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ID1202600200

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    Plenarprotokoll 12/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Dienstag, den 4. Juni 1991 Inhalt: Gedenkworte für den durch ein Attentat ums Leben gekommenen früheren indischen Ministerpräsidenten Rajiv Gandhi . 1841 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Müller (Wesseling) 1841B Ausscheiden des Abg. Lowack aus der Fraktion der CDU/CSU 1841B Überweisung eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung an verschiedene Ausschüsse 1841 C Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1991 (Haushaltsgesetz 1991) (Drucksachen 12/100, 12/494) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 12/501, 12/530) 1841D Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 12/502, 12/530) Helmut Esters SPD 1842 A Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 1844 D Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 1847 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 1847 D Dr. Peter Struck SPD 1848 D Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 12/503, 12/530) 1849D Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 12/511, 12/530) Rudolf Dreßler SPD 1850 A Hans-Gerd Strube CDU/CSU 1855 C Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . . 1858A Petra Bläss PDS/Linke Liste 1859 A Ina Albowitz FDP 1860 D Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 1863 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 1864 D Rudolf Dreßler SPD 1866 C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . 1868A Uta Würfel FDP 1868B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheit (Drucksachen 12/515, 12/530) Uta Titze SPD 1869B Uta Würfel FDP 1870 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 1872 B Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 1873 B Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste 1874A, 1875 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 1874 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 1875 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 4. Juni 1991 Gerda Hasselfeldt, Bundesministerin BMG 1876B Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 1876D, 1878 D Klaus Kirschner SPD 1877 B Einzelplan 17 Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend (Drucksachen 12/517, 12/530) Dr. Konstanze Wegner SPD 1879 B Susanne Jaffke CDU/CSU 1883 C Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 1884 D Ina Albowitz FDP 1885 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1886 C Einzelplan 18 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Senioren (Drucksachen 12/518, 12/530) Ingrid Becker-Inglau SPD 1889 B Ina Albowitz FDP 1890 A Irmgard Karwatzki CDU/CSU 1892 D Ingrid Becker-Inglau SPD 1893 B Dr. Konstanze Wegner SPD 1893 C Margot von Renesse SPD 1895 A Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . . 1896 B Dr. Sigrid Hoth FDP 1897 B Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 1898C, 1901B Margot von Renesse SPD 1901 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 12/507, 12/530) in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 12/519, 12/530) Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . 1901D, 1914 A Michael von Schmude CDU/CSU . . . . 1905 C Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 1907 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . . 1908 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . . 1909 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . . 1910B, 1914 C Dr. Hans de With SPD (zur GO) 1913 C Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 1913D Nächste Sitzung 1915 D Berichtigungen 1916 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1917* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 4. Juni 1991 1841 26. Sitzung Bonn, den 4. Juni 1991 Beginn: 15.00 Uhr
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    1916 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 4. Juni 1991 Berichtigungen 25. Sitzung (Nachtrag): Auf der ersten Seite ist bei „Anlage 3" zu lesen: „Endgültiges Ergebnis und Namenslisten der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/580". Auf Seite II ist bei „Anlage 10" zu lesen: „Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink FDP". Seite 1806, Anlage 3: In der zweiten Zeile der Überschrift ist statt „Änderungsantrag" „Entschließungsantrag" zu lesen. Auf Seite 1825 A ist bei dem Namen „Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink" statt „(SPD)" „(FDP)" zu lesen. Auf Seite 1839 D (Anlage 40) ist bei „Haushaltsausschuß" statt „Drucksache 11/360 Nummer 3.13, 2.13" zu lesen: „Drucksache 12/269 Nummer 2.12, 2.13". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 04.06.91 * * Blunck, Lieselott SPD 04.06.91* * Büchler (Hof), Hans SPD 04.06.91 * * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 04.06.91 * * Catenhusen, SPD 04.06.91 Wolf-Michael Diller, Karl SPD 04.06.91 Francke (Hamburg), CDU/CSU 04.06.91 Klaus Genscher, Hans Dietrich FDP 04.06.91 Haack (Extertal), SPD 04.06.91 Karl-Hermann Haschke CDU/CSU 04.06.91 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Hauchler, Ingomar SPD 04.06.91 Hauser CDU/CSU 04.06.91 (Rednitzhembach), Hansgeorg Kittelmann, Peter CDU/CSU 04.06.91 * * Klappert, Marianne SPD 04.06.91 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 04.06.91 Klaus W. Lummer, Heinrich CDU/CSU 04.06.91 * * Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 04.06.91 * * Erich Marten, Günter CDU/CSU 04.06.91 * * Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) SPD entschuldigt bis einschließlich Matschie, Christoph 04.06.91 Meckel, Markus SPD 04.06.91 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 04.06.91 Dr. Meyer zu Bentrup, CDU/CSU 04.06.91 * * Reinhard Michels, Meinolf CDU/CSU 04.06.91 * * Dr. Müller, Günther CDU/CSU 04.06.91 * * Pfuhl, Albert SPD 04.06.91 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 04.06.91 * * Rau, Rolf CDU/CSU 04.06.91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 04.06.91* Reimann, Manfred SPD 04.06.91* * von Schmude, Michael CDU/CSU 04.06.91 * * Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 04.06.91 Seesing, Heinrich CDU/CSU 04.06.91 Singer, Johannes SPD 04.06.91 Dr. Soell, Hartmut SPD 04.06.91 * * Stachowa, Angela PDS 04.06.91 Dr. Stavenhagen, Lutz G. CDU/CSU 04.06.91 Steiner, Heinz-Alfred SPD 04.06.91 * * Terborg, Margitta SPD 04.06.91 * * Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 04.06.91 Vogel (Ennepetal), CDU/CSU 04.06.91 * * Friedrich Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 04.06.91 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 04.06.91 Zierer, Benno CDU/CSU 04.06.91 * *' * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Esters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Deutschen Bundestages 1991 ist ein besonderes Zahlenwerk. Es ist der erste Haushalt eines gesamtdeutschen Parlaments. Er spiegelt vor allem die im Zuge des Vereinigungsprozesses bereits getroffenen Entscheidungen wider und hält Optionen für die vor uns liegenden Entscheidungen offen.
    Zu den meines Erachtens endgültigen Entscheidungen gehört es, daß der repräsentative Charakter der Volksvertretung des geeinten Deutschlands nicht durch Neueinteilung und Vergrößerung der Wahlkreise, sondern durch Vermehrung der Wahlkreise in den neuen Bundesländern und damit durch Erhöhung der Anzahl der Abgeordneten bewahrt wurde. Die anfänglichen Diskussionen um die Beibehaltung dieser Entscheidung sind verebbt. Sie ist langfristig richtig. Zum einen gibt es ohnehin schon 54 sehr große Flächenwahlkreise zwischen 2 000 und 4 000 km2, in denen die Betreuung der Wähler hohe Belastungen für die Abgeordneten mit sich bringt; zum anderen zeigt der Ruf nach plebiszitären Elementen und unmittelbarer politischer Teilhabe, daß das repräsentative Prinzip nur Bestand haben kann, wenn der unmittelbare Kontakt zwischen Bürgern und Abgeordneten im Wahlkreis gewährleistet ist.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Mir ist wichtig, diese verfassungspolitischen Hintergründe hervorzuheben; denn die Steigerungsrate des Bundestagshaushalts 1991 im Vergleich zu den Vorjahren beruht maßgeblich auf der Vergrößerung der Abgeordnetenzahl und ihrer Auswirkungen auf Entschädigung, Kostenpauschale, Mitarbeiterpauschale sowie auf der Schaffung hinreichender Arbeitsverhältnisse in Bonn und — in einem freilich noch viel zu sehr beschränkten Maße — in Berlin.
    Die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten im gesamtdeutschen Parlament sind bislang entgegen dem Verfassungsgebot ungleich.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern haben sich nicht nur auf die hochdifferenzierten Regelungen, Tatbestände und Entscheidungswege eines anderen Rechts- und Wirtschaftslebens einzustellen; sie haben zugleich in den Auseinandersetzungen mit den Wählern die Last der gegenwärtigen Umstellungskrise zu tragen und zu verarbeiten.
    Überdies leiden sie an technischen Arbeitserschwernissen, die in den Verkehrs- und Kommunikationsproblemen der neuen Bundesländer liegen. Im Haushalt sind Vorkehrungen getroffen, damit die
    Amtsausstattung, namentlich im IuK-Bereich, für alle Abgeordneten bis zum Jahresende erfolgen kann. Auch die Wahlkreisbüros werden bis dahin sämtlich mit PCs und Telefaxgeräten ausgestattet sein.
    Der Haushaltsausschuß und der Postausschuß haben die Deutsche Bundespost Telekom aufgefordert, alles daranzusetzen, den Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern mit Vorrang funktionierende Telefon- und Telefaxanschlüsse bereitzustellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Gewisse Begriffsstutzigkeiten beim Telekom-Management scheinen überwunden.

