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ID1202001800

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    Plenarprotokoll 12/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Die Lage im Irak und die Situation der irakischen Flüchtlinge, insbesondere der Kurden Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 1255 B Freimut Duve SPD 1258B, 1267 D Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 1260 A Cornelia Schmalz-Jacobsen FDP 1261 A Andrea Lederer PDS/Linke Liste 1262 B Freimut Duve SPD 1263 A Heinrich Lummer CDU/CSU 1263 C Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 1264 D Katrin Fuchs (Verl) SPD 1265 D Tagesordnungspunkt 2: Befragung der Bundesregierung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991; Bericht zur Frage weiterer Maßnahmen der Frauenförderung in Beruf, Familie und anderen Bereichen; weitere aktuelle Fragen) Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1268B Günter Graf SPD 1269 A Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1269 B Dr. Burkhard Hirsch FDP 1269 C Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1269 C Renate Schmidt (Nürnberg) SPD 1269D Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1269D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1270 C Vizepräsident Hans Klein 1271 A Dr. Willfried Penner SPD 1271B Gerlinde Hämmerle SPD 1271 C Dr. Edith Niehuis SPD 1271 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1272A Angelika Barbe SPD 1272 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1272D Ulrike Mascher SPD 1273 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1273 B Hanna Wolf SPD 1273 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1273 D Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 1274 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1274 A Tagesordnungspunkt 3: Fragestunde — Drucksache 12/351 vom 12. April 1991 — Gesetzliche Regelung der Strafbarkeit der Geldwäsche MdlAnfr 4 Johannes Singer SPD Antw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMJ 1274 C ZusFr Johannes Singer SPD 1274 D ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . 1275A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 Eingetretene Verbesserung durch die Pflegegeldleistung gemäß Gesundheits-Reformgesetz MdlAnfr 31 Gabriele Iwersen SPD Antw PStSekr Horst Günther BMA . . . 1275 C ZusFr Gabriele Iwersen SPD 1276A ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . 1276A Gleichstellung der Schwerbehinderten im öffentlichen Dienst in den neuen Bundesländern MdlAnfr 32 Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste Antw PStSekr Horst Günther BMA . . . . 1276B ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . 1276D Umsetzung des nationalen Drogenbekämpfungsplans MdlAnfr 22 Johannes Singer SPD Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1277 B ZusFr Johannes Singer SPD 1278 A ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . 1278B Zahl der den neuen Bundesländern zugewiesenen Aussiedler MdlAnfr 23 Claire Marienfeld CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1278C ZusFr Clemens Schwalbe CDU/CSU . . 1279A Änderung des BAT-Ost mit dem Ziel der Anrechnung der vollen Dienstzeit bei der Vergütung der Ärzte MdlAnfr 24 Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1279C Überprüfung des Bundestagsabgeordneten Hans Modrow auf Verbindungen zur Stasi in seiner damaligen Funktion als Erster Sekretär des Bezirks Dresden MdlAnfr 25, 26 Monika Brudlewsky CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1279D ZusFr Jutta Braband PDS/Linke Liste . . 1280 A Dr. Gerhard Riege PDS/Linke Liste . . . 1280 C Verringerung der Kohleförderung der Saarbergwerke auf jährlich 7 Mio. Tonnen MdlAnfr 27 Ottmar Schreiner SPD Antw PStSekr Klaus Beckmann BMWi . . 1280 D ZusFr Ottmar Schreiner SPD 1280 D ZusFr Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/ CSU 1281 C ZusFr Elke Ferner SPD 1282 A Übertragbarkeit von Annahmen über die Konkurrenzfähigkeit einer Strom-WärmeKopplung und die Beschäftigungswirkungen einer auf Energieeinsparung und dezentrale Energiebereitstellung ausgerichteten Energiepolitik auf die geplanten Atomkraftwerksneubauten in Stendal und Greifswald MdlAnfr 28, 29 Jutta Braband PDS/Linke Liste Antw PStSekr Klaus Beckmann BMWi . . 1282B, 1283 A ZusFr Jutta Braband PDS/Linke Liste . . 1282C, 1283 C Verstoß gegen die Zollvorschriften durch Zweckentfremdung von Düsenjets des Marinegeschwaders 1 in Jagel; Gefährdung des Verteidigungsauftrags bei Einziehung der Jets als corpora delicti MdlAnfr 34, 35 Dr. Eckhart Pick SPD Antw PStSekr Willy Wimmer BMVg . . . 1284A, 1285 C ZusFr Dr. Eckhart Pick SPD . . . 1284A, 1285 D ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . . 