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    Plenarprotokoll 12/13 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 13. Sitzung Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 643 A Tagesordnungspunkt 1: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Drucksachen 12/204, 12/216) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (Drucksachen 12/205, 12/214) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksachen 12/206, 12/215) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Strafprozeßordnung (Drucksachen 12/209, 12/218) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei der Bundesanstalt für Arbeit (Drucksache 12/208) f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1991 (Drucksache 12/197) g) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Erneute Überweisung von Vorlagen aus früheren Wahlperioden (Drucksache 12/210) 643 C Tagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1991 (Haushaltsgesetz 1991) (Drucksache 12/100) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1994 (Drucksache 12/101) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie über strukturelle Anpassungen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Haushaltsbegleitgesetz 1991) (Drucksache 12/221) in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Kurt Faltlhauser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie dem Abgeordneten Hans H. Gattermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen im Beitrittsgebiet sowie zur Änderung steuerrechtlicher und anderer Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1991) (Drucksache 12/219) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Kurt Faltlhauser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie dem Abgeordneten Hans H. Gattermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags und zur Änderung von Verbrauchsteuer- und anderen Gesetzen (Solidaritätsgesetz) (Drucksache 12/220) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 645 A Oskar Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 656B Hans H. Gattermann FDP . 659C, 712A, 723B, 728A, 733 C Friedrich Bohl CDU/CSU 665 A Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . 670A, 708C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . . 673B Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 677D Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . . 681 B Jochen Borchert CDU/CSU 687 C Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 689C, 690C, 718A, 720C Ingrid Matthäus-Maier SPD 692 B Bernd Henn PDS/Linke Liste 692 C Werner Zywietz FDP 694 D Helmut Esters SPD 695 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 695D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 696A Joachim Poß SPD 697 D Gunnar Uldall CDU/CSU 702 B Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 704 B, 708A, 713A Rudi Walther SPD 707C, 708B Ingrid Matthäus-Maier SPD 707 D Hermann Rind FDP 709 A Rudi Walther SPD 709 D Achim Großmann SPD 712D Dr. Emil Schnell SPD 713B Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 716D Ernst Schwanhold SPD 717 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 719A Manfred Hampel SPD 721 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 722A Dr. Hermann Otto Solms FDP 722 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 724 D Jürgen Koppelin FDP 725 C Reiner Krziskewitz CDU/CSU 728 C Gunnar Uldall CDU/CSU 730A Joachim Poß SPD 731 C Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . 732A Dankward Buwitt CDU/CSU 732 D Beratung und Abstimmung über den Antrag der PDS/Linke Liste auf Änderung der Tagesordnung und des Tagesortes Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 654 D Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 655A Dr. Peter Struck SPD 655 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 655 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 655 D Nächste Sitzung 734 C Berichtigung 734 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 735* A Anlage 2 Deichsicherheit an der Unterelbe angesichts der zu erwartenden Änderung der Tidedynamik MdlAnfr 68, 69 — Drs 12/159 —Dr. Margrit Wetzel SPD SchrAntw PStSekr Neumann BMFT 335* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 643 13. Sitzung Bonn, den 12. März 1991 Beginn: 10.01 Uhr
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    Berichtigung 12. Sitzung, Seite III, linke Spalte, 6. Zeile von unten: Bei dem Namen ,Eimer (Fürth)' ist statt „SPD" „FDP" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 12. 03. 91 * Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 03. 91 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 12. 03. 91 ** Brandt, Willy SPD 12. 03. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 12. 03. 91 * Dr. Däubler-Gmelin, SPD 12. 03. 91 Herta Doss, Hansjürgen CDU/CSU 12. 03. 91 Funke, Rainer FDP 12. 03. 91 Göttsching, Martin CDU/CSU 12. 03. 91 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 12. 03. 91 Dr. Guttmacher, FDP 12. 03. 91 Karlheinz Dr. Hennig, Ottfried CDU/CSU 12. 03. 91 Heyenn, Günther SPD 12. 03. 91 Horn, Erwin SPD 12. 03. 91 ** Ibrügger, Lothar SPD 12. 03. 91 ** Jaunich, Horst SPD 12. 03. 91 Kossendey, Thomas CDU/CSU 12. 03. 91 Krause (Dessau), CDU/CSU 12. 03. 91 Wolfgang Dr. Kübler, Klaus SPD 12. 03. 91 Lowack, Ortwin CDU/CSU 12. 03. 91 ** Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 12. 03. 91 Erich Dr. Müller, Günther CDU/CSU 12. 03. 91 * Paintner, Johann FDP 12. 03. 91 Rawe, Wilhelm CDU/CSU 12. 03. 91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 12. 03. 91 * Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 12. 03. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 12. 03. 91 * Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 12. 03. 91 Dr. Schneider CDU/CSU 12. 03. 91 (Nürnberg), Oscar Schulte (Hameln), SPD 12. 03. 91 ** Brigitte Sielaff, Horst SPD 12. 03. 91 Dr. Sperling, Dietrich SPD 12. 03. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 12. 03. 91 Weiß (Berlin), Konrad Bündnis 90/ 12. 03. 91 DIE GRÜNEN Welt, Hans-Joachim SPD 12. 03. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Neumann auf die Frage der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel (SPD) (Drucksache 12/159 Fragen 68 und 69): Zu Frage 68: Das Forschungsprojekt „Rezente Wasserstandsänderungen an der Deutschen Nordseeküste - Numerische Simulation" wurde vom Bundesminister für Forschung und Technologie (BMFT) für einen Zeitraum von drei Jahren (1. 7. 1987-30. 6. 1990) gefördert. Die Arbeiten haben gezeigt, daß die angewandten numerischen Modelle gute Ergebnisse bezüglich des Tideablaufs (Normaltiden und Sturmfluten) liefern und somit für die Vorhersage von Änderungen des Tideverhaltens in der Deutschen Bucht, verursacht durch einen Meeresspiegelanstieg, verwendet werden können. Die Simulationen eines erhöhten Meeresspiegels ergaben, daß insbesondere in den flachen Gebieten der Deutschen Bucht mit Änderungen der Tidedynamik zu rechnen ist. Dies trifft sowohl für Normaltiden als auch für Sturmfluten zu. Es ist mit Veränderungen der Erosions- und Sedimentationsmuster in den Wattengebieten und Verschiebungen der Brackwasserzonen in den Ästuaren (Flußmündungsgebiete) zu rechnen, die zur Quantifizierung jedoch weiterer Untersuchungen bedürfen. Unmittelbare Konsequenzen für den Deichbau ergeben sich aus den Ergebnissen des Vorhabens bisher nicht. Im zwischenzeitlich geförderten Anschlußprojekt „Simulationen von Wasserstandsänderungen an der Deutschen Nordseeküste und in den Ästuaren" sollen die Folgen eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs auf die Ästuare (z. B. Verlagerung der Schwebstoffzonen, Veränderung der Strömungsverhältnisse unter Berücksichtigung sich hydrologisch verändernder Bedingungen im Ober- und Unterlauf des Ästuars, Änderung der Windstaukurven und Strömungsverhältnisse bei Extremwetterlagen) untersucht werden. Auf die Frage, ob es möglich ist, zusätzliche Zerstörungspotentiale durch Veränderungen der Tidedynamik infolge einer Vertiefung der Unterelbe auf 15 m unter MTNV zu berechnen, ist folgendes zu sagen: Der Bundesminister für Verkehr läßt von der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes zur Zeit eine Fahrwasseranpassung der Elbe unterhalb von Hamburg aus Anlaß der weltweit gestiegenen Anforderungen des Containerschiffsverkehrs untersuchen. Verschiedene Fahrwasservarianten und deren Auswirkungen auf die Tideenergie werden nach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik zuverlässig mit mathematischen Simulationsmodellen berechnet. Hiermit wird die Grundlage für die Optimierung von ökonomischen und ökologischen Fragestellungen der Verkehrsplanung ermöglicht. Der Begriff „Zerstörungspotentiale" ist fachwissenschaftlich nicht gebräuchlich und sollte in diesem Zu- 736* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 sammenhang nicht verwendet werden. Zu der Frage, ob es Wasserbaumaßnahmen gibt, die grundsätzlich geeignet sind, dem Zerstörungspotential des allgemeinen Tidenhöhenanstiegs sowie sturmfluterzeugenden Windlagen entgegenzuwirken und umgekehrt, antworte ich folgendes: Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, durch Wasserbaumaßnahmen, wie z. B. Buhnen, die Rauheiten im Randbereich des Flußbettes zu erhöhen und damit eine entsprechend erhöhte Tideenergieumwandlung herbeizuführen. Dabei ist jedoch abzuwägen, ob diese Maßnahmen ökonomisch und ökologisch angemessen sind, insbesondere weil eine sehr geringe Änderung der mittleren Tidewasserstände zu erwarten ist. Eine abschließende Beurteilung wird nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse erfolgen. Bei Sturmfluten herrschen meteorologisch bedingt bereits stark erhöhte Wasserstände im Elbe-Ästuar, so daß bei diesen Bedingungen die örtlich nur im Fahrrinnenbereich vorgenommene Vertiefung einen noch geringeren Einfluß hat. Zu Frage 69: Meeresspiegeländerungen sind im Rahmen natürlicher Schwankungen seit langen Jahren bekannt. Gegenwärtig hat es den Anschein, als ob wir uns in einer Phase des Meeresspiegelanstiegs befinden. So ist seit Beginn dieses Jahrhunderts der Meeresspiegel im Bereich der Nordsee um 14 plus/minus 5 cm gestiegen. Ob hierfür ausschließlich natürlich oder auch durch menschliche Aktivitäten angestoßene Ursachen verantwortlich sind, kann derzeit — so sagen es die den Bundesminister für Forschung und Technologie beratenden Wissenschaftler — nicht eindeutig beantwortet werden. Auch sind sich die Wissenschaftler darin einig, daß die zukünftige Veränderung des Meeresspiegels neben geologischen Bedingungen (Hebungen/Senkungen der norddeutschen Tiefebene) ganz wesentlich auch von der künftigen Entwicklung des Klimas abhängt. In welchem Ausmaß aufgrund von Klimaänderungen der Meeresspiegel steigt, ist in der Wissenschaft allerdings umstritten. Prognosen reichen von 15 cm bis 150 cm für das kommende Jahrhundert. Die wohl komplexeste Modellrechnung u. a. zu diesem Themenkreis hat das Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Klimarechenzentrum kürzlich vorgelegt. Hier gehen die Wissenschaftler von einer thermisch bedingten Anhebung des Meeresspiegels von 16 cm für die nächsten 100 Jahre aus. Welche Folgen hiermit verbunden sind, soll im Rahmen eines BMFT-Förderschwerpunkts „Folgen einer möglichen Klimaänderung" wissenschaftlich bearbeitet werden. Zu der Frage, ,gibt es Maßnahmen zur Verhinderung einer Verschiebung der Brackwasser-Zonen, die aufgrund veränderter Tidedynamik entgegenwirken können, wenn ja, welche?' folgendes: Der Bundesregierung liegen abgesicherte Erkenntnisse über Verschiebungen der Brackwassergrenze in der Unterelbe bisher nicht vor. Alle Maßnahmen an Küstengewässern stellen einen Eingriff in äußerst sensible hydrodynamische und ökologische Systeme dar und bedürfen als Planungsgrundlage umfassender ökosystemarer Untersuchungen. Es wird auf die Antwort in Zusatzfrage 68.2 verwiesen. Die Frage, durch welche Maßnahmen ein Vordringen der Salzfront flußaufwärts und eine Beeinträchtigung des Grundwassers im Einflußbereich der Unterelbe zu verhindern wäre, kann ich sagen: Ökosystemare Untersuchungen schließen die Erkundung der Auswirkung einer potentiellen Verschiebung der Brackwasserzone auf das ufernahe Grundwasser mit ein. Eine Beurteilung wird nach Vorliegen entsprechender Untersuchungsergebnisse im Einvernehmen mit den für den Grundwasserschutz zuständigen Elbeanliegerländern erfolgen.
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    Sind Sie fertig mit Ihrer Frage? Ich will sie gerne beantworten. Sie scheinen nicht zu begreifen, was wir sagen. Sie scheinen ungemein fasziniert von ToskanaReisen zu sein. Reisen Sie da einmal hin. Vielleicht befördert das das Denkvermögen, ich weiß es nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will Ihnen gerne eine Antwort geben: Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger versteht nicht, daß Sie sie zur Kasse bitten, während Sie auf der anderen Seite den Vermögenden Steuergeschenke machen. Nichts anderes ist hier gesagt.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Ab in die Toskana!)

    Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang gilt es auch, die von den Koalitionsfraktionen eingeführten unsozialen Steuerbegünstigungen für die Beschäftigung von Haushaltshilfen wieder abzuschaffen.
    Die Ministerpräsidenten aller Bundesländer haben sich darauf geeinigt, ein Ausbluten der Länder und Gemeindefinanzen nicht hinzunehmen — unabhängig von der jeweils parteipolitisch unterschiedlichen Bewertung der Finanz- und Steuerpolitik dieser Bundesregierung. Der Bund will seine Einnahmen erhöhen; die Länder und Gemeinden aber sollen trotz Mehrbelastungen darben. Das geht nicht an und ist keine vernünftige Finanzpolitik des Bundes.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Erhöhung der Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung — ich will den Bundesarbeitsminister nicht noch einmal an seine Versprechungen erinnern — um 2,5 Prozentpunkte, also um 58 % der bisherigen Beiträge, belastet ausschließlich die Arbeitnehmer und die Unternehmen, während Selbständige, Beamte, Abgeordnete, Minister, Ministerpräsidenten und Bundeskanzler verschont bleiben.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)




    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    Wir fordern deshalb an Stelle der Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge einen allgemeinen Arbeitsmarktbeitrag.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Meine Damen und Herren, Sie haben schon so viele Chancen verspielt, die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger einzufordern und solidarisch mit denen zu sein, die dazugekommen sind, verspielen Sie nicht weitere Möglichkeiten, indem Sie unsoziale Steuerpakete vorlegen und damit diese Bereitschaft noch weiter schwächen.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Hinweis auf die Absenkung der Beiträge zur Rentenversicherung wird nicht lange tragen, so sagen jetzt schon die Fachleute. Die Bundesregierung hat zwar unser Konzept der zeitlich befristeten Ergänzungsabgabe übernommen. Es wäre jetzt wirklich ein Spaß, hier einmal alles zu zitieren, was dazu gesagt worden ist. Besonders erfindungsreich war Graf Lambsdorff. Das wäre ein wirkliches Vergnügen. Es kann ja auch sein, daß es manchem von Ihnen Vergnügen bereitet, die eigenen Worte zu fressen. Da kann ich nur sagen: Guten Appetit!

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Ha! Ha! Ha! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Man muß den Mund dabei aufsperren und ihn anschließend wieder schließen. So geht das, wenn man die eigenen Worte frißt.

    (Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Sie halten besser den Munde!)

    Ich will zu dem Thema Ergänzungsabgabe nur sagen, daß wir eine andere Ergänzungsabgabe wollten als die, die Sie jetzt beschlossen haben. Wir wollten über die Ergänzungsabgabe die Besserverdienenden zur Kasse bitten. Sie belasten selbst die Bezieher der niedrigsten Einkommen, und dies ist wiederum eine unsoziale Unausgewogenheit des Steuerpaketes.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein solches Vorgehen straft den Namen Solidarbeitrag Lügen. Wie wollen Sie denn, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, den Verfassungsrichtern Ihre Beschlüsse erklären? Das Verfassungsgericht hat eine Anhebung des steuerfreien Grundbetrages doch wohl nur deshalb gefordert, weil es der Ansicht war, daß die Familien ohnehin zu hoch besteuert werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Jetzt wollen Sie sogar noch draufsatteln. Jetzt wollen Sie durch eine Ergänzungsabgabe auch noch die Familien mit den kleinsten Einkommen steuerlich stärker belasten.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist falsch, das ist doch linear!)

    Allein schon dadurch, daß die Bundesregierung die geltende — vom Bundesverfassungsgericht als unsozial verworfene — Familienförderung unverändert fortgeschrieben hat, begeben Sie sich, meine Damen
    und Herren von der Regierungskoalition, mit diesem Haushalt auf verfassungsrechtlich dünnes Eis.

    (Dr. Struck [SPD]: Das ist wahr! — Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie schon von unserem Programm abschreiben, dann sollten Sie das nicht halbherzig, sondern vollständig tun. Wir bleiben nicht zuletzt wegen der Notlage der Familien in den neuen Ländern dabei, daß ein einheitliches Kindergeld von mindestens 200 DM monatlich für jedes Kind notwendig ist und der beste Beitrag zur Situation der Familien im Osten Deutschlands wäre.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ Linke Liste)

    Es ist allemal besser, Familien über das Kindergeld zu fördern, als über das Ehegattensplitting den Trauschein zu fördern.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/ CSU)

    Es ist sinnvoller, das Kindergeld zu erhöhen als die ungerechten Freibeträge, von denen vor allem die Spitzenverdiener im Westen profitieren.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ Linke Liste — Kraus [CDU/CSU]: Schlechte Erfahrungen, Herr Lafontaine?)

    Zu der von Ihnen geplanten Ergänzungsabgabe will ich noch anmerken, daß mir eine zeitliche Befristung auf zwölf Monate fraglich erscheint.

    (Kraus [CDU/CSU]: Aha!)

