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    Plenarprotokoll 11/231 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 231. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 18269 A Abwicklung der Tagesordnung 18269 B Absetzung der Punkte 9.1 und 9.10 von der Tagesordnung 18350 A Tagesordnungspunkt 10: a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1990 (Drittes Nachtragshaushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/7950, 11/8132, 11/8148, 11/8160) b) Zweite und dritte Beratung des von der Abgeordneten Frau Augustin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1990 (3. ERP-Nachtragsplangesetz 1990) (Drucksachen 11/7982, 11/8204, 11/8205) c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1991 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1991) (Drucksachen 11/8002, 11/8152, 11/8206, 11/8207) d) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 162 zu Petitionen (Kürzung des Verteidigungsetats und Verwendung der freiwerdenden Mittel für andere Zwecke) (Drucksache 11/6988) e) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 171 zu Petitionen (Sicherheits- und Verteidigungspolitik) (Drucksache 11/7448) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 für die Jahre 1987 bis 1990 (Zwölfter Subventionsbericht) (Drucksachen 11/5116, 11/6989) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Haushaltswahrheit und -klarheit: Gesamtdeutscher Haushalt 1991 noch in diesem Jahr (Drucksachen 11/7756, 11/7865) h) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Außerplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 14 02 Titel 559 01 (Beschaffung von Spezialtransportbehältern) (Drucksachen 11/7575, 11/7957) Niegel CDU/CSU 18270 D Kühbacher SPD 18271 C Walther SPD 18275 B Borchert CDU/CSU 18275 C Dr. Heltzig SPD 18276 C Oostergetelo SPD 18276 C II Deutscher Bundestag — 11.Wahlperiode — 231 Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 Dr. Graf Lambsdorff FDP 18276 D Wieczorek (Duisburg) SPD 18277 B Westphal SPD 18278D Dr. Roske GRÜNE/Bündnis 90 18279 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 18281 D Kühbacher SPD 18282 D Dr. Ullmann GRÜNE/Bündnis 90 . . . 18284 C Frau Matthäus-Maier SPD 18286 A Dr. Graf Lambsdorff FDP . . 18287D, 18291D Wieczorek (Duisburg) SPD 18288 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP . 18290B, 18293 A Poß SPD 18292 C Bohl CDU/CSU 18293 C Frau Wollenberger GRÜNE/Bündnis 90 . 18296 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 18297 C Wieczorek (Duisburg) SPD 18298 D Dr. Steinitz Gruppe der PDS 18299 D Dr. Heuer Gruppe der PDS 18300 B Dr. Krause CDU/CSU 18301 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 18302 B Wüppesahl fraktionslos 18303 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 18304 B Brück SPD 18306 D Dr. Struck SPD 18309 D Dreßler SPD 18310D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 18313 D Dreßler SPD 18314 D Frau Matthäus-Maier SPD . 18315C, 18316D Dr. Seifert Gruppe der PDS 18315 D Frau Beer GRÜNE/Bündnis 90 18318 A Wissmann CDU/CSU 18319B Frau Krehl SPD 18320 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 18321 C Nowack CDU/CSU 18322 D Wüppesahl fraktionslos 18324 C Frau Unruh fraktionslos 18326A Stratmann-Mertens GRÜNE/Bündnis 90 18326 C Weisskirchen (Wiesloch) SPD 18332 D Namentliche Abstimmungen . 18328D, 18332C, 18333A, 18335B, C Ergebnisse 18329D, 18333A, 18336B, 18338B, 18340C, 18342D Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung der Unterrichtung durch den Bundesrat: Gesetz zur Regelung der Dauer des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes — Drucksachen 11/7840, 11/7858, 11/7995 hier: Einspruch gemäß Artikel 77 Abs. 3 Grundgesetz (Drucksache 11/8135) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Regelung der Dauer des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes (Drucksache 11/8186) Frau Barbe SPD 18345 D Sauer (Stuttgart) CDU/CSU 18346 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE/Bündnis 90 18348 B Dr. Seifert Gruppe der PDS 18349A Ronneburger FDP 18349B Namentliche Abstimmung 18349 D Ergebnis 18357 C Tagesordnungspunkt 9: Beratungen ohne Aussprache 9.2 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Berufsförderung für Soldaten auf Zeit (Drucksachen 11/6769, 11/7959, 11/8021) 9.3 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Amtsdauer der Organmitglieder in der sozialen Selbstverwaltung (Drucksachen 11/8022, 11/8180) 9.4 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes (Drucksachen 11/7065, 11/8117) 9.5 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aussetzung der Brennrechtsveranlagung 1992/93 (Drucksachen 11/6905, 11/8201) 9.6 a) Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Jobst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines 4. Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (4. BbÄndG) (Drucksachen 11/6735, 11/7963, 11/7970) Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 III b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verstoß gegen § 5 Bundesbahngesetz durch den Deutschen Bundestag (Drucksachen 11/3648, 11/4183, 11/7963) 9.7 Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzabkommen vom 26. Oktober 1989 zum Abkommen vom 27. Februar 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über Soziale Sicherheit und zu der Zusatzvereinbarung vom 26. Oktober 1989 zur Vereinbarung vom 23. Februar 1978 zur Durchführung des Abkommens sowie zur Ergänzung des Gesetzes vom 2. September 1980 zu dem Abkommen vom 23. April 1979 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Finnland über Soziale Sicherheit (Drucksachen 11/7998, 11/8149) 9.8 Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. April 1989 zur Änderung des Abkommens vom 1. Juni 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen und die Grenzabfertigung in Verkehrsmitteln während der Fahrt (Drucksachen 11/7996, 11/8202) 9.9 Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 13. November 1987 zum Schutz von Heimtieren (Drucksachen 11/6854, 11/8116) 9.11 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur unterhaltsrechtlichen Berechnung von Aufwendungen für Körper- oder Gesundheitsschäden (Drucksachen 11/6153, 11/8173) 9.12 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neufassung des Bundesumzugskostengesetzes und zur Änderung sonstiger umzugskostenrechtlicher und reisekostenrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 11/6829, 11/8138, 11/8139) b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur in Bereichen der Bundesverwaltung, die durch die Einrichtung des Europäischen Binnenmarktes und die Vereinigung der beiden deutschen Staaten besonders betroffen sind (Drucksachen 11/7782, 11/8138, 11/8139) 9.13 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Wertpapierdienstleistungen (Drucksachen 11/4081 Nr. 2.2, 11/8027) 9.14 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Drucksachen 11/7609 Nr. 9, 11/8028) 9.15 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung der Fälle und der besonderen Voraussetzungen, unter denen das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben in Anspruch genommen werden kann (Drucksachen 11/7319 Nr. 2.1, 11/8032) 9.16 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/7658, 11/8035) 9.17 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Neunundsechzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/7659, 11/8037) 9.18 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Achte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/7693, 11/8036) IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 9.19 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Zehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/7694, 11/8038) 9.20 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an den Rat über steuerliche Maßnahmen, die die Gemeinschaft im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Kapitalverkehrs zu treffen hat Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über ein gemeinsames System einer Quellensteuer auf Zinsen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in den Bereichen der direkten und der Mehrwertsteuern (Drucksachen 11/5197 Nr. 2.1, 11/5533) 9.21 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. Apel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Steuerliche Behandlung der Grenzgänger (Drucksachen 11/2328, 11/7560) 9.22 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Zur EG-Charta sozialer Grundrechte (Drucksachen 11/5906, 11/7223) 9.23 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Forderungen an ein abrüstungspolitisches Gesamtkonzept (Drucksachen 11/4053, 11/7673) 9.24 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Unglücken auf den Fähren „Scandinavien Star", „Norrona" und weiteren Fährschiffen (Drucksachen 11/7376, 11/7876) 9.25 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen über die Erschließung des Zonenrandgebietes im Bereich des Post- und Fernmeldewesens (Drucksachen 11/3704, 11/6109) 9.26 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Schilling, Frau Schoppe und der Fraktion DIE GRÜNEN: zur Schließung des Luft-Boden-Übungsplatzes „Nordhorn-Range" zu dem Antrag des Abgeordneten Oostergetelo und weiterer Abgeordneter: Schließung des Luft-Boden-Übungsplatzes „Nordhorn-Range" (Drucksachen 11/6866, 11/7264, 11/8055) 9.27 Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 170 zu Petitionen (Ausbildungsförderung nach dem BAföG) (Drucksache 11/7447) 9.28 Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 174 zu Petitionen (Bundeseisenbahn [Lärmschutz]) (Drucksache 11/7803) 9.29 Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 175 zu Petitionen (Tierschutz) (Drucksache 11/7804) 9.30 Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 178 zu Petitionen (Rechtsstellung der Beamten) (Drucksache 11/7857) 9.31 Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 183 zu Petitionen (Drucksache 11/8050) 9.32 Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 184 zu Petitionen (Drucksache 11/8051) 18350 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Lebensmittelstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts sowie des Fleischhygienerechts (Drucksachen 11/4309, 11/7885) . . . 18354 B Tagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Einreise für Juden aus Osteuropa Wetzel GRÜNE/Bündnis 90 18359 D Dr. Glotz SPD 18360 D Dr. Hirsch FDP 18361 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 18362 B Frau Dr. Bittner Gruppe der PDS . . . 18363 A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 18363 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 V Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des vorn Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) (Drucksache 11/7663) Schlee, Minister des Landes Baden-Württemberg 18372A Dr. Emmerlich SPD 18372 C Such GRÜNE/Bündnis 90 18374 B Frau Dr. Fischer Gruppe der PDS . . 