Rede von
Dr.
Walter
Hitschler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Oesterle-Schwerin, ich gehöre zu denen, denen es nicht möglich gewesen wäre, eine Rede auszutauschen. Ich hätte es allerdings einfacher haben können und hätte nur die Rede des Kollegen, der damals zu diesem Thema gesprochen hat, zu übernehmen brauchen.
— Natürlich hängt das damit zusammen, daß man immer in der Regierung ist. Dadurch wird man zu einer gewissen Kontinuität gezwungen, und man ist auch an bestimmte Vorschriften der Haushaltsordnung gebunden, die der Freiheit gewisse Grenzen auferlegen, weil man ja auch den Bundesrechnungshof im Nacken hat, der nicht zuläßt, daß man beliebige Rabatte gewährt.
Meine Damen und Herren, der Antrag, der hier vorliegt, läuft teilweise deshalb ins Leere, weil es Praxis des Bundes ist, Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau abzugeben. Herr Staatssekretär Carstens hat in der ersten Lesung sehr nachdrücklich und überzeugend darauf hingewiesen, daß in der Vergangenheit 5 400 ha für diese Zwecke verkauft wurden und daß gegenwärtig noch etwa 114 ha vorhanden sind, die solchen Zwecken dienen könnten. Davon könnten auf lediglich 50 ha größere Wohngebäude errichtet werden.
Ferner läuft der Antrag deshalb ins Leere, weil der von der eigentlichen Problematik, nämlich von der Verantwortlichkeit der Städte, der Kommunen, für
die desolate Situation, die wir an den Baulandmärkten leider verzeichnen müssen, ablenkt.
Zunächst einmal sind die Kommunen und die Länder in sehr viel höherem Maße als der Bund in der Lage, Grundstücke abzugeben, weil sie sehr viel mehr Grundstücke besitzen.
Man hört sehr wenig davon, daß dies praktiziert wird. Ich habe gerade eben von meinem Kollegen Eimer erfahren, daß beispielsweise die Stadt Fürth Grundstücke für den Wohnungsbau für sozial Schwache zu einem Quadratmeterpreis von 400 DM verkauft hat. Das ist offensichtlich das gute Beispiel, mit dem die Kommunen hier vorangehen.
Die Ausweisung von Bauland wird ja nun in der Tat
von vielen Kommunen aus einer ideologischen Ver-
Dr. Hitschler
klemmung heraus blockiert. Es wird ja auch insbesondere von Ihnen, den GRÜNEN, immer wieder argumentiert, durch den Wohnungsbau werde zuviel Landschaft verbraucht.
Ferner wird die Bodenversiegelung angeführt. Abgesehen davon, daß in diesem Zusammenhang falsche Zahlen verwendet werden, geht man natürlich mit einer solchen Argumentation auch ein wenig an den Wohnbedürfnissen der Menschen vorbei und drängt sie hinter andere zurück.
Auch mit dem Hinweis auf die Innenentwicklung der Städte ist das Problem des sozialen Wohnungsbaus ja nicht zu lösen. Die Gefahr der Verdichtung ist sehr groß. Die Kommunen blockieren beispielsweise den Dachgeschoßausbau — bei diesem ist ja Bauen ohne Flächenbedarf möglich — nach dem Ausbauprogramm, das wir aufgelegt haben, und gehen dabei bis vor die Oberverwaltungsgerichte, weil sie die Frage der Stellplätze daran knüpfen und nicht zulassen, daß die Wohnungen hier Vorrang haben.
Wir müssen bedenken — da gebe ich Herrn Müntefering recht —, daß in der Tat dem allgemeinen Grundvermögen des Bundes in Zukunft durch den Truppenabzug der Alliierten, aber natürlich auch durch die Reduzierung der Einheiten der Bundeswehr wahrscheinlich ein erheblicher Zuwachs an Grundstücken zuteil wird. Hier — so meinen wir — sollte dann in Einzelfällen von der verbilligten Abgabe Gebrauch gemacht werden, wenn die Weitergabe in der Miete gesichert ist und wenn beispielsweise solche Grundstücke für den studentischen Wohnungsbau, aber auch für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden können. Wir halten allerdings dazu eine generelle Regelung nicht für erforderlich, sondern meinen, das könne von Fall zu Fall entschieden werden. Hier haben wir auch deshalb Vertrauen, weil das Bundesfinanzministerium im Einzelfall immer nur in Abstimmung mit dem Haus-haltsausschuß und mit dessen Zustimmung entscheidet.
Wir möchten ferner bemerken und die Verwaltung bitten, darauf zu achten, daß der Bund auch Grundstücke für den Eigenbedarf, für die Wohnraumversorgung seiner eigenen Bundesbediensteten, braucht und deshalb schon einen gewissen Vorrat haben muß.
Ich selbst bin immer dann skeptisch, wenn mir, auch im Privatleben, Geschäfte angeboten werden, bei denen mit Rabatten von 50 % gearbeitet wird. Da werde ich immer mißtrauisch. Das gilt hier natürlich genauso. Man kann nicht von seiten der Kommunen durch eine Politik des knappen Baulandes die Preise in irrsinnige Höhen treiben, wie wir sie gegenwärtig verzeichnen, und dann sagen: Der Bund muß 50% Abschlag davon leisten. Es wäre sinnvoller, wenn die Kommunen endlich dazu übergingen, eine andere Baulandpolitik zu betreiben. Das wäre eine wirksame
Möglichkeit, etwas gegen die irrsinnig in die Höhe gegangenen Baulandpreise zu tun.
Wir können auch nicht einsehen, warum der Grund und Boden ausschließlich an die Gemeinden verkauft werden soll. Uns sind private Investoren, die sozialen Wohnungsbau betreiben, im Prinzip genauso lieb. Das muß nicht alles und ausschließlich von den Kommunen oder der öffentlichen Hand getätigt werden.
In der Praxis hat sich in der Vergangenheit auch gezeigt — darauf hat mein Kollege Gattermann in der ersten Lesung aufmerksam gemacht —, daß von den meisten Kommunen die 15%ige Ermäßigung beim Verkauf durch den Bund überhaupt nicht in Anspruch genommen wurde.