    Gemessen an der Größe der Aufgabe wäre eine längere Dauer angemessener. Andernfalls wird man schon sehr bald wieder neue Finanzlöcher stopfen müssen. Aber Sie haben es ja eingeräumt: Die Bundesregierung setzt deshalb auf die für 1993 bereits beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer. Aber auch diese Erhöhung der Mehrwertsteuer ist mit dem Prinzip einer sozial gerechten Lastenverteilung nicht vereinbar.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Mehrwertsteuer belastet überproportional die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, die eine Erhöhung der Lebenshaltungskosten nicht so leicht verkraften wie die Besserverdienenden.

    (Dr. Vogel [SPD]: So ist es!)

    Sie haben vorhin, Herr Bundesfinanzminister, wirklich mit einer entsprechenden Färbung in Ihrer Stimme etwas vorgetragen. Es war übrigens nicht sehr geschmackvoll. Ich kann Ihnen nur sagen: Es war mehr als primitiv.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ich erinnere Sie an die Worte, die Sie nach dem Attentat in Köln an mich gerichtet haben, als ich hier das erste Mal gesprochen habe — ich muß das jetzt einmal ansprechen; alles können wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Sie haben mir damals gesagt, Sie freuten sich, daß ich wieder gesund bin und daß ich hier spreche.



    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    Es hat jemand „Heuchler" dazwischengerufen; das hat mir damals leid getan. Wenn Sie mir aber auf diese Art und Weise meinen Urlaub nach einem anstrengenden Wahlkampf und nach diesem Attentat vorwerfen, muß ich Ihnen sagen: Sparen Sie sich nächstens solche Worte! Ich kann auf solche Schleimer verzichten.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es wäre besser gewesen, sich vor Augen zu führen, was eine Erhöhung der Mehrwertsteuer tatsächlich für Menschen bedeutet, die mit 600 DM, 700 DM oder 800 DM Nettoeinkommen Familien ernähren müssen.

    (Austermann [CDU/CSU]: Das ist doch ein Popanz! — Gegenruf von der SPD: Das ist die Wahrheit!)

    Es wäre besser gewesen, sich darüber Klarheit zu verschaffen. Ich möchte auch all Ihre Äußerungen zur Erhöhung der Mineralölsteuer hier nicht zitieren. Es ist ja wirklich einmalig, was in diesen Tagen passiert.
    Wir Sozialdemokraten fordern eine Erhöhung der Energiesteuern, insbesondere der Mineralölsteuer.

    (Austermann [CDU/CSU]: Für die kleinen Leute!)

    Wir wollen aber nicht, daß daraus eine ökologische Mogelpackung wird. Wir wollen daraus vielmehr einen sozialverträglichen Beitrag zur ökologischen Umstrukturierung unserer Gesellschaft machen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer das will — das scheint sich im Konzept immer noch nicht rundgesprochen zu haben — , der darf nicht nur nehmen, der muß auch zurückgeben.
    Meine Damen und Herren, es reicht nicht aus, das Kilometergeld für Fernpendler um 15 Pfennig zu erhöhen. Nur eine ökologisch orientierte Entfernungspauschale macht Sinn.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Es ist absurd, die Pkw-Fahrer steuerlich zu fördern und die Benutzer anderer ökologisch verträglicherer Verkehrsmittel weiter zu benachteiligen. Das ist unser Konzept; sehen Sie sich es endlich einmal an.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Bei einer Erhöhung der Energiesteuern müssen unbedingt die Belange der Behinderten, die auf das Auto angewiesen sind, beachtet werden, ebenso die Belange der von höheren Heizungskosten betroffenen Wohngeld-, Sozialhilfe-, BAföG-Empfänger und Rentner. In all diesen Fällen haben wir Konzepte für einen Ausgleich entwickelt.
    Meine Damen und Herren, es hat auch sein Gutes, daß die Bundesregierung jetzt endlich den haushaltspolitischen Offenbarungseid geleistet und die Katze aus dem Sack gelassen hat. Immerhin sind damit die steuer- und finanzpolitischen Pirouetten, die Sie in
    den letzten Wochen und Monaten gedreht haben, zu einem vorübergehenden Stillstand gekommen.

    (Dr. Struck [SPD]: Vorübergehend!)

    Jetzt kann es hoffentlich in geordneten Bahnen weitergehen. Die Geldbeschaffung scheint fürs erste klar zu sein. Wie aber steht es mit der Geldverwendung? Wir vermissen ein klares wirtschaftspolitisches Konzept der Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Mehr noch als alle Skrupellosigkeit überraschen uns die Illusionen, der Mangel an Realitätssinn in bezug auf die Bewältigung des realen Einigungsprozesses. Vielleicht hat ein Teil der Regierung wirklich geglaubt, mit dem Geschenk der D-Mark und der Übernahme unserer Wirtschaftsgesetze würden sich die Menschen der alten und der neuen Bundesländer gleichsam wie von selbst aufeinander zubewegen. Die beste Wirtschaftspolitik sei keine Wirtschaftspolitik; dies kommt durchaus dem Ideal vieler orthodoxer Liberaler gleich. Nun mag dieses angehen, wenn es stabile ökonomische Kreisläufe gibt. Aber dies ist keine Medizin gegen Kreislaufzusammenbrüche. Das unterschiedliche Wirtschaftsniveau in den beiden Teilwirtschaften hätte vielmehr nahegelegt, daß Gleiches gleich, Ungleiches aber ungleich zu behandeln sei, um eine gedeihliche Entwicklung zu gewährleisten.
    In Wirklichkeit hatte diese Regierung den Entschluß zur Einheit ohne ein wirtschaftliches Konzept zu ihrer Gestaltung.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Es war die Einheit als Wille und Vorstellung. Bundesfinanzminister Waigel bezeichnete die Einheit als eine Herzensangelegenheit. Soweit, so gut — aber muß einem dabei denn gleich das Hirn in die Hose rutschen, möchte man fragen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir verkennen nicht, daß die Gestaltung der Einheit eine große, aber auch großartige wirtschafts- und gesellschaftspolitische Herausforderung ist. Keiner von uns konnte einen risikofreien Königsweg weisen; auch dies sei zugestanden.
    Aber schon flüchtige ökonomische Kenntnis lehrt, daß die Bedingungen, unter denen sich Privatinvestitionen rentieren, erst hergestellt werden müssen. Trotz großer Verschiedenheiten in den einzelnen Fällen gab es im Entwicklungsprozeß der Marktwirtschaften eine natürliche Ordnung. Zunächst entwikkelten sich eine funktionsfähige Verwaltung und Infrastruktur, dann effektive Finanzdienstleistungen, dann wurde privates Kapital in großem Umfang investiert.
    Angesichts der zusammenfallenden Strukturen in den alten Bundesländern und angesichts des Zeitdrucks, zu dem auch die Politik der Regierung beitrug, mußte dieser Prozeß weitgehend parallel organisiert werden. Wo private Initiativen nicht ausreichen konnten, hätte der Staat ermutigen müssen, wäre es seine Aufgabe gewesen, Anstoßwirkungen zu entfachen.
    Wer weiß, daß der Wohnungsbau in der Hauptsache Aufgabe der Kommunen war, darf diesen nicht das



    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    Geld nehmen, oder er riskiert, daß die Bauwirtschaft verfällt.

    (Beifall bei der SPD)

    Er muß staatliche Programme anlegen, um die Infrastruktur in Ordnung zu bringen, streng engpaßorientiert, wie es unsere Vorschläge waren und immer noch sind. Er muß Kapazitäten erhalten und Investitionshindernisse abbauen. Wir haben schon frühzeitig darauf hingewiesen, daß Investitionen in großem Stil nicht zu erwarten sind, solange die Eigentumssicherheit nicht geklärt ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Eine Konferenz von Wissenschaftlern und Praktikern am 5. März in Bonn ist nahezu einmütig zu dem Ergebnis gekommen, daß Rückgabe vor Entschädigung das größte Investitionshindernis sei. Aber der Fortschritt der Vernunft bei der Regierung erfolgt im Kriechgang. Wir diskutieren jetzt seit über einem Jahr diese nun wirklich zentrale Frage. Bewegt hat sich so gut wie kaum etwas.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Schulz [Berlin] [Bündnis 90/GRÜNE])

