Rede:
ID1201601000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Herr: 1
    7. Dr.: 1
    8. Ullmann.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. März 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Drucksachen 12/103, 12/204, 12/216, 12/255) b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (Drucksachen 12/105, 12/205, 12/214, 12/254) Herbert Helmrich CDU/CSU 1001 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 1004 D Herbert Helmrich CDU/CSU 1007 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 1008 B Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 1010 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . . 1012A Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 1013D Hans-Joachim Hacker SPD 1014 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 1015 C Dr. Jürgen Schmude SPD 1015D Dr. Hans de With SPD 1017 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 1017D Otto Schily SPD 1018C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . 1020 B Dr. Gerhard Riege PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 32 GO) 1024 C Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache 12/199) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Entwicklung einer umfassenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Technik (Drucksache 12/198) Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 1025 B Gernot Erler SPD 1027 B Karl Lamers CDU/CSU 1030 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 1031 D Arno Schmidt (Dresden) FDP 1032 D Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 1034 B Peter Kittelmann CDU/CSU 1035 C Otto Schily SPD 1036D Nächste Sitzung 1037 C Berichtigung 1037 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1038* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 1038* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. März 1991 1001 16. Sitzung Bonn, den 15. März 1991 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 15. Sitzung, Seite II, linke Spalte: Bei Tagesordnungspunkt 4 ist bei dem Namen „Hans-Joachim Fuchtel" statt „FDP" zu lesen: „CDU/CSU". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Adam-Schwaetzer, Irmgard FDP 15. 03. 91 Andres, Gerd SPD 15. 03. 91 Augustin, Anneliese CDU/CSU 15. 03. 91 Bartsch, Holger SPD 15. 03. 91 Berger, Johann Anton SPD 15. 03. 91 Brandt, Willy SPD 15. 03. 91 Dr. Brecht, Eberhard SPD 15. 03. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91* Conradi, Peter SPD 15. 03. 91 Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 15. 03. 91 Duve, Freimut SPD 15. 03. 91 Eimer (Fürth), Norbert FDP 15. 03. 91 Eylmann, Horst CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 15. 03. 91 Ferner, Elke SPD 15. 03. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 15. 03. 91* Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Fuchs (Köln), Anke SPD 15. 03. 91 Funke, Rainer FDP 15. 03. 91 Gansel, Norbert SPD 15. 03. 91 Gattermann, Hans H. FDP 15. 03. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 15. 03. 91 Dr. von Geldern, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Graf, Günter SPD 15. 03. 91 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Grünbeck, Josef FDP 15. 03. 91 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 15. 03. 91 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 15. 03. 91 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Hennig, Ottfried CDU/CSU 15. 03. 91 Jeltsch, Karin CDU/CSU 15. 03. 91 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 15. 03. 91 Kastner, Susanne SPD 15. 03. 91 Kleinert (Hannover), Detlef FDP 15. 03. 91 Kolbe, Manfred CDU/CSU 15. 03. 91 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 15. 03. 91 Kossendey, Thomas CDU/CSU 15. 03. 91 Kraus, Rudolf CDU/CSU 15. 03. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 15. 03. 91 Dr. Küster, Uwe SPD 15. 03. 91 Lange, Brigitte SPD 15. 03. 91 Leidinger, Robert SPD 15. 03. 91 Lenzer, Christian CDU/CSU 15. 03. 91* Lintner, Eduard CDU/CSU 15. 03. 91 Marten, Günter CDU/CSU 15. 03. 91 Meckel, Markus SPD 15. 03. 91 Dr. Mertens (Bottrop), Franz-Josef SPD 15. 03. 91 Michels, Meinolf CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 15. 03. 91* Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Müller (Schweinfurt), Rudolf SPD 15. 03. 91 Müntefering, Franz SPD 15. 