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ID1202001600

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    Plenarprotokoll 12/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Die Lage im Irak und die Situation der irakischen Flüchtlinge, insbesondere der Kurden Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 1255 B Freimut Duve SPD 1258B, 1267 D Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 1260 A Cornelia Schmalz-Jacobsen FDP 1261 A Andrea Lederer PDS/Linke Liste 1262 B Freimut Duve SPD 1263 A Heinrich Lummer CDU/CSU 1263 C Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 1264 D Katrin Fuchs (Verl) SPD 1265 D Tagesordnungspunkt 2: Befragung der Bundesregierung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991; Bericht zur Frage weiterer Maßnahmen der Frauenförderung in Beruf, Familie und anderen Bereichen; weitere aktuelle Fragen) Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1268B Günter Graf SPD 1269 A Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1269 B Dr. Burkhard Hirsch FDP 1269 C Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1269 C Renate Schmidt (Nürnberg) SPD 1269D Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI 1269D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1270 C Vizepräsident Hans Klein 1271 A Dr. Willfried Penner SPD 1271B Gerlinde Hämmerle SPD 1271 C Dr. Edith Niehuis SPD 1271 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1272A Angelika Barbe SPD 1272 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1272D Ulrike Mascher SPD 1273 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1273 B Hanna Wolf SPD 1273 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1273 D Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 1274 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 1274 A Tagesordnungspunkt 3: Fragestunde — Drucksache 12/351 vom 12. April 1991 — Gesetzliche Regelung der Strafbarkeit der Geldwäsche MdlAnfr 4 Johannes Singer SPD Antw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMJ 1274 C ZusFr Johannes Singer SPD 1274 D ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . 1275A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 Eingetretene Verbesserung durch die Pflegegeldleistung gemäß Gesundheits-Reformgesetz MdlAnfr 31 Gabriele Iwersen SPD Antw PStSekr Horst Günther BMA . . . 1275 C ZusFr Gabriele Iwersen SPD 1276A ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . 1276A Gleichstellung der Schwerbehinderten im öffentlichen Dienst in den neuen Bundesländern MdlAnfr 32 Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste Antw PStSekr Horst Günther BMA . . . . 1276B ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . 1276D Umsetzung des nationalen Drogenbekämpfungsplans MdlAnfr 22 Johannes Singer SPD Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1277 B ZusFr Johannes Singer SPD 1278 A ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . 1278B Zahl der den neuen Bundesländern zugewiesenen Aussiedler MdlAnfr 23 Claire Marienfeld CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1278C ZusFr Clemens Schwalbe CDU/CSU . . 1279A Änderung des BAT-Ost mit dem Ziel der Anrechnung der vollen Dienstzeit bei der Vergütung der Ärzte MdlAnfr 24 Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1279C Überprüfung des Bundestagsabgeordneten Hans Modrow auf Verbindungen zur Stasi in seiner damaligen Funktion als Erster Sekretär des Bezirks Dresden MdlAnfr 25, 26 Monika Brudlewsky CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1279D ZusFr Jutta Braband PDS/Linke Liste . . 1280 A Dr. Gerhard Riege PDS/Linke Liste . . . 1280 C Verringerung der Kohleförderung der Saarbergwerke auf jährlich 7 Mio. Tonnen MdlAnfr 27 Ottmar Schreiner SPD Antw PStSekr Klaus Beckmann BMWi . . 1280 D ZusFr Ottmar Schreiner SPD 1280 D ZusFr Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/ CSU 1281 C ZusFr Elke Ferner SPD 1282 A Übertragbarkeit von Annahmen über die Konkurrenzfähigkeit einer Strom-WärmeKopplung und die Beschäftigungswirkungen einer auf Energieeinsparung und dezentrale Energiebereitstellung ausgerichteten Energiepolitik auf die geplanten Atomkraftwerksneubauten in Stendal und Greifswald MdlAnfr 28, 29 Jutta Braband PDS/Linke Liste Antw PStSekr Klaus Beckmann BMWi . . 