    Während man bei der Finanzierung nun endlich über den Schatten gesprungen ist, bleibt die Geldverwendung weitgehend ungeklärt. Eine nur auf den einzelnen Betrieb bezogene Angebotspolitik kann nicht helfen, wenn die Standortbedingungen nicht optimiert werden. Man kann doch nicht so tun, als gehöre eine funktionsfähige Telekommunikation, ein geordnetes und effizientes Schulwesen oder der Aufbau eines Verkehrsnetzes zu den nebensächlichen Bedingungen einer prosperierenden Region.
    Die Politik dieser Regierung beruht auf der Hoffnung, daß es gelingt, den unabwendbaren Abbau alter Arbeitsplätze mit dem Aufbau neuer Arbeitsplätze zu synchronisieren. Dabei wurde der Verfall nahezu aller industriellen Kapazitäten in Kauf genommen. Insbesondere aber — das lasten wir der Regierung an — wurden die Menschen und ihre Arbeitskraft so behandelt, als könne man sie durch Konkurs gewissermaßen entschulden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Otto Schlecht, der langjährige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, hat den Umbau der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft mit dem Bild beschrieben, daß dieser der Besteigung der Eiger-Nordwand im Winter gleichkäme. Wenn ich das wirtschaftspolitische Handeln der Regierung kommentiere, dann muß ich sagen: Sie versuchte, die Eiger-Nordwand im Winter zu durchsteigen. Aber die ganze Seilschaft, der Bundeskanzler an der Spitze, ist dabei umgefallen und abgestürzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Bundesregierung hat durch viele Versäumnisse das Land auf eine schiefe Ebene gebracht. Schlimmer noch als die Schieflage des Landes ist aber die innere Krise, die bei vielen Menschen in den neuen Bundesländern hervorgerufen wurde. Hoffnungen wurden zerschlagen, Mutige entmutigt, Versprechen enttäuscht. Jetzt gibt es viele Zweifelnde und Verzweifelte, die das alte System nicht mehr und das neue System noch nicht gutfinden können, die nicht mehr an die Taube auf dem Dach glauben wollen, die man ihnen so fahrlässig in Aussicht gestellt hat.
    Es wächst die Gefahr, daß diese Menschen dem Politischen schlechthin mißtrauen. Die Regierung in Bonn jedenfalls sollte sich nicht verstimmt darüber beschweren, wenn der Unmut in der ehemaligen DDR wächst und die Menschen verunsichert reagieren, weil sie sich ihrer Zukunft so ungewiß sind.
    In Bonn werden jetzt alte Meinungen über Bord geworfen wie Rettungsringe. Die Ergänzungsabgabe, einst als sozialistische Untat denunziert, wird nahezu als eine beispielhafte Anwendung des Subsidiaritätsprinzips gefeiert.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Der Aufschwung in der ehemaligen DDR wird turnusmäßig verschoben. Ich will die Zahlen aus dem letzten Jahr nicht erwähnen. Zunächst sagte man: Frühjahr 1991, dann Sommer, dann Herbst. Jetzt ist man beim Frühjahr 1992, weitere Voraussagen werden folgen. Die Menschen in den neuen Bundesländern haben den Glauben an diese Versprechungen verloren. Jetzt müssen wir darauf achten, daß sie nicht auch noch den Glauben an die Demokratie verlieren.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Sicherlich ist zu fragen, warum diese Regierung sich nur schwer windend zum Besseren bekehren läßt. Interessengeleitete Borniertheit und moralische Skrupellosigkeit können keine Antworten sein. Auch der Mangel an einem inneren Verhältnis zur Solidarität erklärt nicht alles. Mindestens ebenso wirksam sind ideologische Verbohrtheit und

    (Beifall bei der SPD)

    die mit ihr einhergehende Realitätsverdrängung, die sich gegen jedes sachgemäße Urteil sperrt. Wer glaubt, mit der sozialistischen Planwirtschaft die vernünftige Konzeption von Wirtschaftspolitik gleich miterledigt zu haben, der irrt.

    (Zuruf des Abg. Faltlhauser [CDU/CSU])

    Das Sprichwort sagt: „Es irrt der Mensch, so lang er strebt. " Aber er muß deswegen ja nicht unbedingt andere Menschen auf Dauer regieren.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Die Regierung hat völlig zu Recht die Kurzarbeit verlängert. Der Bundeswirtschaftsminister hat den Vorschlag gemacht, die Treuhandanstalt dem Wirtschaftsministerium zuzuordnen. Wir halten diesen Vorschlag für richtig; endlich kommt er! Es ist ein Fehler, das Vermögen in der ehemaligen DDR in erster Linie unter fiskalpolitischen Gesichtspunkten zu betrachten. Es geht um Wirtschaftspolitik.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ Linke Liste — Zuruf der Abg. MatthäusMaier [SPD])




    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    Es wäre dann vielleicht auch dafür gesorgt, daß nicht unsachgemäße Einreden erfolgen, um etwa pfälzischen Presseverlagen Vorteile gegenüber anderen Wettbewerbern zu verschaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich sehe darin einen durchaus bemerkenswerten und erwähnenswerten Vorgang.
    Meine Damen und Herren, wir brauchen einen nationalen Aufbauplan für die neuen Bundesländer. Wer den Wandel der Politik der Regierung in den letzten Monaten verfolgt hat, wird mir zustimmen. Wenn ich jetzt unseren nationalen Aufbauplan skizziere, gebe ich Ihnen damit schon heute die Chance zu erfahren, was diese Regierung morgen für ihre Meinung halten wird.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Wir haben schon im vorigen Jahr Vorschläge gemacht, die am 20. Februar 1991 als Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion eingebracht und von Hans-Jochen Vogel und Björn Engholm öffentlich vorgestellt wurden.
    Im Kern geht es darum, die Einsicht zu fördern, daß in einer Notsituation wie dieser nur das geordnete Zusammenwirken aller am Wirtschaftsprozeß Beteiligten Erfolg verheißt. Wir mißachten nicht die Meinung der ökonomischen Lehrbücher, daß sich der Strukturwandel nur im Wettbewerb aller Beteiligten beschleunigen ließe. In dieser Situation aber müssen wir Zeit gewinnen. Wir müssen die Ungleichheit der neuen und der alten Bundesländer sehen und der ökonomischen Ungleichheit innerhalb der neuen Bundesländer in unseren Vorschlägen Rechnung tragen. Deshalb wird ein reines Wettbewerbsmodell nur die schöpferische Zerstörung einleiten, nicht hingegen den konstruktiven Aufbau.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch der Wiederaufbau der Bundesrepublik nach dem Jahre 1949 war von ökonomischen Ausnahmegesetzen begleitet. Die freie Marktwirtschaft — wir müssen uns daran erinnern — begann mit Protektionismus.
    Wir schlagen einen Solidarpakt vor, an dem sich Staat und Gesellschaft, Unternehmen, Gewerkschaften ebenso wie öffentliche Institutionen beteiligen. Dieser Solidarpakt beinhaltet:
    Erstens. Wir müssen die Grundfunktionen der staatlichen Verwaltung herstellen. Die neuen Länder und ihre Gemeinden sind ausreichend mit Finanzmitteln auszustatten, weil ohne Funktionsfähigkeit der Verwaltung keine Soziale Marktwirtschaft möglich ist.

    (Beifall bei der SPD — Bohl [CDU/CSU]: Das läuft doch alles!)

    — Ich höre hier: Das läuft ja alles. Ich bestreite ja nicht, daß in den letzten Tagen die notwendigen finanzpolitischen Beschlüsse gefaßt worden sind. Aber diese Entscheidungen waren doch längst fällig, meine Damen und Herren!

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Die Personalausstattung der öffentlichen Verwaltungen in den neuen Ländern muß durch einen massiven Personaltransfer durchgreifend verbessert werden. Die Verwaltungsabläufe müssen vereinfacht und gestrafft werden, Kompetenz und Verantwortlichkeit müssen gestärkt werden. Dadurch wird Handlungsfähigkeit erst ermöglicht. Bei den Beratungen der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler war dieser Punkt nicht ausreichend klar. Ich sage Ihnen noch einmal: Sie können noch soviel Geld in die ehemalige DDR schaufeln; wenn keine Baugenehmigungen erteilt werden, nützt das alles nichts.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Das zentrale Investitionshindernis — Sie haben ja heute Gespräche — muß endlich beseitigt werden. Die Eigentumsverhältnisse sind eindeutig und unbürokratisch nach dem Prinzip „Entschädigung vor Rückgabe" zu klären.

    (Beifall bei der SPD)

    Dem Attentismus in den neuen Ländern ist nicht anders zu begegnen. Vergangenes Unrecht ist durch neues nicht wiedergutzumachen.

    (Zuruf von der SPD: Bravo!)