03. 91 Oostergetelo, Jan SPD 15. 03. 91 Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 15. 03. 91 Paintner, Johann FDP 15. 03. 91 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 15. 03. 91 Poß, Joachim SPD 15. 03. 91 Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 15. 03. 91 Reschke, Otto SPD 15. 03. 91 Reuschenbach, Peter W. SPD 15. 03. 91 Roth, Wolfgang SPD 15. 03. 91 Rühe, Volker CDU/CSU 15. 03. 91 Schätzle, Ortrun CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 15. 03. 91 Schenk, Christa Bündnis 90/ 15. 03. 91 GRÜNE Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schneider (Nürnberg), Oscar CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 15. 03. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 15. 03. 91* Dr. Thalheim, Gerald SPD 15. 03. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Vergin, Siegfried SPD 15. 03. 91 Voigt (Frankfurt), Karsten D. SPD 15. 03. 91 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 15. 03. 91 Vosen, Josef SPD 15. 03. 91 Graf von Waldburg-Zeil, Alois CDU/CSU 15. 03. 91 Weiß (Berlin), Konrad Bündnis 90/ GRÜNE 15. 03. 91 Werner (Ulm), Herbert CDU/CSU 15. 03. 91 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 15. 03. 91 Dr. Wieczorek (Auerbach), Bertram CDU/CSU 15. 03. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 15.03.91 Heidemarie Wissmann, Matthias CDU/CSU 15. 03. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 15. 03. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/152 Nr. 32, 38, 46 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/210 Nr. 177
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Mittelpunkt der Beratung zum Haushalt 1991 in den vergangenen Tagen standen die Situation in den fünf neuen Bundesländern und die politischen und finanziellen Möglichkeiten, um den Menschen in den neuen Bundesländern zu helfen und die Wirtschaft in Gang zu setzen. Während bei diesen Aussprachen selbstverständlich die Haushaltsmittel die dominierende Rolle spielten, wollen wir mit den hier zur Beratung stehenden Gesetzentwürfen andere Investitionshemmnisse abbauen und damit einen Beitrag zur Ankurbelung der Wirtschaft leisten. Daß es dabei mindestens mittelbar auch um Geld geht, ist selbstverständlich, denn es handelt sich um die Verwertung und Weiterverwendung von Grundstücken, Gebäuden, sonstigen Vermögenswerten und insbesondere um die Schaffung und Erhaltung lebensfähiger wirtschaftlicher Unternehmen in privater Hand.
    Vor welchen gravierenden Schwierigkeiten stehen wir? Lassen Sie mich noch einmal einige Punkte aufzählen: Es fehlt ein leistungsfähiges Infrastruktur' system im Verkehrs- und Kommunikationsbereich. Die Verwaltungen auf kommunaler und Landesebene sind noch nicht funktionsfähig, da es nicht genügend qualifiziertes Personal und keine adäquate Sachausstattung gibt. Im Bereich der Rechtspflege und Justiz befinden sich die Gerichte noch im Aufbau, die Grundbuchämter und anderen registerführenden Stellen müssen die vorhandenen Eintragungen zunächst finden, aktualisieren, berichtigen und dem neuen Rechtsstand anpassen. Der Personalbestand in vielen Unternehmungen und Verwaltungen ist leider immer noch viel zu hoch.
    Vielen Beschäftigten droht im Laufe dieses Jahres die Arbeitslosigkeit. Die kommunalen Gebietskörperschaften — also Gemeinden, Städte, kreisfreie Städte, Landkreise — und die Länder waren in erheblicher Finanznot und verfügten nicht ansatzweise über die Mittel, um ein funktionierendes Gemeinwesen planerisch, konzeptionell und durch Vergabe von Aufträgen sowie Veräußerungen von Grundstücken aufzubauen.
    Die im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragenen volkseigenen Kombinate, Betriebe, Einrichtungen und sonstigen juristischen Wirtschaftseinheiten sind nach dem Treuhandgesetz vom Juli 1990 bereits in Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Aufbau umgewandelt worden. Doch sind diese neuen Unternehmenseinheiten Zwitter von Markt- und Planwirtschaft geblieben. Sie sind schon wegen ihrer marktfremden Struktur nicht überlebensfähig. Hinzu kommen eine Vielzahl von ungeklärten Eigentumsfragen und rund 1 Million Anträge auf Rückübertragung von volkseigenem Vermögen, das durch Enteignungen und andere Zwangsmaßnahmen den früheren Eigentümern weggenommen wurde.