1282B, 1283 A ZusFr Jutta Braband PDS/Linke Liste . . 1282C, 1283 C Verstoß gegen die Zollvorschriften durch Zweckentfremdung von Düsenjets des Marinegeschwaders 1 in Jagel; Gefährdung des Verteidigungsauftrags bei Einziehung der Jets als corpora delicti MdlAnfr 34, 35 Dr. Eckhart Pick SPD Antw PStSekr Willy Wimmer BMVg . . . 1284A, 1285 C ZusFr Dr. Eckhart Pick SPD . . . 1284A, 1285 D ZusFr Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . . 1284 C Zusatztagesordnungspunkt: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Auswirkungen des vom Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen für die nächsten Jahre dargestellten Finanzbedarfs für die neuen Bundesländer im Zusammenhang mit den von der Bundesregierung geplanten Steuerabschaffungen und Steuersenkungen Ingrid Matthäus-Maier SPD 1285 B Wolfgang Schulhoff CDU/CSU 1286 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 1287B Gerhard Schüßler FDP 1288 B Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 1289 B Gunnar Uldall CDU/CSU 1291 C Ludwig Eich SPD 1292A Carl-Ludwig Thiele FDP 1293 A Lydia Westrich SPD 1294 B Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . . 1295 B Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 1296A Karl Diller SPD 1297 C Arnulf Kriedner CDU/CSU 1298B Dr. Gero Pfennig CDU/CSU 1299 C Nächste Sitzung 1300 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1301* A Anlage 2 Änderung der steuerlichen Förderung selbstgenutzten Wohneigentums; vorzeitige Zurückzahlung von Fördermitteln des sozialen Wohnungsbaus 1990; Anzahl der betroffenen Wohnungen MdlAnfr 1, 2 — Drs 12/351 — Achim Großmann SPD SchrAntw PStSekr Jürgen Echternach BMBau 1301* B Anlage 3 Herstellung einheitlicher Ortsnetze entsprechend der Gebietsreform durch die Telekom MdlAnfr 10 — Drs 12/351 — Peter Paterna SPD SchrAntw PStSekr Wilhelm Rawe BMPT . 1301* C Anlage 4 Solidaritätsbeitrag des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, der Ministerpräsidenten, der Bundes- und Länderminister sowie der Parl. Staatssekretäre zur Finanzierung der Deutschen Einheit (z. B. Verzicht auf das 13. Monatsgehalt) MdlAnfr 18, 19 — Drs 12/351 — Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Horst Waffenschmidt BMI 1301* D Anlage 5 Überprüfung der geplanten Erhöhung der Ablieferung der TELEKOM auf EG-Konformität MdlAnfr 30 — Drs 12/351 — Peter Paterna SPD SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 1302* B Anlage 6 Belieferung von Ungarn und CSFR mit Waffen und Munition aus Beständen der NVA MdlAnfr 33 — Drs 12/351 — Ortwin Lowack CDU/CSU SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 1302* C Anlage 7 Stopp der Tiefflüge über Ostholstein zum Schutz des Vogelgebietes auf Fehmarn MdlAnfr 36, 37 — Drs 12/351 — Antje-Marie Steen SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 1302* D Anlage 8 Verstärkter Flugbetrieb vom und zum amerikanischen Militärflughafen Ramstein MdlAnfr 38, 39 — Drs 12/351 — Dr. Rose Götte SPD SchrAntw PStSekr Willy Wimmer BMVg . 1303* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 1255 20. Sitzung Bonn, den 17. April 1991 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker-Inglau, Ingrid SPD 17. 04. 91 Conradi, Peter SPD 17. 04. 91 Doss, Hansjürgen CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 17. 04. 91 Glos, Michael CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 17. 04. 91 Henn, Bernd PDS 17. 04. 91 Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 17. 04. 91 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 17. 04. 91 Dr.-Ing. Krüger, Paul CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Graf Lambsdorff, Otto FDP 17. 04. 91 Dr. Laufs, Paul CDU/CSU 17. 04. 91 Lintner, Eduard CDU/CSU 17. 04. 91 Michalk, Maria CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 17. 04. 91 Nitsch, Johannes CDU/CSU 17. 04. 91 Rauen, Peter Harald CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 17. 04. 91 Erich Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 17. 04. 91 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 17. 04. 91 Hans Peter Dr. Schmude, Jürgen SPD 17. 04. 91 Schröter, Karl-Heinz SPD 17. 04. 91 Skowron, Werner H. CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Sperling, Dietrich SPD 17. 