    „Die klassisch-liberale Rechtstradition", so formulierte es Wolfram Engels in der „Wirtschaftswoche" vom 22. Februar, „wie sie etwa der amerikanischen Verfassung von 1789, der französischen von 1791 zugrunde liegt, legitimiert das Eigentum aus seiner gesellschaftlichen Funktion." Wenn Sie diese Tradition wiederaufnehmen würden, dürfte es Ihnen nicht schwerfallen, diese Investitionsblockade endlich durch vernünftige Regelungen aufzulösen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen eine Standortpolitik für die neuen Bundesländer. Die Infrastruktur — insbesondere in den Bereichen Verkehr, Ver- und Entsorgung — sowie eine gesunde Umwelt sind wichtige Ansiedlungsvoraussetzungen für Unternehmen. Die Telekommunikation muß zügig ausgebaut werden. In dieser Situation ist es auch zweckmäßig, auf das technische Potential der Bundeswehr bzw. der früheren Nationalen Volksarmee zurückzugreifen. Wo es galt, Zeit zu gewinnen, hat die Bundesregierung fahrlässig über ein Jahr verstreichen lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen auch eine auf die Betriebe ausgerichtete Angebotspolitik. Für private Investitionen müssen unkomplizierte massive Förderanreize geschaffen werden. Hier hat sich einiges getan, nachdem wir im letzten Jahr viel diskutieren mußten. Aber die Flut der Förderungsinstrumente sollte auch nicht wieder so unübersichtlich werden, daß, wie eine Wirtschaftszeitung kommentierte, demnächst Förderungsberater in den Unternehmen der ehemaligen DDR eingestellt werden müssen.
    Wir müssen, wie es Wolfgang Thierse formulierte, Zeit kaufen. Wir müssen den Abbau der alten Kapazitäten und den Aufbau der neuen Kapazitäten synchronisieren. Die Menschen mit ihrer Arbeitskraft



    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    dürfen dabei nicht wie x-beliebiges Kapital behandelt werden.

    (Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    Dies kann nur gelingen, wenn wir die Arbeitslosenpolitik konsequent zu einer Arbeitsmarktpolitik umbauen.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Wir brauchen eine Kombination offensiver und defensiver Maßnahmen. Ein breites und finanziell ausreichend ausgestattetes Angebot von Qualifizierungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen muß mit einer großzügigen Vorruhestandsregelung verknüpft werden.
    Wir müssen einen industriellen Kern in den neuen Bundesländern erhalten. Dies verlangt staatliche Industriepolitik, auch wenn Sie den Begriff fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn wir jetzt alle industriellen Strukturen in den neuen Bundesländern zerbrechen lassen, dann werden wir den Wiederaufbau dieser Industrie kaum noch schnell finanzieren können. Es ist eine Illusion zu glauben, daß moderne Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern allein von Westdeutschland aus schnell finanziert werden könnten.
    Ein moderner Arbeitsplatz in der alten Bundesrepublik kostet etwa 250 000 DM. In der Industrie der neuen Bundesländer gibt es etwa 2,5 Millionen Beschäftigte. Eine vollständige Erneuerung der industriellen Kapazitäten würde also mehr als 600 Milliarden DM kosten. Dies kann der Kapitalmarkt schnell und zu vernünftigen Bedingungen nicht hergeben.
    Franz Steinkühler fordert daher zu Recht:
    In vielen Sanierungskonzepten wird Sanierung begriffen als Gesundschrumpfung bei Produktion, Kapazitäten, Standorten und Personal. Die Reduzierung der Produktpalette auf das Kernprogramm ist zwar der schnellste Weg in die Gewinnzone, aber auch der kürzeste zur Vernichtung von Unternehmensressourcen. Notwendig ist dagegen ein innovativer Ansatz, bei dem mit neuen Produkten und der Erschließung neuer Märkte die bestehenden Ressourcen mittelfristig wieder ausgelastet werden können und mit Übergangsregelungen, etwa Kurzarbeit, bis dahin erhalten bleiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Die jetzige Regierung hat sich ein Denkverbot bezüglich der Industriepolitik auferlegt, und dies wird sich in den nächsten Jahren noch schwer rächen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich verkenne nicht, meine Damen und Herren, daß Sie sich an einigen Stellen bemühen, in unserem Windschatten zu fahren.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Das können Sie selbst in den Zeitungen nachlesen,
    die normalerweise Ihr Loblied singen. Seien Sie also
    nicht so anmaßend! Sie haben doch so vieles an Vorschlägen übernommen, die Sie noch vor einigen Monaten hier total in Abrede gestellt haben, daß Ihr Gelächter nun wirklich völlig deplaziert ist.

    (Beifall bei der SPD — Matthäus-Maier [SPD]: Und das mit den Altschulden der Betriebe kommt auch noch!)

    Dies gilt nicht zuletzt für die direkten Investitionsprogramme, die noch vor kurzer Zeit verketzert wurden. Bundesarbeitsminister Blüm fordert nun Beschäftigungsgesellschaften, um der Arbeitslosigkeit Herr zu werden. „Na also, warum nicht gleich?" können wir Sozialdemokraten da nur sagen.

    (Beifall bei der SPD — Vorsitz: Vizepräsidentin Renate Schmidt)

    Dort aber, wo es ans Eingemachte geht, bei der Klarstellung der Eigentumsverhältnisse, wird leider weiterhin taktiert.
    Meine Damen und Herren, einige Punkte des Programms „Aufschwung Ost" sind durchaus vernünftig, und doch — so erscheint es mir manchmal — haben Sie die Größe der Herausforderung noch immer nicht erkannt. Der Staat wird sich übernehmen, wenn er die Tarifparteien nicht mit ins Boot nimmt. Wir fordern dies von Ihnen seit Monaten.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen eine umfassende Verabredung der wirtschaftlichen Akteure. Im Rahmen dieser Verabredung bekommen dann auch die Maßnahmen einen vernünftigen Stellenwert, die Sie von uns bereits jetzt übernommen haben. Im übrigen gilt dies auch für viele Punkte unseres Regierungsprogramms „Fortschritt 90", dem Sie sich ebenfalls, wenn auch halbherzig, angeschlossen haben.
    Ich erinnere an unsere Vorschläge zur Nutzung der Kräfte der Marktwirtschaft für den Umweltschutz, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zur gesetzlichen Pflegeversicherung, zu den Kürzungen im Verteidigungsbereich, zu den Restriktionen beim Waffenexport, zur Ergänzungsabgabe, die jetzt als Musterbeispiel der Solidarität auch bei Ihnen entdeckt wurde, und an vieles andere mehr.
    Zwar erhöht sich erfreulich das Tempo zwischen der Phase der Verteufelung unserer Vorschläge durch die CDU/CSU und FDP und der Phase der Übernahme unserer Pläne. Doch könnte man die Zeitspanne zwischen den Phasen verkürzen und damit noch viel unproduktive Energie sparen, was übrigens ganz im Sinne unseres Regierungprogrammes wäre.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten in Bund, Ländern und Gemeinden wollen aus dem ehemals gespaltenen Deutschland ein leistungsfähiges, ein modernes, ein ökologisch verantwortungsvolles, ein friedliches, ein soziales Deutschland machen. Wir werden weiterhin konstruktive Lösungen vorschlagen, die Effizienz mit sozialer Gerechtigkeit verbinden. Lassen Sie uns aber beim Streit über den richtigen Weg dahin das gemeinsame Ziel nicht aus dem Auge verlieren, und lassen Sie uns vor allem zügig ans Werk gehen; denn die Aufgabe duldet im Interesse



    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    der Menschen in Ostdeutschland keinen Aufschub mehr.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD sowie Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und der PDS/Linke Liste)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Bohl. — Ich bitte, daß die Kollegen, die den Saal verlassen wollen, das schnell tun, um dem Redner dann auch die notwendige Ruhe zu verschaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Schlechter parlamentarischer Brauch!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Bohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Lafontaine war eigentlich nicht besonders überraschend; denn er ist genauso aufgetreten, wie wir das erwartet haben, einmal mehr als der große Miesmacher mit den kleinen Perspektiven.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Widerspruch bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, die Wahrheit ist doch: Herr Lafontaine hat im letzten Jahr keine seriösen wirtschaftlichen Prognosen abgegeben,

    (Lachen bei der SPD)

    geschweige denn Konzepte für die deutsche Einheit abgeliefert. Wir haben nie von ihm gehört, wie die Probleme bewältigt werden können. Seine Kritik war nie konstruktiv. Sie war immer destruktiv.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Widerspruch bei der SPD)

    Herr Lafontaine, Sie haben die Mäkelei doch betrieben, weil Sie die Wiedervereinigung im Grunde genommen nicht gewollt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ihre negativen wirtschaftlichen Prognosen dienten doch nur dazu, den Menschen den Wunsch nach Einheit schwerzumachen und nach Möglichkeit sogar zu verleiden. Es ist schon eine eigenartige Kompetenz, diese aus Verweigerungsgründen entstandene Schwarzmalerei heute als kluge Voraussicht zu verkaufen. Das ist die Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kuhlwein [SPD]: Sie lügen immer weiter!)