    Diese nicht abschließende Aufzählung macht deutlich, daß es eine Fülle von Hindernissen und Hemmnissen für Investitionen gibt. Mit den hier zur Beratung stehenden Gesetzentwürfen wollen und können nur die sich aus der unsicheren Eigentumslage ergebenden Probleme zu lösen versucht werden.
    Um es ganz deutlich zu machen: Diese Gesetze allein können nicht den Umbau von einer Plan- zu einer Marktwirtschaft verwirklichen und auch nicht alle Unsicherheiten beseitigen.
    Ausgangspunkt für die in den Gesetzentwürfen enthaltenen Regelungen mußten der Einigungsvertrag, das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und das Gesetz über besondere Investitionen in der DDR, die ja noch im August 1990 von der Volkskammer verabschiedet worden waren und auch nach dem Einigungsvertrag weiter Gültigkeit haben, sein. Die Wiedergutmachung durch Enteignungen erlittenen Unrechts orientiert sich in diesen Gesetzen an dem Grundsatz der Rückgabe vor Entschädigung. Diese Entscheidung wurde nicht leichtfertig getroffen, sondern macht die im Grundgesetz getroffene Wertentscheidung zugunsten des privaten Eigentums im Art. 14 deutlich. Alteigentümern und ehemals Berechtigten muß die Möglichkeit gegeben werden, ihr



    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
    enteignetes Vermögen oder Unternehmen zurückzubekommen. Gerade für Menschen, die in einem Staat leben mußten, der privates Eigentum fast nicht zugelassen hat und vor enteignenden Maßnahmen nicht zurückschreckte, verbindet sich mit dem Eigentumsrecht auch das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das Rechtsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern würde ganz erheblich verletzt werden, wenn es nicht die Möglichkeit der Rückgabe des enteigneten Vermögens gäbe.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Auf der anderen Seite sind die schwierigen Verhältnisse und die dringende Notwendigkeit, privaten Investoren Anreize für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen wie auch für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu geben, nicht zu unterschätzen. Dieser Interessenkonflikt bedarf einer sorgfältigen Abwägung zwischen Eigentumsrecht und dem Aufbau einer leistungsfähigen und funktionierenden Wirtschaft, was im Interesse aller und zum Wohl der Allgemeinheit erfolgen muß.
    Diesem Interessenkonflikt wird man aber nicht mit einer sehr einfach klingenden Forderung nach Umkehrung des Grundsatzes gerecht. Warum nicht? Auf Grund der bestehenden — ich hatte sie eben genannt — gesetzlichen Regelungen sind über eine Million Anträge gestellt worden, nämlich — Herr Helmrich, Sie sagten es vorhin — eine Million Vertrauenstatbestände, die unter der Geltung des Grundgesetzes nicht mit einem Federstrich beseitigt werden können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Außerdem gibt es Abertausende von Grundstücken und Häusern, die nicht für Investitionen gebraucht werden, sondern die jetzt an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden können. Diese unstreitigen Fälle sollten so schnell wie möglich entschieden und abgewickelt werden. Gerade auch den mittelständischen Unternehmen, die im wesentlichen Opfer der Enteignungen 1972 gewesen waren, sollte die Möglichkeit zur Investition gegeben werden, denn von der Neuentstehung mittelständischer Betriebe hängt ganz wesentlich die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern ab.
    Aber um es noch einmal ganz deutlich zu machen: Es geht hier nicht nur um einen Prinzipienstreit, sondern es geht darum, eine Regelung zu finden, die, ausgehend von der Eigentumsgarantie, die unterschiedlichen, sich widersprechenden Interessen zu berücksichtigen versucht. Genau dies haben wir mit dem vorliegenden Gesetzespaket gemacht.
    Die vorgeschlagenen Änderungen zum Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen schaffen eine Vorfahrtsregelung für Unternehmensveräußerungen an Dritte, die auch dann greifen kann, wenn ein Antrag auf Rückgabe an den Berechtigten vorliegt. Das Zurückstehen der Interessen des früheren Eigentümers ist dann gerechtfertigt, wenn Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert oder Investitionen getätigt werden, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Es
    ist selbstverständlich, daß diese Vorfahrtsregelung nur gelten kann, solange über den Antrag des Berechtigten auf Rückgabe noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist.