    (Rudi Walther [SPD]: Aber nicht beim Minister!)

    — Die Operettenweisheit, Herr Kollege Walther, daß es bei der Post nicht so schnell geht, kann trotz Privatisierung weiter im Refrain gesungen werden.

    (Gerhard Pfeffermann [CDU/CSU]: Ach, dummes Zeug!)

    Durch Entscheidungen des Ältestenrates und des Haushaltsausschusses, die im dritten Nachtrag 1990 ihren ersten Niederschlag gefunden haben und sich nun ausgabewirksam fortsetzen, ist es durch eine Vielzahl von Anmietungen gelungen, das vergrößerte Parlament in Bonn räumlich unterzubringen. Entgegen den Komforthalluzinationen eines Teils der Presse ist die Bürounterbringung für den einzelnen Abgeordneten mit seinen Mitarbeitern in durchschnittlich anderthalb Räumen bescheiden und entspricht den Normen eines mittleren Katasteramtes.

    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    Abgeordnete, Fraktionen und Bundestagsverwaltung sind mittlerweile in annähernd 100 Liegenschaften zerstreut, für die die unterschiedlichsten Mietverträge und Mietzinsen — zwischen 19 DM und 39 DM — gelten. Die Mietkosten für die Gebäude des Deutschen Bundestages belaufen sich in diesem Jahr auf 21 Millionen DM. Im Vergleich zur Unterbringung des Deutschen Bundestages muß Wallensteins Lager als ein rationell und ästhetisch geordnetes Gebilde angesehen werden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/ CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Der Deutsche Bundestag in Bonn kann sich rühmen, im Zeichen seines beleibten Adlers alle Baustile in sich zu vereinen: ein neoromanisches Industriedenkmal mit dem Wasserwerk, Gründerzeit-Villen, ein Bauhausdenkmalfragment in Gestalt des Altbaus der Pädagogischen Akademie, Einfamilienhäuser im Stil der 50er Jahre an der Görresstraße, ein später Eiermann der 60er Jahre — der Lange Eugen —,

    (Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)

    Fließbandarchitektur im Tulpenfeld und im Bonn-Center sowie — zu Lasten des Einzelplans des Bauministers — Perlen anspruchsvollster Architektur in unterschiedlichen Seinszuständen: einerseits den zur Vollendung im Herbst 1992 reifenden Plenarsaalneu-



    Helmut Esters
    bau von Professor Behnisch und andererseits die derzeit tiefe Grube der Schürmann-Bauten.

    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Wo ist da ein dynamischer Prozeß?)

    Selbst die Behelfsbautengeschichte der Bundesrepublik Deutschland kann in Bonn von den Anfängen in Gestalt des Hauses V an der Görresstraße bis zu den ausgeklügelten OFRA-Bauten am Neuen Hochhaus und in der Heussallee 30 studiert werden. Das Provisorium Bonn widersetzt sich der Vollendung. Wie sollte es auch anders sein, ist doch das Original des Bundestagsadlers selbst nur der gipsene Entwurf eines eigentlich massiv gedachten Adlers!