04. 91 Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 17. 04. 91 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 17. 04. 91 Wimmer (Neuötting), SPD 17. 04. 91 Hermann für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jürgen Echternach auf die Fragen des Abgeordneten Achim Großmann (SPD) (Drucksache 12/351 Fragen 1 und 2): Welche Schritte plant das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, um die Frage der Umstellung der steuerlichen Förderung selbstgenutzten Wohneigentums auf Abzug von der Steuerschuld wie angekündigt weiter auf der politischen Tagesordnung zu halten? Wie viele Mittel aus der Förderung des sozialen Wohnungsbaues sind im Jahre 1990 vorzeitig zurückgezahlt worden, und wie viele Wohnungen waren davon betroffen? Zu Frage 1: Der Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1991 wird zur Zeit in den Ausschüssen sowohl des Bundestages als auch des Bundesrates beraten. Er sieht u. a. eine Verbesserung der steuerlichen Wohneigentumsförderung vor; dabei wird allerdings keine Umstellung der Förderung auf einen Abzug von der Steuerschuld vorgeschlagen. Die parlamentarische Beratung des Entwurfs wird Gelegenheit bieten, die mit Anlagen zum Stenographischen Bericht einer eventuellen Umstellung des Fördersystems verbundenen Fragen zu erörtern und das Thema „auf der politischen Tagesordnung zu halten". Zu Frage 2: Nach Angaben der Länder sind im Jahre 1990 öffentliche Baudarlehen in Höhe von rd. 269 Mio. DM vorzeitig zurückgezahlt worden. Davon waren rd. 50 000 Mietwohnungen betroffen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wilhelm Rawe auf die Frage des Abgeordneten Peter Paterna (SPD) (Drucksache 12/351 Frage 10): Wird die Bundesregierung die DBP-Telekom veranlassen, die Kritik des Deutschen Städtetages zu beachten und bei der fortschreitenden Digitalisierung der Knoten- und Ortsvermittlungsstellen der kommunalen Gebietsreform entsprechende einheitliche Ortsnetze herzustellen? Eine Anpassung der Ortsnetzbereichsgrenzen an kommunale Gebiete ist mit Einführung der digitalen Vermittlungstechnik in den Knoten- und Ortsvermittlungsstellen technisch grundsätzlich möglich. Die technische Realisierung bedarf jedoch eines enormen Investitionsaufwandes. Da es sich hierbei um ertraglose Investitionen handelt, müßten die auftretenden Kosten für diese Ortsnetzbereichsanpassung in Form von Gebührenerhöhungen auf die Kunden der Deutschen Bundespost TELEKOM umgewälzt werden. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Bundesregierung nicht, die Deutsche Bundespost zu beauftragen, Ortsnetzbereiche an kommunale Grenzen anzupassen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Horst Waffenschmidt auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup (CDU/CSU) (Drucksache 12/351 Fragen 18 und 19) : Auf welchen Gesamtbetrag beläuft sich die Summe der 13. Monatsgehälter (Weihnachtsgeld) des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, der Ministerpräsidenten, der Bundes- und Länderminister sowie der Parlamentarischen Staatssekretäre im Jahre 1991? Ist die Bundesregierung bereit, in Abstimmung mit den Ländern dem Parlament einen Gesetzentwurf zuzuleiten, durch den dieser Gesamtbetrag für die Dauer der 12. Legislaturperiode jährlich „als Zeichen der Solidarität zur Finanzierung der Einheit" zur Verfügung gestellt wird? Zu Frage 18: Das sog. 13. Monatsgehalt oder Weihnachtsgeld steht auch den in der Frage genannten Personen zu. 1302* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 Der Bundespräsident, die Mitglieder der Bundesregierung und die Parlamentarischen Staatssekretäre erhalten die Sonderzuwendung nach dem Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung in der Fassung vom 23. Mai 1975 (BGBl. S. 1173), die Gewährung der Sonderzuwendungen an die Mitglieder der Landesregierungen ist in den Landesgesetzen geregelt. Die Summe der jährlichen Sonderzuwendungen beträgt bei diesem Personenkreis rund 2 800 000, —DM. Bei der Berechnung der Sonderzuwendungen für die Ministerpräsidenten und die Minister in den alten Bundesländern ist ein durchschnittliches Amtsgehalt zugrunde gelegt worden. In dem Gesamtbetrag sind die jährlichen Sonderzuwendungen für die Ministerpräsidenten und