    Es ist vom Bundesfinanzminister schon darauf hingewiesen worden, daß Sie behauptet haben, und zwar im August 1990, daß die DDR, bis die Mauer fiel, ein führendes Industrieland gewesen sei. Sie wollten doch dem maroden SED-Regime noch 15 Milliarden DM nachschieben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Dregger [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    Sie waren es doch, der aus ganz, ganz durchsichtigen Gründen die ersten gesamtdeutschen Wahlen so spät wie irgend möglich wollte. Das ist doch die Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wer so gehandelt hat, der hat sich doch wohl selbst wirtschaftspolitische Inkompetenz attestiert und auch die innere Distanz zur deutschen Einheit sehr eindrucksvoll dokumentiert. Das ist die Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Gilges [SPD]: Das glaubt Ihnen doch keiner mehr!)

    — Herr Gilges, das wollte ich Ihnen schon immer einmal sagen: Es kommt nicht auf den Kehlkopf an, sondern auf den Kopf. Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen das einmal zu sagen.

    (Matthäus-Maier [SPD]: Das sollten Sie sich mal zu Herzen nehmen!)

    Jetzt versuchen Sie, sich als wirtschaftspolitischer Wunderheiler der SPD zu profilieren.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Er sollte lieber wieder Urlaub machen!)

    Ich muß schon sagen: Es ist bemerkenswert, wie Sie diesen Realitätsverlust überspielen. Sie tragen doch Verantwortung dafür, daß das Saarland hoffnungslos überschuldet ist. Das ist doch die Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie tragen Verantwortung dafür, daß der Landesrechnungshof des Saarlandes Ihnen erneut die Verfassungswidrigkeit Ihres Landeshaushaltes bestätigt hat. Sie sind doch der große Schuldenhäuptling von der Saar. Das ist doch die Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kuhlwein [SPD]: Von Schulden verstehen Sie mehr, Herr Bohl!)

    Wir wollen auch nicht verschweigen, daß Sie Verantwortung dafür tragen, daß das Saarland in der wirtschaftlichen Entwicklung immer weiter zurückfällt. Bis 1990 lagen Sie mit einem Zuwachs des Bruttosozialprodukts von nur 1,9 % an letzter Stelle der alten Bundesländer und weit hinter dem Bundesdurchschnitt von 4,7 %.

    (Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Leider ist es wahr! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das wußten die deutschen Wähler!)

    Anstatt sich hier aufzuspielen, sollten Sie sich lieber wirtschaftspolitischen Rat bei kompetenteren Sozialdemokraten holen, z. B. bei Karl Schiller und Helmut Schmidt.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Aber danach ist auch schon Schluß!)

    Ich glaube, das wäre schon ganz angebracht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Vielleicht würde Ihnen Helmut Schmidt wiederholen, was er im Bundestagswahlkampf zur Deutschlandpolitik des Bundeskanzlers gesagt hat:
    Er hat das meiste richtig gemacht. Innenpolitisch hat er keine Fehler gemacht. So war es z. B. absolut richtig, gegen den Rat der Bundesbank die D-Mark in der DDR sofort einzuführen. Zu Herrn Lafontaine will ich mich nicht äußern.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Tun Sie bitte bezüglich des RGW-Handels, also des
    Handels der früheren DDR mit den ehemaligen Ost-



    Friedrich Bohl
    blockstaaten, nicht so, als ob dieser Zusammenbruch durch die Währungsunion zustande gekommen sei. Das ist schlicht und einfach die Unwahrheit. Die Wahrheit ist, daß im Jahre 1990 auch nach dem 1.Juli noch eine beachtliche Exportsteigerung da war. Das Problem ist vielmehr durch den Umstieg von Transferrubel auf das Devisensystem entstanden. Das ist der wahre Grund. Wer das nicht erkennt, kann wirtschaftspolitisch wirklich nicht kompetent sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kuhlwein [SPD]: Volkswirtschaftslehre Grundkurs, Herr Kollege!)

    Ihre wirtschaftspolitische Inkompetenz ist zu allem Übel noch mit ein wenig menschlicher Kaltherzigkeit gepaart.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Ein wenig? Kalt wie ein Frosch!)

    Schon vor der Wiedervereinigung, Herr Lafontaine, waren Sie Schlußlicht in Sachen Solidarität. Mit gerade einmal 1,25 Millionen DM im ersten Halbjahr 1990 haben Sie als Ministerpräsident des Saarlandes unsere Landsleute unterstützt. Sie gaben gerade zehnmal soviel aus, wie Sie für Ihren Luxuskoch in der Landesvertretung jährlich aufwenden.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Kittelmann [CDU/CSU]: Der soll gar nicht so gut sein!)

    Andere Bundesländer haben dafür weit höhere Millionenbeträge zur Verfügung gestellt.

    (Kuhlwein [SPD]: Das ist der billige Jakob, den wir hier erleben! Das ist unglaublich!)

    Genauso war es bei der Währungsunion. Sie haben zu der Einführung der D-Mark zum Kurs von 1 : 1 immer wieder nein gesagt. Sie wollten gegenüber unseren Landsleuten in der damaligen DDR die Taschen zuhalten. Sie, Herr Lafontaine, waren der Wortführer der SPD-Ministerpräsidenten, die sich gegen eine gerechte Beteiligung der neuen Länder an der Umsatzsteuer im Zuge des Einigungsvertrages ausgesprochen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es mutet wirklich schon sehr merkwürdig an,


    (Fuchs [Köln] [SPD]: Was Sie da so erzählen!)

    die Bundesregierung heute für die Folgen Ihrer damaligen Verweigerungshaltung verantwortlich zu machen.

    (Lachen bei der SPD)

    Noch im letzten Dezember — das ist noch keine drei Monate her — haben sich die SPD-Länder bei der Ministerpräsidentenkonferenz in München gegen eine bessere finanzielle Berücksichtigung der neuen Länder ausgesprochen. Wenn es Ihnen von der SPD im vergangenen Jahr mit Ihrer Behauptung ernst gewesen wäre, die Lage im Beitrittsgebiet sei dramatisch schlecht und die wirtschaftliche Lage werde katastrophal sein, dann frage ich mich, weshalb Sie dann nicht
    für eine bessere Finanzausstattung der Länder in der früheren DDR eingetreten sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich glaube, wir Deutsche können von Glück reden, daß die Koalition mit dem Bundeskanzler Helmut Kohl an der Spitze die deutsche Einheit in die Hand genommen hat. Erst der Zehn-Punkte-Plan, dann die Währungsunion, anschließend das entscheidende Gespräch mit Präsident Gorbatschow, der Einigungsvertrag und schließlich die Wiedervereinigung: Das war eine Meisterleistung, zu der uns alle Welt zu Recht beglückwünscht hat. Welch ein Kontrast zu Ihrem Programm der Verzögerungen! Wo stünden wir heute, wenn Sie damals das Sagen gehabt hätten? Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir heute in der Tat manches Kopfzerbrechen vielleicht nicht, aber nur deshalb, weil Sie die Einheit verspielt und wir aus diesem Grunde die Probleme der Einheit nicht hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Eines würde mich trotzdem noch interessieren, Herr Lafontaine: Was ist eigentlich der Grund dafür, daß Sie heute hier an Stelle des großen Schweigers aus Kiel auftreten?

    (Fuchs [Köln] [SPD]: Warum reden Sie denn?)

    Ich erinnere mich noch genau: Vor der Bundestagswahl hatten Sie nicht den Mut, hier im Bundestag zum Nachtragshaushalt für die neuen Länder zu sprechen. Statt dessen gingen Sie auf eine Pressekonferenz.

    (Kuhlwein [SPD]: Wir haben viele gute Leute!)

    Nach der Bundestagswahl hatten Sie nicht den Mum, in der SPD die Verantwortung für Ihre Destruktionspolitik zu übernehmen. Sie begingen politische Fahrerflucht und schwirrten in südliche Gefilde ab. Jetzt tauchen Sie wieder einmal auf, blind vor Rechthaberei. Das ist Lafontaine.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich frage die SPD:


    (Kuhlwein [SPD]: Warum reden Sie denn eigentlich und nicht Herr Dregger?)

    — Moment, trinken Sie doch einmal einen Schluck Wasser, Herr Kuhlwein, und dann hören Sie einmal zu! —

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Ist der SPD-Ersatzvorsitzende Engholm im innerparteilichen SPD-Stammeskampf bereits abgehalftert, oder will die SPD vermeiden, daß Engholm genau jene Reform der Unternehmensbesteuerung

    (Fuchs [Köln] [SPD]: Wollen Sie ihm zumuten, Ihnen zuzuhören?)

    — Moment, Frau Fuchs, seien Sie einmal ganz ruhig — und die Erhöhung der Mehrwertsteuer fordert,



    Friedrich Bohl
    die von Herrn Lafontaine hier so lautstark bekämpft werden?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Matthäus-Maier [SPD]: Reform ist gut, aber keine Senkung!)