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Daß angesichts dieser Verhältnisse die Arbeit der Abgeordneten, der Fraktionen und auch der Bundestagsverwaltung wirklich schwierig ist, liegt auf der Hand.
    Ich darf für die Kollegen und Kolleginnen, die nicht dem Bundestagspräsidium, dem Ältestenrat, dem Bauinformations- und -beratungsgremium der Präsidentin, lieber Peter Conradi, oder dem Haushaltsausschuß angehören, die Beschlußlage für die Arbeitsfähigkeit des Deutschen Bundestages in Bonn und Berlin zusammenfassen, wie sie sich im Haushalt 1991 des Deutschen Bundestages und des Bauministers widerspiegelt. Der Neubau des Plenarsaals mit Gesamtkosten von rund 260 Millionen DM wird im Herbst 1992 — ebenso der Präsidentenanbau — fertiggestellt. Änderungswünsche können, so sie kostenträchtig sind, nicht mehr berücksichtigt werden.
    Die Sanierung des Altbaus Pädagogische Akademie mit Kosten von 23 Millionen DM wird zum Jahreswechsel 1991/92 abgeschlossen sein. Die Verteilungskämpfe um die Räume sind bereits im vollen Gang, Herr Kollege Weng.
    Für die Erweiterungsbauten an der Kurt-Schumacher-Straße — Schürmann-Bauten — gilt vorerst, daß Erdgeschoß und Magazinflächen fertiggestellt werden. Das Bauministerium ist ermächtigt, die Ausschreibung der Hochbauten europaweit anzukündigen. Ob die Hochbauten — die aktuellen Kosten belaufen sich auf 640 Millionen DM — tatsächlich ausgeschrieben werden, ist nach der Sommerpause im Lichte weiterer Erkenntnisse zu entscheiden. Aus meiner Sicht sollten sie unbedingt fertiggestellt werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die Bundeshauptstadt Berlin ist — aus jetziger Sicht — neben Bonn Tagungsort des Deutschen Bundestages. Nachdem das Reichstagsgebäude aus Mitteln des 3. Nachtragshaushalts im Rahmen der Möglichkeiten für Plenarsitzungen, Fraktionssitzungen, Sitzungen einer begrenzten Zahl von Gremien sowie mit Büros für Präsidenten und Fraktionsmanagement hergerichtet worden ist, sieht der Haushalt 1991 in Übereinstimmung mit den Ältestenratsbeschlüssen nunmehr zur dringenden Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten in Berlin auf Grund von Vorschlägen und mit Mitteln des Bauministeriums vor, daß die ehemaligen Ministerien für Volksbildung und Außenhandel Unter den Linden in Fußnähe zum Reichstagsgebäude bis Ende 1992 mit geschätzten Gesamtkosten von 38 Millionen DM für Bürozwecke des Deutschen Bundestages — es handelt sich um rund 750 Büros — hergerichtet werden.
    Der Ältestenrat will das Gelände im Spreebogen für Zwecke des Deutschen Bundestages sichern. Der Haushaltsausschuß hat deshalb den Bundesfinanzminister und den Berliner Senat gebeten, geeignete städtebauliche Vorkehrungen zu treffen.
    Alle diese Maßnahmen in Bonn und Berlin präjudizieren nicht die Entscheidung über den Parlaments- und Regierungssitz. Folgerungen aus dieser Entscheidung, falls sie getroffen wird, sind erst im Herbst bei den parlamentarischen Beratungen des Haushalts 1992 zu ziehen.
    Im übrigen sollten Kostengesichtspunkte bei der Entscheidung nicht ausschlaggebend sein, weil es keine verbindlichen Annahmen für darauf aufbauende Berechnungen gibt und weil sich solche Berechnungen nach meinen langjährigen Erfahrungen mit Bonner Planungs- und Bauprojekten bereits nach kurzer Zeit als Makulatur erweisen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Wie immer die Entscheidung ausfällt: Sie wird die vorhandene schwierige Finanzlage des Bundes nicht qualitativ verschärfen, und sie wird erst recht nicht Anlaß für Steuererhöhungen sein, wie dies von übereifriger Seite behauptet wird, Frau Kollegin Matthäus-Maier.

    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Den Vorschlag allerdings, Parlaments- und Regierungssitz zu trennen, kann ich nur als grandioses Mißverständnis des parlamentarischen Regierungssystems bezeichnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wenn sich der Reichstag vor einem Jahrhundert dem Ansinnen Bismarcks widersetzte, fern von Berlin und der Regierung tagen zu sollen, so wird der Deutsche Bundestag nicht jetzt in einem — verzeihen Sie — Treppenwitz der Geschichte eine derartige Machteinbuße durch sich selbst vollziehen wollen.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der FDP)

    Bei aller Beachtung von im Gespräch befindlichen Konsenslösungen muß man wissen, daß Trennungen, welcher Art auch immer, politisch unklar bleiben und finanziell am teuersten sind.

    (Rudi Walther [SPD]: Das stimmt! — Weiterer Zuruf von der SPD: Wie bei Ehescheidungen!)

    Die Beratung des Bundestagshaushalts 1991 darf neuralgische Themen allerdings nicht aussparen. Wie viele Kolleginnen und Kollegen bin ich ratlos, wie es gelingen soll, der Bevölkerung eine vorurteilsfreie Bewertung der Leistungen nahezubringen, die die Ab-



    Helmut Esters
    geordneten erhalten. Nicht nur die Sensationspresse neigt in dieser Frage dazu, Ressentiments zu verstärken und auf diese Weise eine billige Zustimmung zu erfahren.
    Die Situation ist absolut widersprüchlich. Auf der einen Seite stößt das Parlament, wie Besucherzahlen, Briefe, Petitionen zeigen, auf enormes Interesse und Vertrauen. Auf der anderen Seite werden die materiellen Voraussetzungen für die Arbeit der im Parlament Handelnden negiert. Im Vorfeld der Diätenanpassung dieses Jahres möchte ich deshalb deutlich betonen, daß es sich dabei nicht um Selbstbedienungs- oder Willkürentscheidungen im Halbdunkel handelt. Vielmehr liegen dem öffentlich zugänglichen jeweiligen Bericht der Präsidentin und dem öffentlichen Gesetzgebungsverfahren objektive Kriterien zugrunde, die sich, einzeln aufgeschlüsselt, im wesentlichen am statistischen Durchschnitt der Lohn- und Einkommensentwicklung orientieren und schon von daher gegenüber jedermann auch verantwortbar sind.