Landesminister der fünf neuen Bundesländer aufgrund der dort zum Teil noch fehlenden gesetzlichen Grundlagen nicht enthalten. Zu Frage 19: Die Bundesregierung hat erst kürzlich für 1991 ein Aufbauprogramm in den neuen Bundesländern mit einer Gesamtsumme von über 100 Mrd. DM beschlossen. Ein vergleichbares Engagement des Bundes hat es bisher in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nicht gegeben, dies hat auch der Bundeskanzler mehrfach hervorgehoben. Zu dieser finanziellen Kraftanstrengung tragen alle Bürger entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit durch die Erhebung des Solidarzuschlags zur Lohn-, Einkommen- und Körperschaftssteuer bei. Die Bundesregierung ist im übrigen der Auffassung, daß nach Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen nunmehr andere Aspekte beim Aufbau in den neuen Bundesländern in den Vordergrund treten. In nächster Zeit wird vielmehr entscheidend für den Aufschwung sein, daß die Verwaltungen in Bund, Ländern und Gemeinden, die private Wirtschaft, die Tarifpartner und die Verbände die vorhandenen Freiräume nutzen und durch persönlichen Einsatz sowie durch Übermittlung von Erfahrung und Wissen zur Überwindung der Schwierigkeiten beitragen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage des Abgeordneten Peter Paterna (SPD) (Drucksache 12/351 Frage 30): Hat die Bundesregierung die geplante Erhöhung der Ablieferung der DBP-Telekom in Brüssel, insbesondere bei der Generaldirektion 4, auf EG-Konformität prüfen lassen, und wenn ja, mit einem wie begründeten Ergebnis? Die Bundesregierung hat das Vorhaben, die Ablieferung der Deutschen Bundespost in den Jahren 1991-94 um jeweils 2 Mrd. DM zu erhöhen, bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nicht notifiziert. Für eine solche Maßnahme besteht auch keine rechtliche Verpflichtung. Zu Teilaspekten des Vorhabens haben allerdings informelle Kontakte mit Dienststellen der EG-Kommission stattgefunden. Diese haben jedoch zu keinen Bedenken Anlaß gegeben. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Frage des Abgeordneten Ortwin Lowack (CDU/CSU) (Drucksache 12/351 Frage 33): Was spricht nach Auffassung der Bundesregierung dagegen, Ungarn und die CSFR mit Waffen und Munition aus den Beständen der NVA zu beliefern, und warum bleiben entsprechende Anforderungen bis heute unbeantwortet? Das Material der ehemaligen NVA wurde im Rahmen des deutschen Einigungsprozesses von der Bundeswehr übernommen und zunächst auf seine Weiterverwendungsfähigkeit in der Bundeswehr überprüft. Der Bundesregierung liegt eine Vielzahl von Anfragen nach NVA-Material vor. Die abschließende Prüfung von Einzelfragen erfolgt auf der Grundlage einer politischen Grundsatzentscheidung. Ein großer Teil der Hauptwaffensysteme der NVA, die nicht weiter verwendet werden, fällt unter den Begriff „Treaty Limited Equipment (TLE) " gemäß KSE-Vertrag. Nach Typen notifiziertes, vertragsbegrenztes Gerät unterliegt der Reduzierungsverpflichtung gemäß Art. 8 des KSE-Vertrages, sofern die Anteilshöchstgrenzen in den entsprechenden Kategorien überschritten werden. Die Bundesregierung hat festgelegt, daß grundsätzlich auch für die Abgabe von NVA-Kriegswaffen und sonstige NVA-Rüstungsgüter von Regierung zu Regierung die rüstungsexportpolitischen Grundsätze vom 28. April 1982 Anwendung finden. Im vorliegenden Fall sind außer einem laufenden interministeriellen Abstimmungsprozeß auch Gespräche und Beratungen im multilateralen Rahmen (Bündnispartner und KSE-Rahmen) erforderlich. Ungarn hat bereits einen Zwischenbescheid über die gewünschten Materiallieferungen erhalten. Seitens der Tschechischen und Slovakischen Föderativen Republik liegen derzeit keine spezifischen Materialwünsche vor. Anlage 7 Antwort Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Antje-Marie Steen (SPD) (Drucksache 12/351 Fragen 36 und 37): Weshalb und in welcher Höhe werden Tiefflüge in Ostholstein durchgeführt? Werden Überlegungen angestellt, diese Region wegen der besonderen Lage des Vogelschutzgebietes auf Fehmarn von den Tiefflügen auszunehmen, und trifft es zu, daß nach Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Hennig vorgesehen war, in den nächsten vier Jahren keine Tiefflüge über Ostholstein stattfinden zu lassen? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. April 1991 1303* Zu Frage 36: Militärische Flüge in niedrigen Höhen werden zur Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit der deutschen und alliierten Luftstreitkräfte durchgeführt. Der Bundesminister der Verteidigung hat angeordnet, daß mit Wirkung vom 17. September 1990 strahlgetriebene Kampfflugzeuge hierbei grundsätzlich eine Mindestflughöhe von 300 m (1 000 Fuß) nicht unterschreiten dürfen. Darüber hinaus sind für derartige Flüge auch folgende zeitliche Beschränkungen verfügt: Nur an Werktagen von 07.00-17.00 Uhr Ortszeit mit einer zwischen jeweils dem 1. Mai und 31. Oktober einzuhaltenden Mittagspause von 12.3013.30 Uhr Ortszeit. Außerhalb dieser genannten Tageszeiten beträgt die Mindestflughöhe 1 500 Fuß (ca. 500 m). Ausnahmen hiervon hat sich der Bundesminister der Verteidigung seiner Entscheidung vorbehalten. Diese für die Bundesrepublik generell geltenden Bestimmungen treffen auch für Ostholstein zu. Zu Frage 37: Es werden keine Überlegungen angestellt, für diese Region besondere und von den allgemein gültigen Bestimmungen abweichende Regelungen zu treffen. Es ist vorgesehen, auch in diesem Bereich militärische Flüge in niedrigen Höhen durchzuführen, aber nur unter den zuvor genannten Einschränkungen. Ein vergleichsweise zu anderen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland vermindertes Flugaufkommen in dieser Region ist aufgrund der Einrichtung der sogenannten „Entflechtungszone" beiderseits der ehemaligen innerdeutschen Grenze zu erwarten. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Willy Wimmer auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Rose Götte (SPD) (Drucksache 12/351 Fragen 38 und 39): In welcher Weise wurde die Bundesregierung über den verstärkten Flugbetrieb von und zum amerikanischen Militärflughafen Ramstein informiert, und wie lange werden insbesondere die seit Monaten in großer Zahl stattfindenden nächtlichen Flugbewegungen andauern? Auf welcher Rechtsgrundlage findet der das Normalmaß weit übersteigende aktuelle Flugbetrieb beim amerikanischen Militärflughafen Ramstein statt, und bedarf es hierzu einer Genehmigung deutscher Behörden? Zu Frage 38: Der Flugbetrieb auf dem Flugplatz Ramstein wird grundsätzlich nach den Erfordernissen der amerikanischen Streitkräfte abgewickelt. Bei den seit einigen Wochen verstärkt stattfindenden Flugbewegungen handelt es sich vor allem um Unterstützungsflüge für die multinationalen Streitkräfte in der Golfregion, die in vollem Einverständnis der Bundesregierung durchgeführt wurden. Zu Frage 39: Der Flugbetrieb wird gemäß den Bestimmungen des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) durchgeführt. Nach § 1 LuftVG ist die Benutzung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge frei. Einer besonderen Genehmigung entsprechender Flüge bedarf es danach nicht.
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    Rede von Heinrich Lummer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Dramatik der Situation und zur Unermeßlichkeit des Leides ist mit Worten das gesagt worden, was mit Worten zu sagen ist. Wer könnte es besser schildern als Norbert Blüm?
    Dies ist natürlich auch eine Herausforderung für den Deutschen Bundestag. Insofern ist es geboten, daß wir uns mit dem Thema beschäftigen und eine ebenso eindeutige wie präzise Stellungnahme abgeben.
    Die einheitliche Bewertung und die gemeinsamen Forderungen des Bundestages, die in der Resolution niedergelegt worden sind, sprechen, so denke ich, für sich und sollten bei allen Betroffenen als Ausdruck der Entschlossenheit gewertet werden, Vertreibung und Völkermord zu verhindern.
    Mitleid ohne Folgen, so haben wir gehört, ist kein Mitleid.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Wenn selbst der Kollege Duve die Alternativlosigkeit an der Stelle sieht und sagen muß: Notfalls muß eben militärisch gehandelt werden, dann wird, glaube ich, deutlich, in welcher Situation wir uns hier befinden.
    Niemand, so denke ich, darf sich künftig hinter der Formel von der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten verstecken, wenn es um die Durchsetzung von Menschenrechten geht. Menschenrechte — das ist ein großes Wort.