    Um möglichst schnell Entscheidungen über die Übertragung von Vermögenswerten — Grundstükken, Gebäuden und Unternehmen — zu ermöglichen, wurde eine Ausnahme von dem Grundsatz, nicht über dieses Vermögen bei Vorliegen eines Antrags auf Rückgabe verfügen zu können, zugelassen. Gerade öffentlich-rechtliche Körperschaften oder die Treuhandanstalt können jetzt diese Vermögenswerte veräußern, vermieten oder verpachten, wenn dies aus den eben dargelegten Gründen notwendig und geeignet erscheint.
    Dieses umfassende und weite Verfügungsrecht der Kommunen und der Treuhandanstalt kann aber nur zugunsten des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden und das Zurücktreten des Rückgaberechts vertretbar erscheinen lassen, wenn es auch noch die Möglichkeit eines Abwägungsprozesses gibt.
    Für die FDP war für die Akzeptanz dieser Vorfahrtsregelung entscheidend, daß auch hier die Treuhandanstalt oder die Kommune bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen hat, ob ein Alteigentümer gleiche oder annähernd gleiche investive Maßnahmen zusagt wie ein dritter Erwerber und deren Durchführung glaubhaft macht. Hinzu kommt, daß diese Regelung bis Ende 1992 befristet wurde.
    Mit dieser Einschränkung wird erreicht, daß der Alteigentümer die Chance erhält, in den Abwägungs-
    und Entscheidungsprozeß einbezogen zu werden. Daß er dieses Recht auch wahrnehmen kann, wird ihm durch die Verpflichtung des Verfügungsberechtigten, ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ermöglicht.
    Große Bedeutung kommt dem Gesetz über die Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen zu. Mit diesen Regelungen wird die große Unsicherheit der Kommunen über ihre Berechtigung, über Grundstücke und Gebäude zu verfügen, die in ihrem Gebiet liegen, beseitigt.
    Diese Unsicherheit hat in den letzten Wochen zur Handlungsunfähigkeit geführt und war damit eine ganz wesentliche Ursache für das Unterbleiben jeglicher wirtschaftlicher Betätigung in den Gemeinden. Mit diesem Gesetz werden sie jetzt in die Lage versetzt, Grundstücke und Gebäude zu veräußern, solange keine anderweitige Entscheidung der zuständigen Behörden erfolgt ist. Dies gilt ebenso für die Länder.
    Anknüpfungspunkt für diese erhebliche Erleichterung ist die Alteintragung im Grundbuch als „Eigentum des Volkes", verbunden mit einem Zusatz, der den Rat einer Kommune als Rechtsträger ausweist. Das heißt: Das ist ein praktikabler Ansatz für sofortiges Handeln.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Da die Erlöse aus diesem Verkauf dem auf Grund der Regelungen des Einigungsvertrages Berechtigten zufallen, sind sie auf ein Sonderkonto des Innenministeriums einzuzahlen, damit sie nach endgültiger Ent-



    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
    scheidung unverzüglich zugewiesen werden können. Das heißt: Dieses Gesetz ermöglicht eine sofortige Verkaufstätigkeit der Kommunen. Damit können sie Voraussetzungen für Ansiedlungen für Industrie und Wirtschaft in ihrem Bereich schaffen. Die Sachverständigenanhörung hat ein ganz dringendes praktisches Bedürfnis für diese Regelungen ergeben.
    Mit dem Spaltungsgesetz soll die Neustrukturierung durch Ausgliederung und Umgliederung von Betrieben und Teilbetrieben erleichtert werden. Auch hier bestand bei der Anhörung Einvernehmen darüber, daß dieses Gesetz so schnell wie möglich in Kraft treten muß, um die Privatisierung ganz deutlich zu beschleunigen. Auch in den Beratungen des Rechtsausschusses bestand über die Notwendigkeit dieses Gesetzes und über die meisten Regelungen ein breiter Konsens.