    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    Zu den Reizthemen im Verhältnis von Parlament und Öffentlichkeit gehören die Fraktionszuschüsse, die den Fraktionen und den Gruppen des Deutschen Bundestages zugewiesen werden; 1991 immerhin 104 Millionen DM. Im Unterschied zu den Vorjahren sind im Einzelplan dazu etliche Klarstellungen vorgenommen worden, die u. a. auf Erörterungen mit dem Bundesrechnungshof zurückgehen. So ist im Vorwort zum Einzelplan 02 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgenommen, daß „die Fraktionen notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens und maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung sind, der organisierten Staatlichkeit eingefügt und rechtlich selbständig".
    Die Erläuterungen enthalten folgende Passage — ich zitiere — :
    Nach Verfassung und Geschäftsordnung obliegt es den Fraktionen, an der Gesetzgebungsfunktion, der Kontrollfunktion, der Wahlfunktion und der Öffentlichkeitsfunktion des Bundestages mitzuwirken. Sie erfüllen diese Aufgaben insbesondere dadurch, daß sie die Arbeitsteilung unter ihren Mitgliedern und im Deutschen Bundestag organisieren, gemeinsame Initiativen vorbereiten und aufeinander abstimmen sowie eine umfassende Information der Fraktionsmitglieder und der Öffentlichkeit unterstützen, um auf diese Weise unterschiedliche politische Positionen zu verhandlungs- und verständigungsfähigen Einheiten zusammenzufassen und darzustellen.
    Der Deutsche Bundestag hat damit die Aufgabenstellung und die Arbeitsfelder umrissen, für die die Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln verwendet werden dürfen. Insbesondere ist ausgeschlossen, daß Fraktionsmittel verdeckt den Parteien für deren spezielle Aufgaben zufließen. In den neugefaßten Erläuterungen heißt es dazu eigens, „daß die Zuschüsse im Rahmen ihrer Zweckbestimmung nur für die Aufgaben verwendet werden dürfen, die den Fraktionen nach Verfassung und Geschäftsordnung obliegen".
    Ausgeschlossen wird ferner, daß die Fraktionen aus den Zuschüssen Rücklagen bilden, um sie zweckentfremdet zu verwenden. Dazu heißt es im Haushaltsvermerk, daß „die Mittel den Fraktionen zur Selbstbewirtschaftung zugewiesen und monatlich abgerufen werden".
    Haushaltsgesetzgeber und Fraktionen lassen sich bei diesen Klarstellungen davon leiten, daß die Fraktionen als rechtlich selbständige Teile des Parlaments Eigentum erwerben und in eigener Verantwortung Arbeitsverträge abschließen können. Sie teilen also nicht die im Bundesrechnungshof erörterte Auffassung, nach der die Fraktionen haushaltsrechtlich als „Bund", mithin als Teile der Bundesverwaltung und nicht als Stellen außerhalb der Bundesverwaltung anzusehen sind.
    Die SPD-Fraktionen im Bund und in den Ländern werden sich selbstverständlich der erforderlichen Prüfung durch den Bundesrechnungshof unterziehen. Sie gehen davon aus, daß sich diese Prüfung auf die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Zweckbestimmung der Mittelverwendung bezieht und daß die politische Entscheidungsfähigkeit der Fraktionen respektiert wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Als einer der Revisoren meiner Fraktion werde ich empfehlen, in Form eines Wirtschaftsplans öffentlich darzulegen, wozu diese Mittel verwendet werden. Offenlegung ist nämlich das beste Mittel, um unberechtigtes Mißtrauen abzubauen.

    (Beifall bei der SPD, der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Daß wir alle gemeinsam die uns auf Zeit übertragene Aufgabe hier im Parlament einigermaßen zufriedenstellend erfüllen können, verdanken wir nicht zuletzt den über 2 200 Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung. Den sichtbaren und den vielen unsichtbaren Geistern möchte ich namens meiner Fraktion für ihr Engagement, ihre Leistungs- und Hilfsbereitschaft sehr herzlich danken.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Ich weiß dabei sehr wohl, daß der Hilfe und Unterstützung die Abgeordneten zu Fuß in wesentlich höherem Maße bedürfen als die zu Pferde.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir werden dem Einzelplan 02 zustimmen. Herzlichen Dank.