    Wir haben viel von der Hilfe für die Flüchtlinge geredet. Dies ist notwendig. Sie erfolgt, so meine ich, in einem beachtlich großen und auch großzügigen Ausmaß. Dies gilt nicht zuletzt für die Leistungen der Bundesrepublik. Der Dank ist ausgesprochen worden, wohlerwogen und überzeugend. Die Bundesregierung, die Bundeswehr und alle, die unter widrigen Umständen dort beteiligt sind und sich engagieren, haben unseren Dank verdient.
    Sicher, meine Damen und Herren, erwarten wir alle vom Iran und von der Türkei, daß sie Flüchtlinge — zumindest vorübergehend aufnehmen. Wir sehen darin sicher eine Verpflichtung. Gleichwohl ist es im Hinblick auf die besondere Lage dieser Länder keine Selbstverständlichkeit. Ob wir nun bitten oder fordern: Wir sollten die besonderen Bedingungen dieser Länder nicht aus dem Auge verlieren und uns selber deutlich machen, daß wir zur Mithilfe und zur Unterstützung bereit sein müssen. Wir können diese beiden Länder nicht allein lassen.
    Meine Damen und Herren, wir bestehen in der Resolution auf dem Rückkehrrecht der Kurden, auf der Einrichtung von Sicherheitszonen und auf die Fortführung der Embargomaßnahmen bis zur Gewährleistung von Minderheitenrechten.



    Heinrich Lummer
    Ich denke, jede Resolution, die hinter diesen Forderungen zurückbliebe, würde dem Thema nicht gerecht. Dem nach allgemeiner Meinung gewonnenen Krieg darf nun nicht ein verlorener Frieden folgen. Ein Versagen jetzt würde nicht nur den Erfolg des Krieges oder den Prestigegewinn, den manche Politiker erzielt haben, in Frage stellen, sondern Fragen nach der Glaubwürdigkeit, der Rechtfertigung und der Legitimation des gesamten Golfeinsatzes aufwerfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das dürfen und wollen wir uns, denke ich, nicht leisten. Jedenfalls hat schon jetzt das, was man Sieg nannte, einen verdammt faden Beigeschmack bekommen.
    Wir stellen, meine Damen und Herren, in der Resolution fest: Die Erhebung der Kurden und der Schiiten gegen die Diktatur Saddam Husseins ist gescheitert. Es ist derzeit schwer auszumachen, auf welcher Seite wie große Fehleinschätzungen oder falsche Hoffnungen vorhanden waren.
    Kurden und Schiiten mögen ebenso wie andere gemeint haben, die Zeit für eine Beseitigung des Diktators sei gekommen. Sie haben es versucht. Mit ihrer gewollten Begrenzung der Kriegsziele war die Politik der Alliierten jedenfalls in einer schwierigen Situation. Die Bewahrung der staatlichen Identität des Irak bedeutet heute in der Praxis ganz offenbar die Erhaltung des Diktators. Die Kräfte im Inneren reichten bisher offenbar nicht aus, sich vom Diktator zu befreien. Andererseits hätte die Befreiung vom Diktator möglicherweise eine Auflösung des Irak zur Folge. Das Dilemma ist offenkundig. Die Frage bleibt: Kann man denn beides haben: die Erhaltung des Irak als eines regionalen Ordnungsfaktors, aber das ohne Saddam Hussein?
    Ich denke, das ist möglich. Aber zur Zeit sehen wir jedenfalls nicht die Möglichkeiten, dieses Ziel unmittelbar zu erreichen.
    Meine Damen und Herren, mit Befriedigung können wir feststellen, daß verbrieftes und geltendes Recht nun in einem größeren Umfang praktisch durchgesetzt wird. In der Resolution 688 des Sicherheitsrates wird eindeutig festgestellt, daß die Unterdrückung und Vertreibung irakischer Kurden eine Gefährdung des internationalen Friedens und der Sicherheit in der Region darstellt. Das ist begrifflich jenes, was die Charta der Vereinten Nationen im VII. Kapitel als Voraussetzung für den Eingriff der Vereinten Nationen ansieht. Dies ist diesmal nicht auf Grenzen bezogen — wie wir gehört haben — , sondern auf Menschenrechte.
    Auch in der Resolution 678 werden die Mitgliedstaaten ermächtigt, alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um den Frieden und die Sicherheit in dem Gebiet wiederherzustellen.