1284 C Zusatztagesordnungspunkt: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Auswirkungen des vom Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen für die nächsten Jahre dargestellten Finanzbedarfs für die neuen Bundesländer im Zusammenhang mit den von der Bundesregierung geplanten Steuerabschaffungen und Steuersenkungen Ingrid Matthäus-Maier SPD 1285 B Wolfgang Schulhoff CDU/CSU 1286 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 1287B Gerhard Schüßler FDP 1288 B Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 1289 B Gunnar Uldall CDU/CSU 1291 C Ludwig Eich SPD 1292A Carl-Ludwig Thiele FDP 1293 A Lydia Westrich SPD 1294 B Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . . 1295 B Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 1296A Karl Diller SPD 1297 C Arnulf Kriedner CDU/CSU 1298B Dr. Gero Pfennig CDU/CSU 1299 C Nächste Sitzung 1300 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1301* A Anlage 2 Änderung der steuerlichen Förderung selbstgenutzten Wohneigentums; vorzeitige Zurückzahlung von Fördermitteln des sozialen Wohnungsbaus 1990; Anzahl der betroffenen Wohnungen MdlAnfr 1, 2 — Drs 12/351 — Achim Großmann SPD SchrAntw PStSekr Jürgen Echternach BMBau 1301* B Anlage 3 Herstellung einheitlicher Ortsnetze entsprechend der Gebietsreform durch die Telekom MdlAnfr 10 — Drs 12/351 — Peter Paterna SPD SchrAntw PStSekr Wilhelm Rawe BMPT . 1301* C Anlage 4 Solidaritätsbeitrag des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, der Ministerpräsidenten, der Bundes- und Länderminister sowie der Parl. Staatssekretäre zur Finanzierung der Deutschen Einheit (z. B. Verzicht auf das 13. Monatsgehalt) MdlAnfr 18, 19 — Drs 12/351 — Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1301* D Anlage 5 Überprüfung der geplanten Erhöhung der Ablieferung der TELEKOM auf EG-Konformität MdlAnfr 30 — Drs 12/351 — Peter Paterna SPD SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 1302* B Anlage 6 Belieferung von Ungarn und CSFR mit Waffen und Munition aus Beständen der NVA MdlAnfr 33 — Drs 12/351 — Ortwin Lowack CDU/CSU SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 1302* C Anlage 7 Stopp der Tiefflüge über Ostholstein zum Schutz des Vogelgebietes auf Fehmarn MdlAnfr 36, 37 — Drs 12/351 — Antje-Marie Steen SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 1302* D Anlage 8 Verstärkter Flugbetrieb vom und zum amerikanischen Militärflughafen Ramstein MdlAnfr 38, 39 — Drs 12/351 — Dr. Rose Götte SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 1303* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 1255 20. Sitzung Bonn, den 17. April 1991 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker-Inglau, Ingrid SPD 17. 04. 91 Conradi, Peter SPD 17. 04. 91 Doss, Hansjürgen CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 17. 04. 91 Glos, Michael CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 17. 04. 91 Henn, Bernd PDS 17. 04. 91 Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 17. 04. 91 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 17. 04. 91 Dr.-Ing. Krüger, Paul CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Graf Lambsdorff, Otto FDP 17. 04. 91 Dr. Laufs, Paul CDU/CSU 17. 04. 91 Lintner, Eduard CDU/CSU 17. 04. 91 Michalk, Maria CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 17. 04. 91 Nitsch, Johannes CDU/CSU 17. 04. 91 Rauen, Peter Harald CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 17. 04. 91 Erich Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 17. 04. 91 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 17. 04. 91 Hans Peter Dr. Schmude, Jürgen SPD 17. 04. 91 Schröter, Karl-Heinz SPD 17. 04. 91 Skowron, Werner H. CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Sperling, Dietrich SPD 17. 04. 91 Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 17. 04. 91 Wimmer (Neuötting), SPD 17. 04. 91 Hermann für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jürgen Echternach auf die Fragen des Abgeordneten Achim Großmann (SPD) (Drucksache 12/351 Fragen 1 und 2): Welche Schritte plant das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, um die Frage der Umstellung der steuerlichen Förderung selbstgenutzten Wohneigentums auf Abzug von der Steuerschuld wie angekündigt weiter auf der politischen Tagesordnung zu halten? Wie viele Mittel aus der Förderung des sozialen Wohnungsbaues sind im Jahre 1990 vorzeitig zurückgezahlt worden, und wie viele Wohnungen waren davon betroffen? Zu Frage 1: Der Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1991 wird zur Zeit in den Ausschüssen sowohl des Bundestages als auch des Bundesrates beraten. Er sieht u. a. eine Verbesserung der steuerlichen Wohneigentumsförderung vor; dabei wird allerdings keine Umstellung der Förderung auf einen Abzug von der Steuerschuld vorgeschlagen. Die parlamentarische Beratung des Entwurfs wird Gelegenheit bieten, die mit Anlagen zum Stenographischen Bericht einer eventuellen Umstellung des Fördersystems verbundenen Fragen zu erörtern und das Thema „auf der politischen Tagesordnung zu halten". Zu Frage 2: Nach Angaben der Länder sind im Jahre 1990 öffentliche Baudarlehen in Höhe von rd. 269 Mio. DM vorzeitig zurückgezahlt