Rede:
ID1200604800

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 12006

  • date_rangeDatum: 31. Januar 1991

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    Plenarprotokoll 12/6 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 95 A Rücknahme eines in der 5. Sitzung erteilten Ordnungsrufs 95 B Tagesordnungspunkt 1: Aussprache zur Erklärung der Bundesregierung Dr. Vogel SPD 95 B Dr. Dregger CDU/CSU 107 B Dr. Schmude SPD 112C Dr. Solms FDP 113 B Conradi SPD 116D Dr. Modrow PDS/Linke Liste 118B Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE . . . 121D Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . . 124 C Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . 126B, 168C Frau Matthäus-Maier SPD . . . . 129D, 154B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 133B, C Genscher, Bundesminister AA 136B Gansel SPD 139C, 162C Dr. Graf Lambsdorff FDP 169A, 174B Dr. Biedenkopf, Ministerpräsident des Landes Sachsen 145 B Kühbacher, Minister des Landes Brandenburg 148B, 171C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 150D Dr. Kohl, Bundeskanzler 152 C Dr. Krause (Börgerende) CDU/CSU 154A, 174B Möllemann, Bundesminister BMWi . . . 154 C Dr. Jens SPD 156C Gansel SPD 157B Rühe CDU/CSU 158D Genscher FDP 163A Möllemann FDP 163B, 166D Frau Lederer PDS/Linke Liste 163 C Roth SPD 165C, 169B Dr. Krause, Bundesminister BMV . . . 169B Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE . 172A, 177A Glos CDU/CSU 174C, 177B Walther SPD 176A, 180D Roth SPD 176D Dr. Briefs PDS/Linke Liste 177 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 178D Nitsch CDU/CSU 181 B Dr. Seifert PDS/Linke Liste 183 C Schäfer (Offenburg) SPD 184B Gibtner CDU/CSU 187B Baum FDP 188D Frau Braband PDS/Linke Liste 190D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 191B Schäfer (Offenburg) SPD 193A Dr. Feige Bündnis 90/GRÜNE 193D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 195C Dreßler SPD 198B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 Cronenberg (Arnsberg) FDP 204 B Dreßler SPD 204C, 209A, 220C Dr. Schumann (Kroppenstedt) PDS/Linke Liste 206 C Frau Rönsch, Bundesminister BMFS . . 207 B Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE . . . 208A, B Frau von Renesse SPD 208B, C Schwarz CDU/CSU 209 D Frau Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . . 210C Frau Dr. Merkel CDU/CSU 212 C Frau Dr. Höll PDS/Linke Liste 213A Frau Bläss PDS/Linke Liste 213A Frau Becker-Inglau SPD 214B Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Bundesminister BMBau 217B Reschke SPD 218B Conradi SPD 219A Scharrenbroich CDU/CSU 219D Dr. Ortleb, Bundesminister BMBW . . . 222D Kuhlwein SPD 223 C Nächste Sitzung 224 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 225* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 95 6. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1991 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Antretter SPD 31. 01. 91 * Bindig SPD 31. 01. 91 * Frau Blunck SPD 31. 01. 91 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 31. 01. 91 * Frau Brudlewsky CDU/CSU 31. 01. 91 Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 31. 01. 91 * Buwitt CDU/CSU 31.01.91 Erler SPD 31.01.91 Frau Eymer CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Feldmann FDP 31. 01. 91 * Frau Fischer (Unna) CDU/CSU 31. 01. 91 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 31. 01. 91 Gattermann FDP 31.01.91 Dr. Gysi PDS 31. 01. 91 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Holtz SPD 31. 01. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Kittelmann CDU/CSU 31. 01. 91 * Klinkert CDU/CSU 31.01.91 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 31. 01. 91 Matschie SPD 31.01.91 Dr. Müller CDU/CSU 31. 01. 91 * Dr. Neuling CDU/CSU 31. 01. 91 Pfuhl SPD 31.01.91 Reddemann CDU/CSU 31. 01. 91 * Repnik CDU/CSU 31.01.91 Dr. Schäuble CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Scheer SPD 31. 01. 91 * Schmidbauer CDU/CSU 31.01.91 von Schmude CDU/CSU 31. 01. 91 * Frau Simm SPD 31. 01. 91 Dr. Soell SPD 31. 01. 91 * Dr. Sperling SPD 31. 01. 91 Spilker CDU/CSU 31.01.91 Steiner SPD 31. 01. 91 * Frau Wieczorek-Zeul SPD 31. 01. 91 Frau Wollenberger Bündnis 31. 01. 91 90/GRÜNE Wonneberger CDU/CSU 31.01.91 Zierer CDU/CSU 31. 01. 91 *
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    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Faltlhauser, die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur vertikalen und horizontalen Gerechtigkeit habe ich sehr sorgfältig studiert. Wenn Sie das auch getan haben, müßten Sie eigentlich auch die Sätze des Karlsruher Gerichts gelesen haben, das für die Entscheidung, ob die Steuerfreiheit des Existenzminimums durch Kinderfreibeträge oder durch Kindergeld oder durch ein duales System gewährleistet ist, der Politik ausdrücklich Gestaltungsfreiheit gibt.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Beides!)