    Lassen Sie mich aber einen Punkt erwähnen, der nach Auffassung der FDP noch ausdrücklicher hätte geregelt werden können: Auf Grund der schwierigen wirtschaftlichen Situation und der Bedrohung für eine Vielzahl von Arbeitsplätzen hätte nach unserer Auffassung die Erzwingbarkeit von Sozialplänen für einen Zeitraum von einigen Jahren ausgesetzt werden müssen.

    (Beifall bei der FDP)

    Die Aufspaltung und Abspaltung von Betrieben und Betriebsteilen ist auf Grund der totalen Neustrukturierung der Wirtschaft einer Neugründung im Sinne der entsprechenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes gleichzusetzen, für die für einen Zeitraum von vier Jahren die Erzwingbarkeit von Sozialplänen ebenfalls nicht gilt. Mit einer vergleichbaren
    — befristeten — Regelung hätte noch ein Beitrag und Anreiz für Investoren zur Übernahme von Unternehmen und Teilen von Unternehmen geschaffen werden können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Leider haben wir uns mit dieser Auffassung nicht durchsetzen können.

    (Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

    — Wir werden sehen.
    Meine Damen und Herren, wir alle sind uns im klaren darüber, daß die besten Gesetzesbestimmungen nichts nützen, wenn sie nicht angewandt und umgesetzt werden können. Wir alle wissen von den Unzulänglichkeiten in den Verwaltungen in den neuen Bundesländern und haben in den letzten Tagen im Rahmen der Haushaltsdebatte viel über fehlendes qualifiziertes Personal in Justiz, Rechtspflege, Verwaltung gehört und uns zum großen Teil auch schon selbst davon überzeugen können. Aber allein das Jammern darüber bringt uns nicht weiter.
    Die Bundesregierung hat auf Grund der Vorschläge der Koalitionsfraktionen ein umfassendes Programm zum Aufbau der Verwaltungen und der Justiz in den neuen Bundesländern beschlossen. Jetzt heißt es für uns alle, dieses Programm auch mit Leben zu erfüllen und genügend Juristen und Verwaltungsfachleute, die sich für diese Aufgabe begeistern, zu gewinnen und zu motivieren, damit sie sich für diese Aufgabe — zumindest für eine befristete Zeit — zur Verfügung stellen. Ich glaube, daß es an der Zeit ist, positiv dafür zu werben und nicht ausschließlich die schwierige Situation, die wir alle kennen, an die Wand zu malen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Vielleicht könnte durch einen vorübergehenden Einsatz der derzeit noch nicht wieder mit Arbeit überlasteten Mitarbeiter des ehemaligen innerdeutschen Ministeriums ein erster Anschub erfolgen. Denn wer kennt die Situation in den neuen Bundesländern besser als gerade diese qualifizierten Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Daß diese schwierigen Fragen nicht einfach geregelt werden können, leuchtet uns ein. Auslegungshilfen, Vordrucke, Arbeitshilfen und ganz konkrete Beispiele mit entsprechenden Musterbriefen können jedoch bei der Umsetzung dieses Gesetzes erheblich helfen.
    Wir sind deshalb der Überzeugung, daß mit diesem Gesetzespaket ein erster wichtiger Schritt zur Beseitigung einiger Investitionshemmnisse getan wird.
    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Ullmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Ullmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
    Gemeineigentum ist Eigentum des Volkes. Die Verfügung über dieses Eigentum und seine Verwaltung soll nach näherer gesetzlicher Bestimmung solchen Rechtsträgern zustehen, welche die Gewähr dafür bieten, daß das Eigentum ausschließlich zum Wohle des ganzen Volkes dient und Machtzusammenballungen vermieden werden.
    So steht es als Art. 40 in der Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946.