    (Beifall im ganzen Hause)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Als nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Jürgen Rüttgers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Rüttgers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushalt des Bundestages wird nicht in jeder Haushaltsplanberatung diskutiert. Vielleicht liegt das an der normalen Routine von Haushaltsplanberatungen, vielleicht liegt es aber auch daran, daß man ungern über eigene Sachen redet, selbst wenn es so gut formuliert ist, wie es Kollege Esters gerade gemacht hat.



    Dr. Jürgen Rüttgers
    Hinzu kommt, daß sich gerade in Deutschland in Sachen Parlament oft intellektuelle Überheblichkeit und gewisse Stammtischvorurteile zu einem breiten Konsens treffen. Wir alle wissen, daß wir für manchen Bürger diejenigen sind — „die da oben im Parlament" —, die sowieso zuviel reisen, zu selten im Plenum sitzen, da vielleicht sogar noch Zeitung lesen, natürlich viel zuviel verdienen und von den eigentlichen Problemen, die einen „da unten" berühren, herzlich wenig wissen. Darauf — das weiß ein jeder von uns — mag man antworten, was man will, der Effekt ist gering, und die Diskussion bleibt meistens unfruchtbar, weil nichts so tief sitzt wie eingefleischte Vorurteile und nichts so wenig hilft wie die ständige Selbstrechtfertigung.
    Ich meine, wir Parlamentarier sind an diesem Bild auch nicht ganz unschuldig. Aber weder Selbstmitleid noch Selbstrechtfertigung sind im Umgang des Parlaments mit sich selbst und den Bürgern der richtige Weg. Nur Offenheit und klare Fakten können in solchen Diskussionen helfen, und nur so kann sich der Bürger ein eigenes und ein sachgerechtes Urteil bilden. Ich meine, daß zu dieser Klarheit der vorliegende Einzelplan beiträgt.
    Kollege Esters hat bereits darauf hingewiesen, daß die Erläuterungen zu den Zuschüssen an die Fraktionen neu gefaßt worden sind. Sie geben jetzt detaillierter als bisher Auskunft über die Aufgaben und über die Kosten, und sie sorgen — das ist ganz, ganz wichtig — für klare Zweckbestimmungen. Diese Neuerung ist sicherlich von uns allen zu begrüßen. Sie schafft mehr Transparenz.
    Insgesamt wird der Deutsche Bundestag natürlich teurer — auch hier hat die deutsche Einheit ihren Preis —, weil der Bundestag mit jetzt 662 Abgeordneten größer geworden ist, weil 18 Beobachter aus den neuen Bundesländern ins Europaparlament entsandt wurden und weil das Tagen in Bonn und Berlin aufwendiger ist. Außerdem sind auf den Bundestag neue Sachaufgaben zugekommen. Wir wissen, es gibt zwei Fachausschüsse mehr, und wir haben — das liegt mir persönlich auch sehr am Herzen — ein Büro für Technikfolgenabschätzung eingerichtet, das uns Abgeordnete in Zukunftsfragen qualifiziert beraten soll.
    Jeder Bürger sollte wissen — dies ist eine wichtige Zahl —, daß sein Parlament, daß der Deutsche Bundestag ihn pro Jahr rund 12 DM kostet. Ich meine, das ist wahrlich nicht zuviel.
    Diese Aufzählung beschreibt natürlich nicht alle Probleme. Wir haben im Bundestag bereits seit vielen Jahren, ja seit über einem Jahrzehnt über das Thema Parlamentsreform diskutiert und in der letzten Wahlperiode auch gute Ansätze verwirklicht. Aber ich meine, viel wichtiger ist heute, bei dem ersten gesamtdeutschen Haushalt festzustellen, daß es im vergangenen Jahr auch im Bundestag eine fundamentale Änderung gegeben hat. Durch die Wiedervereinigung sind 144 neue Kollegen ins Parlament gekommen. Dies hat — das ist auch gut so — den Bundestag radikal verändert. Die neuen Kollegen haben dieses Parlament mit grundlegend anderen Erfahrungen, mit ihren anderen Lebenswegen und mit neuen Ideen verändert.