worden. Davon waren rd. 50 000 Mietwohnungen betroffen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wilhelm Rawe auf die Frage des Abgeordneten Peter Paterna (SPD) (Drucksache 12/351 Frage 10): Wird die Bundesregierung die DBP-Telekom veranlassen, die Kritik des Deutschen Städtetages zu beachten und bei der fortschreitenden Digitalisierung der Knoten- und Ortsvermittlungsstellen der kommunalen Gebietsreform entsprechende einheitliche Ortsnetze herzustellen? Eine Anpassung der Ortsnetzbereichsgrenzen an kommunale Gebiete ist mit Einführung der digitalen Vermittlungstechnik in den Knoten- und Ortsvermittlungsstellen technisch grundsätzlich möglich. Die technische Realisierung bedarf jedoch eines enormen Investitionsaufwandes. Da es sich hierbei um ertraglose Investitionen handelt, müßten die auftretenden Kosten für diese Ortsnetzbereichsanpassung in Form von Gebührenerhöhungen auf die Kunden der Deutschen Bundespost TELEKOM umgewälzt werden. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Bundesregierung nicht, die Deutsche Bundespost zu beauftragen, Ortsnetzbereiche an kommunale Grenzen anzupassen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Horst Waffenschmidt auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup (CDU/CSU) (Drucksache 12/351 Fragen 18 und 19) : Auf welchen Gesamtbetrag beläuft sich die Summe der 13. Monatsgehälter (Weihnachtsgeld) des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, der Ministerpräsidenten, der Bundes- und Länderminister sowie der Parlamentarischen Staatssekretäre im Jahre 1991? Ist die Bundesregierung bereit, in Abstimmung mit den Ländern dem Parlament einen Gesetzentwurf zuzuleiten, durch den dieser Gesamtbetrag für die Dauer der 12. Legislaturperiode jährlich „als Zeichen der Solidarität zur Finanzierung der Einheit" zur Verfügung gestellt wird? Zu Frage 18: Das sog. 13. Monatsgehalt oder Weihnachtsgeld steht auch den in der Frage genannten Personen zu. 1302* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 Der Bundespräsident, die Mitglieder der Bundesregierung und die Parlamentarischen Staatssekretäre erhalten die Sonderzuwendung nach dem Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung in der Fassung vom 23. Mai 1975 (BGBl. S. 1173), die Gewährung der Sonderzuwendungen an die Mitglieder der Landesregierungen ist in den Landesgesetzen geregelt. Die Summe der jährlichen Sonderzuwendungen beträgt bei diesem Personenkreis rund 2 800 000, —DM. Bei der Berechnung der Sonderzuwendungen für die Ministerpräsidenten und die Minister in den alten Bundesländern ist ein durchschnittliches Amtsgehalt zugrunde gelegt worden. In dem Gesamtbetrag sind die jährlichen Sonderzuwendungen für die Ministerpräsidenten und Landesminister der fünf neuen Bundesländer aufgrund der dort zum Teil noch fehlenden gesetzlichen Grundlagen nicht enthalten. Zu Frage 19: Die Bundesregierung hat erst kürzlich für 1991 ein Aufbauprogramm in den neuen Bundesländern mit einer Gesamtsumme von über 100 Mrd. DM beschlossen. Ein vergleichbares Engagement des Bundes hat es bisher in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nicht gegeben, dies hat auch der Bundeskanzler mehrfach hervorgehoben. Zu dieser finanziellen Kraftanstrengung tragen alle Bürger entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit durch die Erhebung des Solidarzuschlags zur Lohn-, Einkommen- und Körperschaftssteuer bei. Die Bundesregierung ist im übrigen der Auffassung, daß nach Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen nunmehr andere Aspekte beim Aufbau in den neuen Bundesländern in den Vordergrund treten. In nächster Zeit wird vielmehr entscheidend für den Aufschwung sein, daß die Verwaltungen in Bund, Ländern und Gemeinden, die private Wirtschaft, die Tarifpartner und die Verbände die vorhandenen Freiräume nutzen und durch persönlichen Einsatz sowie durch Übermittlung von Erfahrung und Wissen zur Überwindung der Schwierigkeiten beitragen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage des Abgeordneten Peter Paterna (SPD) (Drucksache 12/351 Frage 30): Hat die Bundesregierung die geplante Erhöhung der Ablieferung der DBP-Telekom in Brüssel, insbesondere bei der Generaldirektion 4, auf EG-Konformität prüfen lassen, und wenn ja, mit einem wie begründeten Ergebnis? Die Bundesregierung hat das Vorhaben, die Ablieferung der Deutschen Bundespost in den Jahren 1991-94 um jeweils 2 Mrd. DM zu erhöhen, bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nicht notifiziert. Für eine solche Maßnahme besteht auch keine rechtliche Verpflichtung. Zu Teilaspekten des Vorhabens haben allerdings informelle Kontakte mit Dienststellen der EG-Kommission stattgefunden. Diese haben jedoch zu keinen Bedenken Anlaß gegeben. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Frage des Abgeordneten Ortwin Lowack (CDU/CSU) (Drucksache 12/351 Frage 33): Was spricht nach Auffassung der Bundesregierung dagegen, Ungarn und die CSFR mit Waffen und Munition aus den Beständen der NVA zu beliefern, und warum bleiben entsprechende Anforderungen bis heute unbeantwortet? Das Material der ehemaligen NVA wurde im Rahmen des deutschen Einigungsprozesses von der Bundeswehr übernommen und zunächst auf seine Weiterverwendungsfähigkeit in der Bundeswehr überprüft. Der Bundesregierung liegt eine Vielzahl von Anfragen nach NVA-Material vor. Die abschließende Prüfung von Einzelfragen erfolgt auf der Grundlage einer politischen Grundsatzentscheidung. Ein großer Teil der Hauptwaffensysteme der NVA, die nicht weiter verwendet werden, fällt unter den Begriff „Treaty Limited Equipment (TLE) " gemäß KSE-Vertrag. Nach Typen notifiziertes, vertragsbegrenztes Gerät unterliegt der Reduzierungsverpflichtung gemäß Art. 8 des KSE-Vertrages, sofern die Anteilshöchstgrenzen in den entsprechenden Kategorien überschritten werden. Die Bundesregierung hat festgelegt, daß grundsätzlich auch für die Abgabe von NVA-Kriegswaffen und sonstige NVA-Rüstungsgüter von Regierung zu Regierung die rüstungsexportpolitischen Grundsätze vom 28. April 1982 Anwendung finden. Im vorliegenden Fall sind außer einem laufenden interministeriellen Abstimmungsprozeß auch Gespräche und Beratungen im multilateralen Rahmen (Bündnispartner und KSE-Rahmen) erforderlich. Ungarn hat bereits einen Zwischenbescheid über die gewünschten Materiallieferungen erhalten. Seitens der Tschechischen und Slovakischen Föderativen Republik liegen derzeit keine spezifischen Materialwünsche vor. Anlage 7 Antwort Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Antje-Marie Steen (SPD) (Drucksache 12/351 Fragen 36 und 37): Weshalb und in welcher Höhe werden Tiefflüge in Ostholstein durchgeführt? Werden Überlegungen angestellt, diese Region wegen der besonderen Lage des Vogelschutzgebietes auf Fehmarn von den Tiefflügen auszunehmen, und trifft es zu, daß nach Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Hennig vorgesehen war, in den nächsten vier Jahren keine Tiefflüge über Ostholstein stattfinden zu lassen? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 1303* Zu Frage 36: Militärische Flüge in niedrigen Höhen werden zur Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit der deutschen und alliierten Luftstreitkräfte durchgeführt. Der Bundesminister der Verteidigung hat angeordnet, daß mit Wirkung vom 17. September 1990 strahlgetriebene Kampfflugzeuge hierbei grundsätzlich eine Mindestflughöhe von 300 m (1 000 Fuß) nicht unterschreiten dürfen. Darüber hinaus sind für derartige Flüge auch folgende zeitliche Beschränkungen verfügt: Nur an Werktagen von 07.00-17.00 Uhr Ortszeit mit einer zwischen jeweils dem 1. Mai und 31. Oktober einzuhaltenden Mittagspause von 12.3013.30 Uhr Ortszeit. Außerhalb dieser genannten Tageszeiten beträgt die Mindestflughöhe 1 500 Fuß (ca. 500 m). Ausnahmen hiervon hat sich der Bundesminister der Verteidigung seiner Entscheidung vorbehalten. Diese für die Bundesrepublik generell geltenden Bestimmungen treffen auch für Ostholstein zu. Zu Frage 37: Es werden keine Überlegungen angestellt, für diese Region besondere und von den allgemein gültigen Bestimmungen abweichende Regelungen zu treffen. Es ist vorgesehen, auch in diesem Bereich militärische Flüge in niedrigen Höhen durchzuführen, aber nur unter den zuvor genannten Einschränkungen. Ein vergleichsweise zu anderen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland vermindertes Flugaufkommen in dieser Region ist aufgrund der Einrichtung der sogenannten „Entflechtungszone" beiderseits der ehemaligen innerdeutschen Grenze zu erwarten. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Rose Götte (SPD) (Drucksache 12/351 Fragen 38 und 39): In welcher Weise wurde die Bundesregierung über den verstärkten Flugbetrieb von und zum amerikanischen Militärflughafen Ramstein informiert, und wie lange werden insbesondere die seit Monaten in großer Zahl stattfindenden nächtlichen Flugbewegungen andauern? Auf welcher Rechtsgrundlage findet der das Normalmaß weit übersteigende aktuelle Flugbetrieb beim amerikanischen Militärflughafen Ramstein statt, und bedarf es hierzu einer Genehmigung deutscher Behörden? Zu Frage 38: Der Flugbetrieb auf dem Flugplatz Ramstein wird grundsätzlich nach den Erfordernissen der amerikanischen Streitkräfte abgewickelt. Bei den seit einigen Wochen verstärkt stattfindenden Flugbewegungen handelt es sich vor allem um Unterstützungsflüge für die multinationalen Streitkräfte in der Golfregion, die in vollem Einverständnis der Bundesregierung durchgeführt wurden. Zu Frage 39: Der Flugbetrieb wird gemäß den Bestimmungen des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) durchgeführt. Nach § 1 LuftVG ist die Benutzung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge frei. Einer besonderen Genehmigung entsprechender Flüge bedarf es danach nicht.
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    Rede von Gerd Poppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von den Fraktio-



