Rede von
Dr.
Gregor
Gysi
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte das hier angesprochene Thema, auch wenn es leider sehr kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, für wichtig.
— Ich habe heute früh davon erfahren. — Im Unterschied zu anderen finde ich allerdings, daß es sich nicht für Wahlkampfveranstaltungen eignet.
Lassen Sie mich zunächst ein paar grundsätzliche Bemerkungen machen. Durch uns gab es — übrigens auch im Unterschied zu anderen Parteien — mindestens drei wichtige Veröffentlichungen zu Eigentumsund Vermögensfragen, und zwar im Januar 1990 die Vermögensrechnung für das Jahr 1989, im Juni 1990 den kompletten Bericht über das Eigentum und Vermögen, seine Verwendung bis dahin und seinen Bestand, wobei zu diesem Zeitpunkt die Werte noch nicht feststanden, so daß dieser Bericht im Juli 1990 wertmäßig noch ergänzt wurde.
Ohne daß es irgendeine Rechtspflicht gab, hat die PDS aus politisch-moralischen Gründen bereits Anfang 1990 entschieden,
daß die finanzielle Reserve in Höhe von 3, 041 Milliarden Mark an den Staatshaushalt für gemeinnützige Zwecke abzuführen ist. Ich kenne keine andere Partei, die auch nur irgendeine Mark abgeführt hätte. Man mag das meinetwegen als nicht ausreichend bezeichnen, aber man kann das nicht ungeschehen machen. Es ist immerhin passiert.
Es wurde auch durch uns veröffentlicht, wie die Verwendung durch den Ministerrat beschlossen wurde, wobei sich im nachhinein herausgestellt hat, daß einiges gar nicht so verwendet worden ist, wie es der Ministerrat beschlossen hatte. Aber im wesentlichen ist das Geld für gemeinnützige Zwecke verwendet worden: soziale Fragen, Kulturfragen, Wissenschaftsfragen und anderes.
Darüber hinaus wurde der größte Teil der Parteibetriebe bis zum 31. März 1990, also ebenfalls ohne formale Rechtspflicht auf Grund von Beschlüssen der Volkskammer, abgegeben, wobei entsprechend dem Wunsch der Belegschaften entweder eine Überführung in genossenschaftliches oder in Volkseigentum erfolgte. Für diese Eigentumsänderung hat die PDS selbstverständlich kein Geld erhalten.
— Nein, eindeutig. Ich kann Ihnen das erklären, wenn Sie das wissen wollen. Es ist so: Die Überführung erfolgte kostenlos. Es war vereinbart: Ein Kaufpreis würde theoretisch an dem Tag fällig werden, an dem mehr als 49 % von dem Volkseigentum in Privathand übergeht. Sollte dieser Fall eintreten und sollte gezahlt werden, geht das Geld genauso in gemeinnützige Zwecke und nicht an uns.
— Nein, das müssen Sie als Verkäufer hineinschreiben. Aber klar ist — das ist auch vereinbart —, daß dieses Geld dann nicht an uns fließt, sondern zu gemeinnützigen Zwecken verwendet wird, wenn eine solche Privatisierung stattfindet.
Wir wollten dadurch nur verhindern, daß es kostenlos in Privathand übergeht. Ich glaube, das ist ein berechtigtes Motiv.
Ein großes Problem stellte der Berliner Verlag dar. Ich weiß allerdings nicht, ob ich dieses Thema in meiner Redezeit ganz schaffe. Aber Sie erwarten ja Auskünfte. Ich weiß nicht, ob meine Redezeit verlängert werden kann. Ich versuche aber, meine Darstellung zu schaffen, soweit ich kann. Ein großes Problem also stellte der Berliner Verlag dar, weil es hier um die Sicherung einer Vielzahl von Arbeitsplätzen geht. Inzwischen gibt es hier genehmigte Verträge, wobei der Kaufpreis durch uns an die Treuhandanstalt überwiesen wurde, sich also entgegen den Pressemeldungen nicht bei der PDS befindet.
Dr. Gysi
Hinsichtlich der Immobilien ist der unabhängigen Untersuchungskommission ein kompletter Bericht übergeben worden, aus dem sich auflagegemäß der Buchwert per 30. Juni 1990 in Mark der DDR ergab. Dieser Bericht ist nie beanstandet worden. Er unterscheidet zwischen Eigentumsobjekten und Rechtsträgerobjekten, zwischen abgegebenen und zur Abgabe vorgesehenen Objekten, zwischen von der PDS und von anderen genutzten Objekten.
In dem Vermögensbericht vom Juni und Juli sind die veröffentlichten Angaben zur Gewährung von Darlehen enthalten. Dabei ging es im wesentlichen um die Herauslösung bestimmter Bereiche aus der Partei, um sie selbständig zu machen und um zu verhindern, daß eine Vielzahl insbesondere technischer Angestellter in die Arbeitslosigkeit entlassen werden muß, z. B. beim Fuhrpark. Eine Vermögensschmäle-rung ist insoweit nicht eingetreten, als die finanziellen Mittel durch Darlehensverträge gesichert sind und so jederzeit ein Forderungsübergang möglich wäre.
Wir haben in dem Zeitraum bis zu den Beschlüssen der Volkskammer in beachtlichem Umfang auch Spenden gemacht. Das ist veröffentlicht worden. Ich nenne nur ein Beispiel: Die Humboldt-Universität trat an uns heran, sie sei finanziell am Ende und habe von den 3 Milliarden nichts abbekommen. Daraufhin sind 250 Millionen überwiesen worden.
— Das hat gar nichts mit „edel" zu tun, sondern das hat etwas damit zu tun, daß diese Mittel für gemeinnützige Zwecke eingesetzt worden sind.
In allen Diskussionen bleibt unerwähnt, daß jeder davon ausgeht, daß die PDS die Altlasten der SED zu erfüllen hat. Insgesamt sind fast 40 000 ehemalige Mitarbeiter der SED entlassen worden. Für den größten Teil von ihnen mußte Überbrückungsgeld gezahlt werden. Inzwischen müssen hohe Sozialpläne realisiert werden, die mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen aufzustellen wir verpflichtet waren.
Eine jüngste Altlast bezieht sich z. B. auf ausländische Studenten, die in der DDR studieren. Dem liegt zwar eine Vereinbarung mit der UNESCO zugrunde; aber die Einladung erfolgte aus welchem Grund auch immer vom ZK der SED. Das Entwicklungshilfeministerium hat uns vor die Alternative gestellt, diese Studenten, die überwiegend aus der Dritten Welt stammen, unverzüglich nach Hause zu schicken, oder wir übernehmen die Kosten für die Fortsetzung des Studiums für das laufende Studienjahr über 2 Millionen DM.