18374 C Dr. Osswald SPD 18374 D Singer SPD 18375A Kleinert (Hannover) FDP 18377 B Such GRÜNE/Bündnis 90 18378 A Dr. Emmerlich SPD 18379 A Such GRÜNE/Bündnis 90 18379 B Kleinert (Hannover) FDP 18380 A Wüppesahl fraktionslos 18380 B Dr. Hirsch FDP 18380 D Hörster CDU/CSU 18381B Dr. Emmerlich SPD 18381D Such GRÜNE/Bündnis 90 18382 D Singer SPD 18383 B Wüppesahl fraktionslos 18383 D Dr. Friedrich (Delitzsch) Gruppe der PDS . 18384 C Jäger CDU/CSU 18385 B Wüppesahl fraktionslos 18386A Engelhard, Bundesminister BMJ 18386 D Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Stratmann-Mertens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes für eine ökologisch-soziale Wirtschaft (Förderung der umweit- und sozialverträglichen Entwicklung der Wirtschaft) (Drucksache 11/7607) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Saibold, Stratmann-Mertens und der Fraktion DIE GRÜNEN/Bündnis 90: Jahresbericht zur Entwicklung der ökologischen und sozialen Folgekosten des Wirtschaftens in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/8170) Stratmann-Mertens GRÜNE/Bündnis 90 . 18387 D Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . . 18390A Stratmann-Mertens GRUNE/Bündnis 90 18391A Dr. Sperling SPD 18392 D Funke FDP 18394 C Stratmann-Mertens GRÜNE/Bündnis 90 18395 A Dr. Steinitz Gruppe der PDS 18396 B Dr. Klejdzinski SPD 18396 D Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi . 18397 D Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Drucksache 11/6712) Lambinus SPD 18400B Nelle CDU/CSU 18401D Brauer GRÜNE/Bündnis 90 18402 D Baum FDP 18404 A Frau Dr. Fischer Gruppe der PDS . . . . 18404 D Wüppesahl fraktionslos 18405 C Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 18406 A Lambinus SPD 18406 C Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Reimann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Arbeitsschutz (Drucksachen 11/4923, 11/6599) Reimann SPD 18407 C Schemken CDU/CSU 18410B Reimann SPD 18410D Hoss GRÜNE/Bündnis 90 18411 C Heinrich FDP 18412D Frau Dr. Enkelmann Gruppe der PDS . . 18413D Wüppesahl fraktionslos 18414 D Seehofer, Parl. Staatssekretär BMA . . . 184 15 B Tagesordnungspunkt 15: a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Garbe, Frau Hensel, Frau Teubner, Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Gefährdung von Mensch und Umwelt durch kontaminierte Standorte der chemischen Rüstungsproduktion (Rüstungsaltlasten) (Drucksachen 11/4261, 11/6972) b) Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Stahl (Kempen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Altlasten (Drucksachen 11/2725, 11/4104, 11/4716) (Berichtigung) c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten „Altlasten" des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (Drucksache 11/6191) 18416C VI Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): Fragestunde — Drucksache 11/8162 vom 19. 10. 1990 — Aussparung der Bereiche der Land-, Forstund Ernährungswirtschaft im Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft über die Perspektiven der deutschen Einheit; Einbeziehung der mit der Einheit verbundenen Auswirkungen auf die Agrarstruktur MdlAnfr 12, 13 Oostergetelo SPD Antw BM Klein BK 18364 D ZusFr Oostergetelo SPD 18365 A Nichterwähnung der Forderung nach Freigabe der Mieten und der Bedeutung einer staatlichen Bausparförderung im Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft MdlAnfr 14, 15 Häuser SPD Antw BM Klein BK 18365 C ZusFr Häuser SPD 18365 C ZusFr Oostergetelo SPD 18366 A ZusFr Dr. Sperling SPD 18366 A Mehrausgaben der Gebietskörperschaften für die Anschubfinanzierung der sozialen Sicherung in den nächsten zehn Jahren MdlAnfr 20, 21 Dr. Sperling SPD Antw BM Klein BK 18366 D ZusFr Dr. Sperling SPD 18367 A Gespräche des der Stasi-Mitarbeit verdächtigen beurlaubten Generalsekretärs der DDR-CDU, Martin Kirchner, mit Vertretern der Bundesregierung und der Landesregierungen vor der Wende MdlAnfr 24 Such GRÜNE/Bündnis 90 Antw PStSekr Straßmeir BK 18368 A ZusFr Such GRÜNE/Bündnis 90 18368A ZusFr Dr. Sperling SPD 18368A Wüppesahl fraktionslos 18368 C Anwendung des deutsch-dänischen Minderheitenmodells auf die Volksgruppen in Osteuropa MdlAnfr 26 Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU Antw StM Schäfer AA 18369 C ZusFr Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . 18369D ZusFr Dr. Sperling SPD 18370 A Erarbeitung von Konzepten für einen deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag erst einige Tage vor Verhandlungsbeginn; Einbeziehung von Regelungen für die Entschädigung polnischer Zwangsarbeiter MdlAnfr 28 Wüppesahl fraktionslos Antw StM Schäfer AA 18370 B ZusFr Wüppesahl fraktionslos 18370 B Empfehlung verschiedener Bundestagsabgeordneter an Polen zur Annahme des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages vor Beginn der Verhandlungen MdlAnfr 29 Wüppesahl fraktionslos Antw StM Schäfer AA 18371 A ZusFr Wüppesahl fraktionslos 18371 B Nächste Sitzung 18417 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18419* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15a, b und c (Große Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN betreffend Rüstungslasten, Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Altlasten und Sondergutachten „Altlasten" des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen) 18419* C Anlage 3 Festlegung von Minderheitenrechten für die Deutschen in den Oder-Neiße-Gebieten im Rahmen der deutsch-polnischen Verhandlungen MdlAnfr 27 — Drs 11/8162 — Lowack CDU/CSU SchrAntw StM Schäfer AA 18428* A Anlage 4 Intervention gegen die Hinrichtung von ca. 200 politischen Gefangenen in der Türkei MdlAnfr 30 — Drs 11/8162 — Bindig SPD SchrAntw StM Schäfer AA 18428* B Anlage 5 Abschluß der Arbeiten und Investitionen im Zusammenhang mit der Grenzöffnung für den Eisenbahnverkehr in Bayerisch Eisenstein bis Mai 1991 MdlAnfr 51 — Drs 11/8162 — Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 18428* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 VII Anlage 6 Bau eines gemeinsamen Grenzübergangs in Waidhaus und Ausweisung einer neuen Eisenbahnstrecke parallel zur A 6 Nürnberg—Prag MdlAnfr 52 — Drs 11/8162 — Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 18428* D Anlage 7 Kritik der Bundesbahndirektion Hannover am Bundesbahngüterverkehr; Entwicklung der Zahl der Überstunden und Realisierung der Ausgleichsansprüche im Bereich der Bundesbahndirektion Hannover MdlAnfr 53, 54 — Drs 11/8162 Frau Bulmahn SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 18428* D Anlage 8 Kriterien für die Auffassung der Bundesregierung über die Nichtgefährdung von Mensch und Umwelt durch das atomare Endlager Morsleben; Erfüllung der Sicherheitsanforderungen MdlAnfr 56, 57 — Drs 11/8162 — Brauer GRÜNE/Bündnis 90 SchrAntw PStSekr Gröbl BMU 18429* B Anlage 9 Lagerung radioaktiver Abfälle im Endlager Morsleben; Nachrüstung des Endlagers. Inhaber der auf dem ehemaligen DDR-Gebiet fortbestehenden atomrechtlichen Genehmigung für Atomanlagen; Deckungsvorsorge zur Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen MdlAnfr 58, 59 — Drs 11/8162 — Frau Wollny GRÜNE/Bündnis 90 SchrAntw PStSekr Gröbl BMU 18430* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 18269 231. Sitzung Bonn, den 25. Oktober 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 26. 10. 90 * Dr. Biedenkopf CDU/CSU 26. 10. 90 Frau Birthler GRÜNE/ 26. 10. 90 Bündnis 90 Dr. Bohn FDP 25. 10. 90 Frau Bulmahn SPD 25. 10. 90 Catenhusen SPD 26.10.90 Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 26. 10. 90 Ehrbar CDU/CSU 26.10.90 Eich GRÜNE/ 26.10.90 Bündnis 90 Ewen SPD 25.10.90 Frau Fuchs (Köln) SPD 26. 10. 90 Grünbeck FDP 26.10.90 Hauser (Krefeld) CDU/CSU 26. 10. 90 Graf Huyn CDU/CSU 26. 10. 90 Ibrügger SPD 26. 10. 90** Jung (Düsseldorf) SPD 26. 10. 90 Lehment FDP 26.10.90 Lennartz SPD 25.10.90 Lüder FDP 25.10.90 Meyer SPD 26.10.90 Dr. Modrow Gruppe der 26. 10. 90 PDS Möllemann FDP 25.10.90 Opel SPD 26.10.90 Petersen CDU/CSU 26.10.90 Platzeck GRÜNE/ 26.10.90 Bündnis 90 Rappe (Hildesheim) SPD 26. 10. 90 Dr. Schäuble CDU/CSU 26. 10. 90 Schmidt (München) SPD 26. 10. 90 * Schreiber CDU/CSU 26.10.90 Seiters CDU/CSU 26.10.90 Toetemeyer SPD 26.10.90 Frau Trenz GRÜNE/ 26. 10. 90 Bündnis 90 Vahlberg SPD 25.10.90 Frau Vennegerts GRÜNE/ 25. 10. 90 Bündnis 90 Voigt (Frankfurt) SPD 26. 10. 90 ** Frau Dr. Vollmer GRÜNE/ 26. 10. 90 Bündnis 90 Weißgerber SPD 25.10.90 Wischnewski SPD 26. 10.90 Wittich SPD 26.10.90 Zierer CDU/CSU 26. 10. 90 ' * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 a, b und c (Große Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN betreffend Rüstungsaltlasten, Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Altlasten und Sondergutachten „Altlasten" des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen) Frau Garbe (GRÜNE/Bündnis 90): Die Bundesregierung hat Ende April dieses Jahres erstmalig umfassend zum Problem der Rüstungsaltlasten Stellung bezogen. Aber es ist einfach nicht zu fassen: Auch hierbei pocht die Bundesregierung weiterhin auf die Zuständigkeit der Länder, obwohl der Sachverständigenrat für Umweltfragen ein stärkeres Engagement des Bundes fordert, da die Länder mit der Aufgabenstellung, die ökologischen Hinterlassenschaften der Weltkriege zu bewältigen, völlig überfordert seien. Wegen der von den Rüstungsaltlasten zunehmend ausgehenden Gefahren für Mensch und Umwelt und wegen des fortschreitenden Informationsverlustes darf - so der Sachverständigenrat - die Bewältigung dieser Last nicht mehr als unbedingt erforderlich verzögert werden. Ein Tätigwerden des Bundesgesetzgebers sei längst überfällig, was konkret bedeutet, daß der Art. 120 des Grundgesetzes, der die Kriegsfolgelastengesetze regelt, durch ein Bundesgesetz ausgefüllt werden muß, womit die rechtliche Grundlage geschaffen werden muß, mit sogenannten Interessensquoten die Finanzierung der notwendigen Maßnahmen aufzuteilen; so der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Die Bundesregierung pocht statt dessen weiterhin darauf, daß die Zuständigkeit für die Erfassung, Bewertung und Sanierung von Rüstungsaltlasten nach dem Grundgesetz nach wie vor grundsätzlich bei den Ländern bleibt. Ob die Länder das aber alles leisten können, ist dieser Bundesregierung völlig egal. Herr Minister Töpfer, auch Ihr eigener Parteikollege, der frühere niedersächsische Umweltminister Werner Remmers, hat deshalb das Engagement des Bundes bei der Sanierung der Altlasten, aber insbesondere bei den Rüstungsaltlasten eingeklagt. Der Rechtsstreit mit dem Lande Hessen um eben diese Verpflichtung des Bundes, endlich seine Verantwortung für die Liegenschaften und Hinterlassenschaften der Montan GmbH und der IVG-AG (Industrie-Verwaltungs-Gesellschaft) zu übernehmen, hält an. Ähnliches gilt auch für die Altlasten auf Bundesbahngelände. Ich möchte hier an die