    Ich denke jedenfalls, die Vereinten Nationen haben insgesamt eine Möglichkeit geschaffen, unbeschadet der Formel von der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten tätig zu werden, wenn ein Land etwa die Menschenrechtspakte oder die Völkermordkonvention verletzt. Dies ist ein nennenswerter Fortschritt bei der Durchsetzung von Menschenrechten. Dies sollten wir beachten und zukünftig nicht mehr aus dem Auge verlieren.
    Dies sollten aber insbesondere die Machthaber im Irak bedenken, wenn sie z. B. die Frage zu prüfen haben, ob sie die Einrichtung von Sicherheitszonen gestatten oder nicht. Noch ist nicht endgültig darüber entschieden, ob sie dieses zulassen. Klar ist aber: Dies ist eine Einschränkung der staatlichen Souveränität des Irak. Sie ist nach unserem Dafürhalten unvermeidbar; sie ist auch legitimiert. Zur Rückkehr der Kurden in ihre Heimat bei Beachtung der Minderheitenrechte sollte es keine Alternative geben.
    Wir sollten aber auch sagen: Wenn der Staat diese Minderheitenrechte beachtet, sollten auch die Kurden bereit sein, bei der Durchsetzung weitergehender Forderungen auf Gewalt zu verzichten.
    Notwendig ist dort der Dialog zwischen den Gruppen. Von unserer Seite aus ist es heute notwendig, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
    Ein Staat, so meine ich jedenfalls, der diese Rechte beachtet, wird auch einen höheren Grad innerer Stabilität gewinnen. So hat es sich immer wieder erwiesen, daß Gesellschaften, die zum Dialog fähig sind, ein höheres Maß an Stabilität aufweisen als solche, wo Minderheiten unterdrückt werden. Dies müßten auch Menschen, die einigermaßen Vernunft haben, im Irak begreifen. Dies gilt jedenfalls für den Irak, aber auch für andere Staaten, und wir werden uns mit diesem Thema in der Zukunft öfter zu beschäftigen haben.
    Eine neue Weltordnung, von der hier oft die Rede war, wird jedenfalls letztendlich nur dann kommen und nur dann Bestand haben, wenn sie auf der Anerkennung des Völkerrechts inklusive der Menschenrechte basiert. Dies, meine ich, ist eine wichtige Erkenntnis.
    Was bleibt uns? Paul Claudel hat einmal in dem „Seidenen Schuh" angesichts eines Kranken die Frage gestellt: Wer tut mehr für den Kranken, der Arzt, der Nahestehende, der dem Kranken im Fieber die Hand hält und ihm hilft, soweit ihm das persönlich möglich ist, oder der Weltenbummler, der irgendwo in China die China-Wurzel entdeckt und generell in der Lage ist, das Fieber zu senken?
    Wir haben hier keine Alternative. Wir müssen beides tun: Wir müssen den Flüchtlingen unmittelbar helfen, und wir müssen dafür sorgen, daß dieses Symptom in der Zukunft nicht wieder auftritt, indem wir das Völkerrecht, insbesondere die Menschenrechte durchsetzen.
    Ich denke, wir sind hier trotz all der Not, die hinreichend beschrieben worden ist, bei der Durchsetzung einen Schritt weitergekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Heute waren Sie mit Ihrer Rede „Runder-Tisch"fähig!)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Gerd Poppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerd Poppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von den Fraktio-



    Gerd Poppe
    nen der CDU/CSU, SPD und FDP vorgelegte Entschließungsantrag enthält eine ganze Reihe von Formulierungen, denen das Bündnis 90/DIE GRÜNEN zustimmen. Jedoch hat der Antrag auch einen erheblichen Mangel: Politische Wege, die zu einer gerechten und friedlichen Lösung für das kurdische Volk führen können, zeigt er nicht oder nur andeutungsweise auf. In wesentlichen Fragen beschränkt er sich auf verbale Bekundungen, die eher zu unserer Beruhigung dienen, als daß sie tatsächlich Hoffnungen bei dem vom Genozid bedrohten Volk erwecken können.
    Deshalb haben wir zwei eigene Entschließungsanträge gestellt. Zum einen geht es um die Verbesserung der Hilfsaktionen. Wir begrüßen ausdrücklich die Aufstockung der Mittel auf über 400 Millionen DM. Was aber nützt die großzügigste Hilfe, wenn sie bei den Betroffenen nicht oder zu spät ankommt?