    Das ist der Unterschied zwischen uns beiden.
    Sie wählen bewußt den Weg der Kinderfreibeträge, weil die Menschen bei dem komplizierten Steuerrecht nicht merken, was sich hinter den Kinderfreibeträgen versteckt.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe hier einmal eine Diskussion geführt, und da sagte Frau Süssmuth zu mir, damals noch Familienministerin: Frau Matthäus — ich hatte das Gefühl, sie war davon überzeugt —, warum regen Sie sich auf; der Kinderfreibetrag ist doch für jedes Kind gleich hoch. Dies ist allerdings zutreffend; aber die Auswirkungen sind eben so ungerecht, wie ich das dargestellt habe.

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie mich in meinen Zahlen fortfahren. Durch die von Ihnen geplante Anhebung der Kinderfreibeträge sollen für das Kind eines Spitzenverdieners 178 DM im Monat Steuerentlastung gewährt werden, aber für das Kind eines Geringverdienenden nur 64 DM, d. h. in Zukunft sollen Spitzenverdiener im
    Monat sogar 114 DM mehr Entlastung bekommen als die „kleinen Leute" für ihre Kinder. Wenn Sie das in ein offenes Zuschußgesetz schreiben und nicht hinter dem komplizierten Steuerrecht verbergen würden, dann hätten Sie hier zu Recht einen Aufstand, weil die Menschen das nicht akzeptieren würden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben ein Konzept vorgelegt, das solide finanziert und gerecht ist. Wir sind der Ansicht: 200 DM Kindergeld vom ersten Kind an mindestens, für jedes Kind gleich hoch. Denn wir sind der Ansicht, daß die Kinder eines jeden Menschen, ob reich oder arm, dem Staat gleich lieb und damit auch gleich wert sein sollen.
    Meine Damen und Herren, Ihre Interessenpolitik für Spitzenverdiener setzt sich auch in der übrigen Familienpolitik fort, indem Sie das sogenannte Dienstmädchenprivileg ausweiten wollen. Diejenigen, die sich eine Haushaltshilfe privat leisten können — Voraussetzung sind zwei Kinder unter zehn Jahren —, sollen dabei bis zu 18 000 DM von der Steuer abziehen können. Das bringt Spitzenverdienern im Jahr einen Vorteil — bar — von über 9 500 DM.

    (Dr. Solms [FDP]: Eben nicht!)

    Ich muß Ihnen sagen, dies führt zu einem ganz schizophrenen Zustand. Die meisten Kinder — jedenfalls hoffen wir das — zwischen drei und sechs Jahren sind in einem Kindergarten. Da muß man einen Kindergartenbeitrag zahlen. Dieser Kindergartenbeitrag ist nicht von der Steuer absetzbar.

    (Dr. Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das hat Herr Vogel schon gesagt! — Dr. Vogel [SPD]: Das ist wichtig; das muß man wiederholen!)

    Wenn aber reiche Leute am Nachmittag die Kindergärtnerin vom Vormittag privat für ihre beiden Kinder einstellen, dann kann man da im Jahr 18 000 DM absetzen und 9 500 DM vom Staat zurückbekommen. Nein, meine Damen und Herren, das gab es nicht mal bei Kaiser Wilhelm, daß man sich sein Dienstpersonal vom Staat bezahlen ließ. Das werden wir rückgängig machen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Bündnisses 90/GRÜNE)

    Allein dieses Privileg kostet fast 600 Millionen DM im Jahr. Dieses Geld würde ausreichen, um jährlich 35 000 neue Kindergartenplätze zu schaffen. Auch diese Zahlen zeigen: Der Koalition geht es nicht um die Familien mit Kindern, sondern um die Begünstigung ihrer Klientel.
    Lassen Sie mich zusammenfassen: Die „Zeit" schrieb in der letzten Woche: „Noch nie zuvor stand der Ertrag von Koalitionsverhandlungen in einem derart krassen Mißverhältnis zur politischen, wirtschaftlichen und psychologischen Herausforderung des Augenblicks. " — Recht hat sie. Steuererhöhungen sind jetzt unter dem Denkmantel des Golfkrieges vorgesehen. Interessenpolitik und Umverteilung von unten nach oben werden in fast allen Bereichen der Finanzpolitik durchgeführt. Die Koalitionsvereinbarungen zeigen ein beschämendes Desinteresse an den exi-



    Frau Matthäus-Maier
    stentiellen Sorgen und Nöten unserer Mitbürger in den neuen Bundesländern.

    (Dr. Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist doch wohl unerhört!)

    Das entspricht nicht dem Auftrag, den Ihnen die Wähler gegeben haben. Unsere Bürger und unser Land haben Anspruch auf eine bessere Politik, als sie der Herr Bundeskanzler gestern hier vorgetragen hat. Stellen Sie sich endlich den großen Herausforderungen unserer Zeit und werden Sie endlich Ihrer Verantwortung für die Zukunft unseres Landes gerecht!

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Wir Sozialdemokraten sind zu konstruktiver Zusammenarbeit bereit.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Die Aussprache wird um 14 Uhr fortgesetzt.
Ich unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung von 13.07 bis 14.00 Uhr)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
    Wir fahren mit der Aussprache zur Regierungserklärung fort. Ich erteile dem Minister des Auswärtigen, Herrn Dr. Genscher, das Wort.

    (Heiterkeit)