    Am 19. Februar 1991 wird Herr Engholm von der „taz" wie folgt zitiert — Herr Lafontaine, hören Sie doch bitte einmal zu, Sie können noch etwas lernen — :
    Auch die Mineralölsteuererhöhung ist nach wie vor richtig ... Wenn das alles nicht ausreicht, muß die Mehrwertsteuererhöhung sein.
    So Engholm. Das ist die Wirklichkeit.
    Und was hat Herr Engholm zur Unternehmensbesteuerung gesagt? Sie haben das hier so gegeißelt. Er hat ausgeführt:
    Wenn künftig noch einmal Milliardenbeträge bewegt werden können, dann muß man die Unternehmen so entlasten, daß sie für die Zukunft sich rüsten können. Daß man denen dieses Geld nicht gibt, sie weiterhin hoch besteuert, ist strukturpolitisch, industriepolitisch für die Zukunft absolut falsch, und da müßte eine komplette Wende her.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dies hat Herr Engholm ausgeführt. Offensichtlich durfte er das hier heute nicht sagen.

    (Fuchs [Köln] [SPD]: Erzählen Sie doch einmal, was Sie möchten!)

    Oder hatte Herr Engholm — das könnte die platteste Antwort sein — vielleicht keine Zeit, hier zu reden, weil er ständig auf der Suche nach einem neuen Bundesgeschäftsführer der SPD ist? Auch dies könnte natürlich der Grund sein.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Ich hätte diese Fragen eigentlich gerne beantwortet. Ich möchte Herrn Engholm, den ich von dieser Stelle herzlich grüßen möchte, angesichts dessen, was in der SPD mit ihm geschieht, fragen, ob er nicht blind ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, der eine ist blind vor Rechthaberei, der andere blind für die Realität.

    (Zuruf von der SPD: Was hat das mit dem Haushalt zu tun?)

    Da möchte ich, an die SPD gewandt, doch auf das altdeutsche Sprichwort hinweisen: Wenn der Blinde den Blinden führt, fallen beide in die Grube. — Aber vielleicht wäre Ihnen dies auch recht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Matthäus-Maier [SPD]: Das ist ein Dünnschiß hier!)

    Meine Damen und Herren, jetzt aber sollte mit der Lafontaineschen Besserwisserei doch Schluß sein. Die Menschen draußen im Lande erwarten Antworten auf die Fragen, wie es weitergeht. Jetzt geht es doch darum, zum Wohle der Menschen zu arbeiten. Acht Jahre nach Bildung der Regierung der Mitte aus CDU,
    CSU und FDP ist Deutschland seit dem 3. Oktober 1990 wiedervereinigt. Für die Union war die Einheit Deutschlands in Freiheit immer vorderstes Ziel. Im Grundsatzprogramm meiner Partei heißt es:
    Freiheit und Einheit für das gesamte deutsche Volk zu erringen, ist die Aufgabe der deutschen Politik. In Frieden wollen wir die Spaltung Europas und mit ihr die Teilung unseres Vaterlandes überwinden.
    Wir freuen uns über diesen Erfolg unserer Politik und beglückwünschen dazu insbesondere auch heute einmal mehr den Bundeskanzler.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Fuchs [Köln] [SPD]: Das habt ihr ganz allein gemacht?)

    Die erste gesamtdeutsch gewählte Bundesregierung ist seit dem 18. Januar 1991 im Amt. Es ist ihr unter der Federführung des Bundesfinanzministers in bemerkenswert kurzer Zeit gelungen,

    (Matthäus-Maier [SPD]: Die Steuern zu erhöhen!)

    den ersten gesamtdeutschen und solide berechneten Haushalt vorzulegen. Der Bundeshaushalt 1991 ist nicht nur ein Finanzrahmen. Er ist das Dokument einer beharrlichen, auf die Einheit Deutschlands ausgerichteten Politik dieser Koalition. Hätten diejenigen das Sagen gehabt, die in der Vergangenheit die deutsche Frage für nicht mehr offen erklärt haben, die in der Teilung Deutschlands gute Chancen gesehen haben und die der SED-Diktatur schriftlich einen langen Zeitraum der Existenz zugesichert haben, dann gäbe es diesen gesamtdeutschen Bundeshaushalt nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Viele, meine Damen und Herren, die heute den Haushalt der Einheit kritisieren, waren noch bis vor kurzem die Propagandisten der Teilung. Das werden wir und das werden die Deutschen sicherlich nicht vergessen.
    Wir, d. h. alle Deutschen, stehen nämlich in den neuen Bundesländern — wer wollte das leugnen? — vor großen Herausforderungen. Wir aber können diese Herausforderungen auf einer Grundlage meistern, die noch nie so gut war. Diese Koalition hat bemerkenswerte Erfolge bei der Haushaltssanierung erzielt. Ohne die Zinszahlungen für 265 Milliarden DM SPD-Schulden hätte diese Regierung sich bis zum vergangenen Jahr mit keiner Mark neu zu verschulden brauchen.
    Die Konjunktur boomt seit Jahren und ist in einer bemerkenswert stabilen Verfassung. Mit einem Wachstum von 4,6 % in 1990 ist Deutschland Konjunkturlokomotive der Industriestaaten der Welt.

    (Matthäus-Maier [SPD]: Bei Ihrer Rede werden Diäten ja zu Schmerzensgeld!)

    Die wachstumsfördernde Politik läßt die Steuerquellen für Bund, Länder und Gemeinden sprudeln. Steigende Löhne und niedrige Inflationsraten bescherten den Bürgern steigende Realeinkommen. Die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Koalition der Mitte ist der Grundstein für eine erfolgreiche Angleichung der Le-



    Friedrich Bohl
    bensverhältnisse in ganz Deutschland, so wie es unser Grundgesetz fordert.
    Meine Damen und Herren, ich gehöre einer Generation an, die den Wiederaufbau Westdeutschlands nur aus den Augen des Heranwachsenden miterlebt hat. Angesichts der Probleme, die sich jetzt im Beitrittsgebiet stellen, steigt meine Hochachtung vor der Generation unserer Väter und Mütter, vor der politischen Leistung Konrad Adenauers und Ludwig Erhards. Was sie damals geleistet haben, ist bewundernswert. Es ist und bleibt eine Schande, daß die Mühe und Arbeit der Menschen in der früheren DDR angesichts der sozialistischen Mißwirtschaft so erfolglos bleiben mußten.
    Das Umschalten von sozialistischer Mißwirtschaft auf die Soziale Marktwirtschaft ist ein einmaliges Projekt. Wir Deutsche waren und sind zu besonderem Tempo gezwungen. Dies führte zu Unwägbarkeiten und zwingt heute in gewissem Umfang zu Anpassungsmaßnahmen und auch zu Korrekturbedarf. Ich nenne den Einbruch beim Ostgeschäft, der auf Grund der Krise in den ehemaligen Ostblockländern viel dramatischer ausgefallen ist. Ich nenne die Eigentumsfrage, deren Problematik wir uns bewußt waren, deren praktische Folgen uns aber doch vor neue Fragen stellen und neue Lösungen einfordern.
    Wir haben uns gerade heute morgen in der Koalition darauf verständigt, auch im Gesetzgebungsverfahren dieser Woche noch weitere Verbesserungen einzuführen, damit noch schneller und noch besser Investitionen möglich sind, damit die Treuhand noch schneller in der Lage sein wird, investitionswilligen Übernehmern den Betrieb zu übertragen.
    Ich bin ganz sicher, daß wir mit diesen Maßnahmen, ohne verfassungsrechtliche Risiken einzugehen und ohne die Gefahr heraufzubeschwören, daß durch einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts die Maßnahmen verhindert werden, die richtigen, sachgerechten und weiterführenden Lösungen gefunden haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich nenne auch das Problem, wie eine funktionierende Verwaltung aufgebaut werden kann. Wir alle erfahren — ich will das hier gern sagen — , wie unverzichtbar leistungsfähige Behörden

    (Fuchs [Köln] [SPD]: Ist das für Sie neu?)

    und stabile staatliche Rahmenbedingungen für unseren Wohlstand und für wirtschaftlichen Aufschwung sind. Hier muß nachgebessert werden, wie wir das ja durch die Beschlußfassung vor 14 Tagen hier im Bundestag auf Antrag der Koalition getan haben. Das Bundeskabinett hat entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Wir stehen nicht für eine dogmatische Politik, sondern für eine sachgerechte Politik. Wir wollen dort anpassen, wo es angesichts neuerer Erkenntnisse notwendig ist. Rechthaberei ist gewiß nicht unsere Sache.
    Deshalb brauchen wir auch — ich will das hier offen aussprechen — mehr Finanzmittel, als ursprünglich geplant war. Richtig ist aber, daß diese erhöhten Finanzmittel in 1990 ohne Steuererhöhungen aufzubringen gewesen wären, wenn sich das politische Umfeld nicht geändert hätte. Ich glaube, dies ist eine redliche Aussage, an der Sie nichts kritisieren können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir sollten uns davor hüten, angesichts der Probleme die Erfolge zu vergessen. Die Menschen in den neuen Ländern sind nach zwei Diktaturen endlich frei. Sie können ohne Angst ihre Meinung äußern; sie können reisen, wohin sie wollen.

