zurückgenommen werden muß. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend jemand daran Zweifel hat.
    Die Umstände, unter denen der Abfall nach Mol transportiert wurde, sind u. a. auch in dem Untersuchungsausschuß Transnuklear-Skandal untersucht
    und weitgehend oder, sagen wir, hinlänglich aufgeklärt worden.

    (Harald B. Schäfer [Offenburg] [SPD]: Dem Versuch einer Aufklärung unterworfen worden!)

    Ich hoffe, wir sind uns darin einig, daß es keinen Müllexport geben darf.

    (Harald B. Schäfer [Offenburg] [SPD]: Das machen wir doch! Gerade Atommüll!)

    — Wo? Sie wollen das doch jetzt mit Ihrer Weigerung, den wieder zurückzunehmen.

    (Dietmar Schütz [SPD]: Nein, Herr Kollege Laermann, der Bundesumweltminister will es, egal wo es herkommt!)

    Deswegen, denke ich, ist die Bundesrepublik verpflichtet, den aus der Bundesrepublik stammenden Müll aus Mol auch wieder zurückzunehmen und hier zu entsorgen.

    (Dietmar Schütz [SPD]: Das ist sehr richtig!)

    Ich füge mit gleichem Nachdruck hinzu, daß wir auch keinen Müllimport wollen. Auch dies ist eine klare Position der Bundesregierung. Ich glaube, daran brauchen wir nicht zu zweifeln.
    Daß niemand in Parlament und Regierung, auch nicht die niedersächsische Landesregierung, Belgien zumutet, Müll aus der Bundesrepublik zu lagern, dürfte doch wohl einmütige Auffassung sein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es jemand hier im Hause und in der Bundesrepublik gibt, der Belgien zumutet, die Entsorgung des Mülls, der zweifelsfrei aus unserem Land gekommen ist, zu übernehmen. Das kann doch wohl niemand wollen. Dazu müssen Sie hier Stellung nehmen.

    (Dietmar Schütz [SPD]: Leider können wir das nicht!)

    Es wäre auch schon interessant zu erfahren, was das niedersächsische Ministerium für Umwelt bewogen hat, die Herkunft des atomaren Abfalls auf bloße Vermutungen hin — Herr Kollege, auf bloße Vermutungen hin! — zu bezweifeln, obwohl deren Ursprungsherkunft durch verschiedene unabhängige Überwachungsinstitutionen zweifelsfrei festgestellt wurde.

    (Arne Fuhrmann [SPD]: Wenn! Sie ist aber nicht zweifelsfrei festgestellt!)

    Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es handelt sich dabei nicht um hochradioaktiven Müll —

    (Arne Fuhrmann [SPD]: Spielt doch keine Rolle!)

    auch den Eindruck dürfen wir in der Öffentlichkeit nicht erwecken — , sondern um rund 4 000 kg preßbarer Mischabfälle. In den Containern sind Putzwolle, Putzlappen, Kleidungsstücke, schwach radioaktiv belastet, aus den Einrichtungen und etwa 2 500 kg Glaswolle, die bei Umbauarbeiten in einem Kernkraftwerk in der Bundesrepublik angefallen sind.
    Es wäre geradezu grotesk, wenn das niedersächsische Ministerium für Umwelt die Verbringung der Container in das Zwischenlager Gorleben etwa nur



    Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann
    deshalb abgelehnt haben sollte, weil als Ursprungshinweis zwei deutsche Kernkraftwerke angegeben wurden, sich aber bei Verzicht auf diesen Hinweis nicht von vornherein geweigert hätte, den Müll in Gorleben zwischenzulagern. Darauf hätten wir doch gerne eine Antwort.
    Ich darf abschließend — die Uhr läuft — feststellen: Ich verstehe nicht den anhaltenden Widerstand einiger Gruppen gegen die Realisierung von Zwischen- und Endlagermöglichkeiten für schwach-, mittel- und, ich füge hinzu, auch hochradioaktiven Abfall. Wer aus der Kernenergienutzung aussteigen will,

    (Harald B. Schäfer [Offenburg] [SPD]: Sie wollen doch permanent mehr Müll produzieren!)

    muß doch ein besonderes, ausgeprägtes Interesse daran haben, daß Endlagermöglichkeiten geschaffen werden. Wo wollen Sie denn damit hin? Wollen Sie das in der Gegend liegen lassen? Das ist unverantwortlich. Damit müssen Sie sich auseinandersetzen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich möchte auch darauf hinweisen, daß unsere Zwischenlager, die Landessammelstellen, ja nicht voll sind mit atomarem Abfall, mit schwach-, mittel-radioaktivem Abfall aus den Kernkraftwerken. Wer dies einer Öffentlichkeit suggerieren will, verhält sich nun wirklich schändlich; denn es ist ja wohl klar — und das muß man auch noch einmal sagen — , daß wir auch die Verpflichtung haben, die Menge des nuklearen Mülls, schwach- und mittelradioaktiv, aus den medizinischen Bereichen, aus den Forschungsinstituten ordnungsgemäß und relativ sicher zu entsorgen.
    Ich denke, angesichts dieser Verpflichtung müssen Sie sagen, wo Sie das machen wollen. Das Floriansprinzip hilft uns hier überhaupt nicht. Insofern denke ich, daß auch der Bundesumweltminister Töpfer hier verantwortlich gehandelt hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt unser Kollege Dr. KlausDieter Feige.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus-Dieter Feige


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Harries ist gerade rausgegangen, aber noch einmal zu seinen Worten. Wir sind damals auch mit der Meinung angetreten, Freiheit ist immer die Freiheit der anders Denkenden. Mir passiert es in der letzten Zeit auch häufiger, daß ich als Atomkraftgegner kriminalisiert werde. In dieser Form muß ich das für die, die dort in Gorleben einfach ihre persönliche Angst geäußert haben, die dort einen passiven Protest artikulieren wollten, zurückweisen. Diese Menschen sollten nicht kriminalisiert werden.