    Gerd Poppe
    nen der CDU/CSU, SPD und FDP vorgelegte Entschließungsantrag enthält eine ganze Reihe von Formulierungen, denen das Bündnis 90/DIE GRÜNEN zustimmen. Jedoch hat der Antrag auch einen erheblichen Mangel: Politische Wege, die zu einer gerechten und friedlichen Lösung für das kurdische Volk führen können, zeigt er nicht oder nur andeutungsweise auf. In wesentlichen Fragen beschränkt er sich auf verbale Bekundungen, die eher zu unserer Beruhigung dienen, als daß sie tatsächlich Hoffnungen bei dem vom Genozid bedrohten Volk erwecken können.
    Deshalb haben wir zwei eigene Entschließungsanträge gestellt. Zum einen geht es um die Verbesserung der Hilfsaktionen. Wir begrüßen ausdrücklich die Aufstockung der Mittel auf über 400 Millionen DM. Was aber nützt die großzügigste Hilfe, wenn sie bei den Betroffenen nicht oder zu spät ankommt?
    Es dürfte allgemein bekannt sein, daß weder die türkische noch die iranische Regierung Freunde der Kurden sind. Während der Bundesaußenminister telefonisch Appelle an beide Regierungen richtet, sterben weiter Flüchtlinge an Hunger, Kälte oder Erschöpfung. Schnellere und effektivere Hilfeleistungen sind dringend erforderlich. Eine Koordinierung und Kontrolle seitens der UNO wäre erstrebenswert. Solange dies nicht geschieht, ist ein sofortiges unbürokratisches und unkonventionelles Handeln erforderlich.
    Zur Verteilung der Hilfsmittel sollten alle denkbaren Wege beschritten werden, insbesondere auch unter Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen, die zum Teil längst mit Hilfskomitees und Menschenrechtsvereinen vor Ort zusammenarbeiten. Das würde die Hilfsaktionen beschleunigen und sicherstellen, daß die Lieferungen auch zu den Flüchtlingen gelangen.
    Diesem Ziel könnten auch wir als Abgeordnete dienen: 662mal könnten Hilfsaktionen der Bundesrepublik oder der EG bis zur Auslieferung der bereitgestellten Mittel begleitet werden, wenn jede und jeder von uns dazu einmal bereit ist.
    Es geht aber nicht nur um die direkte humanitäre Hilfe, sondern gleichzeitig und mit gleicher Intensität um die Suche nach einem erfolgversprechenden politischen Weg. Die EG fordert die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen den Irak mit dem Ziel der Durchsetzung von Schutzzonen für die Flüchtlinge und von Minderheitenrechten. Doch welche Schutzzonen sind das? Es handelt sich überwiegend um jene auf Betreiben vom Saddam Hussein entvölkerten Gebiete, in denen es keine Dörfer mehr gibt und in denen sogar die Brunnen zubetoniert wurden. Es handelt sich um felsige Gebirgsgegenden in einer Höhe von 2 000 bis 3 800 m.
    Und um welche Minderheit geht es eigentlich? Es geht um ein Volk von über 20 Millionen Menschen, das drittgrößte Volk im Nahen Osten, ein Volk, das wie jedes andere das Recht auf Selbstbestimmung hat und letztlich nur selbst entscheiden kann, ob es dieses Recht im Rahmen von autonomen Regionen oder innerhalb einer Föderation oder auf andere Weise wahrnimmt.
    Wenn Europäer und Amerikaner das nicht anerkennen, werden sie wie bisher immer nur dann reagieren, wenn die Katastrophe wieder einmal über das kurdische Volk hereingebrochen ist, und ansonsten auf die bekannte Weise schweigen: ohne Katastrophe kein Kurdenproblem, also kein Handlungsbedarf.
    Wir sind für die Aufrechterhaltung des Embargos. Es sollte so lange bestehenbleiben, bis ein Rückkehrrecht für die Flüchtlinge in die von ihnen beanspruchten Wohngebiete im Irak unter dem Schutz von UNOFriedenstruppen mit friedlichen und diplomatischen Mitteln durchgesetzt worden ist.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Vor allem aber müssen die Kurden selbst von ihrer Rückkehrmöglichkeit überzeugt sein. Dazu genügt es nicht, Minderheitenrechte und kulturelle Autonomie für sie zu fordern. Es genügt auch nicht, über die Kurden zu sprechen, wie das alle Regierungen zur Zeit tun, sondern es ist vor allem nötig, mit ihnen zu sprechen. Nur wenn wir mit ihnen sprechen, können wir auch glaubhaft über und für sie sprechen.
    Die Bundesregierung könnte solche Gespräche anbieten, z. B. darüber, welche Garantien für die Rückkehr und welche Selbstverwaltungsstrukturen auf welche Weise aufgebaut und unterstützt und auf welchem Wege Schritte zur kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Selbstbestimmung gegangen werden könnten.
    Die Bundesregierung sollte sich auch dafür einsetzen, daß Vertreterinnen und Vertreter des kurdischen Volkes ihre Forderungen bei der UNO stellen und begründen können und daß schnellstmöglich eine Nahost-Friedenskonferenz auch mit kurdischer Beteiligung zustande kommt.
    So entscheidend die humanitäre Hilfe in der akuten Situation ist, so wichtig ist es auch, den Völkermord durch geeignete politische Initiativen für alle Zeiten zu verhindern. Das ist Einmischung in eigene Angelegenheiten, und wir sollten uns durch niemanden davon abhalten lassen.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat abschließend die Abgeordnete Katrin Fuchs.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Katrin Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Eine Ihrer Forderungen, Frau Kollegin Lederer, ist bereits erfüllt: Die Obleute der SPD, der CDU/CSU und FDP im Auswärtigen Ausschuß haben heute vormittag beschlossen, daß eine Delegation des Unterausschusses für Menschenrechte in den Irak, in den Iran und in die Türkei fahren wird. Ich denke, das begrüßen wir alle inständig.