    Manche von ihnen, so sagen sie mir, sind mit ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen im Deutschen Bundestag zufrieden. Andere fühlen sich und ihre Arbeit hier noch nicht ausreichend angenommen. Ich meine, das ist nur natürlich. Unterschiede und Konflikte, die es in der Gesellschaft gibt, können und dürfen nicht vor den Toren des Parlaments haltmachen. Aber in diesem überschaubaren Haus muß es leichter sein als anderswo, auf den anderen zu hören, aufeinander zuzugehen und voneinander zu lernen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn es um die gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit geht.
    In den letzten Tagen ist in diesem Zusammenhang die Forderung laut geworden, alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf eine mögliche Stasi-Vergangenheit zu überprüfen. Ich gebe zu, es mag auf den ersten Blick verlockend erscheinen, gleichsam mit einem Befreiungsschlag Klarheit zu schaffen, Mißtrauen zu beseitigen und ein Klima der Verdächtigungen zu vermeiden. Ich frage mich allerdings, ob wir mit diesem Schritt nicht genau das Gegenteil erreichen würden.
    Wir alle haben in den vergangenen Monaten erlebt, daß Stasi-Akten vernichtet und gefleddert, aber auch gefälscht und ergänzt wurden. Wir wissen, daß bisher nur ein Teil der Akten zugänglich ist und daß diese Akten in vielen Fällen weder eindeutig belasten noch eindeutig entlasten können. Dieser Umstand — auch das wissen wir — hat bereits eine Reihe persönlich und politisch tragischer Schicksale verursacht. Ich frage mich: Würde diese generelle Untersuchung nicht letztlich mehr Zwielicht statt mehr Klarheit zur Folge haben?
    Ich weise darauf hin, daß es heute mit gutem Grund in keinem Bereich die Regelanfrage bei der Behörde des Sonderbeauftragten gibt, auch nicht im Parlament. Wir haben im Dezember 1990 im Deutschen Bundestag folgende Regelung beschlossen: Werden entsprechende Vorwürfe gegen ein Mitglied des Hauses erhoben, ermittelt das Präsidium nach Zustimmung des Betroffenen. Die Behörde des Sonderbeauftragten kann beteiligt werden. — Die Fakten und die rechtsstaatlichen Gebote legen es nahe, bei diesem Prinzip zu bleiben.
    Der Haushalt des Deutschen Bundestages ist kein Selbstzweck. Er dient dazu, den Abgeordneten die Ausübung ihres Mandates, wie es in Artikel 38 des Grundgesetzes niedergelegt ist, zu ermöglichen und zu erleichtern. Das freie Mandat war und ist — auch das wissen wir aus der Geschichte — immer Gefährdungen ausgesetzt. Damit — das sage ich ausdrücklich — meine ich nicht den ständigen Prozeß der politischen Beeinflussung des Parlaments. Das ist normal, und das ist legitim. Wir arbeiten ja im Deutschen Bundestag nicht im luftleeren Raum.
    Nun haben viele Kollegen in den letzten Wochen über Pressionen und Einschüchterungsversuche im Hinblick auf die Entscheidung über den Parlaments-und Regierungssitz berichtet. Es gab Gerede über unlautere Motive, über Ehrabschneiderei oder über massive politische oder persönliche Drohungen. Solche Vorfälle — das sage ich ausdrücklich — sind keine Bagatellen. Sie betreffen die Substanz des Parlaments.