    (Zuruf von der SPD: Aber sie haben keinen Job!)

    Die politischen Gefangenen sind frei. Es gibt demokratische Parteien. Wir haben im letzten Jahr vier Wahlen gehabt. Das sind doch alles elementare Erfolge, die wir nicht vergessen dürfen und auch nicht vergessen wollen.
    Auch in der Wirtschaft gibt es nicht nur schlechte Meldungen. Es sind nicht nur Arbeitsplätze verlorengegangen; vielmehr sind seit der Währungsunion 1,5 Millionen Arbeitsplätze neu geschaffen worden. Die Stimmung aber ist — das kann man durchaus zugeben — nicht gut. Ich selbst war in der letzten Woche in Thüringen. Die Gespräche mit den Bürgern, mit den Betroffenen sind zum Teil bedrückend. Es ist gar nicht so sehr der Mangel an Geld, nein, es ist nach meinem Eindruck die Unsicherheit darüber, wie es weitergehen soll. Mein Eindruck ist allerdings auch, daß sich diese Stimmung in erster Linie darauf bezieht, daß nicht alles schneller geht. Langfristig gesehen scheint mir durchaus eine solide Zuversicht vorhanden zu sein.
    Ein Schlüsselerlebnis war für mich der Besuch bei den Redakteuren einer großen Thüringer Zeitung, die sich skeptisch über die aktuelle Lage äußerten, mir aber gleichzeitig mitteilten, daß sie in Kooperation mit einem westdeutschen Verlag mehr als 100 Millionen DM für neue Maschinen, für neue Druckanlagen und für Gebäude investieren wollen. Sie vertrauen also darauf, daß es wirtschaftlich aufwärts gehen wird.
    Meine Damen und Herren, Ludwig Erhard hat zu seiner Zeit gesagt, es seien allzu viele am Werke, das deutsche Volk immer wieder in Verzweiflung und Lebensangst zu treiben.

    (Müntefering [SPD]: Er kannte Sie noch nicht!)

    Manche Kritiker bemühen sich, diesem brav arbeitenden deutschen Volk einzureden, daß es keinen Tag seines Lebens froh werden darf. Ich will nicht schönreden, nicht bagatellisieren, meine aber, daß das auch heute zutrifft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist ein Hohn für die Menschen, Herr Kollege!)

    Es ist richtig, was der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thierse dieser Tage zur wirtschaftlichen und sozialen Situation in den neuen Bundesländern im Kern gesagt hat. Er hat bestätigt, daß in den neuen Ländern quantitativ keine Verschlechterung eingetreten sei, aber er hat zu Recht ergänzt, daß die Menschen subjektiv anders empfinden. Jetzt gelten andere Bezugsgrößen. Mit dem Niederreißen der



    Friedrich Bohl
    Grenze ist der Kontrast zum Wohlstand in Westdeutschland noch mehr offenbar geworden. Das erfordert unsere Anstrengungen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Schwarzmalerei hilft niemandem, sondern schadet der Sache. Wir hatten durch die deutsche Teilung Jahr für Jahr Verluste in Höhe von 30 Milliarden bis 40 Milliarden DM.

    (Müntefering [SPD]: Bohl und die Schwarzmalerei, wie schön!)

    Alles, was die Bundesregierung jetzt tut und mit diesem Bundeshaushalt beschleunigt fortsetzt, ist eine große Investition, ein starkes Signal in die Zukunft unseres Landes.

    (Gilges [SPD]: Das glaubt Ihnen doch keiner!)

    Wir investieren in einem riesigen Ausmaß in Maßnahmen zur Umschulung, um die Produktivität in den neuen Ländern zu verbessern. Wir leisten den neuen Ländern Unterstützung, um die katastrophale Umweltverschmutzung durch den Sozialismus zu beseitigen. Wir geben ihnen Hilfestellung beim Aufbau einer leistungsfähigen Verwaltung, ohne die keine moderne Volkswirtschaft arbeiten kann. Wir greifen im Rahmen des großen Gemeinschaftswerkes all jenen unter die Arme, die in dieser Zeit des Umbruchs kurzarbeiten müssen oder arbeitslos werden. Die Leistungen des Bundes für die neuen Länder sind ein Beispiel für gelebte Solidarität. Die große Mehrheit der Deutschen unterstützt dieses Gemeinschaftswerk. Ich möchte mich insbesondere beim DGB ganz herzlich für diese Unterstützung bedanken. Ich glaube, man kann heute sagen, an fehlendem Geld wird es jetzt in den neuen Ländern nicht mehr scheitern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, der Bund alleine kann dieses Gemeinschaftswerk auf staatlicher Ebene nicht bewältigen. Wir sind auf die Unterstützung aller angewiesen. Ich nenne beispielhaft die Länder. Sie haben sich leider erst nach langem Drängen zu einer angemessenen Beteiligung bereit erklärt. Ich frage mich, warum sich gerade die SPD-Ministerpräsidenten so lange sträubten, mehr Solidarität zu zeigen. Immerhin haben doch auch ihre Bundesländer durch die deutsche Einheit allein 1990 Milliarden DM mehr an Steuern eingenommen.
    Ich nenne auch die Kommunen. Viele haben erheblich höhere Steuereinnahmen. In meinem Wahlkreis gibt es z. B. eine kleine Gemeinde mit SPD-Mehrheit, die sich jetzt für 2,5 Millionen DM das Bürgerhaus ausbaut. Ich frage mich: muß das sein? Andere Kommunen im Westen geben Geld aus, um Straßen zurückzubauen. Dabei geht es doch darum, die Straßen im Osten auszubauen. Das muß doch die Forderung sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich frage mich, ob die Kommunen nicht manche Ausgaben zugunsten ihrer Partnergemeinden in die neuen Länder umleiten könnten. Es wäre auch schon beste Solidarität, wenn durch Verzicht oder Streckung von wünschenswerten Maßnahmen der Kapitalmarkt nicht zusätzlich belastet würde. Bevor es hier noch
    schöner wird, muß es in den neuen Bundesländern überhaupt erst schön werden. Das ist doch die Forderung, die wir erheben müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost für die neuen Bundesländer ist eine Investition für ganz Deutschland. Von den Deutschen in den alten Bundesländern wird Solidarität erwartet und erbracht. Ich persönlich füge hinzu: Ich finde, das ist auch eine patriotische Pflicht. Von den Deutschen in den neuen Ländern muß, auch wenn es zugegebenermaßen sicherlich manchmal bitter ist und nicht leichtfällt, Geduld aufgebracht werden.

    (Wettig-Danielmeier [SPD]: Langweilig!)

    Über 40 Jahre sozialistische Mißwirtschaft lassen sich nicht wegpusten wie eine Seifenblase. Dazu sind harte Arbeit und kluge Politik notwendig.
    Ich finde, mit diesem Bundeshaushalt leisten wir dazu einen erheblichen Beitrag. Die Union hat bewiesen, daß sie die Konzepte und die Kraft hat, um Deutschland Wohlstand und soziale Sicherheit zu geben.
    In den Aufbaujahren gelang es uns in Westdeutschland, zu einem rasanten, wirtschaftlichen Aufstieg zu kommen. Unter unserer Verantwortung wurde ein soziales Netz geschaffen, das weltweit seinesgleichen sucht. Nach der Wirtschaftskrise der SPD-Regierung ging es mit uns seit 1982 stetig wieder bergauf. Jetzt gilt es, diesen Aufschwung — auch in den neuen Bundesländern — zu verwirklichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich sage hier, meine Damen und Herren, die Menschen in den neuen Bundesländern können sich auf die Union und auf diese Koalition verlassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe bei der SPD)

    Lassen wir uns trotz unserer Probleme die Zuversicht nicht zerstören! Wir leben in Deutschland, wie ich finde, fast auf einer Insel der Freiheit und des inneren Friedens, um die uns viele andere Völker sehr beneiden. Wenn wir an den Golf sehen, ins Baltikum oder an den Balkan, dann erkennen wir erst, in welch glücklicher Lage wir sind. Wir setzen auf Mut und Optimismus. Wir bitten alle Deutschen auch weiterhin um Unterstützung, zum Teil um Geduld, aber auch um Zuversicht bei der weiteren Entwicklung für ganz Deutschland. Ich persönlich halte das für eine großartige Aufgabe.

    (Müntefering [SPD]: Können Sie das vielleicht noch einmal alles wiederholen? Das ist so schön!)

    Ich danke all denen ganz besonders, die sich uneigennützig in den neuen Bundesländern für den Aufbau engagieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir werden uns als Union und Koalition nicht beirren lassen. Es bleibt dabei: Gemeinsam werden wir es schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)