    (Zustimmung bei der PDS/Linke Liste)

    Die Debatte hat gezeigt, Kollegen und Kolleginnen, daß alle in diesem Hause mit Entsetzen das brutale und menschenverachtende Vorgehen des Regimes von Saddam Hussein verurteilen, das er gegenüber dem kurdischen Volk gezeigt hat.
    Wir sind uns auch völlig darüber einig, daß mit einem solchen Vorgehen der Tatbestand des Völker-



    Katrin Fuchs (Verl)

    mordes erfüllt ist und daß das nie und nimmer die Angelegenheit eines Volkes allein sein kann. Völkermord muß jede verantwortungsbewußte Regierung und die Weltgemeinschaft auf den Plan rufen. Gerade wir Deutschen wissen dies aus eigener Geschichte.
    Das Dringendste ist jetzt rasche Hilfe — das ist richtig — für die halbe Million Menschen, die im Gebirge frieren und hungern. Immer noch läßt die türkische Regierung kaum Flüchtlinge in die Täler hinunter. Hilfsmaßnahmen werden eher behindert als gefördert. Dabei sterben täglich nahezu 1 000 Menschen in den Bergen.
    Ich unterstreiche das, was der Kollege Duve gesagt hat: Wir müssen unseren Bündnispartner Türkei dringend auffordern, endlich zu tun, was ständig versprochen wird, nämlich die Menschen in die Täler zu lassen, wo internationale Hilfe sie erreichen kann und wo sie eine Überlebenschance haben.
    Natürlich müssen wir die Türkei dabei rasch und wirkungsvoll unterstützen. Es ist gut und in Ordnung, daß die Bundesrepublik Deutschland ihre Hilfsmittel um mehr als 250 Millionen DM aufstockt, allerdings erst jetzt, wo täglich Hunderte umkommen.