    Was hier über Verwaltung des Volkseigentums, über die Zuständigkeit zum Verfügen über dasselbe gesagt ist, genau das sind die Gründe, die die Bürgerbewegung „Demokratie Jetzt" bewogen, dem Zentralen Runden Tisch am 12. Februar 1990 vorzuschlagen, für das volkseigene Vermögen der sichtlich ihrem Ende entgegengehenden DDR eine Treuhandverwaltung vorzusehen, die dieses Eigentum nicht herrenlos werden ließ, vielmehr auf der Ebene der neu zu errichtenden fünf Länder Bürger und Bürgerinnen dieser Länder als die gewissermaßen Erbberechtigten einsetzte. Denn schließlich war dieses ungeheure Vermögen dadurch zustande gekommen, daß die Arbeit dieser Bürger und Bürgerinnen jahrzehntelang unterbezahlt worden war, ihre Renten weit unter dem Durchschnitt des europäischen Lebensniveaus gelegen hatten und der Staat über sein Bankmonopol dieses Vermögen nach seinen Interessen hatte einsetzen und verwerten können.
    Noch höre ich, wie der Außenhandelsminister Beil in einer Ministerratssitzung sagte, man solle nicht so viel von Volkseigentum sprechen; in Wahrheit handle es sich um Staatseigentum. Deutlicher konnte er nicht sagen, was in der DDR stattgefunden hatte: die Ent-
    Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 1'). Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. März 1991 1011
    Dr. Wolfgang Ullmann
    eignung des Volkes durch den Staat, eine Enteignung, die das ungeheure Ausmaß der Verschuldung dieses Staates gegenüber seinen Bürgern und Bürgerinnen verschleiern und außer Kraft setzen sollte.
    Es war der gleiche Ministerrat, in dem jener Satz gefallen war, der dann auf die Initiative des Runden Tisches das erste Treuhandgesetz vom 1. März 1990 verabschiedete, ein Gesetz, das weit hinter den Zielsetzungen von „Demokratie Jetzt" zurückblieb. Es ordnete an, die VEB-Betriebe in Aktiengesellschaften umzubilden, so daß der größere Teil des volkseigenen Vermögens durch Umwandlung in von der Treuhand zu haltende Aktien treuhänderisch verwaltet wurde.
    Die Eigentumsfrage wurde dabei ebenso umgangen wie im jetzt noch gültigen Treuhandgesetz der Volkskammer vom 17. Juni 1990. Auch dieses Gesetz beschränkte die Zuordnung zu den schon damals absehbaren und in Entstehung begriffenen Ländern auf eine bloße Willenserklärung und schrieb vor, das volkseigene Vermögen durch Errichtung von Treuhandaktiengesellschaften zu privatisieren, deren Aktien durch Anbietung auf dem Markt zu verwerten seien.
    Wie man mittlerweile weiß, ist das ein ganz und gar undurchführbares Programm. Wer will schon Aktien erwerben, deren Wert ein undurchdringliches Geheimnis ist! So wird denn der Art. 8 mit jenem kleinen Änderungssatz zu Art. 7 Abs. 1 des Treuhandgesetzes, der die Vorschrift betreffend die Errichtung von Treuhandaktiengesellschaften durch Umwandlung in eine Kann-Bestimmung unwirksam macht, der rechtlich entscheidende Akt in dem ganzen Gesetzespaket, das uns jetzt vorliegt.
    Was die zahlreichen anderen Regelungen zum Zweck der Investitionserleichterungen anbelangt, so wird man ihre Zielsetzung begrüßen, ihre Inkraftsetzung tolerieren und die Hoffnung hegen können, daß sich die unendliche Mühsal im Rechtsausschuß doch in einigen Fällen gelohnt hat — dies alles aber mit dem beklommenen Gefühl, daß die angestrebten Verfahrenserleichterungen nicht eintreten werden, weil die zentrale Frage, die Eigentumsfrage, nach wie vor nicht gelöst ist.