    Es dürfte allgemein bekannt sein, daß weder die türkische noch die iranische Regierung Freunde der Kurden sind. Während der Bundesaußenminister telefonisch Appelle an beide Regierungen richtet, sterben weiter Flüchtlinge an Hunger, Kälte oder Erschöpfung. Schnellere und effektivere Hilfeleistungen sind dringend erforderlich. Eine Koordinierung und Kontrolle seitens der UNO wäre erstrebenswert. Solange dies nicht geschieht, ist ein sofortiges unbürokratisches und unkonventionelles Handeln erforderlich.
    Zur Verteilung der Hilfsmittel sollten alle denkbaren Wege beschritten werden, insbesondere auch unter Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen, die zum Teil längst mit Hilfskomitees und Menschenrechtsvereinen vor Ort zusammenarbeiten. Das würde die Hilfsaktionen beschleunigen und sicherstellen, daß die Lieferungen auch zu den Flüchtlingen gelangen.
    Diesem Ziel könnten auch wir als Abgeordnete dienen: 662mal könnten Hilfsaktionen der Bundesrepublik oder der EG bis zur Auslieferung der bereitgestellten Mittel begleitet werden, wenn jede und jeder von uns dazu einmal bereit ist.
    Es geht aber nicht nur um die direkte humanitäre Hilfe, sondern gleichzeitig und mit gleicher Intensität um die Suche nach einem erfolgversprechenden politischen Weg. Die EG fordert die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen den Irak mit dem Ziel der Durchsetzung von Schutzzonen für die Flüchtlinge und von Minderheitenrechten. Doch welche Schutzzonen sind das? Es handelt sich überwiegend um jene auf Betreiben vom Saddam Hussein entvölkerten Gebiete, in denen es keine Dörfer mehr gibt und in denen sogar die Brunnen zubetoniert wurden. Es handelt sich um felsige Gebirgsgegenden in einer Höhe von 2 000 bis 3 800 m.
    Und um welche Minderheit geht es eigentlich? Es geht um ein Volk von über 20 Millionen Menschen, das drittgrößte Volk im Nahen Osten, ein Volk, das wie jedes andere das Recht auf Selbstbestimmung hat und letztlich nur selbst entscheiden kann, ob es dieses Recht im Rahmen von autonomen Regionen oder innerhalb einer Föderation oder auf andere Weise wahrnimmt.
    Wenn Europäer und Amerikaner das nicht anerkennen, werden sie wie bisher immer nur dann reagieren, wenn die Katastrophe wieder einmal über das kurdische Volk hereingebrochen ist, und ansonsten auf die bekannte Weise schweigen: ohne Katastrophe kein Kurdenproblem, also kein Handlungsbedarf.
    Wir sind für die Aufrechterhaltung des Embargos. Es sollte so lange bestehenbleiben, bis ein Rückkehrrecht für die Flüchtlinge in die von ihnen beanspruchten Wohngebiete im Irak unter dem Schutz von UNOFriedenstruppen mit friedlichen und diplomatischen Mitteln durchgesetzt worden ist.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Vor allem aber müssen die Kurden selbst von ihrer Rückkehrmöglichkeit überzeugt sein. Dazu genügt es nicht, Minderheitenrechte und kulturelle Autonomie für sie zu fordern. Es genügt auch nicht, über die Kurden zu sprechen, wie das alle Regierungen zur Zeit tun, sondern es ist vor allem nötig, mit ihnen zu sprechen. Nur wenn wir mit ihnen sprechen, können wir auch glaubhaft über und für sie sprechen.
    Die Bundesregierung könnte solche Gespräche anbieten, z. B. darüber, welche Garantien für die Rückkehr und welche Selbstverwaltungsstrukturen auf welche Weise aufgebaut und unterstützt und auf welchem Wege Schritte zur kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Selbstbestimmung gegangen werden könnten.
    Die Bundesregierung sollte sich auch dafür einsetzen, daß Vertreterinnen und Vertreter des kurdischen Volkes ihre Forderungen bei der UNO stellen und begründen können und daß schnellstmöglich eine Nahost-Friedenskonferenz auch mit kurdischer Beteiligung zustande kommt.
    So entscheidend die humanitäre Hilfe in der akuten Situation ist, so wichtig ist es auch, den Völkermord durch geeignete politische Initiativen für alle Zeiten zu verhindern. Das ist Einmischung in eigene Angelegenheiten, und wir sollten uns durch niemanden davon abhalten lassen.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)