Erfahrungen in Hirschhagen oder mit dem Werk Tanne im Harz erinnern. Die dortige Verseuchung hat inzwischen zur Schließung der Heilquellen von Bad Grund geführt. Erinnert sei auch an das jetzt bekanntgewordene Pulverfaß der Eifel bei Hallschlag, eine vergessene Munitionsfabrik des Ersten Weltkrieges. Aber trotz allem bleibt die Bundesregierung dabei, für keine der bekannten Rüstungsaltlasten läge eine akute Gefährdung der Bewohner und Bewohnerinnen vor; so einfach ist das! 18420* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 Was die Altlastenmisere insgesamt betrifft, so ist durch die Vereinigung mit der ehemaligen DDR das Problem der Sanierung von Altlasten noch gravierender geworden. Gingen frühere Bestandsaufnahmen von 50 000 Altlasten aus, müssen wir jetzt mit 70 000 rechnen. Gingen die Berechnungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen noch von einem Finanzbedarf von mehr als 20 Milliarden DM in den nächsten zehn Jahren aus, so bewegen sich die Schätzungen für den dringendsten Sanierungsbedarf der neuen Bundesländer bei 100 oder sogar 200 Milliarden DM. Stichwort Wismut AG: 10 Milliarden DM werden allein zur dringlichen Sanierung der uranverseuchten Region benötigt. Diese Probleme wurden bei der Vereinigung Schlichtweg ausgeklammert, und darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung jahrelang über alle Forderungen, Beschlüsse und Vorschläge hinweg, die Abhilfe schaffen könnten. Die 33. Umweltministerkonferenz vom 16. bis 17. November 1989 drückte in einem Beschluß die Erwartung aus, daß die Bundesregierung unverzüglich die erforderlichen Voraussetzungen für die Umsetzung des Beschlusses der Ministerpräsidenten der Länder vom 29. Juni 1989 schafft. Insbesondere sollte ein federführendes Ressorts für den Bereich der Rüstungsaltlasten bestimmt und sollten dort die notwendigen personellen Kapazitäten für ein koordiniertes weiteres Vorgehen auf Bundesebene sowie auf BundLänder-Ebene geschaffen werden. Die GRÜNEN haben schon in der letzten Legislaturperiode ein Altlastenfonds-Gesetz eingebracht, denn die Altlastensanierung könnte über einen entsprechend ausgestatteten Fonds zügig bewerkstelligt werden. Mit dem US-amerikanischen Superfund wurde dort die Sanierung der Altlasten pragmatisch und zügig angegangen. Dieser Fonds ist für die Jahre 1986 bis 1991 mit 8,5 Milliarden Dollar dotiert. Er wird aus Sondersteuern auf Chemie- und Ölprodukte gespeist. Er finanziert die Altlastensanierung vor, und die Verursacher werden anschließend von den Behörden zur Kasse gebeten, so man ihrer noch habhaft werden kann. Die Regreßpflichtigkeit greift bis zu den hinter den Firmen stehenden Banken. So kann es gehen! Die Industrie in der Bundesrepublik hat dagegen klargemacht, daß sie solche Zwecksteuern ablehnt. Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Industrie, und so werden die von den Ländern initiierten Fonds in Form von Kooperationsmodellen oder Lizenzmodellen bevorzugt. Diese Länderfonds sind allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem hebeln sie zum Teil das Verursacherprinzip aus und belasten die Haushalte von Land und Kommunen mit Ausgaben für die Sünden anderer. Wir erheben deshalb noch einmal nachdrücklich die Forderung an die Bundesregierung, einen umfassenden Altlastensanierungsfonds für die Bundesrepublik zu bilden und diesen zu finanzieren aus Grundchemikalienabgaben, insbesondere auf Chlorchemikalien, deren Gebrauch in der Vergangenheit eine Vielzahl von Altlasten verursacht hat und noch heute die Altlasten von morgen schafft. Für all diese Forderungen haben wir in der Vergangenheit Gesetzesentwürfe vorgelegt, neben dem Altlastenfondsgesetz das Chlorsteuergesetz und das Umweltschadensfondsgesetz. Wir haben auch im Rahmen von Haushaltsdiskussionen Vorschläge zur Umschichtung und Anträge zur Auflage eines Bund-Länder-Programms-Altlasten eingebracht. All diese Forderungen müssen umgesetzt werden, denn wie soll z. B. die Altlastenproblematik der ehemaligen DDR in Form von Giftmülldeponien und belasteten Industriestandorten bewältigt werden? Wie soll das neue Bundesland Sachsen — neben allen Startschwierigkeiten — auch noch allein im Untersuchungsraum Merseburg / Halle / Bitterfeld / Leipzig rund 13 000 Verdachtsflächen, darunter 2 000 im Betrieb befindliche Deponien, davon wiederum 147 Sondermülldeponien und zusätzlich 20 Verbrennungsanlagen unbekannter Qualität, untersuchen und sanieren? Wenn die Bundesregierung sich nicht bald bequemt, für die Altlastensanierung — welcher Art auch immer, ob ziviler, ob militärischer, alter oder auch neuer Prägung — nämlich die, die durch den militärischen Rückzug jetzt erst aufgedeckt werden — finanzielle Lösungsvorschläge zu unterbreiten, dann wird deutlich, daß die rhetorischen Verbalakte vom Helfenwollen, vom Aufheben und Angleichen des Belastungsgefälles, und sogar vom zweiten Wirtschaftswunderland nichts weiter sind als Wind vor der Hoftüre. Nichts steckt dahinter, solange die Altlastenprobleme nicht gelöst werden. Die Bundesregierung trägt die Verantwortung dafür, daß die heute ungelösten Probleme um so schwerer auf den nachfolgenden Generationen liegen. Die Altlastenprobleme lassen sich nicht durch Aussitzen lösen. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich unseren Vorschlägen zu folgen, die wir nun schon viele Jahre hier vorbringen und die eine Entlastung auf breiter Ebene mit sich bringen würden. Schütz (SPD): Neunzehn Monate nach Eingang der Antwort der Bundesregierung auf unsere Große Anfrage zum Thema Altlasten bekommen wir endlich Gelegenheit, uns mit dieser wichtigen und dringlichen Problematik im Plenum zu befassen. Dabei wird das Thema Altlasten mehr und mehr zu einem Zentralbereich der Umweltpolitik. Die Bedrohung unserer natürlichen Lebensgrundlagen durch diese Hinterlassenschaften ist die Rechnung, die uns die Natur für unsere Sünden im Zuge des Wiederaufbaus des Wirtschaftswunders präsentiert. Zusätzlich haben wir aber auch erhebliche kontaminierte Flächen, die auf den unsachgemäßen Umgang mit gefährlichen Stoffen durch Stationierungstruppen in West und Ost entstanden sind. Es stellt sich nun die Aufgabe, diese Umweltsünden, die auf dem überkommenen Denken, daß Umwelt zum Nulltarif folgenlos verbraucht werden kann, beruhen, nachträglich in den Griff zu bekommen. Dabei hat sich die Dimension dieses Problems durch den Beitritt der neuen Bundesländer noch erheblich ver- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 18421* größert. Nach allem, was wir bis jetzt wissen, kann man an dieser Stelle bereits sagen, daß die realsozialistische Planwirtschaft deutlich mehr Altlasten hinterlassen hat als unsere ökologisch blinde Marktwirtschaft. Lassen Sie mich nun einige Anmerkungen zu dem Bedrohungspotential für unsere natürlichen Lebensgrundlagen machen. Dabei treffen wir auch gleich auf das erste Problemfeld. Die Erfassung und Bewertung der Verdachtsflächen bereitet große Probleme, weil hier auf die von den primär zuständigen Ländern erhobenen Daten zurückgegriffen werden muß. Da die Länder bei der Durchführung der Erfassung und Bewertung von Altlasten sehr unterschiedlich vorgehen, gibt es bislang auch keinen nach einheitlichen Kriterien erfaßten und gewichteten Datenbestand für dieses zentrale Umweltproblem. Es wird allen Anwesenden klar sein, daß ein vernünftiger Ansatz zur Bewältigung des Altlastenproblems zunächst einmal eine fundierte bundeseinheitliche Erfassung der Verdachtsflächen vorsehen muß. Auch die Bundesregierung hat dieses Problem erkannt und will durch ein Umweltstatistikgesetz für eine geeignete Datengrundlage sorgen. Bislang liegt aber lediglich ein Referentenentwurf vom März 1989 vor. Wenn, wie sich aus dem Entwurf ergibt, 1991 mit der Datenerhebung begonnen werden soll — was ich sehr begrüße — , wird es allmählich Zeit, Taten folgen zu lassen. Dabei wäre im Sinne einer wirksamen Prävention daran zu denken, auch solche Flächen zu erfassen, auf denen die Anlagen nicht stillgelegt, sondern mit anderer Produktionsausrichtung weiterbetrieben werden. Die Antwort der Bundesregierung auf unsere Anfrage ist trotz dieser methodischen Mängel, die die gesamte Tragweite des Problems nicht vollständig sichtbar werden lassen, alarmierend genug. Auf dem Gebiet der alten Bundesländer haben wir 48 377 Verdachtsflächen, wobei es sich um 40 514 Altablagerungen und um 7 863 Altstandorte handelt. Die Erfassung der altlastverdächtigen Flächen ist dabei noch nicht abgeschlossen. Diese gravierende Altlastenproblematik wird durch die Situation in den neuen Bundesländern noch verschärft. Erste Schätzungen gehen für diesen Bereich von etwa 20 000 Verdachtsflächen aus. Erfaßt sind bislang 13 000 Ablagerungsflächen für Abfälle, die größtenteils ungesichert und ungeordnet sind. In dem Gebiet der ehemaligen DDR tickt somit eine ökologische Zeitbombe, deren Zeitzünder kurz vor dem Ablaufen ist. Das zeigen uns die Berichte über den Uranbergbau in Wismut mit den strahlenden Abraumhalden oder den Chemiewerken in Bitterfeld, wo die Dioxinwerte über denen von Seveso liegen. Das Ausmaß der Gefährdung von Mensch und Umwelt ist nicht abzuschätzen. Wer je den sogenannten Silbersee bei Bitterfeld gesehen hat, hat zumindest eine Ahnung von den immensen Problemen. Aber auch hier ist als erster Schritt zur Problemlösung eine fundierte Datenerfassung erforderlich. Ich begrüße es deshalb, daß das Umweltministerium damit begonnen hat, in den Hauptbelastungsgebieten die Verdachtsflächen und Gefährdungspotentiale zu ermitteln. Nutzen Sie doch auch die Gelegenheit, die ökologische Sanierung der ehemaligen DDR als Anlaß zu sehen, die von mir dargestellten Mängel in der bundesdeutschen Altlastenbewältigung zu beseitigen. Es wäre zweckmäßig, jetzt bundespolitische Verantwortung zu zeigen und in die von uns seit langem geforderte bundeseinheitliche Lösung des Altlastenproblems einzusteigen. Der bisherige Verweis auf die aus dem Grundgesetz folgende Zuständigkeit der Länder kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß Länder und Kommunen weder finanziell noch technisch oder personell in der Lage sind, diese gesamtstaatliche Aufgabe zu bewältigen. Im übrigen hindert niemand den Bund daran, freiwillig tätig zu werden. Jedenfalls im eigenen Zuständigkeitsbereich, nämlich bei Bundesstraßen, der Bundesbahn, der Bundespost und der Bundeswehr, muß der Bund die Altlastenproblematik selbst in Angriff nehmen. Hier könnte er auch ein Beispiel für ein einheitliches methodisches Vorgehen setzen. Die völlig unterschiedliche Lage auf Länderebene belegt, daß es so nicht weitergehen kann. Wir Sozialdemokraten wollen deshalb nach wie vor, daß die Altlastensanierung unter Beachtung des Verursacherprinzips im Rahmen einer bundeseinheitlichen Regelung abgewickelt und auf der Grundlage eines Bundesgesetzes finanziert wird. Uns ist auch bewußt, daß leider in vielen Fällen eine Verursacherhaftung