    (Bundesminister Hans-Dietrich Genscher: 415 Millionen DM!)

    — Auch wenn es 415 Millionen DM sind, Herr Außenminister,

    (Bundesminister Hans-Dietrich Genscher: Aber immerhin!)

    werden dennoch die Menschen in den Bergen an den türkischen und iranischen Grenzen fragen, warum die Deutschen und andere für den Krieg, der Leben und Natur zerstört, so schnell so viel mobilisieren konnten, warum sie aber für die Rettung von Menschenleben und für das Verhindern dieses entsetzlichen Elends nur einen Bruchteil dieser Milliarden aufbringen.

    (Beifall bei der SPD)

    Heute hören wir, daß die Mitglieder der Allianz gegen den Irak Auffanglager für Flüchtlinge im Nordirak errichten wollen. Das ist gut. Noch besser fände ich es, wenn entsprechend dem Vorschlag der EG Schutzzonen im Irak eingerichtet würden, in denen den Kurden ein Leben in Sicherheit garantiert wird. Diese Garantie müssen die Vereinten Nationen übernehmen.
    Alle Bereitschaft zur Hilfe kann nicht vergessen machen, daß Auslöser für die jetzige Katastrophe des kurdischen Volkes der Krieg am Golf war.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Nach dem Willen der Alliierten sollte der Krieg Kuwait befreien. Kuwait ist befreit. Aber das Land ist eine ökologische Wüste; von 500 brennenden Ölquellen ist nur eine einzige gelöscht. Der Irak ist geschlagen, und Präsident Bush rief das irakische Volk auf, den Diktator zu stürzen. Doch diejenigen, die seinem Aufruf folgten, sind jetzt auf der Flucht und begraben ihre verhungerten Kinder in den Bergen.
    Meine Fraktion war gegen den Krieg am Golf. Wir wollten die Befreiung Kuwaits mit Sanktionen erreichen. Der geringste Vorwurf, den wir dafür einstekken mußten, war der weltfremder Blauäugigkeit.
    Auf einmal ist man bereit, der Wirksamkeit von Sanktionen zu vertrauen. „Eine Aufhebung der Embargomaßnahmen gegenüber dem Irak muß so lange ausgesetzt werden," — so heißt es in unserem fast gemeinsamen Antrag — „bis die Sicherheit der verfolgten Minderheiten im Irak gewährleistet ist. "
    Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich halte diese Position für richtig; ich plädiere nicht für einen neuen Militäreinsatz.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Klären Sie das aber mal mit Herrn Duve!)

    Aber diese Position war auch schon vorher richtig, und ihre Anwendung hätte nicht zuletzt vielen Tausenden Kurden das Leben gerettet.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Sie müssen mal mit Herrn Duve reden!)

    Nach wie vor finde ich es mehr als befremdlich, daß die Waffenstillstandsresolution der Vereinten Nationen die Kurden mit keinem Wort erwähnt. Die Resolution 688 stellt umfangreiche Forderungen an den Irak, darunter die, keine Akte des internationalen Terrors zu begehen oder zu unterstützen. Daß aber in diesem Zusammenhang der völkerrechtswidrige innere Terror völlig ausgespart wird, ist schon fast zynisch. Dabei wäre das die Gelegenheit gewesen, Garantien für ein Überleben der Kurden im Irak und unter der Aufsicht der UNO zu erwirken. Diese Chance ist nun verspielt. Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, müssen sich die Frage nach der doppelten Moral gefallen lassen.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ Linke Liste)

    Fragen können der Weltgemeinschaft als Ganzer nicht erspart bleiben. Der Sicherheitsrat konnte sich erst spät zu einer Resolution durchringen, die den Irak gerade einmal auffordert, die Unterdrückung zu beenden, und die die Hoffnung auf einen — man glaubt es kaum — offenen Dialog ausdrückt.