    Die Treuhandanstalt selbst ist das enormste aller Eigentumsprobleme. Das liegt nicht an Herrn Rohwedder und seinen unermüdlichen Mitarbeitern, sondern an der gänzlich unzulänglichen Rechtsgrundlage, auf der sie zu arbeiten gezwungen sind.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der SPD)

    Daher erkläre ich als Vertreter der Bürgerbewegungen: Die Initiative des Runden Tisches hatte nicht den Sinn, die zentralistische Verwaltungsstruktur der DDR zu konsolidieren und damit den Strukturwandel zur Kommunalautonomie und zur Länderwiedererrichtung zu blockieren. Denn allein in Gestalt der Treuhandverwaltung existiert noch der 15-BezirkeZentralismus der ehemaligen DDR. Er existiert um so hartnäckiger weiter, als er mittels Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages sogar Verfassungsbestandteil des Bundes geworden ist, der damit statt der wiedererrichteten Länder in die Rechtsnachfolge der ehemaligen DDR eingetreten ist.
    Kein Wunder, daß Kommunalautonomie und Ländererrichtung paralysiert werden, solange der alte DDR-Zentralismus in Gestalt der Treuhandstruktur fortgeschrieben wird. Das ist nirgendwo deutlicher zutage getreten als in dem Rechtsstreit zwischen den Kommunen und der Treuhand über die Dezentralisierung der Energiewirtschaft. Unter Berufung auf Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages sowie auf den das Kommunalvermögensgesetz in seiner Wirkung begrenzenden Anhang schlägt die Treuhand den Kommunen allen Ernstes vor — Zitat aus einem von Frau Breuel unterschriebenen Brief — : „Soweit Städten und Gemeinden Restitutionsansprüche zustehen, sind diese nach der Arbeitsanleitung der Bundesregierung in Geld zu entschädigen, wenn die Restitutionsansprüche zu einer höheren Beteiligung als 49 führen würden. "
    Haben die Bürgermeister der ostdeutschen Großstädte nicht recht, wenn sie diese seltsamen Entschädigungsvorschläge ablehnen und Gleichstellung mit den westdeutschen Kommunen sowie Rückübertragung der örtlichen Energieversorgungsnetze und der dazugehörigen Anlagen verlangen?

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der SPD)

    Aber in dieser Debatte gilt es auch, der zentralen Frage, der des Eigentums, den ihr gebührenden Stellenwert einzuräumen. Das Treuhandkonzept war ein Programm der Rückübertragung des Volkseigentums an die enteigneten Bürgerinnen und Bürger. Soll dieses Programm in irgendeiner Form ernst genommen werden, dann ergeben sich die folgenden Forderungen: Die Frage nach dem Eigentum und damit nach der Verfügungsgewalt über das Treuhandvermögen ist so zu beantworten, daß die Länder auf dem Boden der ehemaligen DDR die Rechtsnachfolger des ehemaligen DDR-Vermögens und darum auch die Verfügungsberechtigten sind. Entgegenstehende Regelungen des Einigungsvertrages sind außer Kraft zu setzen.
    Vermögensanteile von Ländern und Kommunen sind festzustellen und den berechtigten Trägern zuzuführen.
    Für die im ersten Staatsvertrag, im Treuhandgesetz und in Art. 25 des Einigungsvertrags vorgesehenen Bürger- und Bürgerinnenanteile ist angesichts der eingetretenen Rechts- und Eigentumsunsicherheit ein Fonds im Treuhandvermögen auszusondern, aus dem diese Anteile zu einem späteren Zeitpunkt zu bedienen sind.
    Allein so kann sich ein Weg eröffnen, den investitionsblockierenden Prinzipienstreit um Rückgabe oder Entschädigung zu beenden. Und er muß schleunigst beendet werden.
    Ist die Eigentums- und Rechtsnachfolgefrage geklärt, dann kann zwischen Rückgabe und Entschädigung jeweils so unterschieden werden, daß beides möglich wird, wo es im gegebenen Fall angemessen und nötig ist. Auf diese Weise wird geschehenes Unrecht korrigiert, Eigentum wieder auf klare Rechtsgrundlagen gestellt und die freie Selbstorganisation der Marktwirtschaft überhaupt erst möglich.



    Dr. Wolfgang Ullmann
    Um es zu wiederholen: Das Treuhandkonzept war ein Rückgabekonzept, ein Konzept der Rückgabe aus den Deformationen des bürokratischen Zentralismus in die freie Verfügung von Bürgern und Bürgerinnen freier Kommunen und Länder.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der PDS/Linke Liste)