nicht erreicht werden kann, weil der Verursacher rechtlich nicht mehr existiert oder finanziell seiner Verantwortung nicht mehr gerecht werden kann. Wir brauchen also auch eine Haftung über das Gemeinlastprinzip, wobei nach unserer Vorstellung im Rahmen eines Sondervermögens „Arbeit und Umwelt" ein Fonds zur Altlastensanierung gebildet werden soll. Nach unseren Vorstellungen soll der Fonds mit zusätzlichen Finanzmitteln aufgestockt werden, die von der Industrie als Entgiftungsbeitrag aufgebracht werden. Wir orientieren uns dabei auch an den umfangreichen Erfahrungen mit der Aufarbeitung und Finanzierung der Sanierung von Altlasten, die in den USA gemacht worden sind. Der sogenannte Superfund ist ein staatsfinanzierter Fonds, der mit der Aufarbeitung von Altlasten betraut ist. Das Ziel dieses Gesetzes war es, sicherzustellen, daß zur rechten Zeit auf Gefährdungen durch gefährliche Stoffe reagiert werden kann; die komplexen Fragen der Haftpflicht und der finanziellen Verantwortlichkeit sollten danach geregelt werden. Die Philosophie war und ist: Erst graben, dann klagen. Die weitere Finanzierung des Fonds geschieht zum Teil in der Weise, daß einer der bei der Aufarbeitung festgestellten Verursacher als Gesamtschuldner voll in Anspruch genommen wird. Dieser Gesamtschuldner hat dann im Rückgriff auf weitere Verursacher der Altlast die Möglichkeit, von den anderen Verursachern bis auf seinen eigenen Verursachungsanteil Ersatz zu erhalten. Darüber sollte man im Rahmen einer bundeseinheitlichen Lösung auch nachdenken. Wenn man aber die von uns geforderte bundeseinheitliche Lösung mit einem Fonds zur Altlastensanierung nicht will, bieten sich auf Länderebene derzeit noch ein Landesaitlastenfonds und ein Lizenzmodell 18422* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 an. Ein Landesaltlastenfonds ist meines Erachtens schon deshalb nicht sachgerecht, weil er allein durch Einlagen des Landes und der Kommunen gespeist wird, die, wie sich ja mittlerweile gezeigt hat, wegen ihrer vielfältigen finanziellen Belastungen gar nicht in der Lage sind, die auf sie zukommenden Verpflichtungen in diesem Bereich zu erfüllen. Daneben bleibt noch das Lizenzmodell, das vorsieht, als Berechtigungsvoraussetzung zur Sonderabfallentsorgung eine Lizenz zu vergeben, für die durch das Land ein Lizenzentgelt erhoben wird. Dies erscheint mir noch als ein weiterer gangbarer Weg, da auf diese Weise die Industrie einbezogen wird. Herr Töpfer hat anläßlich der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Treuhandanstalt und der BASF gesagt, daß die finanziellen Verpflichtungen aus Altlasten so gewaltig seien, daß neue Modelle der Finanzierung kreativ entwickelt werden müßten. Er hat dazu angeführt, daß, wenn die westdeutsche Chemieindustrie einerseits von einer individuellen Haftungsfreistellung profitiere, sie andererseits auch bereit sein müßte, durch gemeinsame Finanzierungshilfen der Branche andere Fälle der Altlastensanierung gruppenbezogen finanziell zu unterstützen. Dem können wir zustimmen. Der Gedanke entspricht auch dem Vorschlag, den der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen in seinem „Sondergutachten Altlasten" gemacht hat. Der Rat hat bei seiner Suche nach einem Weg zwischen dem Verursacher und dem Gemeinlastprinzip den Vorschlag unterbreitet, durch ein „ Gruppenlastprinzip " eine stärkere finanzielle Beteiligung der Gruppen an der Finanzierung der Altlastensanierung zu erreichen, bei denen ein Verursachungsbezug wahrscheinlich ist. Im Zusammenhang mit diesen Finanzierungsfragen muß natürlich etwas zu den Modalitäten gesagt werden, zu denen Firmen in Ostdeutschland mit vorhandenen Altlasten übernommen werden. In der Presse ist vor allem die Übernahme des Synthesewerkes Schwarzheide in Thüringen durch die BASF diskutiert worden. Es sind aber genauso die Großprojekte der Stromverträge und der Daimler-Benz-Gründung in Lichtenberg anzusprechen. Die ökologischen Altlasten hat im Rahmen des Freistellungsverfahrens im Falle Schwarzheide die Treuhandanstalt übernommen. Dies entspricht der Regelung des Umweltrahmengesetzes, das im Einheitsvertrag nahezu unverändert übernommen worden ist und diese Freistellung ausdrücklich ermöglicht. Diese Regelung entspricht aber auch unserem politischen Willen, weil anderweitig Investoren nicht in mit Altlasten belastete Flächen hineingehen würden. Das Umweltrahmengesetz hat allerdings privatrechtliche Ansprüche von der Freistellung unberührt gelassen. Im Falle Schwarzheide ist die Freistellung auch von privatrechtlichen Ansprüchen vertraglich durchgesetzt worden, was also weitergehend ist, als es das Umweltrahmengesetz vorsah, und was auch weitergehend ist, als es der Praxis der Übernahme etwa in den alten Bundesländern entspricht. Mir erscheint auch diese Vertragsregelung grundsätzlich vertretbar, weil nur so jegliche haftungsrechtlichen Investitionshemmungen beseitigt werden. Diese Verträge haben aber natürlich Signalwirkung auf alle anderen Übernahmeverträge von Altanlagen. Die Vertragsjuristen der Unternehmen wären ihr Gehalt nicht wert, wenn sie individualrechtliche Haftungsansprüche zulassen würden. Der letzte Satz des § 4 Abs. 3 des Umweltrahmengesetzes ist somit faktisch ausgehebelt worden; er ist Makulatur. Was allerdings kritisch nachzufragen bleibt, ist, was anstelle dieser Haftungsfreizeichnung getreten ist. Ist sichergestellt, daß nach Abschluß der Altlastenfinanzierung durch den Staat die von der Finanzierung begünstigten privaten Unternehmen erzielte Sanierungsgewinne abgeben? Minister Töpfer hat — ich erwähnte es bereits — wohl im Verfolg seiner bekannten „Freiwilligkeitstheorie" angeregt, bei derartigen Haftungsfreistellungen sollte die Industrie andere Fälle der Altlastensanierung durch gemeinsame Finanzierungshilfen der Branche „gruppenbezogen" finanziell unterstützen. Ich denke mir, daß in Zukunft in den Übernahmeverträgen gleichzeitig mit der Freistellungsklausel von privatrechtlichen Ansprüchen auch die Frage der Sanierungsgewinne bei etwaigen Verkäufen mitgeregelt wird. Es kann und darf auch hier nicht wieder nach der sattsam bekannten Formel verfahren werden: Privatisierung der Gewinne, Sozialisierung der Risiken. Diese Gelder sollten in einen Fonds — wie angeregt — oder in Stiftungsvermögen fließen, das für die Altlastensanierung verwendet wird. Wäre bei dem Präzedenzfall BASF darüber hinaus nicht auch noch eine andere Vereinbarung denkbar gewesen? Auch wenn die Gewinne etwas zurückgegangen sind, so kann man doch nicht davon reden, daß die BASF inzwischen etwa notleidend geworden ist. Die Übernahme der Kosten für Maßnahmen zur Sicherheit und Aufrechterhaltung der Produktion sowie zur Ver- und Entsorgung des Werkes, die auf mehrere Millionen DM beziffert werden, bedeuten für ein solches Unternehmen nicht gerade viel. Ich meine, daß bei dem Schwarzheide-Vertrag auch die Chance vertan worden ist, in das Gruppenlastprinzip einzusteigen. Es wäre sicherlich möglich und dem Image der Chemieindustrie generell doch nur förderlich gewesen, in diesen Vertrag auch noch nachträglich eine Vereinbarung aufzunehmen, wonach die BASF freiwillig einen wenigstens zweistelligen Millionenbetrag zur Einspeisung in einen solchen noch zu errichtenden Fonds bereitgestellt hätte. Eins ergibt sich aus diesen Vorgängen jedenfalls ganz gewiß: Im Bereich eines Konzepts zur Finanzierung der Altlastensanierung sollte nicht nur auf freiwillige Vereinbarungen zwischen öffentlicher Hand und Industrie gesetzt werden. Der Finanzbedarf für die Sanierung beträgt bereits für den Bereich Westdeutschlands nach Schätzungen zwischen 15 bis 50 Milliarden DM. Die Belastungssituation in Ostdeutschland wird ebenfalls Aufwendungen in Höhe von zweistelligen Milliardenbeträgen mit sich bringen. Darüber hinaus wird die Altlastensanierung auf Liegenschaften der in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte zusätzliche Finanzmittel erfordern. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 18423* Es ist höchste Zeit, daß endlich ein geschlossenes Konzept zur Bewältigung dieses Problems vorgelegt wird. Die Zeit für bloße Absichtserklärungen ist vorbei. Eins muß aber bei einem solchen Sanierungskonzept auch klar sein: Auch wenn der Problemdruck in Ostdeutschland noch so groß ist, darf die erforderliche Sanierung in Westdeutschland nicht vergessen werden. Die Bewältigung der Altlastprobleme darf selbst nicht zur parlamentarischen Altlast werden. Dörflinger (CDU/CSU): Das Problem der Altlasten und der Altablagerungen hat uns in der bisherigen Bundesrepublik Deutschland schon intensiv beschäftigt. Das Sondergutachten „Altlasten" des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen, das Ende vergangenen Jahres vorgelegt wurde, gibt davon Zeugnis. Die Wissenschaftler haben zunächst einmal definiert, was unter Altlasten und Altstandorten zu verstehen ist. Doch noch fehlt eine genaue und umfassende Bestandsaufnahme dessen, was an verlassenen und stillgelegten Ablagerungsplätzen, Aufhaldungen und Verfüllungen, illegalen Ablagerungen aus der Vergangenheit sowie kontaminierten ehemaligen Betriebsflächen oder Grundstücken in unserem Land vorhanden ist und inwiefern davon Gefährdungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ausgehen. Was die Wissenschaft nicht leisten konnte, waren fundierte Aussagen über die Umweltsituation in der damals noch existierenden DDR. Zwar war schon klar, daß die Machthaber des SED-Regimes mit dem Begriff Umweltschutz so gut wie nichts anfangen konnten, über die wahre Tragweite ihrer umweltpolitischen Versäumnisse erfahren wir jedoch erst heute. Das grausame Spiel, das das SED-Regime damit mit dem Leben und der Gesundheit der Bevölkerung getrieben hat, ist für mich von der gleichen Brutalität wie der Umgang des SED-Regimes mit den Menschenrechten. Durch das Hinzukommen der fünf neuen Länder im Osten Deutschlands hat die Altlasten-Problematik eine neue Dimension bekommen. Dieser Hinweis bedeutet keine Verharmlosung der bisher im Westen bereits bestehenden Problematik. Er soll verdeutlichen, daß wir uns des Themas Altlasten in Zukunft noch verstärkter anzunehmen haben. Der Bund hat sich, und das macht die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der SPD deutlich, bereits in den vergangenen Jahren seiner Verantwortung gestellt, auch wenn die Zuständigkeit für die Erfassung, Bewertung und Sanierung von Altlasten bei den Ländern liegt. Wir sind allerdings der Ansicht, daß die öffentliche Hand nicht allein die auf uns zukommenden finanziellen Lasten wird tragen müssen. Dies schon deswegen nicht, weil wir das Verursacherprinzip, ein fundamentales Prinzip des Umweltschutzes, nicht außer Kraft setzen dürfen. Im übrigen geht es auch nicht an, am Morgen eines Debattentages den Bundesfinanzminister als Schuldenmacher zu disqualifizieren, um am Abend den Bund in finanzielle Verpflichtungen in einer noch nicht erkennbaren Größenordnung zu zwingen. Festzuhalten bleibt: Die Bundesregierung widmet der Altlasten- und Rüstungsaltlastenproblematik bereits seit Jahren hohe Aufmerksamkeit und hat in enger Zusammenarbeit mit den Ländern umfangreiche Anstrengungen zur Problemlösung unternommen. Für den Bereich der Rüstungsaltlasten bedeutet dies beispielsweise, daß bei bundeseigenen Liegenschaften die Kosten der Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen übernommen werden, wenn ein Verursacher nicht festgestellt oder haftbar gemacht werden kann. Bei nicht-bundeseigenen Liegenschaften zahlt der Bund, wenn die Kontamination durch ehemals reichseigene Kampfmittel verursacht worden ist. Der Bund ist seiner Verantwortung bisher nicht nur für den Bereich der Rüstungsaltlasten gerecht geworden. Das von mir bereits erwähnte Sondergutachten „Altlasten" des Sachverständigenrates für Umweltfragen bestätigt den Willen der Bundesregierung zu seiner umfassenden Bestandsaufnahme, in die jetzt natürlich auch die Fälle im Osten Deutschlands mit-einzubeziehen sind. Wie Sie wissen, wurde die Bestandsaufnahme 1989 im Rahmen eines Forschungsvorhabens vergeben und im März dieses Jahres begonnen. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen der Länder bei der Bewältigung der Problematik von Altlasten und Rüstungsaltlasten bereits seit Jahren neben der engen fachlichen Zusammenarbeit in mehreren Bund/Länder-Arbeitsgruppen sowie Expertengremien durch beträchtliche finanzielle Mittel aus zehn verschiedenen Programmen. Die wichtigsten sind die Städtebauförderung, das Strukturhilfeprogramm, die Mittel aus dem Programm zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und die Leistungen des Bundes aus dem Sonderprogramm für die Montanregionen. Ich will auch darauf hinweisen, daß das neue Baugesetzbuch den Gemeinden die Pflicht auferlegt, in ihren Planungen belastete Flächen darzustellen. Bei all dem verkenne ich natürlich nicht, daß der Bund zu allererst bei einer Aufgabe gefordert ist, nämlich bei der Verhinderung zukünftiger Altlasten. Das Abfallgesetz und mit ihm das gesamte umweltpolitische Instrumentarium bieten dafür ebenso eine gute Grundlage wie die korrespondierenden Verordnungen zu den Bereichen Altöl-, Batterie- und Lösemittelentsorgung. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion weiß, daß es sich bei Altlasten — unabhängig von dem Grund ihrer Verursachung — um eine umweltpolitische Herausforderung von hohem Rang handelt. Wir wissen aber auch, daß wir die intensive Diskussion derjenigen Punkte, die ich hier angesprochen habe, erst dann sinnvoll führen können, wenn die systematische Erfassung und Bewertung der Altstandorte vorliegt. Hier sind die Länder am Zug, und das Hinzukommen fünf neuer Bundesländer macht die gesamte Problematik sicher nicht einfacher. Dennoch werden wir uns dieser Herausforderung offensiv stellen. Die Überweisung des Sondergutachtens in verschiedene Bundestagsausschüsse gibt uns die Möglichkeit einer vertieften Diskussion der gesamten Problematik. 18424* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 Baum (FDP): Altlasten sind die Umweltsünden der Vergangenheit und eine „umweltpolitische Zeitbombe". Das Sondergutachten des Sachverständigenrates zu den Altlasten in den alten Bundesländern bestätigt, daß die Hauptarbeit bei der Altlastenproblematik noch bevorsteht. Die Zahlen über die vorhandenen Altlasten müssen immer wieder weiter nach oben korrigiert werden. Die Dimension des Problems altlastenverdächtiger Flächen hat sich durch die Situation, wie sie in den fünf neuen Bundesländern vorgefunden wird, noch erheblich vergrößert. Sie sind dort ein wesentliches Investitionshindernis — die Regelungen im Einigungsvertrag reichen nicht aus. Die Bewertungs- und Sanierungsaufgabe übersteigt die finanzielle Leistungskraft der einzelnen Verursacher erheblich. Es handelt sich bei der Altlastenproblematik dort, wo der Verursacher nicht herangezogen werden kann, um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die gemeinsam bewältigt werden muß. Die weitere Vorgehensweise muß in einem Altlastengesamtkonzept, das alle Beteiligten einschließt, festgelegt werden. Dafür gibt es Initiativen und Modelle in einzelnen Bundesländern, die wir begrüßen. Wir brauchen überschaubare Vermeidungsstrategien und klar gezogene Verantwortungsbereiche. Bei Altlasten handelt es sich im wesentlichen um Altablagerungen von Abfällen aller Art, um Altstandorte industrieller und gewerblicher Bereiche, um durch Kriegseinwirkungen entstandene Umweltbelastungen sowie um alte undichte Kanalisationen und Rohrleitungen. Die Vielfalt möglicher Schadstoffe und Gefährdungen in Altablagerungen ist groß und auch von Experten nicht mit Sicherheit übersehbar. Oft bedeuten Altlasten nicht akute Gesundheitsgefahren. Viele Altlasten führen vielmehr zu schleichenden, langfristig wirkenden Schädigungen und Beeinträchtigungen des Grundwassers und damit auch der Wasserversorgung. Viele Altlasten können an ihrem bisherigen Ort verbleiben, wie die bisherigen Erfahrungen zeigen. Notwenig ist insbesondere die Lösung der akuten Fälle. Es müssen angesichts der gewaltigen Dimensionen klare Prioritäten gesetzt werden. Das notwendige Altlastenkonzept muß eine einheitliche Vorgehensweise für die Bewältigung des Altlastenproblems in den alten und den neuen Bundesländern vorschreiben. Das bedeutet Erfassung von altlastenverdächtigen Flächen, erste Bewertung und Einstufung nach vermutetem Gefährdungspotential, ggfs. erforderliche notwendige eingehende Untersuchung, eingehendere sachkundige Beurteilung und Bewertung, Entscheidung über Maßnahmen, also etwa Registrierung, regelmäßige Überwachung, Überwachung bis zur Sanierung, und bei akuten Umwelt- und Gesundheitsgefahren sofortige Sanierungs-und Abhilfemaßnahmen. Der gegenwärtige Sachstand ist dadurch gekennzeichnet, daß sich die Maßnahmen zur Bewältigung des Altlastenproblems zum allergrößtenTeil noch im Anfangsstadium befinden. Ich nenne hier einige Grundzüge eines Altlastengesamtkonzepts: Erstens. Notwendig ist eine verbindliche Definition für Altlasten und Rüstungsaltlasten. Wegen abweichender Definitionen ist es, so der Sachverständigenrat für Umweltfragen, noch nicht möglich, abschließende Angaben über die Zahl der Altablagerungen und Altstandorte zu machen. Der Sachverständigenrat hat eine Definition der Altlasten vorgeschlagen. Mit einer gesetzlichen Festschreibung sind alle klar eingebunden. Zweitens. Erforderlich sind für alle Länder Situationsberichte. Das Ausmaß der bisher durchgeführten Gefährdungsabschätzungen und der Sanierungsmaßnahmen ist in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich. Wir brauchen flächendeckende konkrete und umfassende Bestandsaufnahmen aller Verdachtsflächen von Altlasten einschließlich Rüstungsaltlasten. Schon in diesem Stadium der Behandlung der Altlastenproblematik ist der Stand in den einzelnen Bundesländern äußerst unterschiedlich. Während z. B. Niedersachsen bereits eine derartige konkrete und umfassende Bestandsaufnahme hat, wird in Baden-Württemberg erst die flächendeckende Erkundung von altlastenverdächtigen Flächen im Rahmen eines Pilotvorhabens vorbereitet. Ein systematisches und zügiges Vorgehen bei der Sanierung unter dem Gesichtspunkt der Dringlichkeit erfordert, daß die Erfassung schnell abgeschlossen wird und mehr Ergebnisse der Gefährdungabschätzung vorliegen. In den USA ist eine nationale Prioritätenliste zur Sanierung erstellt worden. Die einzelnen Bundesländer sollten entsprechende Landesprioritätenlisten aufstellen. Drittens. Erforderlich ist eine beschleunigte systematische Erfassung und Bewertung bundesweit nach einheitlichen Kriterien. Seit 1983 hat sich die Zahl der altlastenverdächtigen Flächen durch systematisches Vorgehen um 20 000 erhöht. Im Hinblick auf den unterschiedlichen Stand in den einzelnen Ländern bei der Erfassung ist mit einem weiteren Ansteigen von altlastenverdächtigen und sanierungsbedürftigen Flächen zu rechnen. Viertens. Wir brauchen technisch und finanziell realisierbare Sanierungsprogramme. 5 000 Altlasten sind nach Schätzungen dringend sanierungsbedürftig. Wo akute Umwelt- und Gesundheitsgefahren bestehen, ist sofort zu sanieren. Rückführung von Altlasten in eine umgebungsgerechte Nutzung bedeutet gerade in Belastungsgebieten häufig auch die Möglichkeit der Wiederverwendung als Gewerbeflächen und damit Einsparung von anderen Freiflächen. Fünftens. Die Zuständigkeit für die Altlastenpoblematik haben nach Art. 80 und 83 GG die Länder, sie haben also die Verwaltungs- und Finanzierungskompetenz. Die Sanierungskosten müssen nach den Prinzipien unseres Umweltrechts von den Verursachern getragen werden. Soweit sie feststellbar sind und herangezogen werden können, muß dieses Prinzip auch bei der Beseitigung der Altlasten gelten. Nur wenn die Durchsetzung des Verursacherprinzips nicht möglich ist, tritt das Gemeinlastprinzip an die Stelle des Verursacherprinzips. Die finanzielle Leistungskraft der einzelnen Verursacher, dazu gehören auch viele als Deponiebetreiber tätige Kommunen, übersteigt vielfach das, was an Kosten für Bewertung und Sanierung aufgewandt werden muß. Es bedarf ergänzender industrieller, staatlicher und gesetzgeberischer Schritte. Die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten wie etwa das in Rheinland- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 18425* Pfalz praktizierte Kooperationsmodell wie auch das Zwangsverbandsmodell in Nordrhein-Westfalen zeigen die Vielfalt der Möglichkeiten, die bestehen. Wir fordern neue Überlegungen zur Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, auch im Hinblick auf die neuen Bundesländer, die allein die Altlastenproblematik nicht bewältigen können. Interessant ist der Plan von IG Chemie, chemischer Industrie und Bundesregierung einer Stiftung, die Investoren aus dem Bereich der Chemie in den neuen Ländern von Umweltlasten befreien soll. Sechstens. Nach dem bundesstaatlichen Lastenverteilungsgrundsatz ist der Bund rechtlich zur Kostenübernahme nicht verpflichtet. Gleichwohl haben die alten Bundesländer bereits in der Vergangenheit erhebliche Hilfen aus einer Vielzahl von Quellen seitens des Bundes erhalten. Auch im Hinblick darauf, daß sich die Dimension des Problems altlastenverdächtiger Flächen durch die neuen Bundesländer erheblich erhöht hat, muß der Bund stärker als bisher Länder und Kommunen bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe unterstützen. Siebtens. Im Bundeshaushalt sind künftig Mittel nicht nur für Pilotprojekte (bisher für DDR), sondern für Altlastensanierungen generell einzustellen. Gerade die neuen Bundesländer können die Altlastenproblematik nicht allein bewältigen. Viele Regionen dort haben nur eine realistische Chance auf bessere Umweltbedingungen und neue Arbeitsplätze, wenn massiv vom Bund geholfen wird, Pilotprojekte des