    (Vorsitz: Vizepräsident Hans Klein)

    Ich weiß nicht, was Kurden bei einem solchen Satz empfinden müssen, in dem sie aufgefordert werden, einen offenen Dialog mit ihrem Henker zu führen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Inhalt und Sprache der UN-Resolutionen im Falle Kuwaits waren völlig anders. „Alle notwendigen Mittel" wurden damals freigegeben.
    Kollegen und Kolleginnen, die westlichen Gesellschaften halten sich auf ihr Prinzip der universellen Gültigkeit der Menschenrechte viel zugute. Darauf will der amerikanische Präsident nun eine neue Weltordnung errichten. Die Befreiung Kuwaits sollte der erste Schritt sein. Statt dessen herrscht Chaos in der Region, und Menschenrechte werden mit Füßen getreten.
    Kriege sind — im weitesten Sinne — zu teuer geworden, als daß die Menschheit sie sich weiter leisten



    Katrin Fuchs (Verl)

    könnte. Wir brauchen unsere knappen Mittel für den Frieden,

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und beim Bündnis 90/GRÜNE)

    der auch den Kurden die Rückkehr in ihre Wohngebiete und die Perspektive eines dauerhaften friedlichen Lebens, einer dauerhaften friedlichen Existenz garantiert. Wir brauchen einen Frieden, der die Minderheitenrechte aller ethnischen und religiösen Gruppen in der Region in vollem Umfang wahrt. Diese Fragen gehören auch auf die anzustrebende NahostFriedenskonferenz. Wer dauerhaften Frieden für die Region will, muß in diesem Zusammenhang auch über das israelisch-palästinensische Problem, über den Libanon, die Abrüstung, die Wasser- und ökologischen Fragen und das Wohlstandsgefälle reden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Ich bin sehr dafür, daß an dieser Konferenz alle betroffenen Gruppen, auch die Kurden, beteiligt werden.
    Eines möchte ich bei dieser Gelegenheit uns und anderen Industrienationen ins Stammbuch schreib en, und das ist etwas, was wir tun können: Einen solchen Frieden werden wir nur erreichen, wenn wir mit der jahrzehntelangen Praxis brechen, die Staaten in der Region bis an die Zähne aufzurüsten, um damit unsere Interessen durchzusetzen.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste, beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Ich bin dafür, daß Saddam Hussein für seine Kriegsverbrechen und den Völkermord vor ein internationales Gericht gestellt wird, wie das der Außenminister vorgeschlagen hat. Ich bin allerdings auch dafür, daß die deutsche Giftgasindustrie, die Waffenlieferanten, die Profiteure des Todes, ohne die diese Verbrechen überhaupt nicht möglich gewesen wären, auf die Anklagebank kommen.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Nur der geringste Teil der Waffenexporte in die Region war illegal, der größte Teil war hochoffiziell genehmigt, ja sogar gefördert. Über 80 % davon gehen auf das Konto der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates. Auch daran müßte man sich einmal erinnern.

    (Freimut Duve [SPD]: 87 %!)

    Die Bundesrepublik Deutschland nimmt auf dieser Rangliste den „stolzen" sechsten Platz ein. Wenn wir Frieden wollen, muß mit diesem ewigen Kreislauf Schluß sein, in dem wir die von uns aufgerüsteten Partner von gestern, die heute unsere Feinde sind, durch Krieg abrüsten, während sich ein neuer Waffenstrom zu unseren heutigen Verbündeten ergießt, Verbündeten, die vielleicht schon morgen wieder unsere Feinde sind.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Es ist Wahnsinn, daß die Vereinigten Staaten jetzt
    erneut Waffen für 18 Milliarden Dollar in den Nahen
    Osten schicken. Das ist die Ausrüstung für den nächsten Krieg, und ich fürchte, wir Deutschen haben auch da wieder keine weiße Weste.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Waffenexporte in diese Region müssen endgültig aufhören. Keine Nahostpolitik kommt an dieser banalen Erkenntnis vorbei. Genauso, wie die Vereinten Nationen über das Völkerrecht zu wachen haben, muß es in Zukunft ihre Aufgabe sein — das wäre mein Wunsch — , Rüstungsexporte zu unterbinden. Bis dahin hindert uns heute nichts, hier als Bundesrepublik Deutschland voranzugehen und von uns aus alle Rüstungsexporte in Gebiete außerhalb des Bündnisses zu verbieten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Damit würden wir unserem Anspruch gerecht, daß von deutschem Boden nur Frieden ausgeht.
    Der erste Schritt zu diesem Frieden für die Völker in der Region des Nahen Ostens ist uneingeschränkt das, was uns heute zusammenbringt: unverzügliche, umfassende, konkrete Hilfe für die geschundenen Kurden diesseits und jenseits der irakischen Grenzen.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und beim Bündnis 90/GRÜNE)