    Dr. Jürgen Rüttgers
    Entscheidend kommt es — so meine ich — aber darauf an, daß alle Abgeordneten, also wir alle, gemeinsam diesem Druck widerstehen. Zu einer Erpressung gehören bekanntlich zwei: der Erpresser und derjenige, der sich erpressen läßt. Wenn die Pressionen im Parlament selbst keine Resonanz finden, sondern geschlossen Widerstand geleistet wird, dann ist ihnen der Boden entzogen.
    Es mag auf den ersten Blick als probates Mittel erscheinen, die Abstimmung über den Parlaments-und Regierungssitz geheim durchzuführen. Aber ich warne davor.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Wir würden damit einen Präzedenzfall schaffen, und wir würden vielleicht zu neuen Aktionen dieser Art ermutigen.
    Das Parlament lebt von der Öffentlichkeit der Abstimmungen und damit von der Öffentlichkeit seiner Verantwortung. Dem können wir, so meine ich, auch in dieser Frage nicht ausweichen. Deshalb wird es mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in dieser Frage auch keine Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE)

    Wir werden uns in den nächsten Tagen, Kollege Esters, wie ich heute mit großer Freude gelesen habe — in dieser Frage gemeinsam um einen Konsens bemühen. Vielleicht sprechen wir dann noch einmal über den einen oder anderen Vorschlag. Vielleicht gelingt es dann auch, den Blick für bestimmte Vorschläge zu erweitern. Sprechen ist ja immer gut; das wissen, wie ich mir habe sagen lassen, gerade die Haushälter. Wie unterschiedlich die Optik bei bestimmten Vorschlägen sein kann, hat eine Geschichte gestern abend bei uns in der Fraktion gezeigt: Es geht um den von Ihnen angesprochenen Vorschlag der Trennung von Parlament und Regierung. Sie haben das mit dem Satz kommentiert, dann könne das Parlament die Regierung nicht mehr kommentieren — —

    (Heiterkeit — Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Wir wollen mehr als kommentieren! Wir kontrollieren, Sie kommentieren!)

    — Entschuldigung; kontrollieren. Herr Dr. Vogel, darf ich mich für diesen Versprecher ausdrücklich bei Ihnen entschuldigen?
    Lieber Herr Esters, es gab gestern einen Kollegen, einen ganz wichtigen Kollegen mit einem hohen Amt, der die umgekehrte Angst hatte.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Kontrolliert zu werden? — Heiterkeit)

    Vielleicht zeigt das, daß man so etwas auch einmal aus einer anderen Sicht der Dinge betrachten kann.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wenn ich Bundeskanzler wäre, würde mir das auch so gehen!)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ernst Fraenkel hat einmal gesagt, daß das Kritikbedürftigste am Bonner Parlamentarismus die landläufige Kritik sei, die an ihm geübt werde. Diese Feststellung hat sicherlich vieles für sich. Sie kam mir in den Sinn, als die Gruppe Bündnis 90/GRÜNE in der vergangenen Woche einen Antrag vorlegte, in dem die Präsidentin aufgefordert wird, in jeder Legislaturperiode zweimal einen Bericht über die Auslandsdienstreisen der Abgeordneten — ein beliebtes Thema — vorzulegen und dort ausdrücklich festzustellen, welchen Niederschlag diese Reisen in der Arbeit des Parlaments gefunden haben.
    Nun stört mich an diesem Antrag nicht nur seine praktische Undurchführbarkeit. Mich stört vor allen Dingen das billige Ausschlachten eines Vorurteils in der Öffentlichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD — Rudi Walter [SPD]: Das ist wahr!)

    Mich stört auch, daß ein solcher Antrag von den Kollegen kommt, die eigentlich wissen müßten, welche Bedeutung Reisefreiheit hat.

    (Heiterkeit)

    Die Kritiker müßten sich schon entscheiden: Man kann nicht einerseits darüber klagen, das Parlament werde in immer stärkerem Maße von Informationen der Regierung abhängig und habe zu wenig Gestaltungsfreiheit, gleichzeitig aber darüber klagen, daß sich die Abgeordneten ein eigenes Bild machen und eigene politische Kontakte — auch im Ausland — haben.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sehr gut!)

    Von der offenkundigen Notwendigkeit der Teilnahme an Tagungen des Europarates, der Interparlamentarischen Union, der Nordatlantischen Versammlung, der Parlamentarischen Versammlungen von WEU oder KSZE will ich gar nicht weiter reden.
    Es ist, so meine ich, wohl kaum ein Beitrag zur internationalen Verantwortung Deutschlands, wenn sich der Bundestag aus dem persönlichen Dialog über Grenzen hinweg verabschiedet.

    (Dr. Wolfgang Ullmann [Bündnis 90/ GRÜNE]: Das ist aber nicht der Sinn des Antrags!)

    Nur am Rande sei bemerkt, Herr Kollege Ullmann, daß die beiden Gruppen, Bündnis 90/GRÜNE und PDS, auf ihren Wunsch hin weit überproportional an diesen Reisen beteiligt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Deutsche Bundestag hat den Auftrag, in sorgfältiger Beratung und angemessener Zeit seine Arbeit zu leisten. Dabei besteht immer die Gefahr, daß sich das Parlament im Detail verliert und sich so den Blick für das Ganze, für die politischen Linien verstellt. Es besteht immer die Gefahr, daß die Konzentration auf Routine uns Dialogfähigkeit kostet und daß Neues in der Hektik des Tages nicht mehr vermittelt werden kann. Ich meine, der Deutsche Bundestag, d. h. wir alle als Abgeordnete, kann sich aber im ganzen mit seiner Arbeit jedem Vergleich stellen. Das sollte die Zustimmung zu diesem Einzelplan erleichtern.



    Dr. Jürgen Rüttgers
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)