Bundes allein reichen nicht. Achtens. Ich fordere eine Novellierung des Abfallgesetzes zur gesetzlichen Regelung der Behandlung der Altlasten. Der Bundesgesetzgeber muß im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Zuständigkeit zur Lösung beitragen. Die Unterschiedlichkeit der Behandlung der Altlastenthematik durch die Länder zeigt Handlungsbedarf des Bundesgesetzgebers. Neuntens. Ich fordere ein Bodenschutzgesetz und eine Technische Anleitung Boden, um festzulegen, wie Altlasten zu erfassen, zu bewerten und zu sanieren sind. Die derzeitige Zersplitterung des Bodenschutzrechts durch ein Rahmengesetz würde beseitigt. Diese Aufgabe kann allerdings auch ein Umweltgesetzbuch erfüllen. Zehntens. Das Altlastenproblem muß zügiger als bisher bearbeitet werden. Es fehlt an Personal zur Erfassung und Überwachung in den Bundesländern. Im Bundesumweltministerium sollte zumindest ein Referat Altlasten geschaffen werden. Die Bedeutung der Altlastenproblematik als einer der Schwerpunkte der Umweltpolitik muß auch personell in Bund und Ländern ihren Ausdruck finden. Auch die UMK hat dies zu Recht gefordert. Elftens. Das Umweltstatistikgesetz ist zu novellieren, um die Voraussetzungen für eine bundesweite Erfassung der altlastenverdächtigen Flächen zu schaffen. Zwölftens. Notwendig ist, neue Altlasten zu verhindern. Wir brauchen neben der Technischen Anleitung Abfall eine Technische Anleitung Siedlungsabfälle, damit auch bezüglich der Erfassung und Lagerung von Siedlungsabfällen ein fester Rahmen gesetzt ist, an den sich alle halten müssen. Auch heute kann noch keine Garantie für alle Mülldeponien in bezug auf sachgemäße Lagerung und langfristige Sicherheit gegeben werden. Ich habe vor wenigen Wochen eine Aktion „Roter Punkt" vorgeschlagen, um die Abfälle vor Deponierung von Schadstoffen zu entfrachten. Das Anwachsen der Chemikalien in den Abfällen aus den Haushalten spielt bei den möglichen Verunreinigungen, so auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Durch Kennzeichnung problematischer Abfälle mit einem roten Punkt kann wirksam dafür gesorgt werden, daß diese Abfälle nicht in den normalen Hausmüll gelangen, sondern der Sonderabfallbehandlung zugeführt werden. Der Sachverständigenrat betont zu Recht die Bedeutung der Vermeidung zukünftiger neuer Altlasten. Dreizehntens. Der Bund muß bei der Behandlung der Altlasten und vor allem Rüstungsaltlasten z. B. auf Bundeswehrgelände beispielhaft vorangehen und darf sich nicht nur auf Erfassung und Bewertung beschränken, sondern muß gegebenenfalls sofort in den akuten Fällen mit der Sanierung beginnen und die notwendigen Finanzierungsmittel im Haushalt bereitstellen. Vierzehntens. Bei der Altlastenproblematik ist Transparenz erforderlich. Der Sachverständigenrat fordert zu Recht eine umfassende und sorgfältige Information der Anwohner über Gefahrenpotential für Gesundheit und Umwelt, über Art der notwendigen Sanierungsmaßnahmen und deren Auswirkungen. Nicht jede Altlastfläche stellt tatsächlich eine Gefährdung für Mensch und Umwelt dar, aber wo dies der Fall ist, muß sorgfältig und rechtzeitig informiert und gegebenenfalls entschlossen die Konsequenzen gezogen werden. Die Betroffenen sind an den Entscheidungsvorgängen angemessen zu beteiligen. Notwendig ist eine möglichst breite Akzeptanz für das geplante Vorgehen. Fünfzehntens. Auch für die Leitungs- und Kanalisationssysteme, die ein erhebliches Gefährdungspotential für Boden, Untergrund und Grundwasser bilden, muß das Verursacherprinzip gelten: Die Kommunen müssen Abwassergebühren in einer Höhe erheben, die die Sanierung von Kanalisationen und Rohrleitungen miteinbezieht. Sechzehntens. Zur Vermeidung der Entstehung von neuen Altlasten im Bereich der gewerblichen Wirtschaft müssen diese Abfälle und Sonderabfälle von vornherein vermieden werden, also Stoff- und verfahrensspezifische Umstellungen vorgenommen werden. Wichtigster und oberster Grundsatz der Abfallwirtschaft und damit auch der Vermeidung von Altlasten bleibt die Vermeidung von umweltgefährdenden Stoffen, also das Vorsorgeprinzip. Frau Hürland-Büning, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die mit dem Thema angesprochenen Aufgaben werden nur schwer zu lösen sein, und zwar in ganz Deutschland, nicht nur in den fünf neuen Ländern. Das Grundgesetz legt die Verantwortung für die Altlastensanierung klar fest: Nicht der Bund, sondern 18426* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 die Länder sind — gemäß unserem föderativen System — für die Erfassung, Bewertung und Sanierung von Altlasten zuständig. Die Länder haben auch dann die Kosten der Sanierung zu tragen, wenn der Verursacher nicht oder nicht mehr haftbar gemacht werden kann. Das heißt jedoch nicht, daß der Bund nicht bereit wäre, den Ländern zu helfen. Seit Jahren fördert die Bundesregierung mit erheblichen Mitteln die Suche nach neuen, wirksamen und kostensparenden Technologien im Altlasten- und Rüstungsaltlastensektor. Hierzu gehören auch die zahlreichen Pilotprojekte zur Umsetzung der Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung. Insgesamt stehen zehn Förderprogramme der Bundesregierung bereit, aus denen auch Altlastensanierungen gefördert werden können. Ein finanzielles Engagement des Bundes in Form eines Bundesaltlastenfonds haben die Länder selbst mehrheitlich 1986 in der Umweltministerkonferenz sowie im Bundesrat abgelehnt, und sie haben länderspezifische Finanzierungsmodelle favorisiert. Die auch öffentlich geführten Diskussionen zur Altlastenproblematik sollten jedoch nicht auf die Finanzierung reduziert werden. Mindestens genauso wichtige Aspekte wie etwa die Frage der Organisation oder der Technologien für die Altlastensanierung stehen zur Lösung an. Die Rüstungsaltlasten müssen als eigenständiger Teil der Altlastenproblematik angesehen werden, auch wenn es da gewisse Parallelen gibt. Die Bundesregierung hat mit Zustimmung der Länder eine bundesweite Bestandsaufnahme der Verdachtsflächen von Rüstungsaltlasten für das Gesamtgebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Danach werden weitere Maßnahmen ergriffen. Zudem ist es notwendig, entsprechende Forschungsvorhaben sowie Pilotprojekte — analog dem Vorgehen im allgemeinen Altlastensektor — auf den Weg zu bringen. Besonders denken wir an die Bereiche der Entnahme, Delaborierung und Vernichtung chemischer Kampfund Sprengstoffe. Mit dem Sondergutachten „Altlasten" hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen den Kurs der Bunderegierung bestätigt. Darin fordert er eine abgestimmte Vorgehensweise von Bund und Ländern. Dies gilt vor allem für den Bereich der Gefährdungsabschätzung. Der Bundesumweltminister hat daher ein Expertengremium eingesetzt, das Schwellenwerte für die Giftigkeit der Schadstoffe für Mensch und Umwelt festlegt. Diese Schwellenwerte sollen wissenschaftliche Grundlage für die Sanierung von Altlasten werden. Der Bundesumweltminister hat des weiteren ein Forschungsvorhaben vergeben mit dem Ziel, ein umfassendes Gefährdungsabschätzungsmodell zu erarbeiten. Dies soll die verschiedenen Schadstoffpfade berücksichtigen und Ländern, Kommunen und Wirtschaft bei der Einschätzung und Bewertung von Verdachtsflächen helfen. Die Länderarbeitsgemeinschaft „Abfall" hat eine Informationsschrift „Altlasten" erarbeitet. Diese soll für Länder und Kommunen ein Leitfaden sein. Inhaltlich stimmt nach unseren Informationen jedoch diese Schrift nicht mit der Forderung des Sachverständigenrats für Umweltfragen nach Einheitlichkeit bei der Erfassung, Bewertung und Sanierung von Altlasten überein. Deshalb werden wir darüber noch reden. Wir alle wissen, daß in den neuen Bundesländern Umweltschutz in der Vergangenheit überhaupt keine Rolle gespielt hat, so daß die Lage dort besonders dramatisch ist und unser besonderes Engagement erf ordert. Zur Zeit werden durch die Bundesregierung für sämtliche Umweltbereiche dort ökologische Bestandsaufnahmen erarbeitet. Auszugehen ist von rund 30 000 Verdachtsflächen, wobei Zahl und Ausmaß der Altlasten relativ größer sein dürfte als in der bisherigen Bundesrepublik. Erste Sofortmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren sind durch die Bundesregierung eingeleitet. Eine Liste der vordringlich zu sanierenden Altlasten in den fünf neuen Ländern wird derzeitig erarbeitet. Dr. Schumann (Potsdam) (Gruppe der PDS): Die Beseitigung der Rüstungsaltlasten erweist sich immer mehr als eine der größten Herausforderungen, die das Ende der Epoche des Kalten Krieges markieren. Es ist in der Großen Anfrage zu Recht betont worden, daß von diesem Problem keines der Bundesländer verschont ist. Zweifellos gewinnt es jedoch mit dem Betritt der neuen Bundesländer auch eine neue Dimension. Das kann natürlich nicht bedeuten, daß man irgend einen Grund hätte, die Gefährdungen, die diesbezüglich in den Altbundesländern bestehen, irgendwie zu unterschätzen. Wenn im Bereich der USArmee allein in Westdeutschland 300 kontaminierte Grundstücke identifiziert worden sind, darunter neun Zehntel, die nur durch aufwendige Maßnahmen saniert werden können, dann spricht das für sich. Was die Antwort der Bundesregierung betrifft, so bin ich mit den Verhältnissen in Westdeutschland noch nicht so vertraut, daß ich sie im einzelnen beurteilen kann. Als Abgeordneter aus dem Land Brandenburg ist es für mich natürlich wichtig, die Aufmerksamkeit besonders auf die Situation in der ehemaligen DDR zu richten. Kennzeichnend sind hier unter anderem: erstens Zerstörungen oder weitreichende Schädigungen der natürlichen Umwelt durch jahrzehntelange zum Teil bedenkenlos durchgeführte militärische Übungshandlungen mit relativ großen Truppenbewegungen. Man darf nicht vergessen, daß nach offiziellen Angaben 4 To des Landes, das sind 440 000 Hektar, allein von sowjetischen Militäreinrichtungen benutzt wurden. Zweitens: die Versickerung erheblicher Mengen von Ölen bzw. Treibstoffen in den Böden. Allein auf dem Fliegerhorst Lärz sind vermutlich im Laufe der Jahre 50 000 Tonnen Sprit in den Boden gelaufen. Drittens. Eine enorme Gefahr stellen die großen Mengen an Munitionsresten dar; in der Gegend von Fürstenberg fanden Journalisten der „Neuen Berliner Illustrierten" eine noch gefüllte 100-Millimeter-Panzergranate. Es ist im übrigen darauf hinzuweisen, daß es in der ehemaligen DDR an 49 Orten konventionelle und chemische Munition noch aus der NS-Zeit gibt. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 18427 Viertens. Umweltbelastungen ergeben sich weiter aus dem unbefriedigenden Zustand der generellen Abwasser- und Abfallbehandlung an militärischen Standorten in der ehemaligen DDR. Fünftens. Eine unmittelbare Gefahr geht davon aus, daß von der Sowjetarmee verlassene Standorte, insbesondere Raketenbunker, offensichtlich nicht hinreichend bewacht und kontrolliert werden (Stichwort Neubrück). Wenn verlassene Raketenbunker als Abenteuerspielplatz von Kindern in Besitz genommen werden können, dann ist das Unglück vorprogrammiert. In diesem Zusammenhang ist ein weiteres Wort notwendig. Die entscheidenen Rüstungsaltlasten in der ehemaligen DDR befinden sich zweifellos an sowjetischen Standorten. Die Bevölkerung ist darüber zum Teil erheblich aufgebracht. Es ist unsere gemeinsame Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Menschen ihren Protest nicht an die falsche Adresse richten. Verursacher der Probleme ist die Politik des Kalten Krieges und sind nicht die sowjetischen Militärangehörigen. Es ist jetzt erforderlich, daß erstens die Offenlegung aller ehemaligen Standorte auch in der ehemaligen DDR erfolgt und ihre Belastung exakt festgestellt wird und daß zweitens die betreffenden Objekte umgehend und streng gesichert werden. Die Kosten für die Beseitigung der Rüstungsaltlasten vermag heute wohl niemand einigermaßen exakt zu beziffern. Die Länder und Kommunen wären — auf sich allein gestellt — damit bei weitem überfordert. Wüppesahl (fraktionslos): In der Vergangenheit hat die Bundesregierung zum Problembereich Rüstungsaltlasten sowohl eine Zuständigkeit als auch irgendeine Mitverantwortung für die Untersuchung und Sanierung der Rüstungsaltlasten verneint, und das, obwohl eine Vielzahl der Standorte chemischer Rüstungsproduktion aus dem Besitz des ehemaligen Deutschen Reiches nach dem Krieg in das Eigentum der bundeseigenen „Industrie-Verwaltungsgesellschaft" (IVG) übergegangen sind und weder eine Sicherung noch eine Sanierung der verbliebenen Rückstände vor Wiederinbetriebnahme der Werke erfolgt ist, so daß auch die Nachkriegsproduktion von Kampfmitteln zur Umweltverseuchung geführt hat. Seit Ende der 70er Jahre im Zusammenhang mit dem Skandal um die Chemiefirma Stoltzenberg, Hamburg, bundesweit bekannt wurde, welche Gefahren für Mensch und Umwelt von den chemischen Hinterlassenschaften der Rüstungsproduktion ausgehen, sind Maßnahmen des Bundes und der Länder ergriffen worden, die sich jedoch allein auf die Erfassung des akuten Gefährdungspotentials durch chemische Kampfstoffe (Nervengase) konzentrierten. Jedoch blieben mittelbare Gefahren, wie Boden- und Grundwasserverseuchungen infolge der Herstellung, Verarbeitung und unsachgemäßen Beseitigung aller übrigen Kampfmittel sowie von deren Ausgangsstoffen dabei weitgehend unberücksichtigt. Die Ergebnisse einer umfassenden Gefährdungsabschätzung für das ehemalige Sprengstoffwerk Hessisch Lichtenau-Hirschhagen von 1986/87 verdeutlichten, welche bis dahin weitgehend unbekannten Gefahren für die Umwelt von derartigen Rüstungsaltlasten ausgehen. Neben chemischen Rückständen in alten Produktionsanlagen, Kanalsystemen und im Boden des Werksgeländes, haben insbesondere ungesicherte Abfallablagerungen der Sprengstoffabrik zu einer weiträumigen Grundwasserverseuchung, u. a. mit krebserregenden Stoffen, geführt. An allen betreffenden Standorten muß mit ähnlichen Umweltproblemen gerechnet werden. Eine besondere Tragweite bekommt das Problem der Rüstungsaltlasten durch die Tatsache, daß nach dem Krieg auf verschiedenen Flächen chemischer Rüstungsanlagen nicht nur Wohnsiedlungen, sondern ganz Stadtteile errichtet worden sind. Da das ganze Ausmaß der Umweltverseuchung durch Rüstungsaltlasten immer offenkundiger wird, wobei kein Bundesland von diesem Problem verschont bleibt, ist die Bundesregierung durch die große Anzahl von Standorten, die sich direkt im Besitz des Bundes befinden, z. B. Kasernen und militärische Übungsgelände sowie die IVG mit 55 % Bundesanteil, zur Mithilfe und Verantwortung gefordert. Dies führe ich auch vor dem Hintergrund aus, daß der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. die Untersuchungs- und Sanierungskosten für die sich noch im IVG-Eigentum befindlichen Standorte auf 2 Milliarden DM schätzt. Der Bund versucht, sich aus seiner umweltethischen Verantwortung zu stehlen. Er nimmt dafür sogar zweifelhafte Methoden in Kauf bzw. wendet sie an: Oder wie beurteilt die Bundesregierung wohl die Tatsache, daß das Tochterunternehmen der IVG, die Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft, Gutachten über das Gefährdungspotential von IVG-eigenen Rüstungsaltlasten erstellt? Bei der Erschließung von Bebauungsgebieten, bei denen davon ausgegangen werden muß, daß auf Grund früherer Produktionsstätten der Boden mit chemischen Kampfstoffen belastet sein könnte, sollte zukünftig grundsätzlich zunächst festgestellt werden, inwieweit die Bundesregierung für die Untersuchung und Sanierung des Bodens zuständig ist. Damit so ein nicht enden wollendes Debakel, wie es seit nunmehr Februar 1989 in meinem Heimatort Geesthacht zu verfolgen ist und schon Anlaß zu schärfster Kritik gab, ausgeschlossen wird. Es handelt sich hier um ein ständiges Hin und Her auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsfabrik Dynamit Nobel, das durch das Davonstehlen des Bundes aus seiner Verantwortung neuen Kräften Tür und Tor öffnet, mit fingierten oder aufgebauschten Argumenten Betroffene und Öffentlichkeit zu verunsichern. Darüber hinaus wird die Bundesregierung zur Mitverantwortung und Entschädigung von Zwangsarbeitern/innen aufgefordert, die für den Aufbau und den Betrieb der Rüstungsfabriken eingesetzt wurden und wegen der unmenschlichen Behandlung starben bzw. noch heute an den Gesundheitsschäden leiden. Allein die reichseigene Montan-Industriewerke GmbH (ab 1951 IVG), besaß am Ende des 2. Weltkrieges rund 120 Rüstungswerke. Die Bundesregierung sollte bereit sein, ihre Mehrheitsbeteiligung an der IVG zu nutzen, um auf den Vorstand dahin gehend einzuwirken, daß endlich an- 18428* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 gemessene Entschädigungsleistungen bereitgestellt werden, was sicherlich den Grundsätzen des Völkerrechts sehr entgegenkäme. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Lowack (CDU/CSU) (Drucksache 11/8162 Frage 27): Ist die Bundesregierung bereit, bei den anstehenden deutschpolnischen Verhandlungen auf der Einräumung von Volksgruppenrechten für die Deutschen zu bestehen im Hinblick auf die Äußerung des polnischen Ministerpräsidenten Mazowiecki, wonach er nicht bereit wäre, den Deutschen in den Oder-NeißeGebieten Minderheitenrechte zuzugestehen? Mit der polnischen Seite besteht Einverständnis, in Anknüpfung an die Gemeinsame Erklärung des Bundeskanzlers und Ministerpräsident Mazowieckis vom November 1989 die künftigen Beziehungen Deutschlands zu Polen in einem umfassenden Vertrag zu regeln. Dabei wird auch die Lage der deutschen Minderheit zu berücksichtigen sein. Die in ihrer Frage erwähnte Äußerung ist der Bundesregierung nicht bekannt. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 11/8162 Frage 30) : Treffen nach Information der Bundesregierung Pressemeldungen zu, nach denen der türkische Staatsminister Mehmet Kececiler angekündigt hat, die türkische Regierung wolle nahezu 200 meist wegen politischer Vergehen zum Tode Verurteilte hinrichten lassen, und wenn ja, welche konkreten Schritte bilateral, im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit und im Ministerkomitee des Europarates hat die Bundesregierung ergriffen bzw. will sie ergreifen, um die türkische Regierung auf die Einhaltung europäischer Menschenrechtsstandards zu drängen? Es trifft zu, daß ein Mitglied des türkischen Kabinetts in der Presse mit der Äußerung zitiert worden ist, die Regierung solle im Parlament die Vollstreckung der gegen Terroristen verhängten rechtskräftigen Todesurteile beantragen. Das betreffende Kabinettsmitglied hat inzwischen präzisiert, daß es sich hierbei um seine persönliche Auffassung gehandelt habe. Nach geltendem Verfassungsrecht können Todesurteile in der Türkei nur nach Bestätigung durch das Parlament vollstreckt werden. Seit 1984 hat das türkische Parlament keine Todesurteile mehr bestätigt. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich seit Jahren dafür eingesetzt, daß die Todesstrafe langfristig international geächtet wird. Sie hat ihren Standpunkt immer wieder in den Gremien der VN und des Europarats — auch gegenüber der Türkei — deutlich gemacht. Sie wird sich weiter entschieden in diesem Sinne einsetzen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 11/8162 Frage 51): Welche Arbeiten sind bereits im Zusammenhang mit der Schienengrenzöffnung Bayerisch Eisenstein parallel zu den Arbeiten auf der tschechischen Seite, auch unter Berücksichtigung des frühen Wintereinbruchs im Bayerischen Wald, begonnen worden, und ist sichergestellt, daß die erforderlichen Investitionen bis zur Wiedereröffnung im Mai 1991 abgeschlossen sind? Die Deutsche Bundesbahn (DB) und die Tschechoslowakischen Staatsbahnen (CSD) haben die bautechnischen und die signaltechnischen Planungen inzwischen einvernehmlich abgeschlossen. Die CSD haben mit den Arbeiten bereits begonnen, um die äußerst schwierigen Betriebsverhältnisse im Bahnhof Zelezna Ruda, der rd. 3 km von Bayerisch Eisenstein entfernt ist, zu verbessern und die Zugbildung im Reisezugbetrieb zum Sommerfahrplanwechsel 1991 nach Bayerisch Eisenstein verlegen zu können. Die Bauarbeiten für den Lückenschluß und die Wiedereröffnung des Schienengrenzüberganges in Bayerisch Eisenstein sind für das Frühjahr 1991 vorgesehen und werden nach Angaben der DB fristgerecht zum Fahrplanwechsel am 2. Juni 1991 abgeschlossen sein. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/8162 Frage 52): Wird die Bundesregierung in Anbetracht der unerträglichen Zustände am Grenzübergang Waidhaus den Bau des gemeinsamen Grenzübergangs vorziehen, und sieht sie eine Möglichkeit, bei der Ausweisung der Autobahn A 6 Nürnberg—Prag parallel zur Autobahn eine Neubaustrecke der Deutschen Bundesbahn auszuweisen? Die notwendigen Planungen für den Grenzübergang und dessen vorläufige Anbindung an die B 14 werden bereits mit allem Nachdruck durchgeführt. Angestrebt wird, das Raumordnungsverfahren noch 1990 zu eröffnen. Mit dem Bau soll begonnen werden, sobald die planungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Eine Neubaustrecke der Deutschen Bundesbahn ist in dieser Relation bisher nicht in Erwägung gezogen worden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen der Abgeordneten Frau Bulmahn (SPD) (Drucksache 11/8162 Fragen 53 und 54): Was hat die Bundesbahndirektion Hannover im einzelnen in einem Schreiben an den Hauptvorstand der Deutschen Bundesbahn bemängelt, in dem es nach Berichten der Neuen Presse (16. Oktober 1990) und der Hannoverschen Allgemeinen Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 18429* (17. Oktober 1990) heißt, „der Güterverkehr der Deutschen Bundesbahn hat einen katastrophalen Tiefstand erreicht", und wie wertet die Bundesregierung die einzelnen Kritikpunkte? Wie hat sich das Überstundenaufkommen bei der Deutschen Bundesbahn im Bereich der Bundesbahndirektion Hannover seit 1988 (in Stunden und relativ zum Gesamtarbeitsvolumen) entwickelt, und innerhalb welchen Zeitraumes hat die Deutsche Bundesbahn die Ausgleichsansprüche der Beschäftigten realisiert? Zu Frage 53: Es trifft zu, daß die Bundesbahndirektion Hannover in einem internen Bericht vom 2. Oktober 1990 an die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zur Qualität des Güterverkehrs die in der Fragestellung genannte Bewertung getroffen hat. Kritikpunkte der Bundesbahndirektion umfaßten — fehlende Triebfahrzeugführer und Triebfahrzeuge — Überlastung von Bahnhöfen wegen Personalmangels — daraus folgend umfassende Unpünktlichkeit des Güterzugverkehrs — dadurch bedingt negative Erfahrungen der Kunden. Sie ist wie in der Vergangenheit bereit, den Vorstand der Deutschen Bundesbahn bei der Behebung von Personalengpässen zu unterstützen. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat Dispositions- und Aushilfemöglichkeiten — auch in Zusammenarbeit mit der Deutschen Reichsbahn — eingeleitet. Zu Frage 54: Nach Auskunft der Deutschen Bundesbahn ist der Stand der unausgeglichenen Mehrleistungen im Bereich der Bundesbahndirektion Hannover von 511 213 Stunden im August 1988 über 670 371 Stunden ein Jahr später auf inzwischen 760 179 Stunden im August 1990 angestiegen, während im gleichen Zeitraum das Gesamtarbeitsvolumen von über 68,6 Mio. Stunden/Jahr in 1988 auf 64,4 Mio. Stunden/Jahr 1989 und nunmehr 61,8 Mio. Stunden/Jahr 1990 gesunken ist. Der Anteil der Überstunden zur Sollarbeitszeit hat sich damit von 0,7 % über 1,0 % auf 1,2 % erhöht. Mehrleistungen werden grundsätzlich durch Freizeitausgleich abgegolten, der nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn spätestens innerhalb eines Jahres realisiert ist. Da während eines solchen Zeitraums wieder neue Mehrleistungen anfallen, bleibt der Bestand an unausgeglichenen Mehrleistungen stets in einer gewissen Höhe erhalten. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Brauer (DIE GRÜNEN/Bündnis 90) (Drucksache 11/8162 Fragen 56 und 57): Auf Grundlage welcher Analysen und Kriterien ist die Bundesregierung der Auffassung, daß bzgl. des atomaren Endlagers Morsleben keine unmittelbare Gefahr für Mensch und Umwelt besteht und deshalb die Einlagerung radioaktiver Abfälle fortgesetzt werden kann? Inwieweit erfüllt das Endlager Morsleben die Sicherheitsanforderungen an ein Endlager, wie sie zum einen in der Empfehlung der Reaktorsicherheitskommission „Sicherheitskriterien für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Bergwerk" und zum anderen in der Empfehlung der Strahlensicherheitskommission „Strahlenschutzaspekte bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle in geologischen Formationen" festgelegt wurden? Zu Frage 56: Seit Beginn des Jahres 1990 haben Fachleute aus der Bundesrepublik Deutschland das Endlager Mors-leben unter Einbeziehung der von RSK und SSK aufgestellten Sicherheitskriterien für eine Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Bergwerk unter sicherheitstechnischen Gesichtspunkten verstärkt geprüft. Hierbei haben sich keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Weiterbetrieb ergeben. Bereits die Fortgeltungsregelung für die von der DDR erteilten Genehmigungen für das Endlager Morsleben durch das Umweltrahmengesetz, das am 1. Juli 1990 in Kraft getreten ist, war in Abstimmung mit der Bundesregierung festgelegt worden. Zusätzlich hat das BMU im Hinblick auf die Übernahme des Endlagers Morsleben durch das BfS im August 1990 eine Sicherheitsanalyse bei der Gesellschaft für Reaktorsicherheit in Auftrag gegeben. Nach den bisherigen Erkenntnissen ergeben sich keine Gründe, die gegen die Fortsetzung der Einlagerung radioaktiver Abfälle sprechen. Im übrigen hat der BMU bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abg. Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN — Drs. 11/7661 — zur Frage Nr. 12 ausgeführt: „Ein Vergleich der Sicherheitsanforderungen in der DDR mit den bundesdeutschen" Sicherheitskriterien für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Salzbergwerk „ergab, daß im wesentlichen Übereinstimmung in den Schutzzielen besteht." Zu Frage 57: Bei dem Endlager Morsleben handelt es sich um ein Endlager in einem ehemaligen Salzbergwerk. Die Sicherheitskriterien regeln an sich die Vorgehensweise bei der Errichtung eines Endlagers in einer nicht durch bisherigen Bergbau erschlossenen Wirtsformation. Jedoch werden nach derzeitigem Kenntnisstand und vor dem Hintergrund der Art und Beschaffenheit der eingelagerten radioaktiven Abfälle die Schutzziele der „Sicherheitskriterien für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Bergwerk" der RSK sowie der einschlägigen SSK-Empfehlung eingehalten. 18430* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1990 Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Fragen der Abgeordneten Frau Wollny (DIE GRÜNEN/Bündnis 90) (Drucksache 11/8162 Fragen 58 und 59): Für welche Arten radioaktiver Abfälle soll das Endlager Mors-leben in Zukunft genutzt werden, und werden für erforderliche technische Nachrüstmaßnahmen behördenintern bzw. -extern bereits Ausschreibungsunterlagen und Kostenberechnungen erstellt? Wer ist im einzelnen Inhaber der auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gemäß § 57 a Atomgesetz fortbestehenden atomrechtlichen Genehmigungen für Atomanlagen, und inwieweit wird von den jeweiligen Genehmigungsinhabern die gesetzlich geforderte Vorsorge für die Erfüllung von Schadensersatzverpflichtungen (Deckungsvorsorge) erbracht? Zu Frage 58: Zur ersten Teilfrage wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abg. Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN — Drs. 11/7661 — verwiesen, in der dargelegt ist, daß die fortgeltende Genehmigung für das Endlager Morsleben die Einlagerung schwach- bis mittelradioaktiver Stoffe zuläßt. Über erforderliche technische Nachrüstmaßnahmen wird erst auf der Grundlage der Ergebnisse der vom BMU im August 1990 bei der Gesellschaft für Reaktorsicherheit in Auftrag gegebenen Sicherheitsanalyse entschieden werden können. Unbeschadet dessen kommt der Bund als Betreiber des Endlagers seiner Verpflichtung zur Gewährleistung eines sicheren Betriebes selbstverständlich nach. Zu Frage 59: Genehmigungsinhaber sind die bisherigen Rechtsträger oder ihre jeweiligen Rechtsnachfolger. Die Erbringung der atomrechtlichen Deckungsvorsorge für die einzelnen Kernanlagen richtet sich nach § 13 AtG i. V. m. der Atomrechtlichen Deckungsvorsorgeverordnung (AtDeckV), das heißt: Soweit Dekkungsvorsorge zu erbringen ist (nach § 13 Abs. 4 AtG), z. B. nicht für ein Bundesendlager wie das Endlager Morsleben, wird sie entweder durch den Abschluß einer (privatrechtlichen) Haftpflichtversicherung oder durch eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung (§§ 1, 3 AtDeckV) erbracht.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mir im Anschluß an meinen Vorredner die Frage erlauben, ob er den Einsatz der militärischen Macht eines ganzen Staates, der USA, zum Sturz Noriegas etwa auch im Sinne dieses Gesetzes sieht. Aus meiner Sicht ist das nur als Staatsterrorismus zu bezeichnen, nicht anders,

    (Beifall bei der Gruppe der PDS und den GRÜNEN/Bündnis 90)

    so problematisch man auch immer die Person des damaligen Präsidenten Noriega einschätzen mag.
    Es ist doch gar keine Frage: Natürlich sehen auch wir Abgeordneten der PDS die großen Gefahren insbesondere der Drogenkriminalität und der Macht der internationalen Syndikate. Wir wissen, daß diese Gefahren vor dem östlichen Landesteil überhaupt nicht haltmachen werden und teilweise auch bereits eingedrungen sind. Weniger der Wegfall der Grenzen als vielmehr die Umbrüche im sozialen und vor allem auch im psychologischen Bereich sind aus meiner Sicht eine der wesentlichen Ursachen für diese bedauerliche Entwicklung. Besonders die Jugend ist gefährdet.
    In der Frage der Abgeordneten Dr. Fischer vorhin wurde bereits der Kern der Problematik angesprochen, nämlich das Fehlen einer gesellschaftspolitischen Analyse hinsichtlich der wirklich komplexen Ursachen der Rauschgiftkriminalität. Statt dessen wird in dem vorgelegten Entwurf völlig einseitig versucht, dem Problem mit der Strafverfolgung gerecht zu werden.
    Ich kann mich des Eindrucks einfach nicht erwehren, daß die Bundesländer in den Entwurf all das aufgenommen haben, was sich die Polizei und die Ermittlungsbehörden schon lange gewünscht haben, worauf aber selbst bei der Bekämpfung des Terrorismus aus rechtsstaatlichen Gründen verzichtet werden mußte. Gerade mich als einen Abgeordneten der PDS aus dem Gebiet der ehemaligen DDR, der sich ehrlich bemüht, die Qualität des Rechtsstaates Bundesrepublik zu verinnerlichen und Rechtsstaatlichkeit leben zu lernen, hat der vorgelegte Entwurf des Bundesrats schockiert. Ich muß das so ehrlich sagen. Noch mehr schockiert mich allerdings die im wesentlichen positive Stellungnahme der Bundesregierung dazu; denn damit ist die Gefahr sehr groß, daß das Angedachte auch Wirklichkeit wird.
    Mit der beabsichtigten — wenn auch mit gewissen Bedingungen versehen — Legalisierung von Lauschangriffen auf persönliche Intimbereiche wie die Wohnung, mit der Möglichkeit des Einsatzes verdeckter Ermittler, mit der Gliederung von Strafprozessen in einen offiziellen Teil und ein Geheimverfahren — angeblich zum Schutz gefährdeter Zeugen — , vor allem aber mit der fast uferlosen Ausdehnung von Raster-



    Dr. Friedrich (Delitzsch)

    fahndungen werden aus meiner Sicht anerkannte Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in eklatanter Weise verletzt.

    (Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Das sagt ein SED-Abgeordneter! Das kann doch wohl nicht wahr sein!)

    Ich nenne hier nur solche Grundsätze wie den Schutz des persönlichen Intimbereichs oder das Gebot der Offenheit polizeilichen Handelns.

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich sagte ja bereits, daß ich mich bemühe, die Rechtsstaatlichkeit zu lernen. Ich habe mir hier weiß Gott nichts vorzuwerfen.
    Ich wiederhole: Ich nenne hier nur solche Grundsätze wie den Schutz des persönlichen Intimbereichs, das Gebot der Offenheit polizeilichen Handelns und den Grundsatz, im Zweifel für und nicht gegen den Verdächtigen zu entscheiden und Unbeteiligte ganz aus dem Spiel zu lassen.

    (Hörster [CDU/CSU]: Aber Sie sind für die Geldwäsche?)

    Ich befürchte deshalb — —


Rede von Richard Stücklen
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Herr Abgeordneter Dr. Friedrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jäger?

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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich beende noch den Satz: Weil die Begriffe „organisierte Kriminalität" wie auch „Straftaten von erheblicher Bedeutung" nur sehr unzureichend definiert sind, befürchte ich, daß kaum ein Mehr an Rechtssicherheit zu erwarten ist. — Bitte!