    (Dr. Pauls Laufs [CDU/CSU]: Wer verhält sich kriminell?)

    Das ist für mich unangenehm und unerträglich.
    Der gestrige Polizeieinsatz gegen die besorgten Bürgerinnen und Bürger hat mir gezeigt, daß eigentlich die Bundesregierung mit ihrem Latein am Ende
    ist. Weisungen an die Bundesländer können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Bundesregierung über kein akzeptables Konzept für die Atommüllentsorgung verfügt.

    (Dr. Paul Laufs [CDU/CSU]: Das ist doch eine absolut unsinnige Behauptung!)

    — Drauf kommen wir gleich noch zurück.
    Für mich ist das mit der Herkunft vielleicht nicht so primär. Entscheidend ist, daß überhaupt versucht wird, Atommüll einzulagern, ohne daß solch ein Konzept vorliegt. Dies ist ein erneuter Beweis dafür, wie verantwortungslos im Umweltministerium mit der Meinung der Mehrheit der deutschen Bevölkerung umgegangen wird.
    Auch wenn ich den Unterschied zwischen DDR und Bundesrepublik Deutschland durchaus kenne, die Erscheinungsbilder sind gleich in der Form des Umgangs mit einer angeblichen Minderheit. Dabei ist das in diesem Fall eine Mehrheit.
    Aber nicht nur die Entsorgungsfrage des Atommülls insgesamt ist ungelöst, nein die gesamte Atompolitik der Regierung steht auf tönernen Füßen. Es muß nicht immer wieder auf Tschernobyl oder Harrisburg verwiesen werden, um die Unwägbarkeiten und die Gefahren der Atomenergie zu verdeutlichen. Genügt es nicht, daß wir alljährlich allein in der Bundesrepublik mehr als 300 kleinere oder größere Störfälle zu verzeichnen haben?
    Wie war das denn am Montag in Hanau, als mehrere Arbeiter radioaktiv verseucht wurden? Von einer prompten Reaktion aus dem Bundesministerium war nichts zu verspüren. Herr Fischer, der grüne Minister — nicht rosa-grün aus der rot-grünen Fraktion — hat in verantwortungsvoller Weise gehandelt. Am Dienstag hat dann erst Herr Töpfer eine nachträgliche Reaktion gezeigt. Ich bin auch fest davon überzeugt, daß nach dieser Schwachstellenanalyse diese Atomfabriken in Hanau für immer geschlossen werden müssen.
    Hanau ist ja schon berühmt-berüchtigt. Der Zwischenfall dort hat erneut gezeigt, daß es keine sichere Atomkraftnutzung gibt. Auch für diejenigen, die glauben, die drohende Klimakatastrophe bzw. die notwendige massive CO2-Reduzierung rechtfertige eine Renaissance der Atomenergie, wiederhole ich: Nur der sofortige Ausstieg aus der Atomenergie ermöglicht ein ökologisches und dauerhaftes Energiesystem. Zentrale Großstrukturen verhindern dagegen die Nutzung von dezentralen Energieeinsparpotentialen und der Abwärmenutzung in größerem Maßstab.
    Wenn Sie nach der Entsorgung fragen, so sage ich: Wenn klar ist, wieviel tatsächlich noch zu entsorgen ist, wenn der Zeitpunkt einmal festliegt, dann sind wir durchaus bereit, uns auch aktiv an der Lösung für eine Endlagerung zu beteiligen. Aber solange diese Gesamtmenge nicht klar ist, wird immer wieder nach neuen Lagerstätten zu suchen sein. Genau das ist nicht das Konzept, das wir durchstehen können.
    Atomkraftwerke stellen keinen schnell verfügbaren Beitrag zur CO2-Verminderung dar. Jede Mark, die in die Energieeinsparung investiert wird, vermeidet sie-



    Dr. Klaus-Dieter Feige
    benmal mehr CO2 als eine Mark, die in den Ausbau der Atomenergie fließt.
    Die Strahlenbelastung von Atomkraftwerken ist schon im Normalbetrieb für die Umgebung nicht zumutbar. In der Debatte wurde gesagt: Das ist ja nur schwach radioaktiv. Dafür, daß jemand Krebs bekommt, reicht bereits eine ganz, ganz kleine Dosis. Dann ist es egal, ob das schwach oder stark radioaktiv ist. Auf Dauer ist die gesamte nukleare Prozeßkette nicht nur umweltbelastend, sondern stellt auch eine permanente Gefährdung des menschlichen Lebens dar.
    Deshalb ist jegliche weitere Diskussion über den Einsatz oder gar Ausbau der Atomenergie eine Diskussion von vorgestern und gegen die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gerichtet. Damit werden eine fortschrittliche, zukunftsorientierte und überlebensfähige Energiepolitik und der dafür notwendige Innovationsschub der Wirtschaft verhindert.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)